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Download - Enciclopedia delle Armi di Edoardo Mori

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WISSEN UND KÖNNENALLGEMEINE GESCHICHTEDER HANDFEUERWAFFENEINE ÜBERSICH T IHRER ENTW ICKELU N GVONDr. REINHOLD GÜNTHERHAUPTMANN d. L.Mit 123 Abbildungen und 4 Übersichtstafeln.LEIPZIGVERLAG VON JOHANN A M B R OSIUS BARTH1909


Herrn General z. D. Richard Willein Dankbarkeit gewidmet.


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Vorwort.Die vorliegende allgemeine Geschichte der Handfeuerwaffenbehandelt ausschließlich <strong>di</strong>e technische Entwicklungder Kriegshandfeuerwaffen und ihrer Munition. Der zurVerfügung stehende Raum verbot es von vornherein, auch<strong>di</strong>e Jagd- und Sportwaffen zu besprechen. Es mag hierfürauf das klassische Werk von Thierbach verwiesen werden.Ausführlicher als <strong>di</strong>e in allen Waffenlehren bis in <strong>di</strong>eEinzelheiten hinein erklärten neuesten Gewehre usw. wurden<strong>di</strong>e älteren Erscheinungen in der Entwicklungsgeschichte, sonamentlich <strong>di</strong>e wichtigen gezogenen Vorderlader besprochen.Von einer Beschreibung der Treibmittel ward abgesehen, weil<strong>di</strong>ese, in das Gebiet der Chemie gehörend, eine eigene Abhandlung— zusammen mit den Explosivstoffen — beanspruchen.Die dem Werke beigefügten Übersichtstafeln sollen <strong>di</strong>eVergleichung der älteren Gewehre miteinander erleichtern.B a se l, i. August 1909.Der Verfasser.


Literaturverzeichnis.Allgemeines. J. Schön: Geschichte der Handfeuerwaffen. Dresden1858. — M. T h ie rb a ch : Die geschichtliche Entwicklung der Handfeuerwaffen.Dresden 1886. — M ax Jähns: Entwicklungsgeschichte der altenTrutzwaffen. Mit einem Anhänge über <strong>di</strong>e Feuerwaffen. Berlin 1899. —R. S ch m id t: Allgemeine Waffenkunde für Infanterie. Bern 1888/91. —K. T. v. Sau er: Grundriß der Waffenlehre. München 1873. — EduardM arsch n er: Lehrbuch der Waffenlehre. Wien und Prag 1898/99. —A lfeo C la v a rin o : <strong>Armi</strong> e Tiro. Torino 1902. — R. W ille: Waffenlehre.Berlin 1905. Quellen zur Geschichte der Feuerwaffen. Herausgegeben vomGerman. Museum.Zum I. Abschnitt. G. H. D. v. S ch arn h o rst: Über <strong>di</strong>e Wirkung desFeuergewehrs. Berlin 1813. — F. W o lf: Die Verfertigung der Handfeuerwaffen.Karlsruhe 1832. — W. Gr eener: Die Geheimnisse der englischenGewehrfabrikation und Büchsenmacherkunst. Weimar 1836. — F. W olf:Über Handwaffen. Karlsruhe 1843.Zum II. Abschnitt. G. D e lvign e : Expose d’un nouveau systemed’armement pour l ’infanterie. Paris 1836. — Ders.: Sur l’emploi et leseffets des projectiles cylindro-coniques evides. Paris 1843. — Ders.: Noticehistorique sur l ’experimentation et l’adoption des armes rayees ä projectilesallonges. Paris 1860. — J. J. W ild: Ober Stutzen oder Büchsen. Zürich1844. — W. G ün dell: Die Feuerwaffen der k. hannoverschen Infanterie.Hannover 1852. — Jervis: The rifle musket. London 1854. — J. Schön:Das gezogene Infanteriegewehr. Dresden 1855. — Dr. H. Schm idt: DieSt. Omersche Schießschule. Weimar 1854. — C. R üstow : Das Minie-Gewehr. Berlin 1855. — Ders.: Die Kriegshandfeuerwaffen. Berlin 1857/64.— Ders.: Die neueren gezogenen Infanteriegewehre. Darmstadt 1862. —G au gier de G em pen: Essai d’une description de l’armement raye del ’infanterie europeenne en 1858. Paris 1858. — T hiroux: Memoire sur lesarmes 4 feu rayees de l’infanterie et de la cavallerie. Paris 1859. — Dask. k. Infanterie-Feuergewehr. Wien 1859. — W. v. P lo en n ies: NeueStu<strong>di</strong>en über <strong>di</strong>e gezogene Feuerwaffe der Infanterie. Bd. 1 und 2. Darmstadt1861/64.Zum III. Abschnitt. W. van B erch em : Quelques considerations surles armes ä feu portatives se chargeant par la culasse. Paris 1865. — C. T.T a c k e ls : Etüde sur les armes se chargeant par la culasse. Bruxelles 1866.•— J. N eum ann: Das Wesen der Hinterladungsgewehre. Weimar 1867.— W. v. P lo en n ies: Neue Hinterladungsgewehre. Darmstadt 1867. —Ders. und Herrn. W eygan d: Die deutsche Gewehrfrage. Darmstadt 1871.— A. M atten h eim er: Die Rückladungsgewehre. Darmstadt 1869/71. —C. v. E lg g e r: Die Kriegsfeuerwaffen Her Gegenwart. Leipzig 1868. —


Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itVIIILiteraturverzeichnis.H. W eygan d: Die modernen Ordonnanz-Präzisionswaffen der Infanterie.Berlin 1872/76. F. H entsch: Die Entwicklungsgeschichte und Konstruktionsämtlicher Hinterladungsgewehre der europäischen Staaten und Nordamerikas.Leipzig und Berlin 1873/79.S h a rp s pat-imp. breech-loa<strong>di</strong>ng and self-priming rifle. Jos. H aider:Das k. bayr. auf Rückladung abgeänderte Infanteriegewehr, Muster 1858.Würzburg 1867. — H. v. L ö b ell: Des Zündnadelgewehrs Geschichte undKonkurrenten. Berlin 1867. — W. v. P lo en n ies: Das Zündnadelgewehr.Darmstadt 1867. — Instruction provisoire sur le fusil modele 1866. Paris1867. — H. M ein eck e: Das Chassepot-Gewehr. Darmstadt 1867. —E. O <strong>di</strong>ar<strong>di</strong>: Des nouvelles armes ä feu portatives adoptees ou ä l’etudedans l’armee italienne. Paris 1868. — P eabod y breech-loa<strong>di</strong>ng fire-arms.Providence 1866. Reports of special committee on M artin i - H enry breechloa<strong>di</strong>ngrifles. London 1871. — A. K ro p a tsc h e k : Das k. k. österreichischeHinterladungsgewehrsystem mit kleinem Kaliber und Wernal-Verschluß.Wien 1867. — Das Remington-Gewehr. Wien 1867.Zum IV. Abschnitt. Die Repetiergewehre. Darmstadt 1882. J. Bornescque. Les fusils ä repetition. Paris 1885. Les armes ä feu portativesdes arm6es actuelles et leurs munitions. Paris 1894. — F. W. H ehler:Das kleinste Kaliber. Zürich und Leipzig 1886/94. — R- W ille : Selbstlader.Berlin 1896. — R ein h o ld G ünth er: Bergmanns Rückstoßlader. Berlin1900. — K a ise rtre u : Die prinzipiellen Eigenschaften der automatischenFeuerwaffen. Wien 1902.


Inhaltsverzeichnis.SeiteVorwort ................................................................................. vLiteraturverzeichnis.................................VIIE in le itu n g ...................................................................................... i1. Älteste Handfeuerwaffen. Schießpulver. Cividale 1331.Büchsenspieß. Bombarde. Älteste Handbüchse. Keilverschluß.Schwanzschraube 12. Das LuntensdlloB. Gewöhnliches Luntenschloß. Luntenschnappschloß.Muskete ...................................................... 23. Das RadSChloB. Einrichtung des Radschlosses. Verwendungder Radschloßwaffen. Verbesserung des Radschlosses . 54. Das SteinschnappschloB. Das spanische Steinschnappschloß.Verbessertes Steinschnappschloß ......................................... 8I. A b sch n itt. Die Vorderlader mit glatten Läufen(1700— 1850) n1. Das StelnschloB........................................ u2. Die Bajonettflinte. Der eiserne Ladestock. Das konischeZündloch. Zielvorrichtung. Die allgemeine Einführungder Bajonettflinte............................................................... 143. Die PerkusslonszOndung. B e r th o lle ts müriatisches Pulver.H ow ards Knallquecksilber. F o rsy th s Zündpillen.W e s tle y -R ic h a rd s Zündpillenschloß. Chemische Schlösser.E g g s Zündhütchen. D 6bouberts Perkussionsschloß 194. Das PerkusslonsschloB. Krappenschloß. Patent-Schwanzschraube.Kettenschloß. R ückschloß........................... 235. Das ZOnderschloB von C on sole und A u g u s tin . . . . 266. Das Perkussionsgewehr und seine T reffäh igkeit.......... 27II. A b sch n itt.Die Vorderlader mit gezogenen Läufen(1850— 1868) ............................................... 29Vorbemerkung .......................................................................... 291. Einleitung. Spielraum. Gezogene Läufe ......................... 292. Allgemeines. Altere gezogene Läufe. Zielvorrichtungen.Stechschloß .............................................................................. 313. Die Drang- oder Pflasterladung. Vor- und Nachteile.B ern e rs Ovalgewehr. G re en e rs Kugel. Die englischbraunschweigischeBüchse. Der russische Stutzen von 1843.Der schweizerische Feldstutzer von 1851. Leistungenälterer Pflasterbüchsen. Leistungen des schweizerischenFeldstutzers von 1 8 5 1 ....................................................... 35


X«rInhaltsverzeichnis.Seite4. Die Ladung mit aut den Kammerrand gestauchten Geschossen.Konstruktionen von D e lv ig n e und von P o n tc h a rra . 395. Die Ladung mit auf den Dorn gestauchten Geschossen. Konstruktionenvon T h o u v e n in und T a m is ie r. Dashannoversche „Pickelgewehr“ ............................................. 416. Die Ladung mitTrelbsplegelgeschossen. D e lv ig n e . Die Konstruktionvon M in 16. Annahme der Minie-Gewehre . . 427. Die Ladung mit Hohlgeschossen. Konstruktionen von N ein -d o r ff, N e ß le r, T im m e rh a n n s, P lo e n n ie s und vonB u r n a n d ........................................................................... 448. Die Druckgeschosse. Konstruktionen von W ilk in s o n ,L o re n z und von M erian .................................................. 459. Die Druckgeschosse mit Bodenhöhlung. Konstruktionen vonv. P o d e w ils und von B u h o l z e r .............................. 4610. Rückblick ........................................................................... 48III. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader (1860— 1885)Einleitung ............................................................................ 491. Die perkusslonierten Hinterlader.................................. 50A. Kammerladungswaffen. Geschichtliches. Das norwegischeKammerladungsgewehr von 1 8 4 2 .......... 50B. Der Fallblockverschluß mit senkrechter Bewegung vonS h a r p s ............................................................................ 52C. Kolbenverschlüsse. Die Systeme von T e r ry , C h a s s e ­p o t, T rü m m e r und v. L in d n e r und v. P o d e w ils 532. Die ZQndnadelsysteme.................................................. 56A. Das Dreysesche Zündnadelgewehr. Geschichtliches. Einrichtung.Die Zündnadelpatrone. Preußische Zündnadelwaffen.......................................................................... 56B. Die verbesserten ZQndnadelsysteme. I. D as f r a n ­z ö sis c h e G ew ehr von 1866. Geschichtliches. Einrichtung.II. D as S ystem C ä rca n o . III. D asS yste m C arl. IV. D as S ystem B eck. Allgemeinesüber <strong>di</strong>e Zündnadelsystem e....................................... 613. Die Blockverschlüsse für gas<strong>di</strong>chte Patronen................ 66A. Die Fallblockverschlüsse mit Kreisbewegung. I. D asS ystem P eabod y. II. D as S ystem M artin i.III. D as S ystem W e r d e r ...................................... 66B. Fallblockverschlüsse mit senkrechter Bewegung. I. D asS yste m von T r e u ille de B e a u lie u . II. D asS ystem C o m b l a i n ................................................... 70C. Der Wellblockverschluß von W e r n d l .................. 724. Die Klappverschlüsse. Geschichtliches. Allgemeines . . . 74A. Klappverschlüsse mit ebener Bewegung. I. D ie S y s te m evon S n id er und von K r n k a ............................... 75B. Klappverschlüsse mit senkrechter Bewegung. I. D asSystem von W än zl. II. D as S yste m von A lb in iund von B rä n d lin . III. D a s S y s te m v o n T e rsse n .


Inhaltsverzeichnis.XISeiteIV. D as S ystem von M ilb a n c und von A m sler.V. D ie S ystem e von B e r d a n ..................................... 76C. Die Sperrscheibenverschllisse von Flobert und vonR e m in g to n .......................................................................... 81D. Die ZyllnderverschlUsse. Allgemeines. I. D as S ystemV e tte r li. II. D as S ystem M au ser. III. D asS ystem de B eau m on t. IV. D as S ystem B erdan.V. D as S yste m G ras. Ü b e r b lic k ................. 82IV. A b sch n itt. Die Mehrlader. (Seit 1860) 91Allgemeines. E in leitu n g.............................................................. 91A. Die Mehrlader mit Kolbenmagazin. Die Systeme vonS p en ce r und von H o t c h k i s s ..................................... 92B. Die Mehrlader mit Vorderschaftsmagazin. D ieV o lca n ic-R e p e tie r p is to le und der H e n r y -K a ra b in e r. DasH e n ry - W in ch es t e r - G e w e h r . Die V e t t e r l i -S yste m e von 1867 und von 1868. Das System vonF ru h w ir th und von K ro p a tsc h e k . Nachahmungen 95C. Ansetzbare Magazine. Konstruktionen von der P ro v i-d en ce T ool Co. und von K r n k a ........................... 102D. Die Mehrlader mit Mittelschafts- (Kasten-) Magazinen.Geschichtliches. I. D as S yste m M a n n lich e r.II. D as S ystem M au ser. III. D as S ystem Lee.IV. D as S ystem K r a g - J ö r g e n s e n ........................ 103Das moderne Infanteriegewehr. Verschluß. Lauf. Zielvorrichtungen.Beiwaffe. Schäftung. Beschläge ......................... 108Die kurzen Gewehre. Geschichtliches. Einrichtung der kurzenG ew eh re......................................................................... 115Die Faustfeuerwaffen. Geschichtliches. Ältere Pistolen. D ieR e v o lv e r : Systeme von C o lt, von A dam s und D ean e,von L e fa u c h e u x , von S m ith und W esso n , C o ltsA rm y and N a v y -R e v o lv e r, das System N agan t.D ie M e h rla d e p isto le n . Geschichtliches. Einteilungder S elb stlad er.......................................................................... 117Die Patrone. Geschichtliches. Die Patronen mit P a p ie r-h ü lsen . Die Patronen mit M e ta llh ü ls e n ; Randfeuerund Z e n tra lfe u er...................................................................... 126Das Geschoß. Geschichtliches. Die Geschosse mit P a p ie r-und M e ta llm ä n te ln . Die modernen S p itz g e s c h o s s e 129Übersichtstafeln. I. Maße und Gewichte einiger Vorderladermit glattem Laufe. II. Maße und Gewichte einiger Vorderladermit gezogenem Laufe. III. Maße und Gewichte einigerHinterlader des Zeitraumes 1841— 1871. IV. Die wichtigstenAngaben über <strong>di</strong>e nach 1870 eingeführten Einlader.


Einleitung.Vom B egin n bis zu r E in fü h ru n g des S te in sch lo sse s(1300— 1700).1. Die ältesten Handfeuerwaffen. Das „Schwarzpulver“ ,<strong>di</strong>e Mischung von Schwefel, Holzkohle und Salpeter, denByzantinern seit dem 12. Jahrhundert bekannt und im13. Jahrhundert als „kruid“ (Kraut) am Niederrheine erzeugt,ward zu Beginn des 14. Jahrhunderts von einem rheinischenMönche (dem Freiburger Alchimisten B ert h o ld ?)1) als Treibmittelzum Werfen von Geschossen aus metallenen Rohren(„Büchsen“ ) verwendet. Zum erstenmal erwähnt werdengroße und k le in e F e u e rw a ffe n von der Chronik desfriaulischen Cividale für das J a h r 1331; <strong>di</strong>e deutschen Rittervon C ru sp e rg und von S p ilim b e rg be<strong>di</strong>enten sich ihrerbei der Belagerung der Festung. Im germanischen Museumzu Nürnberg finden sich zwei aus der zweiten Hälfte des14. Jahrhunderts stammende kleine Büchsen, <strong>di</strong>e im ganzen25 cm lang sind, mit einer Seelenlänge von 19,16 cm und einerSeelenweite von 2 cm; an dem Bodenstück ist eine Dille fürden Holzstiel angebracht, der als Schaft <strong>di</strong>ente. Diese Artvon Handfeuerwaffen nannte man in Deutschland „Buchsger“(Büchsenspieß), in den Niederlanden „Pipen“ , in Frankreich„tuiaux“ (Röhrchen), in Italien „bombarde“ . Schon 1364ließ <strong>di</strong>e Stadtverwaltung von Perugia 500 Bombarden von derLänge einer Spanne anfertigen. „Gegenüber den viel leistungsfähigerenBogen und der Armbrust, mit denen <strong>di</strong>ese Handbüchsensich an Treffsicherheit und Schußgeschwin<strong>di</strong>gkeitauch nicht entfernt messen konnten, waren sie fast nur aufeine Art moralischer Wirkung durch den Eindruck des Neuenund den der Explosion beschränkt.“ (Max Jäh ns, a. a. 0 . 366.)!) H a n sjaco b : Der schwarze Berthold. Freiburg i. B. 1891.G ü n t h e r , Geschichte der Handfeuerwaffen. 1


2 Einleitung.Die ältesten Handbüchsen waren aus Bronze gegossen; inder ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts aber verfertigte manbereits aus Eisen über einen Dorn geschmiedete Läufe, <strong>di</strong>ean ihrem unteren Ende mit einem eingetriebenen Eisenkeilverschlossen und durch Stifte an der plumpen Schäftung festgehaltenwurden. Das Dresdner historische Museum besitzteine solche, zwischen 1420 und 1440 gefertigte Handfeuerwaffe; der Lauf ist äußerlich sechskantig geschmiedet, 82,2 cmlang und hat eine Seelenweite von 2,97 cm. Die Waffe wiegtI9>8S kg; an den Lauf ist unter der Mündung ein hakenartigerAnsatz angeschweißt, der dazu <strong>di</strong>ente, <strong>di</strong>ese „Hakenbüchse“an der Mauer einzuhaken und dergestalt das Zielenzu ermöglichen und den Rückstoß abzuschwächen. EinFig. 1. Dresdner Handrohr aus der Zeit von 1420— 1440.weiterer Fortschritt wurde in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhundertsdadurch erzielt, daß man den „Keilverschluß“ zugunstender „Schwanzschraube“ beseitigte und das bisher aufder oberen Fläche des Laufes angebrachte Zündloch auf <strong>di</strong>erechte Seite verlegte, ihm eine „Pfanne“ für das Zündpulvervorlagerte und <strong>di</strong>ese mit einem Deckel versah.2. Das Luntenschloß. Die ältesten Handfeuerwaffen zeigtenden großen Übelstand, daß das Betupfen des mit Zündpulverbeschütteten Zündloches durch eine glühende Lunteoder Holzkohle aus freier Hand geschehen mußte, wobei derSchütze natürlich leicht das Ziel aus den Augen verlor; manließ deshalb das Abfeuern nicht selten von einem zweitenManne besorgen. Gegen 1440 ward aber eine Vorrichtungersonnen, <strong>di</strong>e darin bestand, daß an der Pfannenseite der Waffeein gebogenes Stück Eisen, das einen Längsschlitz zum Einklemmender Lunte aufwies, drehbar so befestigt wurde, daßes beim Niederbiegen in den Pfannentrog reichte. Das Niederbiegen<strong>di</strong>eses um eine (zum Schutze gegen vorzeitiges Bewegen)


Das Luntenschloß. 3fest angezogene Schraube drehbaren Hahnes („Drachen“ )geschah anfänglich aus freier Hand. Dann aber gab man demHahne einen verlängerten Fuß und damit den Abzug, wie ihn<strong>di</strong>e Armbrust besaß; eine Feder sicherte <strong>di</strong>e Stellung des Hahnesvor der Pfanne und verhinderte dessen selbsttätiges Vorfällenauf <strong>di</strong>ese.Aus <strong>di</strong>esen Einzelstücken entstand in der zweiten Hälftedes 15. Jahrhunderts das eigentliche Luntenschloß, von demzwei Arten unterschieden werden müssen.„Beim g e w ö h n lich e n L u n ten sch lo B wurde der Hahn mit dereingeklemmten Lunte durch einen steten Druck nach der Pfanne geführt,<strong>di</strong>e entweder am Laufe oder am Schloßbleche befindlich undmeist mit einem drehbaren Deckel zu verschließen war. Den Abzugbildete anfangs ein langer Hebel, der rückwärts bis unter den Kolbenreichte, vom aber, nach oben gebogen, in das hintere Ende einer inwen<strong>di</strong>gam Schloßbleche liegenden Stange eingeschraubt war. DieseStange drehte sich ziemlich in der Mitte ihrer Länge um eine Schraube,so daß bei dem durch den Abzug bewirkten Hinaufdrücken des hinterenTeils der vordere gesenkt wurde. Dieser vordere Teil der Stangeen<strong>di</strong>gte in einem rechtwinklig aufgebogenen Stifte, welcher in denAusschnitt einer Art Nuß griff, an der auswen<strong>di</strong>g mittels einer Vierkanteder Hahn angesteckt war. Das Senken des vorderen Teils derStange hatte daher das Senken des Hahns nach der Pfanne zur Folge.


Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.it4Einleitung.Eine auf <strong>di</strong>e Stange wirkende Feder, <strong>di</strong>e entweder unter dem vorderenoder über dem hinteren Teile der Stange lag, hob den Hahn wieder,sobald der Druck am Abzüge aufhörte. — Das L u n te n sch n a p p -schloB unterscheidet sich von dem eben beschriebenen dadurch, daßder Luntenhahn nicht durch einen steten Druck auf den Abzug nachder Pfanne geführt wird, sondern daß derselbe nach dem Spannenmit einem Schlage niederklappt. Der untere Teil des Hahnes ist dabeizu einem Fuße verlängert, auf den eine, meist auswen<strong>di</strong>g liegendeSchlagfeder wirkt, welche den Hahn gegen <strong>di</strong>e Pfanne drückt. Inwen<strong>di</strong>gim Schloßbleche liegt eine zweite Feder, <strong>di</strong>e „Stangenfeder“ ,welche mit einem Stifte oder einer Nase durch das Schloßblech reichtund dadurch den Fuß des Hahnes stützt. Beim Abdrücken wird <strong>di</strong>eseStangenfeder gehoben, so daß sich der Stift derselben in das Schloßblechzurückzieht; der Hahn verliert hiermit den Stützpunkt und wirddurch <strong>di</strong>e Schlagfeder in <strong>di</strong>e Pfanne getrieben. Als Sicherung konnteder Hahn meist ganz zurückgelegt werden, wodurch das unzeitigeVorschlägen unmöglich wurde.“ (M. T h ie rb a c h , a. a. 0 . 9, 10 u. 12.)Die Einfachheit der Konstruktion des Luntenschlosses ließ<strong>di</strong>eses bis zum Ende des 17. Jahrhunderts in allgemeinemGebrauche bleiben, obwohl <strong>di</strong>e brennende Lunte selbst, <strong>di</strong>e derSchütze stets zur Hand haben mußte, viele Unbequemlichkeitenmit sich brachte (Kosten, Auslöschen bei Regenwetter,Sichtbarkeit zur Nachtzeit usw.1)). Die besten Musketen mitLuntenschlössern besaß <strong>di</strong>e schwe<strong>di</strong>sche Armee, seitdemG u sta v A d o lf Gewehrfaktoreien (1618) angelegt und (1626)!) Joh. Jacob W a llh a u se n , „der Stadt Danzig bestellter obersterWachtmeister und Hauptmann“ , rühmt in seiner 1621 erschienenen „Defensiopatriae oder Landtrettung“ <strong>di</strong>e L u n te n sch lö sser gegenüber dem „fewerschlossen“, worunter er Rad- und Steinschnappschlösser versteht. — Übrigensbedeckte man das glimmende Ende der meist um den Gewehrkolben geschlungenenLunte, nach hollän<strong>di</strong>scher Art, mit einem mit Luftlöchern versehenen,zylindrischen „Luntenverberger“ , oder man trug <strong>di</strong>e (nicht glimmende)Lunte im Hute oder unter dem Rocke. „Da der Verbrauch der Lunteein sehr groBer sein mußte, wenn sämtliche Musketiere <strong>di</strong>eselbe glimmendtrugen (Montecucoli rechnet für den Mann */4 Fuß in der Stunde), so warin der französischen Armee 1637 in Gebrauch, daß selbst auf Märschen inder Nähe des Feindes von jeder Musketier<strong>di</strong>vision nur 15, d. i. ungefähr derzwölfte Mann, angezündete Lunte haben durfte (Puysegur).“ T h ierb ach ,a. a. 0 . 19. — Der Ausdruck „Lunte riechen“ deutet darauf hin, daß man<strong>di</strong>e Gegenwart eines Schützen in der Nähe auch durch den Geruchssinnwahrzunehmen vermochte. „Mit brennender Lunte“ zogen jene Besatzungenab, denen bei der Obergabe des Platzes alle Ehren zugestanden worden waren,d. h. <strong>di</strong>e frei blieben, sich ferner im Felde zu betätigen.


Das Radschloß.das Gewicht der Waffe auf 5 bis 7,5 kg, das der Kugeln auf30 g, das der Ladung auf 25 g angesetzt hatte. Mit einerLaufweite („Seelenweite“ ) von 18,25 mm schoß <strong>di</strong>e schwe<strong>di</strong>scheMuskete im Zeitalter des dreißigjährigen Krieges wirksam bisauf 250 m Entfernung. Die Waffe wurde zur Erleichterungdes Zielens und wegen des aus der starken Ladung notwen<strong>di</strong>gerweisesich ergebenden heftigen Rückstoßes, in eine tragbare,eiserne Stütze, <strong>di</strong>e „Gabel“ gelagert. Das Laden der Musketeerforderte wenigstens eine Minute Zeit, weshalb <strong>di</strong>e Feuerleistungnoch eine unbeholfene blieb. Die Treffähigkeit suchteman seit dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts durch einfacheZielvorrichtungen (Visier und Korn) zu erhöhen, auchgab man dem Kolben der Muskete schon im 16. Jahrhunderteine geringe Absenkung, was das Zielen insofern erleichterte,als der Schütze nun den Kolben beim Feuern nicht auf <strong>di</strong>eSchulter legen mußte, sondern an <strong>di</strong>ese anstemmen konnte.3. Aus den schon im 14. Jahrhundert gebräuchlichenFeuerzeugen, <strong>di</strong>e durch <strong>di</strong>e Reibung eines Stückes Schwefelkiesan einem Stahlstücke Funken erzeugten, welche sich aufZündstoffe (Zunder, Feuerschwamm) übertragen ließen, entstandzu Beginn des 16. Jahrhunderts — als Erfinder wirdJ o h an n K ie fu ß 1) in Nürnberg für 1517 genannt — das„deutsche“ RadSChlofi.Eine Vorläuferin <strong>di</strong>eser höchst sinnreich konstruierten Zündvorrichtungwar <strong>di</strong>ejenige, welche sich an der im historischen Museumzu Dresden aufbewahrten sogenannten „Mönchsbüchse“ findet; einkurzer Lauf mit angesetztem Reibfeuerzeuge.Das Radschloß besteht aus zehn Hauptteilen: Schloßblechund an dessen Außenseite Hahn mit Hahnfeder, Rad mitDeckel, Pfanne, Pfannendeckel; an der Innenseite des Schloßblechsaber: Nuß mit Kette, Schlagfeder, Studel, Stange mit*) „Um <strong>di</strong>e Verbesserung des R a d sch losses machten sich <strong>di</strong>e beidenNürnberger Büchsenmacher G eorg K ü h fu ß und K a sp a r R e ck n a g e l besondersver<strong>di</strong>ent und vielleicht stammt von ersterem der vulgäre Ausdruck,Kuhfuß“ für Kommißgewehr, wie man heutzutage kurzweg von ,Chassepot‘oder ,Mauser1 redet und nicht <strong>di</strong>e Erfinder, sondern <strong>di</strong>e Waffen meint.“M. Jäh ns, a .a .O . 370. Der Ausdruck „Kuhfuß“ dürfte wohl aus derplumpen Form älterer Militärgewehre abgeleitet worden sein.5


6 Einleitung.Feder und Abzugsvorrichtung, Das kleine auf dem Kreisumfangegeriffelte Stahlrädchen liegt unter der Zündpfanneund geht durch deren Boden. Des Rädchens Achse wird durchdas Kettchen mit der starken Schlagfeder verbunden. Ziehtman das Rädchen mittels eines dazu passenden Schlüsselsa Rad. b W ellbaum. c NuB. d Kette, e Schlagfeder, f Stange, g Abzugsvorrichtung,h Stangenfeder, i Studel. k Pfanne. 1 Pfannendeckel, m Pfannendeckelfuß. n Pfannendeckelfeder.o Hahn, p Hahnfeder, q Raddeckel.(„Spanner“ ) nach rückwärts auf, so legt sich <strong>di</strong>e Kette um<strong>di</strong>e Nuß und spannt <strong>di</strong>e Schlagfeder. Zugleich tritt ein imRädchen angebrachtes Loch unter den Zapfen der Stange, <strong>di</strong>eunter Federdruck einlegt und dergestalt das Rädchen gegenden Druck der Schlagfeder in seiner Stellung erhält. Das gehobenehintere Ende der Stange legt sich auf den Ansatz des


Das Radschloß. 7langen Armes der Abzugsvorrichtung. Nach dem Spannen desRädchens schob der Schütze den auf der Pfanne liegendenPfannendeckel zurück und brachte den, ein Stück Schwefelkiestragenden, Hahn auf das Rädchen. Wurde nun mittels desim Schafte lagernden Abzuges gegen den langen Arm der Abzugsvorrichtunggedrückt, so wich <strong>di</strong>eser aus, der Zapfenverließ das Loch im Rädchen, <strong>di</strong>eses schnurrte unter demDruck der sich entspannenden Schlagfeder heftig zurück,wobei der von der Hahnfeder kräftig angedrückte SchwefelkiesFunken von sich gab, <strong>di</strong>e das Zündpulver auf der Pfanneaufblitzen und damit <strong>di</strong>e im Laufe lagernde Pulverladung sichentzünden ließ.Das Radschloß gestattete eine zuverlässigere Feuerabgabeals das Luntenschloß; aber es war kompliziert, mußte wegender großen Reibung stets stark geölt werden und „verschmandete“leicht durch eindringenden Pulverschmutz. Das Spannenkostete verhältnismäßig viel Zeit und der Schwefelkies nutztesich rasch ab. Zudem waren <strong>di</strong>e Preise, <strong>di</strong>e für <strong>di</strong>e Schlössergefordert wurden, sehr hohe (zu Ende des 16. Jahrhundertsetwa 100 Mk. nach heutiger Geldwährung).Benutzt ward deshalb das Radschloß fast ausschließlichfür <strong>di</strong>e Gewehre der fürstlichen Leibwachen, der Besatzungskompagnienfester Plätze sowie für Karabiner und Pistolen,für Jagdgewehre usw. An Scheibenbüchsen erhielt sich dasRadschloß bis in das erste Drittel des 19. Jahrhunderts hinein,da bei seinem Abdrücken keine, das Auge des Schützen irgendwiestörende Bewegung vorkam und weil <strong>di</strong>e Entzündung derLadung rasch vor sich ging.Schon im Laufe des 16. Jahrhunderts erfuhren <strong>di</strong>e Radschlösserverschiedene Verbesserungen: Man bedeckte dasRädchen, um es gegen äußere Einflüsse zu schützen, auchbefestigte man es sicherer auf seiner Achse („W elle“ ). DasSchloß erhielt einen „Sicherungs“ -Hebel oder -Schieber gegendas unzeitige Losgehen und <strong>di</strong>e Waffe selbst etwa noch einLuntenschloß, um sie zu rascherem Feuern in gegebenenAugenblicken zu befähigen. Sogar Vorrichtungen zum Selbstspannendes Schlosses kamen vor; gewöhnlich verwendete man


8 Einleitung.Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itzu <strong>di</strong>esem Zwecke den Hahn als Werkzeug und benutzte <strong>di</strong>eBewegung zu seinem Niederlegen auf <strong>di</strong>e Pfanne für <strong>di</strong>e Arbeit.Ferner gab es Doppelschlösser für doppelläufige Gewehre undSchlösser für Doppelschußgewehre (d. h. zwei Schlösser aneinem Laufe, in dem zwei Ladungen hintereinander eingeführtwurden und <strong>di</strong>e vordere Ladung zuerst abgefeuert ward).4. Aus der Umgestaltung des Luntenschlosses, bei dem de<strong>di</strong>e Lunte tragende Hahn durch eine Schlagfeder getrieben,kräftig auf <strong>di</strong>e Pfanne niederschlug (vgl. S. 4), entstand allerWahrscheinlichkeit nach zuerst in Spanien und vermutlichschon im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts das Steinschnappschloß1).Das sogenannte „sp a n is c h e S c h n a p p ­sc h lo ß “ besteht in seiner vervollkommneten Form aus neunTeilen, nämlich dem Schloßblech und den äußerlich an <strong>di</strong>esemangebrachten Hahn mit Fuß, Schlagfeder, Studel, Batterie,Batteriefeder und Pfanne. An der Innenseite des Schloßblechesfinden sich: <strong>di</strong>e Abzugsvorrichtung und <strong>di</strong>e Abzugsfeder. Wirdder Hahn aufgezogen, so drückt sein hinteres Fußende <strong>di</strong>eSchlagfeder nieder, indes das gleichzeitig gehobene, vordereFußende nach und nach auf <strong>di</strong>e hervortretenden Rasten derAbzugsvorrichtung tritt und dadurch <strong>di</strong>e Spannstellung desHahnes erzwingt. Beim Zurückdrücken des kurzen Abzugsarmeshebt sich der längere mit der Abzugsfeder. Dieser Bewegungfolgen <strong>di</strong>e Rasten der Abzugsvorrichtung, wobei siein das Schloßblech treten und dadurch dem vorderen Hahnfußendeentzogen werden. Dieses gleitet nun an ihnen vorüberund folgt der auf das hintere Hahnfußende wirkenden Schlagfeder,so daß der Hahn gegen <strong>di</strong>e Schlagfläche des Pfannendeckels(„Batterie“ ) 2) anschlägt. Der zwischen den Hahn­1) „Der Name ,S ch n a p p h a h n sch lo ß ‘ soll nach einigen von dem Einlegendes Hahnes hinter einen hervortretenden Zapfen beim Spannen herrühren,nach anderen wird er dagegen von einer Truppe abgeleitet, <strong>di</strong>e meistaus Marodeurs, in damaliger Zeit ,Schnapphähne‘ genannt, bestand, undderen Gewehre zum größten Teile mit solchen Schlössern der größeren Sicherheitwegen versehen gewesen sein sollen.“ Sch ön , a. a. 0 . 36. Die hollän<strong>di</strong>scheSprache bezeichnet den Hahn der Feuerwaffen einfach als „Snapphaan“, weil er hinunterschnappt, wenn gefeuert wird.2) „Batterie“ nennt man <strong>di</strong>e Vereinigung des Pfannendeckels und deaSchlagflächenteils zu einem Stück.


Das Steinschnappschloß. 9lippen eingelagerte Schwefelkies gibt dabei <strong>di</strong>e zur Zündungbenötigten Funken ab.a Schloßblech, b Hahn m it Fuß. c Schlagfeder, d Studel. e Batterie,f Batteriefeder, g Pfanne, h Abzugsvorrichtung m it der ersten Rast,i Abzugsfeder mit der zweiten Rast, o, k vorderes und 1 hinteres Hahnenfußende.m, n Arme der Abzugsvorrichtung, p Ende der Abzugsfeder,q Schlagfläche der Batterie.An <strong>di</strong>e Stelle des Schwefelkieses trat später der härtereHornstein („Feuer-“ ,,Flintenstein“ ) und <strong>di</strong>e gerade Form derSchlagfläche wurde in eine gebogene umgewandelt, so daß derStein beim Hahnschlage eine längere Fläche berühren undgrößere Funken hervorbringen mußte.


10 Einleitung.Die Einfachheit des spanischen Schnappschlosses, das sichin seinem Ursprungslande trotz der inzwischen gemachtenErfindung des Batterisschlosses bis zur Einführung der Perkussionszündungerhielt und auch zeitweilig für das österreichischeInfanteriegewehr von 1775 Verwendung fand,machte es rasch beliebt. In Deutschland ward das Schnappschloßim Laufe des 16. Jahrhunderts verbessert. Man verlegte<strong>di</strong>e Schlagfeder in das Innere des Schlosses und gab demHahn auf seiner Innenseite eine Nuß, wodurch einerseits <strong>di</strong>esichere Bewegung des ganzen Mechanismus erhöht und <strong>di</strong>eSchloßteile überhaupt vor Beschä<strong>di</strong>gungen möglichst geschütztwurden. Trotz seiner großen Vorzüge ist aber „das mitSchnappschloß versehene Gewehr von dem Fußvolk derdeutschen Heere (im allgemeinen) nicht geführt worden; vielleichtkam es an den Pistolen der Reiterei vor, weil es unterallen Umständen billiger als das Radschloß war, wenn es auchanfangs hinsichtlich der Sicherheit der Zündung manches zuwünschen übrig ließ; dagegen war es einfacher, Reparaturenweniger unterworfen und verschmandete jedenfalls nicht soschnell wie das Radschloß.“ (T h ie rb a c h , a .a .O . 60.)Aus dem Schnappschlosse entstand durch <strong>di</strong>e verschiedenenVerbesserungen und Veränderungen, <strong>di</strong>e an ihm durch Büchsenmacherln der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts angebrachtwurden, das „S te in s c h lo ß “ („Batterie-“ , „französischesSchloß“ ), welches volle hundertundfünfzig Jahre hindurchim Gebrauche blieb.Nach T h ie rb a c h (a .a .O . 62) ist es nicht möglich, „<strong>di</strong>e Fortentwicklungdes Steinschnappschlosses zum Steinschlosse darzustellen“ ,da es zu viele darauf hinweisende Konstruktionen gibt, so daß sich„<strong>di</strong>e Grenze nicht bestimmen läßt, an der <strong>di</strong>e Übergänge aufhören unddas eigentliche Steinschloß beginnt“ . Da das Steinschloßgewehr zugleichmit dem Dillenbajonett bei den Infanterien der europäischenHeere seit dem Beginne des 18. Jahrhunderts zur Anwendung gelangteund da zu gleicher Zeit in den verschiedenen Staaten genaue Vorschriftenüber <strong>di</strong>e einheitliche Bewaffnung mit Gewehren und Karabinernerlassen wurden, so b e ze ic h n e t das S te in sch lo ß den B e ­gin n der E n tw ic k lu n g s g e s c h ic h te der H a n d fe u e rw a ffe n inn eu e re r Z eit.


I. Abschnitt.Vorderlader mit glatten Läufen.(1700— 1850.)Die Vorderlader mit glatten Läufen, wie sie zur allgemeinen Bewaffnungder Heere ungefähr zwischen 1700 und 1850 verwendetwurden, kennzeichnen sich insbesonders durch <strong>di</strong>e an ihnen vorkommendenZ ü n d v o rric h tu n g e n (Steinschloß, PerkussionsschloB,Zünderschloß), durch <strong>di</strong>e für <strong>di</strong>ese Zündvorrichtungen notwen<strong>di</strong>gwerdenden E in ric h tu n g e n der L ä u fe , durch ihre B e iw a ffe (Stichbajonett)und durch ihre M u n itio n (Patrone), sowie durch <strong>di</strong>e Artund <strong>di</strong>e Form des ihnen zugeteilten L a d e sto ck s.1. Das Steinschloß („Batterie-“ , „französisches Schloß“ ),seit der Mitte des 17. Jahrhunderts bekannt und zuerstfür <strong>di</strong>e Musketen der französischen Infanterie verwendet,verdrängte gegen Ende des 17. Jahrhunderts überall dasLuntenschloß, das aber hin und wieder noch als „Doppelschloß“mit dem Steinschlosse zusammen an der nämlichenWaffe vorkam. Das Steinschloß setzt sich zusammen aus demHahne, dessen „Maul“ das Bleifutter aufnimmt, in dem derStein lagert, und das aus der festen am obersten Ende desHalses befindlichen „Unterlippe“ und der beweglichen „Oberlippe“besteht. Die Oberlippe greift mittels eines Einschnittesum den vom Hals aus aufwärts gehenden „Hahnstift“ herum.Eine „Hahnschraube“ , zu deren freier Bewegung der Halsunter der Unterlippe mit dem „Herz“ genannten Ausschnittversehen wird, preßt <strong>di</strong>e Oberlippe fest gegen den ins „Maul“eingelegten Stein. Die dem Stein zugekehrten Lippenflächensind mit rauhen Einteilungen versehen, um das Bleifutter rechtfest zu halten. Der Hahn befindet sich an der durch dasSchloßblech tretenden Vierkante der „Nuß“ , wobei er durch<strong>di</strong>e „Nußschraube“ vor dem Abfallen gesichert wird. Die zur


12 I- Abschnitt. Vorderlader mit glatten Läufen. (1700— 1850.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itBeschüttung mit Zündpulver eingerichtete trogartige „Pfanne“ ,aus Messing oder Eisen gebildet, ist in einer Austiefung desSchloßbleches eingelassen und ihr „Fuß“ mittels der „Pfannenschraube“(„Schirmschraube“ ) zwischen den beiden „Stolpen“des Schloßbleches befestigt. Um eine sichere Zündung zu vermitteln,muß sich <strong>di</strong>e Pfanne so genau an <strong>di</strong>e äußere Laufwandanlegen, daß der Zündkanal des Laufes ohne Übergangin den „Pfannentrog“ mündet. Das auf der Pfanne befindlicheZündpulver wird vor dem Herausfallen und gegen atmosphärischeEinflüsse durch den „Pfannendeckel“ geschützt,der sich aus dem „Gefäß“ und der auf <strong>di</strong>esem aufrechtstehenden,verstählten „Batterie“ zusammensetzt. Der vom Gefäßausgehende „Deckelfuß“ dreht sich um <strong>di</strong>e „Deckelschraube“F ig. 5 a und b.Schloß der fran zösisch en B ajonettflin te,Modell 1777 1800.(Innenansicht.) Hahn rum Schüsse (Außenansicht.) Hahn in Ruherastgespannt.Deckel der Pfanne (m it Stellung. Pfannendeckel geöffnet.Pulver beschüttet) geschlossen.und stößt auf den oberen freien Arm der „Deckelfeder“ , <strong>di</strong>edergestalt den Deckel fest auf der Pfanne hält. Damit dervom Hahn zurückgeschlagene Deckel sich nicht völlig Überschläge,geht vom Gefäß aus der „Träger“ („Trug“ ) ab, der,sobald er zurückschlagend <strong>di</strong>e Deckelfeder trifft, von <strong>di</strong>eseraufgehalten wird. Die Kraft der Deckelfeder verleiht derBatterie auch den nötigen Widerstand gegen den Schlag desSteins, so daß eine zur Funkenerzeugung geeignete Reibungentsteht.Die soeben genannten, an der Außenseite des Schloßblechesliegenden Teile werden durch den „Wellbaum“ derNuß in gegenseitige Wirkung mit den im Innern angebrachtenTeilen gesetzt. (Vgl. <strong>di</strong>e Figuren 5 a und 11c.) Auf dem nachvorn verlängerten Teile des Wellbaums, dem „Nußkropfen“ ,


uht <strong>di</strong>e „Sch lagfed er“ m it dem vorderen Ende ihres langenA rm es. Das vorderste Ende des kurzen A rm s der Schlagfeder,der „L appen “ , ist m ittels der „Schlagfederschraube“ am Schloßblechebefestigt und hält sich an <strong>di</strong>eser auch m ittels eines Stiftes,der in eine A ussenkung des Schloßbleches eingreifend, jedefehlerhafte B ew egung der Feder verhindert. Die rü ck- und seitwärts der Nuß, am Schloßbleche m ittels der „Stan genschrau be“befestigte „S ta n ge“ greift beim A u f­ziehen des H ahnes m it ihrem vorderenTeile, dem „Stan genschnabel“ ,in eine der beiden am unteren Teile ‘--------s.der Nuß eingeschnittenen „R a ste n “ein; <strong>di</strong>ese V orrichtun g verhindert <strong>di</strong>eNuß, dem D ruck der beim H ahn-Das Steinschloß. 13TiJJVFig. 6 a und b.E in rich tu n g des Steinschlosses.a <strong>di</strong>e Pfanne mit A Pfannenarm und b Trog, b das Steinschloß, äußere Teile:am Hahn <strong>di</strong>e Unterlippe e und <strong>di</strong>e Oberlippe g , der Hahnstift f , <strong>di</strong>e Hahnschraubeh , der herzförmige Querschnitt i; an der Batterie B der Träger o t,der Deckelfuß c , <strong>di</strong>e Deckelschraube d, <strong>di</strong>e Deckelfeder D. P <strong>di</strong>e Pfanne.spannen zusam m engedrückten Schlagfeder nachzugeben. Umdas Einlegen der Stange in <strong>di</strong>e Rasten zu bew irken, drückt<strong>di</strong>e über ihr m ittels der „Stangenfederschraube“ am Schlossebefestigte kleine „Stan genfed er“ a u f den Stangenschnabel.Die „Stu del“ schützt <strong>di</strong>e Nuß vor Schw ankungen; sie wirdeinerseits durch <strong>di</strong>e „Stan genschraube“ , andererseits durch <strong>di</strong>eam „Studelstolpen“ angebrachte „Studelschraube“ , sowiemittels eines Stiftes am Schloßbleche befestigt.


