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Glossar - Aktionsbündnis Patientensicherheit

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EINLEITUNGEINLEITUNGEinleitungUnbeabsichtigt belasseneFremdkörper – ein Thema der<strong>Patientensicherheit</strong>?Am 06. Juni 2009 traf sich unsere Projektgruppe„Unbeabsichtigt belassene Fremdkörperim OP-Gebiet“ zu ihrer fünften Sitzung,um über die Ergebnisse aus einem Jahrgemeinsamer Arbeit abschließend zu beraten.Am selben Tag titelte die BILD-ZeitungHessen: „Ärzte vergaßen Riesenspatel inihrem Bauch – Frankfurter Anwältin erstritt20.000 Euro für gequälte Patientin.“ Unmittelbarer,so das Empfinden der Sitzungsteilnehmeran diesem Tag, hätte man eineAntwort auf die Frage „Brauchen wir präventiveMaßnahmen, um das unbeabsichtigteBelassen von Fremdkörpern im OP-Gebietzu verhindern?“ kaum formulieren können.In der Tat: Von spektakulären Fällen berichtetdie Presse mit einiger Regelmäßigkeit. ImFebruar 2006 etwa schrieb das HamburgerAbendblatt über den Prozess einer 26-JährigenPatientin gegen eine Hamburger Klinik.Im Rahmen einer OP an den Eierstöckenhatte man bei ihr einen Tupfer vergessen.Im Oktober des gleichen Jahres berichtetedie BILD-Zeitung von einer 21-Jährigen, beider ein vergessener OP-Clip erst elf Jahrenach einer Blinddarmoperation entdecktwurde. Die Patientin hatte über andauerndeSchmerzen geklagt und daraufhin eineBauchspiegelung durchführen lassen. Ebenfallsüber Schmerzen nach einer Darmoperationklagte ein 61-Jähriger Patient in Duisburg.Der Fall erschien im März 2008 in derWestdeutschen Allgemeinen Zeitung: Bei derRöntgenkontrolle entdeckte man eine 40 cmlange Klemme.Nun sind Presseberichte, zumal wenn sie derSensationsgier entspringen, kein Beweis fürdie Häufigkeit, Bedeutsamkeit oder wissenschaftlicheRelevanz eines Themas. MehrAufschluss erhofft sich der Forschendedeshalb von wissenschaftlich seriösenQuellen. Eine Recherche in der LiteraturdatenbankPubMed mit dem Suchbegriff„retained foreign body“ liefert 127 Artikel.Auch hier dominieren Fallberichte vorpopulationsbasierten Studien. Die daringeschilderten Krankengeschichten zeugenvon oft langwierigen und schwerwiegendenVerläufen, bisweilen mit tödlichem Ausgangfür den Patienten.Allein die Schwere dieser veröffentlichtenFälle spricht eine deutliche Sprache. Dasunbeabsichtigte Belassen von Fremdkörpernim OP-Gebiet stellt demnach eine erheblicheGefährdung der <strong>Patientensicherheit</strong> dar.Für den Patienten kann diese mit großengesundheitlichen Schäden und Folgeerkrankungeneinhergehen. Für den verantwortlichenOperateur und die beteiligten Pflegekräftebedeutet sie eine nicht zu unterschätzendeBelastung.Wie häufig es zu einem unbeabsichtigtenBelassen von Fremdkörpern kommt undim Rahmen vorwiegend welcher Operationen,dazu wurden international bisher nurwenige Studien veröffentlicht. Zahlen fürDeutschland liegen nicht vor. Unsere Arbeitsgruppe„Unbeabsichtigt belasseneFremdkörper im OP-Gebiet“ im Aktionsbündnis<strong>Patientensicherheit</strong> e.V. nahm dieszum Anlass, Häufigkeiten auf der Grundlageinternational veröffentlichter Studien zuschätzen. Danach ist in Deutschland mitjährlich bis zu 3.000 unbeabsichtigt belassenenFremdkörpern im OP-Gebiet zu rechnen(siehe Kapitel „Häufigkeiten“).Fallschwere und Eintrittswahrscheinlichkeitlassen keinen Zweifel an der Wichtigkeitpräventiver Maßnahmen zur Vermeidungunbeabsichtigt belassener Fremdkörper.Unser Ziel war es deshalb, Empfehlungenauszusprechen, wie diese Ereignisse wirksamvermieden werden können. Unter derÜberschrift Jeder Tupfer zählt! haben wirzusammengetragen, wie standardisierteZählkontrollen durchgeführt werden sollten:als gemeinsame Aufgabe des gesamtenOP-Teams, die Zeit und Ruhe braucht.Die Arbeitsgruppeund ihre AdressatenIm Jahr 2008 entschloss sich das Aktionsbündnis<strong>Patientensicherheit</strong> e.V. (APS) eineArbeitsgruppe zu gründen, die sich mit derThematik der unbeabsichtigt belassenenFremdkörper im OP-Gebiet beschäftigensollte. Die Arbeitsgruppe erhielt den Auftrag,Empfehlungen zu erarbeiten, wie solcheEreignisse erfolgreich vermieden werdenkönnen.Unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Siebert(Generalsekretär der Deutschen Gesellschaftfür Unfallchirurgie) und Frau Leppin (DRK-Schwesternschaft Berlin, beide im APS-Vorstand)formulierte die AG anlässlich ihresersten Treffens folgende Zielsetzungen fürdie Projektarbeit:• Alle im OP-Bereich beschäftigten Personen,insbesondere die OP-Teams, sollen auf dieNotwendigkeit entsprechender perioperativerpräventiver Sicherheitsmaßnahmenzur Vermeidung von unbeabsichtigtbelassenen Fremdkörpern aufmerksamgemacht werden.• Es soll die notwendige und sinnvolleDiagnostik im möglichen Schadensfallvorgestellt werden,• ein adäquater Umgang mit Schadensereignissenaufgezeigt werden• und eine im Praxisalltag gut handhabbareEmpfehlung/Handlungsanleitung in Formeines Plakates, eines Flyers und einerDokumentation/eines <strong>Glossar</strong>s erstelltwerden.In der interdisziplinären und multiprofessionellenArbeitsgruppe wirkten OP-Pflegekräfte,Qualitätsmanager, Patientenvertreter,Juristen und Chirurgen mit. Insgesamt fünfTreffen waren notwendig, eine gemeinsameEmpfehlung zur Vermeidung von unbeabsichtigtbelassenen Fremdkörpern im OP-Gebiet zu erarbeiten. Dazu wurden allenational und international verfügbarenpublizierten Empfehlungen zur Vermeidungdes unbeabsichtigten Belassens von Fremdkörpernim OP-Gebiet gesammelt undausgewertet, inklusive der im Jahr 2008publizierten Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation(WHO) (s. Anhang D).Die hier dargestellten Empfehlungen wurdenvon der Arbeitsgruppe konsentiert undabschließend im Vorstand des Aktionsbündnissesberaten. Folgende medizinischeFachgesellschaften und Fachverbände nahmenan einem Anhörungsverfahren teil,um eine größtmögliche Zustimmung dieserEmpfehlungen in Fachkreisen zu erreichen:Bundesarbeitsgemeinschaft Weiterbildung imOperationsdienst, Deutsche Gesellschaft für Allgemein-und Viszeralchirurgie e.V., Deutsche Gesellschaftfür Chirurgie e.V., Deutsche Gesellschaft fürGefäßchirurgie e.V., Deutsche Gesellschaft für Gynäkologieund Geburtshilfe e.V., Deutsche Gesellschaftfür Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- undHals-Chirurgie e.V., Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie,Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgiee.V., Deutsche Gesellschaft für Orthopädieund orthopädische Chirurgie e.V., Deutsche Gesellschaftfür Orthopädie und Unfallchirurgie e.V., DeutscheGesellschaft der Plastischen, Rekonstruktivenund Ästhetischen Chirurgen e.V., Deutsche Gesellschaftfür Thoraxchirurgie e.V., Deutsche Gesellschaftfür Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V.,Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V., DeutscheGesellschaft für Urologie e.V., Deutsche Krankenhausgesellschafte.V., Deutscher Pflegerat e.V..Die Empfehlung basiert auf einem berufsgruppenübergreifendenund interdisziplinärenGrundverständnis und der gemeinsamenVerantwortung aller für die Sicherheit desPatienten. Sie richtet sich insbesondere anKrankenhausleitungen, Pflegende und Ärzte.Sie wendet sich darüber hinaus an Kostenträger,Verantwortliche im Risiko- undQualitätsmanagement, Patientenvertreter,Haftpflichtversicherer und Juristen.4 5


