Weaning - Heimbeatmung und Respiratorentwöhnung e.V.
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MedReview<br />
Die Zeitschrift für ärztliche Fortbildungskongresse<br />
ZKZ 52915<br />
18. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft <strong>Heimbeatmung</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Respiratorentwöhnung</strong> e. V. in Gemeinschaft mit dem<br />
5. Beatmungssymposium der DGP<br />
22. bis 24. April 2010 in Halle<br />
THEMA<br />
Gründungskongress:<br />
Aus der AG für <strong>Heimbeatmung</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Respiratorentwöhnung</strong> wird<br />
die Deutsche Interdisziplinäre<br />
Gesellschaft für Außerklinische<br />
Beatmung<br />
BERICHTE<br />
S2-Leitlinie „Nichtinvasive <strong>und</strong><br />
invasive Beatmung als Therapie der<br />
chronischen respiratorischen<br />
Insuffizienz“<br />
Trainingstherapie <strong>und</strong> NIV<br />
<strong>Weaning</strong><br />
Langzeitbeatmung bei<br />
neuromuskulären Erkrankungen<br />
Rückzugspflege versus Reduzierung<br />
der Beatmungsphasen<br />
Wenn der Preis die<br />
Versorgungsqualität bestimmt<br />
Interstitielle Lungenerkrankungen<br />
<strong>und</strong> Beatmung<br />
07· 2010· 11.JAHRGANG
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Redaktion <strong>und</strong> Berichte:<br />
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Gestaltung <strong>und</strong> Druck:<br />
Schröders Agentur<br />
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11/2010<br />
Die Beiträge unter der Rubrik „Aktuelles aus der<br />
Industrie“ ge hö ren nicht zum wissenschaftlichen<br />
Programm. Für ihren Inhalt sind allein die<br />
jeweiligen Auto ren bzw. Institutionen oder<br />
Unternehmen ver ant wortlich.<br />
Angaben über Dosierungen <strong>und</strong> Applikationen<br />
sind im Beipackzettel auf ihre Richtigkeit zu<br />
überprüfen.<br />
Der Verlag übernimmt keine Gewähr.<br />
Nr. 07, 11. Jahrgang, Juni 2010<br />
ISSN 1615-777X (Printversion)<br />
ISSN 1616-8496 (Onlineversion)<br />
Einzelpreis: € 13,– zzgl. Mwst.<br />
Abonnement: € 140,– zzgl. Mwst.<br />
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von Werbeträgern e.V.<br />
1/2010<br />
MedReview im Internet:<br />
www.medreviews.de<br />
Inhalt<br />
Frank Kalbitz & Thomas Blankenburg, Halle/Saale<br />
Gründungskongress der Deutschen Interdisziplinären Gesellschaft<br />
für Außerklinische Beatmung ............................................................. 2<br />
Wolfram Windisch, Freiburg<br />
HINTERGRÜNDE UND BEDEUTUNG<br />
S2-Leitlinie Außerklinische Beatmung................................................ 4<br />
Jörg Brambring, Unterhaching<br />
S2-LEITLINIE „NICHTINVASIVE UND INVASIVE BEATMUNG ALS THERAPIE DER<br />
CHRONISCHEN RESPIRATORISCHEN INSUFFIZIENZ“<br />
Bedeutung für die pflegerische Umsetzung in der außerklinischen<br />
Beatmung ............................................................................................. 6<br />
Klaus Kenn, Schönau<br />
REHABILITATION UND TRAINING<br />
Trainingstherapie <strong>und</strong> NIV................................................................... 7<br />
Thomas Barchfeld, Schmallenberg<br />
<strong>Weaning</strong> – Ergebnisse <strong>und</strong> Probleme ................................................. 9<br />
Dirk Heinemeyer, Hannover<br />
<strong>Weaning</strong> <strong>und</strong> Multiorgandysfunktion ................................................ 10<br />
Martin Bachmann, Hamburg<br />
NEUES UND KONTROVERSES<br />
Langzeitbeatmung bei neuromuskulären Erkrankungen.................. 12<br />
André Michael Prangel, Berlin<br />
HERAUSFORDERUNG ODER WIDERSPRUCH?<br />
Rückzugspflege versus Reduzierung der Beatmungsphasen ............ 14<br />
Christoph Jaschke, Unterhaching<br />
AUSSERKLINISCHE BEATMUNGSPFLEGE<br />
Wenn der Preis die Versorgungsqualität bestimmt ........................... 16<br />
Jens Geiseler, Gauting<br />
BESONDERE SITUATIONEN IN DER BEATMUNG<br />
Interstitielle Lungenerkrankungen <strong>und</strong> Beatmung ........................... 17<br />
Christoph Aring, Viersen<br />
Beatmung <strong>und</strong> <strong>Weaning</strong> bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen ................... 18<br />
AKTUELLES AUS DER INDUSTRIE<br />
Mehr Lebensqualität durch unsere neue Atemwegsunterstützung<br />
Neue Therapiemöglichkeiten bei COPD........................................................ 13<br />
Covidien stellt neues <strong>Heimbeatmung</strong>sgerät PURITAN BENNETT 560 vor<br />
Die neue Generation der <strong>Heimbeatmung</strong>..................................................... 20<br />
Unser Titel: Zeichnung von Kerstin Kaminsky<br />
MedReview 07 ·2010 1
Dr.<br />
Frank Kalbitz<br />
Dr.<br />
Thomas<br />
Blankenburg<br />
Tagungs -<br />
präsidenten<br />
ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR HEIMBEATMUNG UND RESPIRATORENTWÖHNUNG<br />
Gründungskongress der Deutschen<br />
Interdisziplinären Gesellschaft für<br />
Außerklinische Beatmung<br />
FRANK KALBITZ & THOMAS BLANKENBURG, HALLE/SAALE<br />
In Halle an der Saale fand in der Zeit vom<br />
22. bis 24. April 2010 die 18. Jahrestagung<br />
der Arbeitsgemeinschaft für <strong>Heimbeatmung</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Respiratorentwöhnung</strong> <strong>und</strong> das<br />
5. Beatmungssymposium der Deutschen<br />
Gesellschaft für Pneumologie <strong>und</strong> Be -<br />
atmungs medizin statt. Die Jahres tagung<br />
war die letzte der Arbeitsgemeinschaft <strong>und</strong><br />
zu gleich der Gründungskongress der Deutschen Inter diszi pli nären Gesell -<br />
schaft für Außerklinische Beatmung (DIGAB).<br />
Die Namensänderung un -<br />
terstreicht die Bedeutung<br />
<strong>und</strong> zunehmende Verbreitung<br />
der nichtinvasiven<br />
<strong>und</strong> invasiven <strong>Heimbeatmung</strong>.<br />
Die Namensänderung verleiht dem<br />
Engagement mehr Wucht, Ernsthaftigkeit<br />
<strong>und</strong> Durchsetzungsvermögen.<br />
Eine Profilschärfung <strong>und</strong><br />
Fokussierung auf die außerklinische<br />
Beatmung resultiert. Die<br />
Namensänderung verdeutlicht aber<br />
auch, die Arbeitsgemeinschaft <strong>und</strong><br />
ihr Vorstand um den Vorsitzenden<br />
Prof. Dr. Wolfram Windisch sind<br />
bereit, Verantwortung in allen<br />
wichtigen Fragen ihres ureigenen<br />
Themas, der <strong>Heimbeatmung</strong> zu<br />
übernehmen <strong>und</strong> aktiv mitzugestalten.<br />
Das paritätische <strong>und</strong> einzigartige<br />
Nebeneinander von Be -<br />
troffenen, Angehörigen, Selbsthilfe -<br />
gruppen, Pflegekräften, Phy sio<strong>und</strong><br />
Atemwegstherapeuten, Ärzten<br />
<strong>und</strong> Vertretern der Industrie bleibt<br />
erhalten.<br />
Mehr als 870 Teilnehmer trafen<br />
sich bei bestem Frühlingswetter im<br />
Stadtzentrum von Halle. Bereits am<br />
Donnerstag, dem 22. April fanden<br />
in der Georg-Friedrich-Händel-<br />
Halle <strong>und</strong> dem Mitteldeutschen<br />
Medienzentrum traditionsgemäß<br />
zweimal neun Workshops <strong>und</strong> vier<br />
Diskussionsforen statt. Die Work -<br />
shops waren trotz der Teilnehmeraufstockung<br />
lange vor dem Kon-<br />
gressbeginn ausgebucht. Neue Themen<br />
wie das Training von Notfallsituationen<br />
bei beatmeten Patienten<br />
oder Kommunikationshilfen<br />
wurden genau so angenommen wie<br />
die klassischen Themen.<br />
Bedarf an außerklinischer<br />
Beatmungspflege nimmt zu<br />
Der Bedarf an außerklinischer<br />
Beatmungspflege nimmt rasant zu.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong> standen die<br />
Qualitätssicherung <strong>und</strong> Qualitätskontrolle<br />
in einem besonderen<br />
Fokus. Wichtige <strong>und</strong> konstruktive<br />
Symposien fanden hierzu statt.<br />
Pflegende <strong>und</strong> Ärzte waren sich<br />
einig, dass nur durch klare Regeln<br />
ein hoher Qualitätsanspruch um -<br />
gesetzt <strong>und</strong> Fehlentwicklungen<br />
vermieden werden können. Die<br />
aktuelle S2-Leitlinie „Nichtinvasive<br />
<strong>und</strong> invasive Beatmung als Therapie<br />
der chronischen respiratorischen<br />
Insuffizienz“ wurde als wichtigstes<br />
Regelwerk in wissenschaftlichen<br />
Symposien, Diskussionsforen <strong>und</strong><br />
Mittagsseminaren intensiv diskutiert.<br />
Die Notwendigkeit der Zertifizierung<br />
von Beatmungszentren <strong>und</strong><br />
die Einstufung von Pflegediensten,<br />
die außerklinisch beatmete Patienten<br />
versorgen, waren Kernthemen.<br />
Die zentrale Bedeutung der Beatmungszentren<br />
wurde herausgearbeitet.<br />
Immer mehr Pflegeeinrichtungen<br />
versorgen Patienten, deren<br />
Beatmung lebenserhaltend ist. Wie<br />
verhalten wir uns bei einer Havarie<br />
Georg-Friedrich-Händel-Halle. Foto: Baierl<br />
2 MedReview 07 ·2010
z. B. bei einem mehrstündigen<br />
Stromausfall oder einem Großbrand?<br />
Diese Fragen wurden sehr<br />
konstruktiv diskutiert <strong>und</strong> Notfallkonzepte<br />
vorgestellt.<br />
Auseinandersetzung mit<br />
ethischen Fragen<br />
Die außerklinische Beatmung er -<br />
fordert auch eine klare Position<br />
<strong>und</strong> intensive Auseinandersetzung<br />
mit ethischen Fragen. Ärzte, Patienten,<br />
Angehörige, Palliativ- <strong>und</strong><br />
Intensivmediziner sowie Medizinrechtler<br />
lieferten mit ihren Vorträgen<br />
hervorragende Anregungen für<br />
Diskussionen <strong>und</strong> die tägliche<br />
Arbeit. Prof. Dr. Hans Lilie unterstrich<br />
einmal mehr die große<br />
Bedeutung einer guten <strong>und</strong> unmissverständlichen<br />
Kommunikation<br />
zwischen allen Beteiligten.<br />
Eine sehr spannende sowie<br />
intensive Pro- <strong>und</strong> Kontra-Diskussion<br />
stellte den alten Patienten in<br />
der Hochleistungsmedizin in den<br />
Mittelpunkt. Was können wir leisten?<br />
Wo dürfen wir hin? Es wurde<br />
klar, dass das nummerische Alter<br />
allein kein Kriterium ist; andererseits<br />
sind die operativen Möglichkeiten<br />
der Herzchirurgie im hohen<br />
Alter beeindruckend. Es bleibt die<br />
individuelle <strong>und</strong> verantwortungsvolle<br />
Entscheidung des Arztes. Biologische<br />
<strong>und</strong> ökonomische Grenzen<br />
können wir nicht außer Acht<br />
lassen.<br />
Schwerpunkt Hygiene<br />
Außerklinische Beatmung bedeutet<br />
aber auch eine klare Position zu<br />
Fragen der Hygiene. Multiresistente<br />
Bakterien nehmen in der ambulanten<br />
Versorgung an Bedeutung<br />
zu. Die Prophylaxe, Therapie <strong>und</strong><br />
Aktuelles aus der Pneumologie 2010<br />
Seit über 30 Jahren ist die Deutsche Atemwegsliga<br />
e. V. um die Umsetzung neuer<br />
wissenschaftlicher Erkenntnisse in der<br />
pneumologischen Forschung bemüht.<br />
Ziel ist die Verbesserung der Behandlung<br />
<strong>und</strong> Betreuung von Patienten mit Atemwegs-<br />
<strong>und</strong> Lungenerkrankungen <strong>und</strong> die<br />
Qualitätssicherung in der Diagnostik <strong>und</strong><br />
Therapie.<br />
Körperliche Aktivitäten sind bei Atemwegs-<br />
<strong>und</strong> Lungenerkrankungen neben<br />
der medikamentösen Therapie ein wichtiger<br />
Faktor zur Steigerung der Lebensqualität.<br />
Die Empfehlungen des Lungensports<br />
sind nach neuesten Erkenntnissen<br />
bearbeitet worden <strong>und</strong> wurden im Rahmen<br />
der Pressekonferenz von Prof. Dr.<br />
Heinrich Worth, Fürth, Vorsitzender der<br />
Deutschen Atemwegsliga e.V., vorgestellt.<br />
Empfehlung zum Sport <strong>und</strong> körperlichen<br />
Training bei Patienten mit obstruktiven<br />
Atemwegserkrankungen<br />
Körperliche Bewegung <strong>und</strong> Sport sind<br />
wichtige Therapieoptionen bei Patienten<br />
mit chronischen Lungenkrankheiten. Insbesondere<br />
bei der COPD konnte eine Besserung<br />
der körperlichen Belastbarkeit,<br />
eine Steigerung der Lebensqualität, eine<br />
Reduktion der Exazerbationsraten <strong>und</strong><br />
der Morbidität durch eine regelmäßige<br />
Bewegungstherapie belegt werden. Daher<br />
bemüht sich die Deutsche Atemwegsliga<br />
e. V. zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft<br />
Lungensport e. V. in Deutschland<br />
um eine flächendeckende Nutzung des<br />
ambulanten Lungensports. Im Jahre 2000<br />
verabschiedete sie Empfehlungen<br />
zum Sport <strong>und</strong> körperlichem<br />
Training bei obstruktiven Atemwegerkrankungen.<br />
Derzeit werden<br />
neue Empfehlungen zum<br />
Sport <strong>und</strong> körperlichem Training<br />
bei Patienten mit chronischen<br />
Lungenkrankheiten wie Asthma,<br />
