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Die aktuelle Auen-Zeitung zum Herunterladen! - Auenkirche Berlin ...

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6 | A u e n - K l a n g A U E n - k l a n g | 7„<strong>Die</strong> Musik ist eine Gabe und Geschenk Gottes“ (Martin Luther)Zum Tod unseres Kirchenmusikers Jörg Strodthoff„Nach der Predigt geht der Krimi los!“sagte Jörg Strodthoff in einer Chorprobe undmeinte damit den zweiten Teil der BachschenJohannespassion. Sie war das letzte großeWerk, das er mit seiner <strong>Auen</strong>-Kantorei imMärz 2013 aufführte. Das war typisch für ihn:mit möglichst bildhaften Beschreibungen zuerreichen, was er musikalisch wollte.Schon als Jugendlicher war Jörg Strodthoffnach absolvierter kirchenmusikalischerNebenamts-Prüfung Organist und Chorleiteran verschiedenen Kirchen Hannovers. Nachdem Abitur nahm er ein Doppel-StudiumFoto: S. Sparbergauf: als hauptberuflicher Kirchenmusiker undKapellmeister an der dortigen Hochschulefür Musik und Theater.Orgelunterricht erhielt er bei dem bekanntenehemaligen <strong>Berlin</strong>er OrganistenProf. Ulrich Bremsteller, dem letzten SchülerGünter Ramins. Klavier studierte er bei MartinDörrie.Gegen Ende seines Studiums war er selbstan der Hochschule als Lehrbeauftragtertätig, außerdem lehrte er als Dozent an derUniversität Göttingen Harmonielehre undKontrapunkt.1988 heiratete er die Sopranistin BeateGracher; mit ihr zusammen veranstaltete erviele Konzerte und bereicherte Gottesdienstemusikalisch.Mit Beginn des Jahres 1989 wurde er aufdie traditionsreiche Kirchenmusikerstelleder <strong>Auen</strong>kirche in <strong>Berlin</strong>-Wilmersdorfberufen, an eine der größten Orgeln <strong>Berlin</strong>s.Außerdem leitete er die Kantorei und denBläserkreis.Daneben war er als konzertierenderOrganist, Cembalist und als Pianist bei Liedbegleitungund Kammermusik tätig. Rundfunkaufnahmen,CD-Produktionen sowieKonzerte und Aufnahmen mit den meisten<strong>Berlin</strong>er Berufsorchestern und -chören tratenhinzu.Von 1990 an war er ständiger Gastorganistam <strong>Berlin</strong>er Dom und der französischenFriedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt.In vielen Konzertreihen führte er das gesamteOrgelschaffen von <strong>Die</strong>trich Buxtehude,Johann Sebastian Bach und Max Reger an dergroßen Orgel der <strong>Auen</strong>kirche auf.Besondere Schwerpunkte seines breitgefächertenRepertoires waren die französischeOrgelmusik des 18. Jahrhunderts, aber auchspätromantische und frühmoderne Komponistenwie Sigfrid Karg-Elert, Camille Saint-Saëns, Charles-Marie Widor, Louis Vierne,Johann Nepomuk David, Olivier Messiaenund Ernst Krenek.Dabei konnte man immer seine hervorragendeund präzise Technik bewundern. Erhatte die erstaunliche Fähigkeit, der großenromantischen Orgel der <strong>Auen</strong>kirche die faszinierendstenKlänge zu entlocken, vom zartestenSäuseln bis hin <strong>zum</strong> brillant glitzerndenFeuerwerk. <strong>Die</strong>s wurde besonders offenbarbei seinem jährlichen Silvesterkonzert an der<strong>Auen</strong>-Orgel, das beim zahlreich erschienenenPublikum immer großen Anklang fand.Oft und gerne improvisierte er inGottesdiensten und Konzerten; aber seineunerschöpfliche Fantasie uferte nie aus,sondern wurde immer von einem strengenStil- und Formbewusstsein in geordneteBahnen gelenkt. Für Jörg Strodthoff war dasOrgelspiel im Gottesdienst das tägliche Brot,das sorgsam geübt und abwechslungsreichgestaltet sein musste.Als Interpret trat er für die reflektierte Weitergabeder sogenannten „Straube-Tradition“bei der Aufführung der Orgelwerke JohannSebastian Bachs und Max Regers ein. <strong>Die</strong>sbedeutete in Phrasierung und Klang eineromantische Aufführungspraxis bei einemeher ruhigen Tempo.Für das Œuvre Max Regers machte ersich auch im Rahmen seiner engagiertenMitgliedschaft in der Internationalen Max-Reger-Gesellschaft stark.Jedes Jahr im Herbst findet in der <strong>Auen</strong>kircheder von Jörg Strodthoff ins Lebengerufene „<strong>Berlin</strong>er Orgelherbst“ statt. Anlassder