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Predigt von Diakon Lars Gippert - St. Andreas

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Ansprache anlässlich der <strong>Diakon</strong>atsmesse am 06. Juni 2010 um 10.00 Uhr<br />

in Schmerzhafte Mutter, Wesseling‐Berzdorf<br />

Liebe Mitbrüder im geistlichen Dienst,<br />

liebe Seminaristen,<br />

verehrte, liebe Schwestern und Brüder!<br />

Nun stehe ich also hier – Ich stehe hier als ein vom Herrn reich Beschenkter und darf in<br />

dieser <strong>St</strong>unde Danksagen für das große Geschenk der Berufung, ja für das Geschenk der<br />

Weihe, die ich in der vergangenen Woche gemeinsam mit 12 weiteren Mitbrüdern<br />

empfangen durfte. In meinen Augen ist es eine glückliche Fügung, dass ich dies am Tag<br />

unseres Pfarrfestes tun darf. Jenes Fest, das hier in Berzdorf bereits eine lange Tradition<br />

besitzt. Die Älteren unter uns werden sich noch gut erinnern können, als im Jahr 1973<br />

erstmals im kleinen Rahmen im Saal Oebel Pfarrfest gefeiert wurde. 3 Jahre später ging es<br />

bereits aufs Kindergartengelände, bis schließlich auch dort die Platzverhältnisse zu klein<br />

waren und man mit dem Pfarrfest zum Pfarrheim umzog. Dank der vielen fleißigen Helfer –<br />

damals, wie auch im Jahr 2010 – konnte das Pfarrfest zu dem werden, was es heute ist. So<br />

dürfen wir am heutigen Tag für das Geschenk der Berufung vor allem in der Feier der Hl.<br />

Eucharistie danken und unserer Freude beim sich anschließenden Pfarrfest weiter Ausdruck<br />

verleihen. Ich danke einem jeden einzelnen <strong>von</strong> Euch und Ihnen, die Ihr und Sie heute<br />

gekommen sind, um diese <strong>St</strong>unde des Dankes mit mir gemeinsam zu begehen.<br />

Meine Mitbrüder und ich beginnen unseren Dienst in einer wahrlich nicht einfachen Zeit für<br />

unsere Kirche. Als wir im Herbst des letzten Jahres unseren Dienst in den<br />

Praktikumspfarreien aufnahmen, da war <strong>von</strong> den Missbrauchsfällen in der katholischen<br />

Kirche in Deutschland noch nicht die Rede. Seit dem Bekanntwerden zahlreicher Fälle, in<br />

denen Priester und kirchliche Mitarbeiter Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht haben,<br />

erlebt unsere Kirche einen schweren Weg. Keiner, der heute hier zugegen ist, hat wohl der<br />

medialen Berichterstattung aus dem Weg gehen können. Dass Geistliche und kirchliche<br />

Mitarbeiter in ihrer Verantwortung für Kinder und Jugendliche abscheuliches getan und<br />

mehr als versagt haben, steht dabei außer Frage und kann niemanden gleichgültig lassen.<br />

Dies darf auch an einem solchen Tag wie heute nicht verschwiegen werden.<br />

Auf diesem Hintergrund gab und gibt es viele Menschen, die nicht verstehen können oder<br />

wollen, wie man als junger Mann in der heutigen Zeit noch diesen Weg hin zum Priestertum<br />

gehen kann. Wahrlich, liebe Schwestern und Brüder, ich gebe zu, dass die vergangenen


Monate nochmals ein großes innerliches Ringen mit sich brachten. Kann ich Priester in einer<br />

Kirche werden, die sich – rein äußerlich gesehen ‐ in einem solch erschreckenden Zustand<br />

befindet? Will ich das wirklich? Ja! Ja, ich lasse mich auf diesen Weg ein, weil die eigentliche<br />

Botschaft, für die ich als <strong>Diakon</strong> und ab dem nächsten Jahr als Priester stehen will, trotz<br />

gravierender menschlicher Verfehlungen in unserer Kirche, immer noch dieselbe ist:<br />

nämlich, dass Gott hat seinen Sohn in diese Welt gesandt hat, der uns durch seinen Tod und<br />

seine Auferstehung erlöst hat.<br />

Lassen Sie mich einige Dinge benennen, die mir im Kontext jener Fragestellung in den letzten<br />

Wochen persönlich besonders hilfreich waren.<br />

1. Als ich mich auf den heutigen Tag vorbereitete, fiel mir ein kleiner Nebensatz<br />

innerhalb der zweiten Lesung ins Auge, die dem Galaterbrief entnommen ist. Paulus<br />

spricht dort über seinen Dienst, wie er die Botschaft <strong>von</strong> der Offenbarung Jesu<br />

Christi, hinaus in alle Welt trägt. Und da heißt es: „Gott hat mich durch seine Gnade<br />

berufen!“ D.h. er bedient sich des Menschen als sein Werkzeug. Eine Berufung ist<br />

reine Gnade. Wir Menschen machen keine Berufungen und auch kein Bischof oder<br />

