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MAGAZIN 3.10 - Menschen für Menschen

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NAGAYA<strong>MAGAZIN</strong> <strong>3.10</strong>Nagaya heißt FriedenSCHWERPUNKT4 MIT FLEISS, DISZIPLIN UND GESCHICKBÄUERINNEN WERDENGESCHÄFTSFRAUEN8 BESUCH IM COLLEGE DER ÄTHIOPIENHILFEZIELSTREBIGE TALENTE10 ZWISCHEN DEN KULTURENKOLUMNE VON ALMAZ BÖHM


IMPRESSUMEDITORIALStiftung <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong> –Karlheinz Böhms ÄthiopienhilfeBrienner Straße 46D-80333 MünchenTel.: (089) 38 39 79-0Fax: (089) 38 39 79-70info@menschenfuermenschen.orgwww.menschenfuermenschen.dewww.menschenfuermenschen.atwww.menschenfuermenschen.chSpendenkonto: 18 18 00 18Stadtsparkasse München(BLZ 701 500 00)Verantwortlich: Axel Haasis, JosefineKamm, Rupert WeberRedaktion: Astrid Merkl, Bernd HauserGrafisches Konzept, Layout:Steven Dohn, Bohm & Nonnen, DarmstadtDruck: Mediahaus Biering, MünchenFotos: Rainer Kwiotek, Sigi Müller, PeterRigaud, picture-alliance/dpa/PanasiaTitelbild: Rainer KwiotekNagaya (Frieden) heißt das erste<strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong>-Dorfin Äthiopien – ein Symbol dafür,dass <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong> Hilfeauch als Friedensarbeit versteht.Das DZI Spenden-Siegel bürgt für denzweckbestimmten, wirksamen und wirtschaftlichenUmgang mit Ihrer Spende.Liebe Leserin, lieber Leser,in den letzten Jahren hat sich Äthiopien wirtschaftlichenorm entwickelt. Der Fortschritt istin den Städten deutlich spürbar. Doch auf derSuche nach einem besseren Leben drängenauch immer mehr <strong>Menschen</strong> vom Land in dieZentren.Es gilt also, Konzepte zu entwickeln, die derLandbevölkerung in ihren Dörfern eine Perspektivegeben. Mit Kleinkrediten für Frauenträgt <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong> dazu bei, dieArmut an der Wurzel zu bekämpfen und wirtschaftlichesWachstum auch auf dem Landzu ermöglichen.Zur Umsetzung ihrer Geschäftsidee bekommendie Frauen von <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong>einen Kredit. In Schulungen erhalten sie betriebswirtschaftlichesGrundwissen. Als Kleinunternehmerinnengewinnen die Frauen schnellan Selbstbewusstsein und sozialem Ansehen.Ihre ökonomische Situation verbessert sichnach haltig. Davon profitieren auch ihre Familien.Das Kleinkreditprogramm von <strong>Menschen</strong>für <strong>Menschen</strong> ist deshalb mehr als nur eineEinzelmaßnahme – es ist ein wichtiger Schrittzur Stärkung der wirtschaftlichen Strukturenauf dem Land und zur gesellschaftlichen Anerkennungder Frauen in Äthiopien.Herzlichst, IhrLEISTUNGSSTARKTROTZ HANDICAPWer körperlich eingeschränkt ist, hat oft Probleme,Arbeit zu finden. Doch Behinderungmuss kein Jobhindernis sein – davon überzeugtdie VSB Verlags- und Sortimentsbuchbinderei.Die VSB GmbH ist ein Tochterunternehmender Münchner Stiftung Pfennigparade,einer gemeinnützigen Organisation für die Rehabilitationvon körperbehinderten <strong>Menschen</strong>.Das Dienstleistungsspektrum von vier Werkstättenund einem Integrationsunternehmen istein Kernbereich der Stiftung. Das Angebot derVSB umfasst dabei die Bereiche Lettershop,Versandservice, Verpackung und Direktmarketing.Jeder Mitarbeiter wird von Fachkräften sogeschult und betreut, dass er seine individuellenFähigkeiten einbringen kann.<strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong> nimmt die Diensteder VSB gerne in Anspruch. Die Kooperationist für beide Seiten ein Gewinn: Für die Angestelltender VSB bedeutet ihre Tätigkeit per -sönliche Entwicklungsperspektiven, ein regelmäßigesEinkommen und damit ein selbst -bestimmtes Leben. Die Auftraggeber erhaltenprofessionelle Leistungen in hoher Qualität.Die VSB ist als gemeinnützig anerkannt undwird staatlich gefördert.Wir wollen die Wälder unserer Welt erhalten.Diese Publikation ist auf ökologischproduziertem FSC-Papier aus nachhaltigerWaldbewirtschaftung gedruckt.Axel HaasisGeschäftsführer der Stiftung<strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong> DeutschlandLorena Strohal (27) hat Freude an ihrer Tätigkeit:Heute erfüllt sie einen Auftrag der Äthiopienhilfe.2


DIE KINDER SCHÜTZENDie gute Nachricht: Die weltweite Kindersterblichkeit sinkt. Die schlechte:Immer noch sterben pro Jahr 8,8 Millionen Kinder unter fünf Jahren. Lautder Studie „Weltentwicklungsindikatoren 2010“ der Weltbank war die Zahlder Sterbefälle von Kindern unter fünf Jahren im Jahr 2009 um 1,2 Millionenniedriger als im Jahr 2000. Auch in Äthiopien sind Fortschritte zuverzeichnen. Heute stirbt dorteines von zehn Kindern vorseinem fünften Geburtstag,während vor zwanzig Jahrennoch jedes fünfte Kind starb.Laut den Millenniumszielender Vereinten Nationensoll die Kindersterblichkeitbis zum Jahr 2015 – im Vergleichzum Jahr 1990 – umzwei Drittel reduziert sein.<strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong> arbeitetan diesem Ziel auf vielfältigeWeise mit. Immer nochsterben in Äthiopien viele Kinderan den Masern. Deshalbführt die Stiftung zahlreiche Impfkampagnen durch. Durchfallerkrankungenaufgrund verunreinigten Wassers sind eine weitere Todesursache.1.443 Brunnen und Quellfassungen in den Projektregionen der Äthiopienhilfebeugen dieser Gefahr vor.ZU WENIG ZUM LEBEN60%DAS ZITAT„Wir müssen uns alsMitglieder derselbenmenschlichen Familieauf diesem kleinen Planetenbegreifen. Wenn wirin der Lage sind, dies aufrichtig und weltweitzu tun, dann gibt es Hoffnung auf einendauerhaften Frieden auf Erden.“DALAI LAMADANKE FÜR DEN BRUNNEN!Bis vor Kurzem füllte Betulit, eine Bäuerin in der Region Illubabor,ihren Kanister mit Wasser aus einem kleinen Bach.Durch die Parasiten wurden ihre fünf Kinder oft krank. Dankder Spenderinnen und Spender von <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong>gibt es nun eine saubere Wasserstelle, die etwa 250 Personenmit frischem und klarem Wasser aus einem Brunnen versorgt.Ein Komitee kümmert sich um die Wartung und Reinhaltungder Anlage. „Wir haben lange auf diesen Brunnen gewartet“,erzählt Betulit mit strahlenden Augen, „endlich ist er Wirklichkeit.Danke dafür!“40%Süd-AsienSub-Sahara-AfrikaOst-Asien&Pazifik20%Latein-Amerika&Karibik0%Europa & Zentral-Asien19901999 2005 2010 2015Die Armutsbekämpfung kommt voran: Der prozentuale Anteil der <strong>Menschen</strong>an der gesamten Bevölkerung, die von weniger als 1,25 Dollar amTag leben müssen, sinkt weltweit. Leider hinken die afrikanischen Ländersüdlich der Sahara hinterher. Die Weltbank sagt voraus, dass dort auchnoch im Jahre 2015 fast 40 Prozent der <strong>Menschen</strong> pro Tag weniger als1,25 Dollar zur Verfügung haben werden. Quelle: WeltbankSPENDENBAROMETER DAS HABEN SIE BISHER MÖGLICH GEMACHT43.183 Augenoperationen (Trachom) – Großflächige Aufforstung auf 3.647 Hektar – Handwerkliche Ausbildungskurse für 3.788 Frauen –29 Krankenwagen – 4 Schülerwohnheime – 102.057 holzsparende Öfen – 242 Schulen (neu gebaut und erweitert)3


