Dokumentation: 12. März 2005 - Mit MigrantInnen für MigrantInnen ...
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<strong>Dokumentation</strong>: <strong>12.</strong> <strong>März</strong> <strong>2005</strong><br />
Referat Soziales-<br />
Interkulturelle Koordination
1. Ein Wort zuvor<br />
2. Programmablauf<br />
3. Eröffnung<br />
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
3.1. Grußwort des Oberbürgermeisters der Stadt Gelsenkirchen, Frank Baranowski<br />
3.2. Eröffnung der Veranstaltung durch den Integrationsbeauftragten des Landes NRW,<br />
Dr.Klaus Lefringhausen<br />
3.3. Grußwort des türkischen Generalkonsul, Alphan Şölen<br />
3.4. Grußwort des stellv. Vorsitzenden des Integrationsrates, Bayram Taşkın<br />
4. Beiträge in den Foren<br />
4.1. Forum 1: Offene Ganztagsgrundschule unter Berücksichtigung der<br />
besonderen Belange von Kindern mit Migrationshintergrund<br />
Doris Frickemeier, RAA Dortmund<br />
Merla Kaya, Gemeinschaftsgrundschule Turfstraße<br />
Marie-Luise Deutschmann, Gemeinschaftsgrundschule Am Fersenbruch<br />
4.2. Forum 2: Zwei- und Mehrsprachigkeit – Möglichkeiten der (Sprach-)<br />
Förderung in Familie, Tageseinrichtung und Schule<br />
Dr. Claudia Benholz, Universität Duisburg-Essen<br />
Sieglinde Schwede, Gemeinschaftsgrundschule Schonebecker Straße<br />
4.3. Forum 3: Eltern, Tageseinrichtung <strong>für</strong> Kinder und Schule – gleichwertige<br />
Partner in der Erziehung<br />
Kadir Dağlar, Föderation Türkischer Elternvereine in NRW e.V<br />
Betül Deriner, Gemeinschaftsgrundschule Schonebecker Straße<br />
Gülsun Altuntaş, Elternsprecherin der zugewanderten Eltern in der Gesamtschule<br />
Buer <strong>Mit</strong>te<br />
4.4. Forum 4: Übergang Schule-Beruf<br />
Ursula Kreft, Berufliches Qualifizierungs-Netzwerk Emscher-Lippe<br />
4.5. .Forum 5: Was brauchen Kinder <strong>für</strong> eine gesunde Entwicklung?<br />
Nuran Kafali, Dipl.-Sozialpädagogin,Kinder und Jugendlichenpsychotherapeutin i.A<br />
5. Ergebnisse aus den Foren<br />
6. Markt der Möglichkeiten<br />
7. Stimmen der Eltern<br />
Anlagen:<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
Presseartikel<br />
2
1. Ein Wort zuvor…<br />
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Es waren türkische Frauen aus dem Stadtteil Hassel, die mit der Bitte an uns herantraten einen<br />
Elternkongress in Gelsenkirchen durchzuführen. Sie waren Teilnehmerinnen des ersten auf Landesebene<br />
organisierten Elternkongresses im Februar 2004 in Essen. Diese Frauen fühlten sich mit ihren Ängsten und<br />
Sorgen erstmalig von der Politik wahr- und ernst genommen und haben die Möglichkeit genutzt, mit<br />
Fachleuten und Wissenschaftler/innen darüber ins Gespräch zu kommen, haben aber auch ihr großes<br />
Interesse bekundet, sich mit all ihren Erfahrungen an der Debatte um die Zukunft ihrer Kinder zu beteiligen.<br />
Die Mütter wissen und haben es selbst erlebt, dass sich ihr eigenes Engagement in Sachen Bildung und<br />
Erziehung positiv auf die schulischen Leistungen ihrer Kinder auswirkt.<br />
Ich danke den Frauen <strong>für</strong> die Idee und den Eltern, die im Vorfeld die <strong>für</strong> Gelsenkirchen typischen Fragen und<br />
Problemfelder herausgearbeitet haben und damit die Themen der fünf Foren bestimmten.<br />
Ein Dank an dieser Stelle auch den Referent/innen, Moderator/innen, Fachfrauen und Fachmännern aus der<br />
Praxis, die vorhandene positive Handlungsansätze aufzeigten, mit den Eltern über Bildungs- und<br />
Erziehungsfragen diskutierten und Anregungen zur Nachahmung gaben.<br />
In allen Foren wurde <strong>für</strong> eine aktive Begleitung und Unterstützung geworben und die Eltern als<br />
gleichberechtigte Partnerinnen und Partner aufgefordert, die Chancen und Angebote zum Erwerb der<br />
deutschen Sprache und der Förderung der Muttersprache ebenso wie die vielfältigen Förderangebote des<br />
offenen Ganztags und eine gut vorbereitete Berufswahl als Grundlage <strong>für</strong> einen erfolgreichen Start in das<br />
Berufsleben zu nutzen.<br />
Im offenen, großzügigen und hellen Raum der Glasarkade des Wissenschaftsparks haben viele Institutionen<br />
mit einem Markt der Möglichkeiten über Praxisprojekte im Bereich der Elternarbeit und über Bildungswege in<br />
Gelsenkirchen informiert und Expertinnen und Experten von Erziehungsberatungs- und Frühförderstellen<br />
kompetent beraten. Auch diesen Akteurinnen sei an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich Dank<br />
ausgesprochen.<br />
Nicht zuletzt sei an dieser Stelle dem Integrationsbeauftragten des Landes, Herrn Dr. Klaus Lefringhausen,<br />
gedankt, der mit seiner landesweiten Initiative diese Form der Beteiligung von Eltern ins Leben rief und uns<br />
bei der Vorbereitung und Durchführung behilflich war. Wir bedanken uns ebenfalls bei den Kolleginnen und<br />
Kollegen vom Referat Kinder, Jugend und Familie sowie dem Gelsenkirchener Migrantenverein (GEMI) <strong>für</strong><br />
die aktive <strong>Mit</strong>gestaltung des Kongresses.<br />
Nicht nur der Wissenschaftspark mit seinem einzigartigen Ambiente und die o.g. Akteure haben zum<br />
Gelingen dieses Elternkongresses beigetragen, sondern es waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
selbst, die ihre Sorge um die Zukunft der Kinder und Jugendlichen zum Ausdruck brachten, aber auch ihre<br />
berechtigten Wünsche und Forderungen formulierten.<br />
<strong>Mit</strong> diesem Kongress haben wir eine weitere Chance genutzt und Impulse gesetzt, das Thema der<br />
Beteiligung von Eltern und Elterninitiativen mit Migrationshintergrund in unserer Stadt öffentlich zu machen<br />
und positiv zu diskutieren.<br />
Wir sind auf einem richtigen Weg und es bleibt noch viel zu tun.<br />
Gabriele Ihde<br />
Leiterin der RAA<br />
3
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
2. Programmablauf<br />
Elternkongress <strong>12.</strong> <strong>März</strong> <strong>2005</strong> „Zukunft gemeinsam gestalten“<br />
Gesamtmoderation der Regionalveranstaltung: Birand Bingül, Journalist<br />
9.30 h Stehcafe<br />
10.00 h - Begrüßung durch den Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen, Frank Baranowski<br />
- Eröffnung der Veranstaltung durch den Integrationsbeauftragten des Landes NRW, Dr. Klaus<br />
Lefringhausen<br />
- Grußwort des türkischen Generalkonsuls, Herrn Alphan Şölen<br />
- Vorsitzender des Integrationsrates, Ali-Riza Akyol<br />
- Musikbeitrag<br />
10.45 h – <strong>12.</strong>30 h Arbeit in den Foren<br />
Forum 1 Offene Ganztagsgrundschule unter Berücksichtigung der besonderen Belange von<br />
Kindern mit Migrationshintergrund<br />
Moderation: Rifki Midik, GS Berger Feld<br />
Referentin: Doris Frickemeier, RAA Dortmund<br />
Praxisbeispiele: Marie-Luise Deutschmann, GGS Am Fersenbruch<br />
Meral Kaya, GGS Turfstraße<br />
Forum 2 Zwei- und Mehrsprachigkeit - Möglichkeiten der (Sprach-)Förderung in Familie,<br />
Tageseinrichtung und Schule<br />
Moderation: Christiane Bainski, RAA-Hauptstelle<br />
Referentin: Dr. Claudia Benholz, Universität Duisburg-Essen<br />
Praxisbeispiele: Svetlana Weimer, Elternvertreterin<br />
Aysel Daşdemir, Tageseinrichtung <strong>für</strong> Kinder Skagerrakstraße<br />
Sieglinde Schwede, GGS Schonnebecker Straße<br />
Forum 3 Eltern, Tageseinrichtung <strong>für</strong> Kinder und Schule – gleichwertige Partner in der Erziehung,<br />
Moderation: Brigitte Becker, GS Berger Feld<br />
Referent: Kadir Dağlar, Föderation Türkischer Elternvereine NRW e.V.<br />
Praxisbeispiele: Betül Deriner, GGS Schonnebecker Straße<br />
Angelika Mrowka, Tageseinrichtung <strong>für</strong> Kinder Julius-Frisch-Straße<br />
Gülser Altuntaş Elternvertreterin Gesamtschule Buer-<strong>Mit</strong>te<br />
Forum 4 Übergang Schule-Beruf<br />
Moderation: Mustafa Cetinkaya, DTF<br />
Referentin: Ursula Kreft, BQN Emscher-Lippe<br />
Praxisbeispiele: Erhan Baz, Mr. Chicken<br />
Liselotte Schäfers, Agentur <strong>für</strong> Arbeit<br />
Forum 5 Was brauchen Kinder <strong>für</strong> eine gesunde Entwicklung?<br />
Moderation: Dr. Wilfried Reckert, Fachbereich Gesundheit und Verbraucherschutz<br />
Referentin: Nuran Kafalı, Dipl.Soz.Päd., Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeutin i.A.<br />
Praxisbeispiele: Tohit Yildiz, Logopäde<br />
Heidi Knittig, Lebenshilfe e.V. -Frühförderung<br />
<strong>12.</strong>30 h <strong>Mit</strong>tagspause<br />
13.30 h Kulturbeitrag<br />
13.45 h Vorstellung der Ergebnisse aus den Foren<br />
14.30 h Perspektiven und Ausblick- Diskussion mit Experten und Elternvertretern<br />
14.50 h Kulturbeitrag<br />
15.00 h Ende der Veranstaltung<br />
4
3. Grußworte<br />
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
3.1. Grußwort des Oberbürgermeisters der Stadt<br />
Gelsenkirchen, Frank Baranowski<br />
Sehr geehrter Herr Generalkonsul,<br />
sehr geehrter Herr Dr. Lefringhausen,<br />
sehr geehrter Herr Akyol,<br />
sehr geehrter Herr Dağlar,<br />
meine sehr geehrten Damen und Herren,<br />
es ist üblich, dass der Redner sein Publikum mit den<br />
Worten begrüßt: ‚Ich freue mich, dass Sie so<br />
zahlreich erschienen sind.’ Normalerweise meide ich<br />
diesen Satz, aber heute sage ich ihn aus vollem<br />
Herzen. Ich freue mich, weil ich daran erkenne, wie<br />
wichtig Ihnen Ihre Kinder sind, wie wichtig Ihnen<br />
gerade auch ihre Zukunft und ihre künftigen<br />
Berufschancen sind.<br />
Ihre Kinder haben großes Glück: Sie können von<br />
klein auf zwei Sprachen lernen. Wer als Jugendlicher<br />
oder gar als Erwachsener versucht hat, sich eine<br />
Sprache anzueignen, der kann diese Kinder nur<br />
beneiden. Denn sie lernen spielerisch, wo<strong>für</strong> Ältere<br />
viel Zeit und<br />
viel Energie<br />
opfern<br />
müssen.<br />
Aber ich<br />
weiß auch:<br />
Es ist keine<br />
Kleinigkeit<br />
<strong>für</strong> die<br />
Eltern, ihre<br />
Kinder mit<br />
beiden Sprachen vertraut zu machen. Sie brauchen<br />
eine Menge Wissen darüber, wie die Kinder am<br />
besten lernen können. Sie brauchen Wissen<br />
darüber, wie Kindergarten und Schule ihren Kindern<br />
helfen können. Sie brauchen außerdem Wissen<br />
darüber, welche Schulformen und welche Kurse es<br />
gibt, damit das Kind bestmöglich gefördert wird.<br />
Kinder zu erziehen ist heute schwieriger als früher,<br />
scheint es manchmal. Es gibt mehr<br />
Wahlmöglichkeiten. Infolgedessen müssen Eltern<br />
auch mehr Entscheidungen treffen. Ich habe den<br />
Eindruck, viele Eltern empfinden das als Belastung.<br />
Schließlich besteht bei jeder Wahl auch die Gefahr,<br />
eine falsche Entscheidung zu treffen. Das beginnt<br />
heute schon bei der Ernährung: Vieles, das Kinder<br />
gern essen – Pommes, Chips, Süßigkeiten – tut<br />
ihnen nicht gut. Welches Essen schmeckt und ist<br />
trotzdem gesund? Und es geht weiter mit dem<br />
Fernsehen: Wie viel Fernsehen ist gut <strong>für</strong> das Kind?<br />
Welche Sendungen fördern seine Intelligenz, welche<br />
machen ihm Angst? Welche Schule fördert das Kind<br />
am besten? Das sind Fragen, die viele Eltern sich<br />
stellen und auf die sie nicht immer eine richtige<br />
Antwort bekommen.<br />
Es ist nicht einfach, sich einen Überblick zu<br />
verschaffen über die vielfältigen Möglichkeiten. Ich<br />
bin froh darüber, dass sich auf diesem Kongress<br />
viele wichtige Institutionen vorstellen, die Ihnen zur<br />
Seite stehen wollen. Ihnen als Eltern gibt das die<br />
Chance, sich selbst ein Bild zu machen von den<br />
Angeboten und diejenigen auszuwählen, die Ihnen<br />
und Ihrem Kind die Unterstützung geben können, die<br />
Sie brauchen.<br />
Ich freue mich besonders, dass so viele Mütter und<br />
Väter schon im Vorfeld daran mitgearbeitet haben,<br />
diesen Kongress mit Inhalt und Leben zu füllen. Das<br />
stimmt mich optimistisch. Denn es zeugt einerseits<br />
von Ihrem Engagement <strong>für</strong> die Zukunft Ihrer Kinder.<br />
Es zeugt aber auch davon, dass Sie selbst aktiv sind<br />
und sagen, wo der Schuh drückt, welche<br />
Unterstützung Sie als Eltern brauchen. Das<br />
wiederum hilft auch uns, das hilft auch den<br />
Erzieherinnen, den Lehrerinnen und Lehrern.<br />
<strong>Mit</strong> ihrem Engagement können Sie viel bewegen. Sie<br />
werden heute von anderen Eltern erfahren, welche<br />
Aufgaben sie an den Schulen als Elternvertreter<br />