COPD, Mukoviszidose, Lungenfibrosen<br />
<strong>und</strong> pulmonale Hypertonie<br />
bearbeitet.<br />
Ziel ist es, Patienten mit chronischen<br />
Lungenkrankheiten leichter Zugang zu<br />
ambulanten Lungensportgruppen zu<br />
ermöglichen unter Beibehaltung der<br />
Sicherheit für die teilnehmenden Patienten.<br />
In den neuen Empfehlungen wird<br />
eine Mindestbelastung von 25 Watt über<br />
3 Minuten im Steady state von Herzfrequenz<br />
<strong>und</strong> Atmung bzw. eine 6-minütige<br />
Gehstrecke von mehr als 200 Metern als<br />
Mindestbelastbarkeit herausgestellt. Die<br />
Sauerstoffsättigung sollte unter einer<br />
Belastung von 25 Watt über 90 % liegen,<br />
andernfalls sollte die Bewegungstherapie<br />
unter Applikation von Sauerstoff erfolgen.<br />
Ein- <strong>und</strong> Ausschlusskriterien sowie<br />
Trainingsmodalitäten wurden neu gefasst,<br />
insbesondere auch unter Berücksichtigung<br />
von schwerer erkrankten Patienten.<br />
Auch für Patienten, die mit einer Langzeitsauerstoffbehandlung<br />
therapiert werden,<br />
ist eine Teilnahme an ambulanten<br />
Lungensportgruppen möglich, wenn der<br />
Patient infektfrei ist, sein Sauerstoffgerät<br />
zum Training mitbringt <strong>und</strong> der Übungsleiter<br />
der Lungensportgruppen die Mög-<br />
Prof. Dr.<br />
Heinrich Worth<br />
die Vermeidung der Ausbreitung<br />
der Infektionen wurden diskutiert.<br />
Im Mittelpunkt stand die Pneumonie<br />
des beatmeten Patienten.<br />
<strong>Weaning</strong><br />
Neben der außerklinischen Beatmung<br />
fand das <strong>Weaning</strong>, die Beendigung<br />
einer invasiven Langzeitbeatmung<br />
große Beachtung. Am<br />
Bespiel von COPD-Patienten wurden<br />
<strong>Weaning</strong>konzepte <strong>und</strong> Prognosemarker<br />
dargestellt. Die Möglichkeiten<br />
etablierter pneumologischer<br />
<strong>Weaning</strong>zentren, der Patientenwandel<br />
<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Probleme wurden herausgestellt.<br />
Die herausragende Bedeutung vom<br />
WeanNet wurde von Dr. Nina<br />
Hämäläinen herausgestellt. Erste<br />
Ergebnisse des <strong>Weaning</strong>registers<br />
<strong>und</strong> der Stand der Akkreditierung<br />
von Zentren wurden vorgestellt.<br />
Med NEWS<br />
lichkeit hat, die Sauerstoffsättigung<br />
mittels Pulsoxymeter zu<br />
nutzen.<br />
Wenn Patienten mit COPD<br />
<strong>und</strong> sehr schwerer Ausprägung<br />
des Krankheitsbildes die Mindest<br />
voraussetzung für die Teilnahme<br />
an ambulanten Lungensportgruppen<br />
nicht erfüllen,<br />
sollten diese primär einer stationären<br />
Rehabilitation mit einem<br />
Aufbautraining zugeführt werden.<br />
Mit den neuen Empfehlungen wird es<br />
möglich sein, den Lungensport auch bei<br />
schwereren Formen der COPD in ambulanten<br />
Lungensportgruppen betreiben zu<br />
können. Der Lungensport in ambulanten<br />
Gruppen stellt hierbei ein wichtiges<br />
Binde glied dar für die aus dem Krankenhaus<br />
oder aus der stationären Rehabilitation<br />
entlassenen Patienten, Bewegungstherapie<br />
<strong>und</strong> körperliches Training in<br />
Wohnortnähe mit für die Lungenkrankheiten<br />
ausgebildeten Fach- <strong>und</strong> Übungsleitern<br />
zu betreiben. Die neuen Empfehlungen<br />
sollen helfen, Patienten mit verschiedenen<br />
chronischen Lungenkrankheiten<br />
auch bei schwererer Ausprägung<br />
des Krankheitsbildes eine Teilnahme an<br />
ambulanten Lungensportgruppen zu er -<br />
möglichen.<br />
Quelle: Statement von Prof. Dr. H. Wort zur<br />
Pressekonferenz der Deutschen Atemwegsliga<br />
e. V. „Aktuelles aus der Pneumologie 2010“ im<br />
Rahmen des 51. Kongresses der Deutschen<br />
Gesellschaft für Pneumologie <strong>und</strong> Beatmungsmedizin<br />
e. V. (DGP), Hannover, 17. März 2010<br />
MedReview 07 ·2010 3
Prof. Dr.<br />
Wolfram Windisch<br />
HINTERGRÜNDE UND BEDEUTUNG<br />
S2-Leitlinie Außerklinische Beatmung<br />
WOLFRAM WINDISCH, FREIBURG<br />
Neben der Leitlinie<br />
„Nicht invasive Beatmung<br />
als Therapie der<br />
akuten respiratorischen<br />
Insuffizienz“ (Pneumologie 2008;<br />
62:449-479) sowie der Leitlinie<br />
„<strong>Respiratorentwöhnung</strong> nach prolongierter<br />
Beatmung“ (in Arbeit) ist<br />
im Dezember 2009 die Leitlinie<br />
„Nichtinvasive <strong>und</strong> invasive Beatmung<br />
als Therapie der chronischen<br />
respiratorischen Insuffizienz“<br />
online publiziert worden <strong>und</strong> unter<br />
ANKÜNDIGUNG<br />
Die f<strong>und</strong>amentale berufspolitische Bedeutung der<br />
Beatmungsmedizin für die Deutsche Pneumologie ist<br />
unbestritten. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> formuliert die<br />
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie <strong>und</strong> Beatmungsmedizin<br />
e. V. (DGP) in enger Kooperation mit der<br />
Arbeitsgemeinschaft für <strong>Heimbeatmung</strong> <strong>und</strong> <strong>Respiratorentwöhnung</strong><br />
e. V. (AGH) sowie anderen deutschen<br />
Fachgesellschaften unter dem Dach der Arbeitsgemeinschaft<br />
der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften<br />
e. V. (AWMF) drei Leitlinien.<br />
7. bis 10. April 2011 in Dresden<br />
52. Kongress der<br />
Deutschen Gesellschaft<br />
für Pneumologie <strong>und</strong><br />
Beatmungsmedizin e. V.<br />
Internet:<br />
www.dgp-kongress.de<br />
den Internet-Seiten der DGP<br />
(www.pneumologie.de), der AGH<br />
(www.heimbeatmung.de) sowie<br />
der AWMF (www.uni-duesseldorf.de/AWMF)<br />
einsehbar. Die<br />
Leitlinie ist aktuell in der ausführlichen<br />
Lang-Version in der Zeitschrift<br />
Pneumologie publiziert<br />
worden (Pneumologie 2010;<br />
64:207-240). Eine autorisierte<br />
Kurzversion ist in Arbeit <strong>und</strong> wird<br />
voraussichtlich im Juni 2010 zur<br />
Verfügung stehen.<br />
Ziel der Leitlinie<br />
Die außerklinische Beatmung kann<br />
nichtinvasiv über Gesichtsmasken<br />
oder invasiv nach Anlage eines Tracheostomas<br />
erfolgen <strong>und</strong> wird<br />
zunehmend zur Therapie der<br />
chronischen ventilatorischen Insuffizienz<br />
eingesetzt, wobei die chronisch<br />
obstruktive Lungenerkrankung,<br />
thorakal restriktive Erkrankungen,<br />
das Obesitas-Hypoventilations-Syndrom<br />
sowie neuromuskuläre<br />
Erkrankungen die Hauptindikationen<br />
darstellen. Die Beatmungstherapie<br />
stellt eine stark in<br />
die Integrität des Patienten eingreifende<br />
<strong>und</strong> oft lebenserhaltende<br />
Therapie dar. Das selbstbestimmte<br />
Leben hat neben der Qualitäts -<br />
sicherung der Beatmungstherapie<br />
oberste Priorität. Ziel ist ferner zu<br />
jedem Zeitpunkt die Anpassung des<br />
Pflegeumfanges an die Notwendig-<br />
Tagungspräsidenten:<br />
Prof. Dr. Gert Höffken<br />
Universitätsklinikum Dresden<br />
Fetscherstraße 74, 01307 Dresden<br />
gert.hoeffken@uniklinikum-dresden.de<br />
Fachkrankenhaus Coswig Recura-Kliniken<br />
Neucoswiger Straße 21, 01640 Coswig<br />
Dr. Eckart Laake<br />
Königsbrücker Straße 57, 01099 Dresden<br />
Dr.Laake@gmx.de<br />
Kongressorganisation:<br />
Agentur KONSENS GmbH<br />
Stockumer Straße 30, 59368 Werne<br />
dgp@agentur-konsens.de<br />
Geschäftsstelle der DGP:<br />
Heidrun Lunemann<br />
Postfach 1237, 59355 Werne<br />
info@pneumologie.de<br />
4 MedReview 07 ·2010
keit von Beatmungsdauer, -zugang<br />
<strong>und</strong> den Einbezug der Angehörigen.<br />
Die außerklinische Beatmung<br />
muss um ein Beatmungszentrum<br />
mit Expertise in der Indikationsstellung,<br />
dem Beginn <strong>und</strong> der Überwachung<br />
einer außerklinischen<br />
Beatmung organisiert sein. Die<br />
Akkreditierung solcher Beatmungs -<br />
zentren wird in der Zukunft angestrebt.<br />
Inhalte der Leitlinie<br />
Die Indikationsstellung, die Auswahl<br />
des Beatmungsgerätes, des<br />
Beatmungsmodus <strong>und</strong> der Be -<br />
atmungsparameter unterliegen der<br />
ärztlichen Verantwortung. Wesentlich<br />
für die Indikationsstellung sind<br />
das Vorliegen von Symptomen der<br />
ventilatorischen Insuffizienz (u. a.<br />
Dyspnoe, morgendliche Kopfschmerzen,<br />
Abgeschlagenheit, eingeschränkte<br />
Leistungsfähigkeit,<br />
psychische Veränderungen, Schlafstörungen,<br />
Ödeme) sowie der<br />
Nachweis der Hypoventilation (in<br />
der Regel die Hyperkapnie). Diesbezüglich<br />
werden in der Leitlinie<br />
die krankheitsspezifischen Indikationsparameter<br />
aufgeführt <strong>und</strong> in<br />
Form von Therapie-Algorithmen<br />
zusammengefasst.<br />
Wesentlich ist die Erkenntnis,<br />
dass unkontrollierte Veränderungen<br />
der Beatmung zu potentiell<br />
Einführungspreis<br />
2.995,-- zzgl. MwSt.<br />
VibraVest TM<br />
lebensbedrohlichen Komplikationen<br />
führen können. Veränderungen<br />
am Beatmungssystem oder der<br />
Einstellung dürfen daher nur nach<br />
ärztlicher Anordnung <strong>und</strong> in der<br />
Regel unter klinischer Überwachung<br />
erfolgen. Insbesondere muss<br />
eine Umversorgung auf nicht bau -<br />
gleiche Beatmungsgeräte (auch desselben<br />
Herstellers) stationär erfolgen.<br />
Die Leitlinie informiert daher<br />
detailliert über die notwendige<br />
technische Ausstattung sowie Einstellung,<br />
Umstellung, Kontrolle<br />
<strong>und</strong> Organisation der außerklinischen<br />
Beatmung, wobei sie auch<br />
auf die Besonderheiten bei pädiatrischen<br />
Patienten eingeht.<br />
Eine entscheidende Vorraussetzung<br />
für die außerklinische Beatmung<br />
ist zudem die suffiziente<br />
Qualifikation des außerklinischen<br />
Pflegeteams. Zwar kann im Falle<br />
einer assistiven Versorgung von<br />
außerklinischen Beatmungspatienten<br />
das Pflegeteam aus Pflegekräften<br />
mit geringem Qualifikations -<br />
niveau oder Laienkräften (z. B.<br />
Angehörige) bestehen. Bei der Notwendigkeit<br />
zur ärztlich verordneten,<br />
fachpflegerischen Versorgung<br />
müssen jedoch definierte, in der<br />
Leitlinie weiter spezifizierte, Voraussetzungen<br />
für die Qualifikation<br />
sowohl der Fachbereichsleitung als<br />
auch der Pflegenden erfüllt sein.<br />
Die hochfrequente Vibrations-<br />
Weste (HFCWO) zum Lösen<br />
von Sekret. Für z.B.:<br />
– Asthmatiker<br />
– COPD / – ALS<br />
Eine außerklinische Beatmung<br />
verbessert nachweislich die ges<strong>und</strong>heitsbezogene<br />
Lebensqualität von<br />
Patienten mit chronischer ventilatorischer<br />
Insuffizienz. Sie kann<br />
zudem das Langzeitüberleben bei<br />
den meisten Patientengruppen verlängern.<br />
Dennoch ist die Langzeitprognose<br />
trotz Beatmungstherapie<br />
zum Teil schwer limitiert. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> berücksichtigt die<br />
Leitlinie auch ethische Aspekte. Sie<br />
bezieht sich dabei auf die Aufklärung<br />
des Patienten, die Kommunikation<br />
am Lebensende beatmeter<br />
Patienten, die Möglichkeiten einer<br />
Patientenverfügung sowie über die<br />
Behandlungsschritte während der<br />
Sterbeprozesses. Eine tragende <strong>und</strong><br />
partnerschaftliche Arzt-Patient-<br />
Beziehung steht dabei im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Korrespondenzadresse:<br />
Prof. Dr. Wolfram Windisch<br />
Universitätsklinik Freiburg<br />
Abteilung Pneumologie<br />
Killianstraße 5<br />
79106 Freiburg<br />
wolfram.windisch@uniklinik-freiburg.de<br />
Einweisung, Wartung <strong>und</strong><br />
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MD 300<br />
MedReview 07 ·2010 5
Jörg Brambring<br />
S2-LEITLINIE „NICHTINVASIVE UND INVASIVE BEATMUNG ALS THERAPIE DER<br />
CHRONISCHEN RESPIRATORISCHEN INSUFFIZIENZ“<br />
Bedeutung für die pflegerische Umsetzung<br />
in der außerklinischen Beatmung<br />
JÖRG BRAMBRING, UNTERHACHING<br />
Im Rahmen der 18. Jahres -<br />
tagung der Arbeitsgemeinschaft<br />
<strong>Heimbeatmung</strong> <strong>und</strong> <strong>Respiratorentwöhnung</strong><br />
e. V. in Ge -<br />
meinschaft mit dem 5. Beatmungssymposium<br />
der Deutschen Gesellschaft<br />
für Pneumologie <strong>und</strong> Be -<br />
atmungsmedizin e. V. in Halle<br />
waren herausragende Experten<br />
<strong>und</strong> Autoren der Leitlinie vertreten,<br />
auch Prof. Dr. Wolfram Windisch,<br />
Facharzt für Innere Medizin<br />
<strong>und</strong> Arzt für Pneumologie am Universitätsklinikum<br />
Freiburg, der die<br />
Federführung bei der Erstellung<br />
der Leit linie übernommen hatte.<br />
Die Empfehlungen stellen die<br />
einzelnen Indikationen einschließlich<br />
des geeigneten Zeitpunkts zur<br />
Einleitung einer außerklinischen<br />
Beatmung vor, legen das diagnostische<br />
<strong>und</strong> therapeutische Vorgehen<br />