Ladenbetreiberin Johara Abduli konnte sich, ihren blindenMann und ihre Kinder durch einen Kredit der Äthiopienhilfeaus den Händen der Wucherer befreien: „Endlich können wiressen, ohne bei jedem Bissen an die Schulden zu denken.“MIT UNTERNEHMERGEISTHERAUS AUS DER ARMUTIm ländlichen Äthiopien gibt es kaum Gewerbe und kein funktionierendes Bankwesen.Tausende von Frauen haben nur eine einzige Chance, sich eine Existenz aufzubauen –ein Kleinkredit von <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong>.VON BERND HAUSER · FOTOGRAFIE RAINER KWIOTEK4


REPORTAGE KREDITE FÜR FRAUENverrichten“, erklärt Almaz Böhm. „Viele habendiese Rolle verinnerlicht, es mangelt ihnen anjedem Selbstbewusstsein.“ Solange aber dasEngagement der Frauen unterdrückt werde,könne Armut kaum durchbrochen werden.„Deshalb gibt <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong> dieKredite ganz bewusst an Frauen, um so ihreRolle in der Gesellschaft zu stärken“, betontdie geschäftsführende Vorsitzende der Stiftung.Bislang haben rund 15.000 Frauen diese„Start hilfe in ein besseres Leben“ erhalten.Wie Johara schaffen es die Kreditnehmerinnenfast ohne Ausnahme, ihren Kredit innerhalbvon zwei Jahren mit Zinsen zurückzuzahlen.Die orientieren sich laut Vorgaben deräthio pischen Regierung an den jeweils aktuellenBankzinsen und liegen derzeit bei 7,5 Prozentpro Jahr – kein Vergleich zu dem Wucherbei privaten Geldverleihern.Einmal in der Woche treffen sich die Genossenschaftsmitglieder, um ihre Raten zurückzuzahlen.Die Zahlungsmoral ist hoch.uns zum Essen setzten, überlegten wir jedesMal, ob wir überhaupt essen dürfen“, erzähltJohara Abduli. „Denn wir wussten nicht, wiewir unsere Schulden zurückzahlen sollten.“ AlleWaren mussten sie Händlern in der nahen Stadtauf Pump abnehmen. Da sie wenig Kapital einsetzenkonnten, bekamen sie nur schlechtePreise. Und natürlich verlangten die Händlerhohe Zinsen. Doch durch einen Mikrokreditüber 110 Euro der von der Äthiopienhilfe ini -tiierten Kooperative Urtschi Tschalalah (übersetzt:„Der Stern der Liebe“) habe sich ihr Lebengrundsätzlich gewandelt, erzählt die jungeFrau. Durch geschickte Einkäufe hat sie die eingesetzteSumme in nur vier Monaten bereitsmehr als verdoppelt: Für 44 Euro kaufte sieneue Waren. Weil sie bar bezahlen und größereStückzahlen kaufen konnte, bekam sie einenviel besseren Preis.Vor allem aber landete sie einen Coup mitdem Kauf von Erdnüssen zur Erntezeit. Insgesamt1.200 Kilogramm stapeln sich in Säckenin ihrem Laden. Dafür hat sie 66 Euro ausgegeben.Jetzt, vier Monate nach der Ernte, gehendie Vorräte an Erdnüssen in der Gegendzur Neige. Wie in anderen abgelegenen GebietenÄthiopiens auch, unterliegt das Angebot regionalenBeschränkungen: Aufgrund fehlenderStraßen und des teuren Treibstoffs für Lastwagenkommt es trotz steigender Nachfrage nichtzu einer Erhöhung des Angebots und damit zukeinem landesweiten Ausgleich der Preise. VierMonate nach der Ernte sind Joharas Erdnüssedas Dreieinhalbfache ihres Einkaufsprei seswert, statt 66 Euro also 233 Euro – in etwa derJahreslohn eines Hilfsarbeiters. „Ich warte nochein bisschen mit dem Verkauf“, sagt die Geschäftsfrau.„Der Preis wird noch weiter steigen.