wahrnehmen und was sie dadurch schon erreicht<br />
haben. Und Sie werden hören, wie diese<br />
Elternvertreter Hand in Hand mit den Lehrerinnen<br />
und Lehrern arbeiten, damit die Kinder besser lernen<br />
und sich an der Schule wohl fühlen. Ich würde mich<br />
freuen, wenn diese Berichte Ihnen Mut machen<br />
würden, selbst ein solches Amt anzunehmen.<br />
Ich danke den Schulen, Vereinen und Initiativen, die<br />
heute ihre Arbeit vorstellen. Ich danke ganz<br />
besonders den Eltern, die sich schon jetzt<br />
ehrenamtlich engagieren und die heute allen<br />
Teilnehmern zeigen werden, dass die <strong>Mit</strong>arbeit in<br />
den Kindergärten und Schulen sich lohnt. Aktive<br />
Eltern sind gute Eltern, und gute Eltern geben ihren<br />
Kindern gute Startchancen <strong>für</strong> das ganze Leben.<br />
Eines ist sicher: Ihre Kinder, meine Damen und<br />
Herren, haben großes Glück, denn sie haben Eltern,<br />
die sich <strong>für</strong> ihre Zukunft engagieren.<br />
3.2. Eröffnung der Veranstaltung durch den<br />
Integrationsbeauftragten des Landes NRW, Dr.<br />
Klaus Lefringhausen<br />
Einige Begebenheiten können die besondere Lage<br />
der Migranteneltern veranschaulichen:<br />
I. Begebenheit:<br />
5
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Es war neulich im Zug: Ein kleiner Junge stieg mit<br />
seiner Mutter ein, nahm vergnügt am Fenster Platz,<br />
doch als der Zug abfuhr, rief er entsetzt: „Mama,<br />
Mama, der Bahnhof fährt weg!“<br />
Das erinnert an Orientierungskrisen vieler Migranten<br />
zu Beginn des langen Integrationsprozesses: Kein<br />
Bezugspunkt ist mehr stabil, alles bewegt sich und<br />
dreht sich von einem weg, selbst der Bahnhof, der<br />
<strong>für</strong> stabil gehalten wurde, bewegt sich und fährt weg.<br />
II. Begebenheit:<br />
Ein junger Türke lernte zuhause stets, stolz darauf<br />
zu sein, dass er ein Türke ist. Doch eines Tages<br />
lernt er in der Schule, dass die deutsche Geschichte<br />
eine Katastrophengeschichte sei. Er fragt die<br />
Lehrerin, ob er sich in ein Katastrophenland wirklich<br />
integrieren solle. Und der wird plötzlich klar, dass<br />
interkulturelle Achtsamkeit nicht nur bedenkt, wie<br />
etwas gemeint ist, sondern auch, wie etwas wirkt.<br />
Deshalb begann sie, Unterrichtsinhalte auf das<br />
Vorverständnis ihrer international<br />
zusammengesetzten Klasse abzustimmen.<br />
III. Begebenheit:<br />
In der Schule lernten die Kinder, dass<br />
weltanschaulic<br />
her Pluralismus<br />
wesentlich zur<br />
Humanisierung<br />
der<br />
Gesellschaft<br />
beiträgt.<br />
In der<br />
Moscheegemei<br />
nde oder im<br />
Gottesdienst<br />
baptistischer Aussiedler lernten sie, dass<br />
Pluralismus Religionsverrat sei. In der Familie<br />
lernten sie, dass pluralistische Gesellschaften in eine<br />
Werteanarchie geraten, der den<br />
Familienzusammenhalt gefährdet. So wurde der<br />
Konflikt der Erziehungsziele auf dem Rücken der<br />
Kinder ausgetragen und gegeneinander erzogen.<br />
IV. Begebenheit:<br />
Angst sprach aus den Augen der Mutter, als sie<br />
fragte, warum sie von der Politik mit ihrer schweren<br />
Erziehungsverantwortung allein gelassen würde,<br />
denn die Politik habe keine Botschaft <strong>für</strong> die<br />
jugendlichen Migranten, die das Gefühl haben,<br />
politisch nur als Problemfälle der Kriminalstatistik<br />
wahrgenommen zu werden.<br />
Der Integrationsfrust der 3. und 4. Generation werde<br />
gefährlich, denn sie fühlen sich als Deutsche und<br />
sind dennoch ausgegrenzt. "Sprecht sie an, nehmt<br />
sie politisch wahr, entwickelt mit ihnen Zukunft, haltet<br />
sie nicht am Rande der Gesellschaft aus, sondern<br />
gebt ihnen einen Platz in der <strong>Mit</strong>te, sonst entgleiten<br />
sie uns," sagte die Mutter. "Jugend braucht einen<br />
Event, um sich angesprochen zu fühlen. Könnt Ihr<br />
nicht einen Jugendkongress mit jugendlichen<br />
Migranten und nicht einfach <strong>für</strong> sie durchführen?"<br />
Dann begründete die Mutter, warum ihre<br />
Erziehungsverantwortung im Umfeld fremder Kultur<br />
eine besondere sei, denn alles sei anders als<br />
gewohnt: der Mediengebrauch, das<br />
Konsumverhalten, die Drogengefährdung, die<br />
Gesundheitserziehung, das Aufwachsen in zwei<br />
Sprachwelten, das Vereinswesen, Wege der<br />
Schulkarriere, die neue Rollenverteilung in der<br />
Familie, die den Kern des Familienverständnisses<br />
berühren, die schulischen und beruflichen Chancen,<br />
die zeitliche Strukturierung des Familienalltags,<br />
Erlaubtes und Unerlaubtes im Freizeitverhalten, die<br />
Berufsbildungs- und Ausbildungsinformationen, der<br />
Konflikt der Erziehungsstile von Elternhaus,<br />
öffentlicher Schule, Medien und<br />
Moscheegemeinden, die Wirkung von Strafen in<br />
einer fremden Erziehungskultur, die Beteiligung der<br />
organisierten Elternschaft am Prozess<br />
demokratischer Willensbildung. Das alles lässt<br />
normale Generationenkonflikte eskalieren.<br />
V. Begebenheit<br />
Die Geschichte einer Wende<br />
Entschlossen, gute Beziehungen zu den deutschen<br />
Nachbarn aufzubauen, bezog die Migrantenfamilie<br />
ihre neue Wohnung. Die Frau backte einen Kuchen,<br />
weil ja bald die Nachbarn kommen werden, um sie<br />
zu begrüßen. Auch die deutsche Nachbarin bereitete<br />
einen Kuchen vor, weil sich die „Neuen“ sicher bald<br />
vorstellen. Beide bleiben mit ihrem Kuchen allein.<br />
Von nun an interessierte sich jeder mehr <strong>für</strong><br />
vermeintliche Defizite der Nachbarn als <strong>für</strong> ihre<br />
positiven Seiten.<br />
Da<strong>für</strong> bot sich bald noch mehr Gelegenheit, denn es<br />
stellte sich heraus, dass die Neuen nicht begriffen,<br />
was Mülltrennung ist und was sie <strong>für</strong> deutsche<br />
Gemüter bedeutet.<br />
Sie ahnten auch nicht, wann, wie und bei welcher<br />
Windrichtung man grillen darf, dass aufgehängte<br />
Wäsche unbedingt zu klammern ist und an welchen<br />
Feiertagen sich der Anblick von Wäsche nicht<br />
gehört. Die Entfremdung nahm also zu und längst<br />
hatten sich Schweigezonen zur Pflege von<br />
Vorbehalten gebildet - trotz gutem Willen.<br />
Als der Vater im Sozialamt vorsprach, blickte er<br />
dabei stets auf den Boden oder auf die Tischplatte,<br />
nicht aber dem Beamten ins Gesicht, weil man ja<br />
Höhergestellten nicht ins Gesicht sieht. Doch der<br />
Beamte schloss daraus, dass sein Gegenüber nicht<br />
die Wahrheit sagt.<br />
Bei einem Besuch in Köln fragte der jüngste Sohn:<br />
„Papa, warum haben die die Kirche so nah an den<br />
Supermarkt gebaut?“ Der Vater erschrak: War es<br />
auch in seiner Familie schon so weit, dass der<br />
Supermarkt das Eigentliche war und die Kirche nur<br />
hinzugekommen und leider so nahe, dass sie störte?<br />
6
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Welches Wertechaos drang auf seine Kinder ein?<br />
Mehr und mehr be<strong>für</strong>chteten die Eltern, ihre Kinder<br />
an die säkularisierte Gesellschaft zu verlieren und<br />
einer Werteanarchie auszuliefern, die die eigene<br />
Familie im Kern zerstört.<br />
In ihrer Verzweiflung hören sie auf die Imame, die<br />
empfehlen, durch eine bessere religiöse Fundierung<br />
die Erziehung zu unterstützen und die platzende<br />
Familie zu kitten. Folglich tragen Frau und Töchter<br />
Kopftücher. Diese führen zu Verfremdungen im<br />
Wohnumfeld, am Arbeitsplatz und in der Schule.<br />
Verbittert machen sie sich <strong>für</strong><br />
Integrationsmaßnahmen unerreichbar und ziehen<br />
sich in ihre ethnische Nische und Glaubensfamilie<br />
zurück. Aus dieser Enge bricht einer der Söhne aus,<br />
weil er Fundamentalismus <strong>für</strong> eine Entschädigung<br />
<strong>für</strong> Fortschrittslosigkeit hält. Er schloss sich einer<br />
Gruppe Gleichgesinnter an, merkte aber zu spät,<br />
dass es sich um eine Clique handelte, die keine<br />
Abweichler duldete. Als die Gruppe sich aus<br />
belanglosem Grund mit einer Polizeistreife<br />
verhakelte, gab diese so undeutliche Signale, dass<br />
die Clique glaubte, die Polizei habe Angst. Das<br />
machte sie übermütig-aggressiv.<br />
Am nächsten Morgen lasen es Eltern und Nachbarn<br />
in der Zeitung. Nun begannen Blicke, Worte zu<br />
ersetzen. Es waren abweisende, verletzende,<br />
herablassende Blicke, nicht bejahende,<br />
anerkennende und Beziehung aufnehmende.<br />
Weil die Medien mit negativer Genüsslichkeit<br />
reagieren, nimmt die Familie die 14 jährige Tochter<br />
trotz Schulpflicht aus der Schule, um nicht auch die<br />
noch zu verlieren.<br />
Das Kind wird polizeilich der Schule zugeführt und<br />
die Medien berichten über den volkswirtschaftlichen<br />
Luxus, bildungsunwillige Integrationsverweigerer<br />
überhaupt zuwandern zu lassen.<br />
Einem Sozialarbeiter, der sich einschalten will, wird<br />
hinter der vorgehaltenen Hand die Naivität<br />
vorgeworfen, 'nicht zu wissen, mit wem er tanzt'.<br />
Als die Tochter zur Geburtstagsfeier einer<br />
Klassenkameradin eingeladen war, verbot es der<br />
Vater, weil sich die Eltern noch nicht zuvor kennen<br />
gelernt hatten. Das aber wurde als<br />
Integrationsverweigerung gedeutet.<br />
Ohnehin litt er unter dem Vorwurf der Kinder, sie in<br />
ein Land ohne Arbeit, ohne Freunde und ohne<br />
Perspektiven geholt zu haben.<br />
Eines Tages erreichte der Vater den Bahnhof zu<br />
spät und rief hinter dem abfahrenden Zug her: „Du<br />
Rassist.“ Er wusste, dass das komisch war, doch er<br />
musste das ausrufen, denn zu oft hatte er erlebt,<br />
nicht akzeptiert und Opfer zu sein.<br />
War nicht der abgefahrene Zug auch ein Symbol <strong>für</strong><br />
eine fremde Ordnung mit maschinenhafter<br />
Korrektheit, die den Unangepassten gnadenlos<br />
bestraft? In einer solchen Ordnung läuft alles nach<br />
Plan. Die Akten müssen vollständig und die<br />
Formulare korrekt ausgefüllt und termingerecht<br />
abgegeben sein, als ob Akten wichtiger wären als<br />
Menschen. Genau das hatte er im Labyrinth der<br />
Behörden erlebt. Ist diese technische Siegerkultur<br />
noch lernfähig im Bereich mitmenschlicher Fragen?<br />
So wurden seine Integrationsprobleme größer statt<br />
kleiner. Doch eines Tages las er in der Zeitung, dass<br />
sich Zugewanderte an der Lösung gemeinsamer<br />
Zukunftsaufgaben beteiligen sollten.<br />
Sie sollten sich organisieren, um die<br />
Zukunftsfähigkeit ihrer Stadtteile zu verbessern, um<br />
sich gegenseitig bei Existenzgründungen zu helfen,<br />
um Integrationslotsen <strong>für</strong> gefährdete Jugendliche zu<br />
werden, um <strong>für</strong> sie Ausbildungspartner zu suchen,<br />
um Kooperationsbeziehungen zur Stadt aufzubauen<br />
und um gemeinsame Werkstätten zu errichten.<br />
Sie sollten kleine Elterngruppen bilden, die zu sich<br />
zu einer Tasse Kaffee einladen, um mit ihnen über<br />
die Spannung zwischen den Erziehungsstilen von<br />
Elternhäusern, religiösen Gemeinschaften und<br />
öffentlichen Schulen zu sprechen. Das ist sprachlich<br />
und fachlich im größeren Kreis einfacher, als wenn<br />
man alleine in die Schule gerufen wird.<br />
Sie sollten ferner kleine Redaktionsgruppen bilden,<br />
die sich mit Leserbriefen gegen eine verzerrende<br />
Darstellung wehren. Und dann der Aufruf an der<br />
Lösung großer Aufgaben seiner neuen Heimat<br />
mitzuwirken. Ihm begegnete die Gesellschaft nicht<br />
mehr defensiv, denn sie bekam als<br />
Verantwortungsgemeinschaft ein durchaus<br />
einladendes Gesicht. Er konnte ihr mit erhobenem<br />
Haupt und ohne Rückgradverbiegung begegnen. Er<br />
wurde anders und auch die <strong>Mit</strong>menschen wurden<br />
anders, weil sie auf seine Wende reagierten. Sein<br />
neues Zutrauen zum Leben steckte auch seine<br />
Familie an. Von nun an trug er stets diesen Aufruf in<br />
seiner Brieftasche bei sich.<br />
7
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
3.3. Grußwort des türkischen Generalkonsul,<br />
Alphan Şölen<br />
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,<br />
sehr geehrter Herr Lefringhausen,<br />
sehr geehrter Herr Akyol,<br />
sehr verehrte Eltern, sehr verehrte Gäste<br />
die Bemühungen um eine Integration der türkischen<br />
Kinder und Jugendlichen und ihren zukünftigen<br />
Erfolg sind ein gemeinsames Anliegen der<br />