EINLEITUNGFakten und HintergründeA. Fakten und HintergründeNützliche HinweiseDie Empfehlung umfasst:• Textversion,• Plakat,• Flyer• und das hier vorliegende <strong>Glossar</strong>.Die Empfehlung ist ein offizielles Dokumentdes Aktionsbündnisses <strong>Patientensicherheit</strong>, indem konkrete Maßnahmen zur Vermeidungvon unbeabsichtigt belassenen Fremdkörpernim OP-Gebiet vorgeschlagen werden. Zusätzlichstehen Ihnen die genannten Begleitmaterialienzur Verfügung, die Ihnen die Implementierungund Umsetzung der Empfehlung in IhrerEinrichtung erleichtern sollen. Die Empfehlungund alle Begleitmaterialien finden Sie zumkostenlosen Download auf der APS-Homepage:www.aktionsbuendnis-patientensicherheit.deDie Empfehlungen bedürfen der Anpassungund Implementierung an klinikinterne Vorgabenim Bereich des Qualitäts- und Risikomanagements,sie wollen und können diese nichtersetzen. Die Empfehlungen stehen Gesundheitseinrichtungenund den in der Gesundheitsversorgungtätigen Fachpersonen als Grundlagezur Verfügung. Sie sollen Unterstützung bei derErstellung betriebsinterner Richtlinien geben.Die spezifische Ausgestaltung und Anwendungentsprechend den jeweils geltenden Sorgfaltspflichtenliegen in der ausschließlichen Eigenverantwortungder hier fachlich geeignetenLeistungserbringer.Das bedeutet konkret, dass es sinnvoll undnotwendig ist, die Handlungsempfehlungenan lokale Gegebenheiten anzupassen undinhaltlich entsprechend auszugestalten. Wichtigist jedoch das Prinzip der Einheitlichkeit,z.B. müssen Verantwortliche für die Durchführungeinzelner Maßnahmen klar benannt sein.Auch sollten alle Aktivitäten als standardisierteVerfahren in die örtlichen Arbeitsabläufeintegriert werden. Deshalb sollen die Empfehlungenin ihrem Grundsatz einheitlich umgesetztwerden. Dieses Vorgehen fördert auch dieAkzeptanz bei Mitarbeitenden.Sollten Sie die vom Aktionsbündnis <strong>Patientensicherheit</strong>e.V. zur Verfügung gestelltenMaterialien in gestalterisch ergänzter oderveränderter Form nutzen wollen, so bedarfdies der ausdrücklichen Zustimmung durchdas Aktionsbündnis <strong>Patientensicherheit</strong> e.V.FeedbackDie Handlungsempfehlungen Jeder Tupferzählt! sind ein Instrument zur Verbesserungder <strong>Patientensicherheit</strong>. Dieser Prozessbedarf kontinuierlicher Weiterentwicklungund Anpassung. Rückmeldungen jeder Artan das Aktionsbündnis <strong>Patientensicherheit</strong>e.V. sind deshalb ausdrücklich erwünscht.Sollten Sie bei Durchsicht und/oder Gebrauchdieser Empfehlungen auf Ungereimtheiten,Missverständliches oder Fehlerstoßen, bitten wir Sie ebenso um einenHinweis, wie wir auch gerne Verbesserungsvorschlägeaufnehmen.In seiner vernetzten Struktur bietet dasAktionsbündnis <strong>Patientensicherheit</strong> e.V. auchHilfestellungen bei der Analyse von Erfarungsberichtenund Diskussionsbeiträgen.Zudem besteht für Sie die Möglichkeit,Fragen, die im vorliegenden <strong>Glossar</strong> nichtbehandelt werden, an das Aktionsbündnis<strong>Patientensicherheit</strong> e.V. zu richten.Hinweis: Die hier in ihren verschiedenenFormaten erarbeiteten Empfehlungenbedürfen regelhaft nach drei Jahren derÜberarbeitung durch den Herausgeber.Ihre Fragen, Anregungen undRückmeldungen richten Sie bitte an:Aktionsbündnis <strong>Patientensicherheit</strong> e.V.c/o Institut für <strong>Patientensicherheit</strong> der Universität BonnStiftsplatz 12, 53111 Bonninfo@aktionsbuendnis-patientensicherheit.de1. DefinitionenUnbeabsichtigt zurückgelassene Fremdkörpersind seltene Ereignisse, mit jedoch stetserheblichen Auswirkungen für die Betroffenen.Dass alle Instrumente und Materialien,welche während einer medizinischenMaßnahme, z.B. einer Operation, verwendetwurden, am Ende auch wieder in der erwartetenAnzahl vorhanden sind (und nichtunbeabsichtigt im Patienten zurückgelassenwurden), ist eine Grundregel der interventionellenMedizin. Deshalb gibt es in vielenEinrichtungen Zählroutinen und trotzdemwerden unbeabsichtigt Fremdkörper hinterlassen.Besonders beunruhigend ist dabeider Umstand, dass diese Fremdkörper überwiegendtrotz einer vermeintlich korrektenZählung zurückgelassen wurden. Aus diesemGrund ist der Nutzen solcher Zählroutinenvorschnell in Frage gestellt worden.Tatsächlich ist nur wenig über den Nutzenvon Zählroutinen bekannt. Dies liegt u.a.daran, dass dieses Thema nicht geradeausführlich in der medizinischen Literaturdokumentiert ist. Auch ist anzunehmen, dassnur ein kleinerer Teil der Ereignisse berichtetwird. Neben einer Vielzahl von Kasuistikenund mehreren retrospektiven Arbeiten(z.B. anhand von Versicherungsstatistiken)liegen nur wenige prospektive Beobachtungsstudienvor, die den Ablauf vonZählroutinen, deren Ergebnis und derenAuswirkungen (und damit den Nutzenvon Zählroutinen) erhellen.Auch den in der Medizin arbeitendenProfessionellen sind die Begrifflichkeitenund deren Definitionen im Zusammenhangmit unbeabsichtigt zurückgelassenen Fremdkörpernnicht gut vertraut. Dazu trägt derUmstand bei, dass die fast ausschließlichenglischsprachige medizinische Literaturunterschiedliche Termini zu diesem Themaverwendet. Dies betrifft zum einen dieBeschreibung des Ereignisses als solches:Gossybipoma, retained foreign body, retainedforeign object, retained surgical equipment,retained surgical items, retained needles andsponges u.a.m.Zum Zweiten liegen diesen unterschiedlichenBegrifflichkeiten unterschiedlicheDefinitionen zugrunde. Wann z.B. einEreignis „unbeabsichtigt“ und was einFremdkörper ist, unterliegt einer weitenInterpretation.Gerade aber im Hinblick auf die Einheitlichkeiteiner Dokumentation für z.B. einklinisches Risiko-Management oder im Hinblickauf die Transportierbarkeit von Ergebnissenfür z.B. Qualitätskontrollen undVerbesserungsprozesse oder als Grundlageeiner notwendigen Begleitforschung zudiesem Thema ist es notwendig, die Begriffeund die Definitionen zu klären.Vor diesem Hintergrund ist es wichtig zuwissen, dass in der nordamerikanischenLiteratur ein Versuch der Vereinheitlichungder Nomenklatur im Zusammenhang mitzurückgelassenen Fremdkörpern erkennbarist. Der in der angloamerikanischen Literaturdominierende Begriff ist „retainedforeign body“ und in der jüngeren Literaturauch „retained sponges (needles) and instruments– RSI“. Gerade im Hinblick auf eineinternationale Vereinheitlichung der Nomenklaturlohnt daher der Versuch, eine geeigneteund verständliche Terminologie aus demEnglischen herzuleiten.Der im Zusammenhang mit Ereignissen imOperationsbereich im Englischen etablierteBegriff „retained (...)“ fußt auf dem Wortstammlat.:„retain: possession behalten, beibehalten,einbehalten. employment zurückhalten, behalten,unverteilt, thesauriert. hold halten, zurückhalten,zurückbehalten, adj./pp.: bewahrt, gewahrt,behalten, verhaltene zurückbehalten“(Brockhaus)6 7


Fakten und HintergründeFakten und HintergründeMögliche Übersetzungsvorschläge im Zusammenhangmit medizinisch nicht indizierten(post-)interventionellen Fremdkörpern sinddeshalb:zurückgelassen – zurückbehalten –belassenIm Englischen begleitet den Wortstammretain das „Verschlossensein“ bzw. das „nichtOffensichtliche“. Dieser Charakter geht in denÜbersetzungsanalogien verloren, weshalb esder Arbeitsgruppe notwendig erschien, denZusatz hinzuzufügen, dass diese Fremdkörperohne medizinische Intention oder ohne Kenntnisnahmebelassen wurden:unbeabsichtigt – unbewusst –unbegründetNach Überprüfung der im deutschsprachigenSchrifttum verwendeten Begriffe und Gegenüberstellungenmit den derzeit am häufigstenverwendeten Termini in der angloamerikanischenLiteratur, legte die Arbeitsgruppefür die Zwecke dieses Projekts den folgendenOberbegriff fest:unbeabsichtigt belassene FremdkörperDie nachfolgenden Vorschläge zu einerstandardisierten Nomenklatur sind in Analogiezu der Begriffsfindung das Ergebnisausführlicher Diskussionen in unsererArbeitsgruppe. Insoweit hat sich die Arbeitsgruppedetailliert mit der Frage auseinandergesetzt,welche Begriffe in der Literaturbereits hinreichend konsistent definiert sindund schlägt vor, diese Begrifflichkeiten undihre Definitionen in der Zukunft für dieDiskussion, die Implementierung klinischenRisikomanagements und die Begleitforschungzu diesem Thema zu nutzen. Die Arbeitsgruppegriff dabei überwiegend auf Begriffeaus der englischsprachigen Literatur zurückund berücksichtigte den erkennbaren Trendeiner Vereinheitlichung von Begriffen undDefinitionen (1). Inhaltlich sind zwei Themenkomplexeberührt, der der Fremdkörperproblematikund der des Zählens. Dabei sinddie z.T. sehr ausführlich untergliedertenBegrifflichkeiten aus der Beobachtung vonZählroutinen abgeleitet. Sie beschreiben dieAbläufe und versuchen eine Beziehung zwischenEreignis und Wirkung herzustellen.Eine solch differenzierte Betrachtung wird inder Praxis nicht immer sinnvoll sein, ist abernach der Einschätzung der Arbeitsgruppe fürz.B. Ursachenanalysen im Risikomanagementoder für die Begleitforschung zu diesemThema unerlässlich.1.1. Begrifflichkeiten undDefinitionen im Zusammenhang mitFremdkörpernFremdkörper (engl.: foreign body):jede nicht körpereigene Sache oder jederGegenstand in einer Person.Beabsichtigt belassene Fremdkörper:beschreibt ein beabsichtigtes, d.h. medizinischerforderliches oder nach Kenntnisnahmehingenommenes Zurückbleiben von Sachenbzw. Gegenständen. Ein beabsichtigt belassenerFremdkörper ist also jede nicht demPatienten körpereigene und im Rahmeneiner Intervention belassene Sache oderGegenstand im Patienten wie z.B. Implantatebei orthopädischen Eingriffen, Schrittmacher,Stents, Ports etc., welche(r) entweder auseiner medizinischen Begründetheit eingebrachtoder belassen wurde oder – obgleicheine medizinische Begründetheit nichtbestand – belassen werden durfte, z.B.kleine abgebrochene Schrauben, Bohrerspitzenim Knochen etc.Unbeabsichtigt belassene Fremdkörper(engl.: retained foreign body [RSI]):beschreibt ein unbeabsichtigtes Zurückbleiben,bzw. einen unbeabsichtigten Verlust vonSachen bzw. Gegenständen, d.h. jede nichtdem Patienten körpereigene und im Rahmeneiner Intervention belassene Sache oderjeder Gegenstand im Patienten wie z.B.Nadel, Tupfer oder Instrument, welche(r)weder aus einer medizinischen Begründetheitheraus belassen wurde, noch bei Kenntnisnahmehätte belassen werden dürfen.Beinahe unbeabsichtigt belassener Fremdkörper(engl.: near miss retained foreign body):beschreibt den noch vor dem Verlassen desOperationssaals bemerkten und beseitigtenVerlust von Sachen bzw. Gegenständen imPatienten.Verlorene bzw. verlegte Sachen bzw.Gegenstände (engl.: misplaced item):beschreibt den unbeabsichtigten Verlust vonSachen bzw. Gegenständen, z.B. Nadel,Tupfer oder Instrument – d.h. potenziellenFremdkörper – in patientenfernen Bereichen(z.B. auf dem Boden, in dem Müllbeutel, inden Abdeckungen) unabhängig davon, obdiese Sachen bzw. Gegenstände wiedergefunden werden oder nicht.1.2. Definitionen im Zusammenhangmit ZählkontrollenZählkontrollen: beinhalten das Zählen allerin das Sterilfeld eingebrachten Materialienund Instrumente.Offizielle Zählkontrollen: sind Zählkontrollen,die zu vorher festgelegten Zeitenpunktenbzw. bei zuvor festgelegten Ereignissendurchgeführt werden. Sie erfolgenimmer durch den Instrumentier- und denSpringerdienst und beziehen den Operateurmindestens durch eine Ansage des Ergebnissesmit ein. Sie sind von den kontinuierlichenZählungen, die intraoperativ stattfinden,abzugrenzen.Diskrepanz (engl.: discrepancy): beschreibtein Zählergebnis während einer medizinischenIntervention, das einem vorherigenoder nachfolgenden Zählergebnis nichtentspricht.Fehlerhafte Zählung (engl.: miscount):beschreibt eine Diskrepanz im Zählergebniswährend einer medizinischen Intervention,die dadurch entsteht, dass die (vermeintlich)gezählte Menge der Nadeln, Tupfer oderInstrumente nicht der tatsächlich anwesendenMenge entspricht (u.a. Nichterfassung,Mehrfachzählung).Abschließend korrektes Zählergebnis(engl.: correct final count):beschreibt die abschließende Zählkontrolleeiner Intervention, in der keine Diskrepanzfestgestellt wurde oder eine festgestellteDiskrepanz durch entweder Auffinden derfehlenden Sachen bzw. Gegenstände oderWiederholung der Zählkontrolle mit einemalle Beteiligten zufriedenstellenden Ergebnisaufgelöst werden konnte.Abschließend inkorrektes Zählergebnis(engl.: incorrect final count):beschreibt die abschließende Zählkontrolleeiner Intervention, in der eine Diskrepanznicht aufgelöst werden konnte.Dokumentationsfehler (engl.: error ofdocumentation):beschreibt jede fehlerhafte Dokumentationeines Zählergebnisses während einer medizinischenIntervention (u.a. Falscheintrag,Additionsfehler).Die hier vorgestellten Vorschläge einerstandardisierten Nomenklatur sind in derLiteratur hinreichend definiert und werdenin der nachfolgenden Dokumentationdurchgehend benutzt.Literatur(1) AA Gawande et al.:Risk Factors for Retained Instruments and Spongesafter Surgery. NEJM 348, 2003, S. 229-235.8 9