I. Abschnitt. Vorderlader mit glatten Läufen. (1700— 1850.)Beim Zurückziehen des Hahns dreht sich <strong>di</strong>e Nuß, derfreie untere Arm der Schlagfeder wird gegen den oberenkurzen Arm gepreßt („gespannt“ ). Dabei gleitet <strong>di</strong>e Nußlängs der Stange hin und der Stangenschnabel drückt nununter dem Einflüsse der auf ihn wirkenden Stangenfeder gegen<strong>di</strong>e Nuß hin und tritt in deren „Spannrast“ ein, wodurch derHahn festgestellt wird. Durch <strong>di</strong>e Rückwärtsbewegung des„Abzuges“ (vgl. S. 3) tritt der Stangenschnabel aus derSpannrast der Nuß, wobei <strong>di</strong>e Stangenfeder gespannt, <strong>di</strong>eSchlagfeder aber entspannt wird. Die freiwerdende Schlagfederdrückt <strong>di</strong>e Nuß und damit den Hahn nach vorn herum;<strong>di</strong>eser schlägt mit voller Kraft gegen <strong>di</strong>e Batterie. Der Pfannendeckelöffnet sich, und <strong>di</strong>e von Stein und Stahl durch heftigeReibung entwickelten Funken entzünden das im Pfannentroglagernde Pulver, das seinerseits durch den Zündkanal desLaufes einen Feuerstrahl entsendet, und so <strong>di</strong>e Ladung zurExplosion bringt.Sehr wichtig war für den sicheren Gang der Zündung vorallem das genaue Abwiegen der Kraft der Schlagfeder gegen<strong>di</strong>e der Batteriefeder; <strong>di</strong>ese durfte der Batterie nur so vielWiderstand verleihen, als notwen<strong>di</strong>g war, um kräftige Funkenmit dem Steine zu erzeugen.2. Die Bajonettflinte1). Die Verbindung der Stoßwaffe2)mit dem Feuergewehr wurde erstmals 1671 in Frankreich,!) „ F lin t“ , englisch soviel wie Hornstein. Die Flintensteine wurdenmassenhaft aus England und aus Frankreich (Champagne) bezogen.2) D as B a jo n e tt, angeblich zuerst in Bajonne verfertigt, erschiengegen Ende des 17. Jahrhunderts auf den europäischen Schlachtfeldern.Die ältesten Bajonette waren vermutlich zweischnei<strong>di</strong>ge Dolche mit etwa300 mm langen Klingen, <strong>di</strong>e mittels pfropfenartiger Griffe in <strong>di</strong>e Laufmündungeingekeilt wurden. Die Beiwaffe wurde demnach wirklich „aufgepflanzt“. Ein derartig befestigtes Bajonett konnte jedoch durch jedenkräftigen Säbelhieb beseitigt werden, fiel wohl auch nicht selten ab undverhinderte <strong>di</strong>e Benutzung des Gewehrs als Feuerwaffe. Jedenfalls entstan<strong>di</strong>n Frankreich das erste Bajonett, das das Feuern gestattete, indem es aufdem Laufe steckte. Nach Beschreibungen, <strong>di</strong>e Joh. Seb. Gr über in seinemWerke: „Die heutige neue und vollkommene Kriegs<strong>di</strong>sziplin“ (Frankfurtund Leipzig 1702) gibt, war nun der Bajonettgriff mit einer Sperrfeder versehen,mittels welcher er in einen seitwärts oder unter der Laufmündungangebrachten Ring eingepreßt werden konnte. Bald darauf kam man dazu,


Die Bajonettflinte. 15zur Bewaffnung des als besondere infanteristische Artilleriebedeckungerrichteten Regimentes R o yal - fu s ilie r s verderBajonettklinge den dreikantigen (A) stilettartigen Querschnitt zu gebenund sie mit einem rechtwinklig gebogenen „Arm“ („Hals“) an einer Hülse(„Dille“) anzuschweißen. Die ältesten Dillen waren le<strong>di</strong>glich hohle Zylinder,<strong>di</strong>e über <strong>di</strong>e Laufmündung geschoben wurden. Dann schnitt man in <strong>di</strong>eDille einen geraden, langen Gang („Kerbe“) ein, der mit einem nahe derLaufmündung aufgeschweißten vierkantigen Eisenklötzchen („Bajonetthaft“)übereinstimmte. In Preußen fügte man (1714— 1720) zur Kerbe einean <strong>di</strong>ese rechtwinklig ansetzende Quernut, und F ü r s tL e o p o ld v o n A n h a lt-D essau ließ <strong>di</strong>e Klinge etwas schräg von der Dille abstehen, um das Ladendes Gewehrs bei auf gepflanztem Bajonette zu erleichtern. In Frankreichkam (um 1768) <strong>di</strong>e sogenannte „Ringbefestigung“ des Bajonettes auf, <strong>di</strong>e sichbis zur Gegenwart (Rußland) erhalten hat. Dabei ist <strong>di</strong>e Bajonett<strong>di</strong>lle miteinem zweimal rechtwinklig gebrochenen Einschnitt versehen, der an derunteren Kante durch einen Ansatz geht. Um <strong>di</strong>e Dille herum greift einmittels einer Zugschraube zu erweiternder oder zusammenzupressender„Sperring“ . Damit beim Aufpflanzen der auf dem Laufe angebrachte „Bajonetthaft“den Ring passieren kann, ist <strong>di</strong>eser mit einem entsprechendangefeilten Wulst versehen. Der nach rechts gedrehte Sperring versichertdas Bajonett gegen Schlag und Stoß in seiner Stellung. — Solange <strong>di</strong>e Taktikden Angriff mit der blanken Waffe in zweigliedriger Aufstellung forderte,mußte das Bajonett so lang sein, daß auch das hintere Glied gehörig zustoßenkonnte. Aus der dreikantigen, massiven Bajonettklinge entstand zunächst— um eine Gewichtsverminderung zu erzielen — eine Klinge mitHohlkehlen (^ ). Um <strong>di</strong>e Mitte des 18. Jahrhunderts aber führten zuerstÖsterreich und dann England <strong>di</strong>e vierkantige, mit Hohlkehlen (


16 I. Abschnitt. Vorderlader mit glatten Läufen. (1700— 1850.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itwendet; das Gewehr erhielt ein Steinschloß. Hand in Handdamit ging <strong>di</strong>e Einführung von P a tro n e n , <strong>di</strong>e in einer Papierhülsedas Pulver und <strong>di</strong>e Kugel enthielten; also eine gleichmäßigeLadeweise und eine gleichmäßigere Schußwirkung erzielten.Die Patronen ermöglichten ferner eine Erhöhung derFeuerschnelligkeit, <strong>di</strong>e namentlich bei der preußischen Infanterieangestrebt ward1) und <strong>di</strong>e man in rein technischerHinsicht vorzüglich durch <strong>di</strong>e (1718 in Preußen) angenommeneneise rn en L a d e s tö c k e förderte2).mit Ring, der beim Aufpflanzen den Lauf umgreift. An <strong>di</strong>esem ist gewöhnlichein schienenartiger Ansatz angebracht, der in einen stärkeren Ansatzausläuft. Der Säbelgriff hat einen Schlitz (Rinne, Auskehlung), in derenuntersten Teil eine mit einem Zapfen verbundene Feder eintritt. Beim Aufpflanzenschiebt sich <strong>di</strong>e Rinne des Griffs über <strong>di</strong>e Schiene, bis der Ringder Parierstange über <strong>di</strong>e Mündung greift; ist das Gefäß völlig heruntergedrückt,so springt <strong>di</strong>e Sperrfeder unter den Ansatz. Beim Abnehmen desJatagans drückt man auf den am Griffe hervortretenden Dorn, <strong>di</strong>e Federwird zusammengepreßt, ihr Zapfen verläßt den Ansatz und der Griff desJatagans kann nun von der Schiene abgeschoben werden. Diese Art Befestigungder Beiwaffe ist im allgemeinen noch gegenwärtig gebräuchlich.Der Bajonettsäbel mit gerader einschnei<strong>di</strong>ger, spitzer, zu Hieb undStich geeigneter Klinge, <strong>di</strong>e meist mit einem Sägerücken ausgestattet ist,ist leichter als der Jatagan, der häufig als viel zu schwer erscheint. (Französ.von 1866 = 640 g; österr.-ungar. von 1867 = 520 g; engl, von 1871 = 795 g.)Der Bajonettsäbel (auch Seitengewehr genannt) wurde in neuester Zeit zum„Dolch“ verkürzt (vgl. S. 114).Das „Haubajonett“ mit zweischnei<strong>di</strong>ger Klinge sollte <strong>di</strong>e Eigenschaftendes Stichbajonetts mit denen des Jatagans vereinigen. Die Dille <strong>di</strong>ente zugleichals Handgriff.!) In dem vom Fürsten L eo p old von A n h a lt - D essau (1726) entworfenenReglement für <strong>di</strong>e preußische Infanterie heißt es u. a .: „Die Kerlemüssen sehr geschwinde, indem das Gewehr flach an <strong>di</strong>e rechte Seite gebrachtwird, den Hahn in Ruhe bringen; hiernach sehr geschwinde <strong>di</strong>ePatron ergreifen. Sobald <strong>di</strong>e Patron ergriffen, müssen <strong>di</strong>e Bursche selbigesehr geschwinde kurz abreißen, daß sie Pulver ins Maul bekommen, daraufgeschwinde Pulver auf <strong>di</strong>e Pfanne schütten“ usw. Nach dem „ScheelenschenTagebuche“ (vgl. „Kriegsgeschichtl. Einzelschriften“ , H. 28/30, S. 436/37)konnten bis zu 3 Pelotonsalven in der Minute abgegeben werden; d. h. jedergeübte Mann vermochte für sich, ohne Kommando, 4— 5 Schüsse in derMinute zu tun; das Peloton feuerte nach Kommando in 2 Minuten mindestens5 Salven auf der Stelle ab. Vgl. G ün ther: „Entwicklung der Feuertaktik“ , S. 5.2) Die hölzernen L a d e stö ck e — <strong>di</strong>e sich an Jagd- und Scheibenwaffenbis in <strong>di</strong>e neueste Zeit hinein erhielten — waren zwar leicht, aber für das„Geschwindfeuer“ unbrauchbar. So zerbrach <strong>di</strong>e österreichische Infanteriebei Mollwitz (10. April 1741) massenhaft <strong>di</strong>e hölzernen Ladestöcke im Feuer-


Die Bajonettflinte.17Um <strong>di</strong>e Feuerschnelligkeit zu steigern, hatte (um 1704)der Nürnberger Büchsenmacher G o ttfrie d H an tzsch an denvon ihm gefertigten Pistolen das sogenannte k o n isc h eZ ü n d lo ch angebracht, das gegen den Pulverraum im Laufehin sich stark erweiterte. Beim Laden wurde also das in denLauf gebrachte Pulver zum Teil auf den vom geschlossenenBatteriedeckel geschützten Pfannentrog gebracht und <strong>di</strong>eserdamit selbsttätig mit dem zur Zündung notwen<strong>di</strong>gen Pulverbeschüttet1).Die Bajonettflinten der Zeit von 1730 bis 1822 zeichnensich im allgemeinen durch ihren einfachen Bau und durchihre große Widerstandsfähigkeit2) im Gebrauche aus. Dereiserne meist blank belassene — in England (seit 1794)b rü n ie rte (daher <strong>di</strong>e volkstümliche Bezeichnung „the browngefecht und wurde dadurch fast wehrlos. Der mit einem „Setzkopfe“ undeinem am unteren Ende des „Stengels“ für das Anschrauben des „Krätzers“eingeschnittenen Gewinde versehene Ladestock hatte den Nachteil, daß erzum Laden wie zum Einbringen in dem am Gewehrschafte angebrachten„Ladestocktrichter“ jeweils gewendet werden mußte. Um <strong>di</strong>es zu vermeiden,konstruierte (gegen 1749) der Büchsenmacher F ra n k e in Herzberg den„zylindrischen“ , gleichmäßig etwa 10 mm starken Ladestock, der aber über500 g wog und schlecht in der „Ladestocknut“ zu befestigen war. Trotzdemnahm General F re y ta g <strong>di</strong>esen Ladestock für <strong>di</strong>e hannoverschen Jägerbüchsen(1760) an und Preußen folgte (1773) dem Beispiele. Bald daraufschuf der hessische Oberst H u tte n iu s den sogenannten „konischen Ladestock“, der in der Mitte geschwächt, an beiden Enden kegelförmig auslief.Zur Befestigung des Ladestockes im Schafte verwendete man zuerst inFrankreich (1763) <strong>di</strong>e „Ladestockfeder“ , <strong>di</strong>e aber dem preußischen Gewehrevon 1782 noch fehlte. Seit 1760 wurden <strong>di</strong>e Ladestöcke überall ausfederhartem Stahl erstellt.!) Das k o n isch e Z ü n d loch , dessen Wirkung oft bei dem leichtvorkommenden „Ausbrennen“ versagte, indem bei der damit verbundenenErweiterung zu viel Pulvergase entwichen, also <strong>di</strong>e Treibkraft sich erheblichverminderte, wurde für <strong>di</strong>e meisten Bajonettflinten angenommen. BüchsenmacherF ra n k e in Herzberg empfahl <strong>di</strong>e Erfindung dem hannoverschenGeneral F rey ta g (um 1760). Dessen Sohn vermochte Friedrich d. Gr. für<strong>di</strong>e Neuerung einzunehmen, <strong>di</strong>e 177o an den preußischen Gewehren angebrachtwurde. Leutnant F rey ta g erhielt den Ver<strong>di</strong>enstorden.2) Ober <strong>di</strong>e W id e rs ta n d s fä h ig k e it der schmiedeeisernen Läufewurden (1789) Versuche in Versailles angestellt. Aus vier aufs Geratewohlausgewählten Gewehren tat man 10 000 Schüsse, ohne daß eine merkbareAbnutzung festzustellen war. Einer der Läufe hielt 25 Jahre später weitere4000 Schüsse ungefährdet aus.G ü n t h e r , Geschichte der Handfeuerwaffen. 2


18 I. Abschnitt. Vorderlader mit glatten Läufen. (1700— 1850.)Bess“ für <strong>di</strong>e ganze Waffe) — Lauf mit einer Länge von 1,0bis i,S m und einer Weite von 16,5 bis 20 mm wurde mittels einereinfachen Blockschraube verschlossen. Die Länge der ganzenWaffe schwankt bei den verschiedenen Mustern1) zwischen1,45 und i,6 m, das Gewicht zwischen 4,5 bis 5,2 kg (Bajonettaufgesteckt). Die zunächst aus Eichen- oder Ahornholz, dannaber (zuerst in Frankreich 1763) durchgängig aus Nußbaumholzgefertigte Schäftung ist bei den älteren Waffen mit einemgeraden Kolben, bei den jüngeren hingegen mit einer dembesseren Anschläge entsprechenden Krümmung des Kolbenhalsesversehen. Die Zielvorrichtung bestand nur in demKorn und einer muldenförmigen Ausdrehung auf dem Schweifeder Schwanzschraube, welch letztere den älteren Waffen jedochfehlt. Der Kernschuß trug auf höchstens 110— 120 m 2), <strong>di</strong>eDurchschlagskraft des Geschosses hörte auf Entfernungen über250 m hin völlig auf. Bei anhaltendem Regenwetter (Katz-1) Jeder Staat führte im 18. Jahrhundert nacheinander verschiedeneM uster („Mo<strong>delle</strong>“) von Bajonettflinten ein. Preußen 1700, 1730, 1746,1782 und 1808. Österreich 1706, 1742 und 1775. Frankreich hatte vor 1746keine einheitlichen Maße für seine Gewehre aufgestellt, später dann 1746,*754» 1763. 1766, 1768, 1770, 1771, 1773, 1774, 1776, 1777, 1800, 1816,1822.2) S ch arn h o rst (Handbuch für Offiziere, III, 28) sagt über <strong>di</strong>eT re ffe r le is tu n g e n der Bajonettflinte: „Man trifft nicht mit jedem Schüsse,<strong>di</strong>e Kugeln weichen so sehr von der Richtung des Gewehrs ab, daß man ineine Scheibe, <strong>di</strong>e eine Linie Infanterie darstellt (<strong>di</strong>e also sechs Fuß hochund sehr breit ist), auf 100 Schritt nicht alle Schüsse bringen kann, wennman auch immer auf das genaueste richtete. Auf eine größere Distanz, auf200 Schritte, trifft kaum <strong>di</strong>e Hälfte der Anzahl Schüsse in eine Linie Infanterie,und auf 300 Schritt kaum der vierte Teil, <strong>di</strong>e übrigen Schüsse gehenin <strong>di</strong>e Erde oder überhin.“ Nach den (1800) mit dem preußischen sogenannten„Nothardtschen“ Gewehre veranstalteten Versuchen ergab sich, daß <strong>di</strong>egrö ß te T ra g w e ite der Kugel bei einer Erhebung des Laufes auf 40° überder Achsenlinie des Visierschusses 975 m ausmache, daß auf ganz kurzeEntfernung <strong>di</strong>e Kugeln etwa 4 cm in eichene und 5 cm in fichtene Blöckee in d ra n g en und daß man auf eine 1,8 m hohe und 36 m lange Bretterwandunter 200 Schüssen durchschnittlich Kugeln einbrachte:75 m 225 m 300 m 375 m 450 m’ 149 = 75% 58 = 29% 32 = 16% 29 = 14,5% 14 = 7%G assen d i berechnete, daß im Ernstgefechte 6250 Schüsse aus der Bajonettflinteauf einen Toten entfielen. Bei Mollwitz brauchten <strong>di</strong>e Preußenje 350 Patronen, um einen blutigen Treffer zu erzielen. (Vgl. G ün ther:„Feuertaktik“ , S. 77.)


Die Perkussionszündung.19bach, 26. Aug. 1813) versagte <strong>di</strong>e Bajonettflinte als Feuergewehrfast vollstän<strong>di</strong>g1).Die Bajonettflinte ward namentlich in den seit dem17. Jahrhundert errichteten Staatswaffenfabriken in Massenerzeugt. So besaß Frankreich (1789) eine Gewehrreserve von700 000 Stück, bis zum Beginne des Konsulats (1799) wurden1 Million Stück hergestellt und rund 300 000 Stück fremderMuster erbeutet. Von 1801— 1816 lieferten Frankreich undEngland den verschiedenen Heeren zusammen gegen 7 MillionenStück. Für <strong>di</strong>e Zeit von 1789— 1801 darf <strong>di</strong>e Erzeugungvon 10 Millionen Bajonettflinten in Europa in Ansatz gebrachtwerden.3. -Die Perkusslonszflndung. Die im letzten Viertel des18. Jahrhunderts beginnenden entschiedenen Fortschritte derchemischen Wissenschaft erfüllten den lange von den Taktikerngehegten Wunsch nach einer sicheren Zündung an derBajonettflinte. Mit den Versuchen, das Schwarzpulver durchein Treibmittel zu ersetzen, das wenig oder gar keinen Rückstandbeim Abfeuern hinterließ und auch im feuchten Z u ­stande zündete, beschäftigte sich (seit 1786) Graf B e r th o lle tvon Essone. In der Schießpulvermischung ersetzte er denSalpeter durch das chlorsaure Kali; <strong>di</strong>eses sogenannte „muriatische“(salzsäurehaltige) Pulver erwies sich jedoch als unbrauchbar,denn seine Erzeugung war gefährlich und zudemwar es nicht genügend lagerungs- und versendungsfähig.Auch das von dem Engländer H ow ard (1799) erfundeneknallsaure Quecksilberoxyd („Knallquecksilber“ ) zeigte <strong>di</strong>enämlichen Übelstände; insbesondere konnte es wegen seinerhohen Brisanz nicht als Ersatz des Schießpulvers Verwendungfinden. Der erste, der den Gedanken faßte, einen Chlorkalisatzzur Entzündung der Ladung zu gebrauchen, scheint der SchotteA lexan d e r F o rsyth gewesen zu sein. Er erhielt (1807) einPatent auf eine Gewehrkonstruktion mit Magazinschloß, dasi) Bei den französischen Versuchen (1810/11) ward je nach 30 Schüssenein neuer Stein eingeschraubt und nach je 60 Schüssen der Lauf gehöriggereinigt. Trotzdem v e rsa g te durchschnittlich jeder 7. Schuß. Sehr wichtigfür <strong>di</strong>e Schußfähigkeit der Waffe erschien auch <strong>di</strong>e Güte des Flintensteines,der nicht zu hart und nicht zu schwach sein durfte.


20 !• Abschnitt. Vorderlader mit glatten Läufen. (1700— 1850.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itvierzig auf einem Papierstreifen hintereinander gelagerteZündpillen („amorces“ ) enthielt.Angeblich hat Forsyth etwa 200 000 Mk. für seine Erfindung ausgegeben,ohne einen für ihn nutzbaren Erfolg damit zu erzielen. SeinZünderband fand jedoch noch einmal Verwendung bei der sar<strong>di</strong>nischenJägerbüchse von 1844. Dienach der Idee von Forsythentstandenen sogenannten„chemischen Schlösser“ fan ­den rasch Annahme fürJagdgewehre. T h i e r b a c h(a. a. O. 118) erklärt: „M ankann <strong>di</strong>e c h e m i s c h e nFig. 7. Magazinschloß der sar<strong>di</strong>nischenS c h lö s s e r in drei Gruppenbringen, von denen <strong>di</strong>e erste<strong>di</strong>ejenigen umfaßt, bei denen<strong>di</strong>e Zündmasse frei und unbedecktlie g t; <strong>di</strong>e zweite, beiBersaglieribüchse Modell 1844.In der im Schafte eingelassenen runden Büchse (a)der sie zum Schutze gegendas Herabfallen und gegendreht sich eine Messingrolle m it aufgewundenemKupferstreifen (b ), der, wenn aufgebraucht, leicht W itterungseinflüsse bedecktersetzt werden kann. In ihm sind von 11 zu 11 mm ist, und <strong>di</strong>e letzte, bei denenSchalen eingeprägt und mit Zündsatz gefüllt. DerStreifen wird durch den Hahnkopf des im Schafte ein Magazin zur Aufnahme▼ersenkten Schlosses gezogen und mittels darin angebrachtenSchalters und zw ei auf <strong>di</strong>esen wirkenden der Zündung für mehrereFedern bei jedem H ahnaufzug eine folgende Zündschaleso weit vorgeschaltet, um beim NiederschlagenSchüsse vorhanden ist.“des Hahnes auf dem Zündkegel zu explo<strong>di</strong>eren. Die „Chem ische Schlösser“ w urdenMagazinbüchse (b) faßt einen Streifen mit 45 Zündschalen,so daß ebenso viele Schüsse ohne Ergreifen(zwischen 1808 und 1835)und Aufsetzen von Zündhütchen abgefeuert werden konstruiert von Forsyth,können.Pauli, Prelat, Renette, Lepache,Blanchard, Richards, Puiforcart, Potet, Broutet, Cooker,Vergnaud, Heurteloup, Charay, Malherbe und Lorenz.Man kam bald dazu, <strong>di</strong>e „Zündpillen“ frei zu verwendenund ihnen zu <strong>di</strong>esem Zwecke eine geeignete Form zu geben.Das (1821) von W e stle y - R ich a rd s gebaute Zünderschloßmuß als <strong>di</strong>e vollkommenste Konstruktion <strong>di</strong>eser Art betrachtetwerden. Westley-Richards lagerte <strong>di</strong>e Zündpille (Fig. 8) ineiner seitlich am rechten hinteren Laufende angebrachtenPfanne ein, <strong>di</strong>e durch den Zündkanal des Laufes mit der Ladungin Verbindung stand. Der lange Teil der Zündpille kam inden von dem Pfannenboden ausgehenden „Zündstollen“ , indesder umgebogene Rand in der Pfanne lagerte. Hier ward <strong>di</strong>e


Die Perkussionszündung. 21Zündpille durch den auf ihr ruhenden, ringartig durchbrochenenPfannendeckel festgehalten, den der nach demSchüsse wieder aufgezogene Hahn selbsttätig öffnete. DerFig. 8. Zünderschloß von Westley-Richards," 1821.Der Zünder — Fig. 9 c — wird in den Trog a gelegt und mit demDeckel b bedeckt. Dann schlägt der Hahn durch den durchbrochenenDeckel und sein Zündstift c quetscht den Zünder.Hahn trug in seinem Kopfe eingeschraubt einen entsprechendzugespitzten „Zündstift“ , der auf <strong>di</strong>e Zündpille treffend, <strong>di</strong>esequetschte und also durch Schlagwirkungden Chlorkalisatz zurExplosion brachte.Von den ArmeebehördenFrankreichs und Dänemarkswurden (seit 1816) Versuche zurVerwendung der „chemischenSchlösser“ für Militärgewehre Fi8- 9- ZündpUlen (Amorces).unternommen. Die von J o sefE g g , einem in England natura-H a r t e n D fM lt< 5 rh f> n e r * - c Ztinder nach Konstruktion von W estleyns i e r t e n u e u i s c n e n {lölOf g e - Richards 182z. Papier. Der umgebogene Randmachte Erfindung der „Zünd- ,agert auf def Sch*le


22 I. Abschnitt. Vorderlader mit glatten Läufen. (1700— 1850.)innerhalb weniger Jahre in eigentliche Perkussionsschlösserumgewandelt.Die ältesten Zündhütchen waren kleine, aus Kupferblech getriebenehutförmige Kapseln, auf deren Boden <strong>di</strong>e Zündmasse (knallsauresQueckstiberoxyd) in Form von dünnen Scheibchen eingelagert wurde.Der Zündsatz lagerte erst frei, erhielt dann aber (durch S ie g e l, 1823)eine ihn gegen Feuchtigkeit schützende Firnisdecke, <strong>di</strong>e bald darauf(D reyse, 1824) durch ein dünnes Metallplättchen ersetzt ward. Da<strong>di</strong>e noch unvollkommen konstruierten Zündhütchen nach der Explosiondes Satzes oft genug so fest auf dem „Zündstifte“ hafteten, daßes eines Werkzeuges bedurfte, um sie wieder zu entfernen, schlitzteman <strong>di</strong>e Wände des Hütchens. Für <strong>di</strong>e Gewehre der Linieninfanteriewurden größere Zündhütchen verwendet und deren Wände meist auchgeriffelt, um ein bequemes Aufsetzen auf den Zündstift zu ermöglichen1).Die Massenerzeugung von Zündhütchen rief eine neueIndustrie hervor, deren Hauptvertreter (seit 1820) waren: S e llie r &B e ilo t in P r a g , D reyse & C o lle n b u sch in S ö m m erd a , E la yin L on d o n , F lo b e r t in P a ris usw.Das erste Zündhütchenschloß („Perkussionsschloß“ ) 2)konstruierte der Pariser Büchsenmacher D e b o u b e rt (Patentvom 20. Sept. 1820). Er schraubte den Zündstollen an derrechten hinteren Seite des Laufes ein; auf dem Zündstollensaß senkrecht zur Seelenlinie des Laufes gestellt, der für dasAuf setzen der Zündhütchen eingerichtete „Zündstift“ („K a­min“ , „Piston“ ). Die Schlagfläche des Hahnes war bereitsmit einer den Zündstift umfassenden Aussenkung versehen,<strong>di</strong>e ein Abspritzen von Zündhütchenteilen unschädlich machen!) Die Tatsache, daß sich <strong>di</strong>e Z ü n d h ü tch en wegen ihrer verhältnismäßigenK le in h e it — namentlich bei kalter Witterung — nur schwer mitden Fingern erfassen und auf den Zündstift bringen lassen, ermunterte zuallerlei Erfindungen, um <strong>di</strong>esem Übelstande abzuhelfen. So konstruierteman eine für <strong>di</strong>e Aufnahme von etwa 50 Zündhütchen eingerichtete Messingröhre,aus der <strong>di</strong>e einzelnen Kapseln durch Federdruck auf den Zündstiftbefördert werden konnten. Foucard, Stamm, Sharps u. a. stellten Zündhütchenmagazineher, <strong>di</strong>e mit dem Schloß <strong>di</strong>rekt verbunden waren. Aberalle <strong>di</strong>ese Einrichtungen erwiesen sich als viel zu schwerfällig für den Gebrauchim Felde.2) Man benannte <strong>di</strong>e Zündungsart nach dem aus England überkommenenAusdruck; „p e rcu ssio n “ , d. h. Durchschlagung (in Beziehung aufdas explo<strong>di</strong>erende Hütchen). Der Z ü n d sa tz wurde nach den Angaben vonE g g aus Chlorsaurem Kali, Schwefel, Antimon gefertigt und ihm etwasHolzkohle beigegeben.


Das Perkussionsschloß. 23sollte. Zum gleichen Zwecke war der Zündstift von einemmuldenförmigen „Feuerschirm“ umgeben.Fig. io. Ältestes Zündhütchenschloß von Deboubertin Paris. (Patent vom 20. September 1820.)4. Das PerkussionsschloB der gewöhnlichen Art („Krappenschloß“) wurde, soweit seine inneren Teile in Frage kamen,einfach vom Steinschloß (vgl. S. 3) übernommen und le<strong>di</strong>glich<strong>di</strong>e Schlagfeder wurde etwas schwächer gemacht, weil nunnicht mehr der Widerstand der Deckelfeder zu überwindenwar. Die beiden äußeren Teile des Perkussionsschlosses sindder Hahn und <strong>di</strong>e Nußschraube. Ersterer ist ein massiver(Innenansicht.) Gespannt. (Außenansicht.) Entspannt.Fig. 11 a und b. Schloß des schweizerischen InfanteriegewehrsModell 1842 (Perkussionskrappenschloß).Hammer, dessen Schlagfläche mit einer Aussenkung nachDeboubert versehen wird und der zum Aufziehen und zumlangsamen Niederlassen einer Handhabe den „Daumengriff“mit der „Fischhaut“ (kreuzweise angebrachte Teilstriche) besitzt.Die eigentliche Zündvorrichtung besteht aus dem ander rechten unteren Seite des Laufes eingeschraubten „Kernstück“(Zündstollen), das der in den Pulverraum des Laufesmündende Zündkanal durchbricht. In den Zündstollen wird


I. Abschnitt. Vorderlader mit glatten Läufen. (1700— 1850.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itder durchbohrte stählerne Hütchenträger, der „Zündstift“(„Kam in“ , „Piston“ ) eingeschraubt.Die alten Bajonettflinten konnten demnach mit wenigen Abänderungenin Perkussionsgewehre umgewandelt werden. Bei Neuanfertigungenwurde der Laufverschluß gewöhnlich durch eine P a te n t-S c h w a n z s c h r a u b e 1) bewirkt, <strong>di</strong>e sämtliche zur Perkussionszündungnötigen Teile des Laufes in einem einzigen massiven Eisenstückevereinigte.a Nuß. b Nußstift. c Naßkrappen, d Studel. e Schlaffeder m it f kurzemoberen, g langer unterer Arm und h Schlagfederkrappen, i Rast,k Stangenschnabel. 1 langer Stangenarm. m Stangenkopf, n Nußschraube.o Stangenfeder, p Vorderruh. q Schlagfederstift, r Studelstolpen.s. Schloßblechstolpen. t Stangenschraube, u Schloßblechstolpenecke.v Stangenbalken, w , y Schloßblechmuttergewinde, z Nußstolpen.Eine Verbesserung des gewöhnlichen Perkussionsschlossesist das „ K e tte n s c h lo ß “ , dessen Schlagfederkrappen aus zweiLappen besteht, zwischen <strong>di</strong>e ein kleines Stahlplättchen, <strong>di</strong>e„K ette“ , eingehängt ist, welche ihrerseits eine scharnierartige!) Die ersten S ch w a n zsch ra u b en waren glatt und schlossen also <strong>di</strong>eLaufseele mit einer flachen Ebene ab. Dann gab es „Kammerschwanzschrauben“, <strong>di</strong>e vorn halbkugelförmig ausgedreht, einen Teil der Pulverladungaufnahmen. Bei den „Haken-“ („Bascul“ -) Schwanzschrauben waran deren Hinterseite ein nach aufwärts gekrümmter Haken angebracht,der in eine Scheibe paßte, <strong>di</strong>e ihrerseits mit dem Schweifteil im Schalte versenktund befestigt lagerte. Die Anordnung ermöglichte ein bequemesHerausnehmen und Einsetzen des Laufes in den Schaft. Die zu Beginn des19. Jahrhunderts von dem Engländer H enry N ock erfundene „Patentschwanzschraube“ist eine <strong>di</strong>e ganze Pulverladung aufnehmende Kammer,in der <strong>di</strong>e Pulverkörner nicht zerquetscht werden, wenn <strong>di</strong>e Kugel auf siehinabgeschoben wird, und <strong>di</strong>e infolge des Härtens weniger rasch ausgebrannteZündkanäle aufweist.


Das Perkussionsschloß. 25Verbindung zwischen der Nuß und der Schlagfeder bildet unddergestalt nicht nur einen sehr leichten und sicheren Gangdes ganzen Schlosses schafft, sondern auch <strong>di</strong>e Nuß vor einerFig. I2.~ Patentschwanzschraube.von 1839.)(PreußischeA Gewindeteil. B Bodenteil, a Schweifteil, x, y Muschelfür den Zündstiftstollen.raschen Abnützung durch allzu starke Reibung bewahrt. Eineandere Abänderung zeigt das „ R ü c k s c h lo ß “ , bei dem alleFig. 13.Kettenschloß.a Nußkrappen, b Schlagfederkrappen, c Kette mit den Kettenstiftend und e. w Muttergewinde für <strong>di</strong>e SchloBblechschraube.inneren Teile hinter der Nuß liegen und das sich durch seineeinfache Bauart auszeichnet. Eine weitere Vereinfachungwurde dadurch erzielt, daß man <strong>di</strong>e erste nunmehr überflüssig


26 !• Abschnitt. Vorderlader mit glatten Läufen. (1700— 1850.)gewordene Rast („Vorderrast“ ) beseitigte und nur noch <strong>di</strong>ehintere („Spann“ -) Rast beibehielt.Fig. 14.Rückschloß.Oer untere kurze Arm a der Schlagfeder w irkt als Stangenfeder,der obere lange Arm b als Schlagfeder, c Kette, x Öffnungzum Festhalten des Schloßbleches.5. Das Zünderschloß. Um <strong>di</strong>e Einrichtung des Steinschlossesfür <strong>di</strong>e Perkussionszündung möglichst beibehaltenzu können, schlug (1835) ein k. k. Finanzbeamter in Mailand,namens C o n sole, vor, den Zündsatz nicht in einem Hütchen,sondern in einer 15 mm langen und 3 mm starken gerolltenFig. 15a. ÖsterreichischesCönsole - AugustinschesZünderschloß 1842.Hahn in Ruhestellung. DerD eckel, in dessen Innern derden Zünder quetschende scharfeZahn beweglich angebracht ist,geöffnet. Das Lager für denZünder (ehemalige Pfanne) abgedeckt.Fig. 15 b. Zünderschloß, KonstruktionAugustin 1842, geschlossen.Der Zahn zum Quetschen des Zünders erscheintpunktiert.Kupferblechhülse („Zünder“ ) unterzubringen und <strong>di</strong>e Zündungdurch einen im Batteriedeckel des Schlosses angebrachten„Zahn“ derart ausführen zu lassen, daß der ein massives StückEisen anstatt des Steines tragende Hahn auf den Zahn schlug,der seinerseits durch Quetschung des Zünders den Schlagsatzzur Explosion brachte.


Feldmarschalleutnant B a ro n A u g u stinließ dazu noch in das Zündloch einenstählernen „Zündkem“ einschrauben, derin <strong>di</strong>e Pfanne hineinreichte und einen Zündkanalbildete, in <strong>di</strong>e man den Zünderlagerte. Ferner gab er dem Batteriedeckeleinen Daumengriff und im oberen Teil eineDurchbohrung, in welcher der aus Kopf undSchneide bestehende Zahn sich etwas zu bewegenvermochte. An <strong>di</strong>e Stelle des Steinschloßhahnestrat ein massiver Hahnhammer.Das Perkussionsgewehr. 27Das Zünderschloß kam nicht alleinzur Umänderung der österreichischenSteinschloßgewehre usw., sondern auchFig. 15 c.für <strong>di</strong>e nach 1841 konstruierten neuen Patrone Modell 42, KonstruktionAugustin (fürHandfeuerwaffen der k. k. Armee zurdas österreichische „Zün-Verwendung und blieb bis zu Beginn derschloß“ ) mit „Zünder“ ,des Feldzuges in der Lombardei (1859) Länge der Patrone 52 mm, Gewicht38 g.in Gebrauch.6. Das Perkussionsgewehr. Die ersten militärischen Versuchemit der Perkussionszündung wurden (1825) in Hannoverangestellt und sie zeigten, daß <strong>di</strong>e Perkussionsgewehredurchschnittlich nur 0,34%, <strong>di</strong>e Steinschloßgewehre aber6,75% Versager auf wiesen und daß man unter Anwendungvon Zündhütchen auch bei andauerndem Regenwetter feuernkönne. Dazu kam <strong>di</strong>e Gewißheit, daß <strong>di</strong>e Pulverladung — ungleichwie beim Steinschloßgewehr — stets gänzlich als TreibmittelVerwendung fand. Da man demnach nun besser zutreffen vermochte, gab man dem Perkussionsgewehr ein einfaches„Standvisier“ .Die Treffähigkeit war aber trotzdem eine verhältnismäßiggeringe. Nach in Belgien (1836) gemachten Versuchen trafenvon je 100 Schuß: 16 Schuß auf 75 m den einzelnen Mannund 50 Kugeln eine Front von 12 Mann; auf 150 m war dasgenannte Verhältnis 10 und 38, und auf 300 m 18 und 12.Immerhin, befrie<strong>di</strong>gten <strong>di</strong>ese Ergebnisse1) und zwischen 1835und 1842 wurde mit dem „Munitionsgewehre“ (weil „fusil1J In seinem „Lehrbuch der Taktik“ schrieb (1840) der spätere eidgenössischeGeneral G. H. D ufou r: „Diese neue Erfindung läßt fast nichts


28 I- Abschnitt. Vorderlader mit glatten Läufen. (1700— 1850.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itde munition“ in Frankreich genannt!) <strong>di</strong>e Linieninfanterieder verschiedenen europäischen Heere bewaffnet (vgl. ÜbersichtstafelI).Die Einführung der Perkussionszündung brachte vor allemauch <strong>di</strong>e Behandlung von waffentechnischen und ballistischenFragen in Fluß. Man beschäftigte sich von nun ab wissenschaftlich-kritischmit der Konstruktion und mit den Leistungendes Infanteriegewehrs und seiner Abarten. Die Folge war,daß man Klarheit über alle Einzelheiten gewann und zu neuengroßen Fortschritten gelangte.mehr zu wünschen übrig.“ Andererseits wurden allerlei Bedenken gegenüberder Perkussionszündung erhoben. So behauptete (1844) der belgischeArzt V ik to r van den B ro e ck (in der Flugschrift: „Des dangers qui peuventresulter de l’emploi des armes ä percussion“ etc., Paris 1844) u. a., daß <strong>di</strong>ebei der Explosion der Zündhütchen entstehenden Gase schädlich auf <strong>di</strong>eGesundheit des Schützen einwirken würden.


II. Abschnitt.Vorderlader mit gezogenen Läufen.(1850— 1866.)Die Vorderlader mit gezogenen Läufen, wie sie zwischen 1850 und1866 fast in allen Heeren zur Bewaffnung auch der Linieninfanterieverwendet wurden, kennzeichnen sich hauptsächlich nach der Art ihrerL ad e w e ise und nach der F o rm und E in ric h tu n g ihrer G esch osse.Wir unterscheiden deshalb <strong>di</strong>e gezogenen Vorderlader. („Präzisionsfeuerwaffen“) nach den Systemen:1. der D ra n g - oder P fla s te r la d u n g (Kugel und Spitzgeschoß);2. der G e sch o ß sta u ch u n g (Kugel und Spitzgeschoß);a) S ta u ch u n g (der Kugel oder des Spitzgeschosses) auf denK a m m e rra n d ;b) S ta u ch u n g (des Spitzgeschosses) auf den D orn;3. der T re ib s p ie g e lg e s c h o s s e (Spitzgeschosse); sogenannte„expansion a culot“ ;4. der H o h lg esch o sse (Spitzgeschosse); sogenannte „expansionsans culot“ ;5. der D ru c k g e s c h o sse („Kompressions-Spitzgeschosse“);6. der D ru c k g e s c h o sse m it B o d e n h ö h lu n g („Kompressions-Spitzgeschosse mit Expansion“ ).1. Einleitung. Will man von der Mündung des Laufes herdas Geschoß verhältnismäßig leicht auf <strong>di</strong>e Pulversäule hinunterbringen,so muß <strong>di</strong>e Laufweite („Kaliber“ , „Seelendurchmesser“, „Seelenweite“ ) größer sein als der Durchmesser desGeschosses. Dieses hat demnach im Laufe einen gewissen„Spielraum“ und je größer der Spielraum, desto geringer <strong>di</strong>eTreffsicherheit1).„Da nämlich das (i. e. „glatte“ ) Gewehr beim Schießen eine im allgemeinenhorizontale Lage erhält, so ruht <strong>di</strong>e Kugel vermöge ihrerSchwere vor dem Pulver auf der unteren Seelenwand und bildet sichx) Diese Tatsachen erklären <strong>di</strong>e schweizerische Bezeichnung des glattenGewehres als „R o llg e w e h r“ . Die Kugel „rollt“ durch den glatten Lauf.


20 II- Abschnitt. Vorderlader mit gezogenen Läufen. (1850— 1866.)der Spielraum als ein sichelförmiger Abschnitt über dem GeschoB . . .Beim Explo<strong>di</strong>eren der Ladung entströmen mithin Pulvergase über <strong>di</strong>eKugel hinweg und geben ihr in dem Augenblick, in welchem sie ihreVorwärtsbewegung antritt, einen Druck nach unten. Das elastische Eisenstößt <strong>di</strong>e Kugel ab und sie prallt mithin an <strong>di</strong>e obere Seelenwand an,und zwar unter einem um so größeren Winkel, je größer der Spielraumwar. Abermals abgestoßen, aber durch den Druck der ,von hinten herwirkenden Gase auch gleichzeitig vorwärts getrieben, macht sie einenzweiten Anschlag auf der unteren Seelenwand und verläßt ihr Mittelpunktsodann das Rohr nicht in der Richtung der Seelenachse, sondernin einer zu ihr geneigten. . . . Der Spielraum ist also <strong>di</strong>e Veranlassung,daß man zu weit oder zu hoch schießt. (C. R ü sto w , a. a. O. I, 86.)Es hat nicht an Versuchen gefehlt, den schädlichen Einflußdes Spielraums durch passende Geschoßkonstruktionenzu beseitigen1). Die Treffsicherheit ward jedoch einzig durch<strong>di</strong>e Annahme g e zo g e n e r L ä u fe und einer entsprechendenLadeweise des Geschosses erzielt.Um nämlich Schmutzrinnen für den Niederschlag des hartenPulverrückstandes im Laufe zu schaffen, also um <strong>di</strong>e eigentlicheBohrung zum Zwecke leichteren Ladens möglichst blank zu erhalten,brachte man in den Läufen seit dem Ende des 15. Jahrhunderts g era d eZ ü ge an, <strong>di</strong>e unter sich und zugleich zur mittleren Seelenlinie parallelliefen und gewöhnlich rund, flach und wenig zahlreich waren. ZurBeseitigung des Pulverrückstandes verwendete man auch kleine gefetteteTuchstückchen, Barchent, dünnes Leder usw., <strong>di</strong>e sogenannten„Pflaster“ („Futter“ ), <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Kugel umgaben und mit ihr zugleichgeladen, <strong>di</strong>e Laufseele auswischten.Wann <strong>di</strong>e g ew u n d en en Z ü g e aufgekommen sind undwie ihre Erfindung gemacht wurde, ist unbekannt; wahrscheinlichtraten sie zuerst um <strong>di</strong>e Mitte des 16. Jahrhundertsauf2). Sie verwandelten den Lauf gewissermaßen in eine1) Den N a ch teil des S p ielrau m s suchte man durch besondere Einrichtungenan der Patrone („Spiegelführung“ des Geschosses), oder des Geschosses(„Expansion“ , „Kompression“ , „Flügelführung“) zu beheben, dochblieben alle entsprechenden Versuche ohne praktischen Erfolg.2) „E s ist anzunehmen, daß bei der Erfindung der gew undenenZ ü g e der Zufall, wie bei so vielen Erfindungen, eine Rolle gespielt hat.Vielleicht war es eine Schweißnaht, wie man sie nicht selten in alten Läufenfindet, welche gebogen war und deren gewundene Richtung für <strong>di</strong>e Zügemaßgebend ward.“ T h ie rb a c h , a. a. O. 170/171. Schon zu Beginn des16. Jahrhunderts sollen <strong>di</strong>e Malteser lange gezogene Gewehre verwendethaben, <strong>di</strong>e würfelförmige Geschosse entsendeten.