Gründung dieses Orgelmusik-Festivalswar der Teil-Ausbau der großen Orgel der <strong>Auen</strong>kircheum mehrere Register, den er initiierthatte (und der noch nicht abgeschlossen ist).Einige im Orgelspieltisch schon angelegteRegister fehlen noch.Auch als Cembalist verstand er es, dasPublikum zu rühren. Unvergessen ist einCembalokonzert am späten Abend in der<strong>Auen</strong>kirche aus Anlass des Kirchentages,das durch sein Können und eine ganz eigeneAtmosphäre faszinierte. Als Pianist trat er solistischauf, begleitete aber auch gerne Sängerbei Liederabenden in der Aue; außerdem denSeniorenkreis beim Singen im <strong>Auen</strong>-Saal.Seit 1989 führte er mit seiner <strong>Auen</strong>-Kantorei regelmäßig in drei Konzerten proJahr groß besetzte Werke der Oratorienliteraturauf, bis hin zu Beethovens 9. Sinfonie,Telemanns Johannes-Passion und Regers„Hebbel-Requiem“.Vom Publikum sehnlich erwartet wurdedie jährliche Aufführung des Weihnachtsoratoriumsvon Bach, das oft mit anderen Werkenwie dem Magnificat oder einer Kantate vonWilhelm Friedemann Bach gekoppelt wurde.Ihm war wichtig, dass die Kantorei regelmäßigden Gottesdienst mit gestaltete und soden lutherischen Anspruch der „singendenVerkündigung“ erfüllte.Mit seiner Begeisterung für die Musik vermochteer viele Menschen anzustecken; dieswar ein Grund dafür, dass die Kantorei unterseiner Leitung im Lauf der Jahre beträchtlichan Qualität und Mitgliedern zunahm.2006 gründete er den Kammerchor der<strong>Auen</strong>kirche mit ca. 20 Sängerinnen undSängern, mit dem er anspruchsvolle Werkeder a-cappella-Literatur in mehreren jährlichenKonzerten und Gottesdienstauftrittenaufführte.Foto: S. KlonkDen Bläserkreis baute er in vieljährigerkontinuierlicher Probenarbeit zu einemleistungsfähigen Ensemble aus. Mit großerGeduld (die er sich im Lauf der Zeit erwarb)gelang es ihm, die Bläser mit den Eigenheitender verschiedenen Musikstile vertraut <strong>zum</strong>achen und sie auch komplizierte Akkordesauber spielen zu lassen. Regelmäßig gestalteteder Bläserkreis die Konfirmationsgottesdienstefestlich.Wichtig war ihm ebenso das Engagementim <strong>Die</strong>nst seines Berufsstandes. In Fachzeitschriftenstieß er immer wieder Diskussionenzu eher unbequemen Themen an; außerdemverfasste er Rezensionen über neu erschieneneNotenausgaben.Im April 2008 bekam er wegen seinesgroßen beruflichen Engagements und seinerVerdienste um die Kirchenmusik von derEvangelischen Kirche <strong>Berlin</strong>-BrandenburgschlesischeOberlausitz den Ehrentitel „Kirchenmusikdirektor“(KMD) verliehen. DerBezirk Charlottenburg-Wilmersdorf verliehihm 2009 für sein Wirken als „MusikalischerBotschafter“ die Bürgermedaille.In den letzten Jahren hat sich Jörg Strodthoffmit dem Komponieren ein weiteres Feldseiner musikalischen Tätigkeit erschlossen:zwei Motetten über Texte von Paul Gerhardtund zwei Kantaten sind als Auftragskompositionendes Stadtkirchenverbandes Hannoververöffentlicht worden. Es war ihm nichtFoto: S. Klonkmehr vergönnt, seine großangelegte undgroß besetzte Neuvertonung einer Passion zuvollenden.Neben der Musik gehörte seine Leidenschaftder Geschichte; er verschlanggeradezu historische Literatur und konnte inGesprächen immer wieder mit den erstaunlichstenKenntnissen an historischen Faktenverblüffen. Auf der letzten Chorfahrt mitder <strong>Auen</strong>kantorei nach Thüringen wollte erunbedingt, obwohl durch seine Krankheitschon körperlich stark beeinträchtigt, nochdas Bauernkriegspanorama in Bad Frankenhausenbesichtigen.Im Jahr 2012 zwang ihn eine schwereKrankheit zu einer mehrere Monate dauerndenPause.Am 10. Juni 2013 verstarb KirchenmusikdirektorJörg Strodthoff im Alter von nur 53Jahren.Er hinterlässt seine Frau und seinen SohnBenedict.<strong>Die</strong> deutsche Kirchenmusik hat mit ihmeinen herausragenden Künstler verloren, undwir als Gemeinde einen Kirchenmusiker, deruns auf einen Weg mitgenommen hat. Dafürsind wir ihm dankbar und werden ihn aufden Wegen, die vor uns liegen, gedanklichmitnehmen.Christoph Deindörfer

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