Fakten und HintergründeFakten und Hintergründe2. HäufigkeitDaten zur Inzidenz (d.h. zum Neuauftretenvon Ereignissen über einen bestimmtenZeitraum) bzw. zur Prävalenz (d.h. zumVorhandensein zu einem bestimmten Zeitpunkt)belassener Fremdkörper sind in derBundesrepublik aktuell nicht verfügbar. Mittelselektronischer Recherche in den medizinischenDatenbanken PubMed Medline und Embaseließen sich sechs zwischen 2003 und 2008veröffentlichte US-amerikanische Untersuchungen(1-6) und einer weiteren Studie ausJordanien (7) identifizieren, die näherungsweiseRückschlüsse auf die zu erwartende Neuerkrankungsratezulassen. Die höchste berichteteInzidenz (119/100000) fand sich in der Studievon Teixeira (5), die jedoch aufgrund derkleinsten Fallzahl (n=2526) auch nur mit demgeringsten relativen Gewicht zum Datenpoolbeitrug. Die berechnete Inzidenz in allenübrigen Studien lag zwischen 8 und 36/100000.Die Daten wurden mit Hilfe eines Random-Effects Meta-Regressionsmodells gepoolt(Abbildung 1). Hiernach kann von einerjährlichen Inzidenz unbeabsichtigt belassenerFremdkörper von 21/100000 Eingriffen ausgegangenwerden. Ob sich die Ergebnisse ausdem angloamerikanischen Sprachraum auf dasdeutsche Gesundheitssystem extrapolierenlassen, kann nicht mit Sicherheit beantwortetwerden. Da jedoch keine originären Daten ausder Bundesrepublik vorliegen, stellen sie diezumindest best verfügbare Evidenz dar.Akzeptiert man diese Zahl in erster Näherungals realistischen, transkulturell übertragbarenund systemimmanenten Schätzwert, würdenbei jährlich 13 Millionen operativen Eingriffenin der Bundesrepublik Deutschland (8)21/100000 x 13000000 = 2730 Fremdkörper insitu verbleiben.Eingriffe an den Körperhöhlen sind (verglichenz.B. mit Eingriffen an den Extremitäten undgroßen Gelenken) mit einem höheren Risikobelassener Fremdkörper vergesellschaftet.Bei 4,5 Millionen Eingriffen an Körperhöhlen(Verdauungstrakt, Lunge und Bronchus, Herz,Harnwege, weibliche Geschlechtsorgane,geburtshilfliche Operationen) wäre eineInzidenz von 300 belassenen Fremdkörpernpro Jahr in der Bundesrepublik Deutschlandanzunehmen.Literatur(1) E Bendavid, Y Kaganova, J Needleman et al.:Complication rates on weekends and weekdays in UShospitals. Am J Med 120, 2007, S. 422-428.(2) RR Cima, A Kollengode, J Garnatz et al.:Incidence and characteristics of potential and actualretained foreign object events in surgical patients.J Am Coll Surg 207, 2008, S.80-87.(3) NN Egorova, A Moskowitz, A Gelijns et al.:Managing the prevention of retained surgicalinstruments: what is the value of counting? Ann Surg247, 2008, S. 13-18.(4) PS Romano PS, JJ Geppert, S Davies et al.:A national profile of patient safety in U.S. hospitals.Health Aff (Millwood ) 22, 2003, S. 154-166.(5) PG Teixeira, K Inaba, A Salim et al.:Retained foreign bodies after emergent traumasurgery: incidence after 2526 cavitary explorations.Am Surg73, 2007, S. 1031-1034.(6) C Zhan, MR Miller:Excess length of stay, charges, and mortality attributableto medical injuries during hospitalization.JAMA 290, 2003, S. 1868-1874.(7) KE Bani-Hani, KA Gharaibeh, RJ Yaghan:Retained surgical sponges (gossypiboma). Asian JSurg 28, 2005, S. 109-115.(8) Deutsches Statistisches Bundesamt (Hg.):Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik(DRG-Statistik) Fachserie 12, Reihe6.4.-2006.https://wwwec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker .cls?CSPCHD=0000000100004ivl6b8T000000AzYwy3rGvHnkz3Yq1$TTEg--&cmspath=struktur,vollanzeige.csp&ID=1021167.(Letzter Zugriff: 31/07/09).Abbildung 1: Individuelle und gepoolte Inzidenz-Schätzer aus sieben Veröffentlichungen zur Häufigkeit von unbeabsichtigtbelassenen Fremdkörpern im OP-Gebiet.10 11


Fakten und HintergründeFakten und Hintergründe3. Folgen3.1. Infektion, Sepsis, Perforationvon Hohlorganen oder Läsionenvon großen Gefäßen und Nerven, Fistelbildungenund Aspiration von Fremdkörpernbei HNO-Eingriffen werden als Folgeunbeabsichtigt belassener Fremdkörperbeschrieben. Diese sind, vor allem wennEntzündungen oder Perforationen die unmittelbareFolge darstellen, lebensbedrohlichund können bis hin zum Tod des Patientenführen.Führendes Symptom bei 36% aller Patientensind Schmerzen, gefolgt von Fieber (19%) undgastrointestinalen Passagestörungen (13%).In einer weiteren systematischen Literaturübersicht(1960-2007) wurden 69 Fälle einertransmuralen Wanderung belassener Fremdkörperbeschrieben (1). Die Konsequenzenunbeabsichtigt belassener Fremdkörperwurden im Jahr 2000 im Healthcare CostZufallsbefundFieberSchmerzenPassagestörungand Utilization Project der US-amerikanischenBundesbehörde Agency for HealthcareQuality and Research (AHQR) ermittelt(Tabelle 1 und 2) (2).3.2. Entdeckung eines unbeabsichtigtbelassenen Fremdkörpers10,4% (95% KI 4,3 − 20,3%)19,4% (95% KI 10,8 − 30,9%)35,8% (95% KI 24,5 − 48,5%)13,4% (95% KI 6,3 − 23,9%)Zeitpunkt: Die quantitative Zusammenführungvon sieben zwischen 1987 und 2007publizierten Fallserien (67 Patienten, mittleresAlter 45 ± 17 Jahre) mittels einesRandom-Effects Meta-Regressionsmodells(s. Kap. A. 2.) legt ein mittleres Intervallzwischen Index-Operation und Diagnosestellungvon 3 ± 6 Jahren nahe. Bei jedemzehnten Betroffenen wird der belasseneFremdkörper zufällig entdeckt. Nicht erklärbareSchmerzen im OP-Bereich, assoziiertmit lokalen oder/und unspezifischen Entzündungszeichenbis hin zu einer akutenSymptomatik mit den Zeichen eines„akuten Abdomens“ und Schocksymptomatikwerden als Symptome eines unbeabsichtigtbelassenen Fremdkörpersinsbesondere im Abdomen und der Brusthöhlebeschrieben.Diagnostik und Handlungsempfehlung:Bei unklaren Beschwerden oder bei anhaltendenSchmerzen nach Eingriffen, vorallem in Körperhöhlen, muss an ein derartigesEreignis gedacht werden. Die Hinweiseund Symptome des Patienten müssen ernstgenommen werden und eine situationsgerechteKaskade der Diagnostik bis hin zurRevision des OP-Gebietes veranlasst werden.Neben der körperlichen Untersuchung undder Überprüfung von allgemeinen Entzündungseichenim Serum wird der Verdachtauf einen unbeabsichtigt belassenen Fremdkörperentsprechend seiner Art (röntgenkontrastgebend?)und „Liegedauer“ sowie derReaktion des umgebenden Gewebes (Entzündung,Abszess, freie Luft bei Perforationeines Hohlorganes) durch bildgebendeVerfahren (Röntgen, Computertomographie,Magnetresonanztomographie) erhärtet.Den Ausschluss mit größter Wahrscheinlichkeitkann nur die sorgfältige Revisiondes OP-Gebietes geben.Die Dringlichkeit der notwendigen diagnostischenund therapeutischen Maßnahmenwird vom Krankheitszustand des Patientenbestimmt.Tabelle 1: Symptome bei unbeabsichtigt belassenen Fremdkörpern im OP-Gebiet. Nationwide Inpatient Sample (NIS),994 Kliniken in 28 US-Bundesstaaten. Nach C Zhan, MR Miller: Excess length of stay, charges, and mortality attributableto medical injuries during hospitalization. JAMA 290, 2003, S. 1868-1874.Verlängerung der mittlerenLiegedauerMittlere KostensteigerungErhöhung der Letalität2,08 Tage13.315 US $2,14%Tabelle 2: Schätzungen zu den systemrelevanten Konsequenzen unbeabsichtigt belassener Fremdkörper. NationwideInpatient Sample (NIS), 994 Kliniken in 28 US-Bundesstaaten. Nach C Zhan, MR Miller: Excess length of stay, charges,and mortality attributable to medical injuries during hospitalization. JAMA 290, 2003, S. 1868-1874.Es gilt: Bis zum tatsächlichen Ausschluss eines unbeabsichtigtbelassenen Fremdkörpers bleibt der Verdachtbestehen und muss ausgeschlossen werden!Literatur(1) Y Zantvoord, RM van der Weiden, MH van Hooff:Transmural migration of retained surgical sponges:a systematic review. Obstet Gynecol Surv 63, 2008,S. 465-471.(2) C Zhan, MR Miller:Excess length of stay, charges, and mortality attributableto medical injuries during hospitalization.JAMA 290, 2003, S. 1868-1874.12 13


Fakten und HintergründeFakten und Hintergründe4. Art der Fremdkörperund RisikosituationenDa es sich bei den meisten Berichten überbelassene Fremdkörper um Einzelfallbeschreibungenhandelt, können keine präzisenAussagen über die Häufigkeit verschiedenerchirurgischer Materialien bzw. Instrumentegetroffen werden. In der derzeit größten Untersuchungaus der Mayo-Clinic handelte essich jedoch bei 23/34 identifizierten Fremdkörpernum Tupfer bzw. Kompressen (1).Es ist allein aufgrund der Größe, der Materialbeschaffenheit,der optischen Eigenschaftenusw. wahrscheinlich, dass textile Fremdkörperam häufigsten belassen werden. BelasseneDrainagen und chirurgische Instrumentewie Klemmen, Spatel u.ä. dürften eher dieAusnahme darstellen, sind jedoch für dieLaienpresse umso „spektakulärer“.Nach einer aktuellen Übersicht treten belasseneFremdkörper in absteigender Reihenfolgenach Eingriffen im Abdomen (56%),Becken (18%) und Brustkorb (11%) auf (2).In einer multivariaten Analyse erwiesen sichein Notfalleingriff (8,8-fach erhöhtes relativesRisiko) und ungeplante Änderungen imOP-Ablauf (4,1-fach erhöhtes relatives Risiko)als gefährdende Situationen (Abbildung 2)(3). Dieses Risikomuster wurde in einer anderenStudie bestätigt (4).Wesentliche präventive Maßnahmen sinddie korrekte Dokumentation und Zählkontrollen.In besonderen Situationen währendeiner Operation kann es dazu kommen, dassdiese Maßnahmen zunächst in den Hintergrundtreten („If you’re under the pump thecount is secondary to getting sutures tied,stopping bleeding, suction, visibility;Abbildung 2: Unabhängige Variablen für ein erhöhtes Risiko unbeabsichtigt belassener Fremdkörper. Controlled RiskInsurance Company (CRICO), 60 identifizierte Fälle + 235 Kontrollen, Beobachtungszeitraum 01/1985 und 01/2001.Nach: AA Gawande, DM Studdert, EJ Orav, TA Brennan, MJ Zinner. Risk factors for retained instruments and spongesafter surgery. N Engl, J Med 2003; 348:229-35.the count is quite secondary... how can youstay accountable to your count when it’s notyour priority?“ [4]). Auch erschweren Notfälle,starke Blutungen oder ein unübersichtlicherSitus das Auffinden von während derOperation in das OP-Gebiet eingebrachtenMaterialien, die nicht dauerhaft verbleibensollen.Deshalb sollte das gesamte Team im Fall von• Notfalleingriffen,• Änderungen im OP-Ablauf,• Ablösung des OP-Teams, der instrumentierendenPerson, des Saalspringers oderWechsel des Operateurs während deslaufenden Eingriffes,• Patienten mit hohem Body Mass Index und• Patienten mit hohem Blutverlustfür das erhöhte Risiko belassener Fremdkörpersensibilisiert sein und, wie in denfolgenden Abschnitten beschrieben, situationsgerechthandeln.Auch wenn die Zählung die akzeptierte,einfachste und ubiquitär anwendbareMethode darstellt, um das Risiko für belasseneFremdkörper zu minimieren, müssenihre diagnostischen Grenzen bekannt sein.In einer US-amerikanischen Studie wurden22 belassene Fremdkörper nach insgesamt153263 koronaren Bypass-Operationenregistriert (5). In 17 Fällen war das Ergebnismehrfacher Zählungen korrekt, entsprechendeiner Sensitivität von 77%. Die Spezifitätder Zählung war mit 152196/153241oder 99% nahezu perfekt. Dies bedeutet, dasseine fehlerhafte Zählung mit hoher Sicherheitauf einen verbliebenen Fremdkörperhinweist, ein korrektes Zählergebnis verbliebeneFremdkörper jedoch nicht ausschließt.Solange sich jedoch automatisierte Verfahrenwie eine Barcode-Markierung von Tupfernnoch im Experimentalstadium befinden (6),muss die Zählung trotz möglicher Einschränkungenals derzeitiger präventiverGoldstandard angesehen werden.Literatur(1) RR Cima, A Kollengode, J Garnatz et al.:Incidence and characteristics of potentialand actual retained foreign object events insurgical patients. J Am Coll Surg 207, 2008,S. 80-87.(2) W Wan, T Le, L Riskin et al.:Improving safety in the operating room:a systematic literature review of retainedsurgical sponges. Curr Opin Anaesthesiol 22,2009, S. 207-214.(3) AA Gawande et al.:Risk Factors for Retained Instruments andSponges after Surgery. NEJM 348, 2003,S. 229-235.(4) AE Lincourt, A Harrell, J Cristiano et al.:Retained foreign bodies after surgery. J SurgRes 138, 2007, S. 170-174.(5) R Riley, E Manias, A Polglase:Governing the surgical count throughcommunication interactions: implicationsfor patient safety. Qual Saf Health Care 15,2006, S. 369-374.(6) NN Egorova, A Moskowitz, A Gelijns et al.:Managing the prevention of retained surgicalinstruments: what is the value of counting?Ann Surg 247, 2008, S. 13-18.(7) CC Greenberg, R Diaz-Flores,SR Lipsitz et al.: Bar-coding surgical spongesto improve safety: a randomized controlledtrial. Ann Surg 247, 2008, S. 612-616.14 15