“Sie hat große Pläne, den Laden zu erweitern,aber zunächst genießt sie mit Ehemannund den beiden Kleinkindern ihr neues Glück,das sie in einem Satz so zusammenfasst: „Endlichessen wir, ohne an Schulden zu denken.“STARTHILFE FÜR BESSERES LEBENLadenbetreiberin Johara erzählt ihre Geschichtestolz und mit offenem Blick – keine Selbstverständlichkeitim ländlichen Äthiopien. „Imtraditionellen Verständnis sind Frauen dazu da,Kinder aufzuziehen und niedrige Arbeiten zuKAPITAL ZUR SELBSTENTWICKLUNGDas Geld für die Erstkredite fordert <strong>Menschen</strong>für <strong>Menschen</strong> nicht zurück. Es bleibt als Kapitalin der Kooperative, um für die MitgliederFolgekredite zu finanzieren. Ein Mit glieder-Gremium bestimmt über Höhe und Reihenfolgeder neuen Kredite; die Experten von <strong>Menschen</strong>für <strong>Menschen</strong> stehen als Berater zur Seite.Das Ziel ist, dass sich die Äthiopienhilfe ausdiesem Modell der „zirkulierenden Gruppenkredite“zurückzieht und die Genossenschaftenalleine weiterarbeiten – gemäß dem Ansatz derSelbsthilfe, den schon Genossenschafts-GründervaterRaiffeisen verfolgte. Des sen Einsichtgilt 150 Jahre nach dem ersten „Brodverein“auch für die Arbeit von <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong>allgemein: „Was dem Einzelnen nichtmöglich ist, das vermögen viele.“Manchmal investieren die Frauen ihre Kredite in gemeinsameProjekte: Im Projektgebiet Derra betreibteine Gruppe eine Getreidemühle.6


Ephrem Nigatu träumt davon, eine Waschmaschinefür das ländliche Äthiopien zu entwickeln: „UnsereGe neration muss sich für das Gemeinwohl einsetzen.“JUNG, TALENTIERTUND ZIELSTREBIGIn Äthiopien gibt es kaum Betriebe, die Facharbeiter ausbildenkönnen. Deshalb gestaltet sich der Aufbau von mittelständischemGewerbe schwierig. <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong> durchbricht diesenTeufelskreis mit einer eigenen Ausbildungsstätte, die sich an deutschenQualitätsstandards orientiert.8


PORTRÄT AUSZUBILDENDE AM COLLEGE DER ÄTHIOPIENHILFESelbstbewusst erzählt Ephrem Nigatu von seiner Idee. Er wolleeine ganz neue Waschmaschine entwickeln, erklärt der 25-Jähri -ge. Eine leicht zu reparierende Maschine, robust gegen Staub,Hitze und Stromausfälle während des Betriebs, auch soll sie mitwenig Wasser auskommen. Kurzum: eine Waschmaschine fürdas ländliche Äthiopien.Ephrem Nigatu steht im dritten Jahr seiner Ausbildung amAgro Technical and Technology College (ATTC) von <strong>Menschen</strong>für <strong>Menschen</strong> in der Stadt Harar. Bis Ende 2009 haben insgesamt869 junge Frauen und Männer eine Ausbildung zum Metallfacharbeiter,Kraftfahrzeug- oder Elektrotechniker absolviert.„Äthiopien wird sich nur entwickeln, wenn die <strong>Menschen</strong> Alter -nativen zur Landwirtschaft erhalten“, erklärt Karlheinz Böhm.Doch der staatlichen Ausbildung fehlt es vielerorts an Lehrpersonal,Fachliteratur und Übungswerkstätten. Weil Maschinen undMaterial knapp und teuer sind, wird die Ausbildung häufig sehrtheorielastig. Im ATTC dagegen orientieren sich die Ausbildungsplänean jenen in Deutschland. Die Praxis bestimmt zwei Drittelder Ausbildung. Monatelang stand Ephrem im ersten Lehrjahrzum Metallfacharbeiter an der Werkbank, um Übungsstücke aufHundertstelmillimeter genau zu feilen. Im zweiten Lehrjahr arbeiteteer an modernen Drehbänken, Schleifmaschinen und Hobelnmit deutschsprachigen Aufschriften – meist Firmenspenden.Um einen künftigen