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Einführendes in die Erlebnispädagogik - eLearning der FH Frankfurt

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Unterscheidung <strong>der</strong> handlungsorientierten Lern-Sett<strong>in</strong>gs:• Lernen durch praktische Erfahrung• Lernen durch praktische Erfahrung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er (existentiellen) Herausfor<strong>der</strong>ungssituation <strong>Erlebnispädagogik</strong> im engeren/eigentlichen S<strong>in</strong>n biografische SelbstreflexionLernen durch praktische Erfahrung Lernen durch (existentielle)Herausfor<strong>der</strong>ung qualitative Differenzierung führte zur Kreierung des Begriffs <strong>der</strong> Abenteuerpädagogik (PeterBecker) Versuch: Begriff zu schärfen, hat sich aber nie im Fachdiskurs tatsächlich durchgesetzt oft zu f<strong>in</strong>den: Doppelbegriff: Erlebnis- und Abenteuerpädagogik.Entwicklungsgeschichte <strong>der</strong> EP Konglomerat aus vielen zu unterschiedlichen Zeiten und ausunterschiedlichsten philosophischen Traditionen entstandenen reformerischen Strömungen imErziehungs- und Bildungsbereich untrennbar geknüpft an <strong>die</strong> lang andauernde pädagogische Kontroverse zwischen zweikonträren Bildungsmodellen - <strong>die</strong> Kontroverse zum Verhältnis zwischen Theorie und Praxis, <strong>die</strong>schon viele Gemüter bewegt hat.Kontrastpole s<strong>in</strong>d:1. Praxis: Lernen aus Erfahrung, "Learn<strong>in</strong>g by do<strong>in</strong>g", Lernen mit Kopf, Herz und Hand,ganzheitliches Lernen2. Theorie: Lernen durch kognitive Aneignung von Wissensbeständen an<strong>der</strong>erIm folgenden: Darstellung zweier ausgewählter ideeller „Väter“ <strong>der</strong> EP (Beiträge <strong>der</strong> theoretischenMütter s<strong>in</strong>d z. Zt. weniger gut aufgearbeitet, das liegt zum e<strong>in</strong>en daran, daß Bildung undErziehung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit eher Männersache waren, erst recht, wenn es um <strong>die</strong>Theoriebildung geht, zum an<strong>der</strong>en hat sich <strong>die</strong> EP aber auch den weiblichen Beiträgen noch nicht<strong>in</strong>tensiv zugewandt, zu erwähnen wäre hier auf jeden Fall Maria Montessori)1. Jean-Jacques Rousseau2