Allgemeines. 31Schraubenmutter und das in sie eingekeilte Geschoß in eineSchraube, <strong>di</strong>e durch <strong>di</strong>e Treibkraft der Pulvergase in denZügen geführt, auch nach dem Verlassen des Laufes <strong>di</strong>eDrehung um ihre Längsachse beibehielt. Durch ein entsprechendesVisieren erhielt man den sicheren Schuß. Imletzten Drittel des 16. Jahrhunderts erschienen <strong>di</strong>e „gezogenenBüchsen“ („Stutzen“ , „Stutzer“ ) auf den Schießplätzen un<strong>di</strong>m Felde; bereits im Dreißigjährigen Kriege (Hessen 1630)wurden sie zur militärischen Bewaffnung verwendet1).2. Allgemeines. Unter „Zügen“ versteht man paralleleEinschnitte in <strong>di</strong>e Laufwand, <strong>di</strong>e sich schraubenförmig vom„Pulversack“ (also vom unteren Laufende) aus zur Mündung «hinaufwinden. Die zwischen den Zügen erhaben bleibendenStreifen der Seelenwandung sind <strong>di</strong>e „Felder“ („Balken“ ).Die Drehung der Züge im Laufe („Windung“ ) heißt der „Drall“ .Die Größe der Zugswindung („Drallstärke“), ihre Zahl und ihreForm zeigen bei den älteren Kugelbüchsen große Verschiedenheiten2).Die älteren Kugelbüchsen haben sehr starke („steile“ )Zugwindungen (bis zu i x/2maliger Umdrehung), um <strong>di</strong>e durch1) Die g e zo gen e B üchse fand anfangs viele Gegner. Für <strong>di</strong>e Schießübungenwurde sie nicht selten von seiten der Obrigkeit verboten, weil siezu gute Trefferergebnisse erzielte. Eben deswegen haßte sie auch der Kriegsmann.Geübte Büchsenschützen galten bis in das 19. Jahrhundert hineinnicht als Soldaten, sondern als Mörder und wurden dementsprechendbehandelt. F rie d rich d. Gr. verbot seinen Offizieren, Büchsenschüsseauf gegnerische Vorposten abzugeben. N apoleon I. erklärte <strong>di</strong>e schwerfälligePflasterbüchse der sächsischen Jäger als <strong>di</strong>e denkbar schlechtesteBewaffnung und meinte auf St. Helena: „Es gibt nur eine einzige Art Infanterieund kann nur eine einzige geben, weil <strong>di</strong>e Muskete <strong>di</strong>e beste Kriegswaffeist, welche <strong>di</strong>e Menschen erfunden haben.“ Gegen das seit 1850 aufkommendegezo gen e G e w e h r erhoben fast alle älteren Militärs ihre Stimmen,denn man fürchtete mit dem Zaren N ik o la u s I., daß <strong>di</strong>e verbesserte Waffe<strong>di</strong>e Tapferkeit der Infanterie schä<strong>di</strong>gen werde. Noch 1857 schrieb ein englischerOffizier (im „United Service Magazine“ ; I, 496): „Es ist falsch, denMann zu lehren, daß sein Gewehr auf große Entfernungen hin Wunder wirkt;ein in solcher Taktik erzogenes Heer wird nie etwas ausrichten.“2) Die Z a h l der Z ü ge, <strong>di</strong>e mindestens 2 betragen muß und <strong>di</strong>e inden neueren gezogenen Läufen meistens 4 ausmacht, war in den älterenBüchsenläufen von großer Seelenweite gewöhnlich 8— 14, steigerte sich aber.bei der Anwendung von „Haarzügen“ bis auf 100. Die geraden Haarzüge,<strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Reibung verminderten und <strong>di</strong>e Kugel stetig führten, eigneten sichnur für kleine Handfeuerwaffen (Pistolen), <strong>di</strong>e auf kürzere Entfernungen


II. Abschnitt. Vorderlader mit gezogenen Läufen. (1850— 1866.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.iteine verhältnismäßig starke Pulverladung hervorgebrachteUmschwungskraft der Kugel möglichst zu erhalten. Einschwächerer Drall mußte den <strong>di</strong>e Spitzgeschosse schießendenLäufen gegeben werden, um <strong>di</strong>e ungünstig gegen <strong>di</strong>e Spitzedes Geschosses hin angeordnete Schwerpunktslage zu überwindenund um den Einfluß der Reibung zu vermindern, also<strong>di</strong>e „Anfangsgeschwin<strong>di</strong>gkeit“ des Geschosses zu erhöhen.Tief eingeschnittene Züge führen das Geschoß sicherer, vermehrenaber dessen Reibung und fordern zugleich eine bedeutendeLaufstärke. Um <strong>di</strong>esem Nachteil zu begegnen,wendete man (M inie 1849) <strong>di</strong>e sogenannten „Progressivzüge“an, deren Tiefe am Pulversack am bedeutendsten war, indessie gegen <strong>di</strong>e Mündung mehr und mehr abnahm („seichter“wurde).Die äußere Form der älteren gezogenen Läufe ist meistensein Achtkant; <strong>di</strong>e Läufe der neueren gezogenen Gewehre aberzeigen <strong>di</strong>e Kreisform.Die Z ie lv o r ric h tu n g e n mußten für den sicher und verhältnismäßigweit treffenden gezogenen Lauf entsprechendverbessert werden. Neben dem „Standvisier“ (Stöckchen“ ,„Stöckel“ ) finden sich an den älteren Kugelbüchsen auch dasmit dem Standvisier verbundene einfache „Klappenvisier“ miteiner oder mehreren Klappen. Die neueren Klappvisierezeigten eine „kleine“ vordere und eine „große“ hintereKlappe; <strong>di</strong>ese trug Löcher, in deren unteren Flächen für <strong>di</strong>e„Visierkimmen“ eingestrichen waren und mit denen man alsoauf verschiedene Entfernungen zielen konnte. Die „elevationsfähigenKlappvisiere“ hingegen haben nur eine meist nichtdurchbrochene Klappe, <strong>di</strong>e liegend das Standvisier bildet undfür weitere Entfernungen unter verschiedenen Winkeln geeineverhältnismäßig große Treffsicherheit haben sollten. — Die F orm derZ ü ge unterscheidet <strong>di</strong>ese in „Rundzüge“ mit scharfer Kante und abgerundeterTiefe, in „Sternzüge“ mit dreieckigen, spitzen Einschnitten und in„Rosenzüge“ , <strong>di</strong>e eine Verbindung der erstgenannten Formen sind. Bei dengezogenen Gewehren finden sich gewöhnlich runde und seichte Züge mitnicht allzu scharfen Führungskanten; <strong>di</strong>e Mündung des Laufes ward desleichteren Ladens wegen ausgetrichtert und <strong>di</strong>e Mündungsränder der Zügewurden abgeflacht.


Allgemeines. 33neigt werden kann, so daß <strong>di</strong>e Kimme allmählich höher zustehen kommt. Derlei Visiere kommen in den verschiedenstenFormen vor (z. B. als „Schweizer Visier“ , Fig. 18 a und b).Fig. 16. Standvisier.a b Visierkimme, c d Visierfläche.3 Seelenachse.Fig. 17 a und b. Klappvisier.(Preußische Jägerbüchse von 1847.)a b große Klapp« mit Visierlöchern. x Blattstütze.Die „Leiter-Schiebervisiere“ bestehen im allgemeinen auseiner geschlitzten Platte, deren Fuß, sobald sie liegt, dasStandvisier abgibt und auf der, sobald sie aufgeschlagenFig. 18 a und b.Schweizer Visier.A Visierbacken. K Klappe, b c Kröpfung (in <strong>di</strong>e Kimme eingeschnitten ist), x Druck*schraube zum Feststellen der Visierklappe. ▼ Visierschraube, um <strong>di</strong>e sich <strong>di</strong>e Klappe dreht.S Schraube zum Befestigen des Visiers auf dem Visierfuße.ist, mittels eines Schiebers, der <strong>di</strong>e Visierkimme trägt, verschiedeneVisierhöhen durch Einstellung der Kimme auf denbetreffenden Teilstrich der an den Seiten der Klappe ange-Günther, Geschichte der Handfeuerwaffen. 3


34 II* Abschnitt. Vorderlader mit gezogenen Läufen. (1850— 1866.)brachten Skala genommen werden können. Wird der Visiersattelmit zwei langen Backen versehen, deren obere KanteaFig. 19 a, b und c.Leiter-Schiebervisier.S S Visierfuß. k Knappe m it F Standvisier und z dessen Kimme, c Visierschraube, s Schieberund x Begrenzungsschräubchen für <strong>di</strong>esen.stufen- oder treppenförmig nach hinten abfällt, so kann manden Schieber auf <strong>di</strong>e Stufen legen und erhebt damit <strong>di</strong>e an derFig. 20.Treppenvisier.8 s Visiersattel, a Schamierbacke. c Pivotstift, k Klappe.0 Klappenfuß. b Visierblatt m it Kimme für das Standvisier.d d Schieber, n n Sperrfeder mit Schraube. Oieau f der Visierbacke eingeschlagenen Zahlen entsprechenden Entfernungen, auf <strong>di</strong>e gezielt werden kann, wenn derSchieber auf <strong>di</strong>e bestimmte Treppenstufe gebracht wird.Leiter angebrachte Kimme entsprechend der Entfernungszahl.Die „Treppenvisiere“ empfehlen sich durch ein leichtes Einstellenauf <strong>di</strong>e kürzeren Entfernungen.


Die Drang- (oder Pflaster-) Ladung.35Das S te ch sch lo ß („Wiener Schneller“ , „Tupfer“ ,„Stecher“ ), <strong>di</strong>e Einrichtung, welche das Abziehen möglichsterleichtert, findet sich vielfach an den gezogenen Büchsen seitder zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.„Das Stechschloß ist kein Schloß für sich, sondern eine am Gewehrschlosseangebrachte feinere Abzugsvorrichtung, <strong>di</strong>e darauf beruht,daß der Druck auf den Stangenbalken nicht <strong>di</strong>rekt von dem Schützen,sondern von einem Abzüge ausgeht, den man mittels eines leisenFingerdrucks in gleitende Bewegung setzt.“ T h ie rb a c h , a. a. O. 179.Das Stechschloß zeigt mannigfache, den Anordnungen derverschiedenen Schlösser entsprechende Veränderungen seinesBaus. Für Militärwaffen besonderer Art wurde es bis in dasletzte Viertel des 19. Jahrhunderts hinein beibehalten; anSportswaffen findet es sich noch in der Gegenwart.3. Die Drang- (oder Pflaster-) Ladung besteht darin, <strong>di</strong>eZüge durch eine künstliche Verstärkung des Kugeldurchmessersmittels des Pflasters, zur Erfüllung ihrer Aufgabe zuzwingen. Die mit dem. Pflaster umgebene, gewaltsam in denLauf eingebrachte Kugel tritt in <strong>di</strong>e Züge ein und erhält dabeipassende „Führungswarzen“ ; d. h. das aus Weichblei hergestellteGeschoß gleitet beim Laden durch <strong>di</strong>e Züge, folgtderen Windungen und verläßt beim Abfeuern den Lauf aufdem gleichen Wege, wobei es nun anstatt der Drehung um <strong>di</strong>eSchwerachse eine solche um <strong>di</strong>e Längsachse erhält.Die langsame Ladeweise ist der größte Nachteil der Pflasterbüchse.Beim Laden muß man nämlich, nachdem das Pulver — bei Scheibenbüchsensogar unter Anwendung eines langgestielten Trichters, derdas Hängenbleiben der Pulverkörner in der Laufseele vermeidet —in den „Pulversack“ geschüttet ist, das Pflaster mit seiner gefettetenSeite nach unten auf <strong>di</strong>e Laufmündung und darauf <strong>di</strong>e Kugel mit derGußhalsfläche nach oben (oder nach unten) legen. Dann werdenKugel und Pflaster mit dem Daumen so weit in den Lauf hineingedrückt,bis sich das Pflaster über der Kugel zusammenschließt.Mit dem als „Setzer“ <strong>di</strong>enenden Stiel des harthölzernen „Ladehammers“wird nun <strong>di</strong>e Kugel so weit in den Lauf hinuntergeschoben, bis derLadestock in Wirksamkeit treten kann. Worauf <strong>di</strong>e Waffe zwischen<strong>di</strong>e Knie des Schützen geklemmt und der Ladestock mit beiden Händenso kräftig auf <strong>di</strong>e Kugel gedrückt wird, bis <strong>di</strong>ese, den Zugswindungenfolgend, <strong>di</strong>e Ladung im Pulversack erreicht. Um sich dessen zu ver-3 *


36 II- Abschnitt. Vorderlader mit gezogenen Läufen. (1850— 1866.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itgewissem, hebt man schließlich <strong>di</strong>e Waffe leicht vom Boden auf undschnellt den Ladestock so lange auf das Geschoß nieder, bis er in <strong>di</strong>eHöhe springt.Das Laden einer Pflasterbüchse erforderte desto mehr Anspannungder Armmuskelkräfte, je öfter geschossen wurde undje rascher sich <strong>di</strong>e Laufseele mit Pulverrückstand („Schleim“ ,„Schmand“ ) bedeckte. Schließlich zitterten des Schützen Armeund Hände1), so daß ihm <strong>di</strong>e nötige Ruhe fehlte, um (freihän<strong>di</strong>g)gehörig zielen zu können. Durchschnittlich brauchtman zum Laden einer Pflasterbüchse alter Art wenigstens3 Minuten. Die Waffe eignete sich demnach nur für guteSchützen, <strong>di</strong>e aus sicherer Deckung heraus feuerten. Die inden napoleonischen Kriegen entwickelte Feuertaktik aber ließes wünschenswert erscheinen, der gesamten Infanterie einrasch zu ladendes und auf größere Entfernungen hin sichertreffendes Gewehr zu geben. Dieses Verlangen führte zunächstzu Verbesserungen der Ladeweise der Pflasterbüchse.Im Jahre 1832 stellte der braunschweigische Majorv. B ern e r den Grundsatz auf, daß „eine gezogene Waffe,welche zur allgemeinen Bewaffnung der Infanterie solle <strong>di</strong>enenkönnen, so eingerichtet werden müsse, daß sie sich als Musketeladen und als Büchse abschießen lasse“ . Zu <strong>di</strong>esem Zweckeschuf er ein Infanteriegewehr, dessen Lauf zwei ganz flacheZüge mit 1275 mm Drall auf wies. Vom Pulversack nach der, Mündung hin nahmen <strong>di</strong>e Züge allmählich in der Breite soweit ab, daß sie in <strong>di</strong>e Balken verliefen und schließlich leichtovalförmig erschienen; <strong>di</strong>es gab den Anlaß, <strong>di</strong>e Waffe als„Ovalgewehr“ zu bezeichnen. Als Geschosse verwendeteBerner eine sogenannte „Rollkugel“ und eine „Pflasterkugel“. Die Rollkugel, <strong>di</strong>e im Laufe einen Spielraum von2 mm fand, wurde mit der gewöhnlichen Flintenpatrone geladen;sie sollte für rasches Feuern auf kurze Entfernungenhin, <strong>di</strong>e Pflasterkugel aber dann gebraucht werden, wenn man*) Aus <strong>di</strong>esem Grunde arbeiteten z. B. <strong>di</strong>e sc h w eizerisch e n „S c h a rfsch ü tz e n “ je zu zweien oder dreien im Gefecht. A. lud, B. machte fertig(Hahn spannen, Zündhütchen aufsetzen) und C., der beste Schütze unterden drei Kameraden, feuerte. Aus ähnlichen Ursachen entstand auch <strong>di</strong>eZunft der im Hofjagd<strong>di</strong>enste tätigen „B ü ch se n sp an n e r“ .


Die Drang- (oder Pflaster-) Ladung.37sicher gezielte Schüsse auf weitere Entfernungen hin abzugebenhatte. Der Mann trug demnach zwei Munitionsartenbei sich, <strong>di</strong>e weißen Rollkugel- und <strong>di</strong>e blauen Pflasterkugelpatronen.Das Bernersche Ovalgewehr erfüllte selbstverständlich<strong>di</strong>e daran geknüpften Hoffnungen nicht1).Der englische Büchsenmacher W illia m G reen er, derBerners Gedanken aufgegriffen hatte, konstruierte (1835) fürsein Ovalgewehr mit gleichmäßig breiten Zügen eine mit einemGürtel versehene Pflasterkugel. Der Gürtel, der zeitweiligFig. 21.Greeners Kugel.g g Gürtel.Fig. 22. RussischesFlügelgeschoß.n n Führungswarzen.Fig. 23.Schweizerisch e sSpitzgeschoßvon 1851 ohnePflaster.a a und b b <strong>di</strong>e Reibungsstellendes Geschossesim Laufe.durch zwei Flügel ersetzt wurde, sollte <strong>di</strong>e sichere Führungdes Geschosses in den Zügen vermitteln und <strong>di</strong>e nachteiligeAbplattung der Kugel durch zu heftige Ladestockstöße vermeiden.Das Greenersche Ovalgewehr, in England unter demNamen „braunschweigische Büchse“ („brunswick rifle“ ) bex)„Bei der Verwendung der „ P fla s te r k u g e l“ litt das Gewehr imvollkommensten Maß an allen Mängeln der Pflasterladung, welche sogarnoch durch <strong>di</strong>e Länge der Waffe erhöht wurden, der der längere Drall und<strong>di</strong>e namentlich unten bedeutende Breite der Züge kein hinlänglich ausgleichendesGegengewicht gab. So kam es denn auch, daß das Ovalgewehr,wenn man mit Pflasterkugeln lud, nach oft nur zehn Schüssen nur nochmit der größten Kraftanstrengung zu laden und der Soldat demgemäß überwiegendauf <strong>di</strong>e Verwendung der Waffe als Muskete mittels der Rollkugelpatroneangewiesen war.“ (C. R ü sto w , a. a. O. II, 23/24.) Die mit Ovalgewehrenbewaffnete englische Schützenbrigade warf bei der Beistgerungvon Sebastopol (1854/55) alle Pflasterkugelpatronen fort. — Der braunschweigischenInfanterie blieb das Ovalgewehr bis zur Einführung desZündnadelgewehrs (1861) erhalten. — Oldenburg behielt das System ebenfallslängere Zeit bei.


II. Abschnitt. Vorderlader mit gezogenen Läufen. (1850— 1866.)kannt, <strong>di</strong>ente (zwischen 1836 und 1856) zur Bewaffnung derenglischen Schützenbrigade. Als eine Verbesserung derGreenerschen Konstruktion darf das Flügelgeschoß des großkalibrigenzweizügigen sogenannten Lütticher Stutzens von1843 der russischen Schützenregimenter und des russischenKavalleriekarabiners von 1849 gelten, welche beiden Waffenbis 1864 im Gebrauche standen. Diese Geschosse wurden miteinem ganz dünnen Pflaster geladen.Die vervollkommnetste Drangiadungsbüchse war ders c h w e ize ris c h e „ F e ld s tu tz e r" von 1851, der (1852 bis1868) zur Bewaffnung der damals bestehenden 71 Scharfschützenkompagniendes eidgenössischen Heeres <strong>di</strong>ente undder (1861) vom deutschen Schützenbunde als Musterwaffe bezeichnet,vielfach auch in Deutschland als Sportsbüchse Verwendungfand1). Das von dem eidgenössischen Oberst derArtillerie W u rstern b erger (1850) konstruierte kleinkalibrigeWeichbleigeschoß mußte vom Manne selbst gegossen und mitdem Pflaster versehen werden. Dieses wurde mittels einesstarken Fadens um das Geschoß gebunden; der Faden streiftesich beim Einschieben des Geschosses in den Lauf auf dessenMündung ab. Der kleine Durchmesser des Geschosses(10,2 mm) und der geringe Umfang der Seelenwandung desLaufes ließen ein leichtes Laden zu, <strong>di</strong>e schmalen und seichtenZüge bewirkten, daß das Pflaster den Pulverrückstand imLaufe leicht vor sich herschob und daß <strong>di</strong>e Seele auch bei fortgesetztemFeuern verhältnismäßig rein blieb. Der Ladestockträgt (nach dem System des eidgenössischen SchützenoberstW ild) <strong>di</strong>cht unter seinem oberen Ende ei\ie „Stellscheibe“ ,<strong>di</strong>e bewirkt, daß das Geschoß nur bis zu einem ganz bestimmten,stets gleichen Punkte in den Lauf niedergeschoben wird, sodaß <strong>di</strong>e Pulverkörner der Ladung nicht zerquetscht werden.Das dreikantige Stichbajonett steckt in einer mit einer Klemmx)Die Pflasterladungsbüchsen empfahlen sich den bürgerlichenSchützen namentlich durch ihre b illig e M unition. Man konnte sich durchGießen des Weichbleis in <strong>di</strong>e „Kugelform“ („Modell“) das Geschoß selbstherstellen; für <strong>di</strong>e Erzeugung der Pflaster benutzte man ein Locheisen.Vgl. hierüber: H ein rich K u m m er, „Der praktische Büchsenschütze“(Dresden 1862) S. 83 ff.


Die Ladung mit auf den Kammerrand gestauchten Geschossen. 39feder ausgestatteten, rechts seitwärts der Mündung angebrachtenHülse. Da <strong>di</strong>e ganze Waffe genügend schwer ist(5 k g), so äußert sich der Rückstoß trotz der ein Viertel derGeschoßschwere betragenden Ladung nur sehr schwach(0,9 mkg).Die L e istu n g e n der ä lte re n P fla s te r b ü c h s e n waren, nachheutigem Maßstab gemessen, bescheidene; über 200 m hinaus hörteder sichere Schuß auf. Innerhalb <strong>di</strong>eser Entfernung aber vermochteman recht gute Trefferergebnisse zu erzielen. Nach S c h a rn h o rst(„Die Wirkung des Feuergewehrs“ , Berlin 1813) wurde mit 100 Schüssengegen eine 2 m hohe und 8 m lange Wand von 2,5 cm <strong>di</strong>ckenKieferbrettern, auf der das Scheibenbild 2,4 qm einnahm — zum Vergleichstanden <strong>di</strong>e Jägerbüchse von 1810 und das Infanteriegewehrvon 1808 — getroffen:WaffeEntfernungmTreff ÄrScheiben- ! .bild |WandEs durchschlugen<strong>di</strong>e WandKugelnZeitfür <strong>di</strong>e Abgabevon10 SchüssenBüchse................ 112,5 68 93 92 18— 26 Min.ISO 49 87 85 11— 22 „225aufgelegt gezielt!3 i 72 56 30—371 300 20 53 29 28— 37Glattes Gewehr . 15° 21 62 62 5— 8 „225 4 36 36 5—8 ,1I5° 21 66 66aufgelegt gezielte 1 6{ 225 7 30 29 1Der schweizerische Feldstutzer von 1851 hingegen ward an Treffsicherheitund Schußrasanz erst vom Hinterlader mit gleich kleinerLaufweite übertroffen. Auf 225 m Entfernung fällt <strong>di</strong>e bessere Hälfteder mit dem Stutzer abgegebenen Schüsse in einen Kreis, dessenRa<strong>di</strong>us nur 8 cm mißt, und der Scheitelpunkt der Flugbahn des Geschossessteigt bei 600 m Entfernung nur bis zu 7,5 m über den Erdbodenauf. Die Durchschlagskraft des Geschosses ist noch auf 1000 mEntfernung eine völlig genügende.4. Die Ladung mit auf den Kammerrand gestauchten Geschossen.Der französische Gardeleutnant und spätere HauptmannG u sta v e D e lv ig n e legte (1826) einen Lauf vor, dessenSchwanzschraube einen halbkugelförmigen Sack von kleineremDurchmesser als der Lauf enthielt, indes <strong>di</strong>e obere Fläche derSchraube einen scharfkantigen Absatz bildete. Zum Laden


II. Abschnitt. Vorderlader mit gezogenen Läufen. (1850— 1866.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itward <strong>di</strong>e Kugel, <strong>di</strong>e einen ziemlich bedeutenden Spielraumbesitzen durfte, mühelos auf den Kammerrand gebracht undhier durch Ladestockstöße derart breit gequetscht, daß sichdas Blei beim Abfeuern des Schusses vollstän<strong>di</strong>g in <strong>di</strong>e Zügeeinpreßte. Natürlich konnte aber das abgeplattete Geschoßden Luftwiderstand nur mangelhaft überwinden, wodurch <strong>di</strong>eTreffsicherheit litt1). Die Delvigne-Büchse machte zunächstviel Aufsehen und ward (1837) in Frankreich und (1841) inÖsterreich, sowie (1844) in Sar<strong>di</strong>nien zur Bewaffnung der Jägerbatailloneangenommen. Es wurde auch versucht, ihre Lade-Fig. 24.Kammer (K) nach System Delvigne.x x GeschoS.weise zu verbessern. Um <strong>di</strong>e obere Abplattung der Kugeleinigermaßen zu verhindern, gab Delvigne der Stoßfläche desLadestockkopfes eine 2 mm tiefe, halbkugelförmige Aussepkung.Um <strong>di</strong>e Quetschung des Geschosses ganz zu vermeidenund <strong>di</strong>e Führung der Kugel in den Zügen zu sichern,lagerte Oberst P o n tc h a rra (1834) <strong>di</strong>e Kugel nach dem Vorschlägevon B ru n d el in einen kleinen mit gefettetem Pflasterüberzogenen Holzbecher („Spiegel“ ), der mitgeladen wurde.Zum Laden der Waffe brauchte der Mann aber nunmehrwieder längere Zeit, und da <strong>di</strong>e „Spiegel“ leicht beim Hinunterstoßenin den Lauf zerbrachen, so blieb 'cler sichere Schuß!) Nach S tre ffle u r („Die Waffen der k. k. Armee“ , 1846) erzielteman mit der „K a m m e rb ü ch se “ System Delvigne von 1842 gegen eine1,8 m hohe und 75 cm breite Scheibe auf 37,5 m 100 Treffer, auf 75 m aber93 und auf 112,5 m mindestens 50 Treffer. Ein solches Ergebnis konnteman nahezu auch mit dem glatten Gewehr erreichen. Übrigens schossen<strong>di</strong>e österreichischen Jäger damals fast nur auf Entfernungen unter 225 m.— Die Patronen für <strong>di</strong>e Kammerbüchse enthielten einzig das Pulver; <strong>di</strong>ebeim Laden entleerten Hülsen wurden förtgeworfen. Die gefetteten Kugelntrug der Mann abgesondert in einem Ledersacke. Angeblich konnte ein geübterMann 5 Schüsse in der Minute mit der Kammerbüchse tun.


Die Ladung mit auf den Dorn gestauchten Geschossen. 41stets in Frage gestellt. Im Feldgebrauche (Afrika 1836— 1846)bewährten sich <strong>di</strong>ese Ladungsarten nicht.5. Die Ladung mit auf den Dorn gestauchten Geschossen.Der französische Artillerieoberst Thouvenin legte (1840)einen Lauf vor, in dessen gewöhnliche Blockschwanzschraubeein starker stählerner „Dorn“ („Stift“ ) so eingeschraubt war,daß seine Achse genau mit der Seelenachse des Laufes zusammenfielund der so lang war, daß selbst wenn das auf ihngestauchte Geschoß sich über ihn hinweg nach unten verlängerte,das Blei niemals das Pulver erreichen konnte. Diemit Kugeln ausgeführten Versuche zeigten zwar bessere Ergebnisseals mit der Delvigne-Büchse, aber sie waren nochnicht zufriedenstellend. Man griff nun zu Spitzgeschossen, wiesie Hauptmann Delvigne und der damalige Jägerleutnant,Fig. 25.System Thouvenin mit Dom (n).Geschoß von Tamisier.spätere Hauptmann M inie konstruierten. Diese befrie<strong>di</strong>gtenaber auch nicht vollstän<strong>di</strong>g und so ward denn schließlich(1846) das von Hauptmann T a m is ie r konstruierte Geschoßangenommen, das tatsächlich den Anschluß des Bleies an <strong>di</strong>eSeelenwandung rascher vollzog und dessen Nuten (sogenannte„Schmiernuten“ ) zudem mit Fett gefüllt werden konnten,das beim Schießen den Pulverschleim möglichst beseitigte.Um das Spitzgeschoß soviel als immer angängig vor Verunstaltungenbeim Laden zu bewahren, erhielt der Ladestockkopfeine der Form der Geschoßspitze entsprechende Ausdrehung.Die Treffähigkeit und <strong>di</strong>e Durchschlagskraft derThouvenin-Tamisier-Geschosse war eine gute. Noch auf 525 mEntfernung wurden 42 Geschosse von 100 in eine 1 m 86hohe und 4 m breite Scheibe gebracht und zugleich 5 starkeFichtenbretter durchschlagen. Andererseits zeigte das System


II. Abschnitt. Vorderlader mit gezogenen Läufen. (1850— 1866.)große Übelstände, <strong>di</strong>e durch <strong>di</strong>e am Dorne vorgenommenenVeränderungen nicht beseitigt werden konnten. Der Mannmußte nämlich, um regelrecht laden zu können, in <strong>di</strong>e stehendeStellung übergehen, und trotz aller ihn belastenden besonderenWerkzeuge vermochte er doch niemals den von dem Dornegleichsam abgeschlossenen Pulversack vollstän<strong>di</strong>g zu reinigen.Man versuchte zunächst, das Thouvenin-Tamisier-System aufältere Waffen zu übertragen, doch zeigte es sich, daß <strong>di</strong>es des meistzu starken Dralls der Jägerbüchsen und der zu großen Seelenweiteder Gewehrläufe (Geschoßschwerei) wegen nicht gut auszuführen war.So gelangte man zu zahlreichen Neukonstruktionen, <strong>di</strong>e namentlichvon kleineren Heeren angenommen wurden und <strong>di</strong>e mannigfache Abänderungendes massiven Spitzgeschosses zeigten. In Frankreich selbstbeseitigte man nach 1856 <strong>di</strong>e Dorne der von den Zuaven und Fußjägemgeführten Büchsen von 1846. Am längsten im Gebrauch (bis1866) stand das sogenannte „Pickelgewehr“ (von 1851/54) bei derhannoverschen Infanterie, obwohl man dabei später ein Druckgeschoßverwendete. Das gleiche war bei dem österreichischen Jägerstutzenvon X855 der Fall, dessen Dorn übrigens 1860 beseitigt ward.6. Die Ladung mit Treibspiegelgeschossen entstand ausdem Gedanken, das Geschoß nicht durch <strong>di</strong>e Wirkung derLadestockstöße, sondern durch <strong>di</strong>e Gewalt der Pulvergase in<strong>di</strong>e Züge zu pressen. Delvigne hat für seine Versuche (seit1828) Langgeschosse verwendet und <strong>di</strong>ese (1845) mit einerHöhlung am hinteren Ende versehen; er bemerkte dabei, daß<strong>di</strong>e Pulvergase das Geschoß in <strong>di</strong>e Züge führten. Nach derVeröffentlichung von Delvignes Entdeckung (1849) — demselbst es aber nicht gelang, sie gehörig zu entwickeln — bemächtigtesich der Hauptmann Minie des Gedankens, der ihnauch deswegen interessierte, weil er sich ebenfalls schon mitähnlichen Fragen beschäftigt hatte. Da er sah, daß <strong>di</strong>e mehroder minder große Ausdehnungsfähigkeit der Hohlgeschossevon dem jeweiligen Härtegrade des Bleis abhängig blieb unddarum sehr unregelmäßig wirkte, gab er dem Hohlraum desGeschosses einen unteren Abschluß in Gestalt eines genau eingepaßtenBodenstückes („Culot“ ), das näpfchenartig aus Eisenblechgestanzt war, und das als Treibspiegel <strong>di</strong>ente. Das zurErleichterung des Anschlusses des Bleis an <strong>di</strong>e Züge äußerlich


Die Ladung mit Treibspiegelgeschossen.43mit drei Nuten versehene Geschoß ließ sich bei i mm Spielraumleicht laden. Die beim Abfeuern des Schusses entwickeltenPulvergase trieben, bevor sie das Geschoß in Bewegungsetzten, den leichten Culot in <strong>di</strong>e Höhlung hinein;das ausgedehnte Geschoß trat in <strong>di</strong>e Züge einund folgte den Windungen, und <strong>di</strong>es um somehr, als der Lauf mit flachen Progressivzügenversehen war, <strong>di</strong>e den Anschluß des Bleizylinderserleichterten. Die Vorteile, <strong>di</strong>e das System Miniedarbot, waren — abgesehen davon, daß <strong>di</strong>eglatten Läufe der Infanteriegewehre nun sehrleicht gezogen und als gezogene auch gebrauchtwerden konnten — <strong>di</strong>e bequeme und rasche Minte-Geschoß.Ladeweise und <strong>di</strong>e gesteigerte Treffähigkeit. Mit Halb aufgeschnitteneinem28 g schweren Geschoß wurde unter Anwendung einer9 g wiegenden Pulverladung eine durchschnittliche Anfangsgeschwin<strong>di</strong>gkeitvon 450 m erzielt, und auf 300 m Entfernungergaben sich folgende Trefferleistungen.W affeGanzerbestr. RaummTreffer auf <strong>di</strong>e24 qm -ScheibeTrefferauf den Mann,Flächex m 80 : 60 cmvon 100 Schüssen von 100 SchüssenTreffer auf eineInfanteriefront(6 m breit)Fusil raye“ (Mini6) . . 60 2 2 2 1 2Carabine ä tige“ (Thouvenin).......................... 1 1 2 , 5 79 l 6 S iFusil de munition“ (GlattesInfanteriegewehr) . 90 76 4 49Die Nachteile des Systems Minig bestanden hauptsächlichdarin, daß der Treibspiegel häufig ungleichmäßige Wirkungenhervorbrachte, so daß sich das Geschoß vom Culot trennte,oder gar durch <strong>di</strong>e Pulvergase zerrissen wurde. Verbesserungen,<strong>di</strong>e man am Geschoß (Verringerung seines Durchmessers, Umgestaltungseiner Höhlung) und am Treibspiegel (Abrundungund genaues Einpassen, Erleichterung usw.) anbrachte, verminderten<strong>di</strong>e Übelstände einigermaßen.Angenommen wurde das Mini6-Geschoß mit Abänderungen — seies bei der Umgestaltung von glatten Infanteriegewehren, oder für neu


II. Abschnitt. Vorderlader mit gezogenen Läufen. (1850— 1866.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itkonstruierte gezogene Gewehre — von Frankreich (1849), England(1851), Baden (1853), Preußen (1855), Rußland und Württemberg(1857). — Minie-Geschosse verfeuertenpreußische Landwehrinfanteristen noch1866 und französische Nationalgardennoch 18711).Fig. 27 a und b.Beim Schießen verunstalteteMinie-Geschosse.b Ein sog. Affouillement (Schanzkorb),c Eine sog. Lünette (Fernrohr).7. Ladung mit Hohlgeschossen.Die Nachteile, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Verwendungdes Treibspiegels nach Minie mitsich brachte, führten naturgemäß zudem Gedanken, <strong>di</strong>e ursprünglicheIdee Delvignes, einfache Hohlgeschossedem Drucke der Pulvergaseanzupassen, weiter zu verfolgen.Einen ersten Vorschlag machte derpreußische Hauptmann v. N ein ­d o rff (1852), ihm folgten M inieselbst und der damalige französische Hauptmann Neßler(seit 1853), der belgische General T im m e rh a n n s (1853), derdamalige großherzogl. hess. Oberleutnant und spätere Majorvon P lo e n n ie s (1856), sowie der eidgen. ArtillerieoberstB u rn an d (1859) nebst anderen.„Es handelte sich bei der von Delvigne (1849) begründeten Geschoßkonstruktionnicht allein darum, daß <strong>di</strong>e durch <strong>di</strong>e Pulvergaseerfolgende Geschoßausdehnung im Prinzip gesichert sei, sondern auch,daß das Maß derselben — wenigstens annähernd — bestimmt werdenkönne. W ar <strong>di</strong>e Ausdehnung zu schwach, so erhielt das Geschoß nicht<strong>di</strong>e hinreichende Führung in den Zügen, wodurch <strong>di</strong>e Treffähigkeitbeeinträchtigt wurde; war sie dagegen zu stark, so entstanden Überpressungenund Verdehnungen; das Geschoß wurde deformiert und <strong>di</strong>eReibung im Laufe auf Kosten der Tragweite vergrößert. Befördertwurde <strong>di</strong>e Ausdehnung durch ein schnell verbrennendes Pulver, durchein schweres Geschoß und durch eine passende Aushöhlung desselben.“(T h ie rb a ch a. a. O. 219 nach v. Podewils.)J) Während der Kämpfe deutscher Truppen mit den Massenaufgebotender französischen Republik (1870/71) wurden Anklagen laut, daß <strong>di</strong>e Franzosensich sogenannter „E x p lo s iv g e s ch o s se “ mit Gewehrkaliber be<strong>di</strong>enten.In Wahrheit handelte es sich um M ini6 - G esch osse, <strong>di</strong>e freilich unterUmständen, auf kurze Entfernungen hin, wie Sprengkörper wirkten undderen Treibspiegel dem Nichtkenner als ausgefeuerte Zünder erscheinenmochten. (Vgl. Fig. 27 a und b.)


Druckgeschosse. 45Die einfachen Hohlgeschosse (K o n stru k tio n e n vonN e in d o rff, T im m e rh a n n s, N eßler, B urnand) konntennur mit einem Spielraum von 0,5 mm geladen werden, wennnicht <strong>di</strong>e Treffähigkeit leiden sollte. Die Laufweiten mußtenalso ganz genau in den einmal festgesetzten Massen erhaltenbleiben, was bei der natürlichen Abnutzung der Läufe nichtmöglich war. Um <strong>di</strong>esen Nachteil zu beseitigen, gab man denGeschossen eine größere Anpassungsfähigkeit; d. h. manschwächte ihre Wandungen. Dies führte aber zu Verdrehungenund Zerreißungen beim Schüsse, und zudem konnte <strong>di</strong>e Formder Geschosse sehr leicht durch Ladestockstöße oder selbstdurch einen kräftigen Fingerdruck zerstört werden. Für großeLaufweiten (18— 15 mm) eigneten sich <strong>di</strong>e einfachen Hohlgeschosseüberhaupt nicht. Erst P lo e n n ie s gelang es, eintreffsicheres und transportfähiges, aber freilich nicht mehr„einfaches“ Hohlgeschoß für <strong>di</strong>e Laufweite von etwa 14 mmzu konstruieren. Dieses hatte einen sternförmigen nach derSpitze hin konisch verlaufenden Querschnitt; es konnte nichtgegossen, sondern nur aus geschlossenen Stanzen geprägtwerden.Die einfachen Hohlgeschosse von N eßler und von B u rn a n dfanden noch für <strong>di</strong>e zu Hinterladern umgeänderten französischen undschweizerischen Gewehre mit großer LaufweiteVerwendung, wobei sie in metallenenPatronenhülsen steckend, sich als genügendtransportfähig erwiesen.8. Druckgeschosse wurden fast gleichzeitigvon dem englischen BüchsenmacherW ilk in s o n (1852) und demOberwerkführer in der Gewehrfabrik Fig. 28 a und b.des k. k. Arsenals zu Wien, ArtillerieleutnantR itte r von L o ren z (1853) . Vor dem Laden und b nachkonstruiert. Bei den Druckgeschossenwird das Beharrungsvermögen des Ge- 30,12 gschoßkörpers dazu benutzt, <strong>di</strong>e Wirkung der Pulvergase zunächstzu einer Stauchung des zur Führung in den Zügen bestimmtenhinteren Geschoßteiles zu benutzen. Dabei drückt


46 II. Abschnitt. Vorderlader mit gezogenen Läufen. (1850— 1866.)sich das mit stark eingeschnittenen Nuten versehene Geschoßzusammen („Kompression“ ); das Blei sucht nach den Seitenhin auszuweichen und gewinnt also den gewünschtenAnschluß an <strong>di</strong>e Züge. DerartigeGeschosse waren wegen ihres verhältnismäßiggroßen Gewichtes nur für kleine Laufweiten(14— 10 mm) verwendbar. Sie brauchten über<strong>di</strong>esseichte Züge, um rasch in <strong>di</strong>ese eintretenzu können; der Spielraum mußte klein seinFig. 29.Hannoversches(0,3— o,s mm). Die Druckgeschosse verlorenSchirmgeschoß beim Schüsse ihre Form, was ihrer Treffsicherheitschadete, und wenn sie so unglücklichvon 1851/54.Länge 26 mm,Durchm. 15,6 mm, gebaut waren, wie das hannoversche sogenannteGewicht 27 g,„Schirmgeschoß“ (1857), konnten sie sich sogarschon in der Patronentasche des Mannes verunstalten.Die Druckgeschosse, <strong>di</strong>e Österreich (1855),rSachsen (1857), Anhalt-Dessau (1857), Hannover (1857), Schweden (1857) und <strong>di</strong>e Schweiz(für das „Jägergewehr“ nach Konstruktion Merian, 1857) annahmen,verschwanden rasch. Am längsten blieben sie in Österreich (bis 1863)und in Hannover (bis 1866) in Gebrauch.9. Druckgeschosse mit Bodenhöhlung. Der bayrischeOberstleutnant und spätere General v. P o d e w ils, Direktorder kgl. Gewehrfabrik zu Amberg kam (1857)auf den Gedanken, <strong>di</strong>e Treffähigkeit derHohlgeschosse durch besonders eingerichteteSchwanzschrauben zu erhöhen. Zu <strong>di</strong>esemFig. 30 a.Zündkanal nach Podewils (1857).Fig. 30 b. BayrischesGeschoßnach Podewils(1857)-Halb aufgeschnitten.Länge 23 mm,Durchm. 10 mm,Gewicht 16,62 g.Zwecke ward der vom Zündstollen zum Pulversacke führendeZündkanal nicht schräg, sondern winkelrecht gelegt und soeingerichtet, daß er den größeren Teil der Pulverladung auf­


Druckgeschosse mit Bodenhöhlung.47zunehmen vermochte. Hierdurch ward erreicht, daß der infolgeder sonst seitlichen Einmündung des Zündkanals auchseitlich im Laufe sich ablagernde trockene Pulverrückstand,sich gleichmäßig absetzte, also regelmäßige Schußergebnisseerzielt wurden. Über<strong>di</strong>es entzündete sich das Pulver rascherals sonst und seine Gase arbeiteten vom ersten Augenblickean kräftig. Dies erlaubte es, ein <strong>di</strong>ckwan<strong>di</strong>ges, transportsicheresGeschoß zu verwenden, das von Podewils konstruiert,in der Tat sehr gute Ergebnisse lieferte.Das eigentliche Podewils-Gewehr *) nahm aber nur Bayern an,indes <strong>di</strong>e Podewils-Geschosse auch von Sachsen (1863) und von Österreich(1864) verwendet wurden und dem bayrischen Podewils-Lindner-Gewehr von 1867 (Hinterlader) erhalten blieben.Die schweizerische Eidgenossenschaft führte (nach 1856)zur Bewaffnung der leichten Infanterie („Jäger“ ) das vorzüglichkonstruierte „Jägergewehrvon 1856“ , das zunächst einDruckgeschoß nach dem Vorschlägedes damaligen Schützenmajorsund späteren Oberst<strong>di</strong>visionärsM e r i a n verwendete.Als (1861) beschlossen wurde,<strong>di</strong>e gesamte Infanterie mit einemlängeren Jägergewehr („Infanteriegewehr“von 1863) zu bewaffnen,nahm man (1863) dastreffliche Ergebnisse zeigendeDruckgeschoß des luzernerZeugwartes B u h o lz e r an.Fig- 31.SchweizerischesGeschoß nachMerian (1856).Länge 23 mm,Durchm. 10 mm,Gewicht 16,62 g.Fig. 32-SchweizerischesGeschoß nachBucholzer(1863).Halb aufgeschnitten.Länge 26,71 mm,Durchm. zo,2 mm,Gewicht 18,5 g.Die ebenfalls von Buholzer konstruierte Patrone ward (seit 1863und bis 1868) für den Feldstutzer von 1851, für das Jägergewehr von1856, für das Infanteriegewehr von 1863 und für den Stutzer von1865 verwendet.!) Die b a y risch e n W a ffe n nach dem P o d ew ils - S ystem kamenin drei Arten vor mit der gleichen Laufweite von 13,9 mm, nämlich als„Infanteriegewehr“ (höchste Zielweite 900 Schritt = 675 m), als „Schützengewehr“für <strong>di</strong>e Schützenkompagnien (5. Kp. der Infanteriebataillone; mithöchster Zielweite 1200 S = 900 m) und als „Büchse“ für ausgesuchteSchützen und für <strong>di</strong>e Jäger (höchste Zielweite 1400 S = 1050 m).


48 II. Abschnitt. Vorderlader mit gezogenen Läufen. (1850— 1866.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.it10. Rückblick. Das Zeitalter des gezogenen Vorderladegewehrs, das kaum anderthalb Jahrzehnte umfaßt, brachte vorallem eine genaue Prüfung der technischen und ballistischenFragen1). Man erkannte, daß das Spitzgeschoß und <strong>di</strong>e kleineLauf weite (15— 10 m m )2) unumgänglich notwen<strong>di</strong>g seien zumErzielen eines weiten und sicheren Schusses. Im System Podewilsund in den schweizerischen Waffen erlangten <strong>di</strong>e gezogenenVorderlader ihre höchste Ausbildung; ihre Trefferleistungenwurden erst von den Hinterladern mit kleinen Laufweiten zumTeil erreicht und zum Teil um ein weniges übertroffen.Bei den (1862) zu Basel durchgeführten Schießversuchenmit dem schweizerischen Jägergewehr von 1856 und demBuholzer-Geschoß ergaben sich z. B. folgende Leistungen:Halbmesser der Streuungskreise auf300 m 600 m 750 mmit allen Schüssen in Zentimeter48 138 160Bestrichener Raum auf 180 cm Höhe300 m 450 m 600 m 750 min Meter375 80.2S 5i,75 37,5Die Flugzeit der Geschosse betrug auf 750 m gegen 2,71 Sek.und der Rückstoß der Waffe machte wenig mehr als 1 mkgaus (glattes Gewehr über 2 m kg); <strong>di</strong>e Durchschlagskraft derGeschosse war so groß, daß noch auf 450 m Entfernung <strong>di</strong>estärksten Pferdeknochen zerschmettert wurden.Die Übelstände auch der besten gezogenen Vorderladerwaren <strong>di</strong>e immerhin langsame Ladeweise (je ein Schuß in derMinute) und das verhältnismäßig schwierige Reinigen des Laufes.!) Erinnert sei namentlich an <strong>di</strong>e klassischen „Stu<strong>di</strong>en über <strong>di</strong>e gezogeneFeuerwaffe“ von W ilh e lm von P lo en n ies (Darmstadt 1864— 67).2) Die Vorteile des k le in e n K a lib e rs (leichte Munition, große Tragweiteund Treffsicherheit auf weitere Entfernungen hin) waren längst von dennordamerikanischen Jägern erkannt worden. Nachdem <strong>di</strong>e kleine Laufweite(9 und 8 mm) bei Scheibenbüchsen zur Anwendung kam und <strong>di</strong>ese Aufsehenam eidgenössischen Schützenfest in Basel (1844) erregten, blieb für <strong>di</strong>eSchweiz der Sieg des kleinen Kalibers entschieden. Man bohrte damals inschweizerischen Büchsenmacherwerkstätten Läufe selbst von 5 mm Seelenweite.— Ein unermüdlicher Vorkämpfer für das kleine Kaliber war W ilhelmvon P lo en n ies. Seine Bemühungen hatten aber zunächst keinenvollen Erfolg, weil man vielfach meinte, daß Geschosse von weniger als13 mm Durchmesser lebende Ziele auf größere Entfernungen hin nichtkampfunfähig machen könnten. Der dafür in der Schweiz mehrfach erbrachteBeweis fand so gut wie keine Beachtung.