deutschen und türkischen Behörden. Aus diesem<br />
Grund fand am<br />
<strong>12.</strong> Juli 2004 in<br />
Düsseldorf<br />
zwischen den<br />
Ministern <strong>für</strong><br />
Soziales,<br />
Schule und<br />
Arbeit der<br />
Landesregieru<br />
ng und den<br />
vier türkischen<br />
Generalkonsuln in Nordrhein Westfalen ein<br />
gemeinsames Spitzengespräch statt.<br />
Am Ende dieses Gesprächs wurde im Hinblick auf<br />
die Integration noch einmal zusammenfassend auf<br />
die große Bedeutung der Erziehung, auf die Rolle<br />
der Familie und hier insbesondere der Mütter und<br />
deren Aufklärung hingewiesen und dazu aufgerufen,<br />
dass die Eltern im Vorschulbereich in die<br />
Kursangebote einbezogen werden sollen.<br />
Ich freue mich sehr, an diesem heutigen Kongress<br />
teilzunehmen, der von den Integrationsbehörden der<br />
Landesregierung und der Stadt Gelsenkirchen<br />
organisiert wurde, um dieses gemeinsame Ziel in die<br />
Praxis umzusetzen.<br />
Ich hoffe, dass die Eltern bedacht handeln und bei<br />
der Erziehung ihrer Kinder von den<br />
Bildungsangeboten der deutschen Behörden<br />
Gebrauch machen werden, um den <strong>für</strong> den Erfolg<br />
ihrer Kinder größtmöglichen Nutzen daraus zu<br />
ziehen.<br />
Ich versichere Ihnen, dass auch die türkischen<br />
Behörden und unser Generalkonsulat die<br />
Bemühungen der Landesregierung und der Stadt<br />
Gelsenkirchen nach Kräften unterstützen werden.<br />
Ich möchte Ihnen nun alles Gute und einen<br />
erfolgreichen Verlauf dieses Kongresses wünschen.<br />
3.4. Grußwort des stellv. Vorsitzenden des<br />
Integrationsrates, Bayram Taşkın<br />
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,<br />
Herr Dr. Lefringhausen,<br />
Herr Generalkonsul Şölen,<br />
Liebe <strong>Mit</strong>arbeiterinnen und <strong>Mit</strong>arbeiter der RAA,<br />
und meine Sehr geehrten Damen und Herren,<br />
zuerst möchte ich mich <strong>für</strong> den eigentlich<br />
angekündigten Integrationsratsvorsitzenden Ali- Rıza<br />
Akyol entschuldigen, dass er wegen einem<br />
dringenden Geschäftstermin heute nicht hier sein<br />
kann.<br />
Als zweiter Vorsitzender des gerade neu gewählten<br />
Integrationsrates begrüße ich sie recht herzlich und<br />
freue mich sehr, mit ihnen zusammen an dem<br />
heutigen Elternkongress teilzunehmen.<br />
Das Motto der heutigen Veranstaltung: Die Zukunft<br />
gemeinsam gestalten, gewinnt immer mehr an<br />
Bedeutung. Es gibt zahlreiche gute Projekte in<br />
Gelsenkirchen, die sich um eine enge<br />
Zusammenarbeit, insbesondere mit den<br />
zugewanderten Eltern, bemühen. Dieses Bemühen<br />
ist sehr wichtig und kann nur durch den Austausch<br />
von Wünschen, Fragen und Anregungen,<br />
insbesondere mit den Migranteneltern zum Erfolg<br />
führen.<br />
So bietet diese Veranstaltung <strong>für</strong> uns alle eine gute<br />
Möglichkeit gemeinsam ins Gespräch zu kommen<br />
und die Zukunft gemeinsam zu gestalten.<br />
Ich wünsche nun Ihnen allen einen angenehmen<br />
Verlauf des Tages und gute Ergebnisse bei den<br />
gemeinsamen Überlegungen und Diskussionen und<br />
bedanke mich <strong>für</strong>s Zuhören.<br />
8
4. Beiträge in den Foren<br />
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
4.1. Forum 1: Offene Ganztagsgrundschule unter<br />
Berücksichtigung der besonderen Belange von<br />
Kindern mit Migrationshintergrund<br />
Doris Frickemeier, RAA Dortmund<br />
Politische Erwartungen an den Ganztag<br />
• familienpolitisch<br />
• frauenpolitisch<br />
• sozialpolitisch<br />
• gesellschaftspolitisch<br />
• bildungspolitisch<br />
Was kennzeichnet Offene Ganztagsschulen?<br />
Was sind die Belange von Kindern?<br />
Was sind die besonderen Belange von Kindern mit<br />
Migrationshintergrund?<br />
Was kennzeichnet Offene Ganztagsschulen?<br />
• verlässlich<br />
• freiwillig<br />
• additiv<br />
verlässlich<br />
• Öffnungszeiten von 7.30 – 16.00 Uhr<br />
• Geöffnet auch an schulfreien Tagen<br />
• Angebote auch in Schulferien<br />
• <strong>Mit</strong>tagsangebot <strong>für</strong> alle Kinder<br />
freiwillig<br />
• Die Schule entscheidet in Abstimmung mit<br />
dem Schulträger über die Einrichtung des<br />
OG<br />
• Eltern entscheiden über die Teilnahme ihres<br />
Kindes, zahlen Beitrag<br />
additiv<br />
• Der OG trägt noch kaum zur Rhythmisierung<br />
des Schultages bei.<br />
• Die Verzahnung von Unterricht und Ganztag<br />
entwickelt sich erst allmählich.<br />
Was sind die Belange von Kindern?<br />
• Kinder wollen die Welt entdecken<br />
• Kinder wollen stark werden<br />
• Kinder wollen kooperieren<br />
Was sind die besonderen Belange von Kindern mit<br />
Migrationshintergrund?<br />
Kinder wollen die Welt entdecken<br />
• Sprachen lernen<br />
• Natur und Technik erkunden<br />
• Musik, Kunst, Theater kennen lernen<br />
• Fähigkeiten erwerben (z. B. Beherrschen<br />
des Computers)<br />
Kinder wollen stark werden<br />
• durch Spiel und Erproben ihrer Fähigkeiten<br />
• durch Bewegung und Sport<br />
• durch selbstbestimmte Wahl ihrer<br />
Tätigkeiten<br />
Kinder wollen kooperieren<br />
• Dazu müssen sie ihre Herkunftskultur<br />
verstehen und die Kultur ihrer<br />
außerfamilialen Lebenswelt.<br />
Wie kann der OG den besonderen Bedürfnissen von<br />
Migrantenkindern gerecht werden?<br />
• Der OG kann Sprachförderung leisten.<br />
• Im OG kann Begegnung von Kulturen<br />
stattfinden – multikulturelles Lernen<br />
• Im OG findet Interaktion mit Kindern und mit<br />
Erwachsenen statt<br />
Qualitätskriterien des OG<br />
• Elternpartizipation<br />
• Nachbarschaftsschule<br />
• Kooperation mit verschiedenen Partnern<br />
• Orientierung an Bildungsansprüchen<br />
Meral Kaya, GGS Turfstraße<br />
Offene Ganztagsgrundschule an der<br />
Grundschule am Schloss Horst<br />
Z. Z. 63 Kinder insgesamt, davon 22 Kinder mit<br />
Migrationshintergrund<br />
(davon 2 mit italienischer, 1 mit polnischer, 19<br />
mittürkischer Nationalität)<br />
Die Kinder werden in 3 festen Gruppen betreut:<br />
Rote Gruppe: 24 Kinder aus 4 ersten Klassen,<br />
insgesamt 24 Kinder<br />
Gelbe Gruppe: 12 Kinder aus 4 zweiten Klassen, 11<br />
Kinder aus 2 dritten Klassen, insgesamt 23 Kinder<br />
Grüne Gruppe: 5 Kinder aus 2 dritten Klassen, 10<br />
Kinder aus, 3 vierten Klassen, 1 Kind aus der<br />
Sonderschule, insgesamt 16 Kinder<br />
9
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Die Eltern von Migrantenkindern sind fast<br />
ausschließlich nicht berufstätig. Sie melden ihre<br />
Kinder zum Ganztag an, weil sie sich<br />
• Hilfe bei den Hausaufgaben erhoffen, da sie<br />
selbst nicht helfen können,<br />
• bessere Leistungen <strong>für</strong> ihr Kind erhoffen,<br />
zusätzliche Förderung: bessere<br />
Zukunftsaussichten Übergang in<br />
weiterführende Schulen,<br />
• Spielmöglichkeiten <strong>für</strong> ihr Kind,<br />
• dass sich die Sprachfähigkeit verbessert.<br />
Aus Sicht der Schule hat sich bei bestimmten<br />
Kindern mit Migrationshintergrund seit sie den<br />
Ganztag besuchen folgendes verbessert:<br />
• das Sozialverhalten<br />
• besonders bei Jungen, denen wenig<br />
Grenzen zu Hause gesetzt wurden, die<br />
Mütter sich nicht durchsetzen konnten,<br />
aufgrund des kulturellen Hintergrundes<br />
• die schulischen Leistungen (teilweise),<br />
aufgrund der regelmäßigen<br />
Hausaufgabenerledigung und –betreuung<br />
• deutsche Sprachkenntnisse, da sie längere<br />
Zeit mit deutschen Kindern am Tag<br />
zusammen sind und so einfach mehr<br />
deutsch sprechen<br />
Folgendes müsste verbessert werden:<br />
Aufgrund des engen Zeitplanes nach dem Unterricht:<br />
Essen – Hausaufgaben – Bewegungsangebote (2 x<br />
wöchentlich pro Gruppe), die Kinder müssen auch<br />
freie Zeit zum Spielen haben, sind weitere<br />
Fördermaßnahmen kaum möglich.<br />
Hausaufgaben:<br />
1. / 2. Klassen: 13.30 – ca. 14.00 Uhr<br />
3. / 4. Klassen: 14.00 – ca. 15.00 Uhr je eine<br />
Lehrerin / eine Betreuerin<br />
Viele türkische Eltern holen ihre Kinder aus der<br />
ersten und zweiten Klasse schon um 14.00 Uhr ab,<br />
von daher ist eine gezielte Förderung nicht möglich,<br />
weil die Zeit zu knapp ist.<br />
Die Eltern müssten ihre Kinder bis 16.00 Uhr im<br />
Ganztag lassen. Auch in den Ferien müssten sie die<br />
Ferienbetreuung <strong>für</strong> ihre Kinder in Anspruch<br />
nehmen, da könnten entsprechende<br />
Fördermaßnahmen vielleicht angeboten werden.<br />
Das Personal müsste hinsichtlich einer gezielten<br />
Sprachförderung fortgebildet werden bzw.<br />
Fachpersonal eingesetzt werden.<br />
Die Schule müsste Lehrerstunden <strong>für</strong> den Ganztag<br />
zur Verfügung gestellt bekommen, um eine gezielte<br />
Förderung während der Hausaufgabenzeit und<br />
zusätzlich machen zu können.<br />
Marie-Luise Deutschmann, GGS Am Fersenbruch<br />
• Offene Ganztagsgrundschule seit einem<br />
Jahr<br />
• Zum jetzigen Zeitpunkt positiver Rückblick<br />
auf Planung und Entwicklung möglich<br />
• Grund <strong>für</strong> Einstieg: viele Kinder aus<br />
bildungsfernen Familien<br />
• Schulkonferenz sah zunächst keine<br />
Notwendigkeit; aber: Akzeptanz<br />
• 85 von 280 Erziehungsberechtigten haben<br />
Bedarf angemeldet / 35 von 55<br />
angemeldeten Kinder mit<br />
Migrationshintergrund<br />
• gute räumliche Ausstattung<br />
• Partner: AWO Gelsenkirchen<br />
• Problem: Bezahlung fachkompetenter Kräfte<br />
• Prinzip: Verlässlichkeit über<br />
Bezugspersonen (festes Team)<br />
• Förderpotential im OG aus Lehrerstellen und<br />
Integrationsstelle<br />
• 13.00 – 15.00 Uhr: Hausaufgabenbetreuung<br />
und Fördermaßnahmen<br />
• nach 15.00 Uhr: freiwillige Angebotsauswahl<br />
(Sport, Kunst etc.)<br />
• sehr positive Entwicklung im harmonischen<br />
<strong>Mit</strong>einander der Kinder (Rücksichtnahme)<br />
• starker Zuwachs der Selbstständigkeit der<br />
OG-Kinder<br />
• Teilnahme am <strong>Mit</strong>tagstisch (2,50 €)<br />
verpflichtend<br />
• 10 Abmeldungen von Migrantenkindern <strong>für</strong><br />
Schuljahr 05/06<br />
Grund: Eltern können <strong>Mit</strong>tagstisch nicht<br />
bezahlen (etwa 50,00 €/Monat)<br />
4.2. Forum 2: Zwei- und Mehrsprachigkeit –<br />
Möglichkeiten der (Sprach-) Förderung in<br />
Familie, Tageseinrichtung und Schule<br />
Dr. Claudia Benholz, Universität Duisburg-Essen<br />
Sprachförderung als gemeinsame Aufgabe aller<br />
am Erziehungsprozess Beteiligten:<br />
• Eltern und Familie<br />
• Kindergarten und Kindertagesstätte<br />
• Schule und Hort<br />
- Grundschule<br />
- Schulformen der Sekundarstufe I<br />
- Schulformen der Sekundarstufe II<br />
- Berufliche Bildung<br />
- Universität<br />
- Jugend- und Freizeiteinrichtungen<br />
10
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Wie können Eltern die Sprachkompetenzen ihrer<br />
mehrsprachigen Kinder fördern?<br />
1. Mehrsprachigkeit ist eine wertvolle Fähigkeit, die<br />
gepflegt werden sollte.<br />
2. Sprechen Sie mit Ihrem Kind vor allem die<br />
Sprache(n), die Sie am besten beherrschen, damit<br />
Sie dem Kind ein gutes sprachliches Vorbild sind.<br />
3. Sprachmischungen sind bei mehrsprachigen<br />
Sprechern normal. Sie sollten Ihrem Kind bei<br />
fehlendem Wortschatz helfen. Geschwister sollten<br />
die Sprachen, in denen sie untereinander sprechen,<br />
frei wählen und zwischen den Sprachen wechseln<br />
dürfen.<br />
4. Die gute Kenntnis der Muttersprache bildet eine<br />
wichtige Grundlage zum Erlernen der Zweitsprache<br />
Deutsch. Sorgen Sie <strong>für</strong> vielfältige muttersprachliche<br />
Sprachkontakte auch außerhalb der Familie und<br />
folgen Sie dabei den spontanen Interessen Ihres<br />
Kindes. Regen Sie Ihr Kind dazu an, in der<br />
Muttersprache zu lesen und geeignete Medien zu<br />
nutzen.<br />
5. Der Muttersprachliche Unterricht ist eine wichtige<br />
Stütze <strong>für</strong> das Sprachlernen Ihres Kindes. Er fördert<br />
die Muttersprache und legt damit ein Fundament <strong>für</strong><br />
alles weitere sprachliche Lernen. Auch der<br />
Deutscherwerb wird hierdurch nicht behindert,<br />
sondern gefördert.<br />
6. Deutschkenntnisse sind sehr wichtig <strong>für</strong> Ihr Kind.<br />
Ob es in der Schule erfolgreich ist und später einen<br />
guten Beruf erlernen oder studieren kann, hängt<br />
stark von den Kenntnissen in der deutschen Sprache<br />