EmpfehlungenEmpfehlungenB. EmpfehlungenEmpfehlungen zur Vermeidung vonund zum Umgang mit unbeabsichtigtbelassenen FremdkörpernAus den Fallbeschreibungen und Statistikender medizinischen Fachliteratur lassen sichkeine Rückschlüsse über konkrete Ursachen fürein unbeabsichtigtes Belassen von Fremdkörpernziehen, vor allem weil eine Beschreibungder Vorgehensweise bei den Zählkontrollen inder Regel fehlt. Für Deutschland existiert einebundesweit einheitliche Lehrmeinung zurDurchführung von Zählkontrollen ebensowenig wie Empfehlungen der ärztlichen bzw.pflegerischen Berufsverbände und Fachgesellschaften.Die Projektgruppe „Unbeabsichtigt belasseneFremdkörper im OP-Gebiet“ hat auf derGrundlage nationaler und internationalerVeröffentlichungen mögliche Maßnahmenzur Durchführung und Unterstützungdiskutiert. Der Slogan Jeder Tupfer zählt!wurde als provokante Aussage gewählt undsteht stellvertretend für alle Materialien,welche während einer Operation zum Einsatzkommen. Unter der Berücksichtigung, dasses sich bei großen operativen Engriffen ummehr als 150 Instrumente, 50 Bauchtücher,20 Rollen, 100 Tupfer und Präpariertupfer,60 Nadeln und diverse Zusatzmaterialienwie z.B. Gefäßzügel handeln kann, erscheinteine standardisierte Vorgehensweise bei derDurchführung der Zählkontrollen zwingendnotwendig.1. Welche Maßnahmen können einsolches Ereignis vermeiden?Im Rahmen des Risiko- und Qualitätsmanagementssind interprofessionelle, klinikinterneStandards zur Prävention inklusivederen Implementierung, Einhaltung, regelmäßigerSchulung und Überarbeitungfestzulegen.Dies erscheint umso wichtiger, da die Inhalteund die Durchführung der Zählkontrolleweder in den Curricula der OperationstechnischenAssistenten (OTA) noch in den meistenWeiterbildungsverordnungen des Fachkrankenpflegepersonalsfür den Operationsdienstexplizit erwähnt werden. Ausnahmen findensich in der Weiterbildungsverordnung desLandes Nordrhein-Westfalen und in einigenwenigen europäischen Ländern. Für Ärzteund Fachärzte fehlen derartige Aus- undWeiterbildungsinhalte in den Curriculavollständig. Zur Verbesserung dieser Situationsollten Standards zur Vermeidung unbeabsichtigtbelassener Fremdkörper und zurDurchführung von Zählkontrollen künftigauch Aufnahme in die Curricula aller Aus-,Fort- und Weiterbildungsordnungen vonPflegenden und Ärzten finden.1.1. Allgemeine EmpfehlungenDie sichere Betreuung und Behandlung der Patientenin den Operationsabteilungen ist vonTeamarbeit geprägt und abhängig. Die Empfehlungender Projektgruppe wurden unter demAspekt der Teamarbeit erstellt und umfassen dieinterdisziplinäre und berufsgruppenübergreifendeErarbeitung sowie die schriftliche Festlegung:• der Verantwortlichkeiten und der Aufgabender beteiligten Personen• der Zählmethode• zur Art und Beschaffenheit der zu zählendenMaterialien (z.B. röntgenpositiv)• des Umfanges, der Häufigkeit undder Zeitpunkte der Zählkontrollen• der Vorgehensweise bei einem Teamwechsel• der Vorgehensweise bei Diskrepanzenbei den Zählergebnissen• der Vorgehensweise bei beabsichtigtbelassenen Materialien• der Vorgehensweise bei vital bedrohlichenNotfällen (Aussetzen von Zählkontrollen)• des Umganges mit Materialien, welchewährend einer OP zur Entsorgung anfallen• der Dokumentation.Darüber hinaus empfiehlt die Arbeitsgruppedie Erarbeitung von einheitlichen schriftlichenFestlegungen zum Umgang mit:• Beinaheschäden• dem eingetretenen Ereignis eines unbeabsichtigtbelassenen Fremdkörpers• Patienten, die vermuten, dass bei ihnen unbeabsichtigtein Fremdkörper belassen wurde• beabsichtigt belassenen Fremdkörpern.Die Empfehlungen bedürfen der Anpassungund Implementierung an klinikinterneVorgaben im Bereich des Qualitäts- undRisikomanagements, sie wollen und könnendiese nicht ersetzen. Die Empfehlungenstehen Gesundheitseinrichtungen und den inder Gesundheitsversorgung tätigen Fachpersonenals Grundlage zur Verfügung. Sie sollenUnterstützung bei der Erstellung ihrerbetriebsinternen Richtlinien geben. Die spezifischeAusgestaltung und Anwendungentsprechend den jeweils geltenden Sorgfaltspflichtenliegen in der ausschließlichenEigenverantwortung der hier fachlich geeignetenLeistungserbringer.Die Zählkontrolle ist für jede operativeFachdisziplin von hoher Wichtigkeit undträgt zur Sicherheit und Risikominimierungfür alle beteiligten Personen bei. Die Projektgruppeist sich darüber bewusst, dasstrotz genauester Durchführung das unbeabsichtigteZurücklassen von Fremdkörperndurch Zählkontrollen niemals vollständigausgeschlossen werden kann. Auch wennGawande (2) festgestellt hat, dass in 88% derFälle, bei denen ein unbeabsichtigt belassenerFremdkörper festgestellt wurde, die Zählkontrollescheinbar korrekt durchgeführt wurde(eine Beschreibung der praktizierten Vorgehensweisewar der Untersuchung nicht zuentnehmen), vertritt die Projektgruppe dieMeinung, dass sich durch standardisierteZählkontrollen (wie oben beschrieben) dasRisiko für unbeabsichtigt belassene Fremdkörpererheblich minimieren lassen kann.Ein Mehr an Sicherheit kann nur durchsystematische, vollständige und dokumentierteZählkontrollen prä-, intra- und postoperativerreicht werden: In einer Studie berichtetenGawande und Kollegen 2003, dass in 88% derFälle, bei denen ein unbeabsichtigt belassenerFremdkörper belassen wurde, die Zählkontrollescheinbar korrekt durchgeführt worden war.Jedoch fehlten den Autoren genauere Angabenzur Art und den Zeitpunkten dieser Zählkontrollen.In aller Regel handelte es sich allein um eineabschließende Zählkontrolle („final count“).Das Beispiel zeigt, dass eine einmalige Zählungzum Ende der OP keine Sicherheit über dieRichtigkeit der Zählergebnisse bringen kann.Wir empfehlen, eine Regelung auch für Ausnahmefällezu treffen, z.B. bei vital bedrohlichenNotfällen. Hier kann es zu Situationenkommen, in denen Instrumente, Verbandsmaterial,Tupfer, Kompressen usw. ad hoc eingebrachtwerden müssen und eine präoperativeZählkontrolle aus zeitlichen Gründen nichtregelhaft erfolgen kann. Sobald die Situationjedoch beherrscht ist, sollte die Operation kurzunterbrochen werden, um die ausgesetzte Zählkontrolledurchzuführen und zu dokumentieren.Danach entspricht das weitere Vorgehen demoben dargestellten regelhaften Verfahren.1.2. Empfehlungen für die praktischeDurchführung von ZählkontrollenZusätzlich zu den allgemeinen Empfehlungenhat sich die Projektgruppe auf wesentliche16 17