III. A b sch n itt.Die einfachen Hinterlader.( 1860— 1885.)Einleitung. Der besseren Übersicht halber teilen wir <strong>di</strong>eHinterlader zunächst nach ihrer Ladungsart ein und unterscheidendemnach Hinterlader, <strong>di</strong>e P a p ie r p a tro n e n undsolche, <strong>di</strong>e g a s d ich te P a tro n e n verwenden. Erstere teilenwir ein in p e r k u s s io n ie rte H in te rla d e r, von denen solchemit Kammer-, Fallblock- und Kolbenverschlüssen zu besprechensind und in Z ü n d n a d e lsy ste m e , <strong>di</strong>e Zylinderverschlüssehaben. Die Hinterlader, welche gas<strong>di</strong>chte Patronenverwenden, unterscheiden wir in: B lo c k v e r s c h lü s s e (Fallblockmit Kreisbewegung, Fallblock mit senkrechter Bewegung,Drehblock), K la p p v e r s c h lü s s e (mit ebener odermit senkrechter Bewegung), S p e rrsc h e ib e n - und Z y lin ­d e rv ersch lü sse. Diese letzteren sind in Dreh- und Geradzugverschlüsseeinzuteilen.Der Gedanke, <strong>di</strong>e Feuerwaffe anstatt von der Mündung aus, vonhinten zu laden, ist wohl so alt wie <strong>di</strong>e Feuerwaffentechnik überhaupt.Denn <strong>di</strong>ese Einrichtung erlaubte es, schneller zu schießen und <strong>di</strong>eLaufseele besser zu reinigen. Schon im 14. Jahrhundert ward <strong>di</strong>eHinterladung für einzelne Geschütze (sogenannte „Kammerstücke“ )angenommen; bei den Handfeuerwaffen tritt sie im 16. Jahrhundertauf und seitdem wurden bis in das 19. Jahrhundert hinein unzähligeVersuche unternommen, brauchbare Hinterlader zu konstruieren. Alledahin zielenden Bemühungen scheiterten jedoch, weil <strong>di</strong>e Technik <strong>di</strong>ean sie gestellten Forderungen nicht zu erfüllen vermochte. Die verschiedenenin Frage kommenden Konstruktionen sind in der Fachliteraturausführlich beschrieben; es darf deshalb hier einfach auf <strong>di</strong>eseverwiesen werden.Die älteren Hinterlader zeigen alle den Nachteil, daß ihre Verschlüssegegen das Ausströmen der Pulvergase nach rückwärts nichtGünther, Geschichte der Handfeuerwaffen. 4


III. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)genügend ge<strong>di</strong>chtet („nicht gas<strong>di</strong>cht“) sind. Bei den neueren Hinterladern— <strong>di</strong>e nach 1830 entstanden — gelang es der Technik, meistensselbst den perkussionierten Systemen eine ausreichende „Gas<strong>di</strong>chte“zu geben. Gas<strong>di</strong>cht waren ferner <strong>di</strong>e Zündnadelsysteme. Völlig beseitigtward <strong>di</strong>e bis dahin immer noch bleibende Verschmandung derVerschlußteile durch <strong>di</strong>e Anwendung von Metallpatronen, <strong>di</strong>e den Laufgas<strong>di</strong>cht abschließen.1. Die perkussionierten Hinterlader. A. K am m erladungswaffen.Bei <strong>di</strong>esen findet sich das „Patronenlager“ nicht imLauf, sondern in einer von ihm getrennten „Kammer“ , <strong>di</strong>esich nach rückwärts-aufwärts zum Einbringen der Ladungöffnen läßt. Die Zündung erfolgt durch <strong>di</strong>e Wirkung einesPerkussionsschlosses, das ein auf den Zündstift gesetztes Zünd -hütchen zur Explosion bringt.Gewehre mit Kammerverschlüssen („Kammerladungsgewehre“ )wurden versuchsweise vielfach schon im 18. Jahrhundert konstruiert.N apoleon I., der eine oder <strong>di</strong>e andere Waffe <strong>di</strong>eser Art kennen lernteund der <strong>di</strong>e Vorteile der Hinterladung erfaßte, beauftragte (1809) denDirektor der Pariser Gewehrfabrik Oberst P a u li — einen ehemaligenBerner Offizier — mit der Erstellung eines Hinterladungsgewehres.Pauli schuf (1812) einen brauchbaren Blockverschluß, der aber bei denMilitärbehörden keine Beachtung fand, indes er später für Jagdwaffenzur Anwendung gelangte. Nachdem der Lütticher BüchsenmacherF a lis s e (1818) eine Wallbüchse mit Kammerverschluß vorgelegthatte, wurde <strong>di</strong>ese (1831) von D e lv ig n e verbessert und für kurzeZeit im algerischen Feldzuge gebraucht. Die Waffe erwies sich jedochals zu schwer (8620 g) und als zu wenig treffsicher, um weitere Verwendungfinden zu können.Einer österreichischen Konstruktion (C resp i, 1770?) undeiner amerikanischen (H all 1812) glücklich nachgebildet wardas n o rw e g isch e K a m m e rla d u n g sg e w e h r von 1842, daszur Bewaffnung der Marineinfanterie (und seit 1848 auch derJäger und Schützen) <strong>di</strong>ente. Bei ihm wird durch Rückwärtsbringeneines rechts seitwärts des Kammergehäuses liegendenHebels <strong>di</strong>e Kammer aufwärts gestellt, wobei sich <strong>di</strong>ese unterEinwirkung der Bewegung einer exzentrischen Welle zunächstaus dem Lauf herausschiebt. Zum Laden wird nun <strong>di</strong>e Patronein <strong>di</strong>e Kammer geschoben und das Zündhütchen auf den ander unteren Seite der Kammer eingeschraubten Zündstift ge­


Die perkussionierten Hinterlader.51setzt, der in das offene Kammergehäuse getreten ist. BeimVorbewegen des Verschlußhebels senkt sich <strong>di</strong>e Kammer und<strong>di</strong>e exzentrische Welle drückt das vordere Fnde der Kammerin das rückwärtige Laufende hinein. Ein an der Innenseitedes Verschlußhebels angebrachter, in das Kammergehäuse einspringenderStift stellt den Verschluß fest. — Die Eigenart,daß der Zündstift senkrecht unter der Achse der Kammer angebrachtist, be<strong>di</strong>ngte es, daß der Hahn des Perkussionsschlossesvon unten nach oben schlagen muß.Das sehr einfache, von L ö b n itz (1840) zunächst für ein dänischesPerkussionsgewehr konstruierte Perkussionsschloß vereinigt Hahn,Fig. 33. Norwegisches Schützengewehr von 1848.a Längsschnitt. H Hahn mit b Hahngriff, c Hahnachse, d Hahnansatz,e Krappen am Abzüge a. S Schlagfeder, g Rast, h Abzugsnase, i Abzugsfeder.k Abzugsbügel. 1 Sicherung. Z Zündstift.Nuß, Abzug und Stange; der ganze Mechanismus besteht aus Hahn,Schlagfeder, Abzug und Abzugsfeder, welch letztere auch Stangenfederist. — Wird der Hahn niederwärts gedrückt, so drängt sein hinteres,krappenförmiges Ende den Abzug bis in <strong>di</strong>e Rast zurück und gleichzeitigspannt er <strong>di</strong>e Schlagfeder. Eine auf <strong>di</strong>e Abzugsnase drückendeFeder erhält den Hahn in seiner gespannten Stellung. Beim Abdrückenwird <strong>di</strong>e Wirkung <strong>di</strong>eser Feder aufgehoben und <strong>di</strong>e zurückfedemdeSchlagfeder läßt den freigewordenen Hahn aufwärts gegen den Zündstiftschlagen.Nach den (1851) von F r jlitz e n und (1864) von H ag -strom getroffenen Verbesserungen wurden <strong>di</strong>e mit dem nachoben verlegten Zündstifte und einem seitwärts angeordnetenPerkussionsschlosse versehenen Kammerladungsgewehre auch


^2 HI. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itin Schweden zur Bewaffnung der Marine und der Infanterieeingeführt.Zu den Kammerladungswaffen zählen ferner <strong>di</strong>e Revolver miteinem Laufe und mit Trommel- („Walzen-“ ) Magazin (vgl. S. n 8 ff.).B. Fallblockverschlüsse (mit senkrechter Bew<strong>di</strong>esen Verschlüssen läßt sich ein das Patronenlager im Laufe» rückwärts verschließender Block durch Hebelbewegung abwärtsziehen,wobei der Verschluß sich öffnet. Die bekanntesteKonstruktion unter <strong>di</strong>esen namentlich in Nordamerika mehrfachhergestellten Verschlüssen ist jene von C. S h arp s inHartford Conn. (1846), <strong>di</strong>e im Laufe der Zeit verschiedeneVerbesserungen erfuhr. Nachdem der Verschluß (1857) für <strong>di</strong>eKarabiner der britisch - ostin<strong>di</strong>schenReiterei und (1861) für nordamerikanischeGewehre und Karabiner Verwendungfand, wurde er noch fürMetallpatronen umgearbeitet. — DerLauf ist in dem vorderen Teile desVerschlußgehäuses eingeschraubt. Indem Verschlußgehäuse bewegt sichsenkrecht durch Antrieb eines Hebels,Flg' 34- System SharPs- der zugleich als Abzugsbügel <strong>di</strong>ent,Verschluß geöffnet. Das Zünd- « . « « « < « « .piättchenmagazin geöffnet. der massive Verschlußblock in zweiFalzen. Der Zündstift für das seitwärtsliegende Perkussionsschloß ist auf dem Blocke aufgeschraubt.Der Zündkanal durchbricht den Verschlußblock undmündet bei geschlossenem Verschlüsse in das Patronenlager.Die obere Fläche des Verschlußblockes hat eine Laderinne,deren vordere scharfe Kante beim Heben des Verschlusses<strong>di</strong>e Papierhülse der Patrone aufreißt. Im Schloßbleche desvon L a w re n ce (1859) konstruierten Perkussionsschlossesliegt ein Magazin für 25 Zündplättchen, <strong>di</strong>e durch eine in demMagazin eingelagerte Spiralfeder mit Druckplatte nach aufwärtsbefördert werden. Nach dem Spannen des Hahnes sollsich der das Zündplättchenmagazin nach oben hin abschließendeDeckel öffnen, und der niederschlagende Hahnsoll dann den Deckel wieder verschieben, wobei ein Zünd-


Die perkussionierten Hinterlader.53plättchen auf den Zündstift und also zur Explosion gebrachtwird1).Wie alle Blocksysteme weist auch <strong>di</strong>e Konstruktion von Sharpsden Nachteil auf, daß <strong>di</strong>e Patrone beim Laden in ihr Lager im Laufedurch eine Daumenbewegung eingeschoben werden muß. Zudem istder Verschluß nur sehr wenig gas<strong>di</strong>cht2) , obwohl <strong>di</strong>ese wichtigeEigenschaft durch Anbringen einer stählernen Liderungsplatte an dervorderen Fläche des Verschlußblockes zu erlangen versucht wurde.C. Kolbenverschlüsse kennzeichnen sich durch denZylinder (oder „Kolben“ ), der den rückwärts offenen Laufverschließt und sich in einer <strong>di</strong>e rückwärtige Verlängerungdes Laufes bildenden Hülse bewegen und durch seitlichesDrehen zur Verschließung des Laufes festlegen läßt.Die älteste Konstruktion <strong>di</strong>eser Art ist <strong>di</strong>e von T erry(1852), <strong>di</strong>e in England für Kavalleriekarabiner, in Baden fürx) Der in der Sammlung des Verfassers befindliche S h arp s - Karabinerbesitzt das Z ü n d p lä ttc h e n m a g a zin , doch funktioniert dessen Deckelnur in den seltensten Fällen. Kriegsbrauchbar war demnach <strong>di</strong>ese Konstruktionnicht. Das Sharpssche Zündplättchenmagazin interessiert unsjedoch deswegen, weil es der Ursprung der modernen „Kastenmagazine“ ist.2) Bei dem in der Sammlung des Verfassers befindlichen Exemplarfängt ein über den Verschluß gebundener dünner Leinwandstreifen bei jedemSchüsse Feuer. Freilich hat der Karabiner den nordamerikanischen Bürgerkrieg(f^öi/ös) mitgemacht.


54 HI. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)<strong>di</strong>e Jägerbüchse von 18631), in Mecklenburg für den Karabinervon 1864 und in Sachsen für den Reiterkarabiner von1865 angenommen wurde.Beim Terry-System bewegt sich der Verschlußkolben in einer amrückwärtigen Laufende angeschraubten Hülse, <strong>di</strong>e oben aufgeschlitztist, um <strong>di</strong>e Patrone bei geöffnetem Verschlüsse einlegen zu können.Der Verschlußkolben trägt vorne einen „Verschlußkopf“ und hintenzwei einander gegenüberstehende vierseitige „Verschlußwarzen“ , <strong>di</strong>esich in entsprechenden Nuten der Hülse bewegen2). Zum Öffnen desVerschlusses wird der am Verschlußkolben angebrachte Hebel gehoben ;<strong>di</strong>e Warzen treten beim nun folgenden Linksdrehen des Verschlußkolbensaus dem Quergange der Nuten in deren Längsgang ein undbewegen sich in <strong>di</strong>esen so weit zurück, als es <strong>di</strong>e „Führungsschraube“Fig. 36. Patrone nach System Terry für <strong>di</strong>e ba<strong>di</strong>scheJägerbüchse von 1863. (Schnitt.)Patrone m it Filzpfropfen und papierner Transporthülse. Massein mm. Geschoßgewicht 27,6 g , Ladungsgewicht 4 g, Gewichtder Patrone 32,6 g.erlaubt. Nachdem geladen worden, wird der Verschlußkolben wiedervorgeführt und gedreht; <strong>di</strong>e Verschlußwarzen treten in den Quergangder Nuten ein. Hierbei preßt sich der Verschlußkopf spundartig in denkonischen Übergang zum Patronenlager im Laufe ein. Der feststehendeHebel der ba<strong>di</strong>schen Jägerbüchse ist bei den englischen, mecklenburgischenund sächsischen Karabinern in eine Klappe umgewandelt,<strong>di</strong>e sich im Scharnier bewegt und nach vorn übergelegt, <strong>di</strong>e Patroneneinlagevor Staub schützt. Bei der ba<strong>di</strong>schen Jägerbüchse sind <strong>di</strong>eVerschlußwarzen ziemlich vorn am Verschlußkolben angebracht, umden Verschlußkopf möglichst zentrisch vorzuführen.!) Die b a<strong>di</strong>sch e Jägerb ü ch se von 1863 hatte das sogenannte „süddeutscheKaliber“ (13,9 mm Seelenweite) beibehalten, um im Notfälle mitder Infanteriegewehrpatrone von der Mündung aus geladen werden zu können.-) Die V e rsch lu ß w a rz en nach T erry sind der Ursprung der an denmodernen Zylinderverschlüssen angebrachten, dem gleichen Zweck <strong>di</strong>enendenEinrichtung.


Die perkussionierten Hinterlader. 55Als Zündvorrichtung <strong>di</strong>ent ein rechtsseitig angeordnetes Perkussionsschloß(Zündhütchen).Der an sich nicht gas<strong>di</strong>chte Verschluß wird gas<strong>di</strong>cht bei Verwendungder eigenartigen Patrone. In deren Bodenteil befindet sich nämlicheine starke Platte aus weichem, fettgetränktem Filz, <strong>di</strong>e beim Schüssedas Patronenlager im Laufe genügend absperrt. (Beim Wiederladenwurde <strong>di</strong>ese Platte vorwärts in den Lauf geschoben und beim Schüssemitsamt unverbrannten Hülsenteilen durch das Geschoß ausgeworfen.Das Fett reinigte dabei etwas <strong>di</strong>e Laufseele.)Um ein unbeabsichtigtes Spiel des Perkussionsschlosses (bei geöffnetemVerschlüsse) zu verhindern, ist <strong>di</strong>e Verschlußhülse mit einemfedernden Stift versehen, der das Anziehen des Abzuges so lange aufhält,als nicht der Verschluß vollstän<strong>di</strong>g geschlossen wird.Diese Art Sicherung findet sich bei allen Kolbenverschlüssen; <strong>di</strong>eTerry-Karabiner haben über<strong>di</strong>es noch eine Deckelsicherung des Zündstiftes.Nachahmungen der Konstruktion von Terry sind nebenvielen anderen <strong>di</strong>e Verschlüsse von C h a ssep o t für das französischeMarinegewehr von 1865, von T rü m m e r für <strong>di</strong>e russischensogenannten ,,Obturateur“ -Waffen von 1865 und vonL in d n er und von v. P o d e w ils für <strong>di</strong>e bayrischen umgeändertenVorderlader von 1858/67.C h a ssep o t <strong>di</strong>chtete den Verschluß durch <strong>di</strong>e von S a ch e t (1856)ersonnene „Puffervorrichtung“ , <strong>di</strong>e in einer unter der Schlußflächedes Verschlußkopfes eingelagerten Kautschukscheibe bestand, <strong>di</strong>e beider Explosion der Pulverladung in der Längsrichtung zusammengedrückt,sich in der Seitenrichtung ausdehnte und dabei das Patronenlagergenügend abschloß.Die Gas<strong>di</strong>chte des russischen Obturateurverschlusses ward durch<strong>di</strong>e Eigenart der verwendeten Patrone erreicht, <strong>di</strong>e zuerst der belgischeHauptmann G ille t vorlegte. Er lagerte <strong>di</strong>e Pulverladung zwischenzwei Bleigeschosse ein, von denen das vordere das eigentliche Geschoßdarstellte, indes das hintere — beim Schüsse sich rückwärts stauchend— den gas<strong>di</strong>chten Verschluß bewirkte. Die Patrone enthielt also einhinter der Pulverladung mit der Spitze nach vorn eingesetztes Geschoß.Für den ersten Schuß aber mußte vor <strong>di</strong>e Patrone ein einzelnes Geschoßgeladen werden. Bei den nun folgenden Schüssen schob jeweils <strong>di</strong>efrischgeladene Patrone das hintere Geschoß der abgefeuerten Patronein den Lauf. (Diese Ladeart erfüllte nicht <strong>di</strong>e auf sie gesetzten Hoffnungen.)Der ifin d n er und v. Podew ilssch e Verschluß kennzeichnet sichdurch <strong>di</strong>e starken am Verschlußkolben und in der Verschlußhülse eingeschnittenenGewindgänge, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Stelle der Terryschen Warzen ver­


III. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.ittreten, und durch <strong>di</strong>e flache Ausdrehung der Stirnfläche des Verschlußkopfes.Diese Stirnfläche dehnt sich beim Schüsse aus und bewirktzusammen mit dem Patronenboden (geprägter Karton) und einem imPatronenlager eingesetzten Liderungsringe <strong>di</strong>e Gas<strong>di</strong>chte des Verschlusses.Fig. 37 a.System Lindner.Verschluß des bayrischen Gewehrs von 1858 (System Podewils) umgeändert zur Rückladung1867. Geöffnet, Schutzdeckel entfernt» Visier aufgestellt.Im deutsch-französischen Kriege von 1870/71 führte <strong>di</strong>esächsische Kavallerie den Terry-Karabiner von 1865 und <strong>di</strong>ebayrische Infanterie war— mit Ausnahme wenigerJägerbataillone, <strong>di</strong>e mitdem Werder-Gewehr vonFig. 37 b. Patrone des bayrischen Rückladegewehrs1858/67.Halb aufgeschnitten, '’ lm verstärkten Boden der Patroneist das (bewegliche) Zündhütchen untergebracht.1869 (vgl. S. 69) ins Feldzogen — mit dem v. Podewils-Lindner-Gewehrvon1858/67 bewaffnet.2. Die Zündnadelsysteme. A. Das Dreysesche Zündnadelgewehr.Der Gedanke, den Explosionssatz mittels eines Nadelsticheszu entzünden und <strong>di</strong>e Zündung, <strong>di</strong>e Pulverladung unddas Geschoß zusammen in einer Patronenhülse unterzubringen(„Einheitspatrone“ ) gehörte dem preußischen Geh. KommissionsratJ o h an n N ik la u s v. D reyse (1787— 1868) undwurde von <strong>di</strong>esem praktisch ausgestaltet1).Wenige Tage nach der Schlacht bei Jena (14. X. 1806) wanderteDreyse als junger Schlossergeselle über das blutige Feld. Beim Betrachtender verschiedenen dort umherliegenden Handfeuerwaffen sollÜber <strong>di</strong>e G esch ich te des Z ü n d n ad elg ew eh rs: v. L ö b e ll, „DesZündnadelgewehrs Geschichte und seine Konkurrenten“ , Berlin 1867 undT h ie rb a c h , a .a .O . 3 iiff.


Die Zündnadelsysteme. 57ihm der Gedanke gekommen sein, ein verbessertes Gewehr erfindenzu wollen. Nach Paris gelangt, arbeitete er (1809— 14) in den vonOberst P a u ly (vgl. S. 50) geleiteten Werkstätten und lernte dabei dessenHinterlader und das muriatische Pulver von B e rth o lle t (vgl. S. 19)kennen. In Sömmerda begründete Dreyse (1824) eine Zündhütchenfabrik.Durch <strong>di</strong>e Erfahrung, daß <strong>di</strong>e Zündmasse auch durch einenNadelstich entzündet werden könne, kam er zur Konstruktion seinesersten noch von der Mündung aus zu ladenden Zündnadelgewehrs.Die Anwendung des Ladestockes machte aber das Laden — bei derMöglichkeit dabei erfolgender Explosionen — zu gefahrvoll. Dreyselud nun <strong>di</strong>e von ihm (1827) konstruierte Einheitspatrone in der Weise,daß er sie einfach in den glatten Lauf hinunter auf das in dessen rückwärtigemEnde liegende und von außen her zu spannende Zündnadelschloßfallen ließ. Das preußische Kriegsministerium prüfte (seit1830) <strong>di</strong>e Erfindung, <strong>di</strong>e aber nicht eher befrie<strong>di</strong>gte, als bis Dreyse(1836) zum System der Hinterladung überging. Zwischen dem November1839 und dem August 1840 fanden <strong>di</strong>e letzten Prüfungsschießenmit der mehr und mehr vervollkommneten Waffe statt, dann erhieltDreyse (1841) den Auftrag, 60 000 Zündnadelgewehre (<strong>di</strong>e amtlicheBezeichnung war „leichte Perkussionsgewehre“ ) in Sömmerda in einereigens dazu erbauten Fabrik herzustellen1). Die fertigen Waffenblieben aber zumeist bis zum Berliner Zeughausturm (Juli 1848) verwahrt,um das Geheimnis namentlich der Einheitspatrone zu erhalten.Das Ausland kümmerte sich jedoch um so weniger um <strong>di</strong>e Erfindung,als in Preußen selbst das Zündnadelgewehr viele Gegner hatte2). Bis1864 blieb das Dreysesche System fast unbeachtet; erst 1866 kam eszu jener allgemeinen Anerkennung, <strong>di</strong>e sich in der Annahme vonHinterladern überhaupt zeigte.„Der ebenso einfach konstruierte als solide gebaute Zündnadelverschluß(genannt <strong>di</strong>e „Kammer“ ) bewegt sich in einerHülse, in <strong>di</strong>e das konisch geformte Laufmundstück hineinreicht.Die „Kammer“ läßt sich mit einigem Spielraum in derHülsenbohrung (der „Kammerbahn“ ) bewegen und hat vornx) In der Kabinettsorder König F riedr. W ilh e lm s IV., <strong>di</strong>e (4. XII.1840) <strong>di</strong>e A n fe rtig u n g der Z ü n d n ad elg ew eh re befahl, heißt es u .a.:„Das gezogene Zündnadelgewehr ist eine nach den jetzigen Begriffen vollkommeneKriegswaffe, welche zur teilweisen wie totalen Einführung entschiedengeeignet ijt. Ich sehe <strong>di</strong>e Erfindung als ein großes Geschenk derVorsehung für das Gedeihen des Staates an und überlasse mich der Hoffnung,daß das Geheimnis bewahrt werden wird, bis große historische Erinnerungenes zu einer gefeierten Nationalwaffe erhoben haben.“2) Vgl. G ün th er: „Die Entwicklung der Feuertaktik“ usw. Berlin1902. S. 25.


58 III. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)<strong>di</strong>e dem Laufmundstücke entsprechende konische Ausfräsung(„Kammermundstück“ ). An der rechten Seite ist der Knopfin eine Verstärkung („Kammerwarze“ ) eingeschraubt, <strong>di</strong>esich beim Schließen auf <strong>di</strong>e schiefe Fläche der Hülse schiebtund Kammer- und Laufmundstück fest mit ihren Schluß-Fig. 38 a.Preußisches Zündnadelgewehr von 1841, geschlossen undgespannt.flächen aneinander drückt. Das Innere der Kammer ist durcheine Scheidewand („Kammerboden“ ) in zwei ungleiche Teilegeteilt, von denen der kürzere, vordere Teil <strong>di</strong>e „Luftkammer“bildet, der längere hintere Teil aber zur Aufnahme des„Schlößchens“ <strong>di</strong>ent. In den Kammerboden ist von rückwärtsFig. 38 b. Schloß des Zündnadelgewehrs. Schematische Darstellung.das „Nadelrohr“ eingeschraubt. Die Längsbohrung desSchlößchens nimmt den „Nadelbolzen“ und <strong>di</strong>e „Spiralfeder“auf, welche Teile durch <strong>di</strong>e mit ihrem Krapfen eingehangene„Sperrfeder“ darin zurückgehalten werden; das hintere Endeder letzteren ist als Daumengriff aufgebogen; zwei davor


Die Zündnadelsysteme. 59liegende Ansätze bilden <strong>di</strong>e „Nasen“ , mit welchen das Schlößchenim eingeschobenen, beziehentlich halb zurückgezogenenZustande durch Einlegen in der „Kammerrast“ festgehaltenwird. Der Nadelbolzen enthält in seiner Bohrung <strong>di</strong>e „Zündnadel“. Diese ist in einen Schaft von Messing eingelötet, dermit seinem hinteren Gewindeteile in das rückwärtige Endedes Nadelbolzens eingeschraubt ist. Zwei an <strong>di</strong>esem angedrehte„Köpfe“ führen ihn in der Bohrung des Schlößchens. Derhintere Kopf bewirkt zugleich <strong>di</strong>e Spannrast, während in einerVertiefung des vorderen Kopfes ein Lederplättchen eingelegtist, um den Stoß zu mildern, mit welchem jener Kopf beimAbdrücken gegen <strong>di</strong>e hintere Fläche des Nadelrohres anschlägt.Auf das hintere Ende des Nadelbolzens ist <strong>di</strong>e Spiralfeder aufgeschoben,welche, von Stahldraht gewunden, <strong>di</strong>e Triebkraftfür den zündenden Nadelstich ausübt. Auf der unteren SeiteFig. 38 c. Zündnadelpatrone (1855).Halb aufgeschnitten.der Hülse ist <strong>di</strong>e „Abzugsfeder“ mit dem Abzüge derart aufgeschraubt,daß der „Abzugsstollen“ durch entsprechende Ausschnitteder Hülse, Kammer und des Schlößchens treten undauf den hinteren Nadelbolzenkopf wirken kann, ohne <strong>di</strong>e Ladebewegungen<strong>di</strong>eser Teile zu hindern.“ (T h ie rb a c h , a. a. O.324/25.) Der Abzug ist mit „Druckpunkten“ ausgestattet,so daß das Abziehen allmählich erfolgt.Bei den Ladegriffen verhalten sich <strong>di</strong>e Schloßteile zueinanderwie folgt: Beim Herunterdrücken der Sperrfeder tritt derenhintere Nase aus^ der Kammerrast; das Schlößchen wirdmittels des Daumengriffes und damit zugleich <strong>di</strong>e Nadelzurückgezogen. Nun kann der Verschluß durch Linksdrehendes Hebels und Zurückführen der Kammer geöffnet werden.Es folgt das Einlegen der Patrone in ihr Lager im Laufe.Beim Vorführen der Kammer tritt das Kammermundstück


60 HI- Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itüber das Laufmundstück; der Verschluß ist geschlossen. Erwird noch mehr ge<strong>di</strong>chtet, wenn man, wie <strong>di</strong>e Vorschrift esverlangte, auf den Knopf einen kräftigen Schlag führt, so daßsich <strong>di</strong>e Kammerwarze auf <strong>di</strong>e schiefe Fläche fest aufschiebt.Die Waffe ist derart auch gesichert. Soll <strong>di</strong>e Schlagfeder(Spiralfeder) gespannt werden, so muß das Schlößchen vorgeschobenwerden, bis <strong>di</strong>e hintere Sperrfedernase in <strong>di</strong>eKammerrast einlegt. Hierbei drückt der sich gegen den Abzugsstollenstützende hintere Nadelbolzenkopf <strong>di</strong>e Sperrfederzusammen und tritt hinten aus dem Schlößchen heraus. BeimHeben des Abzuges wird <strong>di</strong>e Schlagfeder frei und schnellt <strong>di</strong>eNadel vorwärts durch <strong>di</strong>e Pulverladung der Patrone in <strong>di</strong>e imSpiegel untergebrachte Zündpille; der Schuß fällt. — Soll derZündnadelverschluß auseinandergenommen oder wieder zusammengesetztwerden, so geschieht <strong>di</strong>es ohne Anwendungeines Werkzeuges.An preußischen Zündnadelwaffen lagen schließlich vor: 1. Gewehrvon 1841 mit dreikantigem Stichbajonett; Bewaffnung der gesamtenInfanterie, ausgenommen Füsiliere, Jäger und Gardeschützen. 2. Büchsevon 1849 mit Hirschfänger; Bewaffnung der zu den Festungsbesatzungengehörenden Jägerkompagnien. 3. Büchse von 1854 mit dem zurPike eingerichteten Entladestock1); Bewaffnung der Jägerbatailloneund der Gardeschützen. 4. Zündnadelkarabiner von 1857 mit verkürztemVerschluß (und ebenso Zündnadelpistol von 1857). 5. Füsiliergewehrvon 1860 mit verkürztem Laufe, Schieberbefestigung undSeitengewehr; Bewaffnung der Füsiliere und der Infanterien allernorddeutschen Kleinstaaten vor 1866 und nach 1866 auch von Sachsen,Württemberg, Baden und Hessen-Darmstadt. 6. Gewehr von 1862 mitdreikantigem Stichbajonett; Ersatz des Gewehrs von 1841. 7. Wallbüchsevon 1864 (Seelenweite 23,5 mm) mit „Reaktionsschloß2).x) Erfinder der L a d e s to c k p ik e ist der gothaische General B erbig sd o rf (um 1770) gewesen. Er versah den zylindrischen Ladestock miteiner dreikantigen Spitze und ließ ihn, halb aus der Nut hervorgezogen,durch eine Haltefeder feststellen. Österreich, Sachsen und Dänemark führten<strong>di</strong>e Einrichtung für kurze Zeit an ihren Gewehren ein. — Die Bajonettpikeist mehr eine Spielerei als eine wirkliche Waffe. Eine Anzahl der Zündnadelbüchsenvon 1854 wurden später als Pioniergewehre zum Aufpflanzendes Faschinenmessers eingerichtet und der Rest (1867) zur Bewaffnung derMatrosenabteilungen der norddeutschen Bundesmarine abgegeben.2) Das „ R e a k tio n s s c h lo ß “ bewirkte das sofortige selbsttätigeZurückschnellen der Nadel nach dem Zündstiche, um sie der schädlichenEinwirkung der starken Pulverladung zu entziehen.


Die Zündnadelsysteme.6 l8. Büchse von 1865 mit sechskantigem Lauf, Stechschloß und Hirschfänger.9. Pioniergewehr von 1869 mit Seitengewehr. 10. Ballongeschützvon 1870.Das Dreysesche Zündnadelsystem wurde auch für Revolver undfür Jagdwaffen (Pürschbüchsen mit Kipplauf) verwendet.Ein Zündnadelgewehr mit gas<strong>di</strong>chtem Verschluß wird noch gegenwärtig(1909) von den großherzogl. ba<strong>di</strong>schen Grenzwächtern geführt1).B. Die verbesserten Zündnadelsysteme. Um jegliches Entweichenvon Pulvergasen völlig zu verhindern, wurden schon frühe(seit 1855 etwa) Versuche der verschiedensten Art mit Zündnadelverschlüssenunternommen. Dabei gelangte man zu Vereinfachungendes Mechanismus und zur Herabsetzung der Geschoßdurchmesserbzw. der Seelenweite der verwendeten Läufe, um größere Trefferleistungenzu erzielen.I. Das System Chassepot. Der Werkführer des Artilleriedepotsin Paris, C h a ssep o t (gestorben 1904 in Nizza), der Konstrukteurdes französischen Marinegewehrs von 1865 (vgl. S. 55),beschäftigte sich (seit 1864) mit der Herstellung eines vereinfachtenZündnadelgewehrs, das der von Oberstleutnant N eßler geleitetenSchießschule von Vincennes (im Frühjahre 1866) zur Prüfung übergebenwurde.Als <strong>di</strong>e kriegerischen Ereignisse in Böhmen (1866) <strong>di</strong>e schleunigeNeubewaffnung der französischen Infanterie forderten, fertigte <strong>di</strong>eGewehrfabrik in Chatellerault 400 Gewehre des Systems Chassepotan, <strong>di</strong>e von einer vom Divisionsgeneral d’A u te m a rre präsi<strong>di</strong>ertenKommission geprüft wurden, wobei man mit jeder Waffe 360 Schüsseim Truppenversuche zu Chalons abgab. Gleich darauf (30. August1866) befahl Kaiser N ap o leon III., daß das Chassepotgewehr als„ F u s il m odele 1866“ zur Bewaffnung der Garde- und der Linieninfanterie<strong>di</strong>enen solle2).Das Chassepot-Gewehr ist eine leicht zu handhabende, demDreyseschen Zündnadelgewehr an Feuergeschwin<strong>di</strong>gkeit undan Treffsicherheit mindestens doppelt überlegene Waffe. Wäh­1) Dreysesche Z ü n d n ad elg ew eh re wurden außer in den verschiedenendeutschen Heereit eingeführt in Rumänien (1867), in Japan (1869),in Persien (1874) und in Montenegro (6000 Stück i. J. 1875).2) Das C h asse p o t-G e w e h r ward im Felde zuerst im Gefechte vonMentana (3. XI. 67) verwendet. ■— In Frankreich kam es vor als Infanteriegewehr,Kavalleriekarabiner, Bajonettkarabiner der berittenen Gendarmerie,Gendarmeriekarabiner und Artilleriemuskete. — Chassepot-Gewehre undKarabiner aus der französischen Beute wurden für <strong>di</strong>e sächsische Kavallerienach dem System E in h orn in Karabiner (M/73) mit selbstspannendemVerschluß und für <strong>di</strong>e Mauserpatrone eingerichtet. Griechenland nahm (1874)ebenfalls Chassepot-Gewehre in seine Bewaffnung auf.


62 III* Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)rend beim Zündnadelgewehr das Kammermundstück über dasLaufmundstück greift, tritt beim Chassepot der Kopf des Ver-Fig. 39 a und b. Das französische Gewehr von i 865. System Chassepot.schlußzylinders in das rückwärtige Laufende ein. Die Gas<strong>di</strong>chtewird dadurch erzielt, daß sich ein am Verschlußkopfe--8»- «----------------S S ----.............V)U — ----------------- 4 t , S --------------------------------- !*-------------43---- --------Fig. 39 c und d. Die französische Chassepot-Patrone.angebrachter Kautschukring unter dem Drucke der Pulvergasegegen <strong>di</strong>e Wände des Patronenlagers saugend anpreßt.


Die Zündnadelsysteme. 63Beim Vorschnellen trifft das Zündstiftchen <strong>di</strong>e im Boden derPatrone eingelagerte Zündpille.Soll geladen werden, so ist zunächst das Schlößchen mittelsdes Daumengriffes zurückzuziehen, wobei sich der Abzugsstollenvor das zurückgegangene Schlagstück legt, das seinerseits<strong>di</strong>e Schlagfeder gespannt hat. Nun kann der Verschlußaufgedreht und geöffnet, <strong>di</strong>e Patrone eingelegt und der Verschlußwieder geschlossen werden, wobei dessen Kopf <strong>di</strong>ePatrone in ihr Lager im Laufe schiebt. Wird der mit zweiDruckpunkten versehene Abzug angezogen, so gibt sein Stollendas Schlagstück frei, das unter der Einwirkung der sich entspannendenSchlagfeder vorwärts schnellt. Um zu sichern,muß man den Verschluß — nach dem Spannen des Schlößchens— etwas aufdrehen und darauf den Abzug anziehen.II. Das System Cärcano, das (1867) in Italien zur Umwandlungder großkalibrigen Infanterie- und Bersaglierie-Gewehre sowie der Musketen (für Artillerie, Pioniere, Carabinieriund Marine) von 1860 angenommen Ward, kennzeichnetsich als eine Vereinigung der Konstruktionen von Dreyse,Dörsch-Baumgarten und Chassepot. Das hintere aufgeschnitteneLaufende bildet das Verschlußgehäuse, in dem sich dasungefähr gleich wie das von Chassepot angegebene, konstruierteZündnadelschloß bewegt. Es wird durch Zurückziehender Nadelbolzenmutter gespannt; ein eigener „Sicherungszylinder“mit Daumengriff spannt <strong>di</strong>e Schlagfeder langsamab, wenn der Daumengriff nach rechts gedreht wird, d. h.wenn gesichert werden soll. Die Zündpille der Patrone liegtim Boden eines flacheg, Spiegels, der seinerseits auf der Pulversäuleruht.III. Das System Carl, dessen eigentlicher Erfinder derSuhler Büchsenmacher L u c k (1865) war, wurde (1867) zurUmänderung der russischen sogenannten „Sechsliniengewehre“von 1856 (Seelenweite 15,24 mm) verwendet. Der Verschlußfunktioniert hauptsächlich infolge des Aufstellens und Niederlegensdes beweglichen Kammergriffes; es ist ein Selbstspannerverschluß.Wird der Kammergriff aufgerichtet, so entspanntsich <strong>di</strong>e Schlagfeder; <strong>di</strong>e Kammer kann nun nach links


III. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itgedreht und zurückgezogen, <strong>di</strong>e Patrone eingelegt werden.Beim Vorschieben der Kammer und dem Rechtsdrehen desGriffes wird das Schlößchen festgestellt, d. h. der Abzugsstollenhält den Nadelbolzen zurück. Beim Herunterlegeh des Griffesspannt sich <strong>di</strong>e Schlagfeder. Gesichert wird durch einfachesAufstellen des Griffes. Die Dichtung des Verschlusses wardähnlich wie bei dem System Chassepot (an Stelle des Kautschukringestreten Lederplatten) erreicht. Auch j<strong>di</strong>e Patroneist ähnlich der des Systems Chassepot.IV. System Beck. Um <strong>di</strong>e Leistungen der DreyseschZündnadelwaffen zu erhöhen, nahm Preußen (1870) den Vorschlagdes Werkführers Beck in der Spandauer Gewehrfabrikan, <strong>di</strong>e Gewehre von 1860 und 1862, sowie <strong>di</strong>e Büchse von1865 mit gas<strong>di</strong>chten Verschlüssen zu versehen und dem Geschosseeinen kleineren Durchmesser (12 mm) zu geben1). —Bei dem „aptierten“ Zündnadelgewehr besitzt <strong>di</strong>e Kammerkein Mundstück mehr und <strong>di</strong>e schiefe Fläche des Laufmundstückesist beseitigt. Den Schaft des Nadelrohrs ersetzt einbeweglicher in seiner Bewegung durch eine Schraube begrenzter„Puffer“ , auf dessen Schaft ein durch einen tellerförmigenAnsatz geschützter Kautschukring aufgeschoben ist,der gleich wie jener des Systems Chassepot wirkt. Hierdurchfällt das ermüdende und zeitraubende Zuschlägen des Verschlusses(durch Schlagen auf den Knopf des Hebels) fort;statt 7 sind nur noch 5 Ladegriffe nötig2). — Für das kleinereGeschoß erhielt <strong>di</strong>e Patrone einen stärkeren Spiegel; in denaus zwei Papierstücken gebildeten Hülsenboden kam eine(nach System Cärcano) mit Fett getränkte und mit Kreuzx)Die A p tie ru n g der Z ü n d n ad elgew eh re hatte bereits begonnen,als der deutsch-französische Krieg von 1870/71 <strong>di</strong>e Arbeiten unterbrach;<strong>di</strong>ese wurden später (1872) wieder auf genommen und zur Erhaltung derKriegsbereitschaft auch durchgeführt, obwohl <strong>di</strong>e Einführung des Mausergewehrsbereits in naher Aussicht stand.2) Durch <strong>di</strong>e Aptierung stieg <strong>di</strong>e L a d e g e sch w in d ig k e it von 57— 8 Schüsse in der Minute (Chassepot 8— 9). Ein Verschmutzen des Verschlussesund Ladehemmungen durch zurückgebliebene Patronenreste kamennicht mehr vor. Die T re ffsic h e rh e it verdoppelte sich nahezu, <strong>di</strong>e T ra g ­w eite des Geschosses reichte wie beim Chassepot auf 1200 m und <strong>di</strong>e M unitionwar erheblich leichter (vgl. Übersichtstafel IV).