ab.<br />
7. Sorgen Sie da<strong>für</strong>, dass Ihr Kind auch außerhalb<br />
der Schule Kontakt zu Sprechern des Deutschen<br />
hat. Es sollte Deutsch mit Gleichaltrigen und<br />
Erwachsenen sprechen, z. B. im Rahmen von<br />
Sportvereinen, Kinderclubs, Musikunterricht.<br />
8. Für die Schule benötigt das Kind mehr als<br />
umgangssprachliche Fähigkeiten im Deutschen.<br />
Sorgen Sie da<strong>für</strong>, dass Ihr Kind Bücher auf Deutsch<br />
zur Verfügung hat, <strong>für</strong> die es sich interessiert.<br />
Besuchen Sie mit Ihrem Kind gemeinsam die<br />
Stadtteilbibliothek. Dort gibt es z.B. Bücher zu allen<br />
Sportarten, Kinderkrimis, Tierbücher, Comics und<br />
Tonkassetten. Regen Sie Ihr Kind dazu an, auch<br />
anspruchsvolle Fernsehsendungen auf Deutsch zu<br />
sehen.<br />
9. Der Erwerb einer Sprache wird auch durch die<br />
positive Einstellung zu dieser Sprache gefördert.<br />
Zeigen Sie Ihrem Kind daher, dass Sie beide<br />
Sprachen <strong>für</strong> wichtig halten. Dies können Sie auch<br />
dadurch tun, dass Sie versuchen, ihre Kenntnisse<br />
der deutschen Sprache zu erweitern und indem Sie<br />
z.B. selbst Bücher in Ihrer Muttersprache lesen.<br />
10. Wenn Sie unsicher sind, ob Ihr Kind genügend<br />
Deutsch lernt, sprechen Sie mit dem Lehrer Ihres<br />
Kindes darüber und suchen Sie nach Möglichkeiten<br />
der zusätzlichen Sprachförderung. Sprechen Sie<br />
täglich mit Ihrem Kind über die Schule und fragen<br />
Sie nicht nur nach den Noten.<br />
Fördermöglichkeiten im Rahmen der<br />
Hausaufgabenbetreuung im Hort<br />
• Kontakte zu den Lehrerinnen und Lehrern in der<br />
Schule<br />
• Gemeinsame Korrektur und Besprechen der<br />
Hausaufgaben<br />
• Übungsschwerpunkte besprechen<br />
• Vorbereiten von Klassenarbeiten<br />
• Hausaufgaben in allen Fächern zum Deutsch<br />
lernen nutzen<br />
• Einführung in die Nutzung von Hilfsmitteln<br />
• Nachschlagen lernen und üben<br />
• persönliche Nachschlagewerke verfassen<br />
• ältere Schüler zum Erklären „ausbilden“<br />
• zu lesende Texte besprechen, Fragen stellen<br />
• mit den Kindern gemeinsam „lernbare“<br />
Vereinfachungen von Texten erstellen<br />
• zusätzliche attraktive Schreibanlässe geben<br />
(Tagebuch, Wochenplan, Heft zu Hobbys,<br />
Fernsehsendungen, Musikgruppen, ...)<br />
Fördermöglichkeiten im Rahmen der<br />
Freizeitangebote im Hort<br />
• Szenisches Spiel<br />
• Sprachspiele<br />
• Arbeit mit Büchern:<br />
Bücherecke mehrsprachig,<br />
in der Muttersprache gelesene Inhalte auf<br />
Deutsch erzählen lassen, Geschichten als<br />
Theaterstücke schreiben und aufführen,<br />
Bilderbücher versprachlichen, ...<br />
• Lieder<br />
• Sprachrätsel (auch pantomimisch)<br />
• Projekte:<br />
Erstellung einer Zeitung, eines Buches zu<br />
bestimmten Themen, Umfragen mit<br />
11
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Kassettenrekorder, Gestaltung von Plakaten u.<br />
Ä. (Welche Sprachen sprechen wir?)<br />
• Arbeit am Computer<br />
• Sprachlernprogramme<br />
• Aufgaben zum gezielten Fernsehen, evtl. auch<br />
Radio hören<br />
Sieglinde Schwede<br />
Möglichkeiten der (Sprach-) Förderung in der<br />
Grundschule am Beispiel der GGS<br />
Schonnebecker Straße<br />
Zurzeit 383 Schüler/innen, davon 154 mit<br />
Migrationshintergrund<br />
1. Vor der Einschulung<br />
1. Von Februar bis Juli 3 – 4mal in der Woche in<br />
der Schule von 7.45 bis 9.30 Uhr durch<br />
Erzieherinnen nach einem einheitlichen<br />
Programm<br />
2. Einbeziehung der Eltern einmal in der Woche<br />
3. 4 Wochen vor der Einschulung (Di + Do) gezielte<br />
Vorbereitung der türkischen Mütter durch die<br />
zweisprachige Lehrerin<br />
Vorschulische Förderung - Themenübersicht<br />
Meine Schule Mein Körper Meine Kleidung<br />
Meine Familie Märchen Farben und<br />
Formen<br />
Einführung in die Präpositionen Zahlen und<br />
Anlauttabelle<br />
Mengen<br />
Einführung in die Anlauttabelle<br />
Einbeziehung der Eltern - mittwochs ist „Elterntag“<br />
Eltern erleben:<br />
• das Thema des Unterrichts<br />
• den Lernzuwachs ihrer Kinder<br />
Eltern gestalten:<br />
• Lernspiele/ Materialien mit und <strong>für</strong> ihre<br />
Kinder<br />
Eltern werden angeleitet:<br />
• mit den Kindern zu spielen und zu sprechen<br />
• den Wortschatz zu erweitern<br />
Deutsch lernen mit Hocus<br />
Die erste Geschichte wird ein- bis zweimal in der<br />
Woche – etwa 18mal mit den Kindern...<br />
• erzählt, gesprochen, gespielt<br />
• gesungen und gespielt<br />
• angeschaut und gemalt<br />
2. Im ersten Schuljahr<br />
„Koala“<br />
• Koala – Koordinierte Alphabetisierung in den<br />
Sprachen Deutsch und Türkisch<br />
• Koordiniertes Sprachenlernen<br />
Zielsetzung des Projekts:<br />
• Alphabetisierung von zweisprachigen<br />
Kindern in zwei Sprachen durch eine<br />
systematische Methode<br />
• Verzahnung der Lerninhalte des<br />
Regelunterrichts mit dem<br />
Muttersprachenunterricht<br />
• Nutzung der Sprachenvielfalt und -<br />
kompetenz der Kinder <strong>für</strong> interkulturelles<br />
Lernen<br />
• Sensibilisierung <strong>für</strong> Mehrsprachigkeit<br />
Prinzipien der Koala-Stunden:<br />
� (Interkulturelles) Thema/ Projekt in<br />
Deutsch und Türkisch<br />
� Fortsetzung im Regelunterricht<br />
� Fortsetzung im MSU<br />
� Gleiche Materialien/ Methoden<br />
Deutsch als Zweitsprache (DaZ):<br />
• 4-5 Stunden pro Woche<br />
• in Kleingruppen (bis 15 Schüler/innen)<br />
• durch eine Förderlehrerin<br />
Unterrichtsmerkmale<br />
• (Jahreszeitliche) Themen parallel zu den<br />
Themen des ersten Schuljahres<br />
• Einstieg durch ein Bilderbuch<br />
• Wortschatzerweiterung<br />
12
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
• Grammatische Progression<br />
• Lieder, Verse, Reime<br />
• Bastelangebote zur Förderung der<br />
Feinmotorik<br />
Hocus und Lotus - Frühes Fremdsprachenlernen<br />
(als BmS-Konzept der Schule zur Erprobung)<br />
� Die Koala-Klassen erlernen die Formate in<br />
Türkisch.<br />
� Die Parallelklassen führen sie in Französisch<br />
bzw. Italienisch durch<br />
Einzelförderung in Deutsch (auf den Lese- und<br />
Schreiblernprozess bezogen) in den Bereichen:<br />
• Lautdiskriminierung<br />
• Auditive und visuelle Wahrnehmung<br />
• Technik des Schreibens und Lesens<br />
• Übungen zur Förderung der Feinmotorik<br />
Muttersprachenunterricht<br />
• 3 Stunden wöchentlich<br />
• Inhalte (möglichst) parallel zum Unterricht in<br />
der Regelklasse<br />
• (Zur Erprobung) Aufsatzerziehung parallel<br />
• hohe Akzeptanz bei den Eltern<br />
• Einbeziehung der Eltern (Mütter) in die<br />
Arbeit<br />
Erfolgsaussichten:<br />
Schule<br />
• Anerkennung<br />
der<br />
Mehrsprachigke<br />
it<br />
• Planvolle<br />
Förderung<br />
• Geschultes<br />
Personal<br />
• Einbeziehung<br />
der Eltern als<br />
Experten<br />
Elternhaus<br />
• Beschäftigung mit<br />
dem Kind/<br />
Förderung<br />
• Übernahme von<br />
Verantwortung<br />
und Pflichten<br />
• Vertrauensvolle<br />
Zusammenarbeit<br />
mit der Schule<br />
4.3. Forum 3: Eltern, Tageseinrichtung <strong>für</strong> Kinder<br />
und Schule – gleichwertige Partner in der<br />
Erziehung<br />
Kadir Daglar<br />
Föderation Türkischer Elternvereine in NRW e.V.<br />
Als Türkische Eltern-Föderation nehmen wir eine<br />
Brückenfunktion zwischen Elternhaus, Schule und<br />
Institutionen ein. Bei der Lebenslage von Kindern<br />
und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sollen<br />
drei Dimensionen berücksichtigt werden:<br />
Als erstes zu nennen wäre die Herkunft, die das Kind<br />
bzw. der Jugendliche als“ Vergangenheit“ in die<br />
schulische Ausbildung mitbringt. Bekannterweise<br />
besteht diese Vergangenheit aus unterschiedlichen<br />
Sozialisationen, ihrer eigenen Kultur usw. Im Hier<br />
und Heute, also der „Gegenwart“, ist die inländische<br />
Schulbildung immer noch eine schwer zu nehmende<br />
Hürde. In der Gesellschaft besteht nach wie vor nur<br />
wenig Akzeptanz bezüglich einer wahren Integration,<br />
wobei dies auch innerhalb der Migranten teilweise<br />
auf Widerstand stößt. Und auch <strong>für</strong> die Zukunft<br />
werde ich in meinem Vortrag gemeinsam mit Ihnen<br />
einige Ziele und Forderungen formulieren und<br />
Aufgaben <strong>für</strong> die Zukunft erläutern.<br />
Deutschland hat sich bisher um eine Antwort auf die<br />
Frage, wie es mit seinen stark gewachsenen und<br />
weiterhin wachsenden ethnischen Minderheiten<br />
umgehen will, gedrückt. Die Diskussion um ein<br />
durchdachtes Konzept zur Migration und zur<br />
Integration der Migrantinnen und Migranten kommt<br />
nur langsam in Gang. Da der Begriff „multikulturelle<br />
Gesellschaft“ schnell zu einem wert- und<br />
emotionsgeladenen Reizwort stilisiert wurde, sollte<br />
besser von der Schaffung eines „ethnischen<br />
Mosaiks“ gesprochen werden. Die Entwicklung einer<br />
„Philosophie des ethnischen Mosaiks“ lässt sich zu<br />
vier Grundprinzipien zusammenfassen:<br />
1. Alle Menschen und Gruppen haben das Recht<br />
auf Erhaltung und Pflege ihrer kulturellen<br />
Besonderheiten.<br />
2. Die verschiedenen ethno-kulturellen Gruppen<br />
sind gleichwertig und üben gegenseitige<br />
Toleranz aus. Allerdings soll die Identifikation mit<br />
der Gesamtgesellschaft vor der Identifikation mit<br />
der Herkunftsgruppe stehen. Selbstverständlich<br />
ist eine Doppelidentität erlaubt.<br />
3. <strong>Mit</strong> dem Recht auf kulturelle Differenz sollte das<br />
Recht auf gleiche Chancen bei der Teilhabe an<br />
der bundesdeutschen Gesellschaft verbunden<br />
sein.<br />
Das bedeutet, die Herausforderung besteht<br />
darin, zwei Ziele gleichzeitig zu erreichen.<br />
Kulturelle Verschiedenheit zu erhalten und<br />
ethnisch bedingte soziale Ungleichheit<br />
abzubauen.<br />
4. Die ethno-kulturelle Verschiedenheit wird<br />
prinzipiell positiv eingeschätzt, weil sie vorteilhaft<br />
13
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
und produktiv <strong>für</strong> die Gesellschaft ist. Ethnokulturelle<br />
Vielfalt ist Kraftquelle und<br />
Bereicherung.<br />
Die Metapher „ethnisches Mosaik“ fängt die Idee ein,<br />
dass von jeder ethno-kulturellen Gruppe ihre<br />
spezifischen Farben oder Formen, wie die Steinchen<br />
bzw. Teile eines Mosaiks, erhalten bleiben. Alle<br />
Gruppen zusammen formieren sich dann mit ihren<br />
Besonderheiten zu einem bunten und vielgestaltigen<br />
Gesamtbild. Der öffentliche Diskurs über Migration<br />
und Integration bedarf einer grundlegenden<br />
Akzentverschiebung hin zu einem eindeutigen und<br />
klaren „Ja“ zur Einwanderung ohne<br />
Assimilationsdruck. Die heutige Situation in NRW ist<br />
entscheidend besser als in den sechziger und<br />
siebziger Jahren. Also doch nicht jammern? Keine<br />
Klagen erheben? Auch dies wäre zu einfach!<br />
Es ist bereits sehr viel angestoßen, teilweise sogar in<br />
die Realität umgesetzt, aber dennoch fehlen noch<br />
die Unumkehrbarkeit der Gesamtkonzeption, eine<br />
Nachhaltigkeit ist immer noch nicht zu erkennen.<br />
Denn nur wenn in allen Teilen des Landes<br />
Einrichtungen, Institutionen, Elternvereine usw. zum<br />
Standardangebot jeder Kommune gehören, können<br />
die Unterschiede in der Sozialisation von Kindern<br />
und Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />
behoben werden.<br />
In vielen Migrantenfamilien wird die „Familie“ als ein<br />
hohes Gut angesehen. Durch ein stärkeres<br />
Familienverständnis ist auch ein stärkeres Kümmern<br />
um die Erziehung und Ausbildung der Jugend<br />
gegeben. Selten werden Kinder sich selbst<br />
überlassen. Viele Eltern wollen <strong>für</strong> ihre Kinder das,<br />
was ihnen nicht möglich war: Eine gute Ausbildung,<br />
Anerkennung und bessere Integration.<br />
Wenn man die Familie als Fundament ansieht,<br />
stellen wir sehr schnell fest, dass ohne<br />
funktionierende Familie keine solide Zukunft<br />
gewährleistet ist. Viele Familien sind auf Grund ihrer<br />
Migrationsgeschichte und der damit verknüpften<br />
spezifischen Ressourcenausstattung häufig nicht in<br />
der Lage, die schulische Entwicklung ihres<br />
Nachwuchses genauso effektiv zu unterstützen wie<br />
deutsche Eltern. Die schulische und berufliche<br />
Ausbildung von Kindern und Jugendlichen stellt eine<br />