Arbeitsplatz braucht sich Ephrem keine Sor -gen zu machen: Die Einrichtung der Äthiopienhilfe hat einen überausguten Ruf. Staatliche und private Unternehmen wie Elektrizi -tätswerke, Speiseöl-Fabriken und Brauereien bieten den Absolventenoft schon am Tag der Diplomvergabe Arbeitsverträge an.Am liebsten will Ephrem sich selbstständig machen. Deswegenwolle er den Gürtel noch einige Jahre eng schnallen, in einemUnternehmen arbeiten und sein Gehalt zur Seite legen, um esdann in eine eigene Firma zu investieren und seinen Traum vomErfinden und Entwickeln zu verwirklichen. Aber braucht Äthiopienzuallererst eine Waschmaschine? Die Frage beantwortet der klugejunge Mann mit einer Gegenfrage: „Sind Waschmaschinen in Eu -ropa Luxus? Nein? Dann sind sie es auch nicht in Äthiopien.“Es gehe ihm darum, dass die Frauen nicht mehr mit gebeugtemRücken an schmutzigen Rinnsalen im Freien stehen müssen, umsich beim Wäschewaschen von Hand die Fingerknöchel blutig zuschrubben. „Ich will der Beste sein“, sagt Ephrem, „aber dabei gehtes mir nicht nur um mich, sondern um mein Land.“ Diese Aussagehört man immer wieder, wenn man mit jungen engagiertenLeuten in Äthiopien spricht: Ihre Motivation sei, die Familie unddie Gesellschaft voranzubringen. „Ihr Europäer könnt an euchselbst denken, weil eure Großväter mit ihrer Arbeit den Wohlstandfür ihre Nachkommen gelegt haben“, erklärt Ephrem. „Meine Enkelwerden auch einmal so frei sein wie ihr. Aber meine Generationmuss sich noch vor allem für das Gemeinwohl einsetzen.“Mit dieser Erklärung ist der unbedingte Fleiß besser zu verstehen,mit der die jungen Leute im ATTC ihre Ausbildung meistern:Wer erfolgreich abschließt, der erreicht für seine Familie eine bessereLebensperspektive. Wie auch ihre fünf Zimmergenossinnengönnt sich Tsion Gebrehauariat jeden Tag nur zwei Stunden Freizeit,die sie nach Unterricht und Abendessen mit Plaudern, Volleyballund viermaligem Kirchgang pro Woche verbringt. Aber ab20 Uhr versenkt sich die 24-jährige Elektrotechnik-Auszubildendewieder in Hefte und Bücher und lernt bis Mitternacht, um sichauf den nächsten Tag in der Lehrwerkstatt vorzubereiten.JOBS AN UNIVERSITÄTENDie 32 Elektrotechnik-Azubis im dritten Lehrjahr lernen, wie manmit Computern Maschinen steuern kann. Jeder Auszubilden dehat Zugang zu einem modernen Rechner mit Flachbildschirm undAutomationstechnik-Modulen – an anderen Institutionen im Landkönnen die Studenten von solchen Bedingungen nur träumen.Tsion ist eine der besten ihres Jahrgangs, in vier Monaten be-GLÄNZENDE AUSSICHTENNach dem Unterricht lernen Tsion undihre Zimmergenossinnen weiter.Regelmäßig versenken sie sich bisMitternacht in ihre Bücher.kommt sie ihr Diplom. „Ich bin bereit, jeden Job anzunehmen“,sagt sie. „Aber am liebsten möchte ich Lehrerin werden.“Keine unwahrscheinliche Perspektive: Jeder dritte Absolventdes letztjährigen Elektrotechnik-Jahrgangs wurde Junior-Dozentan einer staatlichen Ausbildungsstätte, darunter auch technischeUniversitäten – ein Indiz für die besondere Qualität der Ausbildungam ATTC.So können Sie helfenOveralls und Schuhe pro Student im Jahr: 25 Euro | Verpflegung und Unterbringung pro Student im Jahr: 250 EuroFilmbeitrag: www.menschenfuermenschen.de/ATTC9