EmpfehlungenEmpfehlungenMinimalkriterien für die Durchführung derZählkontrollen geeinigt und empfiehlt diesefür die Umsetzung in der Praxis. Neben derVorgehensweise bei den prä-, intra- und postoperativenZählkontrollen werden auch dieVorgehensweisen bei Diskrepanzen in einerZählkontrolle und bei beabsichtigt belassenenMaterialien aufgegriffen und kurz dargestellt.Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht.a) Präoperative ZählkontrollenZiel: Alle zum Einsatz kommenden Materialiensind bekannt, gezählt und dokumentiertEmpfehlung: Der Instrumentierdienst undder Springerdienst zählen je nach Fachdisziplinz.B.:• Instrumentensiebe• Zusatzinstrumente• Nadeln und Nadelfadenkombinationen• röntgenpositive Verbrauchsmaterialien(wie z.B. Bauchtücher, Rollen, Tupfer,Präpariertupfer und Kompressen)• nicht röntgenpositive Materialien (wie z.B.Zügel, Einmalspritzen) und Implantate.Sie zählen nach dem „Vier-Augen-Prinzip“und dokumentieren die Ergebnisse nachabteilungsspezifischer Vorgabe.Im Rahmen des „Team-Time-Out“ erfragtder Operateur das Ergebnis der Zählkontrolle.Begründungen/Erläuterungen: Durch dieumfassende präoperative Zählkontrolle wirdder tatsächliche Bestand der im Sterilbereichzur Verfügung stehenden Materialien erhoben.Die Dokumentation erlaubt jederzeitRückschlüsse auf die Ausgangslage. Die Formund der Umfang der Dokumentation solltenabteilungsspezifisch festgeschrieben werdenund Hilfsmittel, wie z.B. Sieblisten, Checklistenetc., mit beinhalten. Der für die jeweilige Operationbenötigte Zeitaufwand für die Zählungist bei den Wechselzeiten mit einzuplanen.Häufig gestellte Fragen:Was bedeutet das „Vier-Augen-Prinzip“?Die Zählungen sollten immer von zweiPersonen durchgeführt werden und zwar inder Form, dass beide Personen gleichzeitigdie Materialien sehen können. Dies wird z.B.dadurch erreicht, dass die instrumentierendePerson die angenommenen Bauchtücher demSaalspringer sicht- und hörbar vorzählt. Dieskann das Risiko des „Verzählens“ minimieren.Gibt es Materialien, die nicht gezähltwerden müssen?Grundsätzlich sollten keine Materialienaus der Zählung ausgeschlossen werden.Ausnahmen sollten schriftlich in den Abteilungengeregelt sein.Was ist bei der Dokumentation zu beachten?Die Dokumentation sollte im Idealfall umgehenderfolgen. Sollte die vorhandeneEDV-Dokumentation nicht den gewünschtenAnforderungen entsprechen, könnte ggf. einZählprotokoll auf Papier geführt werden, bisdie EDV ergänzt ist. Die Dokumentationsollte Rückschlüsse auf alle im Einsatzbefindlichen Materialien (einschließlich z.B.Nadeln und Zusatzinstrumente) erlauben.Als ergänzende Maßnahme haben sich auchTafeln (Whiteboards) bewährt, auf denen diesich im Umlauf befindlichen Verbrauchsmaterialienund Nadeln dokumentiert werden.Warum sollte der Operateur den Zählstatuserfragen?Der Operateur trägt die Letztverantwortungfür die Prozedur und sollte sich zu Beginnüber den aktuellen Stand informieren.Was ist ein „Team-Time-Out“?Das „Team-Time-Out“ ist ein letztes Innehaltendes Behandlungsteams unmittelbar vor demSchnitt. Der englische Begriff wurde imDeutschen beibehalten, weil er die positivenAspekte des gemeinsamen Handelns treffendzusammenfasst. Siehe dazu auch die Handlungsempfehlungendes Aktionsbündnis<strong>Patientensicherheit</strong> e.V. zur Vermeidung vonEingriffsverwechslungenwww.aktionsbuendnis-patientensicherheit.deb) Intraoperative ZählkontrollenZiel: Alle ergänzten Materialien sindbekannt, gezählt und dokumentiert.Empfehlung:• Der Instrumentierdienst und der Springerdienstzählen alle zusätzlich angereichtenMaterialien nach dem „Vier-Augen-Prinzip“.• Der Instrumentierdienst überprüft alleMaterialien, welche durch den Operateurund/oder den Assistenten zurückgegebenwerden, auf Vollständigkeit.• Offizielle Zählkontrollen erfolgen grundsätzlichvor dem Verschluss von Körperhöhlenund Organen, vor dem Wundverschluss,vor bzw. bei der Hautnaht oder allgemeinrechtzeitig vor Ende der OP sowie beijedem Teamwechsel oder auf Wunsch desInstrumentierdienstes.• Jedes Teammitglied muss Zweifel laut unddeutlich aussprechen.• Offizielle Zählkontrollen erfolgen durch zweiPersonen (Instrumentierdienst und Springerdienst).Sofern nicht nach dem „Vier-Augen-Prinzip“ verfahren werden kann, werden dieZählergebnisse getrennt angesagt. DerSpringerdienst dokumentiert die Ergebnisseauf dem Zählprotokoll.• Nach jeder offiziellen Zählkontrolle wirdder Operateur über das Ergebnis informiert.Der Operateur• informiert den Instrumentierdienst übervorübergehend und dauerhaft beabsichtigtin den OP-Situs eingebrachte Materialenund über deren Entfernung• überprüft OP-Situs vor dem Wundverschluss• kündigt den Wundverschluss zeitgerecht an• gewährt die erforderliche Zeit für einegewissenhafte Zählkontrolle, auch imRahmen eines Teamwechsels• bestätigt die Ansage der Zählkontrolle• klärt Diskrepanzen sofort und leitet ggf.weitere Maßnahmen ein• erfragt nochmals das offizielle Zählergebnisam Ende des Eingriffs.18 19


EmpfehlungenEmpfehlungenBegründungen/Erläuterungen: Die intraoperativePhase ist sehr von Teamarbeitgeprägt. Der Instrumentier- und der Springerdiensthaben unter anderem dafür Sorge zutragen, dass alle ergänzten Materialien überprüftund dokumentiert werden und dass dievereinbarte Vorgehensweise bei den Zählkontrolleneingehalten wird. Der Operateur mussvor dem Wundverschluss den OP-Situs überprüfen,dem Instrumentier- und Springerdienstdie erforderliche Zeit einräumen, Zählergebnissebestätigen und sich am Ende des Eingriffsdavon überzeugen, dass die Zählung korrekt ist.Häufig gestellte Fragen:Wie kann das „Vier-Augen-Prinzip“intraoperativ angewendet werden?Intraoperativ beginnt z.B. der Springerdienstdamit, dem Instrumentierdienst die abgegebenenMaterialien vorzuzählen und der Instrumentierdienstgreift das Ergebnis auf und zähltdie sich noch am Tisch befindlichen Materialiendem Springerdienst ergänzend vor.Warum müssen Zählergebnisse getrenntangesagt werden?Sollte bei der Zählkontrolle nicht nach dem „Vier-Augen-Prinzip“ verfahren werden können, solltender Instrumentier- und der Springerdienstihre Zählergebnisse getrennt ansagen. Formulierungen,welche z.B. dem Instrumentierdienstvorgeben, welche Anzahl sich noch amTisch befinden sollte, sollten vermieden werden.Warum sollten Zählkontrollen bei einemTeamwechsel durchgeführt werden?Ein Teamwechsel stellt ein erhöhtes Risiko fürunbeabsichtigt belassene Fremdkörper dar (1),(2). Beim Wechsel des Springerdienstes sollteneben den patientenbezogenen Informationenauch eine Übergabe des präoperativen Zählergebnisses,der zusätzlich angereichten Materialienund der bereits vom Instrumentierdienstabgegebenen Materialien einschließlich eventuellerInstrumente erfolgen. Bei einem Wechseldes Instrumentierdienstes sollte die Übergabenach einem einheitlichen System durchgeführtwerden. Dies sollte z.B. die Vollständigkeit derSiebe, das Instrumentarium und die Materialienauf dem Instrumentiertisch, sich im Umlaufbefindliche, temporär oder dauerhaft eingebrachteMaterialien und weitere Besonderheitenumfassen.Wie können Teammitglieder Zweifeläußern?Zweifel an der Vollständigkeit beziehungsweiseUnstimmigkeiten bei Zählkontrollen müssenlaut und deutlich angesagt werden. Im Idealfallgeschieht dies durch den Instrumentierdienst,ansonsten können und müssen Zweifelvon jedem Teammitglied geäußert werden.Was kennzeichnet offizielle Zählkontrollen?Offizielle Zählkontrollen sind von den kontinuierlichenintraoperativen eindeutig abzugrenzen.Sie erfolgen immer durch denInstrumentier- und den Springerdienst undbeziehen den Operateur mindestens durchdie Ansage des Ergebnisses mit ein (3).Die Zeitpunkte für die Durchführung solltenallen Mitarbeitenden bekannt sein, die dafürbenötigte Zeit sollte eingeplant werden.Offizielle Zählkontrollen beinhalten alleMaterialien die sich noch im sterilen Bereichbefinden und alle Materialen, die vom Instrumentierdienstbereits abgegeben wurden.Warum muss der Operateur die Ansageder Zählkontrolle bestätigen und dasZählergebnis nochmals erfragen?Der Operateur trägt die Letztverantwortungfür den operativen Eingriff. Die Bestätigungdes Zählergebnisses belegt seine Kenntnisnahme.Das aktive Erfragen der Zählergebnisseam Ende der Operation ist zur Sicherheit allerBeteiligten empfohlen (4).Wie ist mit zusätzlich eingebrachtenSpezialinstrumentarium zu verfahren?Alle zusätzlich intraoperativ benötigten Materialienund Instrumente werden gezählt bzw. aufVollständigkeit kontrolliert und dokumentiert.Alle Materialien und Instrumente verbleibenwährend der Operation im OP/Eingriffsraum.Sollte eine Entfernung aus dem OP/Eingriffsraumerforderlich sein, so ist eine sofortige Zählkontrolleund Dokumentation durchzuführen.c) Postoperative ZählkontrollenZiel: Der Patient verlässt den OP/Eingriffsraumnur ohne oder mit beabsichtigt eingebrachtenMaterialien.Empfehlung:• Der Instrumentierdienst und ggf. derSpringerdienst überprüfen letztmaligdie Vollständigkeit der Materialien beider Entsorgung derselben.• Die Zählergebnisse des Instrumentierdienstesund des Springerdienstes werdenauf dem Zählprotokoll dokumentiert undzeitnah von beiden Personen abgezeichnet.• Besonderheiten und zusätzliche Zählkontrollenwerden im Zählprotokoll dokumentiert.• Die endgültige Entsorgung der im Zählprotokollaufgeführten Materialien erfolgterst nach Abschluss und Dokumentationder postoperativen Zählkontrolle.• Im OP-Bericht dokumentiert der Operateurdas Ergebnis der Zählkontrolle und evtl.Besonderheiten.Begründungen/Erläuterungen: Am Endeder OP müssen die noch nicht abschließendgezählten Materialien auf Vollständigkeitüberprüft werden. Eine detaillierte Dokumentationmuss als Nachweis erbracht werden.Häufig gestellte Fragen:Was heißt „zeitnahes Abzeichnen“?Bei optimalen Rahmenbedingungen sollteder Patient die Abteilung mit dem vomInstrumentier- und vom Springerdienstunterzeichneten Dokument verlassen.Was sind Besonderheiten, die im Zählprotokolldokumentiert werden sollen?Im Zählprotokoll sollten z.B. Angaben überbewusst eingebrachte und belassene Materialen,über die Vorgehensweise bei Diskrepanzen,über nicht auffindbare Materialienund über die Entfernung beabsichtigt belassenerMaterialien aus der vorangegangenenOP zu finden sein. Sollte bei vital bedrohlichenNotfällen eine korrekte Zählkontrollenicht möglich gewesen sein, ist auch dieseszu dokumentieren.Literatur(1) AA Gawande et al.:Risk Factors for Retained Instruments and Spongesafter Surgery. NEJM 348, 2003, S. 229-235.(2) NN Egorova, A Moskowitz, A Gelijns et al.:Managing the prevention of retained surgicalinstruments: what is the value of counting?Ann Surg 247, 2008, S. 13-18.(3) P Ebbeke:Belassene Fremdkörper – aus Sicht der OP-Schwester.Chirurg 78, 2007, S.13-21.(4) World Health Organisation (WHO) (Hg.),Surgical Safety Checklist. Veröffentlicht 2008.http://www.who.int/patientsafety/safesurgery/tools_resources/SSSL_Checklist_finalJun08.pdf (LetzterZugriff: 29/07/09). Deutsche Version der DeutschenGesellschaft für Chirurgie unter http://www.dgch.de/downloads/dgch/Aktuelles/WHO_Checkliste.pdf(Letzter Zugriff: 07/08/09).20 21