Die Zündnadelsysteme.65schnitt versehene Tuchscheibe, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Reinigung und Abkühlungder Nadel beim Wiederöffnen der Kammer bewirkte.A llg e m e in e s ü b e r <strong>di</strong>e Z ü n d n a d elsy ste m e. Das DreysescheZündnadelgewehr mit seiner dem Vorderlader dreimal überlegenenFeuergeschwin<strong>di</strong>gkeit und mit seinem einfachen, widerstandsfähigenBau war <strong>di</strong>e kriegsbrauchbarste Infanteriebewaffnung zu seiner Zeit1).Nach den (1864 und 1866) mit ihm errungenen Erfolgen trat das Zündnadelgewehrin den Vordergrund des Interesses. Während man bisdahin <strong>di</strong>e Hinterladerfrage gewissermaßen akademisch behandelthatte, begann darauf (seit Mitte des Jahres 1866) ein mit vieler Überstürzunggepaarter Wettlauf, um <strong>di</strong>e verschiedenen Infanterien mitHinterladern zu versehen. — Das Chassepot-Gewehr zeigte gegenüberdem System Dreyse große Vorzüge: Es war leichter und konnte raschergeladen werden (4 anstatt 7 Ladegriffe); es hatte <strong>di</strong>e leichtere Munition,<strong>di</strong>e gestrecktere Flugbahn des Geschosses für sich und konntebis auf <strong>di</strong>e Entfernung von 1200 m (Zündnadel 500 m) genügend ausgenutztwerden. Es wurde jedoch liederlich fabriziert; seine Schloßkonstruktionhätte in ihren Einzelheiten besser ausgebildet seinkönnen. Die Patrone war schwer zu erzeugen, also teuer und zudemzu Versagern geradezu wie vorausbestimmt. — Die übrigen, in <strong>di</strong>eArmeebewaffnung eingeführten Zündnadelsysteme kennzeichneten sichals Notbehelfe, um rasch und mit verhältnismäßig geringem Geldaufwandeeinen Hinterlader zu gewinnen. Das gilt freilich auch für <strong>di</strong>eKlappenverschlüsse, doch verwendeten <strong>di</strong>ese mit einer einzigen Ausnahme(System Westley-Richards) <strong>di</strong>e Metallpatrone (vgl. S. 128), <strong>di</strong>eallein den dauernd gas<strong>di</strong>chten Verschluß gewährleistet.Im Jahre 1870 gehörten <strong>di</strong>e Zündnadelsysteme bereits in jederHinsicht zu den veralteten Konstruktionen, und zum Teil wurden siedamals schon von den kriegführenden Parteien durch n eu e H in te r­la d er mit M e ta llp a tro n e n abgelöst. (Bayern: Werder-Gewehr von1869. Frankreich: Remington, Winchester, Spencer usw.)Als V o rte ile des H in te rla d e rs erkannte man (nach 1864) an:Leichtes Laden in allen Körperstellungen; Sicherheit der Anwendungdes vollen Ladungsverhältnisses; Unmöglichkeit des Ladens mehrererPatronen in den Lauf, was bei den Vorderladern in der Aufregung desGefechtes sehr häufig sich ereignete; erhöhte Lade- und Feuergeschwin<strong>di</strong>gkeit;Vertei<strong>di</strong>gungsbereitschaft während des Ladens; erleichtertesi) Die F e u e rg e sch w in d ig k e it und sonstige Überlegenheit despreußischen Zündnadelgewehrs in der Hand feiner damit gehörig ausgebildetenMannschaft zeigte sich zum ersten Male in überraschender Weise in demGefecht bei Lundby (3. VII. 1864); 70 Preußen gaben in 10 Minuten rund750 Schüsse auf eine etwa 190 m entfernte und 184 Mann starke (mit Minie-Gewehren bewaffnete) dänische Abteilung ab. Die Preußen hatten in <strong>di</strong>esemGefecht drei Verwundete, <strong>di</strong>e Dänen 100 Mann tot und verwundet.Günther, Geschichte der Handfeuerwaffen.s


66 HI. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)Reinigen und Instandhalten der Waffe; Vereinfachung des Unterrichtesfür den rein mechanischen Gebrauch der Waffe.3. Die Blockverschlüsse für gas<strong>di</strong>chte Patronen kennzeichnensich durch einen das rückwärtige Laufende verschließenden,massiven Block, der beim Öffnen des Verschlussesentweder mit Kreisbewegung oder senkrecht fällt,oder der sich nach rechts drehen läßt. In dem Verschlußblockeist ein Schlagbolzen untergebracht, auf den entwederein Seitenschloß (Perkussionsschloß) oder eine innerhalbdes Verschlußgehäuses angeordnete Zündvorrichtung(Spiralfeder- oder Flachfederschloß) wirkt. Bei den Fallblockverschlüssenwird der Verschlußblock durch einen zugleichals Abzugsbügel <strong>di</strong>enenden Hebel, oder durch eine Art vonHahnschloß bewegt, indes <strong>di</strong>e Drehblöckverschlüsse durcheinen Daumengriff betrieben werden.A. Die Fallblockverschlüsse mit Kreisbewegung lassen sichum eine ihr Hinterteil durchbrechende feste Querachse mitihrem vorderen Ende so weit nach unten drehen, daß das Laden(der M e ta llp a tro n e ) sich vollziehen kann. Auf der Oberflächedes Blockes ist — zur Erleichterung des Ladens —eine muldenförmige Laderinne eingefräst.I. Den ersten Verschluß <strong>di</strong>eser Art ließ sich der BostonerIngenieur H. O. P e a b o d y in den Vereinigten Staaten patentieren(22. VII. 1862), indes <strong>di</strong>e Providence-Tool-Company inRhodes-Island <strong>di</strong>e Fabrikation der Waffe übernahm.Das System Peabody fand Aufnahme in <strong>di</strong>e Bewaffnung der nordstaatlichenInfanterie während des amerikanischen Bürgerkrieges und(1867) als „Scharfschützengewehr“ in der Schweiz. Um es zur Verwandlungvon Vorderladern in Hinterlader geeignet zu machen, gab ihmR o b e rts (1867) eine etwas andere Konstruktion, <strong>di</strong>e Serbien (1872)an einigen tausend Stück vorhandenen Gewehren anbrachte.Der das Heben und Senken ausführende Abzugsbügel greiftmit seinem oberen, abgerundeten Hebelarme in <strong>di</strong>e Unterseitedes Blockes ein, der sich beim Schließen durch Federdruckfeststellt. Ein kräftiger Patronenzieher in Form eines Winkelhebels,der bei geschlossenem Verschlüsse in <strong>di</strong>e Ausfräsungim Laufmundstücke eintritt, wirft bei geöffnetem Verschlüsse<strong>di</strong>e ausgefeuerte Hülse aus. Ein Seitenschloß, dessen massiver


Die Blockverschlüsse für gas<strong>di</strong>chte Patronen. 67Hahnkopf auf den im Block liegenden Zündstift wirkt, sorgtfür <strong>di</strong>e Entzündung des im Patronenrande („Randfeuer“ )untergebrachten Zündsatzes. Zum Laden wird der Abzugsbügelgesenkt, der Block fällt und der Verschluß ist geöffnet.Nach Einbringen der Patrone in ihr Lager im Laufe wird derAbzugsbügel gehoben; der Verschluß ist geschlossen. Daraufbleibt noch der Hahn des Perkussionsschlosses zu spannen.Fig. 40.Das System Peabody (Längsschnitt, geöffnet und geladen).B Patronenlager im Laufe. C Kolbenhals, durch den der im Gehäuse eingeschraubte Verstärkungsstiftführt. D Fallblock mit Drehachse &. E Bügelhebel. F Auszieher m it Drehachsec. G Armhebel m it Drehachse d, und Schraube mit Feder, deren Druck den Armhebelnach unten drängt, e Rolle für den hinteren Arm des Armhebels.II. Um das — übrigens wenig zeitraubende — Hahnspannenzu vermeide»? legte (1867) der MaschinenfabrikantF. von M artin i in Frauenfeld (Kt. Thurgau) der eidgenössischenGewehrprüfungskommission ein Peabody-Gewehr vor,bei dem der Abzugsbügel durch eine Zugstange mit der Nußdes Seitenschlosses verbunden war, <strong>di</strong>eses also beim Öffnendes Verschlusses spannte. Da solche Bewegung aber eine zugroße Kraftanstrengung erforderte, konstruierte Martini (1868)einen S e lb s tsp a n n e r, der in England (1871) nach seinemSiege über 65 Mitbewerber zur Annahme gelangte1).*) Amtlich als H e n ry -M a rtin i-R if le bezeichnet. H enry konstruierteaber nur den Lauf und <strong>di</strong>esen noch dazu fehlerhaft. Angenommen wurdedas Martini-Gewehr auch von der Türkei, Portugal, Rumänien und China.5*


68 IM« Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itDie Hauptteile des M artin i - System s sind der Fallblock,der an beiden Seiten unten und rückwärts zahnartige Ausnehmungenhat; der in <strong>di</strong>ese Ausnehmungen mit seinenkurzen Armen eingreifende Bügelhebel und der AuswerfenWird der lange Arm des Bügelhebels abwärts- und vorgestoßen,so greifen <strong>di</strong>e kurzen Arme in <strong>di</strong>e tieferen Teile der Ausnehmungendes Blockes, der sich nun nicht nur durch seine eigeneSchwere, sondern auch durch das kräftige Abwärtsziehenöffnet. Hierbei federt der am rückwärtigen Laufende eingelagerteAuswerfer <strong>di</strong>e ausgefeuerte Patronenhülse nachrückwärts hinaus. Im Verschlußstücke sind auch <strong>di</strong>e eigentlichenSchloßteile untergebracht, nämlich der Schlag- undFig. 41. Das System Martini. (Verschluß geschlossen und gespannt,<strong>di</strong>e linke Gehäusewand ausgeschnitten.)Zündstift und <strong>di</strong>e spiralförmige Schlagfeder. Wird der Bügelhebelabwärts- und vorgestoßen, so drückt er mittels des„Nußhebels“ , indes der Fallblock sich senkt, den Schlagstiftzurück, wobei <strong>di</strong>e Schlagfeder sich spannt. Die „Nuß“ legtsich in den Ausschnitt des Nußhebels und erhält <strong>di</strong>esen inseiner Lage, während der zurückgeführte Bügelhebel denBlock wieder hebt. Wird der Abzug zurückgezogen, so trittdessen Schnabel aus dem Rasteinschnitte der Nuß, wobei <strong>di</strong>eSchlagfeder sich plötzlich entspannt. Als Sicherung <strong>di</strong>ent einedurch eine Feder gegen freiwillige Bewegung gesicherteSchiene, deren gerippter Daumengriff rechts über das Gehäusehervortritt. Wird <strong>di</strong>e Schiene bei gespanntem Schlosse zurückgeschoben,so stellt sie den Abzug fest. Ein an der rechten


Die Blockverschlüsse für gas<strong>di</strong>chte Patronen. 69äußeren Gehäusewand angebrachter Zeiger gibt durch seineStellung an, ob das Schloß gespannt ist oder nicht.„Schnelle und sichere Handhabung (3 Ladegriffe) beim Schießen,solide und der Reparatur wenig ausgesetzte Verschlußkonstruktion undein fast nie versagender Patronenauswerfer sind des Martini-Gewehrsvorzüglichste guten Eigenschaften.“ T h ie rb a c h , a .a .O . 401.III. Eine andere zweckmäßige Umänderung des Peabody-Verschlusses schuf (1867 und mit einigen Verbesserungen1868) der technische Direktor der Kramer-Klettchen Fabrik,J. L. W erd er in Nürnberg. Das System wurde (1869) zurNeubewaffnung der bayrischen Infanterie ausgewählt. WerderFig. 42.Das System Werder.a Verschlußblock, b Hahn mit Reibungsrolle. b ' <strong>di</strong>e Stütze, e Auszieher, f Verschlußstückfeder.g Schlagfeder, h Abzugsfeder, i Schlagstift mit Rückwirkungsfederk.ersetzte den Bügelhebel einerseits durch den Daumengriffeines Perkussionsschlosses und anderseits durch einen Griff,der sich vor dem Abzüge (in umgekehrter Stellung) befindet.Der Werder-Verschluß besteht aus dem kastenförmigen,oben und unten mit einem Längsschlitze versehenen Verschlußgehäuse,dem Fallblocke („Verschlußstück“ ) mit der zweiarmigenVerschlußstückfeder und dem Zündstifte mit derspiralen Zündstiftfeder, dem vorderen Abzüge und dem Auswerfermit seiner Doppelfeder. Der Fallblock ist ein zweiarmigerHebel, dessen hinterer Arm für <strong>di</strong>e Bewegung desHahns gabelförmig gestaltet ist und der auf der oberen Fläche


III. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)des vorderen Arms eine muldenförmige Auskehlung („Patroneneinlage“) aufweist. Im Fallblocke ist der Zündstift mit seinerFeder untergebracht. Wird der Hahn zurückgezogen, so hebtder „Hebearm“ den Block, der sich dann durch das Eingreifender „Hebwarze“ des Hahnes feststellt. Soll der Verschluß geöffnetwerden, so drückt man den vorderen Abzug nach vorne.Dabei verläßt <strong>di</strong>e Stütze den vorderen Arm des Fallblockes,der nun unter der Einwirkung der Verschlußstückfeder, abwärtsgegen den Auswerfer schlägt, welcher federnd <strong>di</strong>e ausgefeuerteHülse auswirft. Wird der Hahn zurückgezogen, sospannt sich das Schloß, der Block hebt sich und sein vordererArm legt sich auf <strong>di</strong>e Stütze. Durch Anziehen des hinterenAbzuges wird der Hahn unter dem Einflüsse der sich entspannenden“V--förmigen Schlagfeder vorgeschnellt und soder Zündstift gegen das rückwärtige Laufende hin bewegt.Als einziger Nachteil des Werder-Verschlusses bleibt zubezeichnen, daß er (wie alle Block- und Klappenverschlüsse)<strong>di</strong>e Vorführung der Patrone bis in ihr Lager im Laufe fordert.Dagegen hat er <strong>di</strong>e großen Vorteile der Einfachheit und Soli<strong>di</strong>tät;er kann ohne Anwendung eines Werkzeuges aus demGehäuse entfernt, zerlegt und wieder zusammengesetzt werden.Die Feuergeschwin<strong>di</strong>gkeit des Werder-Gewehrs erreicht nahezu<strong>di</strong>e des besten Mehrladers seiner Zeit. Angewendet wurde derWerder-Verschluß für <strong>di</strong>e bayrischen Gewehre, Karabiner undPistolen von 1869.Die Fallblockverschlüsse mit Kreisbewegung liegen noch in einerganzen Reihe von anderen Konstruktionen (S ta h l, B o rn m ü lle r,Z e lle r , K e ß le r , F ra n c o tte , G erck e usw.) vor, doch fanden sienur für einzelne Sportswaffen Verwendung. Am beliebtesten bliebimmer das Verschlußsystem von Martini, das sich bis jetzt namentlichin der Schweiz erhalten hat.B. Fallblockverschlüsse mit senkrechter Bewegung. Diesekennzeichnen sich dadurch, daß der Verschlußblock beimVorstoßen des Bügelhebels, senkrecht im Verschlußgehäuseniedergezogen wird, wobei sich dann — bei den Selbstspannern— das Schloß spannt. Der Verschluß, von Sharps(vgl. S. 52) gab den Anstoß zur weiteren Ausbildung <strong>di</strong>eser


Die Blockverschlüsse für gas<strong>di</strong>chte Patronen.71Konstruktionen, <strong>di</strong>e aber für Heereszwecke nur in zwei ArtenVerwendung fanden.I. Der Verschluß des von T re u ille de B e a u lie u (1854)geschaffenen Gewehrs der kaiserlich französischen Hundertgardenbildete bei der Verwendung der Lefaucheux-Patrone(vgl. S. 127) einen Übergang zu den mit Metallpatronen zuladenden Gewehren. Die Eigenart des Verschlusses bestehtdarin, daß der Fallblock auch als Hahn wirkt. Mit dem Block<strong>di</strong>rekt verbunden ist ein Griff, der,zum Niederziehen desBlockes und Spannen <strong>di</strong>ent. Unterhalb des Abzugsblechs istFig. 43 a und b. System Xteuüle de Beaulieu. Gewehr der französischenHundertgarden (1854). a Längsschnitt von rechts her gesehen, geladen,Verschluß gespannt, b Patrone.A Lauf. B Fallblock mit b Hahnkopf. C Patrone mit c Zündstift und t Auszieherstift.D Verschlußhebel. E Abzug. F Schlagfeder. G vorderer Teil des Abzugbügels. H Visier.freiliegend <strong>di</strong>e Schlagfeder angebracht, <strong>di</strong>e auch als Abzugsbügel<strong>di</strong>ent. Wird zum Laden der Fallblock heruntergezogen,so legt sich der Stangenschnabel des Abzuges in <strong>di</strong>e an derRückseite des Blockes eingefeilte Spannrast, wobei sich <strong>di</strong>eSchlagfeder spreizt (spannt). Nun kommt <strong>di</strong>e Patrone mitihrem Stifte nach unten in ihr Lager im Laufe. Wird derAbzug angezogen, so schnellt <strong>di</strong>e freiwerdende Schlagfederden Block aufwärts. Indes <strong>di</strong>eser den Lauf verschließt, schlägtder an der vorderen Fläche des Blockes angesetzte Zapfengegen den Zündstift der Patrone und treibt ihn in das in ihreingelagerte Zündhütchen, wodurch <strong>di</strong>e Explosion erfolgt.


III. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itDas Mißliche der Konstruktion ist darin zu suchen, daß der Bodender geladenen Patrone bis zum Abdrücken frei vor dem Auge desSchützen liegt, was <strong>di</strong>eser wenig angenehm empfinden dürfte. Zudemerscheint <strong>di</strong>e freiliegende Schlagfeder allzu leicht argen Beschä<strong>di</strong>gungenausgesetzt. Zu bemerken bleibt, daß <strong>di</strong>e Seelenweite des Laufes desHundertgardengewehrs nur 9 mm beträgt.II. Das von C o m b la in in Lüttich (1871) geschaffeVerschlußsystem1) kennzeichnet sich durch <strong>di</strong>e Verbindungdes Fallblockes mit demHahne und mit einemzweiten Blocke („Federblock“), der <strong>di</strong>e Schlagfederund den Abzug trägt.Beide Blöcke sind mit demBügelhebel verbunden.Fig. 44. System Comblain. Verschluß Wird<strong>di</strong>eserniedergezogen,des Gewehrs der belgischen Bürgergarde • « < _von 1870. Geöffnet, Hammer gespannt. so sen kt Sich der F allblockund der Federblock drehtsich rückwärts, wobei der Hahn und <strong>di</strong>e Schlagfeder gespanntwerden und der Schnabel des Abzugs in <strong>di</strong>e am Hahnrumpfeeingefeilte Spannrast springt.Der Comblain-Verschluß kann nicht ohne Werkzeug („Federhaken“) zerlegt werden. Das richtige Spannen erfordert — namentlichwegen der Kürze des Bügelhebels — eine verhältnismäßig großeKraftanstrengung des Schützen.C. Der Wellblockversehluß des General<strong>di</strong>rektors der östreichischen Waffenfabrik zu Steyr, J o se f W e rn d l, läßt sichum eine hinter und parallel zu dem Laufe angebrachte Achsezum Verschließen oder zum Öffnen des Laufes drehen. DerWellblock ist in dem am hinteren Laufende aufgeschraubtenVerschlußgehäuse eingelagert und trägt eine schräg nach vornverlaufende Aussenkung als „Laderinne“ , <strong>di</strong>e beim Linksdrehendes Blockes (Verschlußstellung) nach unten zu liegen kommt.Ist der Verschluß geschlossen, so steht <strong>di</strong>e Stirnseite desBlockes an der rückwärtigen Laufmündung an. Eine rück-J) Das System C o m b la in wurde (1871) angenommen von Belgienfür <strong>di</strong>e Gewehre der Bürgergarde und für <strong>di</strong>e Reiterkarabiner sowie (1874)von Brasilien und Chile.


Die Blockverschlüsse für gas<strong>di</strong>chte Patronen. 73wärts des Blockes angebrachte Stoßfläche sichert den Verschluß.Durch den Block geht von rechts nach der Mitte hin der Zündstift,dessen Bewegung durch eine Schraube („Zündstiftstell-Fig. 45 a. Das System Werndl. Längsschnitt. Verschluß geöffnet.G Verschlußgehäuse. P Auszieher. A Verschlußachse. B Stoßplatte. V Verschlußstückmit E Patroneneinlage und h Griff, d Verschlußfeder, r Verschlußfederschraube.schraube“ ) begrenzt und der durch eine kleine Spiralfeder(„Reaktionsfeder“ ) stets nach rückwärts gedrängt wird. DerPatronenhülsenauszieher ist ein Winkelhebel, der sich beimöffnen des Verschlusses dreht undmittels seiner Kralle <strong>di</strong>e ausgefeuertePatronenhülse aus dem Lager ziehtund auswirft. Ein Seitenschloß mitHahn — einfedriges Kettenrückschloß— wirkt auf den Zündstift.Zum Laden wird der Hahn gespannt,der Wellblock an seinemDaumengriff nach rechts gedreht— geöffnet — <strong>di</strong>e Patrone in ihrFig. 45 b.Verschlußstück.V Verschlußblock m it p Verschlußachseund d Verschlußschraubenloch,sowie E Patroneneinlage, h Griff,u Ausziehernut. Z Zündstift. rx Zündstiftbegrenzungsschraube.Lager im Laufe geschoben und der Wellblock wieder nachlinks gedreht.Da ein besonderes Hahnschloß notwen<strong>di</strong>g war, kennzeichnet sich<strong>di</strong>eses Verschlußsystem als ein Rückschritt, denn zur Zeit seiner Erfindung(1867) lag bereits der ausbildungsfähige Zylinderverschlußvon Chassepot vor1). Der Verschluß von Werndl ward nachmalsJ) Das System W erndl war ein Notbehelf. Man hatte schon vor demdeutschen Kriege im Wiener Arsenal Versuche mit Hinterladern veranstaltetund <strong>di</strong>ese dann nach dem Kriege, der <strong>di</strong>e Überlegenheit des Zündnadel -


74 HI. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)(1873) etwas abgeändert: Durch Veränderung der Achsenbefestigungdes Wellblocks und des Daumengriffes am Hahne konnte man nunmit einer Handbewegung den Hahn spannen und den Verschluß öffnen.Als (1877) eine Messingpatrone — mit 24 g schwerem Bleigeschoßund Papiermantel und 5 g Pulverladung — angenommen wurde, erfuhrdas Patronenlager im Laufe eine entsprechende Vergrößerung;auch <strong>di</strong>e Laderinne des Wellblockes wurde verlängert.4. Die Klappverschlüsse.Nach dem Aufkommen der billig und verhältnismäßig leicht herzustellendenMetallpatronen konnte man daran denken, <strong>di</strong>e vorhandenenVorderlader in Hinterlader mit gas<strong>di</strong>chten Verschlüssen umzugestalten,um dergestalt jasch eine mindestens der damaligen preußischenentsprechende Infanteriebewaffnung zu erhalten. Schon am25. August 1864 — unter dem frischen Eindrücke der aus dem deutschdänischenKriege gewonnenen Erfahrungen — forderte das englischeKriegsministerium zu einem freien Wettbewerbe auf „zur Umänderungder Enfield-Gewehre in eine Hinterladungswaffe“ . Dabei wurden nurzwei Be<strong>di</strong>ngungen gestellt: Die Umänderung sollte höchstens 1 Pfd.Sterling für das Stück kosten und das Gewehr durfte durch <strong>di</strong>e Umänderungnichts an seiner Treffsicherheit einbüßen. Zur Prüfungstellten sich fünfzig verschiedene Systeme ein, davon schieden sogleichzweiundvierzig aus. Schließlich blieb das System Snid er allein übrigund wurde auch (am 21. VI. 1866) für <strong>di</strong>e Umänderung der Enfield-Gewehre usw. angenommen.Die Klappverschlüsse erfordern zunächst das Einschraubeneiner Hülse,, in der sich <strong>di</strong>e den Lauf rückwärts verschließendeKlappe im Scharnier bewegen läßt, ferner — um das vorhandenePerkussionsschloß benützen zu können — das Einlegeneines Zündstiftes („Schlagbolzens“ ) in den Körper derVerschlußklappe und endlich das Anbringen eines entsprechendenPatronenziehers für das Auswerfen der ausgefeuertenmetallenen Patronenhülse. Obwohl der Hahnschlag eines mitstarker Schlagfeder ausgestatteten Perkussionsschlosses imgewehrsso deutlich zeigte, eifrig fortgesetzt. Für <strong>di</strong>e Umwandlung der vorhandenenVorderladungsgewehre und Stutzen kam zunächst <strong>di</strong>e später inBayern angenommene Konstruktion von L in d n er (vgl. S. 55) in Frage.Dann wurde aber das von W än zl vorgeschlagene System (vgl. S. 77) gewählt.Für <strong>di</strong>e Neubewaffnung nahm man erst das System R em in gton in Aussicht,um sich gleich darauf für das System W erndl zu entscheiden, weildessen Erfinder ein Österreicher war und weil <strong>di</strong>e Waffenfabrik in Steyr<strong>di</strong>e neuen Gewehre rasch erzeugen konnte. — Gegenwärtig stehen Werndl-Gewehre von 1873/77 noch in Montenegro und in Abessinien im Dienst.


Die Klappverschlüsse. 75Stande ist, der rückwirkenden, das Öffnen des Verschlussesanstrebenden Kraft der Pulvergase genügend entgegenzuarbeiten,haben doch <strong>di</strong>e meisten Klappverschlüsse eine besondereEinrichtung erhalten, um jedes ungewollte öffnenzu vermeiden.A. Klappverschlüsse mit ebener Bewegung (auch Klappverschlüssemit „seitlicher Bewegung“ genannt). Sie kennzeichnensich dadurch, daß <strong>di</strong>e Verschlußklappe sich vomrückwärtigen Laufmundstück rechts oder links seitwärts abdrehenläßt. Der Konstruktion nach sind sie <strong>di</strong>e einfachsten,doch ist bei ihnen das Anbringen eines selbstän<strong>di</strong>g wirkendenPatronenziehers nicht möglich gewesen.Fig. 46. Das System Snider. Verschluß zum Laden geöffnet.I. Das von Sn ider (1865) konstruierte Klappverschlußsystemist ein Scharnierverschluß zum Aufklappen nach rechts(auch „Dosenverschluß“ genannt). An der am rückwärtigenLaufende eingeschraubten, oben aufgeschnittenen und nachhinten in den „Schweifteil“ verlaufenden „Hülse“ ist rechts einstarker Bolzen („Welle“ ) eingeschraubt. Um <strong>di</strong>esen Bolzendreht sich <strong>di</strong>e massive Klappe mit ihrem Scharnieransatz.Heruntergelegt schließt <strong>di</strong>e Klappe den Lauf ab. Im Innern derKlappe liegt der Zündstift („Schlagbolzen“ ) mit seiner ihnrückwärts treibenden Feder; der Kopf des Zündstiftes greiftin <strong>di</strong>e Höhlung des Hahnes des Seitenschlosses ein, wodurchbeim Schüsse ein genügender Widerstand gegen den Gasdruckgeäußert wird. Übrigens ist zum Festhalten des Verschlussesim Schweifteile des Verschlußgehäuses ein kleiner federnderZapfen angebracht, der bei geschlossener Klappe in eine ent-


7 6 III* Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itsprechende Vertiefung an ihr einspringt. Als Patronenzieher<strong>di</strong>ent ein Stahlplättchen, das an der Welle der Klappe angesetzt,in eine Austeilung der Hülse eingreift. Wird <strong>di</strong>eKlappe nach dem Öffnen unter Überwindung der Kraft derauf <strong>di</strong>e Welle aufgeschobenen Spiralfeder zurückgeschoben,so zieht sich das Stahlplättchen mit der ausgefeuerten Hülseebenfalls zurück. Hebt man dabei den Lauf, so fällt <strong>di</strong>e Hülseleicht heraus. Zum Laden ist dann das Gewehr wieder in<strong>di</strong>e wagerechte Lage und <strong>di</strong>e Patrone in ihr Lager im Laufezu bringen, sowie <strong>di</strong>e Klappe kräftig nach links zu drehen.In England erfuhr der Snider-Verschluß noch einige Abänderungen,um <strong>di</strong>e Sicherheit der geschlossenen Klappe zuerhöhen. In Frankreich, Holland und Dänemark ward dasursprüngliche System zur Umarbeitung der großkalibrigenVorderlader (1867) *) angenommen. Ein ganz ähnliches (angeblichschon 1849 erfundenes) System des BüchsenmachersK r n k a aus Wollin in Böhmen wählte Rußland (1869) zurUmgestaltung des größten Teils der Vorderlader von 1856.Eigentümlich am Krnl^a-Verschlüsse war le<strong>di</strong>glich <strong>di</strong>e unpraktischeAnordnung, <strong>di</strong>e Klappe nach links anstatt nachrechts aufzuschlagen.Die Nachteile der Klappenverschlüsse mit seitlicher Bewegung bestandenhauptsächlich darin, daß ein geringes Hervorragen des Patronenrandes— ein Ereignis, das bei längerem Feuern leicht eintrat —den Verschluß nicht mühelos schließen ließ, und daß nicht seltenHemmungen beim Öffnen vorkamen, weil beim Schüsse das Zündhütchenaus dem Patronenboden in <strong>di</strong>e Zündstiftöffnung der Klappehineingedrängt wurde. Zudem arbeiteten <strong>di</strong>e Patronenzieher schlechtund erforderten für ihre Be<strong>di</strong>enung eine große Anstrengung.B. Die Klappverschlüsse mit senkrechter Bewegung (aucKlappverschlüsse mit „nach vorn drehbarer Längsklappe“ gel)Englische E n field - S nider - G ew ehre erwarben noch Portugund <strong>di</strong>e Türkei. Die französische Presse behauptete (1867), daß ein französischerBüchsenmacher S ch n eid er den Verschluß vor Snider konstruierthabe (?). Im Volksmunde hieß das System „ä la tabatiere“ , amtlich bezeichneteman es als „Fusil modele 1867 T“ . Hunderttausende der ursprünglichzur Bewaffnung der Mobilgar<strong>di</strong>sten und der Nationalgarde bestimmtenGewehre und Büchsen fielen (1870/71) mit den französischen Festungen indeutsche Hände.


Die Klappverschlüsse.77nannt) haben <strong>di</strong>e erwähnten Nachteile nicht. Wie <strong>di</strong>e Verschlüssemit ebener Bewegung, sind sie in einer am rückwärtigenLaufende angeschraubten Hülse untergebracht./. Das Verschlußsystem von Wänzl stammt aus dem Jahre1866 und wurde (anfangs 1867) zur Umänderung der österreichischenVorderlader von 1854 angenommen. In der aufundvorwärts im Scharnier beweglichen Klappe ist der Längsachsenach eine Höhlung für den „Sperrstift“ eingelassen, derdurch einen auf der Nußwelle des PerkussionsseitenschlossesFig. 47. Das System Wänzl. Verschluß zum Laden geöffnet.a Lauf, b Verschlußklappe, c Scharnier, e Hahn, f Schlagstift, g Bremsfeder.h Auszieher, i Griff an der Verschlußklappe, t Bewegungsnut für denAuszieher, q Patroneneinlage.angebrachten Mitnehmer („Schlepper“ ) beim Hahnspannenzurück und beim Hahnschlage vorgeführt wird, also daß erbeim Schüsse in <strong>di</strong>e Höhlung der Klappe eintretend, <strong>di</strong>ese voreinem ungewollten Öffnen sichert. An der linken, äußerenHülsenwand liegt eine aufwärts drückende, plattenförmige„Verschlußfeder“ . Sie stellt den geöffneten Verschluß fest, indemsie gegen <strong>di</strong>e keilförmige linke Scharnierbacke der Klappedrückt. An der Spitze der linken Scharnierbacke ist der Auszieherstiftangebracht, der in einen Einschnitt des schienen­


78 HI- Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)artigen, parallel zur Laufachse angebrachten Ausziehers greift,so daß <strong>di</strong>eser beim Öffnen der Klappe rückwärts gedrückt wirdund dabei <strong>di</strong>e ausgefeuerte Patronenhülse mitnimmt, bis siedurch <strong>di</strong>e Hand entfernt werden k^.nn. Der in der Klappeschräg eingelagerte Zündstift mit Spiralfeder wirkt unter demHahnschlage gegen den Rand der Patronenhülse.II. Das Verschlußsystem von Albini und. Brändlin1) istdem von Wänzl sehr ähnlich. Die Feststellung der Klappebeim Schüsse bewirkt der am Hahnkopfe befestigte SperrundSchlagstift, der beim Abfeuern auf den in der KlappeFig. 48 a und b. Das System Albini-Brändlin.a Längsschnitt an der linken Seite, b Verschluß geöffnet,von rechts gesehen.zentral eingelagerten Zündstift trifft. Ein in der Klappe rückwärtseingesetzter Stift bildet in Verbindung mit einem Federcheneine Puffervorrichtung, indem er beim Schließen derKlappe in eine Vertiefung der rückwärtigen Hülsenwand einspringtund also ein ungewolltes Öffnen der Klappe bei gespanntemHahne verhindert. Dieses Verschlußsystem ward(1868) für <strong>di</strong>e Umänderung der kleinkalibrigen Gewehre vonBelgien angenommen und ebenso auch für <strong>di</strong>e Neuanfertigungen(1872) gewählt2).*) Konstruktion des italienischen Oberst A lb in i und des schweizerischen,in Birmingham ansässigen Büchsenmachers B rän d lin.2) Für Gewehre und Karabiner der Fußtruppen mit Ausnahme desSchützenregiments. Dieses wurde mit dem T erssen - G ew ehr bewaffnet.


Die Klappverschlüsse. 79III. Das Verschlußsystem von Terssen1), das (1868) für<strong>di</strong>e belgische Schützenbüchse zur Annahme kam, besitzt einenfedernden, axial in der Klappe liegenden Sperrstift, der voneinem drehbaren Griff bewegt, in eine Höhlung am Bodenteileder rückwärtigen Hülsenwand eintritt und austritt. Er sichertden geschlossenen Verschluß.IV. Das Verschlußsystem von Milbanc und Amsler2), das(1867) von der schweizerischen Bundesversammlung für <strong>di</strong>eUmänderung der vorhandenen Vorderladungsgewehre3) an-Fig. 49. System Terssen. Verschluß des belgischen Jägergewehrsvon 1867. Geöffnet. Visierblatt des Leiter-Treppenvisiers aufgestellt.genommen wurde, hat einen hinter der eigentlichen Verschlußklappeangebrachten „Schließkeil“ , der zur Feststellungdes Verschlusses in den hinteren Teil der Verschlußhülse einschnappt.Der an der rechten Seite des Scharniers angebrachte,unter der Wirkung einer kleinen Feder stehende Auszieherwirft mit Sicherheit <strong>di</strong>e ausgefeuerte Hülse aus demLaufe. Der frei — ohne Spiralfeder — in der Verschlußklappeliegende Zündstift trifft den Rand der Patrone. Der Schließ­1) Oberst T erssen war damals Direktor der kgl. belgischen Gewehrfabrikin Lüttich.2) Das Patent des Amerikaners J. M. M ilban c wurde von dem GymnasiallehrerProfessor J. A m sler in Schaffhausen erworben und <strong>di</strong>e darinangegebene Konstruktion dann um etwas verbessert.3) Das (am i. V. 1867) von der schweizerischen Bundesversammlungangenommene Umänderungssystem von M ilban c und A m sler verwandelte(zwischen 1867 und 1869) 56 271 Gewehre von 1844/59 (17, 5 mm Seelenweite),13430 Jägergewehre von 1856, 37214 Gewehre von 1863 und 4930Feldstutzer von 1851 und 1864 in Hinterlader. Die Umänderungskostenbetrugen für das Gewehr 1844/59 = 19 frs. 55 c. (15,64 Mk.) und für dasGewehr von 1863 = 15 frs. 80 c. (12,64 Mk.). Im ganzen betrugen <strong>di</strong>e Ausgabenfür <strong>di</strong>ese Umbewaffnung 5 469 506 frs. 24 c. (4 375 604,99 Mk.).


80 HI- Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itkeil hat rechts einen Daumengriff zum Öffnen und Schließendes Verschlusses. Ist der Schließkeil nicht gehörig wieder anOrt gebracht, so trifft der Hahnschlag den Daumengriff anStelle des Zündstiftkopfes und der Schuß geht nicht los. Zurweiteren Sicherheit ist <strong>di</strong>e Verschlußklappe noch mit einemKanal versehen, um <strong>di</strong>e etwa zu stark nach rückwärts stoßendenGase unschädlich abfließen zu lassen. (Stärkster Rückstoßimmerhin 1,8 mkg.)Das Verschlußsystem von M ilb a n c und A m sle r war konstruktivdas beste unter allen Klappensystemen. „In der Schweiz. . . . war<strong>di</strong>e Qualität des eignen Metallpatronenfabrikats anfangs sehr schlecht,Fig. 50. Das System Milbanc-Amsler. Verschluß geöffnet, Hahn gespannt.mit 30 bis 50% reißenden Hülsen. Trotzdem war der Amsler-Verschlußnach etwa 700 Probeschüssen (wobei Serien von 100) nicht beschä<strong>di</strong>gtoder durch Verschleimung ernstlich gehemmt.“ W. v. P lo e n n ie s,Neue Hinterladungsgewehre, S. 200.V. Die Verschlußsysteme von Berdan1) <strong>di</strong>eser Art unterscheidensich in: 1. das spanische, 2. das nordamerikanischeund 3. das russische (sogenanntes „Berdan I“ ). Der Verschluß1 wurde (1867) zur Umwandlung des spanischen Gewehrsvon 1857 angenommen. Er entspricht im allgemeinendem ursprünglichen Verschlußsystem von Milbanc. Zu seinerAufnahme ist keine Hülse an das rückwärtige Ende des Laufesangeschraubt, sondern <strong>di</strong>eser selbst entsprechend aufgeschnitten.Der Schließkeil ist durch eine flache Feder von der Verschlußklappegetrennt und wird durch <strong>di</strong>ese Anordnung beiheruntergeschlagener Klappe festgestellt. Der Zündstift wirdx) J. W. B erdan (gest. 1893), nordamerikanischer General, war einhervorragender Waffentechniker, der gegebene Gedanken meisterhaft zubearbeiten verstand.


Die Klappverschlüsse.8 ldurch einen Schlagbolzen angetrieben. Der Verschluß 2 wurde(1868) zur Umwandlung des nordamerikanischen sogenannten„Springfield“ -Gewehres angenommen und auch für neue Gewehre<strong>di</strong>eser Art verwendet. Er ist mit dem Verschluß x grundsätzlichübereinstimmend, nur daß der Schließkeil noch durcheinen von einer Spiralfeder bewegten Keil — gleich wie beimVerschluß von Terssen (vgl. S. 79) festgestellt wird. Das Auswerfender ausgefeuerten Hülse bewirken zwei „Auswerferfedern“in Verbindung mit einem vorstehenden Stollen derVerschlußklappe und einem „Auszieherhaken“ . Der Verschluß3 wurde (1869) für <strong>di</strong>e russischen Schützengewehrevon kleiner Seelen weite (10,66 mm) angenommen; er ist eineVerbindung der soeben gekennzeichneten KlappverschlüsseFig. 51.Das System Remington.mit einem nach Chassepots Art (aber einfacher wie <strong>di</strong>eser)konstruierten Zylinderschloß (Nichtselbstspanner).C. Sperrseheibenverschlüsse. Sie bestehen aus einer dasrückwärtige Laufende abschließenden, den Zündstift tragendenScheibe, <strong>di</strong>e als Stoßboden <strong>di</strong>ent und einem einfach konstruierten,in der Achsenlinie des Laufes gelagerten Hahnschlosse(sogenannten „Mittelschlosse“ ), dessen Schlagfederstark genug ist, um <strong>di</strong>e Wirkung des Rückstoßes zu überwinden.Zum Laden muß zunächst der Hahn und dann <strong>di</strong>eSperrscheibe zurückgezogen werden, wobei der auf <strong>di</strong>eser angebrachtePatronenauszieher <strong>di</strong>e ausgefeuerte Hülse aus ihremLager im Laufe zieht. Nachdem eine neue Patrone eingeführtund <strong>di</strong>e Sperrscheibe wieder vorgebracht worden ist, kann derAbzug bewegt, also gefeuert werden.Günther, Geschichte der Handfeuerwaffen. 6


82 III. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)Der Erfinder <strong>di</strong>eser einfachen Konstruktion war derPariser Büchsenmacher F lo b e rt, der sie für <strong>di</strong>e von ihm(zuerst 1845) gebauten Zimmergewehre mit Metallpatronenverwendete. E. R e m in g to n & Sons zu Ilion bei Utica imStaate New York ließen sich (1864) auf <strong>di</strong>e Idee ein Patentgeben. Angenommen wurden <strong>di</strong>e Remington-Gewehre und-Karabiner zur Bewaffnung von Dänemark, von Schwedenund von Norwegen (1867), von Spanien (1871), von Ägypten(1872); ferner (zwischen 1872 und 1877) von Argentinien,Griechenland, Guatemala und Mexiko. Das Remington-Gewehr wird noch gegenwärtig von den Heeren der mittelamerikanischenStaaten geführt1).D. Die Zylinderverschlüsse kennzeichnen sich durch denin einem Verschlußgehäuse („Kammer“ , „Hülse“ ) geradlinigwagerecht, vor und rückwärts zum öffnen und Schließendes rückwärtigen Laufendes bewegten Zylinder („Kolben“ ,„Stempel“ ), der <strong>di</strong>e Schloßteile enthält.Von den Zylinderverschlüssen sind gegenwärtig <strong>di</strong>e „Geradzug“ -und <strong>di</strong>e „Doppelgriff“ - oder „Dreh“ -Verschlüsse zu unterscheiden.Die Geradzug-Verschlüsse vollziehen <strong>di</strong>e sogenannte „Lüftebewegung“der ausgefeuerten Hülse maschinell und spannen <strong>di</strong>e Schlagvorrichtungbei ihrem Zurückziehen. Bei den Doppelgriff-Verschlüssen muß zumÖffnen (und Lüften der ausgefeuerten Hülse) sowie zum Schließeneine besondere Drehbewegung vollzogen werden.Im Gegensatz zu den unverriegelten Zündnadelsystemen, aus denen<strong>di</strong>e Zylinderverschlüsse sich entwickelt haben, verriegeln sich <strong>di</strong>ese,was durch das Eintreten der entsprechend angebrachten Warzen inpassende Nuten geschieht. Die Zylinderverschlüsse vereinigen in undan sich <strong>di</strong>e Schlag- und Zündvorrichtung sowie den Auszieher.Die Zylinderverschlüsse sind sämtlich „Selbstspanner“ , d. h. <strong>di</strong>eSchlagvorrichtung wird beim Öffnen des Verschlusses („Rückwärtsspanner“) oder beim Schließen des Verschlusses („Vorwärtsspanner“)selbsttätig gespannt.Die Zylinderverschlüsse schieben auch bei ihrer Vorbewegung <strong>di</strong>ePatrone selbsttätig in ihr Lager im Laufe und ziehen <strong>di</strong>e ausgefeuerteHülse sicher heraus. Sie eignen sich allein zur Verwendung bei Mehrladern.J) Mit dem R em in gton - G ew ehr wurden (1866/67) größere Versuchein Österreich unternommen. Die Einführung der Waffe unterbliebaber, weil inzwischen das Werndl-System seine Kriegsbrauchbarkeit erwies.


Die Klappverschlüsse.83I. Das Verschlußsystem von Vetterli1) war (1868) daserste überhaupt, das als Selbstspanner auftrat. Bei ihm zeigtder lange Verschlußzylinder einen ringförmigen Ansatz, dessenhintere Seite eine Schraubenfläche bildet. Die zentrale Bohrungdes Verschlußzylinders für den Schlagstift geht hintenin einen Schlitz für <strong>di</strong>e beiden flügelartigen Ansätze des Stiftsüber. Der Verschlußzylinder endet mit einem Gewinde zumAufschrauben der Mutter, welche <strong>di</strong>e einzelnen Teile des VerschlussesZusammenhalt.^ Der Auszieher ist oben auf demVerschlußzylinder eingelassen. Die Nuß, <strong>di</strong>e über den Verschlußzylindergreift, trägt vorne zwei Warzen, <strong>di</strong>e bei geschlossenemGewehr in entsprechenden Auslassungen im Ver-Fig. 52. Das System Vetterli. Verschluß geöffnet, Schloß gespannt,ohne Federgehäuse.schlußgehäuse stehen. Hinten hat <strong>di</strong>e Nuß zwei tiefe schraubenartigeEinschnitte, in der <strong>di</strong>e beiden flügelartigen Ansätze desSchlagstiftes stehen. Wird <strong>di</strong>e Nuß durch Aufwärtsheben desmit ihr vereinigten Kniehebels nach links gedreht, so gehen<strong>di</strong>e flügelartigen Ansätze des Schlagstiftes zurück und pressen<strong>di</strong>e Schlagfeder zusammen. Dabei tritt der größere, untereAnsatz hinter den Abzugsfederstollen, so daß <strong>di</strong>e gespannteSchlagfeder festgestellt wird. Nach dem Einlegen der Patroneund dem Vorführen des Zylinders wird <strong>di</strong>e Nuß nach rechtsgedreht; der Verschluß ist geschlossen und durch <strong>di</strong>e Warzengesichert. Wird nun der Abzug angezogen, so schnellt <strong>di</strong>ei) F rie d rich V e tte r li (gest. 1882) war damals technischer Direktorder schweizerischen Waffenfabrik A.-G. in Neuhausen bei Schaffhausen.6*


III. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itplötzlich entspannte Schlagfeder den Schlagstift vorwärts gegen<strong>di</strong>e lose im Zylinderkopf eingelagerte Schlaggabel und <strong>di</strong>ese— oder ein zentral gelagerter Zündstift — trifft den .Patronenboden.Eine eigentliche Sicherung hat <strong>di</strong>eses Verschlußsystemnicht. Die Schlagfeder wird langsam entspannt, indem manden Kniehebel hebt, den Abzug anzieht und den Kniehebeldann senkt.Eingeführt wurde das Verschlußsystem (1869) von derSchweiz für ihre neuen Mehrladegewehre von 1869/71, Mehrladestutzervon 1871 und Mehrladekarabiner von 1871, sowiefür das Einlader-Kadettengewehr von 1870 und von Italien(1870) für das Infanteriegewehr, für <strong>di</strong>e Muskete (kurzesGewehr) der Pioniere, für <strong>di</strong>e Muskete der Carabinieri, für denReiterkarabiner und endlich für das Mehrlade-Marinegewehrvon 1882.II. Das Verschlaßsystem Mauser.Die Büchsenmacher Gebrüder Wilhelm und Paul Mauser in Oberndorfam Neckar (württembergischer Schwarzwaldkreis) legten zunächst(1863/64) ein für Selbstspannung eingerichtetes Zündnadelgewehrvor. Diese Konstruktion und eine dazugehörige eigenartigeEinheitspatrone wurden dauernd verbessert, aber sie fanden wenig Beachtung.Nachdem <strong>di</strong>e Gebrüder Mauser (1867) nach Lüttich übergesiedeltwaren, erhielten sie seitens der kgl. preußischen Schießschulein Spandau den Auftrag, das Zündnadelsystem für <strong>di</strong>e Verwendungvon Metallpatronen einzurichten. Im November 1871 begannen <strong>di</strong>eentscheidenden Versuche mit dem neuen Gewehre in Spandau, dasdarauf (1872) nach Anbringung einiger Verbesserungen als deutscheReichswaffe („Modell 1871“ )1) angenommen wurde.Wird <strong>di</strong>e „Kammer“ (Verschlußzylinder) aufgedreht, sospannt sich <strong>di</strong>e als Schlagfeder <strong>di</strong>enende Spirale; da derSchlagbolzen und das Schlößchen durch <strong>di</strong>e Schlößchenleitschieneverhindert werden, <strong>di</strong>e Drehung mitzumachen, werdensie durch <strong>di</strong>e schraubenartige Wirkung der aneinanderliegendenschiefen Flächen des Schlößchens zurückgedreht, BeimVorführen der Kammer bleibt <strong>di</strong>e vordere Fläche des Schlößchensan der hinteren des Abzugsstollens stehen. Wird <strong>di</strong>ex) Das deu tsch e In fa n te rie g e w e h r von 1871 (Jägerbüchse, Karabiner)ward bis 1875 bei allen deutschen Truppen mit Ausnahme von Bayern— das erst im Jahre 1877 nachfolgte — eingeführt.


Die Klappverschlüsse. 85Kammer rechts gedreht, so wird <strong>di</strong>e Schlagfeder, da dasSchlößchen nicht folgen kann, von hinten nach vorn zusammengedrücktund vollends gespannt. Beim Öffnen des Verschlussesnimmt ein in dessen Kopfe eingelagerter federnderAuszieher <strong>di</strong>e ausgefeuerte Hülse mit, <strong>di</strong>e — weil ein Auswerferfehlt — durch eine leichte Rechtsdrehung des Gewehrs entferntwird. — Beim Abziehen wird der ,,Abzugsfederstollen“so weit zurückgezogen, daß das Schlößchen frei wird, worauf<strong>di</strong>e sich entspannende Schlagfeder den Schlagbolzen, dessenSpitze als Zündstift <strong>di</strong>ent, samt Schlagbolzenmutter undSchlößchen vorwärtstreibt. — Der Verschluß wird durchFig. 53. Das System Mauser. Verschluß geschlossen, Schloß abgedrückt.Rechtslegen des „Sicherungsflügels“ gesichert. Dessen„Schaufel“ tritt dabei in <strong>di</strong>e Sicherungsrast der Kammer einund drückt das Schlößchen soweit zurück, daß <strong>di</strong>eses vomAbzugsstollen entfernt feststeht und der Verschluß nicht geöffnetwerden kann.III. Das Verschlußsystem von Beaumont1), das (1871) für<strong>di</strong>e Neubewaffnung in den Niederlanden angenommen wurde,unterscheidet sich von den übrigen Zylinderverschlüssen hauptsächlichdadurch, daß eine im Griffe des Zylinders untergebrachte,doppelarmige Flachfeder <strong>di</strong>e Stelle der sonst spiralx)Der Ingenieur de B ea u m o n t in Maastrich benutzte eine ursprünglichvon den Gebrüdern Mauser gefertigte Konstruktion, sowie Ideen vonChassepot und Cloes. Später (um 1874) entstand noch ein Prozeß zwischenden Gebrüdern Mauser und de Beaumont über <strong>di</strong>e Urheberschaft der Anordnungeiner flachen Schlagfeder an Stelle der spiralförmigen.