ÄTHIOPIEN LAND UND LEUTEZWISCHEN DEN KULTURENWAS ALMAZ BÖHM AUFFÄLLT, ODER ...... wie wichtig es ist, lesen und schreiben zu können.Am 8. September erinnerte uns der „Internationale Tagder Alphabetisierung“ daran, dass unzählige <strong>Menschen</strong>nicht lesen und schreiben können, weil esin den armen Teilen unserer Welt nicht genügendBildungsmöglichkeiten gibt. Auch in Äthiopien leidennoch immer rund 60 Prozent der über 15-Jährigenals Analphabeten unter der ungerechten Verteilungvon Bildungschancen. Ich selbst konnte Anfangder 80er Jahre meinen Abschluss auf dem Gymnasium machen.Danach wurde ich wie alle Abiturienten erst einmalaufs Land geschickt, um weniger privilegierten Frauen,Männern und Kindern fünf Monate lang lesen, schreibenund rechnen beizubringen. Ihr Nomadendasein und dieWirren des äthiopisch-somalischen Grenzkriegs hattenihnen einen Schulbesuch unmöglich gemacht. Außerdemhatten viele noch nicht eingesehen, welche Vorteile ihnendieses Wissen bringen sollte. Auch heute fehlt es in Äthiopiennoch vielerorts an den nötigen Schulen, um alle Kinderzu unterrichten. Da die <strong>Menschen</strong> jedoch inzwischen erkannthaben, wie wichtig schulische Bildung auch für denspäteren Erwerb anderer Fähigkeiten und für die langfristigeSicherung ihrer Existenz ist, nutzen sie jetzt überall undin jedem Alter bereitwillig und wissbegierig alle Möglichkeiten,um lesen und schreiben zu lernen. Mit den Alphabetisierungs-Kursen,die dank <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong> inunseren Projektgebieten realisiert werden, haben wir schonrund 200.000 Erwachsenen das erste Tor zur Weiterentwicklunggeöffnet.DAS KAMEL ALS NADELÖHRWer ist reich? Im Osten Äthiopiens ist die Antwort einfach.„Reich ist, wer ein Kamel besitzt“, sagen die Bäuerinnenbei einem Treffen der Kreditgenossenschaft Urtschi Tschalalahim Dorf Kito. Von <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong> haben sieKredite über 110 Euro erhalten. Die Summe mit geschicktemHandel und zähem Sparen eifrig zu mehren, um sichin einigen Jahren ein Kamel kaufen zu können, das ist dasZiel von Joara Tschibril. „Ein junges Kamel kostet 7.000 Birr(knapp 400 Euro)“, erklärt die Fünfzigjährige, „ausgewachsenist es 20.000 Birr (etwa 1.100 Euro) wert.“ Ein Kamel hat indieser trockenen Landschaft entscheidende Vorteile. Kühefinden in den Dürrezeiten kaum Futter. „Aber Kamele fressenauch trockene Blätter. Die mageren äthiopischen Kühegeben nur etwa einen Liter Milch pro Tag, Kamele dagegenacht Liter – ein Schatz für die Mutter von neun Kindern:„Was wir nicht selbst brauchen, werde ich verkaufen, denLiter zu sechs Birr (0,33 Euro)“. Für die armen Bäuerinnenist ein Kamel das Nadelöhr zu einem besseren Leben.10


MENSCHEN FÜR MENSCHEN DEUTSCHLANDDie Erdbeerwette der Klasse 5aam Carl-Benz-GymnasiumLadenburg brachte 200 Euro einGENERATION ABC– 2015GESCHAFFT: 230.000 EURO FÜR SCHULBAU IN ÄTHIOPIEN!Bildung ist ein Privileg – auch Kinder und Jugendliche in Deutschlandnehmen dies wahr. 68 Aktionsgruppen machten bei der Initiative „GenerationABC – 2015“ mit und sammelten mit viel Elan Spenden für eineSchule im Südwesten Äthiopiens.Dank ihres Einsatzes bekommen mehr als 1.000 Kinder dort nun Zugangzu Bildung und die Chance, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.Dies ist auch ein wichtiger Beitrag zum Erreichen des zweiten Millenniumszielsder Vereinten Nationen, bis 2015 Hunderttausenden Kinderneine schulische Primärbildung zu ermöglichen.Neben der hohen Gesamtspendensumme von knapp 230.000 Eurobeeindruckt vor allem die Kreativität der