EmpfehlungenEmpfehlungen2. Grundsätze der Vorgehensweisebei Diskrepanzen bei einerZählkontrolleGrundsätzlich wird folgende Vorgehensweiseempfohlen: Stopp der Prozedur. ErneuteZählung. Bei bestehender Diskrepanz entscheidetder Operateur über das weitereVorgehen. In der Regel umfasst dieses diesystematische Revision des Wundgebietesund ggf. eine Röntgenkontrolle. Eine Dokumentationhat zu erfolgen.Anmerkungen:• Die intra- bzw. postoperative Röntgenkontrolleist im begründeten Fall einer nicht aufklärbarenDiskrepanz bei der Zählkontrolledurchzuführen. Ausnahmen, welche z.B. inder Größe des Fremdkörpers liegen könnten(z.B. abgebrochene Nadelspitze), sollten entsprechenddokumentiert werden (1).• Eine routinemäßige postoperative Röntgenkontrolleist sowohl aus Gründen der Strahlenbelastung,der Sensitivität und derSpezifität als auch des Aufwandes derzeitnicht empfehlenswert (1).• Anstelle der röntgenpositiven Markierungenvon Kompressen, Bauchtüchern, Tupfernetc. stehen Verfahren wie Radiofrequenzinduzierende Markierung (RFID) ineinigen Einrichtungen zur Verfügung.Die Überlegenheit dieser Verfahren gegenüberder standardisierten, oben beschriebenenZählkontrollen konnten bislang im Rahmenvon Studien nicht belastbar bewiesenwerden (2).• Für den Fall, dass eine Diskrepanz bei denNadeln bestehen sollte, gilt es für den Operateur,folgende Aspekte zu berücksichtigen:Macilquham et al. stellten fest, dass Nadelnerst ab einer Größe von 13 mm röntgenologischdargestellt bzw. erkannt werdenkönnen. Der Operateur hat deshalb zuentscheiden, ob eine röntgenologischeSuche sinnvoll ist. Darüber hinaus gilt es,den eventuellen Verbleib einer Nadel oderNadelanteilen in Relation zum operativenAufwand und dem damit verbundenenRisiko für den Patienten zu setzen (1).Literatur(1) MD Macilquhan, RG Riley, P Grossberg:Identifying lost surgical needles using radiographictechniques. AORN J 78 (1), 2003, S. 73-78.(2) A Macario, D Morris, S Morris:Initial Clinical Evaluation of a Handheld Device forDetecting Retained Surgical Gauze Sponges UsingRadiofrequency Identification Technology; ArchSurg141, 2006, S. 659-662.3. Grundsätze für die DokumentationFür die Dokumentation der Zählkontrolle gelten die allgemein bekannten Grundsätze: Nebender Nachvollziehbarkeit sollte sie zeitnah, eindeutig, wahrheitsgemäß und vollständig sein.Folgende Maßnahmen können die Minimaldokumentation ergänzen und zusätzlich für mehrTransparenz und Sicherheit sorgen:1.Verwendung von Sieb- bzw.Packlisten zur Zählkontrolle vonInstrumentensieben2.zusätzliche Visualisierung der angereichtenMaterialien für das OP-Team (z.B. aufeinem Whiteboard)3.Dokumentation des Ergebnisses jederoffiziellen Zählkontrolle, auch bei einemTeamwechsel4. Dokumentationvon Besonderheiten5.Abzeichnung der Zählkontrolledurch die involvierten Mitarbeitenden6.zusätzliche Papierdokumentation derZählkontrolle, wenn z.B. das vorhandeneEDV-Programm den Anforderungender Abteilung an die Dokumentationnicht gerecht wird.22 23


EmpfehlungenEmpfehlungen4. Vorgehensweise bei beabsichtigtbelassenen Fremdkörpern5. Vorgehen bei vermutetem odertatsächlichem Schadensfallvorliegen. Dieses Gespräch sollte möglichstinnerhalb von 24 Stunden stattfinden.4.1. Allgemeine Grundsätze zurVorgehensweiseBeabsichtigt belassene Fremdkörper imWundgebiet – z.B. das Belassen von Bauchtüchern(„packing“) oder Tamponaden wieNasen- oder Vaginaltamponaden – sindunter Angabe der Anzahl und der Lokalisationdurch den Operateur im OP-Bericht undÜbergabeprotokoll zu dokumentieren. Auchalle weiteren Veränderungen, wie z.B. dasEntfernen von einem Teil einer Tamponadenach der Operation, müssen in der Krankenaktedokumentiert werden, z.B. im Rahmeneines Verbandwechsels durch das Personal.Sollten auf Station unter bestimmten BedingungenFremdkörper – z.B. zur Blutstillung– in das OP-Gebiet eingebracht werden,muss Zahl und Art der eingebrachtenMaterialien genauestens dokumentiert werden.4.2. Sonderfall: Risiko-Nutzenabwägungunbeabsichtigt oder beabsichtigtbelassener metallischer FremdkörperUnbeabsichtigt belassene, jedoch bei späterenRöntgen-Kontrollen erkannte rostfreie,gebogene, nicht eisenhaltige (d.h. nichtmagnetische) Nadeln, die kleiner als 13 mmsind, können nicht nur unter dem Gesichtspunktkünftig eventuell notwendiger MRT-Untersuchungen des betroffenen Patientenohne Risiko belassen werden. Auch ist derdurch eine Entfernung hervorgerufeneSchaden für den Patienten weitaus größer alsdas sehr kleine und damit vernachlässigbareRisiko einer künftigen Symptomatik undSchädigung durch die belassene Nadel (1)!Analog hierzu ist auch bei abgebrochenenBohrerspitzen, Kirschnerdrahtspitzen oderSchraubenanteilen, die als sicher im Knochengewebelokalisiert sind, zu verfahren. Lautunserer Definition werden diese Fremdkörperals beabsichtigt belassen definiert, sofern sieschon während des Eingriffes als solcheerkannt sind bzw. als unbeabsichtigt belassen,falls sie erst im Laufe von Röntgenverlaufskontrollenerkannt werden. Unter dem Gesichtspunktder Risiko-Nutzenabwägung kann dieEntfernung des Fremdkörpers einen weitausgrößeren Schaden darstellen als sein Verbleib.Literatur(1) MD Macilquhan, RG Riley, P Grossberg:Identifying lost surgical needles using radiographictechniques. AORN J 78 (1), 2003, S. 73-78.(2) Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie,AWMF-Leitlinien:Implantatentfernung. 2008 veröffentlicht.http://leitlinien.net/ (Letzter Zugriff: 31/07/09).Entgegen häufig geäußerten Befürchtungenbestehen keine rechtlichen Bedenkengegen eine offene Kommunikation mit demPatienten nach einem Zwischenfall. Aucheine Anerkenntnis ist möglich, zuvor sollteallerdings wegen der damit verbundenenrechtlichen Bewertung der Kontakt zumVersicherer gesucht werden.Die Frage, wie bei einem vermuteten odertatsächlichen Schadensfall vorzugehen ist,sollte in einem Krankenhaus klar geregeltsein. Das Aktionsbündnis <strong>Patientensicherheit</strong>e.V. wird hierzu in Kürze eine umfassendeEmpfehlung zum Verhalten im Schadensfallerarbeiten. Interessierte Kreise werden bereitsjetzt auf diese zukünftige Veröffentlichunghingewiesen. Im Hinblick darauf beschränktsich die Arbeitsgruppe im Rahmen dieses <strong>Glossar</strong>sbewusst auf einige wesentliche Hinweise.Wird ein Schadensfall aufgrund einerDiskrepanz in der Zählkontrolle vermutetoder wird postoperativ ein Fremdkörperfestgestellt, sollten folgende Regeln beachtetwerden:1. Bei einer Diskrepanz in der Zählkontrollemuss bis zum Beweis des Gegenteilesdavon ausgegangen werden, dass es zueinem Verbleiben im Körper des Patientengekommen ist. Die Revision des Situs istzusammen mit einer intraoperativenRöntgenuntersuchung erforderlich.2. Der zuständige Chefarzt sowie die Pflegedienstleitungsind durch den Operateurbzw. durch die Person, die den Fremdkörperfeststellt, zeitnah zu informieren. DerChefarzt wiederum hat die Klinikleitungin Kenntnis zu setzen.3. Darüber hinaus ist der Patient möglichstlückenlos zu informieren, nachdem verlässlicheInformationen und klare Fakten4. Das Gespräch ist von einer verantwortlichenPerson aus dem Behandlungsteam zuführen. Wenn möglich sollte der Patient zudieser Person ein Vertrauensverhältnishaben und diese sollte das Gefühl vonFürsorge und Kompetenz für die weitereBehandlung vermitteln.5. Das Gespräch sollte in einer Umgebungstattfinden, in der die Privatsphäre desPatienten gewahrt wird und eine ruhigeKommunikation möglich ist.6. In dem Gespräch sollte sich auf die Darlegungvon Fakten beschränkt werden mitkonkreten Hinweisen was und wie espassiert ist und wie sich der weitere Behandlungsverlaufgestalten wird. Wichtigist dabei vor allem, dass das Bedauernund die Betroffenheit des Behandlungsteamszum Ausdruck gebracht werden.Daneben sollten mit dem Patienten undgegebenenfalls mit seinen Angehörigendie Folgen dieses Schadensfalls sowie dieweitere Vorgehensweise zur Behebungder Situation besprochen werden. Überdieses Gespräch sollte ein Gesprächsprotokollerstellt werden. Nur in sehr schwerwiegendenFällen erscheint es angebracht,den Patienten um die gemeinsame Unterzeichnungdieses Protokolls zu bitten.7. Entgegen häufig geäußerten Befürchtungenbestehen keine rechtlichen Bedenken gegeneine offene Kommunikation mit demPatienten nach einem Zwischenfall. Einederartige Vorgehensweise ist im Gegenteilhäufig konfliktvermeidend. Eine Pflicht zurAufklärung bzw. Information besteht jedenfallsdann, wenn sich aus dem Zwischenfalleine weitere Behandlungsbedürftigkeitergibt. Es handelt sich dabei entweder umeine Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertragwährend der noch laufenden Be-24 25