86 III. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)förmigen Schlagfeder vertritt. Der Verschluß spannt sichbeim Aufdrehen, wobei eine Leitschiene am Schlößchen dessenMitdrehen verhindert, indes <strong>di</strong>eses über den Abzugsstollenhinweggedrückt wird. Beim Wiedervorschieben des Verschlußzylindershält der Abzugsstollen das Schlößchen fest; beimAnziehen des Abzuges schnellt das Schlößchen unter demFig. 54 a und b. Das System Beaumont, a Längsschnitt, b Ansichtvon rechts, a Teilweise gespannt, weil der Hebelgriff mitSchlagfeder aufgestellt ist. b Entsichert, weil Daumengriff rechtszurückgelegt ist.Drucke der sich entspannenden Flachfeder nach vorn. BeimZurückziehen des Verschlußzylinders wirft ein mit dem beweglichenVerschlußkopfe verbundener Auszieher <strong>di</strong>e ausgefeuertePatronenhülse aus. Soll das gespannte Schloß gesichert werden,so muß man den Verschlußzylinder langsam nach linksdrehen; hierbei tritt eine an der rechten, entsprechend durchbrochenen,Gehäusewand angebrachte Sperre (Feder mit Stift)


Die Klappverschlüsse. 87in das dazu bestimmte Loch des Verschlußzylinders. Zum Entsicherndrückt man auf den Daumengriff der Sperre und drehtzugleich den Verschlußzylinder rasch nach rechts.Die flache Schlagfeder war kein glücklicher Ersatz der spiralförmigen.Sie vermehrte <strong>di</strong>e nachteiligen Reibungen des Verschlussesund verursachte dadurch Versager. Auch konnte sie nur schwer ausihrem Lager im Griffe entfernt und Nieder eingesetzt werden. Derhohle Griff stand über<strong>di</strong>es in dauernder Gefahr, bei rauher Behandlungabzubrechen.IV. Das Verschlußsystem von Eichhorn, kgl. sächsischenOberbüchsenmachers, das (1873) in Sachsen zur Umänderungvon Chassepot-Gewehren in Karabiner mit Verwendung derMetallpatrone angenommen wurde, kennzeichnet sich als eintechnischer Notbehelf. Die Leitschiene des Schlößchens unddas hintere, untere Ende des Verschlußzylinders wurden entsprechendumgeändert, um das Schloß beim öffnen des Verschlussessich selbsttätig spannen zu lassen. Die Kautschukliderungvon Chassepot fiel fort; der von Eichhorn vorn verschraubteVerschlußzylinder hat eine Aufbohrung für denZündstift („Schlagbolzen“ ) und trägt den Anzieher. BeimZurückziehen des Verschlußzylinders stößt <strong>di</strong>e vom Ausziehermitgenommene, ausgefeuerte Patronenhülse gegen einen (ausdem Verschlußzylinder schließlich in Form eines Stiftes hervortretenden)„Auswerfer“ , so daß sie rechts seitwärts hinausfliegt.Eine an der linken Gehäusewand angebrachte Hebelsicherunghält bei ihrem Zurücklegen das gespannte Schlößchenfest, so daß <strong>di</strong>eses beim Anziehen des Abzuges nichtvorschnellen kann.V. Das Verschlußsystem von Berdan, amtlich als „BerdanII“ (1872) bezeichnet, kam für <strong>di</strong>e neuen russischen Gewehreusw. mit der Laufweite von 10,66 mm zur Anwendung1).Der Verschluß ist ein „Vorwärtsspanner“ ; beim!) Die B erdan II-Gewehre wurden vor dem russisch-türkischenKriege von 1877/78 nur in verhältnismäßig wenigen Exemplaren (seit 1873)an <strong>di</strong>e Truppen verausgabt. Nach dem Kriege ward <strong>di</strong>e Fabrikation sehrbeschleunigt. Laut einem (1880) im „Wojenny Sbornik“ erschienenenBerichte lieferten schon 1879 <strong>di</strong>e kaiserl. Waffenfabriken in Tula, Ijew undSestroviesk 370 186 Infanterie- und 10 000 Dragonergewehre des SystemsBerdan II.


88 III. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itöffnen geht nur <strong>di</strong>e Spitze des mit dem Schlößchen fest verbundenenZündstiftes („Schlagbolzen“ ) in den Verschlußkopfmittels schräger Flächen am Zündstift und am Verschlußkopfzapfenzurück. Das Spannen der spiralförmigen Schlagfedervollzieht sich erst, wenn der Verschlußzylinder kräftigvorgeschoben und nach rechts gedreht wird. Das Auswerfender von dem in der Leitschiene des Verschlußzylinders untergebrachtenAuszieher zurückgeführten, ausgefeuerten Patronenhülsebewirkt ein in <strong>di</strong>e Bohrung der VerschlußhülseFig. 55 a und b. Das System Berdan II. a Geschlossen und gespannt,Ansicht von der rechten Seite, b Längsschnitt, Griff zum öffnen undSpannen aufgestellt.hineinragender Stift („Auswerfer“ ). Um den gespannten Verschlußzu sichern, muß man das Schlößchen langsam bei angezogenemAbzüge vorgleiten lassen; dabei tritt der Stangenschnabeldes Abzuges in eine Ruhrast, wodurch der Abzugselbst so lange festgestellt wird, bis man nicht das Schlößchenwieder zurückzieht.„Diese wohldurchdachte Konstruktion erscheint aber als sehrkompliziert und enthält zu viele kleine Teile und Schrauben, welchebeim Zerlegen besonders geschickte Hände erfordern.“ T h ie rb a c h ,a. a. O. 424.VI. Das Verschlußsystem von Gras, das (1874) zur Umarbeitung der französischen Chassepot-Waffen angenommenwurde, kennzeichnet sich als eine einfache und solide Ver­


Die Klappverschlüsse. 89besserung des Verschlußsystems von Chassepot1), wobei aberauch Gedanken von Eichhorn (vgl. S. 87) benutzt wurden.Fig. 56 a und b. Das System Gras, a Längsschnitt, Verschlußnoch nicht völlig geschlossen und gespannt, b Längsschnitt,Verschluß geschlossen, abgefeuert.Die wichtigsten Veränderungen sind der in der Leitschienedes Verschlußzylinders liegende Patronenzieher, <strong>di</strong>e dreieckigeAusfräsung an der Schlößchenleitschiene, deren rechte Seitei) B asile G ras (1836— 1901), damals französischer Artilleriehauptmann,später Divisionsgeneral. „L ’emploi de la cartouche m£tallique nepouvait avoir lieu qu’en apportant de serieuses mo<strong>di</strong>fications au fusil modele1866; de plus, pour ne pas rester desarm6 pendant la Periode de transformation,on se decida ä rechercher un systeme nouveau tirant la cartouchemttallique et pouvant s’appliquer ä la transformation des armes modele1866. C’est alors que fut adopte le systeme presente par le capitaine d’artillerieGreis, sous le nom de „fusil modele 1874“ pour les armes neuves, ou1866— 74 pour les armes transformees. Les deux modeles constituaient desarmes excellentes pour l’fepoque“ „Les armes a feu portatives“ etc.(Paris 1894) p. 9/10. Neugefertigt wurden 1 Million, umgeändert 1y , MillionenGewehre usw.


III. Abschnitt. Die einfachen Hinterlader. (1860— 1885.)<strong>di</strong>e schiefe Fläche zum Selbstspannen des Schlosses beimöffnen des Verschlusses bildet, der in der Bodenwandung desVerschlußzylinders liegende Auswerfer und das <strong>di</strong>e Verbindungzwischen Schlößchen und Schlagbolzen erstellende Riegelstück.Ü b e rb lic k . Die in Europa — mit Ausnahme von Frankreich —unter den ersten Eindrücken des deutschen Krieges von 1866 geschaffenenHinterladungsgewehre waren umgeänderte Vorderlader, <strong>di</strong>e 4 bis5 Ladegriffe erforderten und ballistisch meist etwas bessere Leistungenals das ursprüngliche System ergaben. Die während des nordamerikanischenBürgerkrieges großartig entwickelte Handfeuerwaffenindustrieder Union und <strong>di</strong>e von ihr vorgelegten Muster1) undPatronen (P eabody, R e m in g to n , L in d n er, Berdan) beeinflußtenstark <strong>di</strong>e europäischen Konstrukteure, <strong>di</strong>e (seit 1866) immer zahlreicherwurden und <strong>di</strong>e bald sich selbstspannende Verschlüsse vorzulegenvermochten.Die (nach 1866/67) konstruierten großen Handfeuerwaffen habengewöhnlich <strong>di</strong>e von C h assep o t angenommene Laufweite von 11 mm(vgl. Übersichtstafel IV) und zeigen eine gewisse Übereinstimmung imGewichte (4000 bis 5000 g) sowie in der Länge (1250 bis 1350 mm).Die nach 1869 eingeführten Einlader sind alle mit 3 Ladegriffen fertigzu machen, und man kann mit ihnen in der Minute 10 bis 12 gezielteSchüsse auf <strong>di</strong>e Entfernungen von 1600 bis 1800 m abgeben. Allgemeinwar demnach ein großer technischer Erfolg in <strong>di</strong>eser Periodeerzielt worden. Man hatte eine Bewaffnung der Fußtruppen erhalten,<strong>di</strong>e neben dem verhältnismäßig geringen Gewichte des Gewehrs, <strong>di</strong>eballistischen Vorteile des kleineren Kalibers (10,2 bis 11,5 mm), <strong>di</strong>eLadeschnelligkeit und damit <strong>di</strong>e Feuerkraft auch des einzelnen Mannes,sowie dessen ausreichende Munitionsausrüstung glücklich zu verbindenwußte. Die dabei notwen<strong>di</strong>g gewordenen Anstrengungen führtenweiterhin <strong>di</strong>e Technik zur Schöpfung der Mehrlader.!) Das Heer der Union erhielt (vom 1. I. 61 bis 30. VI. 66) zusammen400 058 Stück verschiedener H in terla d u n g sg ew eh re (Ein- und Mehrlader),nämlich 1509 Ballard, 1002 Ball, 55567 Burnside, 9342 Cosmopolitan,22728 Gallagher, 1052 Gibs, 3520 Halls, 1731 Henry, n 261 Joslyn,892 Lindner, 20 002 Maynard, 14 495 Merrill, 1001 Valmer, 20 000 Remington,80 512 Sharps, 30 062 Smith, 12 471 Spencer-Gewehre und 94 156 Spencer-Karabiner, 24 603 Starr, 4001 Warner und 151 Wesson. Army and NavyJournal Vol. XIX. N orton, American inventions (Springfield 1880).Nach dem Kriege machten <strong>di</strong>e Vereinigten Staaten von Nordamerikader Schweizerischen Eidgenossenschaft ein Geschenk mit 27 verschiedenenGewehrmustern, meist Hinterladern, <strong>di</strong>e zwischen 1861 und 1865 im Feldegebraucht worden waren. Diese wurden in der großen Aarauer Gewehrkonkurrenz(1867) genau geprüft und <strong>di</strong>e Ergebnisse des Wettbewerbs trugenzur Entscheidung der verschiedenen vorliegenden Fragen sehr viel bei.


IV , A b sch n itt.Die Mehrlader.(Seit 1860.)Als Mehrlader („Repetierer“ ) bezeichnen wir jene Handfeuerwaffen,<strong>di</strong>e mit einem fest oder beweglich mit der Waffeverbundenen Patronenmagazin und mit einer Mehrladevorrichtung(„Repetierwerk“ ) versehen sind. Die modernenMehrlader teilen wir nach der Art ihrer Magazine ein in:M eh rlader m it R ö h ren - und mit K a ste n m a g a z in e n .Erstere sind entweder im Kolben („Kolbenmagazine“ ) oderlängs und unter dem Laufe („Vorderschaftmagazine“ ) angebracht.Die Kastenmagazine liegen unter der Patroneneinlageder Verschlußhülse („Mittelschaftmagazine“ ) der Waffe. Einebesondere Klasse bilden <strong>di</strong>e a n s e tz b a re n M a g a zin e , <strong>di</strong>esogenannten „Schneiladevorrichtungen“ . Die Waffen mitW a lz e n m a g a zin e n („Revolver“) gehören zwar auch zuden Mehrladern, da sie aber fast ausschließlich an FaustfeuerwaffenVorkommen, so sollen sie mit <strong>di</strong>esen zusammen besprochenwerden.E in le itu n g . Der Wunsch, ein Gewehr zu besitzen, das für gewisseAugenblicke rasch hintereinander mehrere Schüsse abzugebenvermag, ohne daß jeder einzelne von ihnen erst aus der Tasche geladenwerden muß, entstand aus rein praktischen Betrachtungen. Ausder Kriegsgeschichte ergibt sich, daß nicht selten der Unterschied inder Schießgeschwin<strong>di</strong>gkeit zweier Waffen den Ausgang des Kampfeszugunsten des schneller feuernden Gewehres entschieden hat1).i) Daß <strong>di</strong>e W irk u n g des G ew eh rfeu ers mit der S ch n e llig k e itder S ch u ß ab gabe übereinstimmt, zeigt folgende Vergleichung:K rieg V e rlu st durch V e rh ä ltn is der F e u e r­oder S ch lach t. In fa n te rie fe u e r. g e sch w in d ig k e it.18. August 1870.durch DreyseLorenzDreyseChasseootLorenz Dreyse1 zu 5Dreyse Chassepot5 zu 8


92 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itDie einfachste Art, ein Gewehr zu rascher Feuerabgabe geeignetzu machen, besteht darin, ihm m eh rere L ä u fe zu geben. Derlei„Doppelzeuge“ oder „Mehrläufer“ kamen bereits im 15. Jahrhundertvor. Sie haben sich (als „Zwillinge“ und „Drillinge“ ) bei denmodernen Jagdgewehren erhalten. Je größer das Laufbündel, destounhandlicher <strong>di</strong>e Waffe. Diese Tatsache zog den Gedanken nach sich,nur einen einzigen Lauf zu benutzen, <strong>di</strong>e Ladungen aber in denBohrungen („Kammern“ ) einer Walze („Trommel“ ) unterzubringen,<strong>di</strong>e am rückwärtigen Ende des Laufes drehbar angeordnet war. SolcheRevolvergewehre („Drehlinge“ ) traten bereits im 16. Jahrhundert aufvor (vgl. S. 118).Solange es keine Einheitspatrone1) und namentlich keine solchemit metallener Hülse gab, war es unmöglich, einen als Gewehr brauchbarenMehrlader — ausgenommen <strong>di</strong>e Coltschen Revolverbüchsen —zu konstruieren. Da in den Vereinigten Staaten von Nordamerikazuerst größere Metallpatronenhülsen geprägt wurden, so entwickeltesich dort auch schon (zwischen 1855 und 1866) der Bau kriegsbrauchbarerMehrlader.A. Mehrlader mit Kolbenmagazinen. Am 6. März 186wurde dem Ingenieur Christopher M. Spencer in Bostonein Mehrlader mit Blockverschluß (senkrechter Fallblock),Perkussionsschloß und einem für Metallpatronen (Kupferhülse,Randzündung) eingerichteten Kolbenmagazine patentiert,der bald darauf für einzelne Truppenteile des Unionsheeresangenommen wurde. Das Magazin ist eine dünneStahlblechröhre, an deren Bodenstück eine leicht zusammendrückbareSpiralfeder („Magazinfeder“ ) mit Knopf („Nachdrücker“) befestigt erscheint. In der Kolbenkappe befindetsich ein rundes Loch zum Einführen des Magazins in <strong>di</strong>e mitMessingblech ausgefütterte Bohrung im Kolben. Der Handgriffdes Magazins wird durch entsprechendes Eingreifen einesAnsatzes festgestellt, so daß ein willkürliches Herausfallen desAuch kann an das Beispiel von Mollwitz (10. IV. 1741) erinnert werden. —Bei den vergleichenden Versuchen, <strong>di</strong>e (1877/78) in Wien mit dem EinladerSystem Werndl und dem Mehrlader System Kropatschek veranstaltet wurden,ergab sich, daß Werndl in 21 Minuten 600 Treffer (43%) und Kropatschekin 11 Minuten 900 Treffer (64,8%) erzielte.x) F ra n z v. D reyse (Sohn von Nikol. D.) konstruierte (1868) einenMehrlader unter Verwendung einer aus festem Schreibpapier gefertigtenZündnadelpatrone. Wurde <strong>di</strong>ese aber beschä<strong>di</strong>gt, so kam <strong>di</strong>e ganze Mehrladevorrichtungins Stocken.


Mehrlader mit Kolbenmagazinen. 93Magazins unmöglich ist. Zum Einfijllen der 7 Patronen in dasMagazin wird <strong>di</strong>eses entfernt, <strong>di</strong>e einzelnen Patronen werdenrvFig. 57, I— V.Das System Spencer.I Längsschnitt von rechts, geschlossen, geladen, Hahn gespannt, 2 Patronen im Magazin.II Geschlossen, Hahn gespannt, Ansicht von oben. III Längsschnitt von rechts, geöffnet,Hahn gespannt, ausgefeuerte Hülse am Auswerfer, eine Patrone au f dem Zubringer,eine Patrone im Magazin. IV Längsschnitt von rechts, Verschluß geschlossen,abgefeuert. V Patrone von Spencer, Hülse halbiert,a Verschlußblock mit s Zündstift, c Zubringer, e Druckfeder, h Auswerfer, k Achsedes Zubringers, b Hebelbügel, d Verbindungsbotzen zwischen Zubringer und Verschlußblock.f Patronenführer, p Patrone, r Kopf (oder Hut) der Magazinfeder, v Visier.darauf mit der Spitze nach vorn in <strong>di</strong>e Bohrung im Kolben eingeworfen.Dann drückt man <strong>di</strong>e Magazinröhre ebenfalls in


94 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)<strong>di</strong>e Bohrung und sichert sie durch Andrehen des Handgriffesan <strong>di</strong>e Kolbenkappe. Sobald eine Patrone vom „Zubringer“in den Lauf geschoben worden ist, drückt <strong>di</strong>e sich entspannendeMagazinfeder <strong>di</strong>e Patronensäule wieder vorwärts. Der Zubringerist der untere Teil des Verschlußblocks. Ein messerartigerAuszieher nimmt <strong>di</strong>e ausgefeuerte Hülse aus dem Laufe,der unter dem Drucke einer starken Spiralfeder sich feststellendeVerschlußblock wirft <strong>di</strong>e Hülse unter Mitwirkung des„Patronenführers“ aus. Zum Laden und Fertigmachen bedarfes der drei Griffe des Vorstoßens und Zurückziehens des Bügelsund des Hahnspannens. Um das Magazin aus der Tasche zuFig. 58.Das System Hotchkiss.Längsschnitt von rechts. K l Verschlußzylinder. K f Verschlußkopf. Sb Schlagbolzen mitb Schlagbolzenblatt. S1 Schlößchen. Ab Abzug mit st Stollen, ps Patronensperrer.A f Abzugsfeder. Si Sicherung. h Hut der Magazinfeder und w Sperrwarze für <strong>di</strong>eMagazinfeder, k Patronenzuführungskanal. 4 und 5 Patronen.füllen, bedarf ein geübter Mann <strong>di</strong>e Zeit von etwa einer Minute;er ist während <strong>di</strong>eser Tätigkeit „wehrlos“ , da <strong>di</strong>e Spencer-Waffenicht als Einlader gebraucht werden kann.Der (um 1875) von dem Amerikaner Hotchkiß konstruierteMehrlader ist eine Verbindung des Zylinderverschlussesmit Drehgriff und dem Kolbenmagazine. DasMagazin wird durch den geöffneten Verschluß hindurch mit5 Patronen gefüllt. Da das Magazin abgesperrt werden kann,vermag man <strong>di</strong>e Waffe auch als Einlader zu gebrauchen. ZumLaden und Fertigmachen bei Gebrauch des Magazins sind nurzwei Griffe, nötig.


Mehrlader mit Vorderschaftsmagazinen.95Obwohl <strong>di</strong>e Kolbenmagazine den Vorteil haben, daß sich bei ihrerEntleerung infolge Feuems keine fühlbare Verlegung des Schwerpunktes— wie bei den Vorderschaftmagazinen — geltend macht unddaß <strong>di</strong>e in ihnen untergebrachten Patronen nicht durch Schnellfeuererhitzt werden können, so zeigen sie doch andererseits große Nachteile.In ihrer älteren Konstruktion sind sie schwer zu füllen, in ihrer neuerennehmen sie nur wenige Patronen auf. Richtet man aber den Kolbenzum Fassen einer größeren Patronenzahl ein, so wird er entwederstark in den Wandungen geschwächt, oder zu plump. Es wurden eineganze Anzahl interessanter Konstruktionen <strong>di</strong>eser Art nach und nachbekannt gegeben, doch sind sie nirgends zur Einführung gelangt.B. Mehrlader mit Vorderschaftsmagazinen. Erfinder desVorderschaftsmagazines soll (vor 1850) ein gewisser Jenningsgewesen sein, gebraucht wurde es zuerst (dat. 14. II. 1854)an der Mehrlade.pistole der „Volcanic Repeating ArmsCo., New Haven, Conn., U. S. A.“ Als <strong>di</strong>ese Gesellschaft ihrenBetrieb einstellte, übernahm den Nachlaß <strong>di</strong>e „New HavenArms Co.“ , und deren Direktor B. T. Henry ließ sich eine dererwähnten Mehrladepistole genau entsprechende Gewehrkonstruktionwiederum (14. X. 1860) patentieren. Da das Magazinrohrnur von oben gefüllt und <strong>di</strong>e Waffe nicht als Einladergebraucht werden konnte, verbesserte sie Winchester(1865) in entsprechender Weise.Das längs und unter dem Laufe liegende Magazinrohr, das15 kurze Patronen zu fassen vermag, ist natürlich ebenfallsmit einer spiralförmigen Magazinfeder versehen; es wird vollstän<strong>di</strong>gvom Vorderschafte umschlossen. Gefüllt wird dasMagazin von seinem rückwärtigen Ende aus, und zwar in dergleichen Weise, wie es mit der einzelnen Ladung geschiehtund ohne daß das Gewehr aus der gewöhnlichen Ladestellunggebracht werden muß. Das Füllen des Magazins mit deneinzelnen Patronen vollzieht sich nach Belieben, so daß jederfreie Augenblick vom Schützen dazu benutzt werden kann,eine abgeschossene Patrone zu ergänzen. Der Schütze vermagjede in den Zubringer geschobene Patrone sofort abzufeuernoder in das Magazin zu schieben. Die Waffe ist bei leeremMagazin leicht als Einlader zu gebrauchen. Um 15 Patronenrasch nacheinander in das Magazin zu bringen, bedarf manrund eine Minute Zeit, um sie gezielt abzufeuern, 45 Sekunden.


96 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itSoll das leere Magazin gefüllt werden, so wird zunächst<strong>di</strong>e Magazinfeder mittels einem an ihrem hinteren Ende angebrachtenGriffe zusammengedrückt und in einem amFig. 59 a.Das System Henry & Winchester.Ansicht von links. Gehäusedeckel entfernt. Geöffnet, Zubringer hinauf«gedrückt, Schlagstift zurückgedrückt, Hahn gespannt. Die punktiertenKurven geben <strong>di</strong>e Stellung des gehobenen Bügelhebels an.vorderen Ende des Magazinrohres befindlichen Ansatz festgestellt.Hierauf bringt man <strong>di</strong>e 15 Patronen mühelos in dasMagazin. Dann wird der Magazinfedergriff vom Ansatz freigemacht,worauf <strong>di</strong>e nun freiwirkende Magazinfeder <strong>di</strong>eGeöffnet wie bei Fig. 59 a.Fig. 59 b.Henry-Büchse.Vor dem Verschlufigehäuse der Magazinfedergriff.Patronen abwärts drückt. Dabei tritt jeweils <strong>di</strong>e unterstePatrone in den kastenartigen Zubringer, der sich in dem denKolben und den Vorderschaft verbindenden Verschlußgehäuseeingelagert findet. Wird der Bügelhebel des Verschlusses nach


Mehrlader mit Vorderschaftsmagazinen.97vorn gestoßen, so hebt sich der Zubringer bis vor das rückwärtigeLaufende. Zugleich wird der Verschlußkolben „Stempel”“) nach rückwärts gedrängt und der Hahn des Mittelschlossesgespannt. Beim Zurückziehen des Bügels senkt sichder Zubringer wieder und nimmt neuer<strong>di</strong>ngs eine aus demMagazin abwärtsgedrückte Patrone auf; der Verschlußkolbengeht vor und bringt <strong>di</strong>e erste Patrone in ihr Lager im Laufe.Der beim Anziehen des Abzugs vorschnellende Hahn wirft denVerschlußkolben, dessen (angeschraubter) Kopf zwei einandergegenüberstehende Spitzen trägt, gegen <strong>di</strong>e geladene Patroned. h. gegen deren Bodenrand, in dem das Zündpräparat eingelagertist. Beim Öffnen des Verschlusses wird <strong>di</strong>e ausgefeuerteHülse durch einen Auszieher mit Auswerfer hinausgefedert.Zur größeren Sicherheit des Verschlusses wird derBügelhebel — ähnlich wie bei einigen- Blockverschlüssen(z. B. Sharps, Martini, Comblain) — durch Einschnappenseines Schwanzstückes in einen am Kolbenhalse angebrachten,federnden Ansatz festgestellt. Gesichert wird durch langsamesVorlassen des Hahnes, doch ist eine solche Sicherung nichteinwandfrei. Zum Fertigmachen bedarf es bei gefülltemMagazine nur zweier Griffe (Vorstoßen und Zurückziehen desBügels).Das bei dem Aarauer Wettbewerbe (1867) auftretende H en ry-W in ch e ste r - M e h rla d e g ew e h r fand viele Beachtung. Angenommenwurde es zur Bewaffnung (1870) von Frankreich, wo es (von1871 bis 1878) der Gendarmerie auf Korsika und der Marineinfanterie<strong>di</strong>ente. Die Plewna (1877) vertei<strong>di</strong>gende türkische Infanterie verwendete<strong>di</strong>esen Mehrlader ebenfalls, und zwar zur erfolgreichen Abwehrder auf 400 bis 500 m an <strong>di</strong>e Werke herangekommenen Sturmangriffeder Russen.Fr. V e tte rli verbesserte das Henry-Winchester-Magazin,bewegte aber (1867) den Mechanismus nicht durch einenBügel, sondern durch einen auf den Zubringer und auf denHahn eines Mittelschlosses wirkenden, verriegelbaren Verschlußkolben.Dadurch erreichte er zwar, daß beim Laden der linke Arm desSchützen einen nicht so kräftigen Widerstand beim Vorstoßen desBügels zu leisten hatte und daß sich <strong>di</strong>e Waffe leichter in liegenderG ü n t h e r , Geschichte der Handfeuerwaffen. 7


98 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Stellung be<strong>di</strong>enen ließ; aber das Zurückziehen des Verschlußkolbenserforderte wiederum viel Anstrengung und das Gewehr konnte nichtals Einlader gebraucht werden.Fig. 60. Das System Vetterli von 1867.Verschlußzy linder zurückgezogen, Hahn gespannt, Zubringer gehoben,Deckel der Ladeöffnung gesenkt.So kam (1868) Vetterli zu seinem sich se lb s t s p a n n e n ­den Z y lin d e rv e rsch lu ß mit Drehbewegung (vgl. S. 83), derin V e rb in d u n g mit dem M ag a zin syste m trat. VetterliFig. 61. Das System Vetterli 1869/81.Längsschnitt von rechts. Abgefeuert, x Verschlußzylinder. 2 Auszieher. 3 Nuß. 4 Schlaggabel.5 Schlagstift. 6 Schlagfeder. 7 Federgehäuse. 8 Schraubenmutter. 9 Grenzstift für<strong>di</strong>e Zurückbewegung des Verschlußzylinders, a Zubringer, b Kniehebelarm. c Kniehebelfeder,d Abzugsbügel, e Schraube zum Befestigen des Zubringermechanismus im Gehäuse, f Drehachsedes Kniehebels.sah davon ab, <strong>di</strong>e Magazinfeder durch einen besonderen Handgriffzu spannen. Die Patronen werden einfach von der Zubringeröffnungim Verschlußkasten aus in das Magazinrohrgedrückt, wobei sich <strong>di</strong>e Magazinfeder von selbst zusammen­


Mehrlader mit Vorderschaftsmagazinen.99preßt. Der Zubringer wird durch einen winkelförmigen „Kniehebel“auf- und abwärts bewegt; der kürzere Arm des Kniehebelsgleitet in der Nut des Verschlußzylinders und erteilt,von beiden Endflächen <strong>di</strong>eser Nut gedrückt, dem längeren inden Zuschieber reichenden Arm, und damit dem Zuschieberselbst, <strong>di</strong>e hebende und senkende Bewegung. Wird der Verschlußzylinderzurückgezogen, so hebt sich der Zubringer in<strong>di</strong>e Höhe des Patronenlagers und wirft dabei <strong>di</strong>e von dem imVerschlußzylinder eingelegten Auszieher mitgenommene leerePatronenhülse aus. Beim Vorschieben des Verschlußzylinderswird <strong>di</strong>e im Zubringer liegende Patrone in ihrer Lage im Laufegeschoben, indes <strong>di</strong>e hintere Fläche der an der Unterseite desVerschlußzylinders angebrachten Kniehebelnute den kurzenArm des Kniehebels nach vorn stößt. Der lange Kniehebelarmsenkt sich und der Zubringer mit ihm; <strong>di</strong>eser nimmt ausdem Magazin eine neue Patrone auf. Mit gefülltem Magazin( n Patronen im Magazin, x Patrone im Zubringer, i imLauf) und regelmäßigem Nachfüllen kann ein nicht ganz ungeübterMann 75 gezielte Schüsse in 5 Minuten abgeben. Beieinfacher Benutzung des Magazins bedarf es nur zweier Ladegriffe.Das Gewehr kann auch als Einlader gebraucht werden.Das M eh rlad e -S ystem V e tte rli wurde nach Beschlußder schweizerischen Bundesversammlung (8 .1. 1869) für <strong>di</strong>eNeubewaffnung der schweizerischen Infanterie und der Dragonerschwadronenangenommen1).Das (1871) für den österreichisch-ungarischen Gendarmerie<strong>di</strong>enstangenommene Mehrladegewehr von F ru h w irthzeigt eine andere Verbindung des Zylinderverschlußsystemsmit dem Vorderschaftsmagazin. Ersteres stimmt mit dem vonBerdan (11/1872) fast überein, letzteres wurde dem vonVetterli konstruierten nachgebildet. Eigenartig dagegen erscheint<strong>di</strong>e Art der Mehrladevorrichtung mit löffelförmigem!) Das „s c h w e ize ris c h e R e p e tie rg e w e h r“ System V e tte rlierfuhr später mehrfache Abänderungen. Das Visier, das ursprünglich von225— 1000 m Entfernung reichte, wurde (1878) bis auf 1200 m und (1881)auf 1600 m gesteigert. An <strong>di</strong>e Stelle des Stichbajonetts trat (1878) ein Seitengewehrmit Sägerücken. Der Verschlußkasten verlor (1878) alle unnötigenTeile („Magazinsperre“ , „Magazindeckel“ , „Zylinderdeckel“).7*


100 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itZubringer. Dieser en<strong>di</strong>gt hinten mit einem durchbohrtenZapfen, der das Mittelstück des Scharniers im Gehäuse bildetund durch welchen <strong>di</strong>e Achse des Zubringers greift. Zur Betätigungdes Zubringers <strong>di</strong>enen <strong>di</strong>e „Zubringerfeder“ , der„Druckstift“ , das „Leitstück“ und <strong>di</strong>e „Leitstückfeder“ . —Beim Zurückziehen des Verschlusses drückt der Zylinder dasLeitstück zurück, wobei <strong>di</strong>e Nase des Zubringers unter demDrucke der Zubringerfeder aufwärts in einen Einschnitt desLeitstückes einspringt. Nach Vollendung der Rückwärtsbewegungdes Verschlusses tritt das Leitstück wieder vor.Beim Vorschieben des Verschlußzylinders führt <strong>di</strong>eser <strong>di</strong>e aufdem Zubringer mit der Geschoßspitze schräg nach obenliegende Patrone in ihr Lager im Laufe. Gleichzeitig wird dasLeitstück wieder zurückgedrängt. Bei der nun folgendenRechtsdrehung des Verschlußzylinders geht der Druckstiftnach abwärts und entfernt <strong>di</strong>e Nase des Zubringers aus demEinschnitte des Leitstückes. Der Zubringer dreht sich umseine Achse nach unten und nimmt aus dem Magazin eineneue Patrone auf. Das Füllen des Magazins geschieht beigeöffnetem Verschlüsse, indem man <strong>di</strong>e erste Patrone in denLauf, <strong>di</strong>e zweite in den Zubringer führt und sodann <strong>di</strong>e folgendenfünf nachdrückt, bis <strong>di</strong>e letzte im Zubringer bleibt. Eineentsprechend eingerichtete Magazinsperre hält, wenn vorgeschoben,den Zubringer im gehobenen Zustande fest, wobei<strong>di</strong>e Waffe trotz gefülltem Magazine als Einlader gebrauchtwerden kann. Angeblich ist das Gewehr in 12 Sekunden mit7 Patronen zu füllen, <strong>di</strong>e unter Anwendung von je zwei Ladegriffenin 16 Sekunden verfeuert werden können.Verbessert wurde <strong>di</strong>eses System (1875) durch den damaligenk. und k. Artilleriehauptmann und jetzigen FeldzeugmeisterR itte r v. K ro p a tsch e k. Er ließ das Leitstück und denDruckstift fortfallen und bildete den Zubringer in einenWinkelhebel um, dessen rückwärtiger Arm — wie der kurzeArm des Kniehebels des Systems Vetterli (vgl. S. 99) — ineine am Verschlußzylinder angebrachte Nute eingreift, währendder vordere, löffelartig ausgehöhlte Arm <strong>di</strong>e Patrone aufnimmt.Um den Zubringer vor dem Laden unten festzuhalten


Mehrlader mit Vorderschaftsmagazinen. 101und beim Laden <strong>di</strong>e Aufwärtsbewegung schnellend zu machen,ist der Zubringer unten mit zwei symmetrisch angeordnetenKeilflächen versehen, auf welche eine aufwärts wirkende Zubringerfederdrückt. Je nachdem <strong>di</strong>e Zubringerfeder auf <strong>di</strong>eeine oder <strong>di</strong>e andere Keilfläche wirkt, stellt sie den Zubringerfest, oder schnellt ihn aufwärts1).Die Mehrladevorrichtung nach Fruhwirth und v. Kropatschekfand — jeweils mit einigen kleinen Abänderungen derFig. 62. Das System Fruhwirth und Kropatschek. Franz. Marine-Mehrlader von 1877.G Gehäuse mit hinterem Absatz a, an dem <strong>di</strong>e Abzugsfeder A f angebracht ist. St Abzugsstange.Z Zubringer. V k Verschlußkopf mit A z Auszieher. K l Zylinder m it Griff.Sb Schlagbolzen. S1 Schlößchen und M Muff, w W arze des Zubringers, <strong>di</strong>e als Auswerfer<strong>di</strong>ent, f Zubringerfeder. Zg Zubringergehäuse. P s Magazinsperre. 6 Patroneim Magazin. 7 Patrone auf dem Zubringer.ursprünglichen Konstruktion — Annahme für das fr a n z ö ­sisch e M arin egew e h r von 1878, für das n o rw e g isch eM eh rlad e gew eh r S ystem J a rm a n n von 1880, für dasd eu tsch e M eh rla d e gew eh r „M auser und C o m m ission1871/84“ , für das p o rtu g ie s isch e M eh rla d e gew eh r von1886, für das tü r k is c h e M eh rla d e g ew eh r S ystemM auser von 1887 und für das fra n zö s is c h e M e h rla d e ­g e w e h r von 1886 (sog. „ F u s il L e b e l“ ).!) Beim System K ro p a tsc h e k ist der Zubringer selbst mit dem Kniehebeldes Zubringers von Vetterli verbunden und das Feststellen usw. desZubringers erscheint als eine glückliche Verwertung der entsprechendenAnordnung am Werndl-Verschlüsse.


10 2 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Gegenüber der Mehrladevorrichtung von Vetterli zeigt <strong>di</strong>e vonKropatschek den Nachteil, daß <strong>di</strong>e Patronen bei geöffnetem Verschlüssein das Magazin von oben her eingeschoben werden müssen, was <strong>di</strong>ckenoder froststarren Fingern nicht immer gut möglich ist. — Daß dasZuschiebersystem Vetterlis vor dem von Fruhwirth-Kropatschekzurückstehen mußte, erklärt sich wohl daraus, daß es ein Vorderschaftund Kolben verbindendes Verschlußgehäuse verlangte, indes der Fruhwirth-Kropatschek-,,Löffel“im ungeteilten Schafte untergebracht werdenkonnte. Nach altem Glauben hielt man <strong>di</strong>esen aber als einzigpassend für eine große Kriegshandfeuerwaffe.C. Ansetzbare Magazine (Schnelladevorrichtungen). Das Vorgehender schweizerischen Eidgenossenschaft, <strong>di</strong>e sich 1869entschloß, einen Mehrlader anzunehmen, fand zunächst keineNachahmung, sondern im Gegenteil wenig Beifall. Gegenden Mehrlader wurden ungefähr <strong>di</strong>e nämlichen Tadel geäußertwie seinerzeit gegen das Zündnadelgewehr. Erst alsFig. 63. Der Patronenblock der Providence Tool Company.Gefüllt am englischen Infanteriegewehr von 1871, System Martini,angesteckt.<strong>di</strong>e Kämpfe um Plewna den blutigen Beweis erbracht hatten,daß der Mehrlader dem Einlader überlegen sei, nahmen fastalle europäischen Heere (seit 1877) <strong>di</strong>e Prüfung von Mehrladesystemenauf, und zehn Jahre später waren alle mitteleuropäischenInfanterien sowie <strong>di</strong>e Italiens, der Niederlande,Norwegens und der Türkei mit Mehrladern versehen, <strong>di</strong>e inRücksicht auf <strong>di</strong>e ballistischen Leistungen den bisher vonihnen geführten Einladern entsprachen.Um den hauptsächlichsten Übelstand zu vermeiden, derden Röhrenmagazinen anhängt — daß nämlich <strong>di</strong>e Patroneneinzeln eingeführt werden müssen — kam man auf den Gedanken,je 5 bis 10 Patronen in Paketen unterzubringen, <strong>di</strong>ean dem gewöhnlichen Einlader entsprechend angesetzt, nachdem Entleeren leicht entfernt und rasch durch andere, gefüllte


Kastenmagazine. 103ersetzt werden konnten. Diesen Vorschlag machte zuerst(1866) für das Zündnadelgewehr der Ingenieur W. P ar je inOffenbach a. M .; er fand keine Beachtung in Europa, wohlaber in den Vereinigten Staaten von Nordamerika, wo derGedanke weiter ausgebildet wurde.So legte (1877) <strong>di</strong>e P ro v id e n c e T ool Co. einen hölzernenBlock mit 8 Patronenlöchern und abzureißendem Deckel vor,der an der rechten Seite des Gewehres zwischen Verschlußund Visier angeklemmt, dem Soldaten das Ergreifen dereinzelnen Patrone in der Tasche ersparen soll. Die türkischeInfanterie benutzte bei Plewna (1877) <strong>di</strong>esen Schnellader fürdas Martini-Gewehr. Eine Nachahmunglegte (1879) K r n k a vor;eine oben offene Kartonschachtelfür 10 Patronen, <strong>di</strong>e rpittels eineseinfachen, federnden „Halters“an das Gewehr angesetzt wurde.Dieser „chargeur rapide“ wurdein Rußland und Belgien geprüft,fand aber keinen Beifall.D. Kastenmagazine (Mittelschaftsmagazine).Die „L eeA rm s C om pan y B rid g e p o rt Fig. 64 a. Lee-Magazin.(Conn.) stellte (1879) das erste Gefüllt mit 5 Patronen. Vonlinks gesehen.kriegsbrauchbare M itte l­r winkelförmige Rippe zur Führung dersc h a fts m a g a z in in Form eines eingelagerten Patronen, d Rippe zurFührung des Magazins im Verschlußgehäuse.f Patronenhaltefeder mitunter der Verschlußöffnung derk Knopf, g R ast, in <strong>di</strong>e der Magazinhalteram Gewehr eintritt.Waffe angebrachten Kastens ausStahlblech her, in dem eine amBoden eingelagerte “\AT-f0rmige Feder <strong>di</strong>e auf ihr ruhendenPatronen dauernd nach aufwärts drückt. Ursprünglich gingder Erfinder von dem Gedanken aus, daß das gefüllte, in derPatronentasche vom Schützen mitgeführte Magazin nur dannin den geöffneten Mittelschaft der Waffe eingeschoben werdensollte, wenn besondere Gefechtsaufgaben (Schnellfeuer) <strong>di</strong>eserforderten. Sehr bald erkannte man jedoch, daß <strong>di</strong>e Erfindungnur dann wirkliche Vorteile zeigen werde, wenn das Kasten­


IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itmagazin ein für allemal mit der Waffe verbunden bleibe1).So trat denn an <strong>di</strong>e Stelle des beweglichen Magazins ein festesMittelschaftsmagazin, in dem der Zubringer und <strong>di</strong>e Zubringerfederuntergebracht sind.Von solchen Kastenmagazinen werden gegenwärtig folgendeKonstruktionen unterschieden.I. Das Mannlicher Magazin (österreich-ungarisches Gwehr 86, 88 usw., deutsches Gewehr 88, Karabiner 88, Ge-Fig. 64 b. Das System Lee (1879).h ist der Magazinhalter mit Daumengriff.wehr 91, rumänisches und niederlän<strong>di</strong>sches Gewehr von 1893)ist ein senkrechter, unten offener Kasten, in den <strong>di</strong>e ineinem „Patronenrahmen“ („Patronenspange“ , „Paket“ ,„Magazin“ ) vereinigten (5) Patronen bei geöffnetem Verschlüssemit einem Griffe von oben her eingeschoben werden.Der Patronenrahmen hat eine Rückwand und zwei nach einwärtsfedernde Seitenwände („Lippen“ ) von Stahlblech; obenund unten (an den beiden Schmalseiten) ist er offen, dochverhindern <strong>di</strong>e einwärts gebogenen Ränder das Herausfallen*) Auch gegen das M itte lsch a ftsm a g a z in wurden viele Bedenkenerhoben, <strong>di</strong>e uns heute recht sonderbar erscheinen. Vor allem warf man <strong>di</strong>eBehauptung auf — wie bei jeder waffentechnischen Neuerung — daß derMunitionsverbrauch ins Ungemessene sich steigern werde. Dies ist nunfreilich zur Tatsache geworden, aber nur bei den Infanterien, <strong>di</strong>e keinewirkliche Feuer<strong>di</strong>sziplin besitzen. Und, solche Krieger „verschossen“ sichauch im Zeitalter der glatten Vorderlader.


Kastenmagazine. 1 05Fig. 65 a und b. Festes Lee-Magazin. Längsschnitt des nordamerikanischenMarine-Mehrladers von 1895. a Verschluß geöffnet, b ErstePatrone abgefeuert.Fig. 66 a und b. Das System Mannlicher. Längsschnitt des Verschlusses,von links gesehen, des österreichisch-ungarischen Repetiergewehrs von 1895.a Verschluß geschlossen, abgefeuert, Magazin leer mit gehobenem Zubringer.b Verschluß geöffnet, gespannt, Magazin mit einem Rahmen(5 Patronen) gefüllt.


IOÖ IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)der Patronen. Beim Vorschieben des Verschlußzylinders faßtdessen Kopf <strong>di</strong>e oberste der im Magazin untergebrachtenPatronen, <strong>di</strong>e also in ihr Lager im Laufe gelangt. Die übrigenwerden unter demDrucke der Zubringerfederso weit gehoben,daß immer eine Patroneobenan steht. Istder Rahmen (Gewichtleer = 19 g) entleert,so fällt er aus derÖffnung im Magazinbodenheraus.II.aMagazin (Gewehre seitFig. 66 c. Mannlicher Patronenrahmen (a) 1889, deutsches Gewehr98) ist ein senk­im Magazin des rumänischen Mehrladersvon 1893.rechter, unten geschlossenerKasten mit plattenförmigem Zubringer und entsprechenderZubringerfeder. Zum Füllen des Magazins <strong>di</strong>entein „Ladestreifen“ („Ladespange“ ), d. h. ein schmaler, ge-Fig. 67 a. Neueres Mauser-Magazin (Längenschnitt). Zwei Patronenreihenim Kasten des deutschen Mehrladers von 1898.bogener, federnder Blechstreifen, in dessen Falzen <strong>di</strong>e Patronenmit Wülsten eingereiht sind. Zum Füllen des Magazins wirdder Streifen in einen entsprechenden Ausschnitt der Verschlußhülseeingesetzt und durch Fingerdruck in den Kasten entleert.