18. Jh., französischer Philosoph, <strong>der</strong> sich viel und wegweisende Gedanken zur Erziehunggemacht hat, aber sich um se<strong>in</strong>e eigenen K<strong>in</strong><strong>der</strong> überhaupt nicht kümmerte pädagogisches Hauptwerk: "Emil"Emil soll• se<strong>in</strong> Wissen über <strong>die</strong> Welt nur durch eigene Erfahrung erwerben• aus <strong>der</strong> Sache selbst lernen• nicht durch Erzieher, Bücher Wissenschaften belehrt werden• optimistisches, idealisierendes K<strong>in</strong><strong>der</strong>bild im K<strong>in</strong>d schlummern alle Fähigkeiten, daß essich gut entwickelt• pessimistisches Kultur-/Gesellschaftsbild: "alles entartet unter den Händen <strong>der</strong> Menschen"(Emil, 9). wo Menschen e<strong>in</strong>greifen, regulieren, diszipl<strong>in</strong>ieren, zerstören sie <strong>die</strong> Kräfte zumGuten dah<strong>in</strong>ter steht auch das romantische Ideal vom e<strong>in</strong>fachen, naturnahen LebenHandlung, Erfahrung und Erlebnis als zentrale Unterrichtspr<strong>in</strong>zipien:Erzieher hat nur <strong>die</strong> Aufgabe, Räume <strong>der</strong> Selbsttätigkeit, des praktischen Tuns für <strong>die</strong> Zögl<strong>in</strong>ge zuarrangieren, um sich dar<strong>in</strong> zu entwickeln, Wissen über <strong>die</strong> Welt und ihre Gesetze zu erwerben."Und denkt daran, daß ihr <strong>in</strong> allen Fächern mehr durch Handlungen als durch Wortebelehren müßt. Denn K<strong>in</strong><strong>der</strong> vergessen leicht, was sie gesagt haben und was man ihnengesagt hat, aber nicht, was sie getan haben und was man ihnen tat." (1975, 80)"Empf<strong>in</strong>dungen s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> ersten Bauste<strong>in</strong>e se<strong>in</strong>er Erkenntnisse. ... Das K<strong>in</strong>d will allesberühren, alles anfassen. Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t <strong>die</strong>se Unruhe nicht ... Es lernt, Wärme, Kälte, Härte,Weichheit, Schwere, Leichtigkeit <strong>der</strong> Körper kennen und Größe, Gestalt und alle an<strong>der</strong>enEigenschaften beurteilen, <strong>in</strong>dem es sie betrachtet, befühlt, belauscht" (41) K<strong>in</strong><strong>der</strong> sollen an den Folgen ihres Tuns lernen. Beispiel: Wenn das K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Fensterscheibezerbricht, so mag <strong>der</strong> kalte W<strong>in</strong>d Tag und Nacht here<strong>in</strong>blasen und das K<strong>in</strong>d sich e<strong>in</strong>e Erkältungholen, "denn es ist besser, daß es verschnupft, als närrisch wird" (80) auch heute noch e<strong>in</strong> hohes Maß an Aktualität konfrontiert mit pädagogischen Grundsatzfragen• wieweit können wir es tatsächlich aushalten, daß K<strong>in</strong><strong>der</strong> ihre Erfahrungen machen, daß <strong>die</strong>Eigengesetzlichkeiten <strong>der</strong> D<strong>in</strong>gen ihnen tatsächlich erfolgreich ihre erzieherischen Grenzen <strong>in</strong>3


all ihren Konsequenzen setzen halten wir es als Erwachsene aus, K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> ihrem Tun alle<strong>in</strong> lassen, sie ihren eigenenProzessen rückhaltlos zu überlassen (Beispiel: erwachene Aufregung zu Me<strong>die</strong>nkonsum)• <strong>in</strong>wieweit bietet e<strong>in</strong>e solches Konzept <strong>der</strong> Erziehung durch <strong>die</strong> Natur <strong>der</strong> D<strong>in</strong>gen nicht auch <strong>die</strong>Gefahr, sich als Erwachsene rauszuziehen, sich um konkrete Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen mitHeranwachsenden zu drücken? Müssen wir als Erwachsene nicht auch Positionen beziehen,Reglementierungen vornehmen und uns so greifbar, begreifbar und angreifbar machen? Gefahr <strong>der</strong> erwachsenen Verantwortungslosigkeit2. Kurt Hahnstarb 1974• Grün<strong>der</strong> und Leiter des Lan<strong>der</strong>ziehungsheimes "Schule Schloß Salem" am Bodensee• Grün<strong>der</strong> <strong>der</strong> erlebnispädgogischen Kurzschulen• politischer Berichterstatter und Berater, also ke<strong>in</strong>e konventionelle pädagogische o<strong>der</strong>erziehungswissenschaftliche Karriere• politischer Idealist, <strong>der</strong> sich um e<strong>in</strong>e demokratische Verbesserung <strong>der</strong> Welt bemühte unddabei <strong>die</strong> Erziehung <strong>der</strong> Heranwachsende als entscheidende Dreh- und Angelscheibe sah Idee: e<strong>in</strong> gutes Erziehungssystem kann dazu beitragen, <strong>die</strong> Gesellschaft von ihrenproblematischen Ersche<strong>in</strong>ungen zu befreien (Mangel an Tatkraft und Initiativkraft bei dene<strong>in</strong>zelnen, Mangel an sozialer Verantwortung, also das, was heute alsEntsolidarisierungsprozesse problematisiert wird) Erziehung als Vehikel <strong>der</strong> Weltverän<strong>der</strong>ung Erziehung mündiger Staatsbürger, <strong>die</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong>e demokratische Gesellschaft zugestalten und zu tragen, Verantwortung für <strong>die</strong> Solidargeme<strong>in</strong>schaft zu übernehmen g<strong>in</strong>g sogar soweit, daß er für e<strong>in</strong>e Trennung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n und Eltern plä<strong>die</strong>rte, weil er me<strong>in</strong>te,daß <strong>die</strong> meisten Eltern kaum <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage seien, ihre K<strong>in</strong><strong>der</strong> zur bürgerlichen Verantwortung zuerziehen politisch motiviertes, hochmoralisches Bildungsmodell, dennoch auch Nähe zurReformpädagogik über <strong>die</strong> Bildungsme<strong>die</strong>n/methodenElemente des praktischen Erziehungskonzept4