EmpfehlungenzusammenfassungC. Zusammenfassunghandlung oder um eine nachvertraglichePflicht aus dem Behandlungsvertrag nachBeendigung des Behandlungsverhältnisses.8. Dagegen gibt es nach umstrittener, aberüberwiegender Meinung in Literatur undRechtsprechung keine allgemeine Verpflichtungdes behandelnden Arztes denPatienten über einen eigenen Fehler zuinformieren.9. Auch eine Anerkenntnis ist möglich,zuvor sollte allerdings wegen der damitverbundenen rechtlichen Bewertung derKontakt zum Versicherer gesucht werden.Grundsätzlich führt zwar nach der Reformdes Versicherungsvertragsgesetzes (VVG)zum 01. Januar 2008 ein Anerkenntnis nichtzum Verlust des Versicherungsschutzes.Der Anerkennende muss aber den Schadengegebenenfalls selbst tragen, nämlich dann,wenn der Versicherer dafür nicht einzustehenhat. Dies ist dann der Fall, wenn trotzVorliegens eines Fehlers und eines eingetretenenSchadens die Haftung des Arztesim Einzelfall zu verneinen wäre, weil esz.B. an der erforderlichen Kausalitätzwischen Fehler und Schaden mangelt.10. Medizinisch ist je nach Sachlage eineweiterführende Diagnostik – diagnostischeKaskade – entsprechend des Befundes,des Zustandes des Patienten und dervorhandenen Erfahrung durchzuführen.In aller Regel wird neben der Röntgenuntersuchungeine Schnittbilddiagnostikmit Computertomographie mit Kontrastmittelgabeund/oder Magnetresonanztomographienotwendig sein. Das Ergebnisebenso wie die sich daraus ergebendenKonsequenzen sind dem Patienten undAngehörigen wiederum zeitnah mitzuteilenund zu dokumentieren.11. Im Falle von operativen oder interventionellenMaßnahmen ist dem Patienten anzubieten,dass diese vom Chefarzt oder voneinem Operateur mit der größten Erfahrungdurchgeführt werden.12. Eine Information des Haftpflichtversicherersist erst dann erforderlich, wenn es konkreteAnsatzpunkte dafür gibt, dass der Patienteinen Schadenersatzanspruch geltendmachen will. Gegebenenfalls kann derVersicherer oder – falls vorhanden – derdas Haus betreuende Versicherungsmaklervorsorglich von dem Schadensfall informiertwerden.13. Verlangt der Betroffene Einsicht in dieKrankenunterlagen, ist diesem Verlangenmöglichst zeitnah nachzukommen. Soferngewünscht, sollten ihm, gegebenenfallsgegen entsprechende Kostenerstattung,Kopien der Krankenakte ausgehändigtwerden. Dagegen erfolgt zwingend nieeine Herausgabe von Originalunterlagen,da es sich dabei um Beweismittel handelt.Bei unerwünschten Ereignissen stellt diesachgerechte und zielorientierte Kommunikationmit dem Patienten und seinenAngehörigen neben dem Bemühen, dieFolgen dieses Ereignisses zu minimieren,einen wesentlichen Faktor dar, um eineEskalation zu vermeiden.„Der Patient hat immer Recht“: Somit ist denVermutungen des Patienten immer nachzugehen!Bei unklaren postoperativen Beschwerden darandenken: vollständige, zeitnahe diagnostischeKaskade (Sonographie, Röntgen, CT, MRT mitKontrastmittel).Jeder Tupfer zählt! – dieser Appell ist bewusstgenau so plakativ gewählt wie dasBild, das Vielen „pars pro toto“ vor Augensteht, wenn sie an Fehler in der Medizindenken: die Röntgenaufnahme einesmenschlichen Brustkorbs, darin eine vergesseneOP-Klemme. Mit seinen Empfehlungenzur Vermeidung von unbeabsichtigt belassenenFremdkörpern im OP-Gebiet setzt dasAktionsbündnis <strong>Patientensicherheit</strong> e.V. aufdie Standardisierung und Vereinheitlichungvon Zählkontrollen im OP.Wissenschaftlich ist das Themengebiet derunbeabsichtigt belassenen Fremdkörpernoch nicht voll erforscht. Z.B. gibt es bishernur wenige systematische Untersuchungenzur Häufigkeit unbeabsichtigt belassenerFremdkörper im OP-Gebiet. Geht man aberdavon aus, dass die international beschriebenenHäufigkeiten auf die BundesrepublikDeutschland übertragbar sind, so ist inhiesigen Krankenhäusern und Praxen mitinsgesamt mehreren hundert Fällen proJahr zu rechnen. Zahlreich sind die veröffentlichtenKrankengeschichten, bei denenJahre bis zur Entdeckung eines Fremdkörpersvergehen. Beschwerden wie Fieber, Schmerzenund Passagestörungen bedeuten fürden Patienten zusätzliches Leid; tödlicheVerläufe sind bekannt. Bei Patienten mitunklaren Beschwerden nach einem Eingriffsollte die Möglichkeit eines unbeabsichtigtbelassenen Fremdkörpers deshalb unbedingtin Betracht gezogen werden.Die Annahme, unbeabsichtigt belasseneFremdkörper seien das Ergebnis falschenoder fahrlässigen Verhaltens einzelnerPersonen trifft in aller Regel nicht zu. Vielmehrwerden in der Literatur solche Risikofaktorenals maßgeblich beschrieben, beidenen sich die Konstellationen im OP-Teamändern und damit die Interaktion zwischenden einzelnen Team-Mitgliedern: das sindNotfalleingriffe, unerwartete Veränderungenim OP-Ablauf, Wechsel des chirurgischen Teamsoder Wechsel des Pflegepersonals.Die richtige und verlässliche Verständigungdarüber, welche Materialen in den OP-Situseingebracht werden und wann sie wo verbleiben,ist deshalb von zentraler Bedeutung,um ein unbeabsichtigtes Belassen von Fremdkörpernim OP-Gebiet zu vermeiden. Solangtechnikgestützte Lösungen, die diese Prozesseunterstützen, noch nicht voll ausgereift oderabschließend bewertet sind, bleiben Zählkontrollendas wichtigste Instrument, denkorrekten Verbleib aller Materialien, die beieiner OP Verwendung finden, sicherzustellen.Das Aktionsbündnis <strong>Patientensicherheit</strong> e.V.setzt deshalb auf eine Vereinheitlichung vonZählkontrollen im Rahmen der üblichen OP-Routine. Die nun veröffentlichten Empfehlungensind ein Appell an jede Einrichtung,26 27


zusammenfassungANhangD. Anhangprä-, intra- und postoperative Zählkontrollenstandardisiert durchzuführen und dazu genaueschriftliche Festlegungen berufsgruppenübergreifendzu erarbeiten. Im Einzelnen solltengeregelt sein: die Verantwortlichkeiten undAufgaben der beteiligten Personen; die Zählmethodezur Art und Beschaffenheit der zuzählenden Materialien; Umfang, Häufigkeitund Zeitpunkte der Zählkontrollen; die Vorgehensweisenbei einem Teamwechsel, beiDiskrepanzen in den Zählergebnissen,bei beabsichtigt belassenen Materialien;die Vorgehensweise bei vital bedrohlichenNotfällen; der Umgang mit Materialien,welche während einer OP zur Entsorgunganfallen; sowie die Dokumentation.Die Empfehlungen des Aktionsbündnis<strong>Patientensicherheit</strong> e.V. beinhalten einebeispielhafte Beschreibung vom Ablauf prä-,intra- und postoperativer Zählkontrollen mitfestgelegten Aufgabenverteilungen undVerantwortlichkeiten im OP-Team. FolgendeMaterialien gehören zu den Empfehlungenund stehen im Internet unterwww.aktionsbuendnis-patientensicherheit.dezum kostenlosen Download zur Verfügung:Eine Textversion der Empfehlung, ein Plakatmit Kernbotschaften zur Zählkontrolle imOP, ein Flyer zum Ablauf prä-, intra- undpostoperativer Zählkontrollen sowie dasvorliegende <strong>Glossar</strong> mit weiterführendenInformationen, häufig gestellten Fragenund Literaturhinweisen.Im Fokus der vorliegenden Empfehlungensteht die Prävention, d.h. die erfolgreicheVermeidung unbeabsichtigt belassenerFremdkörper im OP-Gebiet. Auch wennunsere Arbeitsgruppe der Überzeugung ist,dass die hier beschriebenen Maßnahmenwirksam sind, bleibt ein Restrisiko. TrotzEinhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen undSicherheitskontrollen kann es passieren,dass ein Fremdkörper vergessen, übersehenoder sein Verbleib im Rahmen einer letztenZählkontrolle nicht abschließend geklärtwerden kann. Das vorliegende <strong>Glossar</strong> enthältdeshalb ein eigenes Kapitel zur Vorgehensweisebeim vermuteten oder tatsächlichenSchadensfall. Darin werden diagnostischeMaßnahmen ebenso beschrieben wie Verhaltensregelnim Umgang mit dem Patienten,seinen Angehörigen und dem Haftpflichtversicherer.Ergänzend sind einige Grundsätzezur Vorgehensweise bei beabsichtigt belassenenFremdkörpern aufgeführt.Unter der Überschrift Jeder Tupfer zählt!stehen schließlich die folgenden Grundsätze,die zur Durchführung wirksamer Zählkontrollenunerlässlich sind:• Sicherheit braucht Zeit und Ruhe.• Zählkontrolle ist Teamarbeit.• Der Operateur trägt die Letztverantwortung.• Stopp bei Unklarheiten.• Dokumentation schützt und unterstützt.1. Nationale und internationaleEmpfehlungenAmerican College of Surgeons:Statement on the Prevention of retainedforeign bodies after surgery. Bull Am CollSurg 90 (10), 2005, S. 15-16.AORN Recommended Practices Committee:Best practices for preventing a retainedforeign body. 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anhangANhang(VHA Directive 2006 – 030), veröffentlicht:2006. www1.va.gov/vhapublications/View-Publication.asp?pub_ID=1425(Letzter Zugriff: 22/07/09).World Health Organisation (WHO) (Hg.),Surgical Safety Checklist. Veröffentlicht 2008.http://www.who.int/patientsafety/safesurgery/tools_resources/SSSL_Checklist_finalJun08.pdf(Letzter Zugriff: 29/07/09)World Health Organisation (WHO) (Hg.),Implementation Manual Surgical SafetyChecklist. Veröffentlicht 2008.http://www.who.int/patientsafety/safesurgery/tools_resources/SSSL_Manual_finalJun08.pdf(Letzter Zugriff: 29/07/09)2. Weiterführende LiteraturHäufigkeit, Folgen, Umständeund RisikofaktorenKE Bani-Hani, KA Gharaibeh, RJ Yaghan:Retained surgical sponges (gossypiboma).Asian J Surg 28, 2005, S. 109-115.E Bendavid, Y Kaganova, J Needleman et al.:Complication rates on weekends and weekdaysin US hospitals. 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anhangANhangM Devgan:A cost analysis of intra-operative x-rayscreening for retained surgical foreignbodies. Journal of Surgical Research 137 (2),2007, S. 186.MT Egan, WS Sandberg:Auto identification n technology and itsimpact on patient safety in the OperatingRoom of the Future. Surg Innov 14, 2001,S. 41-50.CE Fabian:Electronic tagging of surgical sponges toprevent their accidental retention.Surgery 137 (3), 2005 , S. 298-301.VC Gibbs:Patient Safety in the Operating Room:Correct-Site Surgery and NoThing LeftBehind. Surg Clin N Am 85, 2005, S. 1307-1318.VC Gibbs, FD Coakley, HD Reines:Preventable Errors in the Operating Room:Retained Foreign Bodies after Surgery – Part I.Curr Prob Surg 44, 2007, S.281-337.CC Greenberg, AA Gawande:Beyond Counting: Current Evidence onthe Problem of Retaining Foreign Bodiesin Surgery? Ann Surg 247 (1), 2008, S. 19-20.CC Greenberg, R Diaz-Flores, SR Lipsitz et al.:Bar-coding surgical sponges to improve safety:a randomized controlled trial. Ann Surg 247,2008, S. 612-616.A Macario, D Morris, S Morris:Initial Clinical Evaluation of a HandheldDevice for Detecting RetainedSurgical GauzeSponges Using Radiofrequency IdentificationTechnology; Arch Surg141, 2006, S. 659-662.A Rogers:Radio frequency identification (RFID)applied to surgical sponges.Surg Endose 21 (7), 2007, S. 1235-1237.Vorgehen bei einem vermutetenoder tatsächlichen Schadensfalla) Kommunikation/HaftpflichtMassachusetts Coalition forthe Prevention of Medical Errors (Hg.):When Things go Wrong. Responding toAdverse Events. A Consensus Statement ofthe Harvard Hospitals, o.O. 2006.http://www.ihi.org/NR/rdonlyres/A4CE6C77-F65C-4F34-B323-20AA4E41DC79/0/RespondingAdverseEvents.pdf(Letzter Zugriff: 29/07/09).Stiftung für <strong>Patientensicherheit</strong> Schweiz (Hg.):Wenn etwas schief geht. Kommunizierenund Handeln nach einem Zwischenfall.Ein Konsens-Dokument der Harvard Spitäler(Schriftenreihe <strong>Patientensicherheit</strong> Schweiz 1)o.O. 2006.C Thomeckzek, D Hart, MA Hochreutener et al.:Kommunikation: „Schritt 1“ zur <strong>Patientensicherheit</strong>– auch nach unerwünschtemEreignis (Chir Praxis 70, 2009, S. 691-700).K Ulsenheimer, RW Bock:Der juristische Notfallkoffer. Verhalten nacheinem Zwischenfall(http://www.ulsenheimer-friederich.de/sites/medizinrecht/notfallkoffer.php)(Letzter Zugriff: 29/07/09).K Ulsenheimer:Belassene Fremdkörper aus Sicht des Juristen(Chirurg 78, 2007, S. 28-34).b) Diagnose/BehandlungTC Cheng, AS Chou, PY Chang et al.:Computed tomography findings of gossypiboma.J Clin Med Assoc 70 (12), 2007, S.565-569.RR Cima et al.: A multidisciplinary TeamApproach to Retained Foreign Objects.Jt Comm J Qual Safety 35 (3), 2009, S. 123-132.Deutsche Gesellschaft fürUnfallchirurgie, AWMF-Leitlinien:Implantatentfernung. 2008 veröffentlicht.http://leitlinien.net/ (Letzter Zugriff: 31/07/09).HS Kim, TS Chung, SH Suh et al.:MR imaging findings of paravertebralgossypiboma. Am J Neuroradiol 28 (4), 2007,S. 709-713.MD Macilquhan, RG Riley, P Grossberg:Identifying lost surgical needles usingradiographic techniques. AORN J 78 (1),2003, S. 73-78.DE Manthey, AB Storrow, JM Milbourn et al.:Ultrasound versus radiography in thedetection of soft-tissue foreign bodies.Am Emerg Med 28 (1), 1996, S. 7-9.S Ponrartana, FV Coakley, BM Yeh et al.:Accuracy of plain abdominal radiographsin the detection of retained surgical needlesin the peritoneal cavity. Ann Surg 247, 2008,S. 8-12.K Schönleben A Strobel, F Schönleben et al.:Belassene Fremdkörper- aus der Sicht desChirurgen. Chirurg 78, 2007, S. 7-12.WW Scott, DP Beall, PS Wheeler:The retained intrapericardiac sponge:value of the lateral chest radiograph.Am J Roentgenol 171 (3), 1998, S. 595-597.HA Wieder, H Flussner, EJ Rummeny et al.:Belassene Fremdkörper aus Sicht desRadiologen (Chirurg 78, 2007, S. 22-27).KA Wolfson, LL Seeger, BM Kadell et al.:Imaging of Surgical Paraphernalia: WhatBelongs in the Patient and What Does Not.Radiographs 20, 2000, S. 1665-1673.32 33