bei Einleitung der Beatmung fest<br />
<strong>und</strong> zeigen die Anforderungen an<br />
eine optimale Überleitung in die<br />
außerklinische Beatmung. Detailliert<br />
wird die technische <strong>und</strong> personelle<br />
Ausstattung der Institutionen<br />
beschrieben, die bei der Be -<br />
handlung von Patienten mit außerklinischer<br />
Beatmung beteiligt sind.<br />
Es konnte ein breiter Konsens<br />
hergestellt werden<br />
Die S2-Leitlinie „Nichtinvasive <strong>und</strong> invasive Beatmung als<br />
Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz“,<br />
die nach zweijähriger Beratungszeit am 17. Dezember<br />
2009 von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie <strong>und</strong><br />
Beatmungsmedizin e. V. (DGP) in Zusammenarbeit mit der<br />
Arbeitsgemeinschaft für <strong>Heimbeatmung</strong> <strong>und</strong> <strong>Respiratorentwöhnung</strong><br />
e. V. (AGH) herausgegeben wurde, ist erst -<br />
mals auf einem Kongress dem Fachpublikum vorgestellt<br />
worden.<br />
Die S2-Leitlinie ist allein schon deshalb<br />
von großer Bedeutung, da<br />
erstmals unter dem Dach der<br />
Arbeitsgemeinschaft der Wissen-<br />
schaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften<br />
e. V. (AWMF) in<br />
Deutschland ein breiter Konsens<br />
der wichtigsten Fachgesellschaften<br />
<strong>und</strong> Verbände für die außerklinische<br />
Intensivversorgung hergestellt<br />
werden konnte. Das auf das<br />
Wesentliche konzentrierte Werk ist<br />
ein beeindruckendes Referenz -<br />
modell für die optimale Pflege beatmeter<br />
Menschen. In der Praxis<br />
muss es sich jetzt bewähren. Wer<br />
die ambulante Intensivpflege ge -<br />
wissenhaft <strong>und</strong> im Interesse der<br />
Menschen durchführen will, wird<br />
sich zukünftig von den Empfehlungen<br />
leiten lassen, auch wenn sie<br />
gesetzlich noch nicht vorgeschrieben<br />
sind. Die S2-Leitlinie basiert<br />
auf den aktuellsten wissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen, die hier<br />
zusammen geführt wurden. Jeder<br />
Anbieter von Leistungen in der<br />
ambulanten Intensivpflege wird<br />
sich in Zukunft an den Empfehlungen<br />
in der S2-Leitlinie messen<br />
lassen müssen. Damit wird das<br />
Niveau der Pflegequalität deutlich<br />
angehoben. Anbieter von Pflegeleistungen,<br />
die sich nicht an diese<br />
Expertenempfehlungen halten <strong>und</strong><br />
damit eine unzureichende Pflege<br />
anbieten, werden es zukünftig<br />
schwerer haben, sich noch auf dem<br />
Markt zu halten. Die Kriterien zur<br />
Qualitätssicherung bei außerklinischer<br />
Beatmung sind anspruchsvoll<br />
<strong>und</strong> wegweisend.<br />
Schwerpunkt fachpflegerische<br />
Versorgung<br />
Die assistive Versorgung, beispielsweise<br />
durch die Angehörigen, wird<br />
in der S2-Leitlinie ausdrücklich<br />
begrüßt, der Schwerpunkt des Kongresses<br />
lag jedoch auf der fachpflegerischen<br />
Versorgung. Letzterer<br />
kann nur durch qualifizierte Pflegekräfte<br />
geleistet werden. Eine<br />
dreijährige Ausbildung in der Krankenpflege<br />
oder Fachkrankenpflege<br />
für Anästhesie <strong>und</strong> Intensivmedizin<br />
sind Gr<strong>und</strong>voraussetzung, die Wei -<br />
terbildung, beispielsweise für leitende<br />
Pflegekräfte oder für Altenpflegekräfte,<br />
ist laufend erforderlich,<br />
allein schon im Bereich der<br />
Medizintechnik. Weiterbildungskurse<br />
sollen in Zukunft seitens der<br />
DiGaB (s. u.) akkreditiert werden.<br />
Ambulante Intensivversorgung, in<br />
der die Pflegekräfte über viele St<strong>und</strong>en<br />
allein mit dem Klienten sind<br />
<strong>und</strong> die oft ärztliche Aufgaben<br />
übernehmen, da die Hausärzte mit<br />
der Thematik nicht vertraut sind,<br />
steht <strong>und</strong> fällt mit qualifizierten<br />
Pflegekräften. Gegenwärtig sind<br />
vielfach Rückzugspflege <strong>und</strong><br />
außerklinische ärztliche Versorgung<br />
ungeregelt, es gibt keine<br />
gesetzliche Verpflichtung zum Fortbildungsangebot.<br />
Beatmungszentren weiter<br />
etablieren<br />
Neu in der S2-Leitlinie ist die Forderung,<br />
Beatmungszentren einzurichten.<br />
Sie haben die Expertise in<br />
der Indikationsstellung. In ihnen<br />
beginnt die außerklinische Beatmung,<br />
sie überwachen diese in<br />
regelmäßigen Abständen. Eine<br />
Akkreditierung dieser Zentren<br />
wird ebenso angestrebt wie eine<br />
klare Definition ihrer Aufgaben.<br />
6 MedReview 07 ·2010
„Die außerklinische Beatmung<br />
muss um ein Beatmungszentrum<br />
organisiert sein. Der außerklinisch<br />
beatmete Patient benötigt ein Be -<br />
atmungszentrum für Einstellung,<br />
Kontrollen <strong>und</strong> Optimierung der<br />
Beatmungstherapie sowie zur<br />
Notaufnahme im Falle einer Verschlechterung<br />
<strong>und</strong> als Ansprechpartner<br />
für das außerklinische<br />
Pflegeteam“, heißt es hierzu in der<br />
S2-Leitlinie. Fest steht, dass damit<br />
die pflegerische Versorgung beatmeter<br />
Menschen entscheidend verbessert<br />
wird. Es wird auch die Aufgabe<br />
eines <strong>Weaning</strong>-Zentrums<br />
übernehmen. Denn vom Respirator<br />
wieder abtrainiert zu werden,<br />
REHABILITATION UND TRAINING<br />
Unter Berücksichtigung<br />
der Tatsache, dass die<br />
dynamische Überblähung<br />
der Lunge bei körperlicher<br />
Anstrengung die Atem -<br />
mechanik zusätzlich negativ beeinflusst,<br />
gelten bei hyperkapnischen<br />
Patienten auch im Rahmen von<br />
Rehabilitationsmaßnahmen körperliche<br />
Belastungen nicht ohne<br />
weiteres als indiziert. Vor Beginn<br />
einer Trainingstherapie muss von<br />
ärztlicher Seite geprüft werden, in<br />
welchem Ausmaß unter Berücksichtigung<br />
eventuell vorhandener<br />
Komorbiditäten körperliche Belastung<br />
vertretbar ist.<br />
Das Trainingsprogramm darf<br />
sich hierbei nicht an vorgegebenen<br />
Schemata oder gruppentherapeutischen<br />
Ansätzen, sondern nur an<br />
den individuellen teils labilen<br />
Kapazitäten der Betroffenen orientieren.<br />
Im weiteren Verlauf der Be -<br />
handlung ist bei Leistungssteigerung<br />
die Trainingsintensität anzupassen.<br />
Dabei ist die meist indizierte Lang-<br />
bedeutet für den Klienten <strong>und</strong> seine<br />
Angehörigen einen großen Fortschritt<br />
in Richtung Lebensqualität<br />
<strong>und</strong> Teilhabe am gesellschaftlichen<br />
Leben.<br />
Die Diskussion der S2-Leitlinie<br />
wird beim 3. Münchner außerklinischen<br />
Intensiv-Kongress (MAIK)<br />
vom 29. bis 30. Oktober 2010 fortgesetzt.<br />
Bis dahin ist auch die „Kittelversion“<br />
erschienen, eine wichtige<br />
Informationsquelle für alle<br />
beteiligten Berufsgruppen, die mit<br />
Erkrankungen des respiratorischen<br />
Systems zu tun haben. Die Arbeitsgemeinschaft<br />
für <strong>Heimbeatmung</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Respiratorentwöhnung</strong> e. V.<br />
(AGH), die seit dem 22. April 2010<br />
Trainingstherapie <strong>und</strong> NIV<br />
KLAUS KENN, SCHÖNAU<br />
zeit-Sauerstofftherapie bedarfs -<br />
gerecht zu adaptieren.<br />
Kombination aus körperlichem<br />
Training <strong>und</strong> NIV ist neuer<br />
Behandlungsansatz<br />
Die Kombination aus körperlichem<br />
Training <strong>und</strong> NIV bei chronisch<br />
ventilatorischer Insuffizienz (CVI)<br />
stellt einen neuen Behandlungsansatz<br />
dar (Evidenzgrad IIb). Bislang<br />
wurden beide therapeutischen<br />
Optionen eher alternativ denn<br />
komplementär gesehen, da die<br />
Leistungsfähigkeit bei hyperkapnischen<br />
COPD-Patienten derart<br />
reduziert ist, dass eine körperliche<br />
Rekonditionierung nicht realisierbar<br />
erscheint.<br />
Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft<br />
für außerklinische Beatmung<br />
(DIGaB) heißt, wird in ihren<br />
Arbeitsgruppen die S2-Leitlinie<br />
weiter entwickeln <strong>und</strong> beobachten,<br />
inwieweit ihre Empfehlungen<br />
tatsächlich praktisch umgesetzt<br />
werden. Die Pflege steht also vor<br />
großen Herausforderungen.<br />
Korrespondenzadresse:<br />
Jörg Brambring<br />
<strong>Heimbeatmung</strong>sservice Brambring<br />
Jaschke GmbH<br />
Ottobrunner Straße 43<br />
82008 Unterhaching<br />
Internationale Therapieempfehlungen für die COPD<br />
bezeichnen neben der pneumologischen Rehabilitation<br />
auch die nichtinvasive Ventilation (NIV) als essentielle<br />
Komponente. Die pneumologische Rehabilitation stellt ein<br />
multimodales, multidisziplinäres Vorgehen dar, bei der das<br />
körperliche Training für die Indikation COPD als die<br />
wesentlichste Behandlungsform gilt.<br />
Erste Daten prospektiver Studien<br />
zur Verbesserung der Belastbarkeit<br />
durch eine Kombination<br />
von Trainingstherapie <strong>und</strong> NIV in<br />
fortgeschrittenen Stadien von Lungenerkrankungen<br />
liegen inzwischen<br />
vor. Die Studien zur Kombination<br />
von NIV mit Trainingstherapie<br />
wurden überwiegend mit<br />
COPD-Patienten im Schweregrad<br />
GOLD III–IV mit unterschiedlichen<br />
Studiendesigns <strong>und</strong> Fragestellungen<br />
durchgeführt. Die<br />
Ergebnisse zeigen, dass die Kombination<br />
von NIV mit einer gezielten<br />
Trainingsbehandlung sowohl Belastungsdyspnoe<br />
als auch körperliche<br />
Leistungsfähigkeit <strong>und</strong> Lebensqualität<br />
der Behandelten positiv beein-<br />
MedReview 07 ·2010 7<br />
Fortsetzung<br />
Bedeutung für<br />
die pflegerische<br />
Umsetzung in<br />
der außer -<br />
klinischen<br />
Beatmung<br />
Dr.<br />
Klaus Kenn
Fortsetzung<br />
Trainingstherapie<br />
<strong>und</strong> NIV<br />
Abb. 1: Patientin, 38 Jahre, zur Lungentransplantation vorge -<br />
sehen. PaCO 2 um 51 mmHg, erfolgreicher Leistungsaufbau über<br />
Training unter nichtinvasiver Beatmung. Notwendig keit zur<br />
Transplanta tion um 6 Jahre aufgeschoben.<br />
flussen kann. Für Patienten, bei<br />
denen die NIV während des Trainings<br />
vorgesehen ist, muss initial<br />
ärztlich eine behutsame Adaptation<br />
von Beatmungsdruck <strong>und</strong> -frequenz<br />
erfolgen, um die Belastung<br />
mit der dazu notwendigen Beatmung<br />
zu synchronisieren. Im Verlauf<br />
der Trainings behandlung sind<br />
meist Anpassungen von Beatmungsfrequenz<br />
<strong>und</strong> -druck notwendig.<br />
Für welche Patientengruppen?<br />
Es stellt sich die Frage, welche Pa -<br />
tientengruppen für diesen speziellen<br />
kombinierten Therapieansatz<br />
infrage kommen <strong>und</strong> wo die Grenzen<br />
für dieses Vorgehen liegen.<br />
In Einzelfällen können die ge -<br />
schilderten multimodalen Be handlungsansätze<br />
unter Einschluss der<br />
NIV zur Vorbereitung auf sehr<br />
belastende Therapien/Operationen<br />
oder z. B. als „Bridging“ bei Lungentransplantationskandidaten<br />
ge -<br />
nutzt werden.<br />
Bereits im Jahr 2003 konnte in<br />
einer randomisiert-kontrollierten<br />
Untersuchung (RCT) nachgewiesen<br />
werden, dass die Kombination<br />
von Trainingstherapie <strong>und</strong> nichtinvasiver<br />
häuslicher Beatmung bei<br />
schwergradiger COPD dem alleinigen<br />
körperlichen Training im Hinblick<br />
auf PaO2-Niveau, Funktion<br />
der Atemmuskulatur, Gehstrecke<br />
sowie Lebensqualität signifikant<br />
überlegen war. Eine neuere Studie<br />
zeigte 2008 für eine NIV zusätzlich<br />
zur Rehabilitation relevante <strong>und</strong><br />
teils signifikante Besserungen von<br />
Lebensqualität, PaCO2-Niveau, Atemnot (Borg) <strong>und</strong> körperlicher<br />
Aktivität.<br />
In einer 2009 veröffentlichten<br />
eigenen Studie konnte nachgewiesen<br />
werden, dass bei COPD-IV-<br />
Patienten, die sich zusätzlich zu<br />
einer multimodalen Rehabilitation<br />
einer überwiegend nächtlichen<br />
NIV-Therapie unterzogen im Vergleich<br />
zu einer Kontrolle ohne NIV<br />
signifikante Verbesserungen des<br />
Gasaustauschs, der Leistungsfähigkeit<br />
(6MWD 82 vs. 50 m, p < 0,04)<br />
(Abb. 2) sowie der Lebensqualität<br />
zu erzielen waren. In beiden Gruppen<br />
(NIV/Reha) wurden jeweils 40<br />
Patienten (57,9 vs. 56,8 J; FEV1 26,4 vs. 25,5 % pred.; PaCO2 53,2<br />
vs. 51,7 mmHg) eingeschlossen.<br />
Somit scheint eine gut adaptierte<br />
NIV zur Verbesserung der körperlichen<br />
Leistungsfähigkeit sowie der<br />
Lebensqualität im Rahmen einer<br />
Rehabilitation bei COPD-Patienten<br />
in fortgeschrittenen Stadien beizutragen.<br />
Zusammenfassung<br />
Das Konzept, COPD-Patienten mit<br />
chronisch erschöpfter Atempumpe<br />
<strong>und</strong> Indikation zur NIV trotz ausgeprägter<br />
Dekonditionierung ge -<br />
zielt körperlich zu trainieren,<br />