Kastenmagazine. 107Der Streifen wird dann von Hand entfernt oder beim Vorschiebendes Verschlusses selbsttätig abgeschoben. In denälteren (tieferen und breiteren) Mauser-Magazinen liegen <strong>di</strong>ePatronen lose übereinander,in den neueren (flacherenund schmäleren), <strong>di</strong>e sichmit dem Schafte vergleichen,stehen 5 Patronenin zwei Reihen nebeneinander,was durch <strong>di</strong>eRippe des Zubringers bewirktwird.Das Mauser - Magazinfindet sich beweglich an- Fig. 67 b. Mauser-Ladestreifen,geordnet und mit Verwendungvon „Ladeschachteln“ auch beim schweizerischen RepetiergewehrModell 1889/96.III. Das ursprüngliche Lee-Magazin ist am englischenMehrladegewehr von 1889 (System L ee-M etford) vorhandenund besteht aus einem senkrechten, stahlblechernen Kasten,der von unten ins Gehäuse eingeschobenund in <strong>di</strong>esem rückwärtsdurch den Magazinhebel — den <strong>di</strong>eAbzugsfeder bestän<strong>di</strong>g nach vorndrückt — und vorne durch einenam Gehäuse befestigten Ring gehalten.Das Magazin faßt (in zweiLagen) 10 Patronen, <strong>di</strong>e stets beiabgenommenem Magazin einzelneingefüllt werden; <strong>di</strong>e nach einwärtsfedernden Lippen des Magazinsverwehren den Patronen den Krag und Jörgensen-Magazin.Fig. 68 a.Austritt nach oben.Querschnitt des dänischenMehrladers von 1889. Magazingefüllt.IV. Das Krag-Jörgensen-Magazin(dänisches Gewehr von 1889,Vereinigte Staaten Landheergewehr von 1892, norwegischesGewehr von 1894) ist ein wagerechter Kasten mit seitlicher


108 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itnach vorwärts (oder neuer<strong>di</strong>ngs nach abwärts sich öffnenderTüre. In der Absicht, ein Hervorragen des Magazins über<strong>di</strong>e allgemeine Oberfläche der Waffe zu vermeiden, hat man<strong>di</strong>e Magazinsfüllung nicht übereinander, sondern nebeneinanderliegend angeordnet. Die Patronen sind zu je 5 Stück in einemBlechkästchen vereinigt, das an <strong>di</strong>e Magazinöffnung gehalten,entleert und dann beseitigt wird. Dem Drucke einer Federfolgend, gelangen <strong>di</strong>e Patronen durch eine Öffnung in derlinken Wand des Verschlußgehäuses vor den Verschlußkolben.Fig. 68 b. Ansicht von rechts mit geöffnetem Verschluß,leerem Magazin und geöffneter Magazinklappe.Das Magazin kann bei geschlossenem Verschlüsse und auchmit einzelnen Patronen gefüllt werden.Als E in la d e r sind M auser, Lee und K ra g - J ö rgen senzu verwenden, letztere beiden haben zu dessen Ermöglichungeine Magazinsperre, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Wirkung der Zubringerfeder aufhebtund den Patroneninhalt des Magazins bewahrt.Das moderne Infanteriegewehr.Das Infanteriegewehr unserer Zeit kennzeichnet sich durchden sich selbst spannenden Z y lin d e rv e rsch lu ß , das M itte l­s c h a fts m a g a z in , den L a u f m it k le in s te r S e e le n w e ite8— 6 mm) sowie durch das g e p a n z e rte G esch oß und das


Das moderne Infanteriegewehr. 109für dessen gehörige Fortbewegung benötigte ra u ch s ch w a ch eT re ib m itte l.Die Zylinderverschlußsysteme sind <strong>di</strong>e einzigen, bei denen<strong>di</strong>e Bewegung des Verschlusses <strong>di</strong>e Patrone selbsttätig in ihrLager im Laufe bringt und <strong>di</strong>e am einfachsten <strong>di</strong>e Patronenzufuhraus dem Magazine in <strong>di</strong>e Patroneneinlage bewirken.Wir unterscheiden gegenwärtig „G e ra d e zu g “ - und „D r e h ­v e rs c h lü s se “ . Letztere weichen nur in kleinen Einzelheitenvon den bereits früher hier beschriebenen ab. Unter denG e ra d e zu g v e rsch lü ssen sind besonders der Verschluß vonM an n lich er (1884 konstruierte) und der sc h w e iz e risc h e(von 1889/96) zu erwähnen. Bei beiden ist das Schloß im Verschlußzylinderuntergebracht, der auch den Auszieher trägt undder Abzug im Verschlußgehäuse gelagert. Die Verriegelung desVerschlusses erfolgt durch zwei entweder am Verschlußkopfe(Mannlicher) oder an der „Verschlußhülse“ (Schweiz) symmetrischangebrachte Verschlußwarzen Terryscher Art („Stützwarzen“), <strong>di</strong>e bei geschlossenem Verschlüsse in <strong>di</strong>e entsprechendenAusnehmungen des Verschlußgehäuses eingreifenund das Zurückweichen des Verschlußzylinders verhindern.Beim Öffnen des Verschlusses, d. h. dem einfachen Zurückziehendes Zylinders am Griffe, treten <strong>di</strong>e Verschlußwarzeninfolge einer Drehung der Verschlußhülse („Verschlußstück“ )um 900 aus den Ausnehmungen im Gehäuse heraus und gelangenin <strong>di</strong>e zur Führung des Verschlußkolbens bestimmtenLängsnuten des Gehäuses; der Verschluß wird dadurch entriegelt.Soll der Verschluß geschlossen werden, so wird er amHebel („Griff“ ) vorgestoßen; der Hebel ist nicht zu senken.Die Geradezugverschlüsse zeigen den Nachteil, daß <strong>di</strong>e Lüftungder ausgefeuerten Patronenhülse nach dem Schüsse einen verhältnismäßiggroßen Kraftaufwand erfordert. Die Waffe muß beim Öffnendes Verschlusses mit dem Kolben gegen <strong>di</strong>e Schulter gepreßt werden,um den nötigen Widerstand zu gewinnen. — Dagegen zeigen <strong>di</strong>e Geradezugverschlüsseden Vorteil, daß sie bei geöffnetem Verschlüsse gesichertwerden können, was namentlich für das gefahrlose Laden derWaffe (z. B. innerhalb einer in Marschkolonne aufgestellten Truppe)in Betracht fällt.Über <strong>di</strong>e M itte ls c h a fts m a g a z in e vgl. S. I03ff.


H O IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Die S e e le n w e ite des L a u fe s , <strong>di</strong>e zwischen 1850 und1860 von 18 auf 14 mm, zwischen 1860 und 1885 auf 11,5,11 und bis 10,15 mm herunterging, ist seitdem auf 8, 7,7,7>63, 7»5> 7> 6,5 und in einem Falle (nordamerikanischesMarinegewehr von 1895) sogar auf 6 mm herabgesetzt worden.Nachdem W. v. P lo e n n ie s (zwischen 1862 und 1871) <strong>di</strong>e wissenschaftlichenGrundlagen für <strong>di</strong>e Konstruktion kleinkalibriger Geschossegegeben hatte, begann <strong>di</strong>e Technik sich mit dem Bau von Läufenkleiner Seelenweite zu beschäftigen. Der damalige Stand der Waffentechnikerlaubte es aber nicht, Läufe von einer Seelenweite unter 10oder höchstens 9 mm herzustellen. Über<strong>di</strong>es genügten <strong>di</strong>e ballistischenLeistungen des n mm-Kalibers den Taktikern, <strong>di</strong>e freilich zugleicheine Herabsetzung des Munitionsgewichtes wünschten, um dem einzelnenManne eine möglichst große Zahl von Patronen zuweisen zukönnen. Gerade <strong>di</strong>eser Gedanke brachte <strong>di</strong>e sogenannte „ K a lib e r ­fra g e “ (seit 1878) wieder in Fluß. Der Direktor der eidgenössischenMunitionsfabrik in Thun, Artillerieoberst E d u a rd R u b in , und IngenieurF. W. H e h ler prüften <strong>di</strong>e verschiedenen Kaliberstufen undfanden dabei, daß das einzige Mittel zur Verminderung des (beim11 mm-Kaliber sehr lästigen) Rückstosses der Waffe <strong>di</strong>e möglichsteVerringerung der Seelenweite und des Geschoßgewichtes sei. Sie erkanntenferner, daß das kleinere Kaliber eine leichtere Munition, einegrößere Rasanz der Flugbahn des Geschosses — also größere bestricheneRäume — , größere Treffsicherheit und Durchschlagskraft desGeschosses erziele.Da man inzwischen auch ein kräftiges Treibmittel in dem r a u c h ­s ch w a c h e n P u lv e r gewann und g e p a n ze rte G esch osse (vgl.S. 130) zu schaffen vermochte, sowie imstande war, widerstandsfähigeLäufe von selbst 5 mm Seelenweite herzustellen, konnte (seit 1885)an <strong>di</strong>e Herabsetzung des Kalibers unter 8 mm gedacht werden.Portugal (1885) und Frankreich (1886) nahmen zuerst <strong>di</strong>e Seelenweitevon 8 mm für <strong>di</strong>e Läufe ihrer neuen Infanteriegewehre an.Frankreich führte zugleich das vom Ingenieur V ie ille (1885) erfundenerauchschwache Pulver („Poudre B“) sowie ein Kupfermantelgeschoßein.Ganz abgesehen von den stark gesteigerten ballistischenLeistungen, <strong>di</strong>e das sogenannte „kleinste Kaliber“ erzielt,fällt insbesondere auch in Betracht, daß <strong>di</strong>e Munition der Gewehremit Läufen unter 8 mm ganz erhebliche Gewichtsverringerungenaufweisen. Zum Vergleiche sei folgende kleineÜbersichtstafel gegeben.


Das moderne Infanteriegewehr.IIIBezeichnung der PatroneDurchmesserdesGeschossesmmEs wiegen100 PatronengPreußisches Zündnadel 1841/55. Papierhülse 13.6 3850Deutsches Gewehr 71 (Mauser). Messinghülse 11 4200Schweizerisches Vetterli 71/81. Tombakhülse 10,45 3040Türkisches Mauser 8 7 ................................ 9,5 3600Deutsches Gewehr 8 8 ................................ 7.9 2788Schweizerisches Gewehr 89/96 . . . . 3 7.5 2750Spanisches Mauser 9 3 ................................ if 7 2460Italienisches Gewehr 9 1 .......................... £ 6.5 2200Vereinigte Staaten Marinegewehr 95 . J 5.99 2018Nimmt man das zulässige Gewicht der Munitionsausrüstungdes Mannes mit 4000 g an, so vermag ein mit einem5 mm-Gewehr Bewaffneter rund 275 Patronen zu tragen gegen140 des 8 mm-Gewehrs. Namentlich <strong>di</strong>ese Tatsache ließ eswünschenswert erscheinen, zu Läufen von 5 mm Seelenweitezu greifen. Wirklich soll es auch dem k. u. k. technischenMilitärkomitee gelungen sein, ein den technischen Forderungenentsprechendes 5 mm-Gewehr zu konstruieren. Die Erfahrungenjedoch, welche <strong>di</strong>e Kriegschirurgen (seit 1897) mit denkleinkalibrigen Geschossen machten, zeigten, daß Infanteriegeschossevon einem geringeren Durchmesser als 8 mm zumguten Teile keine genügend schweren Verwundungen herbeizuführenvermögen1). Ihnen fehlt <strong>di</strong>e sogenannte „A u f-h a lte k r a ft“ („stopping power“ ).Die großen Gasspannungen (bis zu 3000 Atm.), <strong>di</strong>e <strong>di</strong>erauchschwachen Pulverladungen hervorrufen, machen es notwen<strong>di</strong>g,als Material für den Lauf eine sehr zähe, feste und!) Von rund 36000 ru ssisch en — im mandschurischen Feldzuge(1904/05) — V erw u n d eten konnten fast 17000 im Verlaufe von kaumdrei Monaten wieder in <strong>di</strong>e Front zurückkehren; durchschnittlich xo°/0 derrussischen Verwundeten wurden überhaupt nicht kampfunfähig. — Diejapanische Infanterie führte zum größeren Teile ein 6,5 mm- und zumkleineren Teile ein 8 mm-Gewehr. „Kriegserfahrung wie Experimentzwingen uns, ein größeres Kaliber anzustreben; nur damit kann ein genügenderErfolg erzielt werden.“ Vgl. Dr. med. E u gen B irch e r, eidgenössischerInfanterieoberleutnant, „Die Bedeutung der Schußwunden inkriegschirurgischer und taktischer Hinsicht. (Frauenfeld 1908).


Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.i112 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)harte Stahlart zu wählen (Tiegelgußstahl mit Zusatz vonNickel, Chrom oder Wolfram), <strong>di</strong>e eine Zugfestigkeit vonrund 60 kg für das Quadratmillimeter besitzt. Die Metallstärkedes Laufes („Mantelstärke“ , „äußerer Durchmesser“ ) nimmtnatürlich vom rückwärtigen Laufende bis zur Mündung hinab, weil der Gasdruck in der Richtung nach vorwärts abnimmt.Die Gestalt des Laufes gleicht also einem hohlen,abgeschnittenen Kegel, dessen Metallstärke am Gewinde 5 bis9 mm und an der Mündung 3,5 bis 4 mm beträgt. Mit Rücksichtauf <strong>di</strong>e (1200 bis 1300 mm betragende) ganze Länge derWaffe soll der Lauf durchschnittlich 80 Kaliber (640 mm)lang sein. Je kleiner <strong>di</strong>e Seelenweite, desto weniger Züge sinderforderlich; meistens werden ihrer vier eingeschnitten, esmüssen aber wenigstens deren drei sein. Da schmale Felderund breite Züge <strong>di</strong>e Geschoßreibung vermindern, so machtman <strong>di</strong>e Züge bis doppelt so breit als <strong>di</strong>e Felder. Weil zu tiefeZüge von glatten Geschossen nicht genügend ausgefüllt werdenund schwierig, zu reinigen sind, macht man <strong>di</strong>e Züge nichttiefer (0,125 bis 0,350 mm), als zur sicheren Geschoßführungnotwen<strong>di</strong>g ist. Fast alle modernen Läufe haben einen gleichmäßigen(„konstanten“ ) Drall, der gewöhnlich 30 Kaliber(1 Umgang auf 240 mm für <strong>di</strong>e 8 mm-Seelenweite) beträgt.Um das Flimmern der Luft über dem vom Schießen erhitztenLaufe zu vermeiden und um den Gebrauch des Gewehresauch bei andauerndem, raschen Feuern zu ermöglichen,d. h. <strong>di</strong>e Hand vor Verbrennungen zu schützen, erhältder Lauf einen „Mantel“ (früher) aus Metall oder (jetzt)einen hölzernen „Handschutz“ , der entweder nur einen Teilder Oberseite des Laufes oder <strong>di</strong>esen ganz umgibt1).D ie Z ie lv o rric h tu n g e n . Die Rahmenvisiere sowie <strong>di</strong>eTreppen- und Rahmenvisiere werden bei den neuesten Gewehrmusternmeist durch Quadranten-Visiere ersetzt, <strong>di</strong>e nur eineKimme aufweisen. Das Blatt des Visiers des deutschen Gewehrs98 hat einen „Schieber“ , der sich auf dem „Visierfuß“x) Einen H an d sch u tz in Gestalt des sogenannten „Brandriemens“ ,den der Mann in der linken Handfläche trug, kannte bereits <strong>di</strong>e mit derBajonettflinte bewaffnete Infanterie.


Das moderne Infanteriegewehr.113vor- und rückwärts bewegen und mittels Federdruck auf denverschiedenen „Visiermarken“ (Striche) einstellen läßt. DasVisier des englischen Gewehrs System Lee-Metford von 1903läßt sich nicht nur auf je 100, sondern sogar auf je 45,7 m(50 Yards) einstellen; der <strong>di</strong>e Kimme tragende Teil des Visiersist durch Drehung der unter ihm angebrachten Schraube seit-Fig. 69 a. Visier des deutschen Gewehrs 98.lieh zu bewegen, um <strong>di</strong>e beim Schießen auf große Entfernungenhin oft sehr lästig werdenden Einflüsse von Luftströmungenauf das fliegende Geschoß korrigieren zu können. Die hohenWangen des Visierfußes <strong>di</strong>enen zum Schutze des Visierblattesgegen Stoß und Schlag.Fig. 69 b. Visier des englischen Gewehrs, 1903.Das Korn besitzt noch immer <strong>di</strong>e von alters her gebräuchlicheKeilform; es steht bei einzelnen Gewehrmustern einwenig nach der Seite verschoben über der Seelenachse, umauf nahe Entfernungen den seitlich ablenkenden Einfluß auszugleichen,den das aufgepflanzte Seitengewehr, dessen Klingelinks oder rechts vom Laufe liegt, auf <strong>di</strong>e Geschoßbahn ausübt.Günther, Geschichte der Handfeuerwaffen. 8


i i 4 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)D ie B e iw a ffe . Die Bajonettsäbel neuerer Gewehre unterscheidensich in der Hauptsache wie folgt: 1. Seitengewehre,Klinge einschnei<strong>di</strong>g und etwa mit Sägerücken (z. B. dasdeutsche von 1871, das 48 cm lang und 635 g schwer ist);2. Degenbajonette, vierkantige Klinge (z. B. das französischevon 1886, das 51,8 cm lang und 415 g schwer ist); 3. Dolche,Klinge einschnei<strong>di</strong>g und mit glattem Rücken, 25 bis 30 cmlang und 220 bis 450 g schwer. Die letztgenannte Form wir<strong>di</strong>n neuester Zeit mehr und mehr gewählt und der Dolch nichtmehr längs, sondern unter der (verlängerten) Laufachse aufgepfla'nzt.Durch <strong>di</strong>ese Anordnung erzielt man einen bequemerenGebrauch des Gewehrs als Stoßwaffe und eine erhöhteTreffähigkeit des mit dem Bajonette belasteten Gewehrs.Die S c h ä ftu n g des G ew eh rs — bestehend aus „Kolben“ ,„Kolbenhals“ und „Vorderschaft“ („langer Teil“ ) — wirdjetzt allgemein aus sorgfältig ausgelaugtem und getrocknetemNußbaumholz gefertigt. Sie bildet meistens ein ganzes, entsprechendbearbeitetes Stück. Der „geteilte Schaft“ — beidem das Verschlußgehäuse den Kolben und den Vorderschaftmiteinander verbindet — findet sich bei dem französischenMehrlader von 1886 (System Lebel) und dem englischen MehrladerSystem "Lee-Metford von 1889. Der Kolbenhals einzelnerGewehre (englisches 89, amerikanisches 95, deutsches 98)trägt an seiner unteren Fläche eine — dem Griffe einer Faustfeuerwaffeentsprechende — vorspringende, rundliche Handstütze(sog. „Pistolenschäftung“ ), <strong>di</strong>e dem Schützen das festeAnziehen des Kolbens an <strong>di</strong>e Schulter in jeder Körperstellungsehr erleichtert.Die B e s c h lä g e , <strong>di</strong>e alle Gewehrteile zu einem Ganzenvereinigen und <strong>di</strong>e Handhabung wie das Tragen der Waffeerleichtern, bestehen wie früher aus den „Ringen“ , der„Kolbenkappe“ , den verschiedenen Schaftschrauben, den Gewehrriemenbügelnusw. Dagegen wird ein Putz- („Entladestock“) an den meisten modernen Gewehren nicht mehr angebracht.


Die kurzen Gewehre.Die kurzen Gewehre.Kurze Gewehrg („Karabiner“ 1), „Musketons“ ) sind verkürzteInfanteriegewehre, wie sie <strong>di</strong>e Reiterei, <strong>di</strong>e Geschütztruppeund etwa noch <strong>di</strong>e technischen Truppen benötigen.König Karl VIII. von Frankreich soll (1496) einem Teil seinerleichten und bis dahin mit Bogen und Armbrust bewaffneten Reitereikurze (709 mm lange) „Handrohre“ gegeben haben, um sie zur Feuerabgabeaus dem Sattel zu befähigen. Kaiser Maximilian I. folgteangeblich <strong>di</strong>esem Beispiele; tatsächlich fanden sich in den deutschenund niederlän<strong>di</strong>sch-spanischen Heeren (seit der Mitte des 16. Jahrhunderts)„reitende Hakenschützen“ („reitende Arkebusiere“ , „Bandelier-Reiter“).„Bei den Deutschen und Niederländern wird das Rohreiner solchen Harquebuse, welche eine Kugel von 29 g Gewicht schoß,zu 1135 mm angegeben. Auf der linken Seite des Schaftes war, ungefährvom Daumengriff ausgehend und bis an das vordere Dritteil der Waffereichend, eine eiserne Stange angebracht, welche <strong>di</strong>e an den jetzigenKarabinern befindliche Karabinerstange vertrat, und an welcher sich,wie bei <strong>di</strong>eser, ein Ring mit einer Feder befand, womit es am Bandelierebefestigt war. Hierdurch verhütete man, <strong>di</strong>e Waffe bei einem scharfenRitt oder im Gefecht zu verlieren und deren freien Gebrauch beimLaden und Feuern zu behindern. Da aber <strong>di</strong>e Lunte einem solchenReiter sehr lästig fiel, so hatte man <strong>di</strong>ese Harquebusen durchgängigmit Radschlössem versehen.“ Schön, a.a.O. 44.Es scheint, als ob auch <strong>di</strong>e Erfindung der Patronen zunächst nurfür <strong>di</strong>ese ältesten Karabiner gemacht worden ist.Die unter König Heinrich IV. von Frankreich erstmals gebildetenDragonerkompagnien führten in ihrer Eigenschaft als berittenes Fußvolk<strong>di</strong>e gewöhnliche Muskete.Nach Andreas Böcklers „neuer vollkommener Kriegsschule“(1674) führte <strong>di</strong>e Reiterei.zu Ende des 17. Jahrhunderts allgemeineinen Karabiner. Obwohl <strong>di</strong>e Kavallerie <strong>di</strong>e Feuerwaffe stets als einelästige Zugabe betrachtete, kam man doch zu Ende des 18. Jahrhundertsin einzelnen Heeren dazu, einen gezogenen Reiterkarabiner,d. h. eine kurze Pflasterbüchse einzuführen. Diese Tatsache erscheintum so wunderbarer, als <strong>di</strong>e Waffe gleich wie ein Pistol zumeist vomSattel aus gebraucht — und geladen — werden sollte. Die letztengezogenen und noch dazu <strong>di</strong>e unpraktischsten Karabiner mit Vorderladungführten <strong>di</strong>e russischen Dragoner bis 1857 (vgl. S. 38).Aus solchen Ursachen erwuchs dem Karabiner eine große Gegnerschaft,<strong>di</strong>e so mächtig ward, daß man überhaupt glaubte, <strong>di</strong>e Feuer-J) K a ra b in e r von arabisch „karab“ = Feuerwaffe.8*


1 16 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itwaffe der Kavallerie fast ganz entbehren zu können. So konnte esgeschehen, daß <strong>di</strong>e bei Wörth (6. VIII. 1870) geschlagene ArmeeMac Mahon von der deutschen Kavallerie nicht sogleich gehörig durch<strong>di</strong>e Vogesenpässe verfolgt wurde, weil nicht genügend Karabiner zurVerfügung standen, um aufgescheuchte gegnerische Infanterie unterFeuer nehmen zu können.Dabei hatte Preußen (seit 1856) den ersten wirklich kriegsbrauchbarenKavalleriekarabiner (Zündnadel) eingeführt, dem (bis 1869) nur<strong>di</strong>e nordamerikanischen, <strong>di</strong>e Metallpatrone verwendenden kurzen Mehrladegewehreüberlegen waren.Der Artillerie und den technischen Truppen gab man nachdem von Frankreich schon zu Ende des 18. Jahrhunderts befolgtenModus kurze Gewehre, um sich in Notfällen ohneUnterstützung durch <strong>di</strong>e Infanterie vertei<strong>di</strong>gen zu können1).Solche kurze Gewehre („Extrakorpsgewehre“ ) werden ineinzelnen Staaten auch an <strong>di</strong>e Gendarmerie und an <strong>di</strong>e Zollwachenabgegeben.Da der Lauf der kurzen Gewehre kürzer als der des Infanteriegewehrsist, so besitzen <strong>di</strong>e Karabiner usw. schwächereballistische Leistungen. Immerhin sind <strong>di</strong>ese bei den gegenwärtigenMustern ausreichend genug, um auf größere Entfernungenhin <strong>di</strong>e nämlichen Wirkungen wie mit dem Infanteriegewehrzu erzielen. Die kurzen Gewehre gleichengegenwärtig fast vollstän<strong>di</strong>g dem für ihre Konstruktion inFrage kommenden Infanteriegewehre. Kleine Unterschiedebestehen etwa in Rücksicht auf <strong>di</strong>e Zielvorrichtung, <strong>di</strong>e Gestaltdes Verschlußgriffes — abgebogener Hebel usw., um das Versorgendes Karabiners zu erleichtern — <strong>di</strong>e Größe des Magazins,<strong>di</strong>e Schäftung, <strong>di</strong>e Anordnung der Riemenbügel usw.Zum Aufpflanzen eines Seitengewehrs sind <strong>di</strong>e eigentlichenKarabiner nicht eingerichtet2). Um <strong>di</strong>e Munitionseinheitinnerhalb der Armee zu bewahren, wird grundsätzlich daran!) Die te ch n isch e n T ruppen sind auch mehrfach in neuerenKriegen zum Eingreifen in <strong>di</strong>e offene Feldschlacht verwendet worden, soz. B. preußischerseits bei Wörth (6. VIII. 1870).2) Eine Ausnahme macht der ita lie n is ch e K a ra b in e r von 1891,der ein dauernd mit der Waffe verbundenes (umlegbares) Stichbajonettbesitzt.


Faustfeuerwaffen. 117festgehalten, daß <strong>di</strong>e ku rzen Gew ehre für <strong>di</strong>e Verw endung derInfanteriegew ehrpatrone eingerichtet seien 1).Faustfeuerwaffen.U nter F austfeuerw affen („P isto len “ ) verstehen w ir kleineH andfeuerw affen (E in - und M ehrlader), <strong>di</strong>e sich aus der F austabfeuern lassen und dem entsprechend ein leichtes G ew icht undeine entsprechende Sch äftung besitzen.Obwohl <strong>di</strong>e für Faustfeuerwaffen übliche Bezeichnung „Pistole“gewöhnlich von dem italienischen Städtenamen Pistoja abgeleitet wird,scheint es doch, als ob sie — mit Radschlössern versehen — zunächstein den deutschen Reitern eigentümliches Bewaffnungsstück bildeten2).Bei den Pistolen des 16. Jahrhunderts war der Griff („Kolben“) nichtwie in späterer Zeit abgekrümmt, sondern gegen <strong>di</strong>e Laufachse hinnur etwas schräg gestellt.Da <strong>di</strong>e Pistole eine bequeme Handfeuerwaffe war, so kam sie raschallgemein in Aufnahme. Man konnte sie in besonderen, am Sattelangebrachten Taschen („Holftem“) unterbringen und ohne <strong>di</strong>e Zügelhandgebrauchen zu müssen, herausziehen und abfeuem3). Im Reisewagenersetzte sie <strong>di</strong>e auf unsicheren Straßen so notwen<strong>di</strong>ge „Reisbüchse“,welche ihr an Handlichkeit nachstand. Auch für <strong>di</strong>e Hausvertei<strong>di</strong>gung,für Sportszwecke usw. empfahl sich <strong>di</strong>e Pistole durchihre gefällige Form. Ganz besonders berühmt waren <strong>di</strong>e von Kuchenreuterin Regensburg gefertigten Pistolen, deren Läufe gerade Haarzügehatten.D ie für <strong>di</strong>e B ew affn ung der Reiterei im 19. Jahrhundertkonstruierten Pistolen m it Perkussionszündung haben m eisteine gan ze Schäftung, doch kom m t auch <strong>di</strong>e halbe vor. D ieL äu fe sind gew öhnlich glatt und nur selten ge zo g en ; m it einereinfachen Zielvorrichtung (Standvisier und K orn) versehen,1) Eine Ausnahme macht das sc h w eizerisch e K a d e tte n g e w e h r(Einlader mit Geradzugverschluß) von 1897, das für <strong>di</strong>e Schießübungen derKnaben eine Patrone benutzt, <strong>di</strong>e zwar der des Infanteriegewehrs entspricht,aber nur 1 g rauchschwaches Pulver (P. C. 90) enthält, um den Rückstoßder leichten Waffe zu ermäßigen.2) Nach Schön a. a. O. 47 wird <strong>di</strong>e Pistole mit Radschloß in der Geschichteder Türkenkriege von P a u l Jo viu s (Frankfurt 1580) anläßlichder Übergabe von Stuhlweißenburg (1548) erwähnt.3) P isto len (und Karabiner) wurden von der Mitte des 16. Jahrhundertsab stets im Reitergefechte gebraucht, und zwar ganz ähnlich wie <strong>di</strong>e Musketedurch <strong>di</strong>e Infanterie.


1X8 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)tragen sie manchmal an der Mündung eine ringförmige Verstärkung.Das Perkussionsschloß ist mit einer Sicherungsruhoder einer sonstigen Deckelsicherung versehen, der Ladestockvon der Waffe getrennt oder mittels eines sogenannten„Galgens“ (Gelenkverbindung) an ihr angebracht. Eine besondereGattung bildeten <strong>di</strong>e „Kolbenpistolen“ , <strong>di</strong>e sich durchAnsetzen eines Kolbens in eine Art Karabiner umwandelnließen1).Die Hinterladung ist schon frühzeitig auf Pistolen angewendetworden, aber gleich wie bei dem Gewehre gelanges nicht vor der Einführung entsprechend konstruierter Einheitspatronen,brauchbare Hinterlade-Faustwaffen zu erstellen.Seit (1845) L e fa u ch e u x in Paris sein bekanntesJagdgewehr mit abkippendem Laufe und mit Stiftpatroneschuf, war dazu <strong>di</strong>e Möglichkeit gegeben. Lefaucheux bauteein- und doppelläufige Pistolen. F lo b e rt in Paris verwendete(1845) kleine Metallpatronen für seine Pistolen, <strong>di</strong>e mitTerzerol (oder Mittelschloß) und Schließplatte versehen waren.D reyse konstruierte (1856) ein Zündnadelpistol, das eineZeitlang im preußischen Heere ge<strong>di</strong>ent hat. Pistolen mit demVerschluß von W erd er wurden (1869) im bayrischen, solchemit dem Verschluß von R e m in g to n (1872) im ägyptischenHeere eingeführt. Die Verschlüsse von M au ser, M artin i,W a rn an d usw. sind verschiedentlich für Sportspistolen angenommenworden.Die „Drehlingsgewehre“ , <strong>di</strong>e gegen Ende des 16. Jahrhundertszuerst aufkamen, sind <strong>di</strong>e ältesten Vorlagen für <strong>di</strong>eKonstruktion der Revolver („Drehpistolen“ ). Bei den Drehlingenfindet sich hinter dem Laufe eine „W alze“ („Trommel“ )angeordnet, <strong>di</strong>e eine Anzahl gleichmäßig verteilter Bohrungen(„Kammern“ ) enthält. Die Walze läßt sich nun von Handso drehen, daß <strong>di</strong>e Bohrungen — in denen sich Pulver undGeschoß üntergebracht finden — nacheinander vor das rück­!) Man bezeichnete solche Pistolen als zum „p a ritä tisc h e n G e­b ra u ch e “ eingerichtet. In der Form von Anschlagtaschen, <strong>di</strong>e zugleich zumTransport der Waffe <strong>di</strong>enen, kommt der alte Ansetzkolben auch bei modernenRevolvern und Selbstladepistolen wieder vor.


Faustfeuerwaffen.n gwärtige Ende des Laufes treten und dort dessen Ladekammerbilden. Indes <strong>di</strong>e Drehlingsgewehre seltener erstellt wurden,finden sich Drehlingspistolen mit Rad- und Steinschlössernverhältnismäßig zahlreich in verschiedenen Sammlungen ver-Fig. 70 a. Bündel-Revolver von Mariette, ca. 1830.Selbstspanner ohne Spann- und Ruhrast. Hammer unter demaus vier glatten Läufen gebildeten Bündel. Perkussionszündung.treten. Vollstän<strong>di</strong>g ausgebildet ward der Revolver natürlicherst, nachdem man mit der Perkussionszündung ein sicherwirkendes Zündmittel gewonnen hatte. Zunächst wurden <strong>di</strong>eBohrungen der Walze selbst als Läufe benutzt, <strong>di</strong>e man hintenf l r t c jFig. 70 b. Bündel-Revolver von Allen, 1845.Hammer über dem aus fünf glatten Läufen gebildeten Bündel.Gespannt. Perkussionszündung.mit einem Zündstift verschraubte, auf den man das Zündhütchenbrachte („Bündelrevolver“ ) 1). Ein durch Anziehendes Abzuges betätigter Hammer schlug (meist von unten nachoben) gegen den Zündstift.i) Das Zeitungsdeutsch der Gegenwart spricht hin und wieder von„sechsläufigen Revolvern“ . Diese falsche Bezeichnung deutet noch auf den„Bündelrevolver“ hin.


120 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itS am u el C olt aus Hartford in Connecticut, VereinigteStaaten, nahm (1835) den den ältesten Drehlingen zugrundeliegenden Gedanken wieder auf; er verwendete einen Laufund eine Walze mit 5 bis 12 Bohrungen, <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e eingeschraubtenZündstifte abschlossen. Die Walze bewegt sich auf einer Achse,<strong>di</strong>e im hinteren, kastenförmigen Teil angeordnet und mit derder Lauf abnehmbar verbunden ist. Der Hahn des Mittelschlossesbewegt beim Aufziehen einen Hebel, der in entsprechendam Bodenstück der Walze angeordnete Rasten eingreiftund <strong>di</strong>e Walze je mit der folgenden, geladenen Bohrungvor das rückwärtige Laufende schiebt und sie dort währendFig. 70 c. Bündel-Revolver von Lefaucheux nach Mariette,ca. 1847.Hinterlader mit Stiftzündungspatronen.dem Schüsse festhält. Ein unter dem Laufe angebrachter,mit einem Exzenter versehener Ladestock setzt <strong>di</strong>e mit demPulver in <strong>di</strong>e Bohrungen eingebrachten Geschosse fest. DieseKonstruktion von Colt blieb im allgemeinen das Vorbild füralle späteren Revolverarten. Colt hat (1847) auch eine R e ­v o lv e rb ü c h s e erstellt, <strong>di</strong>e in den In<strong>di</strong>anerkriegen viel gebrauchtwurde und <strong>di</strong>e nichts anderes als eine Vergrößerungdes Revolvers mit einigen geringen Verbesserungen ist.A d am s und D ean e in London ließen sich (1851) einenRevolver patentieren, bei dem das Zurückziehen des Abzugeshinreichte, um den Hahn zu spannen1), dem der Daumen­!) Len orm and in Paris (1826), D evism es (1827) und R issa c (1835)sollen <strong>di</strong>e Urheber <strong>di</strong>eser Revolverkonstruktion sein, <strong>di</strong>e Adams und Deanenur verbesserten.


Faustfeuerwaffen. 121griff fehlte; <strong>di</strong>e Schußgeschwin<strong>di</strong>gkeit der Waffe war infolgedesseneine größere als mit dem Colt-Revolver1). C h ain eu xkonstruierte (1853) einen Revolver für seine nunmehr dünnesKupferblech als Hülsenmaterial verwendenden Stiftpatronen;dabei war <strong>di</strong>e Hahnbewegung eine doppelte, d. h. je nach demWillen des Schützen durch Spannen des Hahnes oder durch Anziehendes Abzuges. Selbstverständlich erleichterten <strong>di</strong>e Metallpatronendas Laden des Revolvers; andererseits kostete dasFig. 71. Revolver von Chaineux, 1853 (irrtümlich gewöhnlich als,, Lefaucheux-Revol ver11 bezeichnet).Hinterlader mit Metallpatronen, Stiftzündung. Erste Konstruktion mit doppelter Bewegungder Trommel.Ausstößen der ausgefeuerten Hülsen aus den Bohrungen derWalze mittels eines längs dem Laufe angelagerten Entladestocksverhältnismäßig viel Zeit. Sm ith und W esson inNew-York konstruierten deshalb (um 1870) einen Revolver mit nachvorn umzukippendem Lauf und einem hinten an der Trommelachseangebrachten federnden Auszieherkranz. Wird der Laufumgekippt, so springt der Auszieherkranz in <strong>di</strong>e Höhe undwirft <strong>di</strong>e ausgefeuerten Hülsen aus. Er wird darauf gegen <strong>di</strong>e!) Bei einem (am 10. September 1851 in Woolwich abgehaltenen Probeschießen)wurden je 6 Schüsse aus dem Colt-Revolver in 58 Sekunden, ausdem Revolver von Adams und Deane aber in 46 Sekunden verfeuert. Da<strong>di</strong>e Treffsicherheit und Durchschlagskraft der letztgenannten Waffe ebenfallseine bessere war, wurde sie amtlich empfohlen. Immerhin führten <strong>di</strong>eenglischen Offiziere im Krimkriege (1854/56) meistens den Revolver vonColt (5 Schüsse, 1000 g Gewicht, 9,5 mm Seelenweite, 1,25 g Pulverladung,Geschoßgewicht 12 g, Preis 165 Mk.).


122 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Walze vorgedrückt, wobei er einschnappend sich feststellt; <strong>di</strong>eKammern können nun wieder geladen werden und <strong>di</strong>e Waffewird geschlossen. Einen ähnlichen Gedanken zeigt C oltsArmy- and Navy-Revolver (1892), sogenannter „Double actionselfcocking Revolver“; bei ihm wird <strong>di</strong>e Walze mit ihrer Achsenach links aus dem Gestell herausgebracht, wobei dann dererwähnte Auszieherkranz in Tätigkeit tritt. Übrigens kann<strong>di</strong>eser Revolver auch mittels eines „Patronenblockes“ geladenwerden. Die Patronen sind in dem Blocke kreisförmigeingelagert; der Block streift sich beim Rechtsdrehen der Walze— Schließen der Walze — einfach ab1).Da sich beim Schüsse <strong>di</strong>e Walze nicht vollstän<strong>di</strong>g an dasrückwärtige Laufende anschließt, so findet sich dort eine Fuge,durch <strong>di</strong>e jeweils ein Teil der Pulvergase abfließt, was einenVerlust an Treibkraft, Geschoßgeschwin<strong>di</strong>gkeit und Treffsicherheitnach sich zieht. Man kam deshalb dazu, <strong>di</strong>e Fugedurch <strong>di</strong>e Patronenhülse überbrücken zu lassen. Als Beispiel<strong>di</strong>eser modernsten Revolverkonstruktionen sei hier <strong>di</strong>e desrussischen sogenannten „Dreilinien-Revolvers“ v*n 1895,System N a g an t, angegeben2). Die Gasentweichung wird beiihm durch einen geringen Vorschub der Walze an den Laufhin (während des Anziehens des Abzuges) und durch <strong>di</strong>eKonstruktion der Patrone verhindert. In der Patronenhülsesteckt nämlich das Geschoß so tief drin, daß es vom vorderenHülsenrande noch etwas überragt wird. Beim Schüsse trittdas Geschoß, während <strong>di</strong>e Fuge zwischen dem rückwärtigenEnde des Laufes und der Walze gas<strong>di</strong>cht geschlossen wird,aus seinem Patronenlager in Walze und Lauf unmittelbar in<strong>di</strong>e Züge ein.Die M ehr lade p isto le n , <strong>di</strong>e sich von den Revolvern dadurchunterscheiden, daß sie ein Kastenmagazin haben, unddaß ihr Verschlußmechanismus selbsttätig („automatisch“ )arbeitet, sind Schöpfungen der letzten anderthalb Jahrzehnte.*) Der hohe Preis des C oltsch en P a tro n e n b lo c k e s (1,40 Mk.)stand seiner Einführung von Anfang an entgegen.2) Ähnliche Konstruktionen liegen vor von G ilth a y (1888), vonP ie p e r (1889), von der Waffenfabrik A.-G. Steyr (1893) und von A. G arciaR eyn oso (1895).


Faustfeuerwaffen. 123Eine nicht automatisch betriebene Mehrladepistole w ar <strong>di</strong>e der„ V o lc a n ic R e p e a t in g A r m s C o.“ von 1854 (vgl. S. 95), der Vor-Fig. 72. Übersichtstafel der wichtigsten Revolver-Konstruktionen.I. Reihe. Revolver von Colt um 1840. (Ladestock gesenkt.) Revolver Syst. Adamsund Deane um 1850.II. Reihe. Sogen. Lefaucheux-Revolver um 1855 (mit Metailpatronen zu laden). RevolverSyst. Francotte um 1855. (Ladestock aufgestellt.)III. Reihe. Schweizerischer und italienischer Ordonnanzrevolver Syst. Chaxnelot undDelvigne um 1878. Schweizerischer Offiziersrevolver von 1882. (Schloßblechlinks geöffnet.)IV. Reihe. Russischer Ordonnanzrevolver von 1875, Syst. Smith und Wesson. (ZumLaden geöffnet.)V . Reihe. Mordamerikanischer Ordonnanzrevolver von 1894, Syst. Mervin und Hulbert.(Zum Laden geöffnet.) Russischer Ordoifoanzrevolver von 1895,Syst. Pieper und Nagant. (Gespannt, W alze gegen <strong>di</strong>e hintere Laufmündungvorgeschoben. Linkes Schloßblech entfernt.)VI. Reihe. Nordamerikanischer Marinerevolver von 1892, Syst. Colt. EnglischerOrdonnanzrevolver von 1889, Syst. W ebley.VII. Reihe. Nordamerikanischer Ordonnanzrevolver von 1892, Syst. Smith und Wesson.(W alze nach links zum Laden aus dem Gestell herausgeklappt.)läufer der Mehrlader von Henry (1860) und von W inchester (1865).Eigenartig ist <strong>di</strong>e Munition der Waffe; es sind Hohlgeschosse, in denen


124 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.iteine Explosionsmasse lagert, <strong>di</strong>e vom Schlagstift entzündet, den Bleikegelauf kurze Entfernung hin forttreibt.Die Selbstlader, <strong>di</strong>e gegenwärtig den Revolver ersetzen1),beanspruchen <strong>di</strong>e geistigen und körperlichen Kräfte desSchützen in ganz geringem Maße. Da sie das öffnen, Auswerfen,Spannen und Schließen infolge der Ausnützung desRückstoßes als Betriebskraft selbsttätig vollziehen, hat derMann nur noch zu zielen, abzuziehen, das entleerte Magazinwieder zu füllen und aus <strong>di</strong>esem durch Vorschnellenlassen desVerschlusses <strong>di</strong>e oberste Patrone in ihr Lager im Laufe zubringen.Sir H enry B e sse m er war wohl der erste, der an eine Ausnützungdes beim Schüsse auftretenden Rückstoßes für den Betriebdes Verschlußmechanismus einer Waffe dachte. Er nahm (1854) einenglisches Patent für eine Erfindung, von der er sagte: „Eine Zündpilleliegt in dem Bodenteil einer Patrone und explo<strong>di</strong>ert, sobald einNadelstich sie trifft. . . . Die Patronen lagern zunächst auf einerschiefen Ebene. Rollen sie von <strong>di</strong>eser herunter, so fallen sie in <strong>di</strong>eLadeöffnung, in der sonst der Verschlußzylinder liegt. Der beimSchüsse auftretende Rückstoß treibt <strong>di</strong>esen Zylinder zurück, <strong>di</strong>e Patronefällt in <strong>di</strong>e Ladeöffnung, der Verschlußzylinder erfährt seinerseits einendurch Wasser erzeugten Druck von zusammengepreßter Luft. Er gehtalso wieder vor, nimmt dabei <strong>di</strong>e Patrone mit und schließt <strong>di</strong>e rückwärtigeLaufpiündung ab. Die Bewegung des Verschlußzylindersspannt zugleich <strong>di</strong>e Schlagvorrichtung im Verschlüsse; ist <strong>di</strong>ese Bewegungvollzogen, so wird durch Rückwärtsziehen des Abzuges <strong>di</strong>eNadel frei und der Schuß fällt.“ Es handelt sich hierbei um den Gedankeneines M a sc h in e n g e w e h rs, das aber erst von Sir H iramM axim (1883) kriegsbrauchbar hergestellt wurde.Eine selbsttätig sich ladende — und abfeuernde (!) — Handfeuerwaffewollte (1866) der englische Ingenieur W. Jos. C u rtis erfundenhaben. — v. P lo e n n ie s und W eygand sprachen (in: „Die deutscheGewehrfrage“ , Darmstadt 1872, S. 149 und 199) davon, daß das Gewehrder Zukunft „ohne Zweifel <strong>di</strong>e Funktionen des Öffnens und Auswerfensdurch <strong>di</strong>e Rückwirkung der Gase erle<strong>di</strong>gen werde.“ Bal<strong>di</strong>) Nach W ille a. a. 0 . I, 136 ist „<strong>di</strong>e unbequeme Form der R e vo lvund ihre unvorteilhafte Schwerpunktslage, <strong>di</strong>e unhandliche Ladeweise, dasumständliche und zeitraubende Entfernen der verschossenen Hülsen aus derWalze, der nachteilige Spielraum zwischen Walze und Laufmundstück,endlich <strong>di</strong>e dadurch und durch andere Verhältnisse be<strong>di</strong>ngte unzulänglicheballistische Leistung und Treffähigkeit <strong>di</strong>e Ursache, daß <strong>di</strong>e Revolver alseine v e r a lte te W a ffe gelten müssen.


Faustfeuerwaffen. 125darauf (seit 1877) begann man <strong>di</strong>e <strong>di</strong>e Selbstlader betreffenden Fragenandauernd zu behandeln.W ille (a.a .O . 137ff.) unterscheidet nach der mechanischenAnordnung, durch welche <strong>di</strong>e beim Schüsse entstehendeGasspannung zur Betätigung von Verschluß undSchlagvorrichtung („Schloß“ ) nutzbar gemacht wird, fünfGruppen (Arten) von Selbstladern. Von <strong>di</strong>esen kommengegenwärtig in Betracht:I. B e w e g lic h e r Lauf und sta rr v e rrie g e lte r V e r ­sch lu ß. „Beide werden von dem auf den Seelenboden wirkendenGasdruck zunächst gemeinsam zurückgeschoben undtrennen sich erst infolge selbsttätigen Lösens ihrer Kuppelung.Während der Lauf dann unter dem Gegendruck einer Federwieder in <strong>di</strong>e Feuerstellung vorgeht, setzt der Verschluß seinenRückgang allein weiter fort, wirft <strong>di</strong>e leere Hülse aus undwird schließlich, nachdem <strong>di</strong>e Schlagfeder gespannt und eineneue Patrone aus dem Magazine emporgestiegen ist, ebenfallsdurch Federkraft nach vorn befördert, wobei er <strong>di</strong>e Patronemitnimmt und wieder verriegelt.“Hierher gehören: Die schweizerische (deutsche „Parabellum“)Ordonnanz-Pistole, System B o r c h a r d t-L u g e r von1900; <strong>di</strong>e türkische M a u s e r-P is to le ; <strong>di</strong>e österreichischungarischePistole, System S c h w a rz lo se von 1907 und <strong>di</strong>espanische Pistole „Bayard“ , System B e rg m a n n von 1908.II. F e s tg e la g e r te r L a u f und n ic h t s ta rr v e r r ie g e l­ter V e rsch lu ß . „Der Verschluß wird nur durch den Druckeiner Feder gegen <strong>di</strong>e hintere Lauföffnung gepreßt. Der Gasdrucküberwindet den — mitunter noch durch <strong>di</strong>e Bremswirkungbesonderer Teile unterstützten — Federdruck undöffnet den Verschluß, der nach dem Auswerfen, Spannen undEmporsteigen einer neuen Patrone durch den Gegendruck dergespannten (Schließ-) Feder wieder geschlossen wird“ .Hierher gehört <strong>di</strong>e belgische und <strong>di</strong>e schwe<strong>di</strong>sche Offizierspistole,System B ro w n in g von 1900, <strong>di</strong>e argentinische Pistole,System M an n lich er von 1901 und fast alle kleinen Taschenpistolen.