zentrale Ressource <strong>für</strong> deren zukünftige Chancen<br />
auf dem Arbeitsmarkt dar.<br />
Über Bildungsabschlüsse werden entscheidende<br />
biografische Weichen <strong>für</strong> das Leben gestellt. Diese<br />
herausragende Bedeutung von Bildung gewinnt mit<br />
Blick auf die besondere Situation von<br />
Migrantennachwuchs noch zusätzlich an Gewicht.<br />
Für sie spielt der Erwerb schulsicher und beruflicher<br />
Qualifikationen eine Schlüsselrolle im sozialen<br />
Integrationsprozess. Dennoch sind Migrantenkinder<br />
in mehrfacher Hinsicht nachteiligen<br />
Ausgangssituationen unterworfen.<br />
Auffällig sind bei den Migranten vor allem die hohen<br />
Anteile von Schulabgängern, die das<br />
Bildungssystem ohne jeglichen Abschluss verlassen.<br />
Nimmt man zu dieser Gruppe diejenigen hinzu, die<br />
zwar einen Hauptschulabschluss erreichen, danach<br />
jedoch keine berufliche Ausbildung abschließen, so<br />
ergeben sich insbesondere <strong>für</strong> türkische Migranten<br />
erschreckend hohe Prozentanteile.<br />
Neben den ethnischen Unterschieden am ersten und<br />
zweiten Bildungsübergang existieren auch<br />
Hemmnisse und Barrieren <strong>für</strong> Jugendliche mit<br />
Migrationshintergrund beim Wechsel in die berufliche<br />
Ausbildung.<br />
Diese hängen nicht nur mit den Schulabschlüssen<br />
zusammen. Denn Jugendliche mit ausländischem<br />
Pass bleiben 2 -3 Mal so häufig ohne abgeschlossen<br />
Berufsausbildung wie Deutsche. Hier ist leider die<br />
fehlende Bereitschaft der Betriebe zu nennen,<br />
Jugendliche mit Migrationshintergrund auszubilden.<br />
Verstärkt wird dieses Hemmnis dadurch, dass das<br />
gesamte Ausbildungsplatzangebot in den letzten<br />
Jahren eher rückläufig ist. Dies erhöht die<br />
Konkurrenz der gesamten Jugendlichen um die<br />
wenigen Ausbildungsplätze. Diesen Wettbewerb<br />
können Migranten zurzeit nicht gewinnen.<br />
Hieraus leiten sich nun Forderungen ab, die ich<br />
Ihnen im Einzelnen vorstelle:<br />
Forderungen an die Elternschaft:<br />
1. Wir benötigen starke und engagierte Eltern, die<br />
in allen Lebensphasen <strong>für</strong> ihren Nachwuchs<br />
aktiv mitwirken.<br />
2. Die Eltern sollten ihren Nachwuchs zweisprachig<br />
erziehen.<br />
3. Ein intensiver Austausch mit deutschen<br />
Nachbarn sollte gepflegt werden.<br />
Forderungen an die Schulen:<br />
1. Ein intensiverer Informationsaustausch zwischen<br />
der Lehrer- und Elternschaft.<br />
2. Bessere Einstellung auf die zunehmende<br />
Heterogenität im Klassenraum.<br />
3. Muttersprachlichen Unterricht als Bereicherung<br />
und Anerkennung der kulturellen Vielfalt<br />
akzeptieren.<br />
Forderungen an die Migrantenselbstorganisationen:<br />
1. Zusammenarbeit mit den Schulen um schulische<br />
Defizite zu beheben.<br />
2. Kontinuierlichen Dialog zwischen Eltern und<br />
Schule ermöglichen.<br />
3. Bindeglied zu kommunalen und<br />
Landeseinrichtungen aller Art.<br />
Forderungen an die Politik:<br />
1. Rahmenbedingungen schaffen, in denen Bi-<br />
Kulturalität und Bi-Lingualität nicht mehr als<br />
Risikofaktor sondern als persönliche und<br />
gesellschaftliche Ressourcen betrachtet werden.<br />
2. Nachhaltige Frühförderung – sowohl sprachlich<br />
als auch inhaltlich – bereits vor dem<br />
Kindergarten ermöglichen.<br />
14
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
3. Interkulturelle Kenntnisse und Kompetenz<br />
bereits in die Ausbildung aller erzieherischen<br />
Berufe integrieren.<br />
Betül Deriner, Praxisbeispiel<br />
Elternarbeit mit türkischen Eltern an der<br />
Gemeinschaftsgrundschule Schonnebecker<br />
Straße<br />
Gesamtkonzept der Grundschule an der<br />
Schonnebecker Straße zur Sprachförderung<br />
interkulturelle<br />
Arbeit<br />
Koala<br />
(Deutsch/Türki<br />
sch)<br />
pädagogische<br />
Vereinbarunge<br />
n<br />
(Rituale)<br />
frühes<br />
Fremdsprache<br />
nlernen<br />
(Hocus- Lotus)<br />
Elternarbeit Ausbildung der<br />
Mütter<br />
(Müttergruppe,<br />
Deutschkurs)<br />
Regelunterri<br />
cht<br />
Teamarbeit<br />
BmS DaZ/FU<br />
MSU /<br />
Türkisch<br />
Einschulungs<br />
hilfe<br />
Die Eltern sind heute anders.<br />
Es sind hauptsächlich drei Typen von Eltern.<br />
1. Die Frau kommt aus der Türkei.<br />
2. Beide sind in Deutschland geboren.<br />
3. Der Mann kommt aus der Türkei.<br />
Die Sprache zu Hause ist Türkisch. Sie empfangen<br />
türkische Sender.<br />
In dem Fall ist der Bedarf da, Dialoge zu öffnen,<br />
gegenseitiges Vertrauen aufzubauen, ihnen Wege<br />
zu zeigen, wie sie als Eltern ihre Verantwortung und<br />
Aufgaben bei der Erziehung übernehmen können.<br />
Türkische Müttergruppe in der Grundschule<br />
Schonnebecker Straße: wöchentlich 1 ½ Stunden im<br />
Vormittagsbereich<br />
• in dem Klassenraum, wo ihre Kinder MSU<br />
Türkisch unterrichtet werden<br />
• <strong>für</strong> alle türkischen Mütter der Schule<br />
• Informationen über Erziehung und Schule<br />
• Kombination von Konversation und<br />
voneinander erfahren<br />
• Wege und Methoden, wie sie<br />
Sprachkenntnisse ihrer Kinder bessern<br />
können<br />
• Tipps und Ratschläge, z.B. wie sie mit ihren<br />
Kindern spielen können, wie sie ihren<br />
Kindern bei den Hausaufgaben helfen<br />
können, wie sie ihre Kinder zur<br />
Selbständigkeit erziehen können, wie sie mit<br />
ihren Kindern Sprache üben können,<br />
aktuelle Informationen<br />
Die wichtigsten Ziele dieses Projekts sind:<br />
• Unterstützung der schulischen Arbeit durch<br />
Mütter<br />
• Abbau von Hemmschwellen; Vermittlung<br />
positiver Erfahrungen mit der Schule bei den<br />
Müttern<br />
• Einbeziehung der Mütter in den Schulalltag<br />
durch wöchentliche Treffen<br />
• Vermittlung von Vertrautheit und Sicherheit<br />
in der Schule, Abbau von Ängsten und<br />
Unsicherheiten<br />
• Kontaktpflege zwischen den Müttern<br />
Dadurch entstehen sehr viele Vorteile <strong>für</strong> die Schule.<br />
Zunächst einmal ist die Gruppe rein türkisch, um den<br />
Müttern in dieser Gruppe Zeit zu geben, um sich zu<br />
entfalten und die Entwicklung des<br />
Selbstbewusstseins zu ermöglichen. Einführung der<br />
gemischten Gruppen wäre der zweite Schritt.<br />
Aus der ‘Türkische Müttergruppe’ sind noch weitere<br />
Aktivitäten entstanden:<br />
Themengebiete der Müttergruppe:<br />
Schule:<br />
• Einschulung<br />
• Kindergartenplatz<br />
• Erziehung im Kindergarten / während der<br />
Kindergartenzeit (im Elternhaus)<br />
• Spracherziehung<br />
Elternhaus<br />
im Kindergarten / im<br />
• Gründe <strong>für</strong> Defizite in der Sprachkenntnis der<br />
Kinder (negative und positive Einflüsse)<br />
• Gründe <strong>für</strong> mangelnde Deutschkenntnisse<br />
• Zugangsweisen zur besseren<br />
•<br />
Kommunikation mit Kindern<br />
Hausaufgabenunterstützung zu Hause<br />
• organisatorische Fragen<br />
• Persönlichkeitsstärkung der Kinder durch<br />
Zuwendung/ Zuhören/ Toleranz<br />
• Fernsehkonsum / Bedeutung der Nachtruhe<br />
<strong>für</strong> Kinder<br />
• Rituale im Alltag der Familie und in der<br />
Schule<br />
• optimale Wohnverhältnisse<br />
• <strong>Mit</strong>wirkungsmöglichkeiten der Eltern in der<br />
Schule und im KG<br />
• Schulformen/ Schulabschlüsse<br />
• Methodenvielfalt bei den Übungsdiktaten<br />
• Methoden zur Aufsatzerziehung<br />
• Wege zur Wortschatzerweiterung<br />
• Freizeitaktivitäten/ -angebote <strong>für</strong> Kinder<br />
• Kontakt zu den Klassenlehrern<br />
• Verkehrsregeln<br />
• Taschengeld<br />
Allgemeine Themengebiete:<br />
• sich kennen lernen/ sich näher kommen/<br />
Bereitschaft entwickeln, sich zu öffnen/ sich<br />
mitzuteilen/ Verständnis entwickeln <strong>für</strong><br />
anders Denkende<br />
15
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
• Gesundheit und/ oder frauenspezifische<br />
Gesundheitsfragen<br />
• Arztbesuche<br />
• Kleinkinderpflege<br />
• psychische Probleme<br />
• Selbstbehauptung/ Selbstwertgefühl<br />
• Rolle der Frau<br />
• Ehe- / Partnerbeziehung<br />
• Familienkonflikte<br />
• Heirat unter Verwandten<br />
• Erziehung in Deutschland und Unterschiede<br />
zum Erziehungsverhalten in der Türkei<br />
• Ernährungsfragen/ Konsumverhalten<br />
• Umweltschutz<br />
• Aufenthaltsrecht/deutsche<br />
Staatsbürgerschaft<br />
• Umgang mit Behörden<br />
• Frauenschwimmen/ Frauenturnen<br />
• Heimaterlebnisse (Vergleich)<br />
• Gebräuche, Traditionen, Mentalität<br />
(Vergleich)<br />
• Feste / gemeinsam feiern<br />
• Spiele/ Bastelarbeit<br />
• Umgang mit Gewalt/ Konfliktlösung/ Schul-<br />
und Pausenordnung<br />
• Prävention. Drogensucht und Sucht<br />
allgemein/Spielsucht bei Jugendlichen<br />
Zusatzveranstaltung <strong>für</strong> türkische Mütter zu den<br />
Schritten des Kontakts zur Unterstützung der<br />
Schulanfänger<br />
Einladung an die türkischen Mütter der<br />
Schulanfänger des kommenden Schuljahres vor der<br />
Einschulung, zu den Informationsveranstaltungen (3-<br />
4 Mal <strong>für</strong> jeweils 1 ½ Stunde pro Woche)<br />
Information über schulische Angelegenheiten wie<br />
z.B.:<br />
Kauf von richtigen Schulsachen, Ablauf des<br />
ersten Schultages, Ablauf der ersten Woche,<br />
Stundenplan, Förderunterricht, Hausaufgaben<br />
(regelmäßige Kontrolle), Symbole bei den<br />
Hausaufgaben, Klassenfahrten, Turnen,<br />
Anziehübungen, Erziehung zur<br />
Selbständigkeit, Spardose/Taschengeld,<br />
Schulmilch/gesundes Frühstück, rechtzeitig<br />
ins Bett gehen, sicherer Schulweg, Förderung<br />
in Spracherziehung zu Hause, Buchstaben<br />
und Bilder/ Abhörübungen, Anlauttabelle,<br />
schreiben und lesen der Buchstaben, Haltung<br />
des Stiftes, Umgang mit Schulsachen,<br />
Ordnung in der Schultasche, Briefe von der<br />
Schule, Bedeutung des Spielens, Teilnahme<br />
an Klassenpflegschaften und Elternabenden<br />
Themen des türkischen Elternabends zum Anfang<br />
des Schuljahres<br />
• Inhalt und Stunden des MSU-Türkisch/<br />
Sprechstunde<br />
• Vorstellung der Bücher/ Lehr- und<br />
Lernmittel/ freies Arbeitsmaterial<br />
• Wahl des Sprechers und seines Vertreters<br />
• Klassenfahrten/ Klassenausflüge<br />
• Information über die Schule/ Förderverein/<br />
Elternsprechtage<br />
• bewegliche Ferientage/ Schulferien/ Fahrten<br />
in die Türkei<br />
• Hausaufgaben/ Hausaufgabenhilfe<br />
• Sport- und Schwimmunterricht/Turnzeug<br />
• Sprachförderung :KOALA/ besondere<br />
Förderung/ LRS/ DaZ<br />
• Stundenplan/ Förderunterricht<br />
• Projektwochen<br />
• der sichere Schulweg<br />
• Schulmilch/ gesundes Frühstück/ 2X<br />
• Getränke in der Schule( keine Dosen )<br />
• Schultasche/ Ordnung inder Schultasche<br />
• Briefe und Zettel von der Schule<br />
• Schreiben und Lesen der Buchstaben<br />
• Abhören der Anlaute<br />
• Kinder früh ins Bett schicken<br />
• Erziehung zur Selbständigkeit<br />
• Spardose/ Sparen/ Taschengeld<br />
• Gewalt-und Konfliktlösung<br />
• weiterführende Schulen<br />
• Aufgaben der Eltern, Zusammenarbeit<br />
• Sprachförderung zu Hause<br />
• Schulregeln, Haus- und Hofordnung<br />
Ein Beispiel von vielen: Projektwoche „Lesen“<br />
Bericht und Beschreibung der Gruppe:<br />
Wir übersetzen Kinderbücher in die türkische<br />
Sprache.<br />
Leitung: Betül Deriner, Teilnehmer: zweisprachige<br />
türkische Mütter, Zeitraum: 10.11.- 14.11.2003<br />
(täglich von 8.00 -11.35)<br />
� Ermitteln von Lesetechniken<br />
� Einüben der Schritte die zur systematischen<br />
Übersetzung führen wie z.B.:<br />
� deutliches und sinnergebendes Lesen,<br />
Klärung der Begriffe, Einhaltung der<br />
Zeitform, wörtliche Rede, Interpunktion,<br />
mögliche Interpretation, Satzbau, Umgang<br />
mit dem Wörterbuch, Transfer der<br />
kulturspezifischen Themen, Umgang mit den<br />
Arbeitsaufträgen bei der Gruppenarbeit,<br />
16
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Aufgabenverteilung innerhalb der Gruppe,<br />
Lesen der Ganzschrift, Nacherzählen der<br />
Ganzschrift, Zuhören, Notizen machen<br />
� Übersetzen von Kinderbüchern<br />
An diesem Projekt haben in dieser Woche 15<br />
türkische Mütter teilgenommen.<br />
15 Kinderbücher wurden ins Türkische übersetzt<br />
mit dem Computer geschrieben und<br />
entsprechend in die Seiten geklebt. Es wurde in<br />
Gruppen gearbeitet.<br />