erscheint attraktiv. Voraussetzung<br />
ist eine in der Nacht <strong>und</strong> ggf. wäh-<br />
Abb. 2: Signifikante Verbesserung der 6-Minuten-Gehstrecke<br />
(p < 0,04) bei 40 Patienten mit nächtlicher NIV vor <strong>und</strong> nach<br />
multi modaler Rehabilitationsbehandlung (PR) im Vergleich zu<br />
40 Patienten mit Rehabilitation alleine.<br />
rend des Trainings adäquate Beatmungseinstellung<br />
mit ausreichend<br />
hohen Drücken.<br />
Aufgr<strong>und</strong> des hohen personellen<br />
Aufwands sollte dies zurzeit nur in<br />
damit erfahrenen Zentren bei ausgewählten<br />
Patienten, z. B. im Sinne<br />
von „bridging to transplant“ oder<br />
im Rahmen von Studien zum Einsatz<br />
kommen.<br />
Ob auch andere Patienten für ein<br />
solches kombiniertes Behandlungsverfahren<br />
geeignet sind <strong>und</strong> davon<br />
langfristig im Hinblick auf Leistungsfähigkeit,<br />
Lebensqualität <strong>und</strong><br />
Prognose profitieren können, muss<br />
in weiteren Studien geklärt werden.<br />
Dabei gilt es zu prüfen, wie<br />
viel des medizinisch Machbaren<br />
auch sinnvoll <strong>und</strong> bezahlbar ist.<br />
Korrespondenzadresse:<br />
Dr. Klaus Kenn<br />
Schön Klinik Berchtesgadener Land<br />
Abteilung Pneumologie<br />
Malterhöh 1<br />
83471 Schönau am Königssee<br />
8 MedReview 07 ·2010
<strong>Weaning</strong> – Ergebnisse <strong>und</strong> Probleme<br />
THOMAS BARCHFELD, SCHMALLENBERG<br />
Im Jahr 2006 wurde eine nationale<br />
Befragung an 38 pneumologischen<br />
<strong>Weaning</strong>zentren, die<br />
insgesamt 2718 <strong>Weaning</strong>-<br />
Patienten betreuten, durchgeführt<br />
(Schönhofer B et al. Dtsch Med.<br />
Wochenschr 2008; 133:1-5). Unter<br />
anderem wurden Daten zu dem<br />
Zentrum selbst, Patientencharakteristika,<br />
dem Behandlungserfolg<br />
<strong>und</strong> den dabei praktizierten <strong>Weaning</strong>-Strategien<br />
erhoben. Die Mortalität<br />
der Patienten lag bei 20,8 %.<br />
Etwa ein Drittel der Patienten<br />
konnte bis zur kontinuierlichen<br />
Spontanatmung entwöhnt werden.<br />
Ebenfalls ein Drittel wurde mit<br />
einer häuslichen Beatmung infolge<br />
chronisch ventilatorischer Insuffizienz<br />
entlassen werden. Bei ca.<br />
13 % der Patienten bestand ein<br />
<strong>Weaning</strong>versagen, so dass diese<br />
Patienten dauerhaft invasiv be -<br />
atmet blieben. Neben dem Behandlungsergebnis<br />
wurden Daten zu<br />
den Umgebungsfaktoren der Stationen<br />
(Intensivstation ± integrierte<br />
<strong>Weaning</strong>-Betten, spezialisierte<br />
<strong>Weaning</strong>station oder spezialisierte<br />
Intensivstation) ermittelt. Unter<br />
anderem wurden die Items: Lärmschutz,<br />
spiritueller Beistand <strong>und</strong><br />
Räumlichkeiten abgefragt. Anhand<br />
der Ergebnisse wird in dieser Publikation<br />
darauf hingewiesen, dass<br />
man in einem zukünftigen Netzwerk<br />
der <strong>Weaning</strong>zentren evidenzbasierte<br />
Erkenntnisse zum Stellenwert<br />
der Umgebungsfaktoren ge -<br />
winnen sollte.<br />
Konzepte<br />
Das Krankenhaus Kloster Grafschaft<br />
ist das älteste <strong>Weaning</strong>zentrum<br />
in Deutschland <strong>und</strong> verfügt<br />
über 20 Jahre Erfahrung. In dieser<br />
Zeit wurde die Anzahl der behandelten<br />
langzeitbeatmeten Patienten<br />
Die invasive maschinelle Beatmung von multimorbiden,<br />
schwer pulmonal- oder schwer herzkranken Patienten<br />
nimmt zu. Damit steigt auch die Anzahl der Patienten, die<br />
in Akutkrankenhäusern oft nicht mehr von der Beatmung<br />
entwöhnt werden können. Spezialisierte <strong>Weaning</strong>zentren<br />
übernehmen diese Patienten mit prolongiertem <strong>Weaning</strong>.<br />
kontinuierlich gesteigert (Abb.).<br />
Die bestehenden Umgebungsfaktoren<br />
der Intensivstation haben sich<br />
der Entwicklung des Patientenklientels<br />
angepasst. In einer dort<br />
durchgeführten Studie (Schön -<br />
hofer B et al. Med. Klinik 2008;<br />
103:275-81) zur Wertigkeit des so<br />
genannten TISS-28-Scores im<br />
schwierigen <strong>Weaning</strong> konnte ge -<br />
zeigt werden, dass – neben anderen<br />
Faktoren – auch eine wesentliche<br />
Strategie für den Erfolg der Umsetzung<br />
nichtinvasiver Konzepte darstellt<br />
wie: nichtinvasive Beatmung,<br />
enterale Ernährung <strong>und</strong> Entfernung<br />
von Kathetern <strong>und</strong> Drainagen.<br />
Durch die zunehmende Häufigkeit<br />
des ICU-Deliriums, des<br />
zunehmenden Alters der Patienten<br />
wie der „Severity of Illness“ bei<br />
Aufnahme aus den zu verlegenden<br />
Abb.: Fallzahlentwicklung im Krankenhaus Kloster Grafschaft.<br />
Intensivstationen lässt sich die<br />
frühzeitige Umsetzung des therapeutischen<br />
Konzepts von „invasiv“<br />
nach „nichtinvasiv“ nicht immer<br />
verwirklichen. Oft sind die Neu -<br />
anlage von Zentralvenenkathetern,<br />
Anlage von Pleuradrainagen (Fleimisch<br />
P et al. Pneumologie 2008;<br />
62:S55-162) bei Überwässerung<br />
wie frühzeitige Anlage von PEG-<br />
Sonden zur Verhinderung von<br />
Aspiration notwendig. Damit hat<br />
sich das Behandlungskonzept zu<br />
einem „Mehr“ an Intensivmedizin,<br />
zumindest zu Beginn der Behandlung<br />
im <strong>Weaning</strong>zentrum ent -<br />
wickelt. Ansatzpunkte, dieser Entwicklung<br />
entgegenzuwirken, be -<br />
stehen beispielsweise in der frühzeitigen<br />
Einbindung von Ange -<br />
hörigen sowie der Erstellung von<br />
Ergotherapieplänen.<br />
MedReview 07 ·2010 9<br />
Dr.<br />
Thomas Barchfeld
Fortsetzung<br />
<strong>Weaning</strong> –<br />
Ergebnisse <strong>und</strong><br />
Probleme<br />
Aufgr<strong>und</strong> des demographischen<br />
Wandels ist eine Zunahme von<br />
alten Patienten, die langzeitbeatmet<br />
werden, zu verzeichnen. Dieser<br />
Trend wird sich in den kommenden<br />
40 Jahren fortsetzen. Im Jahr 2010<br />
liegt der Anteil der über Achtzigjährigen<br />
an der Bevölkerung bei<br />
4 %. 2050 wird der Anteil der über<br />
Achtzigjährigen auf über 11 %<br />
geschätzt. Die aktuellen Outcome-<br />
Daten aus dem <strong>Weaning</strong>zentrum<br />
Kloster Grafschaft von 2009 zeigen,<br />
dass der Anteil der über 75-Jährigen<br />
25,4 % am Gesamtkollektiv<br />
betrug. Dabei hatten ältere Patienten<br />
weder ein schlechteres <strong>Weaning</strong>-Outcome<br />
noch eine höhere<br />
Mortalität. Therapiebegrenzung<br />
wurde bei älteren Patienten nicht<br />
häufiger durchgeführt. Insgesamt<br />
ist damit nicht das Alter allein eine<br />
bestimmende Größe bei der<br />
Abschätzung des Outcomes <strong>und</strong><br />
der Prognose.<br />
Zirka 25 % der <strong>Weaning</strong>-<br />
Patienten weisen eine<br />
Links- oder Rechtsherz -<br />
insuffizienz auf (Scheinhorn<br />
et al. Chest 2007; 131(1):76-84).<br />
Die Komorbiditäten sind in Tabelle<br />
1 dargestellt.<br />
Die Ursachen sind:<br />
� Umkehr thorakaler Druckverhältnis<br />
bei Beatmung,<br />
� Verminderung venöser Rückstrom<br />
bei hohem PEEP.<br />
Weitere Aufgaben von<br />
<strong>Weaning</strong>zentren<br />
Eine wichtige Aufgabe, insbesondere<br />
für <strong>Weaning</strong>zentren, wird es in<br />
den nächsten Jahren sein, die Palliativmedizin<br />
oder besser palliativmedizinische<br />
Aspekte in das Be -<br />
handlungskonzept zu integrieren.<br />
Hier steht die Deutsche Gesellschaft<br />
für Pneumologie <strong>und</strong> Beatmungsmedizin<br />
sicher noch am<br />
Anfang. Für die Intensivmedizin<br />
wie für das <strong>Weaning</strong> gilt es im Alltag<br />
die palliativmedizinischen<br />
Aspekte <strong>und</strong> Bedürfnisse der Pa -<br />
tienten zu erkennen <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />
auch über Therapie -<br />
begrenzung oder Therapierückzug<br />
zu entscheiden.<br />
Bei der emotionalen wie körperlichen<br />
Belastungen aller am <strong>Weaning</strong>prozess<br />
Beteiligten, ist es ebenfalls<br />
notwendig sich mit dem<br />
Thema Burn-out-Syndrom zu<br />
beschäftigen. In diesem Zusam -<br />
menhang werden die Daten aus<br />
Meist kommt es zur Aggravierung<br />
vorbestehender kardialer Erkrankungen,<br />
aber auch bei z. B. septischer<br />
Kardiomyopathie.<br />
Eine zusätzliche kardiale Belastung<br />
im <strong>Weaning</strong> besteht durch<br />
erhöhte Atemmuskelarbeit, Stress<br />
<strong>und</strong> Agitation in der Aufwach -<br />
phase, verminderte Oxygenierung<br />
unter Spontanatmung <strong>und</strong> Wiederumkehr<br />
des intrathorakalen<br />
Druckes in der Spontanatmung.<br />
einer Erhebung aus Frankreich<br />
(Embriaco N et al. Am J Respir Crit<br />
Care Med 2007; 175:686-692)<br />
demonstriert. Anhand eines speziellen<br />
Fragebogens wurde in dieser<br />
Untersuchung zwischen „low“-,<br />
„moderate“- <strong>und</strong> „high level of<br />
burn out“ unterschieden. 46 %<br />
hatten ein „high level burnout“,<br />
welches keine Korrelation zu der<br />
Schwere der Erkrankung der<br />
betreuten Patienten, Intensivmortalität<br />
oder Therapieentscheidungen<br />
am Lebensende aufwies. Allerdings<br />
waren Konflikte mit Team -<br />
angehörigen, Erholungszeiten nach<br />
Nachtdienst <strong>und</strong> Zeit bis zum letzten<br />
Urlaub signifikant häufiger in<br />
der High-level-burn-out-Gruppe.<br />
Korrespondenzadresse:<br />
Dr. Thomas Barchfeld<br />
Krankenhaus Kloster Grafschaft<br />
Annostraße 1<br />
57392 Schmallenberg<br />
t.barchfeld@fkkg.de<br />
<strong>Weaning</strong> <strong>und</strong> Multiorgandysfunktion<br />
DIRK HEINEMEYER, HANNOVER<br />
Die Quintessenz zu Beginn: „... It is concluded that cardiac dysfunction,<br />
the need for dialysis, and pneumonia are determinants for weaning failure<br />
in patients <strong>und</strong>ergoing long-term mechanical ventilation after cardiac<br />
surgery.“ (Nozawa et al. Int Heart J 2005; 46:819-831)<br />
Monitoring<br />
Zu den Monitoringmaßnahmen<br />
ge hören:<br />
� RR (invasiv oder nichtinvasiv),<br />
� Herzfrequenz <strong>und</strong> Arrhythmien,<br />
� Diurese inklusive der Einfuhr-/<br />
Ausfuhrkontrolle,<br />
� Blutbild-Kontrollen (Hb = O 2 -<br />
Träger!),<br />
Tab. 1: Komorbiditäten<br />
(eigene Daten 2008).<br />
Alle Patienten X = 73<br />
mit Herzinsuffizienz 44 %<br />
mit Niereninsuffizienz 45 %<br />
mit Herz-/Niereninsuffizienz 27 %<br />
10 MedReview 07 ·2010
� Röntgen-Thorax,<br />
� Echokardiographie,<br />
� Pleurasonographie.<br />
Der ZVD ist hingegen wenig geeignet!<br />
Spezielle Diagnostik<br />
Als spezielle Diagnostik wird zum<br />
einen der Vergleich zvSO 2 unter<br />
Beatmung/Spontanatmung (Jubran<br />
et al. Am J Resp Crit Care Med<br />
1998; 158:1763-69) herangezogen.<br />
Er ist wenig aufwendig (nur<br />
der ZVK ist notwendig) <strong>und</strong> ein<br />
indirekter Parameter (Gewebsoxygenierung).<br />
Keine Änderung ist<br />
gleich positiv prädiktiv für den<br />
<strong>Weaning</strong>erfolg.<br />
Zum anderen ist der (NTpro)BNP-Serumspiegel<br />
(Chien et<br />
al. Crit Care Med 2008; 36(5):<br />
1421-26; Grasso et al. Crit Care<br />
Med 2007; 35(1):96-105) ein Prädiktor<br />
für erfolgreiches <strong>Weaning</strong><br />
(Anstieg < 20 % unter Spontan -<br />
atmung/120 min).<br />
Therapie<br />
Die Therapie umfasst folgende<br />
Aspekte:<br />
� optimale RR-Einstellung<br />
(< 180 mmHg syst.),<br />
� (Schleifen)Diuretikatherapie,<br />
� Verhinderung von Entzug, Angst,<br />
Agitation (zentrale Alpha-Blocker,<br />
Lorazepam, Morphin),<br />
� möglichst keine Katecholamine,<br />
� Hb-Ziel > 12 g/dl,<br />
� NIV bzw. CPAP nach Extubation.<br />
Niereninsuffizienz<br />
Patienten über 70 Jahre haben eine<br />
schlechtere <strong>Weaning</strong>-Prognose, insbesondere<br />
wenn Nierenversagen<br />
auftritt (Esteban et al. Intensive<br />
Care Med 2004; 30(4):639-46).<br />
Tab. 2: <strong>Weaning</strong> bei Herzinsuffizienz (eigene Daten 2008).<br />
X = 73 geweant NIV invasive LZ- Tod nach primär Tod<br />
Beatmung <strong>Weaning</strong><br />
Alle Patienten 34 % 14 % 13 % 16 % 23 %<br />
mit Herzinsuffizienz<br />
25 % 10 % 9 % 16 % 38 %<br />
Tab. 3: Zusammenfassend eigene Daten 2008.<br />
X = 73 geweant NIV invasive LZ- Tod nach primär Tod<br />
Beatmung <strong>Weaning</strong><br />
Alle Patienten 34 % 14 % 13 % 16 % 23 %<br />
+ Niereninsuffizienz<br />
36 % 12 % 6 % 15 % 30 %<br />
+ Herz-/Niereninsuffizienz<br />
35 % 5 % 5 % 10 % 45 %<br />
+ septisches<br />
Nierenversagen<br />
50 % 0 % 0 % 10 % 40 %<br />
Das chronische Nierenversagen hat<br />
direkte Auswirkungen auf das respiratorische<br />
System (z. B. ver ändertes<br />
Ansprechen auf CO 2 , verminderter<br />
P 0,1 ) (Sebert et al. Respiration<br />