• das körperliche Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g: sportliche Übungen, je nach Standort <strong>der</strong> Bildungsstätteverschiedene Natursportarten (Bergsteigen, Segeln. Kanu ...)• <strong>die</strong> Expedition: mehrtägige Touren <strong>in</strong> herausfor<strong>der</strong>nden Naturlandschaftene<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Vor- und Nachbereitung, auch hier Natursport im Zentrum, ebensowichtig ist aber <strong>die</strong> Bewältigung <strong>der</strong> alltagspraktischen Aufgaben unter primitivenExtrembed<strong>in</strong>gungen (Essen, Zelten, Hygiene ...)• das Projekt: thematisch und zeitlich abgeschlossene Aktion (handwerklich, technisch,künstlerisch ..)• <strong>der</strong> Dienst am Nächsten: je nach Standort <strong>der</strong> Bildungsstätte unterschiedlicheHilfeleistungen wie Berg- und See-RettungErlebnispädagogische Pervertierung während <strong>der</strong> NS-Zeit Schockstarre <strong>in</strong> <strong>der</strong> (erlebnis)pädagogischen Fachdebatte nach dem KriegDessen ungeachtet wurde dennoch <strong>Erlebnispädagogik</strong> praktiziert - wenn auch nicht unter <strong>die</strong>serBezeichnung z.B. Pfadf<strong>in</strong><strong>der</strong>Seit den 70er Jahren bekam <strong>die</strong> EP wie<strong>der</strong> Aufw<strong>in</strong>d zwei Entwicklungen waren hierfürverantwortlich1. erlebnispädagogische Langzeitmaßnahmen2. Lebenswelt- und Subjektorientierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Pädagogik1. erlebnispädagogische LangzeitmaßnahmenIn den 70er Jahren setzte dann e<strong>in</strong>e qualitativ neuartige erlebnispädagogische Bewegung e<strong>in</strong>: <strong>die</strong>E<strong>in</strong>richtung von erlebnispädagogischen Langzeitmaßnahmen im Rahmen <strong>der</strong> Heimerziehung.Anlaß waren <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> 68er Bewegung <strong>in</strong>itiierte radikale Kritik an <strong>der</strong> geschlossenenHeimerziehung (Me<strong>in</strong>hof: Bambule) „Heimkampagne“ Reformbewegung neue Erziehungskonzepte für "auffällige" Jugendliche Langzeitmaßnahmen, d. h. Schiffs- Reise- und Standprojekte im Ausland, <strong>in</strong> denen nur wenigeJugendliche mit wenigen Betreuungspersonen (manchmal 1: 1) sich über e<strong>in</strong>e längeren Zeitraum<strong>in</strong> <strong>der</strong> Fremde unter extremen Bed<strong>in</strong>gungen zu bewähren hatten.Dah<strong>in</strong>ter stand <strong>die</strong> Idee,5