Einige der übersetzten Kinderbücher:<br />
Besenmann und Brillenmann, Hanspeter<br />
Schmid; Die kleine Raupe, die kein<br />
Schmetterling werden wollte, Judith Steinbacher;<br />
Mein Esel Benjamin, Hans Limmer; Du hast<br />
angefangen! Nein, du!, David McKee; Frederick;<br />
Das unfreundliche Krokodil; Benni Bär malt ein<br />
Bild, Valeri Gorbatschow; Die Dumme<br />
Augustine, Ottfried Preußler Thienemanns;<br />
Noch ein Beispiel:<br />
Ausbildungsreihe zum Thema “Lesen“ <strong>für</strong> türkische<br />
Mütter<br />
Diese Ausbildungsreihe ist eine Fortsetzung der<br />
Arbeit in der Projektwoche.<br />
Das Angebot haben die Teilnehmer sehr gern<br />
angenommen, da das Bedürfnis und das Interesse<br />
sehr groß waren. Nach der Beendigung der<br />
Ausbildungsreihe erhalten die Mütter ein<br />
„Lesemutter-Diplom“.<br />
Während dieser Ausbildung wird ab Klasse 1 diverse<br />
Übungsformen des Leseprozesses behandelt:<br />
� Übungen mit der Anlauttabelle,<br />
Lernkontrollen, Lesetests, Leseübungen<br />
mit Intonation, Lesen mit Markieren,<br />
Übungen zur richtigen Reihenfolge,<br />
Umgang mit Erzähltexten, Umgang mit<br />
Sachtexten<br />
Schlusswort:<br />
Zunehmende Tendenz ist, dass die türkischen<br />
Kinder jedes Jahr zum Teil mit geringeren<br />
Deutschkentnissen zur Schule kommen. An dieser<br />
Stelle ist systematische Aufklärung und gute<br />
Beratung notwendig.<br />
Zweifellos ist der beste Weg, sich mit den Ursachen<br />
der sprachlichen Defizite der Kinder bei der<br />
Einschulung intensiver zu beschäftigen und<br />
auseinander zu setzen. Um diese Ursachen und<br />
Defizite zu beseitigen, kann eine Eltenarbeit einen<br />
großen Beitrag leisten.<br />
Gülsun Altuntaş, Elternsprecherin der<br />
zugewanderten Eltern in der Gesamtschule Buer-<br />
<strong>Mit</strong>te.<br />
Guten Tag, ich heiße Gülsun Altuntaş.Ich bin die<br />
Elternsprecherin der zugewanderten Eltern in der<br />
Gesamtschule Buer-<strong>Mit</strong>te. Ich lebe seit 30 Jahren in<br />
Gelsenkirchen. Meine Muttersprache ist türkisch. Ich<br />
bin verheiratet und habe 2 Kinder.<br />
Die Gesamtschule Buer-<strong>Mit</strong>te wählt jedes Jahr<br />
neben den Elternvertretern in den einzelnen Klassen<br />
auch einen Mann oder eine Frau, die die Eltern<br />
vertritt, die früher mal aus einem anderen Land<br />
zugezogen sind.<br />
Es ist wichtig, dass Eltern sich <strong>für</strong> die Schule<br />
interessieren, in die sie ihre Kinder schicken.<br />
Manche Mütter oder Väter gehen nicht auf die<br />
Versammlungen in die Schule, weil sie nicht so gut<br />
deutsch sprechen und sich schämen.<br />
Manche Eltern sagen mir: „Was soll ich in der<br />
Schule? Die interessieren sich sowieso nicht <strong>für</strong><br />
meine Meinung“. Das ist falsch. Wir Eltern können<br />
nur etwas erreichen, wenn wir mit den Lehrern und<br />
der Schulleitung in Kontakt bleiben und auf<br />
Versammlungen mitreden.<br />
In der Gesamtschule Buer-<strong>Mit</strong>te sind früher fast nur<br />
Männer zu den Versammlungen gegangen. Aber wir<br />
Mütter sind den ganzen Tag mit den Kindern<br />
zusammen und kümmern uns um die Schule und die<br />
Schularbeiten. Wir wissen viel genauer über unsere<br />
Kinder Bescheid.<br />
Seit ungefähr 1998 gibt es an der Gesamtschule<br />
einmal im Monat ein Fühstückscafé <strong>für</strong> die Frauen.<br />
Viele Frauen besuchen diese Versammlung.<br />
Seitdem kommen mehr Frauen in die<br />
Klassenversammlung und seit 3 Jahren ist die<br />
Vertretung <strong>für</strong> ausländische Eltern eine Frau!<br />
Das gemeinsame Frühstück ist <strong>für</strong> die Frauen<br />
wichtig. Wir können Neuigkeiten austauschen. Wir<br />
informieren uns und machen auch Ausflüge<br />
zusammen. Es gab Frauen, die waren in<br />
Deutschland noch nie in einer Ausstellung oder im<br />
Museum. Gemeinsam macht es einfach mehr Spaß,<br />
solche Sachen auszuprobieren. Wir Frauen haben<br />
viel Spaß zusammen und sind gemeinsam stark. Wir<br />
nehmen die mit an die Hand, die sich allein erst<br />
einmal nicht trauen, weil sie sich fremd fühlen.<br />
Was wir in den letzten Jahren alles unternommen<br />
haben, können Sie hier lesen:<br />
• Wir waren in verschiedenen Ausstellungen<br />
• Wir haben Dichterlesungen und Kabaretts<br />
besucht<br />
• Wir waren in verschiedenen Restaurants<br />
• Wir haben Tagesfahrten nach Köln, Münster<br />
und Oberhausen gemacht<br />
• Eine Fahrt nach Amsterdam und zum<br />
Keukenhof<br />
Ich möchte allen Eltern sagen: Nehmen sie aktiv am<br />
allen Veranstaltungen in der Schule teil!<br />
Wir müssen zeigen, dass wir dazu gehören und<br />
bereit sind Verantwortung zu übernehmen. Wir<br />
müssen unseren Kindern ein Vorbild sein.<br />
17
4.4. Forum 4: Übergang Schule-Beruf<br />
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Ursula Kreft,<br />
Berufliches Qualifizierungs-Netzwerk Emscher-<br />
Lippe<br />
Die Abkürzung „BQN“ bedeutet: Berufliche<br />
QualifizierungsNetzwerke <strong>für</strong> junge Migrantinnen und<br />
Migranten<br />
BQN ist ein besonderer Bereich in einem Programm<br />
des Ministeriums <strong>für</strong> Bildung und Forschung. Das<br />
Programm soll Menschen unterstützen, die es auf<br />
dem Arbeitsmarkt besonders schwer haben. Es<br />
gehört also zu den Programmen gegen<br />
Arbeitslosigkeit. BQN beschäftigt sich mit den<br />
Problemen von Jugendlichen, die aus<br />
Migrantenfamilien kommen. Wir beschäftigen uns mit<br />
der schwierigen Phase des Übergangs von der<br />
Schule zum Beruf. In unserem BQN wollen wir neue<br />
Ideen entwickeln, um Jugendliche aus<br />
Migrantenfamilien besser zu unterstützen.<br />
In Deutschland gibt es 10 BQN in verschiedenen<br />
Regionen. Unser BQN arbeitet in der Region<br />
Emscher-Lippe, also in den Städten Gelsenkirchen,<br />
Bottrop und den 10 Städten des Kreises<br />
Recklinghausen.<br />
Die Situation junger Migranten und Migrantinnen<br />
(besonders in Gelsenkirchen)<br />
Im Ruhrgebiet hat jeder 10. Einwohner einen<br />
ausländischen Pass. Besonders viele Einwanderer<br />
leben in Gelsenkirchen und Duisburg.<br />
Wie sie sehen, spreche ich nicht von Migranten und<br />
Migrantinnen. Die Statistik fragt nach dem Pass,<br />
nicht danach, ob die Eltern oder die Großeltern<br />
eingewandert sind. Die vielen Eingebürgerten und<br />
die Spätaussiedler werden in der Statistik als<br />
Deutsche gezählt. Die Zahl der Migranten und<br />
Migrantinnen ist also um einiges höher.<br />
Da wir von Jugendlichen sprechen, ein paar Zahlen<br />
zum Alter der Bevölkerung im Ruhrgebiet. Es wird<br />
viel geklagt, dass die Bevölkerung insgesamt immer<br />
älter wird. Tatsächlich sind bei den Leuten mit<br />
deutschem Pass fast 40% älter als 50 Jahre. Nur<br />
etwa ein Drittel ist unter 30 Jahre. Also wenige<br />
Kinder und viele Ältere, von denen viele schon auf<br />
die Rente zugehen.<br />
Bei den Einwohnern mit ausländischem Pass sieht<br />
die Verteilung ganz anders aus. Fast die Hälfte von<br />
ihnen ist jünger als 30 Jahre. In der Region<br />
Emscher-Lippe, also auch in Gelsenkirchen, ist die<br />
ausländische Bevölkerung sogar noch jünger als im<br />
Rest des Ruhrgebiets: Fast ein Drittel ist jünger als<br />
18 Jahre. Viele der jungen Leute, die wir so dringend<br />
brauchen, damit die Region eine Zukunft hat, haben<br />
also einen ausländischen Pass. Sie haben mit da<strong>für</strong><br />
gesorgt, dass die Region weniger Einwohner<br />
verloren hat, als be<strong>für</strong>chtet wurde. Wenn es um<br />
Bildung und Ausbildung geht, sind diese Kinder und<br />
jungen Leute eine sehr wichtige Gruppe.<br />
Arbeitslosigkeit<br />
Nach diesen erfreulichen Zahlen, nun zur<br />
Arbeitslosigkeit in Gelsenkirchen.<br />
Sie wissen wahrscheinlich, dass die Zahl der<br />
Arbeitslosen mal wieder gestiegen ist. Im Februar<br />
lag die Arbeitsloesenquote bei 26,4% - mehr als ein<br />
Viertel der Gelsenkirchener, die arbeiten können und<br />
wollen, sind also arbeitslos. Damit liegen wir über<br />
den Zahlen im Ruhrgebiet und in Nordrhein-<br />
Westfalen. Gelsenkirchen hat jetzt die höchste<br />
Arbeitslosigkeit in Westdeutschland. Auch die Zahl<br />
der Stellenangebote beim Arbeitsamt ist wieder<br />
geschrumpft.<br />
Zu den Arbeitslosen gehören besonders viele<br />
Menschen mit ausländischem Pass. Mehr als die<br />
Hälfte dieser Gelsenkirchener ist jetzt arbeitslos<br />
gemeldet, also deutlich mehr als bei Deutschen.<br />
Ausbildungsmarkt<br />
Wie sieht die Situation der jungen Leute aus, die<br />
nach der Schule eine Lehrstelle suchen?<br />
Wahrscheinlich wissen Sie alle, dass es im<br />
Ruhrgebiet in den letzten Jahren immer weniger<br />
Lehrstellen gab.<br />
Im Jahr 2002 war Gelsenkirchen zwar schon<br />
schlecht dran, aber in einigen Städten in<br />
Ostdeutschland gab es noch weniger Lehrstellen.<br />
Inzwischen haben die ostdeutschen Städte<br />
aufgeholt. Der Arbeitsamtsbezirk Gelsenkirchen ist<br />
jetzt beinahe das Schlusslicht: Das Verhältnis<br />
zwischen angebotenen Lehrstellen und suchenden<br />
Jugendlichen ist jetzt das zweitschlechteste in ganz<br />
Deutschland.<br />
Die Lehrstellen-Situation <strong>für</strong> jugendliche Migranten<br />
und Migrantinnen<br />
Alle Jugendlichen, die eine Lehrstelle suchen, treffen<br />
also auf sehr ungünstige Bedingungen. Tatsächlich<br />
ist die Situation der Jugendlichen mit<br />
Migrationshintergrund aber noch erheblich<br />
schlechter als die ihrer <strong>Mit</strong>schüler. Von den<br />
angebotenen Lehrstellen stehen ihnen keineswegs<br />
alle zur Verfügung. Die Zahl der ausländischen<br />
Jugendlichen, die eine Berufsausbildung bekommen,<br />
ist in den letzten Jahren sogar gesunken. Von den<br />
Jugendlichen mit ausländischem Pass, die sich 2001<br />
18
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
beim Arbeitsamt meldeten, fand jeder dritte keinen<br />
Ausbildungsplatz. Bei den jungen Frauen türkischer<br />
Herkunft haben sogar 40% vergeblich nach einer<br />
Lehrstelle gesucht.<br />
Barrieren <strong>für</strong> Jugendliche mit Migrationshintergrund:<br />
Warum finden sie schwerer eine Lehrstelle?<br />
Dass Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />
schwerer eine berufliche Ausbildung erreichen, hat<br />
viele Gründe. Es gibt keine einfache Erklärung,<br />
sondern ein Bündel von Ursachen, die bei einzelnen<br />
Jugendlichen auch zusammenwirken. Es gibt auch<br />
nicht „die Migranten und die Migrantinnen“. Es gibt<br />
unterschiedliche Schulabschlüsse, unterschiedliche<br />
Deutschkenntnisse, unterschiedliche Fähigkeiten. Im<br />
BQN Emscher-Lippe haben wir Fachleute aus<br />
Stadtverwaltungen, Betrieben, Schulen,<br />
Beratungsstellen nach den Gründen gefragt und wir<br />
haben Studien zum Thema ausgewertet.<br />
Manche Kinder und Jugendlichen brauchen mehr<br />
Unterstützung beim Lernen der deutsche Sprache<br />
Schlechte Deutschkenntnisse wurden bei unseren<br />
Umfragen häufig als wichtigster Grund genannt. Das<br />
trifft bei einem Teil der Jugendlichen zu, aber nicht<br />
bei allen.<br />
Besonders schwer haben es Kinder aus spät<br />
eingewanderten Familien, in denen die Mutter oder<br />
der Vater wenig Deutsch sprechen. Diese Kinder<br />
und Jugendlichen brauchen eine besondere<br />
Förderung. Am besten ist es, schon im Kindergarten<br />
anzufangen und die Förderung in der Schule<br />
fortzusetzen. Sonst scheitern die Kinder spätestens<br />
in der Hauptschule, weil sie den Unterricht in<br />
Deutsch nicht verstehen. Und sie scheitern erst recht<br />
beim Übergang in den Beruf. Es gibt in mehreren<br />
Städten gute Beispiele zur Sprachförderung, aber<br />
die Förderung ist noch nicht selbstverständlich. Wir<br />
brauchen in der ganzen Region mehr und bessere<br />
Sprachförderung. Dabei sind die Eltern sehr wichtig.<br />
Studien zeigen, dass Eltern aus Migrantenfamilien<br />
viel erreichen können, wenn sie mit Kindergärten<br />
und Schulen zusammenarbeiten und auch<br />
gemeinsam Forderungen stellen.<br />
Es ist viel diskutiert worden über die PISA Studie, bei<br />
der die Kenntnisse von Kindern aus ganz Europa<br />
getestet wurden. Die Studie hat gezeigt: In<br />
Deutschland hat Bildung mit Geld zu tun – Kinder<br />
aus ärmeren Familien sind im Nachteil. Und<br />
Migrantenfamilien gehören in der Mehrzahl nicht zu<br />