Aktionen. Neben Klassikernwie Sponsorenläufen, Benefizkonzerten und Verkaufsständen wurdenlustige Wetten mit Lehrern abgeschlossen, schauspielerisches Talentgezeigt und Musicals in Eigenregie auf die Beine gestellt.Die Jugendbotschafter der Initiative, Topmodel Sara Nuru und dieRockband Killerpilze, sind begeistert von der deutschlandweiten Unterstützung.Ein guter Grund zu feiern! Die Preisverleihung fand am 16. Septemberin Berlin statt. Nun werden die Jugendbotschafter die kreativste unddie erfolgreichste Aktion mit einem Unplugged-Konzert und einem Fotoshootingbelohnen. Und Generation ABC – 2015 geht weiter: Dennjunge <strong>Menschen</strong> in Deutschland zeigen, dass sie sich für äthiopischeSchüler einsetzen wollen. Ihre Hilfe wird weiterhin benötigt.Infos zu Generation ABC – 2015 und zum Start der 2. Rundegibt es auf der Jugendwebsite von <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong>www.IchwillGerechtigkeit.deGUTE PRAXIS MITALTGOLD-SPENDENWas tun mit dem alten Zahngold, das man bei Neuanfertigungeiner Krone oder Brücke vom Zahnarzt zurückerhält?In kleinen Mengen an Goldankäufer veräußert, bringt das– meist legierte – Altgold kaum Bares. Eine vorbildlicheIdee verfolgt die Praxis Drs. Scheel und Ott in Pinneberg.Hier haben die Patienten die Möglichkeit, ihr Zahngoldzu spenden. Gesammelt wird es an eine Scheideanstaltgeschickt, die einen am Goldmarkt orientierten Preis alsSpen de direkt an die Äthiopienhilfe überweist. 75.621 Eurosind durch die Großzügigkeit der Patienten und das Engagementdes Praxisteams in 14 Jahren schon zusammengekommen.Wir finden: Das ist eine gute Praxis. Danke!Sie möchten auf diese Weise helfen?Machen Sie Ihren Zahnarzt auf Zahngold-Spenden aufmerksam,oder schicken Sie Ihr Altgold direkt an <strong>Menschen</strong>für <strong>Menschen</strong>.11


Mein TagMELAKU DESSALEI, 30,SCHILDERMALER IN METTU, ILLUBABOR„Botschaften brauchenstarke Bilder“Schon als Kind habe ich immer gezeichnet, wenn Papierim Haus war. Als Erwachsener konnte ich meineLeidenschaft zum Beruf machen. Vor meinem gemietetenZimmer male ich religiöse Tafeln für Kirchen undSchilder für Behörden. Am liebsten arbeite ich aberfür <strong>Menschen</strong> für <strong>Menschen</strong>, weil diese Arbeit sehrkreativ ist: Meine Bilder sollen die Betrachter dazubringen, ihr Verhalten zu ändern. Vor allem geht esum Gesundheitsvorsorge und um Gleichberechtigung.Je emotionaler meine Darstellungen, desto besser:Es reicht nicht, Ratschläge nur in Worte zu kleiden.Botschaften brauchen starke Bilder! Zum Beispielzeige ich, wie Mädchen leiden, die beschnittenwerden. Wer mein Bild sieht, versteht die Botschaft:Hört auf mit dieser schädlichen Tradition! Ein weitereraktueller Auftrag: In Äthiopien massieren Helferinnenaus Unwissen häufig den Bauch von Gebärenden. Dasist gefährlich für Mutter und Kind, weil sich die Plazentanoch vor der Geburt lösen kann. Mein Bild warntvor dieser schädlichen Tradition. Ich kann sagen: MeineArbeit ist wichtig. Und das stimmt mich froh.Die Bild-Tafeln von Melaku Dessalei und anderenKünstlern stellt die Äthiopienhilfe an Landstraßenund auf Dorfplätzen auf. In einer Fotogalerie im Internetfinden Sie weitere Beispiele für die Arbeit der<strong>Menschen</strong>-für-<strong>Menschen</strong>-Schildermaler:www.menschenfuermenschen.de >Gesundheit > Aufklärung

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