wichtige begriffeimpressumE. Wichtige Begriffezur <strong>Patientensicherheit</strong>F. ImpressumDie Projektgruppe „Unbeabsichtigtbelassene Fremdkörper im OP-Gebiet“• Annegret NietzAsklepios Klinik Altona<strong>Patientensicherheit</strong>(engl.: patient safety):wird definiert als Abwesenheitunerwünschter Ereignisse.Unerwünschtes Ereignis(engl.: adverse event):Ein schädliches Vorkommnis, das eherauf der Behandlung denn auf der Erkrankungberuht. Es kann vermeidbar oderunvermeidbar sein.Vermeidbares unerwünschtes Ereignis(engl.: preventable adverse event):Ein unerwünschtes Ereignis,das vermeidbar ist.Kritisches Ereignis(engl.: critical incident):Ein Ereignis, das zu einem unerwünschtenEreignis führen könnte oder dessen Wahrscheinlichkeitdeutlich erhöht.Fehler (engl.: error):Eine Handlung oder ein Unterlassenbei dem eine Abweichung vom Plan, einfalscher Plan oder kein Plan vorliegt. Obdaraus ein Schaden entsteht, ist für dieDefinition des Fehlers irrelevant.Beinaheschaden (engl.: near miss):Ein Fehler ohne Schaden, der zu einemSchaden hätte führen können.Leitung:• Prof. Dr. med. Hartmut SiebertDeutsche Gesellschaft für Unfallchirurgieund Vorstand im Aktionsbündnis<strong>Patientensicherheit</strong> e.V.• Gunhild Leppin M.A.MBA, DRK Schwesternschaft Berlin e.V.und Vorstand im Aktionsbündnis<strong>Patientensicherheit</strong> e.V.Mitglieder der Arbeitsgruppe:• Dipl. pol. Joachim ArndtGeschäftsstelle der DeutschenGesellschaft für Unfallchirurgie• Juliane BeißertDRK Schwesternschaft Berlin e.V.• Gesine Dannenmaier, KTQ-GmbH• Petra EbbekeStädtisches Klinikum BraunschweiggGmbH• Anna Furmaniak• RA Franz Michael PetryEcclesia-Versicherungsdienst• Prof. Dr. med. Hartmut SiebertDeutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie• Hans Joachim StandkeVivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH• PD Dr. med. Dirk StengelDeutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie• Prof. Dr. med. Andreas ZielkeKlinikum Offenbach GmbHFür die redaktionelle Mitarbeit an den Empfehlungenund dem <strong>Glossar</strong> gilt folgendenPersonen besonderer Dank:Herrn Dipl. pol. Joachim Arndt, Frau JulianeBeißert, Frau Petra Ebbeke, Frau GunhildLeppin M.A., MBA, Herrn Dr. med. AndreasKiefer, Frau Dr. phil. Constanze Lessing,Herrn Dr. med. Bernhard Mallmann, HerrnRA Franz Michael Petry, Herrn Professor Dr.med. Hartmut Siebert, Herrn Hans JoachimStandke, Herrn Privatdozent Dr. med. DirkStengel sowie Herrn Professor Dr. med.Andreas Zielke.• Gunhild Leppin M.A.MBA, DRK Schwesternschaft Berlin e.V.• Dr. med. Andreas Kiefer• Dr. med. Matthias Krüger M.A.Klinikum Magdeburg gGmbH• Dr. phil. Constanze LessingInstitut für <strong>Patientensicherheit</strong> derUniversität Bonn• Dr. med. Bernhard MallmannKrankenhaus Maria-Hilf GmbH KrefeldDank gilt auch den Fachgesellschaften undBerufsverbänden, die die Entstehung derEmpfehlungen maßgeblich unterstützt undfachlich beraten haben: BundesarbeitsgemeinschaftWeiterbildung im Operationsdienst,Deutsche Gesellschaft für Allgemein- undViszeralchirurgie e.V., Deutsche Gesellschaftfür Chirurgie e.V., Deutsche Gesellschaft fürGefäßchirurgie e.V., Deutsche Gesellschaftfür Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.,Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde,Kopf- und Hals-Chirurgie e.V.,Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie,34 35


JEDER TUPFER ZÄHLTZielsetzungFür alle Operationen sollen abteilungsspezifisch Maßnahmen zurPrävention von unbeabsichtigt belassenen Fremdkörpern imOP-Gebiet definiert und allen beteiligten Mitarbeitenden bekannt sein.HäufigkeitAllgemein wird davon ausgegangen, dass das Phänomen unbeabsichtigtbelassene Fremdkörper zahlenmäßig eher unter- denn überschätzt wird.Kein Bereich und keine Intervention sind davon ausgenommen.Aus Deutschland liegen bislang keine Veröffentlichungen vor.In der Literatur wird vor allem von unbeabsichtigt belassenen Tupfern,Kompressen, Tamponaden und Bauchtüchern – darüber hinaus vonClips, Nadeln, Nadelteilen, Drainagen, Bohrerspitzen und Drahtteilen –berichtet.RisikenOrthopädie/Unfallchirurgie, Viszeralchirurgie, Urologie sowieGynäkologie und Geburtshilfe sind besonders risikobehaftet.Ein erhöhtes Risiko besteht auch in den folgenden Situationen:• bei Notfalleingriffen• bei unerwarteten Änderungen im OP-Ablauf• bei Einsatz mehrerer chirurgischer Teams• bei Wechsel des Pflegepersonals• bei Patienten mit starkem Übergewicht• bei Patienten mit hohem Blutverlust.Verantwortlichkeiten• Operateur: Er trägt die Letztverantwortung für die Durchführungund das Ergebnis des Zählens• Instrumentier- und Springerdienst: Sie tragen die Durchführungsverantwortung• Leitende Ärzte und Ärztinnen: Sie tragen die Verantwortung für dieAnordnung und Kontrolle der Zählkontrollen bzw. für die Maßnahmenzur Prävention• Krankenhausleitung: Sie ist verantwortlich für die Sicherstellung dererforderlichen materiellen, personellen, finanziellen und zeitlichenRessourcen.SICHERHEIT BRAUCHT RUHEZÄHLKONTROLLE IST TEAMARBEIT JEDER TUPFER ZÄHLTVorschläge zur PräventionDie Projektgruppe schlägt zur Prävention unbeabsichtigt belassenerFremdkörper im OP-Gebiet folgende Punkte zur Umsetzung in denKliniken vor:Interdisziplinäre und berufsgruppenübergreifende Erarbeitung undschriftliche Festlegung:• der Verantwortlichkeiten und der Aufgaben der beteiligten Personen• der Zählmethode• zur Art und Beschaffenheit der zu zählenden Materialien(z.B. röntgenpositiv)• des Umfangs, der Häufigkeit und der Zeitpunkte der Zählkontrollen• der Vorgehensweise bei einem Teamwechsel• der Vorgehensweise bei Diskrepanzen bei den Zählergebnissen• der Vorgehensweise bei beabsichtigt belassenen Materialien• der Vorgehensweise bei vital bedrohlichen Notfällen (Aussetzenvon Zählkontrollen)• des Umgangs mit Materialien, welche während einer OP zurEntsorgung anfallen• der Dokumentation.Darüber hinaus empfiehlt die Arbeitsgruppe die Erarbeitung voneinheitlichen schriftlichen Festlegungen zum Umgang mit:• Beinaheschäden• dem eingetretenen Ereignis eines unbeabsichtigt belassenenFremdkörpers• Patienten, die vermuten, dass bei ihnen unbeabsichtigt ein Fremdkörperbelassen wurde• beabsichtigt belassenen Fremdkörpern.Weiterführende Informationen finden Sie im <strong>Glossar</strong> zu denHandlungsempfehlungen zur Vermeidung unbeabsichtigtbelassener Fremdkörper im OP-Gebiet.Kostenloser Download unter:www.aktionsbuendnis-patientensicherheit.deHerausgeber/Kontakt:Aktionsbündnis <strong>Patientensicherheit</strong> e.V.c/o Institut für <strong>Patientensicherheit</strong> der Universität BonnStiftsplatz 1253111 BonnTel: 02 28 / 73 83 66Fax: 02 28 / 73 83 05info@aktionsbuendnis-patientensicherheit.deDOKUMENTATION UNTERSTÜTZTPrävention von unbeabsichtigtbelassenen Fremdkörpernim OP-GebietPräoperative Zählko ntrollenIntraoperative Zählko ntrollenPostoperative Zählko ntrollen1 2 3 1 2 3321impressumBestellformularDeutsche Gesellschaft für Neurochirurgie e.V.,Deutsche Gesellschaft für Orthopädie undorthopädische Chirurgie e.V., Deutsche Gesellschaftfür Orthopädie und Unfallchirurgie e.V.,Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktivenund Ästhetischen Chirurgen e.V.,Deutsche Gesellschaft für Thoraxchirurgie e.V.,Deutsche Gesellschaft für Thorax-, HerzundGefäßchirurgie e.V., Deutsche Gesellschaftfür Unfallchirurgie e.V., DeutscheGesellschaft für Urologie e.V., DeutscheKrankenhausgesellschaft e.V., Deutscher Pflegerate.V..Unterstützt durch eine Projektförderungdes Bundesministeriums für Gesundheit.An dasAktionsbündnis <strong>Patientensicherheit</strong>c/o Institut für <strong>Patientensicherheit</strong>Stiftsplatz 1253111 BonnFax-Nummer: 0228 / 73 83 05Hiermit bestelle ichMENGEmax. 50 Stk.Flyer „Prävention von unbeabsichtigt belassenenFremdkörpern im OP-Gebiet“Gestaltung und Satz:Jörn Möller und Birgit JansenIllustrationen: Birgit JansenJEDER TUPFER ZÄHLT! JEDER TUPFER ZÄHLT! JEDER TUPFER ZÄHLT!Poster „Jeder Tupfer zählt!“max. 50 Stk.Herausgeber:Aktionsbündnis <strong>Patientensicherheit</strong> e.V.c/o Institut für <strong>Patientensicherheit</strong> derUniversität BonnStiftsplatz 1253111 BonnPräoperative Zählk o ntrollen Intraoperative Zählk o ntrollen P o stoperative Zählk o ntrollenSicherheit braucht Zeit und Ruhe.Zählkontrolle ist Teamarbeit.Der Operateur trägt die Letztverantwortung.Stopp bei Unklarheiten.Dokumentation schützt und unterstützt.Stand: Dezember 2009<strong>Glossar</strong> „Jeder Tupfer zählt!“Empfehlung, <strong>Glossar</strong>, Flyer und OP-Plakatstehen Ihnen als kostenloser Download imInternet zur Verfügung:eder tupfer zhlt<strong>Glossar</strong> zu den Handlungsempfehlungenzur ermeidung unbeabsichtigtbelassener Fremdkörper im OP-Gebietmax. 3 Stk.www.aktionsbuendnis-patientensicherheit.deText der Handlungsempfehlungmax. 10 Stk.Alle Veröffentlichungen finden Sie auch imPDF-Dateiformat zum kostenlosen Download unter:www.aktionsbuendnis-patientensicherheit.deAbsender/LieferanschriftInstitution:zu Händen:Straße, Nr.:PLZ, Ort:36


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