• daß Jugendliche auf <strong>die</strong>se Weise jenseits des Alltags sich neu und mit neuen Kompetenzenerfahren können, <strong>die</strong> aufbauen und stabilisieren,• daß auch e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es pädagogisches Verhältnis arrangiert wird. Indem <strong>der</strong> Jugendlicheerfährt, daß <strong>der</strong> Erzieher sich <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>tensiver Weise auf ihn e<strong>in</strong>läßt, kann er neuesVertrauen entwickeln und sich pädagogischen E<strong>in</strong>griffen leichter öffnen.Im Rahmen <strong>die</strong>ser Langzeitmaßnahmen wurden und werden Jugendliche auf Segeltörns,Pilgerreisen o<strong>der</strong> <strong>in</strong> fremdländische, e<strong>in</strong>fache Kulturräume geschickt. Maßnahmen bis heute heftig umstritten Wirkungseffekte solcher Programme noch nicht klar nachgewiesen s<strong>in</strong>d. Zur entscheidendenKlippe wird immer wie<strong>der</strong> <strong>die</strong> Rückkehr <strong>in</strong> den Alltag zu Hause. Hier gibt es noch ke<strong>in</strong>esystematischen Sicherungsstrategien, daß <strong>die</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fremde entwickelten Kompetenzen auchnachfolgend erhalten bleiben doppelter paradigmatischer Umbruch:1. Verlagerung <strong>der</strong> Zielgruppe von den normalen, mehr noch: manches Mal auch privilegierten(Salem) Jugendlichen zu den randständigen, stigmatisierten2. neue Zielsetzungen: EP weniger als humanistisches Bildungskonzept, son<strong>der</strong>n alssozialtherapeutische Maßnahme zur Integration von ausgegrenzten Jugendlichen2. Lebenswelt- und Subjektorientierung <strong>in</strong> <strong>der</strong> PädagogikEntscheiden<strong>der</strong> Perspektiv- und Wertewechsel seit den 80er JahrenAbkehr von normativen Erziehungs- und Bildungsideen stärkere K<strong>in</strong>dzentrierungKennzeichen normativer Pädagogik: von außen def<strong>in</strong>ieren, was für Heranwachsende gut sei Neuerung: "K<strong>in</strong><strong>der</strong>, Jugendliche da abholen, wo sie stehen"Grundsatz:Pädagogische Konzepte sollten nicht mehr übergestülpt werden, son<strong>der</strong>n sich darum bemühen,an <strong>der</strong> Lebenswelt <strong>der</strong> AdressatInnen direkt anzuküpfen, ihre Themen, Verhaltensweisen,Phantasien, Lüste und Leidenschaften als "logische" Ausdrucksweisen ihres spezifischen Alltagsaufzugreifen.Dazu gehörte auch <strong>die</strong> Idee, möglichst großzügig Raum zu selbsttätiger Aneignung, praktischerSelbsterprobung und Gestaltung zur Verfügung zu stellen, dabei <strong>die</strong> pädagogischen6


Reglementierungen ger<strong>in</strong>g zu halten und stattdessen auf <strong>die</strong> Selbststeuerungsmechanismen undEntwicklungsimpulse des spezifischen Sett<strong>in</strong>gs zu setzen - womit wir wie<strong>der</strong> beiBerührungspunkten zur Reformpädagogik wären:Das Erlebnismedium erzieht aus sich heraus, weniger <strong>der</strong> Erzieher.Im Zuge dessen rückten erlebnispädagogische Me<strong>die</strong>n <strong>in</strong> den Blick für Jugendliche hochattraktiv, knüpfen an ihren Bedürfnisse nach Ausbruch, Erlebnis,Bewegung, Action, Abenteuer und Bewährung an (H<strong>in</strong>weis: Dom<strong>in</strong>anz des Jungenblicks).Im Zuge <strong>die</strong>ser Neuorientierung entfaltete sich e<strong>in</strong> breit gefächertes Spektrum vonerlebnisorientierten Angeboten (ke<strong>in</strong> Anspruch auf Vollständigkeit!)• Abenteuer- und Aktivspielplätze• <strong>die</strong> „bespielbare Stadt“ Erlebnis- und Bewegungsräume <strong>in</strong> <strong>der</strong> Stadt• sportpädagogische Reformkonzepten für Schule und Vere<strong>in</strong> (Stichwort:erfahrungsoffenes Bewegungslernen)• erlebnispädagogische Me<strong>die</strong>n, ganzheitliche Lernkonzepte und Projektlernen <strong>in</strong> <strong>die</strong>Schule• erlebnispädagogische Klassenfahrten• <strong>der</strong> „spielzeugfreie K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten“• Waldk<strong>in</strong><strong>der</strong>garten• Umwelt- und Naturpädagogik• Trendsportarten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendarbeit• Kulturpädagogik <strong>in</strong> Schule und Jugendarbeit (Bewegungstheater, Zirkus, Tanz)• New Games, Initiativ- und Problemlösungsspiele• City-Bound7

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