den reichen. Wenn Kinder aus Migrantenfamilien die<br />
Schule nicht schaffen, dann liegt es oft daran, dass<br />
unser Schulsystem das einzelne Kind und seine<br />
Bedürfnisse nicht genug beachtet. Im BQN Emscher-<br />
Lippe gibt es ein Projekt, das sich besonders mit der<br />
Förderung von Kindern im Kindergarten beschäftigt.<br />
Die Arbeitgeber erwarten höhere Schulabschlüsse<br />
als früher<br />
Besonders Arbeitgeber sagen oft: Junge Migranten<br />
und Migrantinnen finden keine Lehrstelle, weil ihre<br />
Schulabschlüsse zu schlecht sind. Aber welcher<br />
Schulabschluss ist gut genug?<br />
Tatsächlich haben Jugendliche aus<br />
Migrantenfamilien im Durchschnitt immer noch<br />
niedrigere und schlechtere Schulabschlüsse.<br />
Doppelt so viele ausländische Jugendliche wie<br />
deutsche schaffen den Hauptschulabschluss nicht.<br />
In Gelsenkirchen macht mehr als ein Drittel der<br />
ausländischen Jugendlichen den<br />
Hauptschulabschluss. Bei der Bewerbung reicht<br />
heute aber ein Hauptschulabschluss häufig nicht<br />
mehr aus. Während die Zahl der Lehrstellen<br />
schrumpft, steigen also gleichzeitig die Erwartungen<br />
der Arbeitgeber an die Schulabschlüsse. Bewerber<br />
mit Hauptschulabschluss werden oft sofort<br />
aussortiert. Die Arbeitgeber erhalten viele<br />
Bewerbungen und sie können sich daher die<br />
Jugendlichen mit den besten Schulabschlüssen<br />
heraussuchen.<br />
Aus Sicht der Arbeitgeber haben also tatsächlich<br />
viele Jugendliche einen zu niedrigen<br />
Schulabschluss. Bei vielen Lehrstellen muss man<br />
sich aber fragen: Braucht der Betrieb tatsächlich<br />
einen Lehrling mit Fachabitur?<br />
Junge Migranten und Migrantinnen mit gutem<br />
Schulabschluss haben trotzdem weniger Chancen<br />
Im Jahr 2000 hat aber fast die Hälfte der<br />
Gelsenkirchener Schüler und Schülerinnen mit<br />
Migrationshintergrund mindestens die<br />
Fachoberschulreife oder sogar das Abitur geschafft –<br />
trotz aller Versäumnisse des Schulsystems.<br />
Viele dieser Schüler und Schülerinnen suchten aber<br />
trotz hoher Schulabschlüsse vergeblich nach einer<br />
Lehrstelle. Ausländische Realschüler bleiben viermal<br />
so häufig ohne Berufsausbildung wie deutsche<br />
Realschüler. Ausländische Hauptschüler bleiben<br />
dreimal so häufig ohne Berufsausbildung wie<br />
deutsche mit Hauptschulabschluss. Junge Migranten<br />
und Migrantinnen haben also auch mit den gleichen<br />
Abschlüssen weniger Chancen als ihre deutschen<br />
<strong>Mit</strong>schüler. Woran liegt das? Einige mögliche<br />
Gründe sind diese:<br />
Die Arbeitgeber sollten ihre Vorurteile gegenüber<br />
jugendlichen Migranten und Migrantinnen abbauen<br />
Unsere Befragung zeigt leider, dass die<br />
Bewerbungen vieler Jugendlicher mit<br />
Migrationshintergrund aus Emscher-Lippe schon in<br />
der Vorauswahl abgelehnt werden. Die Arbeitgeber<br />
versichern zwar, dass sie keinen Bewerber wegen<br />
seiner Herkunft ablehnen, aber die Herkunft spielt<br />
eben doch eine Rolle.<br />
- Manche Arbeitgeber lehnen Bewerber/innen<br />
aus Gelsenkirchen und besonders aus<br />
Stadtteilen mit hohem Migrantenanteil<br />
automatisch ab. Sie sind davon überzeugt,<br />
19
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
dass diese Jugendlichen die Ausbildung<br />
nicht schaffen können.<br />
- Dabei spielt es keine Rolle, ob jemand von<br />
einer Hauptschule, von der Gesamtschule<br />
oder vom Gymnasium kommt.<br />
- Auch gute Noten können manchen<br />
Arbeitgeber nicht überzeugen. Manche<br />
Arbeitgeber denken vielmehr, dass die<br />
Zeugnisnoten nicht korrekt sind, dass die<br />
Jugendlichen weniger können, als im<br />
Zeugnis zum Ausdruck kommt.<br />
- Manche Arbeitgeber be<strong>für</strong>chten Probleme<br />
mit Kunden oder Beschäftigten, wenn sie<br />
einen Jugendlichen mit<br />
Migrationshintergrund einstellen, bevor es<br />
überhaupt Probleme gibt.<br />
- Das gilt auch <strong>für</strong> Arbeitgeber, die eigentlich<br />
Beschäftigte mit Migrationshintergrund sehr<br />
gut einsetzen könnten – zum Beispiel, weil<br />
sie auch Kunden mit Migrationshintergrund<br />
haben.<br />
Schon bei der Vorauswahl werden also junge<br />
Migranten und Migrantinnen manchmal benachteiligt.<br />
Das setzt sich bei den Einstellungstests fort.<br />
Viele Arbeitgeber sollten ihre Einstellungstests<br />
überprüfen<br />
- Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />
scheitern häufiger in den Einstellungstests,<br />
zum Teil weil die Deutschkenntnisse nicht<br />
gut genug sind.<br />
- Auch Jugendliche, die im Alltag gut Deutsch<br />
sprechen, haben im Test oft Probleme. Der<br />
Grund ist die besondere Fachsprache, die<br />
im Test verwendet wird, zum Beispiel bei<br />
Textaufgaben in der Mathematik. Die<br />
Jugendlichen könnten die Aufgabe eigentlich<br />
lösen, aber sie kommen mit dieser<br />
Fachsprache nicht zurecht.<br />
- Einige Tests prüfen nicht die Begabung und<br />
das Interesse der Jugendlichen <strong>für</strong> die<br />
spezielle Ausbildungsstelle, sondern die<br />
Allgemeinbildung. Der Jugendliche wird zum<br />
Beispiel aufgefordert, alle deutschen<br />
Bundespräsidenten seit 1945 in der richtigen<br />
Reihenfolge zu nennen.<br />
Arbeitgeber bewerten Schulabschlüsse und<br />
schriftliche Tests sehr hoch, aber häufig können sie<br />
damit die Fähigkeiten der Jugendlichen nicht wirklich<br />
prüfen. <strong>Mit</strong> vielen Tests wird deshalb der „richtige“<br />
Lehrling gar nicht gefunden. Damit tun sich die<br />
Arbeitgeber selbst keinen Gefallen.<br />
Viele Arbeitgeber brauchen mehr Informationen über<br />
Ausbildung und Auszubildende<br />
- Viele Arbeitgeber wissen zu wenig oder<br />
nichts über die jugendlichen Migranten/innen<br />
und sie haben auch keine Gelegenheit, sie<br />
kennen zu lernen. Ein Praktikum im Betrieb<br />
ist daher <strong>für</strong> jeden Jugendlichen extrem<br />
wichtig.<br />
- Viele Arbeitgeber, besonders aus kleineren<br />
Betrieben, wissen nicht, dass sie ein<br />
Ausbildungsbetrieb sein könnten.<br />
- Viele Arbeitgeber wissen nicht genug<br />
darüber, wie eine Ausbildung abläuft und<br />
welche Unterstützung sie bekommen<br />
könnten.<br />
- Viele Arbeitgeber glauben, Ausbildung sei<br />
teuer und bringe ihnen nichts ein.<br />
Im BQN haben wir mehrere Projekte, die mit<br />
Unternehmern zusammenarbeiten. Wir beraten<br />
Unternehmer bei der Einrichtung von Lehrstellen und<br />
bei der Veränderung ihrer Einstellungstests. Wir<br />
stellen Kontakte zwischen Schulen und<br />
Unternehmen her, damit die Arbeitgeber die<br />
Fähigkeiten der Jugendlichen besser erkennen<br />
können.<br />
Viele Jugendliche bevorzugen bestimmte Berufe und<br />
beachten andere Berufe nicht<br />
Von 350 Ausbildungsberufen kommen rund 50 <strong>für</strong><br />
Jugendliche mit Hauptschulabschluss in Frage.<br />
Aber: Rund die Hälfte aller Jugendlichen mit<br />
ausländischem Pass macht eine Ausbildung in<br />
einem von nur 10 Berufen. Besonders häufig sind<br />
die Berufe Friseur/in; Arzt-/Zahnarzthelferin;<br />
Verkäufer/in; Kfz-Mechaniker.<br />
In den neuen technischen Berufen und in der<br />
öffentlichen Verwaltung gibt es dagegen nur sehr<br />
wenige Beschäftigte mit Migrationshintergrund. Dies<br />
ist zum Teil eine Folge der Konkurrenz um<br />
Lehrstellen, bei der Migranten/innen an den Rand<br />
gedrängt werden. Sie nehmen eben die Lehrstellen,<br />
die übrig bleiben. Zum Teil liegt es aber auch daran,<br />
dass die Jugendlichen andere Berufe gar nicht<br />
kennen. Verkäuferin, Arzthelferin, Kfz-Mechaniker –<br />
das sind Berufe, die man sich vorstellen kann. Jeder<br />
kennt Nachbarn oder Verwandte, die in diesen<br />
Berufen arbeiten. Die Jugendlichen lernen zu selten<br />
andere Berufe kennen. Sie brauchen Vorbilder aus<br />
anderen Berufsbereichen und bessere Informationen<br />
über andere Berufe.<br />
Viele Eltern aus Migrantenfamilien brauchen mehr<br />
Informationen über das Ausbildungssystem<br />
Wenn ein Jugendlicher die Schule verlässt und eine<br />
Lehrstelle sucht, sind die Eltern sehr wichtig. Sie<br />
sind die ersten Ratgeber, von denen die<br />
Jugendlichen Unterstützung erwarten, bei der<br />
Berufswahl und bei der Suche nach einer<br />
Ausbildung. Viele Eltern möchten ihre Kinder auf<br />
dem Weg in den Beruf auch unterstützen, sie wissen<br />
aber oft nicht, wie sie das tun können. Die Eltern<br />
brauchen mehr und bessere Informationen über die<br />
Schule, über die Ausbildung, über moderne Berufe.<br />
Manche Eltern brauchen auch zusätzliche<br />
Informationen in ihrer Muttersprache. Viele Eltern<br />
von Jugendlichen lassen sich leider nicht beraten,<br />
zum Beispiel in der Schule, beim Arbeitsamt oder bei<br />
Beratungsstellen. Da<strong>für</strong> gibt es eine Reihe von<br />
Gründen. Wir müssen darüber nachdenken, wie eine<br />
20
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Beratung aussehen muss, die die Eltern wirklich<br />
erreicht und informiert, damit sie ihre Kinder besser<br />
unterstützen können.<br />
Im BQN haben wir ein Projekt zur Elternberatung<br />
eingerichtet, das mit den verschiedenen Vereinen<br />
(Kulturvereine, Moscheevereine usw.)<br />
zusammenarbeitet. Die Vereine können wichtige<br />
Partner bei der Beratung der Eltern sein. In einem<br />
weiteren Projekt werden junge Erwachsene mit<br />
Migrationshintergrund als Multiplikatoren<br />
ausgebildet. Als Vorbilder und Ansprechpartner<br />
sollen sie andere Jugendliche unterstützen.<br />
In unserer Region gibt es zu wenig Zusammenarbeit<br />
Die „einheimischen“ Deutschen reden viel über<br />
„Migranten und Migrantinnen“, aber zu selten mit<br />
ihnen. Beratungseinrichtungen, Bildungsträger,<br />
Schulen und die Stadt arbeiten zu selten mit den<br />
Organisationen von Migranten zusammen. Die<br />
Organisationen der Migranten müssen stärker<br />
unterstützt werden, damit sie als Partner<br />
gleichberechtigt an Projekten und Aktivitäten in der<br />
Stadt teilnehmen können. Und vor allem die Eltern<br />
müssen mehr Gelegenheit haben, sich einzumischen<br />
und gemeinsam Forderungen zu stellen.<br />
Diese Zusammenarbeit zwischen verschiedenen<br />
Organisationen, Vereinen und Einrichtungen zu<br />
erreichen gehört zu den wichtigsten Aufgaben im<br />
BQN.<br />
4.5. Forum 5: Was brauchen Kinder <strong>für</strong> eine<br />
gesunde Entwicklung?<br />
Nuran Kafali, Dipl.-Sozialpädagogin,Kinder und<br />
Jugendlichenpsychotherapeutin i.A<br />
Risiko- und Schutzfaktoren bei gesunder,<br />
psychischer Entwicklung des Kindes<br />
Risikofaktoren<br />
• Biologische Faktoren<br />
• Psychosoziale Faktoren<br />
Biologische Faktoren<br />
• Hirnschädigungen<br />
• Chronische Erkrankungen<br />
• Infektionen<br />
Psychosoziale Faktoren<br />
• Vernachlässigung<br />
• Psychische Störungen der Eltern<br />
• Niedriger sozio-ökonomischer Status<br />
Schutzfaktoren<br />
• Gesunde Schwangerschaft<br />
• Erziehungsstil und intrafamiliäre Strukturen<br />
• Positive Eigenschaften des Kindes<br />
• Psychosoziale Umgebung<br />
Erziehungsstil<br />
• Verwöhnen versus Fordern<br />
• Selbstständigkeit versus Kontrolle<br />
• Trotz als Grundlage als Selbstbehauptung und<br />
Ich-Entwicklung<br />
• Kontrolle als Grundlage <strong>für</strong> Regelakzeptanz<br />
Adipositas bei Kinder und Jugendliche<br />
Adipositas<br />
• Definition<br />
• wußten sie schon, dass jedes 5.Kind in<br />
Deutschland adipös ist?<br />
• Unterschätztes, gesundheitliches Problem<br />
Ursachen<br />
Genetische Vererbung 10%<br />
• Ungesunde Ernährung 90%<br />
• Bewegungsmangel<br />
Folgen<br />
1-Erhöhtes Risiko <strong>für</strong> :<br />
• Diabetes Mellitus Typ 2<br />
• Bluthochdruck<br />
• Herzinfarkt<br />
• Schlaganfall<br />
• Geschwächtes Immunsystem<br />
• Haltungsschäden wie Kopf- und<br />
Rückenschmerzen<br />
2-psychiatrische Probleme<br />
• Gestörtes Selbstwertgefühl<br />
• Schulunlust<br />
• Depressivität/ Aggressivität<br />
• Abnahme der Leistungsfähigkeit<br />
Veränderungsmöglichkeiten<br />
• Umstellung der Ernährung<br />
• Verringerung des Medienkonsumes<br />
• Erhöhung der körperlichen Aktivität<br />
• Bei Bedarf verhaltenstherapeutische Intervention<br />
21
5. Ergebnisse aus den Foren<br />