1984; 45(3):191-6; Burgess et<br />
al. Crit Care Med 1994; 22(3):<br />
413-19).<br />
Die Probleme für das <strong>Weaning</strong><br />
entstehen durch:<br />
� Volumenüberschuss inklusive<br />
pulmonalem Ödem (Vieira et al.<br />
Crit Care Med 2007; 35(1):184-<br />
191),<br />
� erhöhte Atemarbeit durch metabolische<br />
Azidose (Huang et al.<br />
Anaesth Intensive Care 1997;<br />
25:464-70),<br />
� verminderte Nierenperfusion<br />
bei Hyperkapnie (Kuiper et al.<br />
Crit Care Med 2005; 33(6):<br />
1408-15),<br />
� Inzidenz von CIP/CIM (Garnacho-Montero<br />
et al. Intensive<br />
Care Med 2001; 27:1288-1296).<br />
Im Vergleich zu Nierenges<strong>und</strong>en<br />
kommt es zu einer signifikant längeren<br />
Gesamtbeatmungsdauer <strong>und</strong><br />
ICU-Behandlungsdauer sowie<br />
höheren ICU-Mortalität. Geweante<br />
Patienten mit Niereninsuffizienz<br />
hatten signifikant längere <strong>Weaning</strong>zeiten<br />
<strong>und</strong> höhere FiO 2 <strong>und</strong><br />
PEEP. Erhöhte ICU-Mortalität <strong>und</strong><br />
<strong>Weaning</strong>versagen waren nicht statistisch<br />
signifikant (Vieira et al. Crit<br />
Care Med 2007; 35(1):184-191).<br />
Zusammenfassende eigene Daten<br />
sind in Tabelle 3 dargestellt.<br />
Abschließendes Plädoyer<br />
… für spezialisierte <strong>Weaning</strong>zentren,<br />
die eine Diagnostik <strong>und</strong><br />
Behandlung des Nierenversagens<br />
<strong>und</strong> die entsprechende Nierenersatztherapie<br />
anbieten.<br />
Korrespondenzadresse:<br />
Dr. Dirk Heinemeyer<br />
Klinikum Region Hannover<br />
Klinikum Oststadt/Heidehaus<br />
Medizinische Klinik II<br />
Pneumologie, Schlafmedizin <strong>und</strong><br />
Internistische Intensivmedizin<br />
Podbielskistraße 380, 30659 Hannover<br />
weaningzentrum@krh.eu<br />
MedReview 07 ·2010 11<br />
Fortsetzung<br />
<strong>Weaning</strong> <strong>und</strong><br />
Multiorgan -<br />
dysfunktion
Dr.<br />
Martin Bachmann<br />
NEUES UND KONTROVERSES<br />
Langzeitbeatmung bei neuromuskulären<br />
Erkrankungen<br />
MARTIN BACHMANN, HAMBURG<br />
Die neueren Entwicklungen im Bereich der Langzeit -<br />
beatmung neuromuskulär Erkrankter resultieren aus einer<br />
konsequenten Anwendung der Maßnahmen zum Sekret -<br />
management <strong>und</strong> einer optimalen Einstellung der nicht -<br />
invasiven Beatmungstherapie. Hierdurch ist es in den<br />
letzten Jahren gelungen, die Prognose <strong>und</strong> die Lebens -<br />
qualität dieser Patienten positiv zu beeinflussen, womit<br />
sich die Beurteilung der Kontroversen in diesem Bereich<br />
ebenfalls entscheidend verändert hat.<br />
Eine nichtinvasive Beatmung<br />
über 24 St<strong>und</strong>en (h) bei<br />
Patienten ohne Spontan -<br />
atmungskapazität ist zunehmend<br />
besser möglich, wie an der<br />
immer weiter steigenden Zahl an<br />
weltweit nichtinvasiv 24/24 h be -<br />
atmeter Patienten mit neuromuskulären<br />
Erkrankungen zu erkennen<br />
ist. Patienten mit einer Muskeldystrophie<br />
Duchenne können inzwischen<br />
älter als 40 Jahre werden, in<br />
der Regel bedeutet dies eine nichtinvasive<br />
Beatmung über mehr<br />
als 20 Jahre. Auf diese neue Situation<br />
muss sich in der Abwägung<br />
einer Tracheotomie <strong>und</strong> der Begleitung<br />
dieser Patienten in der Akut<strong>und</strong><br />
Langzeitversorgung eingestellt<br />
wer den.<br />
Vorteile einer nichtinvasiven<br />
Beatmung<br />
Die Vorteile einer nichtinvasiven<br />
Beatmung gegenüber einer invasiven<br />
Beatmung über ein Tracheo -<br />
stoma liegen auf der Hand <strong>und</strong> sind<br />
inzwischen gut belegt. In einer<br />
belgischen Untersuchung von<br />
Duchenne-Patienten (Soudon P et<br />
al. Chron Resp Dis 2008), die entweder<br />
nichtinvasiv oder invasiv<br />
beatmet wurden, konnte festgestellt<br />
werden, dass es bei ca. 60 %<br />
der invasiv Beatmeten zu Komplikationen<br />
durch die Trachealkanüle<br />
kam, die therapeutisch angegangen<br />
werden mussten. Eine chronische<br />
Hypersekretion <strong>und</strong> 3- bis 4-mal<br />
häufigere Infekte, die zu häufigeren<br />
Krankenhausaufenthalten <strong>und</strong><br />
einer verminderten Lebensqualität<br />
führten, stellten weitere Probleme<br />
der invasiv Beatmeten dar. Beide<br />
Gruppen hatten Schluck- <strong>und</strong><br />
Ernährungsprobleme <strong>und</strong> mit einer<br />
Gewichtabnahme zu kämpfen,<br />
wobei aufgr<strong>und</strong> der Trachealkanüle<br />
größere Schluckschwierigkeiten<br />
auftraten. Zusätzlich wurde die<br />
Versorgungssituation vor <strong>und</strong> nach<br />
Etablierung einer 24-stündigen<br />
Beatmung betrachtet. Die nichtinvasiv<br />
Beatmeten konnten häufiger<br />
in häuslicher Umgebung mit Hilfe<br />
ihrer Angehörigen, in einer spezialisierten<br />
Pflegeeinrichtung oder<br />
Abb.: Heavy Metal Fan mit Muskel -<br />
dystrophie Duchenne.<br />
Wohngruppe weiterversorgt werden,<br />
während invasiv Beatmete<br />
öfter im Krankenhaus oder speziellen<br />
Rehabilitationskliniken verbleiben<br />
mussten. Diese Versorgungsunterschiede<br />
haben direkten Einfluss<br />
auf die Kosten <strong>und</strong> die Lebensqualität<br />
der Patienten.<br />
Voraussetzungen<br />
Um eine langfristige nichtinvasive<br />
Führung der Patienten mit neuromuskulären<br />
Erkrankungen zu<br />
gewährleisten, ist es notwendig,<br />
diese auch nach einer Intubation in<br />
einer Akutsituation oder im Rahmen<br />
eines operativen Eingriffs<br />
zurück an die nichtinvasive Beatmung<br />
zu transferieren. Inwieweit<br />
dies möglich ist, hat John Bach in<br />
einer aktuellen Untersuchung<br />
(Chest 2010 in press) eindrücklich<br />
gezeigt. 157 „nicht entwöhnbare“<br />
Patienten mit neuromuskulären<br />
Erkrankungen wurden untersucht.<br />
Kein Patient hatte vor <strong>und</strong> nach der<br />
Extubation eine Spontanatmungskapazität.<br />
Alle Patienten wurden<br />
bei Erreichen einer Sauerstoffsättigung<br />
von > 95 % unter Raumluft<br />
extubiert <strong>und</strong> direkt nichtinvasiv<br />
beatmet. Gleichzeitig wurde ein<br />
maximales, Pulsoxymetrie gesteuertes,<br />
mechanisches Hustenmanagement<br />
betrieben. 149 Patienten<br />
konnten auf diesem Wege beim<br />
ersten Versuch erfolgreich extubiert<br />
werden, sechs Patienten nach<br />
mehreren Versuchen. Zwei Patienten<br />
mussten tracheotomiert werden.<br />
Diese Daten zeigen eindeutig,<br />
dass auch schwerstbetroffene neuromuskulär<br />
Erkrankte ohne Tracheotomie<br />
sicher extubiert werden<br />
können, solange sie suffizient<br />
nichtinvasiv beatmet werden <strong>und</strong><br />
ein entsprechendes Sekretmanagement<br />
betrieben wird.<br />
12 MedReview 07 ·2010
Operabilität von Patienten mit<br />
neuromuskulären Erkrankungen<br />
Im Hinblick auf die Operabilität<br />
von Patienten mit neuromuskulären<br />
Erkrankungen <strong>und</strong> einer chronisch<br />
ventilatorischen Insuffizienz<br />
hat ein Paradigmenwechsel stattgef<strong>und</strong>en.<br />
Bisher wurden Operationen<br />
aufgr<strong>und</strong> des erhöhten postoperativen<br />
Risikos <strong>und</strong> der Gefahr<br />
einer dauerhaften Tracheotomie<br />
nicht oder nur im Notfall durchgeführt.<br />
Dieses Vorgehen ist aus zwei<br />
Gründen überholt. Zum einen hat<br />
sich die Gesamtprognose der<br />
Patienten deutlich verbessert mit<br />
einer Verlängerung der Lebensdauer<br />
um teilweise mehr als 20 Jahre<br />
bei ebenfalls gebesserter Lebensqualität,<br />
zum anderen haben sich<br />
die Möglichkeiten der nichtinvasiven<br />
Führung der Patienten weiterentwickelt.<br />
Es ist bereits in verschiedenen<br />
Arbeiten (Bach JR.<br />
J Spinal Disord Tech 2005) gezeigt<br />
worden, dass Patienten mit neuromuskulären<br />
Erkrankungen, die als<br />
inoperabel eingestuft wurden, dennoch<br />
ohne Komplikationen operiert<br />
werden können. Voraussetzung<br />
ist eine Optimierung bzw. die<br />
Anpassung einer nichtinvasiven<br />
Beatmung, ein suffizientes Sekretmanagement<br />
<strong>und</strong> eine Begleitung<br />
durch einen versierten Beatmungsmediziner<br />
direkt am Bett.<br />
Mit der Fortentwicklung der<br />
nichtinvasiven Beatmungstechnik<br />
verbessern sich Lebensqualität <strong>und</strong><br />
Lebensführung deutlich. Die Teilnahme<br />
an einem „normalen“<br />
Berufs- <strong>und</strong> Alltagsleben lässt sich<br />
für viele Patienten erreichen. Liebesbeziehungen,<br />
sexuelle Aktivität<br />
<strong>und</strong> die Erfüllung eines Kinderwunsches<br />
werden möglich. Durch<br />
diese Entwicklungen rücken alte<br />
Kontroversen <strong>und</strong> Vorbehalte in<br />
den Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> werden<br />
durch neue ersetzt.<br />
Es bleibt festzuhalten, dass alle<br />
genannten Errungenschaften nur<br />
durch ein begleitendes optimales<br />
Sekretmanagement <strong>und</strong> die eng -<br />
maschige Begleitung durch ein Be -<br />
atmungszentrum bzw. einen Be -<br />
atmungsmediziner in jeglichen<br />
Situationen möglich sind. Zur<br />
Basisversorgung gehören die regelmäßige<br />
Diagnostik der Hustenkapazität<br />
<strong>und</strong> die stufenweise Anpassung<br />
der erforderlichen Maßnahmen<br />
an den fortschreitenden Verlauf<br />
der Erkrankungen.<br />
Palliativmedizinische Versorgung<br />
Die Frage der Tracheotomie bei<br />
neuromuskulären Erkrankungen<br />
stellt sich heutzutage, unabhängig<br />
Mehr Lebensqualität durch unsere neue Atemwegsunterstützung<br />
Neue Therapiemöglichkeiten bei COPD<br />
COPD ist eine Erkrankung<br />
mit unterschätzter Tragweite.<br />
Laut einer in der renommierten<br />
medizinischen Fachzeitschrift<br />
The Lancet publizierten<br />
Studie leiden bereits heute<br />
weltweit 10,1 % der Gesamtbevölkerung<br />
an dieser Krankheit.<br />
In Deutschland werden<br />
die jährlichen Kosten der<br />
COPD auf 5,5–8,5 Milliarden<br />
Euro geschätzt, laut Angaben<br />
der AOK verursacht die<br />
COPD in Deutschland jährlich<br />
bereits 25 Mio. Arbeitsunfähigkeitstage.<br />
COPD kann nicht geheilt<br />
werden, daher ist im Krankheitsverlauf<br />
die langfristige,<br />
häusliche Atmungsunterstüt-<br />
zung maßgeblich. Der Patient<br />
wird dabei in seiner häuslichen<br />
Umgebung behandelt.<br />
Mit dem einfach anwendbaren<br />
TNI ® Applikator, ähnlich<br />
der Sauerstoffbrille, wird<br />
er deutlich weniger belastet als<br />
mit einer vergleichbar wirk -<br />
samen Atmungsunterstützung<br />
mit Maske. Hinzu kommt ein<br />
Kostenvorteil für die Kassen.<br />
Die neue TNI ® High-Flow<br />
Therapie der TNI medical AG<br />
greift möglichst wenig in das<br />
System der Spontanatmung<br />
des Patienten ein. Mit einem<br />
offenen Applikator, der die<br />
Nase nicht verschließt, ist das<br />
TNI ® in der Lage, sowohl die<br />
Sauerstoffanreicherung im<br />
von der Spontanatmungskapazität,<br />
nur noch bei einem nicht durchführbaren<br />
Sekretmanagement. Dieses<br />
ist an die bulbäre Funktion <strong>und</strong><br />
damit an den maximal erreich baren<br />
Hustenstoß gekoppelt. Liegt dieser<br />
unter 160 l/min, so wird sich eine<br />
Tracheotomie zur Lebensverlängerung<br />
nicht vermeiden lassen. Für<br />
einen solchen Schritt sind wir den<br />
Patienten eine sehr genaue Aufklärung<br />
schuldig. Wie auch immer sich<br />
jeder individuelle Patient entscheidet,<br />
müssen alle Möglichkeiten<br />
einer guten palliativmedizinischen<br />
Versorgung ausgeschöpft werden.<br />
Dazu gehört auch die Möglichkeit,<br />
eine Tracheotomie wieder rückgängig<br />
zu machen, eine invasive<br />
Beatmung zu beenden <strong>und</strong> die<br />
Patienten in jeder Situation zu<br />
begleiten oder eine Begleitung in<br />
häuslicher Umgebung zu ermöglichen.<br />
Korrespondenzadresse:<br />
Dr. Martin Bachmann<br />
Asklepios Klinik Hamburg-Harburg<br />
Thoraxzentrum/Lungenabteilung<br />
Sektion Pneumologische Intensiv- <strong>und</strong><br />
Beamtungsmedizin<br />
Eißendorfer Pferdeweg 52<br />
21075 Hamburg<br />
Aktuelles<br />
Blut zu erhöhen, als auch die<br />
Atemarbeit zu entlasten <strong>und</strong><br />
AUS DER INDUSTRIE<br />
Die TNI medical AG führte eine High-Flow-Atmungsunterstützung mit Sauerstoff-Luftgemisch für chronisch obstruktive Lungenerkrankung<br />
(COPD) ein, die weniger belastend für die Patienten ist.<br />
Foto: TNI medical AG<br />
zusätzlich die CO 2 -Werte zu<br />
senken.<br />
Für die Patienten erhöhen<br />
sich der individuell empf<strong>und</strong>ene<br />
Komfort <strong>und</strong> damit seine<br />
Akzeptanz erheblich. Durch<br />
die aktive Befeuchtung <strong>und</strong><br />