Papst macht Berufungen. Nein, berufen tut alleine Gott – aus reiner Gnade. Insofern<br />

darf ich mich – wie auch ein jeder einzelne der heute hier zugegen ist, je auf seine Art<br />

und Weise ‐ durch seine Gnade berufen wissen und mich so vertrauensvoll in seine<br />

Hände geben – so bedrückend die Dinge bisweilen auch scheinen mögen. Wir<br />

brauchen keine Angst zu haben, seine schützende Hand umgibt uns. „Gott hat mich,<br />

hat uns, durch seine Gnade berufen“!<br />

2. Vor einigen Wochen brach eine große Gruppe <strong>von</strong> Pilgern hier aus Wesseling in<br />

Richtung Lourdes auf. Zwei Jugendliche sagten mir unmittelbar vor Beginn der<br />

Wallfahrt: „In Lourdes, da denken wir an dich!“ Ein kleiner unscheinbarer Satz, der<br />

aber doch so viel aussagt und der mich innerlich zutiefst erfreut hat. Wir denken an<br />

dich! Wir denken an dich, wir beten für dich! Wie wichtig ist das Gebet, das<br />

vertrauensvolle Gebet, in dem wir uns, wie vielleicht diese jungen Menschen in<br />

Lourdes geführt <strong>von</strong> der Hand Mariens, an Jesus Christus, die Quelle unseres Lebens,<br />

selbst wenden. Es ist gut zu wissen, dass es Menschen gibt, die für einen beten und<br />

ich weiß, dass nicht wenige meinen Berufungsweg durch ihr treues Gebet begleitet<br />

haben, durch das ich mich immer getragen wusste. <strong>St</strong>ützen wir uns weiterhin


gemeinsam im täglichen Gebet! „Berufen durch die Gnade Gottes“ – getragen durch<br />

das gegenseitige Gebet.<br />

3. Ein dritter Gedanke: Karl Rahner, einer der bedeutendsten Theologen des 20.<br />

Jahrhunderts, verfasste an seinem Lebensabend einen Text, in dem er einige<br />

Gedanken zu seinem priesterlichen Wirken aufzeigt. Da heißt es: „Als ich das<br />

Priestertum aus der Hand des Bischofs entgegennahm, war ich jung, und ich konnte<br />

das, was kommen wird, nicht übersehen. Ich konnte nur glauben und hoffen, dass<br />

Gott mich in Jesus Christus beruft, dass die Kirche mich ruft, dass Gott es will und<br />

dass er darum auch mir seine Gnade geben wird. Und so kann und will ich sagen, in<br />

Dank gegen die Kirche, in Dank gegen die Menschen, die Gottes Gnade bei mir<br />

suchten, in Dank gegen Gott und seine unaussprechliche Gnade: Ich habe es nicht<br />

bereut!“ Zwei Dinge, liebe Schwestern und Brüder, faszinieren mich sehr an diesem<br />

Zitat Karl Rahners: da ist zum einen diese jugendliche Sorglosigkeit, das tiefe<br />

Vertrauen, einfach ‚Ja‘ zu einer Sache wie dem Priestertum sagen zu können, das<br />

man mit 25 oder 26 Jahren in seiner ganzen Dimension noch gar nicht richtig<br />

verstanden haben kann. Und zum anderen fasziniert mich, dass dieser große<br />

Theologe und Priester, rückblickend am Ende seines Lebens sagen konnte ‚ich habe<br />

es nicht bereut‘. Dieses Wort Karl Rahners schenkt mir wirklich eine innere Zuversicht<br />

und auch Gelassenheit, die vielen Dinge, die da kommen werden – schöne wie<br />

weniger schöne – mit offenem und frohem Herzen anzunehmen.<br />

Dies, liebe Schwestern und Brüder, waren drei bescheidene Gedanken, die mich durch<br />

die letzte Zeit hindurch begleitet haben. Und ich möchte einem jeden einzelnen, der<br />

heute hier zugegen ist, wünschen, dass er sich durch jene Gedanken ein wenig<br />

angesprochen fühlt. Schließlich sind wir alle gemeinsam, ob jung oder alt, gesund oder<br />

krank, arm oder reich, als pilgerndes Gottesvolk unterwegs, dem himmlischen Jerusalem<br />

entgegen.<br />

Unser unvergessener Heiliger Vater, Papst Johannes Paul II., hat am Ende seines Lebens<br />

ein Buch geschrieben, in dem er über seine Berufung sowie sein priesterliches und<br />

bischöfliches Wirken, rückblickend nachdenkt. Es trägt den programmatischen Titel „Auf,<br />

lasst uns gehen!“ Ich habe dieses Buch nach meinem Abitur im Jahr 2004 auf einer Reise<br />

nach Rom gelesen und es hat mich bis heute nicht mehr losgelassen. Jene <strong>von</strong> der Freude<br />

über das Geschenk der eigenen Berufung erfüllten Worte, möchte ich am heutigen Tag


Euch, Ihnen und mir auch zurufen: Auf, lasst uns gehen! Berufen durch die Gnade Gottes,<br />

getragen durch das gegenseitige Gebet, Christus entgegen. Ja, gehen wir in Freude<br />

gemeinsam los und ich garantiere, dass wir am Ende alle sagen werden können: „Wir<br />

haben es nicht bereut!“ Amen.

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