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Forum 1: Offene Ganztagsgrundschule unter<br />
Berücksichtigung der besonderen Belange<br />
von Kindern mit Migrationshintergrund<br />
� Politische Erwartung an den Ganztag<br />
(familienpolitisch, frauenpolitisch,<br />
sozialpolitisch, gesellschaftspolitisch,<br />
bildungspolitisch)<br />
� Was kennzeichnet OG?<br />
(Verlässlichkeit, Freiwilligkeit,<br />
Additivität,<br />
� Was sind die Belange von Kindern?<br />
(Welt entdecken, stark werden,<br />
kooperieren)<br />
� Wie kann der OG den besonderen<br />
Bedürfnissen von Migrantenkindern<br />
gerecht werden? (Sprachförderung,<br />
multikulturelles Lernen, Begegnung<br />
von Kulturen, Interaktion)<br />
� Qualitätskriterien des OG<br />
(Elternpartizipation,<br />
Nachbarschaftsschule,<br />
Partnerkooperation, Orientierung an<br />
Bildungsansprüchen)<br />
� Positive Sichtweise der<br />
durchführenden Schule<br />
� Differenziertes Angebot in<br />
Hausaufgabenhilfe,<br />
Fördermaßnahmen etc.<br />
� Schulisches Lehrerpotential muss in<br />
OG einbezogen werden<br />
� Finanzielle Ressourcen<br />
Forum 2: Zwei- und Mehrsprachigkeit –<br />
Möglichkeiten der (Sprach-)Förderung in<br />
Familie, Tageseinrichtung und Schule<br />
Forderungen des Forums<br />
� Die Anerkennung der Muttersprache<br />
als gesellschaftliche Ressource und<br />
eine Umorientierung im<br />
Bildungssystem, d. h. zweisprachige<br />
Kräfte gehören in Tageseinrichtung,<br />
Schule und Ausbildung<br />
� Ressourcensicherheit der<br />
Muttersprachenlehrer,<br />
Integrationskräfte und DaZ-Kräfte, d.<br />
h. diese Stellen müssen gesichert sein,<br />
so dass eine Verlässlichkeit in<br />
Gestaltung von Unterricht und<br />
Ausbildung gewährleistet ist<br />
� Die Vernetzung der Institutionen, die<br />
an der Bildung beteiligt sind, wie<br />
Tagesstätte, Grundschule und<br />
weiterführende Schule, um mehr<br />
Kindern mit Migrationshintergrund<br />
einen erfolgreichen Schulabschluss zu<br />
gewährleisten<br />
� Berücksichtigung und Akzeptanz der<br />
Eltern als Experten, d. h. den Eltern<br />
müssen Gestaltungsmöglichkeiten<br />
gegeben werden<br />
� Einen Perspektivenwechsel in der<br />
Bildungspolitik, denn die<br />
nachwachsende Generation wird mit<br />
Mehrheit eine Generation mit<br />
Migrationshintergrund sein<br />
Forum 3: Eltern, Tageseinrichtung <strong>für</strong><br />
Kinder und Schule – gleichwertige Partner in<br />
der Erziehung<br />
� Elternvereine verstehen sich als Hilfe<br />
zur Erziehung und zur Erreichung<br />
eines guten Bildungsabschlusses der<br />
Migrantenkinder<br />
� Mütter werden hauptsächlich in den<br />
Schulen geschult. Diese Schulung<br />
trägt dazu bei, dass sie ihre Kinder in<br />
der schulischen Erziehung helfen<br />
können<br />
� In vielen Grundschulen werden<br />
bereits bilinguale Projekte<br />
durchgeführt<br />
� Die türkischen Mütter und auch viele<br />
Erzieher und Lehrer empfinden<br />
bilinguale Projekte als sehr positiv<br />
und wünschen sich eine Fortsetzung<br />
Forum 4: Übergang Schule – Beruf<br />
� Eine gute Bildung fängt im<br />
Kindergartenalter an<br />
� Die gut beherrschte Muttersprache ist<br />
eine wichtige Zusatzqualifikation <strong>für</strong><br />
den Beruf<br />
� Schlechte Voraussetzungen <strong>für</strong> die<br />
Ausbildung sind: unentschuldigte<br />
Fehlstunden, eine fünf in Mathe,<br />
fehlende Pünktlichkeit, späte und<br />
schlechte Vorbereitung auf die<br />
Jobsuche<br />
� Es gibt viel zu wenige<br />
Ausbildungsplätze in Gelsenkirchen;<br />
zu viele junge Leute, die einen<br />
gefunden haben, brechen ihn ab –<br />
auch oft ohne eine Alternative<br />
� Eltern müssen gezielt – auch bei<br />
Absagen – unterstützen, Institutionen<br />
helfen dabei<br />
� Arbeitgeber haben oft Vorurteile, z. B.<br />
gegen Kopftuchträgerinnen, die<br />
Agentur versucht dies aufzubrechen<br />
� Manche Ausbildungsverhältnisse<br />
ergeben sich durch persönlichen<br />
Kontakt (Praktikum, Aushilfe etc.)<br />
22
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Forum 5: Was brauchen Kinder <strong>für</strong> eine<br />
gesunde Entwicklung?<br />
� Die biologischen und psychosozialen<br />
Faktoren <strong>für</strong> eine gesunde<br />
Entwicklung sind kulturunabhängig<br />
� In Migrantenfamilien besteht nicht<br />
immer ausgewogenes Verhältnis von<br />
Fördern und Fordern<br />
� Beispiel Übergewicht, falsche<br />
Ernährung, zu wenig Bewegung<br />
� Frage nach der Rolle von materieller<br />
Armut, sind die Eltern zu arm oder<br />
geben sie ihr Geld <strong>für</strong> die falschen<br />
Dinge aus<br />
� Allen Eltern ist es sehr wichtig, dass<br />
ihre Kinder selbstbewusst, sich in<br />
diese Gesellschaft integrieren und<br />
nicht als Ausländer fühlen<br />
� Alle Eltern sind auf der Suche nach<br />
der richtigen Lösung <strong>für</strong> den Umgang<br />
mit den Sprachen<br />
� Verantwortung der Familien <strong>für</strong> die<br />
sprachliche Entwicklung der Kinder<br />
� Ausbau von Angeboten zur<br />
Sprachförderung in den Institutionen<br />
� Zu hoher Anteil von<br />
Migrantenkindern soll vermieden<br />
werden, Gespräche mit den<br />
kirchlichen Trägern wurden gefordert<br />
6. Markt der Möglichkeiten<br />
Auf dem Markt der Möglichkeiten vertretene<br />
Institutionen:<br />
Referat Gesundheit der Stadt Gelsenkirchen,<br />
Fachbereich Kinder, Jugend und Familie der Stadt<br />
Gelsenkirchen, Frauenbüro der Stadt Gelsenkirchen,<br />
Berufsgruppe gegen sexuellen Missbrauch an<br />
Mädchen und Jungen, Volkshochschule der Stadt<br />
Gelsenkirchen, Regionale Schulberatungsstelle,<br />
Erziehungsberatungsstelle, Abendrealschule,<br />
Weiterbildungskolleg Emscher-Lippe, GABS,<br />
Ausländer- und Flüchtlingsbüro, AWO-<br />
Migrantenzentrum, Lalok Libre, GeMi-<br />
Zusammenschluss Gelsenkirchener<br />
Migrantenvereine, Elterninitiative der Gesamtschule<br />
Buer-<strong>Mit</strong>te, Kinderschutzbund, Türkischer<br />
Elternverband Essen<br />
7. Stimmen der Eltern<br />
Eltern haben Angst davor,<br />
• dass die Kinder zu den Bildungsverlierern<br />
gehören<br />
• dass die Kinder zu den Arbeitslosen der<br />
Zukunft gehören<br />
• dass die Kinder die Muttersprache nicht<br />
mehr beherrschen<br />
• dass die Lehrer in der Schule nicht auf das<br />
„Benehmen“ der Kinder achten<br />
• dass ihre Kinder in der Schule ungerecht<br />
behandelt werden<br />
• dass ihre Kinder in der Schule nicht genug<br />
gefördert werden<br />
• dass ihre Kinder sehr schnell in die<br />
Sonderschule „abgeschoben“ werden<br />
• dass ihre Kinder sich dem Elternhaus<br />
entfremden<br />
• dass ihre Kinder schlechten Einflüssen<br />
unterliegen<br />
• dass ihre Kinder sich nicht mehr an<br />
überlieferte Normen halten<br />
Eltern fordern:<br />
• einen qualitativ hochwertigen<br />
Muttersprachenunterricht<br />
• mehr Informationen über<br />
Fördermöglichkeiten<br />
23
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
• differenzierte Angebote in der<br />
Hausaufgabenhilfe<br />
• Transparenz der durchgeführten<br />
Fördermaßnahme<br />
• Eltern wollen mit einbezogen werden<br />
• Akzeptanz ihrer kulturellen Identität und ihrer<br />
Person<br />
• mehr zweisprachige Kräfte in den<br />
Bildungseinrichtungen<br />
• zuverlässige, auf die Bedürfnisse<br />
ausgerichtete Deutschkurse<br />
• eine gerechtere Verteilung ihrer Kinder in<br />
Tageseinrichtungen und Schulen<br />
• Verhinderung von Wohngettos in den<br />
Stadtteilen<br />
• Ausbildungsplätze <strong>für</strong> ihre Kinder<br />
• mehr Ganztagsschulen und –angebote<br />
• qualifizierte Freizeitangebote <strong>für</strong> Kinder<br />
(Förderung im künstlerisch-musischen<br />
Bereich)<br />
• Informationen in der Muttersprache zur<br />
frühkindlichen Förderung, zur<br />
Sprachentwicklung, zur Charakterbildung<br />
und zu allen Fragen des gesunden<br />
Aufwachsens<br />
Anlagen:<br />
Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
Aboumalhab, Ayşe<br />
Ahlborn-Gockel, Sabine<br />
Akar, Fikret<br />
Akarca, Hatice<br />
Akkaya, Oktay<br />
Akkaya, Ramazan<br />
Akmisir-Durmaz, Guelferin<br />
Aktitiz, Ismail<br />
Alper, Fatma<br />
Altıntoz, Gülcan<br />
Altunsoy, Hatice<br />
Argoul, Leyla<br />
Ari, Aynur<br />
Ari, Kemal<br />
Ari, Nurcan<br />
Artkan, Arzu<br />
Ataç, Rojda<br />
Ataç, Tüggen<br />
Atalay, Nurdan<br />
Athen, Heike<br />
Aydin, Ayşe<br />
Aydin, Nazan<br />
Aydin, Özlem<br />
Balci, Nursel<br />
Banaz-Aksoy, Halime<br />
Basdemir, Leman<br />
Bayrak, Kadriye<br />
Benklioglu, Ayşe<br />
Berber, Cengiz<br />
Biçiçi, Selma<br />
Biziesemeister, Ulrike<br />
Boran, Hüseyin<br />
Boşnak, Halime<br />
Bozok, Istme<br />
Bühler, Markus<br />
Bulut, Meryem<br />
Candir<br />
Çapar, Hülya<br />
Çapkin, Temel<br />
Çardak, Hayriye<br />
Çay, Suna<br />
Çelebi, Sema<br />
Çelik, Erol<br />
Cengiz, Emine<br />
Cengiz, Yildiray<br />
Cesur, Münevver<br />
Çetinkaya-Potthoff, Neziala<br />
Çivi, Songül<br />
Cohadar, Tüma<br />
Cokara, Jagoda<br />
Çubuk, Ayşegül<br />
Dalaf, Adla<br />
Darıcı, Emine<br />
De Matos Horta, Antonio<br />
Demir, Nuran<br />
Demir, Selda<br />
Demir, Zeynep<br />
Demirci, Osman<br />
Demirci, Selma<br />
Demirci, Yusuf<br />
Derin, Emire<br />
Destereci, Nurşen<br />
Deveci, Gülşen<br />
Dieckmann, Dietmar<br />
Dil, Ayla<br />
Dinçkol, Meryem<br />
Djondras, Slavica<br />
Doğan, Çelebi<br />
Doğan, Derya<br />
Doğan, Ömer<br />
Doğruer, Nurhan<br />
Doğu, Gönül<br />
Dönmez, Eren<br />
Dörner<br />
Dursun, Aliye<br />
Dursun, Fatma<br />
Dursun, Nuray<br />
Ehrenwert, Regine<br />
Engels, Renate<br />
Erbay, Nesrin<br />
Erbay, Şenol<br />
Ersen, Yusuf<br />
Etcibaşı, Nurcan<br />
Evinci, Özgür<br />
Ewering, Dorothea<br />
Garcia-Martin, Lucio<br />
Gashi, Driton<br />
Gashi, Feride<br />
Gashi, Seidi<br />
Gauchel, Ines<br />
Göçen, Emine<br />
Göcen, Latice<br />
Göksu, Zeyner<br />
24
Göktepe, Hayrettin<br />
Golicia, Heike<br />
Gören, Gönül<br />
Gubenko, Elena<br />
Güdek, Ayşe<br />
Günaydin, Seniha<br />
Güraras, Arzu<br />
Guth, Nicole<br />
Halicioğlu, Emine<br />
Halicioğlu, Nejla<br />
Hüser, Heinz<br />
Ikiz, Safiye<br />
Imancı, Halil<br />
Inmez, Meral<br />
Iz, Ayla<br />
Jarmolowicz, Joanna<br />
Jastczemski<br />
Jüttner, Maruca<br />
Kafali, Şeniz<br />
Kahraman, Fatma<br />
Kapan, Havva<br />
Kara, Fatime<br />
Karabıyık, Emin<br />
Karla, Ayten<br />
Kastenholz, Irene<br />
Kecici, Bariye<br />
Keskin, Meltem<br />
Kılıc, Davut<br />
Kimyonok, Cemil<br />
Kirschner-Schulte, Kar<br />
Kopp, Isabella<br />
Korkinoz, Ruhigül<br />
Kraska, Eva<br />
Kurt, Rahime<br />
Kutluer, Derya<br />
Leonard, Gönü<br />
Levandrowski<br />
Madan, Münevver<br />
Maga, Cornelia<br />
Magamisih, Hifam<br />
Mirvahabi, Elmira<br />
Naasif, Mayada<br />
Naima<br />
Oğuz, Özcan<br />
Ortaboş, Mehmet<br />
Ossowski, Silke<br />
Özbilge, Gülşen<br />
Özçelik, Mustafa<br />
Özdemir, Ahmet<br />
Özen, Emine Seher<br />
Özer, Adem<br />
Özer, Mürside<br />
Pauri, Nahideh<br />
Prinz-Wittner<br />
Pusch, Lisa<br />
Quirrenbach, Claudia<br />
Sağlam, Nezahat<br />
Şahin, Yüksel<br />
Saldız, Sevgi<br />
Savran, Gülay<br />
Schenitzki, Ruza<br />
Schmitz, Adelheid<br />
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Schneider, Cemile<br />
Schneider-Nehr, Rita<br />
Sencan, Arife<br />
Siegel<br />
Soğuk, Özlem<br />
Taşcı, Aycan<br />
Taşkin, Selma<br />
Tek, Salih<br />
Tekin, Ayten<br />
Tetzlaff, Susanne<br />
Topaloğlu, Melek<br />
Treppte, Carmen<br />
Turgut, Necin<br />
Gänöl, Türkmen<br />
Ünal, Hanife<br />
Uslubaş, Ilker<br />
Usta-Yildiz, Nejla<br />
Uysal, Süleyman<br />
Uzunoğlu, Emine<br />
Weegen, Martin<br />
Wenzel-Burger, Gabriele<br />
Werth, Remziye<br />
Winnen, Annegret<br />
Woelk, Ina<br />
Yadigar, Ciğer<br />
Yalcın, Ercüment<br />
Yandık, Hülya<br />
Yavaş, Hasan<br />
Yavaş, Ümran<br />
Yavuz, Nuray<br />
Yavuz, Özcan<br />
Yaylan, Ülkü<br />
Yerlikaya, Jennifer<br />
Yeşil, Filiz<br />
Yildiz, Hatice<br />
Yokaribaş, Semra<br />
Yukarıbaş, Nurdan<br />
Yuknovets, Denis<br />
Yüksel, Mehmet<br />
Zareba, Boguslaw<br />
Zasada<br />
25
Presseartikel<br />
Elternkongress Gelsenkirchen<br />
Impressum<br />
Herausgeber: Stadt Gelsenkirchen<br />
Regionale Arbeitsstelle zur<br />
Förderung von Kindern und<br />
Jugendlichen aus<br />
Zuwandererfamilien - RAA<br />
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