Erwärmung des Luft-Sauerstoff-Gemischs,<br />
werden die<br />
Nasenschleimhäute geschont,<br />
eine bisher ungelöste Nebenwirkung<br />
der Langzeitsauerstoffgabe.<br />
Kontakt:<br />
TNI medical AG<br />
Tel: +49 931 207929-00<br />
info@tni-medical.de<br />
www.tni-medical.de<br />
MedReview 07 ·2010 13
André Michael<br />
Prangel<br />
HERAUSFORDERUNG ODER WIDERSPRUCH?<br />
Rückzugspflege versus Reduzierung der<br />
Beatmungsphasen<br />
ANDRÉ MICHAEL PRANGEL, BERLIN<br />
Es stellen sich im Wesentlichen zwei Fragen: Was ist<br />
Rückzugspflege überhaupt (<strong>und</strong> welche Definitionen <strong>und</strong><br />
gesetzlichen Gr<strong>und</strong>lagen transportieren sich in diesem<br />
Begriff)? Und ist es in einem ambulanten Setting<br />
realistisch, Beatmungszeiten zu reduzieren?<br />
Beatmungsentwöhnung ist<br />
ein ärztlich gesteuerter<br />
Prozess, der eine hohe<br />
Expertise voraussetzt. Vor<br />
diesem Hintergr<strong>und</strong> besteht seitens<br />
der Fachgesellschaften die klare<br />
Forderung, sowohl in die dauerhafte<br />
außerklinische Beatmungsversorgung<br />
hinein als auch bezüglich<br />
des <strong>Weaning</strong>prozesses das<br />
spezialisierte <strong>Weaning</strong>- oder Beatmungszentrum<br />
als bestimmende<br />
Instanz zu etablieren. Und dann<br />
kommt ambulante Pflege, die<br />
durchaus gerne an ein solches Zentrum<br />
angeb<strong>und</strong>en wäre, es in der<br />
Realität aber selten ist, <strong>und</strong> verknüpft<br />
Rückzugspflege mit Beatmungsentwöhnung.<br />
Der Hintergr<strong>und</strong><br />
Wir alle wissen, dass sich die Altersverteilung<br />
unserer Gesellschaft hin<br />
zum älteren Menschen verschiebt.<br />
Damit einher geht eine perspektivische<br />
Zunahme der Pflegebedürftigen.<br />
Auch ohne die schwerst -<br />
pflegebedürftigen <strong>und</strong>/ oder den<br />
respiratorabhängigen Menschen<br />
wird generell die Zahl der zu versorgenden<br />
in den nächsten Jahren<br />
ansteigen.<br />
Die Gründe für eine dauerhafte<br />
Respiratorabhängigkeit sind vielfältig,<br />
so sind es einerseits die<br />
unterschiedlichen neuromuskulär<br />
Erkrankten, die durch den medizinischen<br />
Fortschritt so lange überleben,<br />
dass sie schließlich beatmet<br />
werden müssen (<strong>und</strong> eingedenk des<br />
technischen Forschritts auch beatmet<br />
werden können), andererseits<br />
– neben Querschnittspatienten,<br />
Schlaganfallbetroffenen usw. – als<br />
größte Gruppe die von chronisch<br />
obstruktiven Lungenerkrankungen<br />
Betroffenen. Verallgemeinernd<br />
kann man also sagen, dass alle<br />
Menschen mit einer respiratorischen<br />
Insuffizienz der Respiratortherapie<br />
bedürfen <strong>und</strong> dass deren<br />
Zahl kontinuierlich steigt.<br />
Einhergehend mit den ansteigenden<br />
Patientenzahlen wird deutlich<br />
mehr Pflegepersonal benötigt;<br />
bereits heute gibt es zu wenig Pflegende.<br />
Hier soll nicht über die<br />
Gründe referiert sein, dies ändert<br />
aber nichts an der Tatsache, dass<br />
wir seitens der professionellen Pflege<br />
ein massives Kapazitätsproblem<br />
haben.<br />
„Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung<br />
(chronic obstructive<br />
pulmonary disease, abgekürzt:<br />
COPD) ist eine der weltweit<br />
führenden Todesursachen<br />
<strong>und</strong> wird dennoch vielfach unterschätzt.<br />
Lag sie 1990 noch an<br />
sechster Stelle der häufigsten<br />
Todesursachen, so wird die<br />
COPD bis zum Jahr 2020 auf den<br />
dritten Platz vorrücken. Im gleichen<br />
Zeitraum wird sie in der<br />
Morbiditätsstatistik vom gegenwärtig<br />
vierten ebenfalls auf den<br />
dritten Platz gelangen.“ (Nationale<br />
Versorgungsleitlinie COPD<br />
2006)<br />
Also besteht ein Konsens darin,<br />
möglichst Pflegeleistung in den<br />
nicht professionellen Bereich zu<br />
verlagern, mit anderen Worten<br />
‚Rückzugspflege’ in dem Sinne zu<br />
betreiben, durch professionelle<br />
Pflege eben diese zu überwinden.<br />
Herkömmlich heißt das, dass Angehörige<br />
oder Nachbarschaft die Versorgung<br />
übernehmen <strong>und</strong> damit<br />
die Leistungsträger als auch die<br />
Pflegedienste entlasten.<br />
Welche Wege gibt es?<br />
Betrachten wir nun die Gruppe<br />
dauerhaft invasiv beatmeter Menschen,<br />
so eröffnen sich im Bereich<br />
Rückzugspflege, im Sinne von<br />
Rückzug professioneller Versorgung,<br />
zwei Wege. Zum einen könnten<br />
die Angehörigen im Umgang<br />
mit dem Respirator, der peripheren<br />
Technik, dem Beatmungszugang,<br />
dem Bestehen (<strong>und</strong> Vermeiden)<br />
von Notfallsituationen usw. ge -<br />
schult werden oder aber zum anderen<br />
die Betroffenen soweit gefördert<br />
werden, dass Beatmung – <strong>und</strong><br />
damit die Notwendigkeit dies -<br />
bezüglicher qualifizierter Versorgung<br />
– bis hin zur vollständigen<br />
Entwöhnung reduziert wird.<br />
Die gr<strong>und</strong>sätzliche Problematik<br />
bezüglich des Königsweges der<br />
ambulanten <strong>Respiratorentwöhnung</strong><br />
liegt in der kompetenten<br />
(fach-)ärztlichen Begleitung, dem<br />
therapeutischen Handeln (Physiotherapie,<br />
Logopädie usw.) <strong>und</strong> –<br />
vor allem – dem fachkompetenten<br />
Pflegepersonal, welches die komplette<br />
Betreuung im ambulanten<br />
Setting steuern <strong>und</strong> durchführen<br />
muss.<br />
Momentan fehlen uns im deutschen<br />
Ges<strong>und</strong>heitssystem geregelte<br />
fachärztliche Versorgungsstrukturen,<br />
da die Versorgung vor Ort von<br />
14 MedReview 07 ·2010
Abb. 1: Rückzugspflege RENAFAN AG 2009 in Prozent der<br />
intensivpflegerisch versorgten Patienten.<br />
außerklinisch beatmeten Patienten<br />
keine abrechenbare ärztliche Leistung<br />
ist. Infolgedessen ‚improvisieren’<br />
Pflegeunternehmen: Die<br />
RENAFAN AG beispielsweise<br />
bezahlt aus der Pflege heraus beatmungserfahrene<br />
Klinikärzte für<br />
eine regelmäßige Visite <strong>und</strong> die<br />
Steuerung des Beatmungsmanagements.<br />
Dabei sind die ‚Empfehlung<br />
zur Therapie’ <strong>und</strong> die Absprache<br />
mit dem – eigentlich – behandelndem<br />
Hausarzt ein wesentlicher<br />
Schwerpunkt dieser fachärztlichen<br />
Tätigkeit. Der Hausarzt wird so<br />
entlastet <strong>und</strong> unterstützt, da diese<br />
hochkomplexen Patienten außerhalb<br />
seiner normalen ärztlichen<br />
Tätigkeit liegen.<br />
Aber auch auf der Pflegeseite<br />
liegt im Normalfall nicht die Kompetenz<br />
zur fördernden Versorgung<br />
dieser Patienten. Also wird speziell<br />
aus- <strong>und</strong> fortgebildetes Pflegepersonal<br />
benötigt; auch hier sind die<br />
Pflegeunternehmen wieder allein<br />
in der Pflicht. Für die Leistungsträger<br />
ist Behandlungspflege gleich<br />
Behandlungspflege <strong>und</strong> für die<br />
zusätzliche Qualifikation der Versorgenden<br />
gibt es keine Mittel. Nur<br />
die Forderung, dass qualifiziert<br />
wird…<br />
Die professionellen Pflegedienste<br />
haben sich entsprechende<br />
Strukturen geschaffen, wir beispielsweise<br />
führen eine einwöchige<br />
Gr<strong>und</strong>lagenfortbildung durch, die<br />
auf die Einarbeitungsprotokolle am<br />
Patienten abgestimmt ist.<br />
Haben wir also eine kompetente<br />
ärztliche <strong>und</strong> fachpflegerische<br />
Begleitung organisiert, fehlen uns<br />
nur noch die ambulante Physio-,<br />
Logo-, Ergo- <strong>und</strong> Ernährungstherapie,<br />
um die Ressourcen des<br />
Patienten wieder zu entwickeln.<br />
Wir sehen also, dass die fördernde<br />
Pflege dieser schwerstbetroffenen<br />
Patienten ein hochkomplexer Prozess<br />
mit vielen Beteiligten ist.<br />
Zusätzlich zu der Koordination<br />
der unterschiedlichen „Versorger“<br />
müssen wir Wohnsituation <strong>und</strong><br />
Umfeld, die wirtschaftliche Situation<br />
des Betroffenen <strong>und</strong> viele Faktoren<br />
mehr berücksichtigen. Pflege<br />
<strong>und</strong> Versorgung müssen finanziert<br />
werden, die unterschiedlichen Leistungsträger<br />
‚mit im Boot’ sein.<br />
Dies ist in der Häuslichkeit<br />
kaum zu finanzieren <strong>und</strong> umzu -<br />
setzen; die stationäre Versorgung<br />
allerdings widerspricht dem<br />
Gr<strong>und</strong>satz ‚ambulant vor stationär’<br />
<strong>und</strong> auch dem Bedürfnis der meisten<br />
Menschen nach Selbstbestimmung,<br />
die das Sozialgesetz uns beispielsweise<br />
in SGB 1, § 1, SGB 9,<br />
§ 4, oder SGB 11, § 2 ausdrücklich<br />
zubilligt. Damit bieten sich alternative<br />
ambulante Wohnformen an.<br />
Hier, nach dem Vorbild der 68er<br />
WG, tun sich Menschen mit ge -<br />
meinsamen Interessen (z. B. der<br />
Versorgung ihrer Beatmung) zu -<br />
sammen, um individuell <strong>und</strong> trotzdem<br />
gemeinsam zu wohnen. Die<br />
Bewohner organisieren – oder lassen<br />
organisieren – gemeinsam ihre<br />
ambulante Pflege, haben ihre hausärztliche<br />
Versorgung <strong>und</strong> delegieren<br />
gegebenenfalls ihren hauswirtschaftlichen<br />
Bedarf. Zusätzlich<br />
wird auch die fachärztliche Begleitung<br />
privat organisiert; was finanziell<br />
<strong>und</strong> organisatorisch für den<br />
einzelnen in einem Haushalt eher<br />
Abb. 2: Beatmungsentwöhnung RENAFAN AG 2009 in Prozent der<br />
beatmeten Patienten.<br />
illusorisch wäre, lässt sich in der<br />
Bündelung – ein Besuch, mehrere<br />
Visiten – realisieren.<br />
Der professionelle Pflegedienst<br />
ist dabei der Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkt.<br />
Er steuert <strong>und</strong> organisiert<br />
im Auftrag der WG all die unterschiedlichen<br />
Beteiligten, vermittelt<br />
zwischen niedergelassenem <strong>und</strong><br />
Klinikarzt, kann in einem solchen<br />
Modell die notwendigen pflegerischen<br />
Kompetenzen bündeln <strong>und</strong><br />
bereitstellen. So ist es möglich, in<br />
einem fachärztlich überwachten<br />
Konzept Rückzugspflege im Sinne<br />
von Ressourcenoptimierung bis hin<br />
zur Beatmungsentwöhnung ambulant<br />
zu leisten.<br />
Funktioniert das?<br />
Durchaus, wie man am Beispiel von<br />
RENAFAN Intensiv sehen kann:<br />
Die zwei Abbildungen zeigen, dass<br />
bei uns im Jahre 2009 39 % unserer<br />
invasiv beatmeten Patienten in<br />
einem ambulanten Umfeld, überwiegend<br />
in Wohngemeinschaften,<br />
beatmungsreduziert, insgesamt<br />
23 % sogar vollständig entwöhnt<br />
wurden.<br />
Rückzugspflege im Sinne von<br />
Beatmungsentwöhnung ist ein<br />
zwar fachärztlich überwachter,<br />
aber ansonsten von professioneller<br />
Pflege koordinierter <strong>und</strong> durchgeführter<br />
Prozess, der sowohl wirtschaftlich<br />
als auch therapeutisch<br />
für den Betroffenen sinnvoll ist.<br />
Korrespondenzadresse:<br />
André Michael Prangel<br />
RENAFAN AG<br />
Berliner Straße 27<br />
13507 Berlin<br />
MedReview 07 ·2010 15
Christoph Jaschke<br />
AUSSERKLINISCHE BEATMUNGSPFLEGE<br />
Wenn der Preis die Versorgungsqualität<br />
bestimmt<br />
CHRISTOPH JASCHKE, UNTERHACHING<br />
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ <strong>und</strong> „Jeder hat<br />
das Recht auf Leben <strong>und</strong> körperliche Unversehrtheit“,<br />
diese Gr<strong>und</strong>rechte stehen am Anfang des Gr<strong>und</strong>gesetzes.<br />
Selbstverständlich gilt das auch für kranke, pflegebedürftige<br />
Menschen, für Menschen mit Behinderungen <strong>und</strong><br />
natür lich auch für diejenigen, die maschinell beatmet<br />
werden <strong>und</strong> intensivpflegerisch versorgt werden müssen.<br />
Doch was ist es der Gesellschaft<br />
wert, ihre Mitglieder<br />
medizinisch <strong>und</strong> pflegerisch<br />
zu versorgen – in<br />
einer Zeit, in der mehr von<br />
Ges<strong>und</strong>heitswirtschaft denn vom<br />
Ges<strong>und</strong>heitswesen gesprochen<br />
wird? Es geht um Geld, konkret um<br />
270 Mrd. Euro! 0,8 % davon entfallen<br />
auf Säuglinge, Kinder,<br />
Jugendliche <strong>und</strong> Erwachsene jeden<br />
Alters, die ambulant intensivpflegerisch<br />
versorgt werden müssen.<br />
Es ist wohl keinem dieser Klienten<br />
bewusst, dass sie außer ihrem<br />
Mensch-Sein auch die Rolle eines<br />
„Wirtschaftlichkeitsgebotsfaktors“<br />
spielen. Aber oft genug bekommen<br />
sie es zu spüren. Über die Bezahlung<br />
der Versorgung der Betroffenen<br />
wird geschachert wie auf einem<br />
Basar.<br />
Es darf nicht nur um den Preis<br />
gehen!<br />
Es darf bei den Menschen nicht um<br />
den Preis gehen. Das ist eine<br />
ethisch-moralische Frage, die sich<br />
jeder Akteur im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />
immer wieder neu stellen muss <strong>und</strong><br />
die sich oftmals an der Realität<br />
bricht. Denn:<br />
� Die Leistungsträger haben das<br />
Wirtschaftlichkeitsgebot.<br />
� Oft sehen sie nicht, ob ihr Geld<br />
tatsächlich dort ankommt, wo für<br />
sie es geben.<br />
� Die Leistungserbringer leiden<br />
unter dem Dokumentationsirrsinn,<br />
doch mehr noch unter der<br />
Frage: Müssen wir uns nicht<br />
schämen, mit der Not unserer<br />
Klienten auch noch Geld zu verdienen?<br />
Darf ich überhaupt <strong>und</strong><br />
wie viel Rendite machen?<br />
� Wenn ja, wie viel Rendite ist<br />
zulässig?<br />
� Oder umgekehrt: Wie viel sind<br />
Anbieter ambulanter Intensivpflege<br />
bereit, in den Ges<strong>und</strong>heitstopf<br />
zu geben?<br />
Die Versorgung von schwerstkranken<br />
Menschen darf sich nicht nur<br />
über den Preis definieren, obgleich<br />
hier ein planwirtschaftliches System<br />
auf der einen Seite ständig mit<br />
den Gesetzen der freien Marktwirtschaft<br />
kollidiert. Das kann auf<br />
Dauer nicht funktionieren, wenn<br />
anstatt optimaler Pflegequalität<br />
Lobbyarbeit <strong>und</strong> Cleverness einen<br />
höheren Stellenwert haben als die<br />
Würde schwerstkranker Menschen.<br />
Gute Qualität hat ihren Preis.<br />
Nur dann kann ein ambulanter<br />
Intensivpflegedienst überhaupt<br />
weiter geführt werden. Hierzu<br />
brauchen personallastige Unternehmen<br />
wie Pflegedienste ausreichende<br />
Kapazitäten zur Reinvestition<br />
in:<br />
� Qualifizierung des Managements<br />
<strong>und</strong> der Mitarbeiter,<br />
� Weiterbildung des Personals,<br />
� Entwicklung neuer Konzepte,<br />
� Realisierung neuer Versorgungsformen<br />
wie z. B. Mehrgenerationenhäuser,<br />
� innovative Technik,<br />
� Pflege einer hohen Arbeitsplatzkultur,<br />
� die Möglichkeit, den Betrieb<br />
überhaupt weiter führen zu können.<br />
Angesichts des demographischen<br />
Wandels puscht der Staat die Qualifizierung<br />
von Altenpflegekräften.<br />
Die außerklinische Intensivpflege<br />
bedarf einer ähnlichen Offensive.<br />
Und die hochqualifizierten Intensivpflegekräfte,<br />
die heute schon<br />
r<strong>und</strong> um die Uhr die schwerstkranken<br />
Klienten gemeinsam mit den<br />
pflegenden Angehörigen in ihrer<br />
Häuslichkeit pflegen, müssen einen<br />
vernünftigen Lohn für ihre Arbeit<br />
erhalten.<br />
Das Ges<strong>und</strong>heitssystem müsste<br />
einmal kräftig durchgeschüttelt<br />
werden, um verkrustete Strukturen<br />
aufzubrechen.<br />
Korrespondenzadresse:<br />
Christoph Jaschke<br />
<strong>Heimbeatmung</strong>sservice Brambring<br />
Jaschke GmbH<br />
Ottobrunner Straße 43<br />
82008 Unterhaching<br />
16 MedReview 07 ·2010
BESONDERE SITUATIONEN IN DER BEATMUNG<br />
Interstitielle Lungenerkrankungen <strong>und</strong><br />
Beatmung<br />
JENS GEISELER, GAUTING<br />
Die aktuelle Klassifikation<br />
von American Thoracic<br />
Society (ATS) <strong>und</strong> European<br />
Respiratory Society<br />
(ERS) unterscheidet folgende<br />
Entitäten:<br />
� Erkrankungen bei bekannter<br />
Ursache (z. B. medikamenteninduzierte<br />
interstitielle Lungen -<br />
erkrankungen oder Organbefall<br />
bei Kollagenosen),<br />
� idiopathische interstitielle Lungenerkrankungen<br />
(größte Gruppe:<br />
idiopathische Lungenfibrose,<br />
daneben unspezifische interstitielle<br />
Pneumonie, desquamative<br />
interstitielle Pneumonie,<br />
kryptogene organisierende<br />
Pneu monie u. a.),<br />
� granulomatöse interstitielle<br />
Lungenerkrankungen (z. B. Sarkoidose),<br />
� andere Formen (z. B. Lymphangioleiomyomatose,<br />
Histiozytosis<br />
X u. a.).<br />
Lungenfunktionell finden sich bei<br />
allen interstitiellen Lungenerkrankungen<br />
in der Regel eine Verminderung<br />
von totaler Lungenkapazität<br />
(TLC), Vitalkapazität (VC)<br />
<strong>und</strong> Einsek<strong>und</strong>enluft (FEV 1),<br />
wobei in den meisten Fällen ein<br />
normales Verhältnis von FEV 1 /VC<br />
vorliegt <strong>und</strong> somit das klassische<br />
Bild einer reinen restriktiven Ventilationsstörung<br />
(Sansores RH.<br />
Lung 1996; 174:315-323). Die<br />
Lungendehnbarkeit (Compliance)<br />
ist regelhaft erniedrigt (Nava S et al.<br />
Thorax 1999; 54:390-395),<br />
wohingegen die Compliance der<br />
Brustwand sich im Normbereich<br />
befindet.<br />
Blutgasanalytisch findet sich primär<br />
eine Hypoxämie bei anfänglicher<br />
Hyperventilation, aufgr<strong>und</strong><br />
einer erhöhten alveoloarteriellen<br />
Sauerstoffdifferenz, sek<strong>und</strong>är kann<br />
Interstitielle Lungenerkrankungen stellen eine<br />
inhomogene Gruppe von Erkrankungen dar, die meist<br />
progredient verlaufen <strong>und</strong> nach unterschiedlich langem<br />
Verlauf in einer respiratorischen Insuffizienz münden.<br />
sich im Endstadium der Erkrankung<br />
auch eine prognostisch un -<br />
günstige Hyperkapnie ent wickeln.<br />
Die Hypoxämie ist bedingt<br />
durch Diffusionsstörung, Shunt<br />
<strong>und</strong> Ventilations-Perfusions-In -<br />
homogenitäten – ältere Arbeiten,<br />
u. a. von PD Wagner, Chest 1976,<br />
konnten bei Lungenfibrosen Shunt -<br />
areale in der Größenordnung von<br />
bis zu 10 % <strong>und</strong> auch Areale mit<br />
Ventilations-Perfusions-Inhomo ge -<br />
ni täten von bis zu 10 % nachweisen.<br />
Ein weiterer Gr<strong>und</strong> für die<br />
Hypoxämie ist die niedrige ge -<br />
mischt-venöse Sauerstoff-Sättigung,<br />
die zu einer Aggravierung der<br />
Gasaustauschstörung führt, ins -<br />
besondere bei begleitender Rechtsherzinsuffizienz,<br />
<strong>und</strong> die Be -<br />
atmungssituation dramatisch er -<br />
schweren kann.<br />
Die Inzidenz einer begleitenden<br />
pulmonalen Hypertonie bei interstitiellen<br />
Lungenerkrankungen ist<br />
nicht genau bekannt, wird für die<br />
idiopathische Lungenfibrose auf<br />
30–50 % (Lettieri. Chest 2006;<br />
Mejia. Chest 2009) geschätzt <strong>und</strong> ist<br />
prognostisch ungünstig.<br />
Die sich sek<strong>und</strong>är entwickelnde<br />
Hyperkapnie ist Ausdruck einer<br />
verminderten alveolären Ventilation.<br />
Primär sind hier eine Atemmuskelüberlastung<br />
bei deutlich<br />
eingeschränkter Compliance <strong>und</strong><br />
vermehrte Totraumventilation auf -<br />
gr<strong>und</strong> des Atemmusters (hohe<br />
Atemfrequenz, niedriges Atemzugvolumen)<br />
verantwortlich. Ob im<br />
Rahmen der Gr<strong>und</strong>erkrankung<br />
auch die Atemmuskulatur mitbeteiligt<br />
ist, ist bis jetzt noch nicht<br />
abschließend geklärt.<br />
Wann werden Patienten mit<br />
interstitiellen Lungenerkrankungen<br />
beatmungspflichtig?<br />
Zum einen bei Progress der Gr<strong>und</strong>erkrankung<br />
– hierbei sind v. a.<br />
nichtinfektiöse Exazerbationen zu<br />
nennen, die mit einer Häufigkeit<br />
von bis zu 10 % in zwei Jahren<br />
(Kim et al. Eur Respir J 2006) auftreten.<br />
Auf der anderen Seite sind<br />
infektiöse Komplikationen, insbesondere<br />
unter der häufig verabreichten<br />
immunsupprimierenden<br />
Therapie verantwortlich. Auch<br />
anderweitige Störungen, die z. T.<br />
therapeutisch angehbar sind wie<br />
Pneumothorax, Herzinsuffizienz,<br />
Lungenembolie u. a. können über<br />
eine akute Verschlechterung der<br />
respiratorischen Situation zu einer<br />
Beatmungsindikation führen. Zu -<br />
letzt kann – überwiegend nichtinvasiv<br />
– Beatmung auch in palliativer<br />
Absicht bei medikamentös<br />
nicht ausreichend beeinflussbarer<br />
Dyspnoe eingesetzt werden.<br />
Bei der Beatmung stehen gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
eine invasive <strong>und</strong> eine<br />
nichtinvasive Beatmung zur Ver -<br />
fügung. Wenn auch letztere bei<br />
COPD <strong>und</strong> anderen Pathologien<br />
aufgr<strong>und</strong> der Datenlage zu einer<br />
signifikanten Reduktion von Infektionsrate,<br />
Dauer der Beatmung,<br />
Dauer des Krankenhausaufenthalts<br />
MedReview 07 ·2010 17<br />
Dr.<br />
Jens Geiseler
Fortsetzung<br />
Interstitielle<br />
Lungen -<br />
erkrankungen<br />
<strong>und</strong> Beatmung<br />
Dr.<br />
Christoph Aring<br />
<strong>und</strong> Mortalität führt, ist sie aufgr<strong>und</strong><br />
der atemmechanischen<br />
Veränderungen bei interstitiellen<br />
Lungenerkrankung mit wenigen<br />
Ausnahmen (z. B. postoperative<br />
respiratorische Insuffizienz nach<br />
Lungenbiopsie) nicht effektiv<br />
durchführbar.<br />
In der Regel sind hohe Beatmungsdrücke<br />
bis zu 50 mbar <strong>und</strong><br />
mehr für ein relativ niedriges Atemzugvolumen<br />
erforderlich – das ist<br />
praktisch nur invasiv möglich. Wir<br />
bevorzugen wie viele andere Zentren<br />
die volumenkontrollierte Beatmung<br />
in dieser Situation, wobei<br />
weitere Schädigungen, u. a. durch<br />
zu hohe inspiratorische Sauerstoff-<br />
Konzentration nach Möglichkeit<br />
vermieden werden sollten.<br />
Ein zu hoher PEEP (> 5 mbar)<br />
sollte vermieden werden, da<br />
erstens rekrutierbares Lungen -<br />
gewebe wie beim ARDS nicht vorhanden<br />
ist, <strong>und</strong> zudem in Studien<br />
(Fernandez-Perez E et al. Chest<br />
2008; 133:1113-1119) eine deutliche<br />
höhere Mortalität gezeigt<br />
werden konnte. Auch die beim<br />
ARDS häufig eingesetzte Bauch -<br />
lagerung führt bei interstitiellen<br />
Lungenerkrankungen zu keiner<br />
Anatomie/Physiologie<br />
Je jünger das Kind, umso instabilerer<br />
ist der knöcherne Thorax<br />
(höherer Knorpelanteil, beweglichere<br />
Gelenke), enger sind die<br />
Verbesserung von Blutgasen <strong>und</strong><br />
Prognose (Nakos. Am J Respir Crit<br />
Care Med 2000).<br />
Insgesamt gesehen ist die Sterblichkeit<br />
bei invasiver Beatmung bei<br />
interstitieller Lungenerkrankung,<br />
wenn nicht eine behandelbare<br />
zusätzliche Störung vorliegt,<br />
extrem hoch (Review der Studien:<br />
Mallick S. Respir Med 2008;<br />
102:1355-1359). Die einzige therapeutische<br />
Option besteht oft nur<br />
noch in einer Lungentransplantation.<br />
Für das Erreichen dieses Ziels<br />
ist es häufig notwendig, neben der<br />
Beatmung auch extrakorporal das<br />
CO 2 zu eliminieren – mittels<br />
pECLA (pumpless extracorporal<br />
lung assist) oder venovenöser<br />
ECMO (extracoporal membrane<br />
oxygenation). Diese Therapie sollte<br />
allerdings nur bei der Option auf<br />
eine rasche Lungentransplantation<br />
eingesetzt werden.<br />
Für die nichtinvasive Beatmung<br />
bei chronischer hyperkapnischer<br />
Insuffizienz wird in der aktuellen<br />
S2-Leitlinie „Nichtinvasive <strong>und</strong><br />
invasive Beatmung bei chronischer<br />
respiratorischer Insuffizienz“<br />
(Pneumologie 2010; 64:207-240)<br />
keine Empfehlung ausgesprochen.<br />
Atemwege, weicher <strong>und</strong> verletzlicher<br />
die Trachea <strong>und</strong> der Kehlkopf,<br />
niedriger die funktionelle<br />
Residualkapazität <strong>und</strong> höher der<br />
O 2 -Verbrauch respektive die CO 2 -<br />
Produktion. Außerdem liegen eine<br />
In einer aktuellen retrospektiven<br />
Analyse von zehn Patienten<br />
(Koschel D et al. Respir Med 2010)<br />
konnte jedoch gezeigt werden, dass<br />
sich mit einer NIV mit hohen inspiratorischen<br />
Drücken der pCO 2<br />
leicht absenken ließ. Allerdings<br />
waren einige der behandelten<br />
Patienten sehr übergewichtig, so<br />
dass durchaus eine zusätzliche<br />
obstruktive Störung der oberen<br />
Atemwege, die mit CPAP oder<br />
PEEP behandelt werden kann, vorgelegen<br />
haben könnte. Insofern<br />
muss ein nichtinvasiver Be -<br />
atmungsversuch bei interstitieller<br />
Lungenerkrankung immer eine<br />
Einzelfallentscheidung bleiben –<br />
die Erfahrungen in Gauting bei dieser<br />
Indikation sind nicht positiv.<br />
Korrespondenzadresse:<br />
Dr. Jens Geiseler<br />
ASKLEPIOS Fachkliniken<br />
München-Gauting<br />
Klinik für Intensivmedizin <strong>und</strong><br />
Langzeitbeatmung<br />
Robert-Koch-Allee 2<br />
82131 Gauting<br />
j.geiseler@asklepios.com<br />
Beatmung <strong>und</strong> <strong>Weaning</strong> bei Kindern<br />
<strong>und</strong> Jugendlichen<br />
CHRISTOPH ARING, VIERSEN<br />
Kinder sind für Pädiater alle Menschen unter 18 Jahre, für<br />
Rettungsmediziner alle unter 8 Jahre <strong>und</strong> für Pharmakologen<br />
alle Menschen unter 12 Jahre. Kinder mit schweren<br />
<strong>und</strong> mehrfachen Behinderungen (z. B. Spina bifida), ange -<br />
borenen Stoffwechselerkrankungen (z. B. Mitochondrio -<br />
pathien, PKU) oder Diabetes mellitus Typ 1 werden von<br />
Kinderärzten oft über das 18. Lebensjahr hinaus betreut.<br />
höhere alveoläre Ventilation <strong>und</strong><br />
niedrigere normale arterielle O2- Konzentration vor: Neugeborene<br />
50–60 mmHg, Kinder 70 mmHg,<br />
Erwachsene 80 mmHg.<br />
Entwicklungsneurologie/<br />
-psychologie<br />
Welche Besonderheiten sollten un -<br />
bedingt bekannt sein?<br />
� die chronische Hypoxie behindert<br />
global die kindliche Entwicklung,<br />
� die nächtlichen Hypoxien ebenso,<br />
18 MedReview 07 ·2010
� Panik vor Luftnot bei allen Kindern<br />
(Frühchen bis Jugendliche),<br />
� altersabhängig bestehen spezifische<br />
Kommunikations- <strong>und</strong> Ko -<br />
operationsmöglichkeiten,<br />
� Meilensteine der kindlichen Entwicklung<br />
kennen, inkl. Varianz,<br />
� altersabhängige Schmerzäußerungen<br />
erkennen.<br />
Beatmung bei Kindern<br />
Langzeitbeatmung nennt man eine<br />
Beatmung mit einer Dauer länger<br />
als vier Wochen. Die druckkontrollierte<br />
wird gegenüber der volumenkontrollierten<br />
Beatmung bei<br />
Kindern bevorzugt. Wer immer<br />
volumenkontrolliert beatmet worden<br />
ist, lässt sich nur schwer für<br />
eine druckkontrollierte Beatmung<br />
be geistern <strong>und</strong> umgekehrt. Dies ist<br />
eher eine Frage von Gewohnheit<br />
als die einer beatmungsmedizinischen<br />
Gegebenheit oder Über -<br />
legenheit der einen über die andere<br />
Beatmungsform.<br />
Die Beatmungseinstellungen sind<br />
altersabhängig: je jünger das Kind,<br />
desto kleiner der Kanülen-ID, desto<br />
eher Kanülen-/Tubusobstruktion.<br />
Inspirationszeiten:<br />
� Frühchen ca. 0,3–0,4 s,<br />
� Neugeborenes 0,4–0,5 s,<br />
� 1 Jahr 0,6–0,8 s,<br />
� 6 Jahre 0,8–1 s.<br />
Bitte nie ohne PEEP beatmen (min.<br />
2–3 cm H 2 O)! Der Inspirationsdruck<br />
PIP über PEEP (Standardeinstellung)<br />
liegt bei 10–15 cm H 2 O.<br />
Die Frequenz beträgt für Säuglinge<br />
30–50/min, Kleinkinder 20–<br />
30/min <strong>und</strong> Schulkinder 15–<br />
25/min. Das normale Tidalvolumen<br />
ist für Kinder = Erwachsene<br />
= 5 ml/kg KG. Es sind getriggerte<br />
Beatmungsformen zu wählen,<br />
wobei die Triggerschwelle umso<br />
niedriger liegt, je jünger das Kind<br />
ist. Nachts sollte immer eine aktive<br />
Anfeuchtung (35–37°C) erfolgen.<br />
Auf einen Tubus- oder Kanülenblock<br />
sollte möglichst verzichtet<br />
werden.<br />
Zielbereiche Sauerstoffsättigung:<br />
� SO 2 > 80 %: keine Laktatazidose,<br />
normal für Kinder mit zyanotischen<br />
Vitien <strong>und</strong> chronischer<br />
Lungenkrankheit CLD,<br />
� SO 2 85–90 %: ausreichend für<br />
Wachstum <strong>und</strong> Gedeihen,<br />
� SO 2 90–95 %: besser bei instabilen<br />
Situationen, z. B. beginnender<br />
Pneumonie,<br />
� Alarmgrenzen bei Sauerstoffsupplementation:<br />
85–96 %.<br />
In der Regel ist einmal jährlich eine<br />
Untersuchung von Atemwegen,<br />
Stoma <strong>und</strong> eine Überprüfung der<br />
Beatmung (HNO/Anästhesie/Pädiatrie),<br />
Wachstumsparameter <strong>und</strong><br />
Entwicklungsdiagnostik erforderlich.<br />
Der Kanülenwechsel erfolgt<br />
zweiwöchentlich; die Kanüle wird<br />
mechanisch gereinigt <strong>und</strong> luftig<br />
gelagert. Bedarfsorientiert erfolgt<br />
das Absaugen bzw. das sterile<br />
Absaugen (unbedingt bei Säuglingen<br />
<strong>und</strong> Kleinkindern).<br />
Bei Säuglingen/unkooperativen<br />
Kleinkindern wird immer zu zweit<br />
gearbeitet. Bei muskel-/hustenschwachen<br />
Kindern sind frühzeitig<br />
maschinelle Hustenhilfen (bei peak<br />
cough flow < 160 l/min), Mobilisieren<br />
<strong>und</strong> eine Tagesstruktur notwendig.<br />
Jedes Kind ist beschulbar<br />
mit kompetenter Begleitung des<br />
Kindes.<br />
<strong>Weaning</strong><br />
Folgende Gr<strong>und</strong>prinzipien sind<br />
wichtig:<br />
� das Kind muss extubierbar sein,<br />
� man hat Zeit,<br />
� Luftnot vermeiden,<br />
� kein Zeitdruck,<br />
� nicht erzwingen,<br />
� das Kind entscheidet,<br />
� bei Konflikten sofort abbrechen<br />
<strong>und</strong> mehrere Wochen nicht über<br />
<strong>Weaning</strong> sprechen,<br />
� langsamst wieder beginnen, das<br />
Kind entscheidet, z. B. beim<br />
Baden, in Situationen, in denen<br />
die Schläuche am meisten behindern,<br />
die Tür zur Motivation des<br />
Kindes finden,<br />
� grober Fehler: das Kind überlisten<br />
wollen.<br />
Die beste Methode ist die intermittierende<br />
Spontanatmung (mit/ohne<br />
CPAP); Dauer individuell, langsam<br />
verlängernd. Im Team werden Steigerungen<br />
festgelegt, keine Eigenversuche!<br />
Die Spontanatmung sollte<br />
zuerst tagsüber anvisiert werden,<br />
nachts beatmen, zuletzt nächtliche<br />
Beatmung reduzieren, erste Nacht -<br />
hälfte beginnend. Alles kommunizieren!<br />
Alternativen sind die schrittweise<br />
Reduktion der Beatmung, assistierte<br />
Beatmungsformen oder ein Beginn<br />
mit langsamer Er höhung der<br />
Triggerschwelle (+ 0,1–0,2 pro<br />
Woche).<br />
Familie <strong>und</strong> häusliche<br />
Intensivpflegedienste<br />
Welche allgemeinen Tipps kann<br />
man geben?<br />
� kein persönlicher Streit mit den<br />
Eltern,<br />
� alles zeitnah über PDL,<br />
� Supervision,<br />
� Mindestmaß an professioneller<br />
Distanz,<br />
� vor dem ersten Dienstantritt<br />
lässt man sich am besten alles<br />
von den Eltern (!) zeigen, während<br />
der ersten Dienste die<br />
Eltern in langsam abnehmender<br />
Frequenz zu wesentlichen Sa -<br />
chen hinzuziehen oder fragen,<br />
� Eltern sind gnadenlos kritisch<br />
<strong>und</strong> haben mit ihren Gefühlen<br />
<strong>und</strong> Instinkten im Zweifelsfall<br />
recht.<br />
Korrespondenzadresse:<br />
Dr. Christoph Aring<br />
AKH Viersen GmbH<br />
Kinderklinik St. Nikolaus<br />
AG Lebenswelten von Kindern <strong>und</strong><br />
Jugendlichen mit Beatmung<br />
Hoserkirchweg 63<br />
41747 Viersen<br />
c.a@akh-viersen.de<br />
MedReview 07 ·2010 19<br />
Fortsetzung<br />
Beatmung <strong>und</strong><br />
<strong>Weaning</strong> bei<br />
Kindern <strong>und</strong><br />
Jugendlichen
Aktuelles AUS DER INDUSTRIE<br />
Covidien stellt neues <strong>Heimbeatmung</strong>sgerät PURITAN BENNETT 560 vor<br />
Die neue Generation der <strong>Heimbeatmung</strong><br />
Auf dem 51. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie <strong>und</strong> Beatmungsmedizin (DGP) in Hannover <strong>und</strong> auf der<br />
18. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft <strong>Heimbeatmung</strong> <strong>und</strong> Respiratorenentwöhnung e. V. in Halle stellte die Covidien Deutschland<br />
GmbH erstmals das <strong>Heimbeatmung</strong>sgerät Puritan Bennett 560 (PB560) dem interessierten Fachpublikum vor.<br />
Laut WHO nehmen die Atemwegserkrankungen<br />
den 6.<br />
Platz bei der Ursache einer<br />
Behinderung in Deutschland<br />
ein. Aus diesem Gr<strong>und</strong> müssen<br />
immer mehr Patienten in<br />
Deutschland zu Hause be -<br />
atmet werden. Für diese<br />
Patienten ist es wichtig, ein<br />
zuverlässiges Beatmungsgerät<br />
zu haben, das wartungs-<br />
<strong>und</strong> anwenderfre<strong>und</strong>lich ist,<br />
gleichzeitig aber auch die Flexibilität<br />
zulässt <strong>und</strong> unterstützt,<br />
die zu einer verbesserten<br />
Lebensqualität beiträgt.<br />
Mit dem neuen Beatmungs -<br />
gerät PB560, das im Herbst<br />
2010 auf dem deutschen<br />
Markt erhältlich sein wird,<br />
setzt Covidien auch weiterhin<br />
auf den Trend des stetig wachsenden<br />
Marktes der Heimbe-<br />
atmung <strong>und</strong> festigt damit<br />
seine Stellung als starker Partner<br />
in der klinischen <strong>und</strong><br />
außerklinischen Beatmung.<br />
Patientenfre<strong>und</strong>lichkeit<br />
Ein kleines, leichtes, kompaktes<br />
Beatmungsgerät sorgt für<br />
die nötige Unabhängigkeit des<br />
Patienten im täglichen Leben<br />
<strong>und</strong> verbessert dadurch die<br />
Lebensqualität signifikant.<br />
Auch die räumliche Flexibilität<br />
ist im Bereich der <strong>Heimbeatmung</strong><br />
gerade für mobile<br />
Patienten ein sehr wichtiger<br />
Aspekt. Neben einem zuverlässigen<br />
Beatmungsgerät bietet<br />
Covidien in seinem Port -<br />
folio für die <strong>Heimbeatmung</strong><br />
auch das passende Zubehör.<br />
Zum Beispiel erlauben die<br />
Abb. 1: Puritan Bennett 560.<br />
Fotos: Covidien Deutschland GmbH<br />
ANKÜNDIGUNG<br />
externe Batterie auf moderner<br />
Lithium-Ionen-Basis (Open<br />
Pack) <strong>und</strong> das komfortable<br />
Transporttaschensystem für<br />
Gerät <strong>und</strong> externe Batterie<br />
(Dual Bag) dem Patienten<br />
trotz Beatmung, aktiv am täglichen<br />
Leben teilnehmen zu<br />
können. Neue Features, wie<br />
die Echtzeitanzeige des Batteriestatus,<br />
sorgen hierbei für<br />
ein höchstes Maß an Sicherheit.<br />
Doch auch die bewährten<br />
Funktionen der aktuellen<br />
Generation, zum Beispiel das<br />
Zielvolumen in den Druckbeatmungsmodi,<br />
finden im<br />
neuen PB560 TM weiterhin<br />
ihre Anwendung.<br />
Anwenderfre<strong>und</strong>lichkeit<br />
Die einfache, intuitive <strong>und</strong><br />
bekannte Bedienführung er -<br />
leichtert dem Benutzer die<br />
Bedienung des PB560 ohne<br />
großen Trainingsaufwand.<br />
Darüber hinaus ist es für den<br />
Anwender wesentlich einfacher,<br />
die Beatmungssituation<br />
des Patienten zu erfassen <strong>und</strong><br />
zu interpretieren. Hierfür sorgen<br />
im besonderen Maße der<br />
über 24 St<strong>und</strong>en direkt am<br />
Gerät ablesbare Beatmungs -<br />
report, spezifische Anwender -<br />
einstellungen <strong>und</strong> die neue<br />
Displaytechnologie für einen<br />
kontrastreicheren Bildschirm.<br />
Die Menübildschirme sind<br />
durch einen einfachen Tastendruck<br />
zu Beatmungseinstellung,<br />
Alarmeinstellung <strong>und</strong><br />
Kurvendisplay wählbar.<br />
7. bis 9. Oktober 2010<br />
18. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für<br />
Schlafforschung <strong>und</strong> Schlafmedizin e. V.<br />
Motto: Schlafmedizin – Interdisziplinär<br />
Tagungsort:<br />
Congress Centrum Bremen<br />
Bürgerweide<br />
28209 Bremen<br />
Veranstalter:<br />
Deutsche Gesellschaft für<br />
Schlafforschung <strong>und</strong><br />
Schlafmedizin e. V. (DGSM)<br />
Tagungsleitung:<br />
Prof. Dr. med. Svenja Happe, Bremen<br />
Prof. Dr. rer. nat. Heidi Danker-<br />
Hopfe, Berlin, Bremen<br />
Prof. Dr. med. Sylvia Kotterba,<br />
Westerstede<br />
Internet:<br />
www.dgsm2010.de<br />
Neue Technologien<br />
In der Entwicklung des<br />
PB560 hat man große An -<br />
strengungen unternommen,<br />
die Beatmungsperformance<br />
noch weiter zu optimieren,<br />
um somit den verschiedensten<br />
Ansprüchen in der häuslichen<br />
Beatmung gerecht zu werden.<br />
Die Ergänzung von weiteren<br />
Beatmungsmodi <strong>und</strong> auch die<br />
Nutzbarkeit aller Schlauch -<br />
systeme, ob Leckage oder<br />
gesteuertes Exspirationsven-<br />
Abb. 2: Übersichtliche Darstel -<br />
lung durch neue Display-Tech -<br />
no logie.<br />
til, macht das PB560 zu<br />
einem multifunktionellen Be -<br />
atmungs gerät. Durch neue IT-<br />
Technologie ist es für den<br />
behandelnden Arzt sehr einfach<br />
möglich, sich einen Überblick<br />
über den Behandlungserfolg<br />
der Beatmungstherapie<br />
zu machen. Dies wird mit der<br />
neuen Puritan Bennett Respiratory<br />
Insight Software<br />
sichergestellt. Notwendig zur<br />
Darstellung, Analyse <strong>und</strong><br />
Archivierung der Patientendaten<br />
auf dem PC ist hierfür<br />
lediglich ein USB-Speicher -<br />
medium.<br />
Tagungsorganisation:<br />
Conventus Congressmanagement<br />
& Marketing GmbH<br />
Jana Radoi<br />
Markt 8, 07743 Jena<br />
dgsm@conventus.de<br />
www.conventus.de<br />
20 MedReview 07 ·2010
�er<br />
Mensch im Mittelpunkt.<br />
Für uns mehr als eine Aussage – ein Auftrag.<br />
Nach unserer Meinung liegt der Schlüssel für eine<br />
erfolgreiche Zukunft im Menschen. Schließlich sind<br />
wir seit mehr als 20 Jahren in der Verantwortung,<br />
Patienten das wiederzugeben, was für andere so<br />
selbstverständlich ist – Lebensqualität.<br />
Mit strategischen Investitionen, zukunftsorientierten<br />
Produktkonzepten <strong>und</strong> kontinuierlicher Personalentwicklung<br />
werden wir auch weiterhin von Bad Ems<br />
aus national <strong>und</strong> international eins vor allem anderen<br />
beherzigen: Wir begleiten Menschen <strong>und</strong> helfen Leben<br />
zu erhalten.<br />
Heinen + Löwenstein · Arzbacher Str. 80 · D-56130 Bad Ems · Tel.: 02603/9600-0 · Fax: 02603/960050 · Internet: hul.de