126 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Nur <strong>di</strong>e unter I. angeführte Konstruktionsart eignet sich fürden Gebrauch von starken Ladungen.Kriegsbrauchbare Selbstladegewehre sind bisher (Mitte desJahres 1909) nicht bekannt geworden. Die Entwicklungsolcher Konstruktionen gehört der Zukunft. Mit ihnen beginntdann <strong>di</strong>e Geschichte der Handfeuerwaffen ihren fünftenHauptabschnitt.Die Patrone1).Als <strong>di</strong>e Infanterietaktik mehr und mehr zum Feuergefechteüberging, traf man Vorkehrungen, das Laden durch eine geeigneteAnordnung der Munition zu erleichtern. Der Musketiererhielt ein „Bandelier“ , an dem etwa zwölf kleine Holzbüchschenhingen, in denen je eine Ladung „Kraut und Lot“untergebracht waren; das Pulverhorn („Korporal“ genannt)Fig. 73. Patrone für das bayrische Gewehrvon 1858. Mit papierner Transporthülse.mit dem Zündpulver hing ebenfalls am Bandelier. GegenEnde des 16. Jahrhunderts soll <strong>di</strong>e spanische Reiterei <strong>di</strong>ePulverladungen in Papierhülsen eingeschlossen, verwendethaben. Als <strong>di</strong>e Bajonettflinte aufkam, gab es auch schonPatronen, <strong>di</strong>e Pulver und Kugel miteinander vereinigten und<strong>di</strong>e (in Frankreich schon um 1700) in einer ledernen „Patronentasche“getragen wurden. Zur Herstellung der Hülsen gebrauchteman (nach französischer Vorschrift von 1738) ungeleimtesPapier, dessen Bogen in Trapeze (6 : 12 : 15 cm)zerlegt wurden. Die Hülsen für <strong>di</strong>e gezogenen Handfeuerwaffenmit Vorderladung bestanden aus zwei Teilen („Enveloppen“) ; <strong>di</strong>e äußere Hülse bestand aus gewöhnlichem Patronenpapier,<strong>di</strong>e innere (sog. „Pulverhülse“ ) aus dünnem*) Mit Gewißheit läßt sich <strong>di</strong>e Herkunft des Ausdrucks „P atro n e “bisher nicht nachweisen.


Karton. Um <strong>di</strong>e Einflüsse der Feuchtigkeit auf <strong>di</strong>e Papierpatronenzu verhindern, machte man <strong>di</strong>e Hülse aus „künstlichemPergament“ , oder man überzog <strong>di</strong>e ganze Patronemit einer „Transporthülse“ . Doch konnte auch <strong>di</strong>ese Anordnungdas Verderben des Pulvers nicht aufhalten.Die Patronen der H andfeuerw affen m it Batterie- oderPerkussionszündung w aren „gete ilt“ , d. h. sie enthielten nurdas Geschoß und <strong>di</strong>e L ad u n g1).Die Patrone. 127D ie „E in heitsp atrone“ , <strong>di</strong>eGeschoß, L adung und Zündm ittel in ihrer H ülse vereinigte,schuf zuerst (1812) P a u l y in P a ris2).Einen Übergang von der vervollkommneten Papierpatronezur Metallhülse bilden <strong>di</strong>e (1864) von dem englischen OberstB oxer konstruierten Einheitspatronen mit gas<strong>di</strong>chten Hülsenaus Papiermasse und dünnem, gerolltem Messingblech, <strong>di</strong>ezwar verhältnismäßig leicht, aber schwierig und teuer zu erzeugensind. Man unterscheidet an ihnen <strong>di</strong>e„Außenhülse“ aus Papiermasse, <strong>di</strong>e „Innenhülse“von Messingblech und den „Boden“mit der messingnen „Auszieherscheibe“ . ImMittelpunkte des Bodens liegt <strong>di</strong>e durch eingepreßtesPapier mit den übrigen Teilen verbundene„Zündkammer“ („Hütchenkammer“ )mit der Zündkapsel, <strong>di</strong>e ihrerseits von demFig. 74. ZündkammernachBoxer.Mit Deckblättchenund Zündamboß.vom Hahnschlage bewegten Zündstift getroffen, das innere,dem Pulver zugewendete „Deckplättchen“ gegen den einenkleinen Sporn bildenden „Zündamboß“ . Der Feuerstrahlschlägt durch <strong>di</strong>e „Zündlöcher“ der Hütchenkammer in dasPulver.1) Eine Art Ausnahme bildet <strong>di</strong>e b ayrisch e P a tro n e von 1867, beider das auf den Zündkegel aufzusetzende Hütchen im verstärkten Bodender Hülse untergebracht ist. Es erscheint <strong>di</strong>es als eine Nachbildung derösterreichischen Zünderpatrone von Augustin (1842). Vgl. S. 27.2) Die Patrone von P a u ly war eine sogenannte „Stiftpatrone“ , in derenBoden eine Zündpille eingelagert ist, auf <strong>di</strong>e ein senkrecht gestellter Stiftunter der Einwirkung des Hammerschlages wirkt. Solcher Stiftpatronenbe<strong>di</strong>ente sich später vor allem L e fa u ch e u x zum Laden seiner Jagdgewehremit Kippläufen. Die Einheitspatrone von D re y se erscheint ebenfalls alseine verbesserte Nachahmung der Paulyschen Erfindung.


128 IV. Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itDie m e ta lle n e n P a tro n e n h ü lse n sollen zuerst (um1780) von einem gewissen D e m rath in Berlin für seinenHinterlader mit Klappverschluß verwendet worden sein.Sicher ist, daß (um 1845) der Pariser Büchsenmacher F lo -bert ganz große Zündhütchen als Munitionfür Zimmergewehre verwendete und daß <strong>di</strong>enordamerikanische Industrie bald größereÄltere nördamerik. Patronenhülsen aus Kupfer- oder Tombak-Metallpatrone mit blech zu erstellen vermochte (vgl. S. 02).Randzündung. . .Diese alteren Metallhulsen sind zur „R an d -zü n d u n g “ eingerichtet, d. h. ihr Zündsatz lagert im Hohlraumdes Bodenrandes.Die Randfeuerhülsen, <strong>di</strong>e von der Schweiz, Österreich-Ungarn,den skan<strong>di</strong>navischen Staaten usw. (seit 1867) verwendet wurden, sindverhältnismäßig billig und von geringem Gewicht. So kostete <strong>di</strong>eschweizerische Tombakhülse von 1867 nur 0,08 Pf.; sie wiegt 7 g,hält aber le<strong>di</strong>glich verhältnismäßig schwache Ladungen — bis zu 4 gSchwarzpulver — aus und kann nicht mehr als einmal gebrauchtwerden, weil der Patronenboden beim Schüsse gequetscht wird. DieFabrikation der Hülse und <strong>di</strong>e Laborierung der Patrone erfordern vielAufmerksamkeit. Randfeuerpatronen eignen sich ganz besonders fürMehrlader mit Röhrenmagazinen, weil bei ihnen der Zündsatz niemalsin Berührung mit einer Geschoßspitze kommen kann.Die zur „Z e n tra lz ü n d u n g “ eingerichteten Hülsen wur- ‘den zuerst (seit 1864) von D aw & C o rn ish in London, dannvon B oxer in Birmingham, von B a ch m a n n in Etterbeck,von U te n d o rffe r in Nürnberg und von B erd an verbessert.Anfänglich verwendete man als Material für <strong>di</strong>e Zentralzündungshülsenebenfalls Tombak, dann aber ausschließlichMessing. Die von B erd an (1867) konstruierte Hülse ist auseinem Stück gefertigt und bildet zwei durch einen Konusmiteinander verbundene Zylinder, also <strong>di</strong>e sogenannte „Flaschenform“. In der Bodenhöhlung liegt <strong>di</strong>e Zündkapsel; derBoden bildet zugleich <strong>di</strong>e Hütchenkammer und den Amboß.Die Zentralzündungshülsen nützen <strong>di</strong>e Verschlüsse weniger als <strong>di</strong>emit Randfeuer ab. Jene sind zwar teurer als <strong>di</strong>ese, aber sie lassen sichöfters verwenden, ehe sie eingeschmolzen werden müssen, und sie haltenauch stärkere Ladungen aus. Dagegen eignen sie sich weniger für


Das GeschoB. 129Mehrlader mit Röhrenmagazinen, weil <strong>di</strong>e Geschoßspitze der hinterenPatrone auf <strong>di</strong>e Kapsel der vorderen drückt und leicht — infolge vonDruck oder Stoß — ungewollte Explosionen hervorzurufen vermag.So wurde denn <strong>di</strong>e Geschoßspitze der Patrone von 1874 für den französischenMehrlader von 1878 (Kropatschek) abgeflacht, indem <strong>di</strong>eZündkapsel eine steife Überkapsel zum Schutze gegen verhältnismäßigleichte Stöße erhielt. Die gleiche Einrichtung ward für <strong>di</strong>e französischePatrone von 1886 getroffen.R an d lose Patronenhülsen, <strong>di</strong>e an Stelle des Wulstes eineKerbe besitzen, in welche <strong>di</strong>e Kralle des Ausziehers eingreift,wurden zuerst (1885) von Sir H. S. M axim konstruiert. DieseArt Hülsen lagern mit ihren walzenförmigen Teilen im Magazinkastengenau auf- und übereinander, was Ladehemmungenvermeidet und es erlaubt, den Kasten schmaler zu bauen, alsoauch leichter zu machen. Dabei verringert sich das Gewichtder Hülse um etwa 1 g; ihre Anfertigung ist leichter undbilliger, <strong>di</strong>e Verpackung der fertigen Patronen bequemer.Das GeschoB.Als Material für <strong>di</strong>e Erzeugung der Geschosse, <strong>di</strong>e entwedergegossen oder (seit dem dritten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts)geprägt wurden, verwendete man von jeher dasBlei („Weichblei“ ). Um haltbarere und durchschlagskräftigereGeschosse zu gewinnen, nahm man (seit1850) das „Hartblei“ („Lettemmetall“ ),eine Legierung von 97% Blei und 3% Antimon1).Bleigeschosse, <strong>di</strong>e durch <strong>di</strong>e Züge im Belgis^h^GeschoßLaufe gepreßt werden, reiben sich an den von 1867 aus HartscharfenFelderkanten ab; das dort sich auf- bleihäufende Geschoßmaterial „verbleit“ denLauf, wobei <strong>di</strong>e Treffähigkeit abnimmt und das Reinigen derSeele schwierig wird. Um das Verbleien zu hindern, gab man— zuerst in Belgien (1867) — dem Geschosse einen Mantelx) L ettern m etall mit Zusatz von 0,3—0,8% Arsenik ward schonim 18. Jahrhundert als Material für <strong>di</strong>e Erzeugung von Flintenschrot verwendet.Günther, Geschichte der Handfeuerwaffen. 9


130 IV* Abschnitt. Die Mehrlader. (Seit 1860.)aus gefettetem Schreibpapiere1). Die Geschoßpanzerung, beider ein „Kern“ aus Hartblei von einem Mantel aus Stahl- oderNickelkupferblech eingeschlossen wird, wurde für <strong>di</strong>e modernenGeschosse allgemein angenommen2). Die Panzerung verleihtdem Geschosse eine große Festigkeit und Härte, wodurch einesehr sichere Führung in den Zügen — also <strong>di</strong>e gesteigerteTreffähigkeit — und eine beträchtlich erhöhte Durchschlagsleistunggewonnen wird.Der preußische Oberstleutnant Bode legte zuerst (1874) Geschossevor, <strong>di</strong>e an Stelle eines Papiermantels einen solchen aus Kupfer- oderMessingfolie trugen. Die Geschosse besaßen jedoch, weil der Mantelnicht fest genug mit dem Bleikern verbunden war und sich von <strong>di</strong>eseminnerhalb oder außerhalb des Laufes trennte, eine verringerte Trefffähigkeit.Der damalige eidgenössische Artilleriemajor und jetzigeOberst Eduard Rubin, Direktor der eidgenössischen Munitionsfabrikin Thun, bemühte sich (seit 1878) gepanzerte Geschosse zu erzeugen.Er zog das für den Panzer bestimmte Stück dünnen Kupferblechs ineine Hülse aus, führte in <strong>di</strong>ese den Hartbleikern ein und preßte dannbeide Geschoßteile zusammen. Da sich Kupfer als zu weich erwies,kam man zu Kupfemickellegierungen, zu Stahl ohne Plattierung undzu Stahl mit Kupfemickellegierung3) . Lorenz in Karlsruhe konstruierte(1886) <strong>di</strong>e sogenannten „Verbundgeschosse“, deren Panzeraus papierdünnem Stahlblech besteht, das vorne etwas an Stärke zux)Als Vorläufer des G esch o ß m a n tels muß neben den „Pflastern“der Drangladungsgeschosse ganz besonders der Spiegel der preußischenZündnadelgeschosse gelten. Auch <strong>di</strong>e Papierhaube des französischen Geschossesvon 1866 muß hier in Betracht fallen.2) Eine Ausnahme macht das sc h w eiz erisch e G esch oß von 1889,an dem nur <strong>di</strong>e Spitze eine Stahlhaube („Stahlkappe“) trägt, um <strong>di</strong>e Durchschlagskraftzu erhöhen. Der walzenförmige Teil des Geschosses ist le<strong>di</strong>glichmit gefettetem Papier umhüllt. Diese Anordnung erhält auch bei erweitertenLaufseelen („ausgeschossenen“ oder „gefrischten“ Läufen) <strong>di</strong>e Treffsicherheit.Die ungenügende „Aufhaltkraft“ , <strong>di</strong>e das englische Geschoß (1889) mitdem Durchmesser 7,7 mm bei seiner Verwendung in den kolonialen Kämpfenzeigte, ließen <strong>di</strong>e „T e ilm a n te l“ - (sog. „Dum-Dum“ -) Geschosse entstehen,<strong>di</strong>e entweder eine nackte Bleispitze oder einen geschlitzten Mantelzeigten. Da sie im ganzen wenig befrie<strong>di</strong>gten, traten an ihre Stelle <strong>di</strong>e „H o h 1 -sp itze n g e sch o sse “ , <strong>di</strong>e in der Tat sich genügend stauchen und dementsprechend<strong>di</strong>e getroffenen Gegner rasch außer Gefecht setzen.8) Ein dünner Überzug aus Nickelkupfer schützt den Stahlmantel gegenRost und macht <strong>di</strong>e Führung des Geschosses in den Zügen glatter und geschmei<strong>di</strong>ger.


Das Geschoß. 13 1nimmt und auf der Innenseite verzinnt oder vernickelt ist. Der Geschoßkernwird mit seinem Panzer verlötet („innig verschmolzen“ ).Die gepanzerten Geschosse haben meist eine eiförmige(„ogivale“ ) Spitze und im Boden eine kleine kegelförmige(Expansions-) Höhlung. Das Gewicht solcher Geschos'seschwankt je nach ihrem Durchmesser zwischen 16 g (8 mm)und 8 g (6 mm), ihre Länge zwischen 3,8 bis 5 Laufweiten,ihre Quer<strong>di</strong>chte zwischen 0,29 und0,32 g für das Quadratmillimeter,ihre Dichte beträgt durchschnittlichio,5 g- FiS- 77-Nach französischem Vorbildehaben einzelne Armeen in neuesterZeit sogenannte S p itzg e s c h o s se eingeführt, <strong>di</strong>e leichterals <strong>di</strong>e Geschosse mit eiförmiger Spitze sind und entsprechendeiner stärkeren Pulverladung größere Anfangsgeschwin<strong>di</strong>gkeiten(bis zu 900 m) erzielen und (bis aufwenigstens 600 m Entfernung hin) eine rasante Flugbahnergeben. Die französische „Balle D“ von 1899 ist ein reinesKupfergeschoß von 37,5 mm Länge und 10 g Gewicht. Dasdeutsche „S“ -Geschoß von 1904 besteht aus dem Hartbleikernmit vernickeltem Stahlblechmantel und ist 28 mm lang, mit8,2 mm stärkstem Durchmesser und 10 g Gewicht.Bei Verwendung von Spitzgeschossen solcher Art steigernsich <strong>di</strong>e Trefferleistungen erheblich, aber <strong>di</strong>e Aufhaltekraftder Geschosse wird wahrscheinlich eine noch geringere als<strong>di</strong>e der gewöhnlichen Panzergeschosse sein.


uOMu£Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.it


NachwortIm Jahre 1910 erschien auf Seite 383 des H eftes N r. 18 von „Schuß undW affe — Illustrierte gem einverständliche Zeitschrift für jagdliches, m ilitärischesund sportliches Schießwesen, Schießplatz-A nlagen, W affentechnik,M inen- und T orpedow esen, W affengeschichte etc.“ eine kurze, wieuns scheint allzu kurz geratene M itteilung: „D r. Reinhold G ünther, derbekannte Schriftsteller für W affentechnik, ist am 27. M ai im A lter von 47Jahren in Basel gestorben.“ D er M ann, dem <strong>di</strong>eser lakonische N achrufgalt, w ar immerhin seit der G ründung des Blattes dessen stän<strong>di</strong>ger A utorgewesen. Die publizistische A usbeute seiner dreijährigen M itarbeit bestandaus vierzehn zum Teil um fänglichen B eiträgen, aus deren Ü berschrifteneine bem erkensw erte Vielseitigkeit spricht.D as T hem en-Spektrum G ünthers reichte von taktischen über m ilitärpolitischeund -pädagogische Problem e bis zu r W affentechnik und deren G e­schichte. Jeder seiner Beiträge enthielt eine Fülle aufbereiteter Fakten —Z ahlenm aterial und statistische Ü bersichten eingeschlossen.D er Entwicklungsgeschichte der H an d - und Faustfeuerw affen w andte derL andw ehr-O ffizier des schweizerischen Bundesheeres seine besondereA ufm erksam keit zu. H ier erwies er sich als K enner und „O rd n er“ einerM aterie, <strong>di</strong>e vor allem im letzten D rittel des 19. Jahrhunderts zum G egenstan<strong>di</strong>ntensiven Sammelns und Erforschens von historischen Inform ationenund Q uellen verschiedenster A rt gew orden w ar. D er W affenhistorikerunserer T age erweist solchen W affensam m lern und Sachbuch-A utorenwie W endelin Boeheim, A ugust D em m in, Karl von Ellger, CaesarRüstow , Julius Schön, O skar T euber, M oritz T hierbach oder dem Landsrtlanndes Schweizers G ünther, R udolf Schmidt, seine tiefe R eferenz. E rstellt jedoch auch in R echnung, daß deren Schriften bei Zeitgenossen relativwenig V erbreitung und noch w eniger echtes V erständnis gefunden h atten.D en klassischen Standard-W erken der „w affenkundlichen“ L iteraturist gemeinsam, daß sie bei aller ^ngestrebten Ü bersichtlichkeit und Systematik U ngeübten n u r schwer den Z ugang zu r M aterie erm öglichten. D erhistorische Ü berblick löst sich bei W ahrung eines ohnehin nicht bis zumLetzten zu realisierenden V ollstän<strong>di</strong>gkeitsprinzips in eine U nzahl technischerInform ationen, B eschreibungen und Phänom ene auf. D ie zw ingende,faszinierende Logik der technischen und technologischen E ntw icklungverschwim mt, zum al über ökonom ische und m ilitärische M otive, <strong>di</strong>e<strong>di</strong>eser Logik zeitweilig entgegenw irkten, nur selten etwas ausgesagt wird.Diesem Z ustand, der nicht allein fü r <strong>di</strong>e W affengeschichtsliteratur charak­


Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.it2teristisch, sondern auch allgemein der V erbreitung wissenschaftlicher undtechnischer K enntnisse hinderlich w ar, versuchten zu Beginn des 20. Jah r­hunderts einige angesehene V erlage R echnung zu tragen.Sie gaben zu einigerm aßen erschwinglichen Preisen sogenannte T aschenbuch-Reihen heraus. Die V erfasser der Einzeltitel besaßen m itunter bereitseinen N am en und wissenschaftliches A nsehen. M anchm al hatten siesich beides erst zu erschreiben. U nter allen U m ständen m ußten sie etwasvon der großen K unst verstehen, ihren wissenschaftlichen G egenstand zueinem gem einverständlichen Anliegen zu machen. R einhold G ün th er gehörtew ohl zu jenen A utoren, denen dank ihrer m etho<strong>di</strong>schen Fähigkeitend er Sprung in eine neuartige populärwissenschaftliche Publizistik gelungenschien, als sein T o d w eiteren A rbeiten ein E nde setzte.* * *R einhold G ünther w ar der erste M ilitärschriftsteller, d er den Versuchw agte, <strong>di</strong>e im 19. Jah rh undert kum ulierte Fülle an Inform ationen undW issen über <strong>di</strong>e Entwicklungsgeschichte d er H andfeuerw affen in einerfür jederm ann verständlichen A rt und W eise zusam m enzufassen undüberschaubar niederzuschreiben. In einer großzügig konzipierten, geschlossenenD arstellung verm ittelt er über das technikgeschichtliche A n­liegen hinaus G rundkenntnisse über Funktion und K onstruktion militärischerH andfeuerw affen und o rd net letztere in ihr jeweiliges historischesUm feld ein.D er A utor beschränkt sich ausdrücklich — wie er im V orw ort betont —auf <strong>di</strong>e technische Seite d er H andfeuerw affen-G eschichte. Aus <strong>di</strong>eserSelbsteinschränkung könnte m an auf Einseitigkeit, vielleicht g ar auf O berflächlichkeitschließen. Ein unbestreitbarer V orzug d er von G ünther d argebotenenSicht besteht jedoch gerade darin, d aß kein technisches P hänomenaus sich selbst heraus erklärt w ird. A nhand zahlreicher, oft n ur beiläufigerw ähnter D etails aus der T ruppenpraxis, dem m ilitärischenB rauchtum u nd der Kriegsgeschichte, aus W affenproduktion, Feuerw erkereiund Ballistik spürt der A utor vielfältigen Sachbezügen nach, <strong>di</strong>e denE ntw icklungsgang m ehr oder w eniger beeinflußten o der gar bestimmten.In <strong>di</strong>eser H insicht ist G ün th er ein m o d e r n e r A utor. Dieses P rä<strong>di</strong>kat ver<strong>di</strong>enter auch im H inblick auf <strong>di</strong>e von ihm in Anspruch genom m ene Q uellenbasis.Z w ar fügt er der von ihm sorgfältig ausgewerteten „klassischen“W affenliteratur keine grundsätzlich neuen o der gar sensationellen Faktenhinzu, zu denen ihm Archiv- oder M useum sstu<strong>di</strong>en hätten verhelfen können.E r geht jedoch mit d er A rbeit seiner V orgänger sorgsam und verantwortungsbew ußt um. W ohltuend ist seine abw ägende und vorsichtige Art,ungenügend aufgeklärte Fakten, Sachverhalte o der Z usam m enhänge d ar­


3zustellen. W er <strong>di</strong>e waffenhistorische L iteraturszene unserer T age einigermaßen aufm erksam verfolgt, w eiß darum , m it welchem unangem essenenA nspruch m itunter Legenden, A nekdoten, unbewiesene V erm utungen ineiner W eise vertei<strong>di</strong>gt und trad iert w erden, als handle es sich um gesichertesW issen. M anch eine fragw ür<strong>di</strong>ge T hese w ird auf <strong>di</strong>ese W eise von A u­to r zu A utor, von Sachbuch zu Sachbuch geschleppt, w eil m an sich auf <strong>di</strong>eA utorität eines V orgängers berufen zu können glaubt. G ünther hingegenzitiert gerade bei unklaren, bedenkensw erten Sachverhalten <strong>di</strong>e von ihmverw endeten Q uellen w örtlich, bietet seinem Leser durch entsprechendenNachw eis <strong>di</strong>e M öglichkeit, seinen G edankengang wie den seiner literarischenK ronzeugen nachzuprüfen o der gar in Frage zu stellen.* * *N atürlich hat ein unveränderter photom echanischer N achdruck eines fastachtzigjährigen Sachbuches hinsichtlich seiner „M od ernität“ und A ktualität G renzen. D ie E rw artungen des Lesers können nur d arauf gerichtetsein, im N achdruck das vorzufinden, was dem W issens- und E rkenntnisstan<strong>di</strong>m E <strong>di</strong>tionsjahr des O riginals entspricht. Das alleine ist im vorliegendenFalle viel, ist solide. Zum E nde des 19. Jahrhunderts erreichte <strong>di</strong>ew affentechnische L iteratur als Spiegelbild d er W affenentw icklung, -Produktion und -erprobung eine neue Q ualität. D ie em pirischen M ethodend er W affenkonstruktion und des W affenbaus w urden durch eine wissenschaftlichorganisierte und begründete, arbeitsteilige E rfindungsproduktionbzw. durch industrielle M assenfertigung von R üstungsgütern abgelöst.N euartige M eßgeräte und -verfahren hoben <strong>di</strong>e Ballistik und <strong>di</strong>eK onstruktionslehre auf eine neue Stufe. Das naturw issenschaftliche D en ­ken begann, zeitlich etwas versetzt aber zwangsläufig, auch <strong>di</strong>e W affengeschichtsforschungund ihren literarischen N iederschlag zu prägen.Angesichts d er Kriegsverluste an Archiv- und M useum sgut sind <strong>di</strong>e seinerzeiterreichten Ergebnisse der W affengeschichtsschreibung heutzutagew ohl nur noch sehr mühselig zu ergänzen, geschweige in der Substanzwesentlich zu erw eitern. Zuwachs ist vor allem an E r k e n n t n i s s e n ausd er W affengeschichte, ihrer Interpretation und wissenschaftlichen Absicherunganzustreben und zu erzielen. W affengeschichte ist durch intensiveErforschung d er Bewaffnungsgeschichte — beide Begriffe w erdennoch allzu häufig und fälschlicherweise als Synonyme gebraucht — zu ergänzenund auf ihre m ilitärische Relevanz zu prüfen. Erkenntnisse neu artigerW issenschafts<strong>di</strong>sziplinen und H ilfswissenschaften müssen A lthergebrachtesin Frage stellen, bestätigen, widerlegen, w eiterführen. Kein W affenhistorikerkann zum Beispiel m ehr an neuen soziologischen o der militärökonomischen Forschungsergebnissen Vorbeigehen. An <strong>di</strong>e W issen­


4schaft w erden im m er höhere Ansprüche hinsichtlich d er inter<strong>di</strong>sziplinärenZusam m enarbeit gestellt. Für den sich auf dem Feld der G eschichte bew e­genden W issenschaftler heißt das, sich schnell und m öglichst aus zeitgenössischerQ uelle schöpfend eine zuverlässige V orstellung von R an d zo ­nen und N ebenstrecken seines Forschungsterrains zu verschaffen. D erN achd ru ck eines inzwischen selten gew ordenen Ü berblicks- und Standardwerkes dürfte in <strong>di</strong>eser Situation zu einem unentbehrlichen A rbeitsinstrument w erden.* * *Für den Leser technikgeschichtlicher Sachliteratur, ob H istoriker oderLehrer, M useologe o der R estaurator, Laienforscher oder W affensam m lersind oftm als H ilfsm ittel von Bedeutung, <strong>di</strong>e den T ext veranschaulichen,präzisieren o der ergänzen. D as Problem w ird deutlich, w enn m an einmaldas ver<strong>di</strong>enstvolle Buch von M oritz T hierbach „D ie geschichtliche E ntwicklung d er H andfeuerw affen, bearbeitet nach den in den deutschenSam m lungen noch vorhandenen O riginalen“, D resden 1888, 2 Bände, in<strong>di</strong>e H an d nim m t und versucht, <strong>di</strong>e sehr präzisen, aber zw angsläufig sehrum ständlichen und langatm igen K onstruktions- und Funktionsbeschreibungeneinzelner W affen gedanklich nachzuvollziehen. O hne w affentechnischesG rundw issen u nd -Vokabular, ohne eine gewisse H ilfestellung undÜ bung in der optischen U m setzung solcher Beschreibungen, stellen sichda Schwierigkeiten ein.D as Buch R einhold G ünthers enthält zahlreiche technische D etailzeichnungen,Skizzen und Schnitte, <strong>di</strong>e, in den T ext eingestreut, auch dem ungeübtenLeser in Z uordnung und E rläuterung des jeweiligen Stoffes leichtverständlich sind. D ie Auswahl d er Zeichnungen unterstreicht das Anliegendes A utors, beim Leser das V erständnis für technische Z usam m enhänge,für eine G esam tsicht zu fördern. W er darin eine Bestimmungshilfefür unbekannte W affenobjekte sucht, wird zw ar erste H ilfe finden, aberauf spezielle N achschlagew erke nicht verzichten können.Diese Em pfehlung m ag d er Leser auch bei der B enutzung d er typologischenÜ bersichtstafeln im A nhang gelten lassen. Das darin enthaltene um ­fangreiche M aterial an technischen M aßangaben und ballistischen P arametern ist zw ar zuverlässig, aber es sollte gerade bei d er Identifizierungund Bestim m ung unbekannter W affen niemals zum alleinigen Hilfsm ittelgem acht w erden. Im Sinne G ünthers ist es vielm ehr, stets den Blick für dashistorische und technische U m feld d er W affe zu schärfen. Jede m ilitärischeO rdonnanzw affe ist ein G ebrauchsgegenstand, der der m ilitärischenN utzu n g in Kriegs- und Friedenszeiten, also auch d er V eränderung, demV erschleiß unterlag. M aßangaben, zum Beispiel solche von Länge oder


5Kaliber einer W affe, sind stets im Rahm en d er zeit- und herstellungsbe<strong>di</strong>ngtenT oleranzen zu sehen. D er bei langjährigem G ebrauch unausbleiblicheA bnutzungsgrad ist ebenfalls in R echnung zu stellen. Bei L iteraturvergleichenkönnen unterschiedliche M eßprinzipien und M ethoden, sofern<strong>di</strong>ese vom militärischen V orschriftenw erk abweichen, zu unterschiedlichenM aßangaben führen. D er Leser sollte sich den k r i t i s c h e n U m ­gang m it der Sachliteratur, auch m it der gegenw ärtiger A utoren, auch mitscheinbar unverrückbarem technischen Faktenm aterial zum Lese- und A r­beitsprinzip m achen. D as bew ahrt ihn vor E nttäuschungen.* * *„W issen und K önnen“ heißt sinnvoller W eise <strong>di</strong>e Taschenbuchreihe desLeipziger V erlages von Johann Ambrosius Barth, <strong>di</strong>e von 1908 bis 1911erschien und w elcher d er vorliegende R eprint-B and entnom m en ist. U nserA utor, D r. R einhold G ünther, befindet sich mit seinem T itel, dem16. Band d er R eihe, in auserlesener Gesellschaft. Kein geringerer als derC hem iker W ilhelm O stw ald, M itbegründer d er physikalischen Chem ieund N obelpreisträger, eröffnete m it dem populärwissenschaftlichen B ändchen„Die E nergie“ das E<strong>di</strong>tionsprogram m . In <strong>di</strong>esem illustren Kreism ußte sich natürlich jeder A utor selbst und auf seinem Fachgebiet beweisen.G ünther b o t in erster Linie W is s e n um <strong>di</strong>e allgemeine Geschichted er H andfeuerw affen, das W issen seiner Z eit au f <strong>di</strong>esem G ebiet an.Eine solche Aussage m uß natürlich verläßlich sein. Sie ist es, denken wir,w eil nachprüfbar. D ie Zueignung des Buches für R ichard W ille, langjährigerD irektor d er Staatlichen Pulverfabrik H an au bzw. d er staatlichenpreußischen A rtilleriew erkstatt zu Spandau (1891 als G eneralm ajor ausdem aktiven D ienstverhältnis ausgeschieden) und V erfasser der um <strong>di</strong>eJahrhundertw ende w ohl bedeutendsten „W affenlehre“1, erfolgte sicherlichnicht zufällig und ohne Absprache. W er R ichard W illes Lebenswerkund sein wissenschaftliches A nsehen in nationalen und internationalenFachkreisen in R echnung stellt, w ird schon <strong>di</strong>ese Zueignung als „M arkenzeichen“zu schätzen wissen.N och überzeugender aber dürfte ein <strong>di</strong>rekter Literaturvergleich sein, derdurch folgenden U m stand möglich w ird: O b durch <strong>di</strong>e Schrift des Ausländersund Außenseiters G ünther beeinflußt oder nicht — das läßt sich w ohlkaum noch nachprüfen —, offensichtlich jedoch einem aktuellen Leserbedürfnisfolgend, erschienen im V orkriegsdeutschland nicht w eniger alsdrei w eitere, ähnlich angelegte w affenhistorische T aschenbücher zum1 R. W ille, W affenlehre, 3. Auflage, Berlin 1905.


Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.it6T hem a „H andfeuerw affe“.1 O bw ohl es schwerfällt, <strong>di</strong>e V or- und N ach ­teile eines jeden Bändchens gegeneinander aufzurechnen, so füllt dochunzw eifelhaft das Buch G ünthers den w eitesten R ahm en. Ein Vergleichm it W eiß’ „D ie H andfeuerw affen . . .“ legt <strong>di</strong>e V erm utung nahe, daß letzterer<strong>di</strong>e ihm vorausgegangenen E <strong>di</strong>tionen, auch <strong>di</strong>e des „K onkurrenten“G ünther, sorgfältig ausgew ertet und genutzt hat. So folgte W eiß einerausgefeilteren Systematik, nim m t aber auch den N achteil in K auf, <strong>di</strong>eFrühgeschichte d er H andfeuerw affen zugunsten einer Skizze über <strong>di</strong>eM aschinenw affen stark zu verkürzen. N icht zuletzt verzichtete er auf <strong>di</strong>efü r G ün th er charakteristischen Bezüge zu r M ilitär- und Kriegsgeschichtesowie zu r W affenproduktion w eitgehend.* * *.W ie nicht anders zu erw arten, stellte <strong>di</strong>e Zeitschrift „Schuß und W affe“das Buch ihres korrespon<strong>di</strong>erenden M itarbeiters D r. G ünther nach seinemE rscheinen auf dem B uchm arkt vor. In d er Literaturspalte d er N r. 11 desJahrgangs 1910/11 findet sich eine Buchbesprechung, <strong>di</strong>e zum indest anU m fang und A usführlichkeit nichts zu w ünschen übrigläßt.Die B uchkritik w ird mit der verblüffenden Feststellung eröffnet, daß D r.R einhold G ün th er „den Lesern <strong>di</strong>eser Zeitschrift bereits durch seine A ufsätzeaus d er Entw icklungsgeschichte d er H andfeuerw affen bekannt“ sei.M an m öchte ergänzen: Selbst dem flüchtigen Leser konnte nicht verborgenbleiben, daß zum indest zwei Artikel unzw eifelhaft als vorabgedruckteStu<strong>di</strong>en zum Buch zu erkennen sind.M an sollte annehm en, in einer Sachbuch-R ezension seien in erster Liniesachliche, und hiervon w iederum wesentliche Bem erkungen, auch E inwände, geltend zu m achen. V erfährt der K ritiker etwa anders? N ein! Erfü h rt d er darob verm utlich ehrfürchtig staunenden Leserschaft p ar excellenzevor, was ein deutscher Professor alles weiß und was m an einem kleinenSchw eizer K ollegen schul<strong>di</strong>g zu sein scheint!G anz „sachlich“ w erden dem „H errn V erfasser“ P un k t für P unkt, wennauch sehr w ortreich und in einer penetrant-schulm eisterlichen D iktionn eunzehn (!) unzutreffende Ansichten, V erw echselungen, Irrtüm er, U n ­richtigkeiten präsentiert. D em O rtsrivalen T hierbach gibt m an’s bei <strong>di</strong>eserG elegenheit gleich mit.1 G. W rzodek, D ie E ntw icklung der H andfeuerw affen seit der M itte des 19. Jahrhundertsund ihr heutiger Stand, Leipzig 1908, (Sam m lung G öschen, Bd. 366).W . G ohlke, G eschichte der gesam ten Feuerw affen bis 1850, Leipzig 1911, (Sam m lung G ö ­schen, Bd. 530)R. W eiß, D ie H andfeuerw affen. Ihre Entw icklung und T echnik, Leipzig 1912, (Aus „N aturund G eistesw elt“, Vlg. T eubner).


7Bei aller Sachlichkeit kom m t d er K ritiker nicht um hin (sowie um <strong>di</strong>ekleine K oketterie nicht herum ), auf Artikelstellen aus eigener F eder aufmerksam zu m achen, <strong>di</strong>e der D elinquent offensichtlich nicht genügendzu r Kenntnis zu nehm en trachtete. D as Selbstzitat lüftete dann auch dasGeheimnis des N am ens des R ezensenten. H ier traf des Professor BennoW andollecks G eschoß, seines Zeichens D irektorialassistent am Z oologischenM useum zu D resden. W arum nun zuguterletzt soviel A ufregung —in einem N achw ort, das doch w ohl besser besinnlichem A usklang Vorbehaltenbleiben sollte!?D ie A ntw ort ist einfach und durchaus ernst gem eint:D er V erfasser <strong>di</strong>eses N achw orts glaubt, sich seines D resdener L andsm annesein w enig schäm en, dem Schw eizer L andw ehr-O ffizier hingegen G e­rechtigkeit w iderfahren lassen zu müssen.Schließlich: W er sagt, daß nicht durch dum m en Zufall o der durch systematischesLiteraturstu<strong>di</strong>um <strong>di</strong>e K ritik dem Leser eher in <strong>di</strong>e H än d e gelangt,als unser R eprint-B and? W ie sollte m an sich da gegen den m öglichenLeservorw urf behaupten, m an w ürde <strong>di</strong>e L iteraturkritik nicht zurK enntnis nehm en? Steht doch darin („Schuß und W affe“, N r. 11 des J a h r­gangs 1910/11, S. 240) auch der bem erkensw erte Satz: „Sehen w ir vond(ies)em der Revision bedürftigen Abschnitt über Faustfeuerw affen ab, sokönnen w ir das Buch allen denen, <strong>di</strong>e sich einen allgem einen Überblicküber <strong>di</strong>e Entw icklung der H andfeuerw affen verschaffen w ollen, bestensem pfehlen.“H ab en t sua fata libelli — B ücher haben ihre Schicksale!D resden, im D ezem ber 1987M useum srat D r. G ünter T hiede


Weitere Publikationen von R. GüntherGeschichte des Feldzuges von 1800 in O berdeutschland, d er Schweiz undO beritalien, Frauenfeld b. W interthur 1893Beiträge zu r G eschichte der Schweizer Infanterie, Frauenfeld b. W interthu r 1895D ie E ntw icklung der F euertaktik . . ., Berlin 1902D ie schweizerische A rm brust; in: Schuß und W affe, Jg. 1907/08, N r. 11Ein H in terlader aus d er Z eit vor siebzig Jah ren ; in: Schuß und W affe, Jg.1907/08, N r. 12 (Ü ber ein H interlader-Jagdgew ehr des Belgiers T honon.)D er m ilitärische Jugendunterricht in der Schweiz; in: Schuß und W affe,Jg. 1907/08, N r. 14Aus d er Entwicklungsgeschichte d er H andfeuerw affen, I. D ie P erkussionszündung;in: Schuß und W affe, Jg. 1907/08, N r. 15D as M auser-M ehrladegew ehr M odell 1907 )+; in: Schuß und W affe, Tg.1907/08, N r. 17D ie H erstellung von M ilitärgew ehren in D eutschland )+; in: Schuß undW affe, Jg. 1907/08, N r. 19Aus der G eschichte der H andfeuerw affen, II. D ie Pflasterbüchse(1550—1850); in: Schuß und W affe, Jg. 1908/09, N r. 3Ein vergessener H in terlader; in: Schuß und W affe, Jg. 1908/09, N r. 8(Ü ber ein G ew ehr d er französischen C entgarde [H interladekarabiner mitFallblockverschluß] von Treville de Beaulieu.)Staatsgew ehrfabriken und G ew ehrpreise; in: Schuß und W affe, Jg.1908/09, N r. 9M aschinengew ehr System R exer (d. i. leichtes M G M adsen, M odell1904); in: Schuß und W affe, Jg. 1908/09, N r. 13Aus der Entw icklungsgeschichte der H andfeuerw affen, III. D ie gezogenenV orderladungs-G ew ehre; in: Schuß und W affe, Jg. 1908/09, N r. 14D as freiwillige Schießwesen in d er Schweiz; in: Schuß und W affe, Te.1908/09, N r. 19D ie G eschichte d er P atrone; in: Schuß und W affe, Jg. 1908/09, N r. 23


D ie Geschichte der Patrone; in: Schuß und W affe, Jg. 1908/09, N r. 24D ie Artikel in „Schuß und W affe“ w urden vom A utor gezeichnet mit— D r. R einhold G ünther— D r. R. G.— R. G.— H auptm ann R. G.— H auptm ann D r. Reinhold G ünther, Basel— H auptm ann d. L. D r. Reinhold G ünther, BaselD ie m it)+ versehenen T itel sind im O riginal mit „G .“ gezeichnet. Ihr V erfasserist mit g rö ß ter W ahrscheinlichkeit R. G ünther.


Übersichtstafel IV.Die wichtigsten Angaben über <strong>di</strong>e nach 1870 eingeführten Einlader.Questo testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itStaaten und KonstrukteureGewehrJahr der KonstruktionD e u ts c h es R e ic h F ra n k re ic h I t a lie n N ie d e r la n d eMai iserGras Vetterli de BeaumontInfanteriegeweht1871 1871JägerbüchseGewehr 1874 Gewehr 1870 Gewehr 1871R u ß la n dBerdanII. 1872.S e rb ie nMauser-Milovanowitsch1880S p a n ie nRemington1871Gewicht \ 0hne S i 4500 4410 4140 4100 4350 4350 4500 4075r ..f BeiwaffeLange ) mm 133° 1200 1305 1347 1320 1 1360 1290 1315Länge mm i 855 850 820,5 842 830 832 805 940Seelenweite (Kaliber) mm 11 11 io ,35 11 j 10,66 10,15 11Züge, Zahl 4 4 4 4 6 4 6Lauf Breite mm 4.32 4,32 4,i 4,32 4,19 4 4,30VisierVerschlußBeiwaffePatroneGeschoßDrall, 1 Umgang auf mmAnordnung der ZügeTiefe mm 0,15 o,3 0,2— 0,25 0,30 0,27 0,17 0,20Artrechts550Klappe,Leiter mit Verlängerunglinks550Leiter mitVerlängerungrechts660Quadrantkonzentrischrechts750Leiterrechts550Leiterund Trepperechts550Klappeund Leiterrechts650Leiterund TreppeHöchste Stellung m 1600 1800 1600 1800 1600 1800 1000Art (Zündung)Art; Zylinder, Selbstspanner mit Drehverschluß, Zentralfeuer, Zündstift, Liderung durch <strong>di</strong>e metallene Patronenhülse,3 Ladegriffe.SeitengewehrDegenbajonettSäbelbajonettSäbelbajonettDreikantigesSäbelbajonett SäbelbajonettStich bajonettGewicht ohne Scheide g 880 520 590 400 370 625 546Klingenlänge mm 470 478 505 535 540 475 400HülsenmaterialMessing Messing0 |dann MessingKonstruktion der Hülse (i laschenförmig) nach BerdanMessing Messing : ,Erst £ u P f e r -MessingLänge mm 76,8 76 65,7 77 75 67 76,7Gewicht g 42 43,8 30 43 42,5 40 42Gewicht g 25 25,4 20,4 25 24,1 2 i ,75 25Länge mm 27.5 27 ? 22 26,7 29,1 28Führung durch <strong>di</strong>e Züge Stauchung Stauchung Pressung PressungPressung,Stauchung,ExpansionStauchungAnfangsgeschwin<strong>di</strong>gkeit m 440 450 430 420 442 512 423MessingStauchungQuerschnittsbelastungg auf den qmm 0,255 0,263 0,220 0,200 0,248 0,268 0,260Pulverladung Gewicht g 5 5,*5 4 4,25 5,07 4,80 5Gestrichener Raum !jen den Infanteristen:(1,8 m) 'sauf 300 m 355 362 148 126 105auf 600 m 52 46 47 40 38auf 900 m 25 24 24 20 20auf 1200 m 15 14,5 — - —auf 1600 m1 0 1 - 9 - - -


tung, Maße und Gewichte einiger Hinterlader des Zeitraumes 1841— 1871.Zündsatzim:PatroneZündungdurch:1LingemmgGewicht der PulverladungGewichtGewicht— Hütchen — — 5i- do. 57,6 32,6 27,6gGeschoßFormSpitz miteiner RiffelSpitz nachMini6Führungin den ZügenAnfangsgeschwin<strong>di</strong>gkeitdes GeschossesMaximum des bestriche-S nen Raumes gegen1,8m Zielhöhe auf 300mWirksame Schußweite.Höchste VisierstellungZahl der Ladegriffe1 Zahl der gezielten Schüssein 1 Minutes43&krg«3 4>cte GS 1" ft*«*>4M£Stauchung 4,5 ? ? 35° 5 2 53Bem erkungenIn Schweden (1851) für <strong>di</strong>e Marine mit Verbesserungen durch Frjlitzenund (1864) für <strong>di</strong>e Infanterie mit Verbesserungen durchHagström angenommen. Im Dienst bis 1867. Beiwaffe: DreikantigesStichbajonett.Expansion 4 ? ? 500 5 2— 3 9i Auch zur Vorderladung eingerichtet. Im Dienst bis 1867. Yatagan.- do. - — 29,64Spitz nachv. Podewilsdo. 4 ? ? 600 5 3—4 — Im Dienst bis 1871. Dreikantiges Stichbajonett.SpiegelNadelstichinZündpille61 39 31do. do. 61 3°, 6 21,5Zentral imHülsenbodendo. 68 32 24,5Langblei mitSpiegelführung.13,6 mmDurchmesserdo.Geschoßdurchmesser12 mmSpitz ohneNuten mitBodenhöhlungdurchSpiegel 4,85 300 93 600 6 6 78 Im Dienst von 1848 bis 1867. Dreikantiges Stichbajonett.do. 4,85 350 93 1200 5 8 98Seitengewehr zum Auf­Im Dienst bis 1874; umgeändert 1872.pflanzen eingerichtet.Pressung 5,5 420 i n 1300 4 10 90 Im Dienst bis 1874/75. Yatagan.do. do. \&2 43.2 35,5Spitz nachMini6Expansion 5,07 39 90 800 5 S 69 Dreikantiges Stichbajonett.do. do. 53 43.8 36Im Randedes HülsenbodensZentral imHülsenbodenSpitz nachNeßlerStiftschlag 56 30,5 20,4 Spitzdo. it.6 36 21,96 do.Spiegel undExpansion 4,5 316 72 600 4 10 69 Im Dienst bis 1874. Dreikantiges Stichbajonett.Expansion,Pressung undStauchung3,75 435 344 800 4 10 98Pressung,Expansion 4,3 412 355 876 3 12 69Scharfschützengewehr bis 1871. Dann Bewaffnung der Genietruppenund Parkkolonnen. Vierkantiges Stichbajonett.1875 für <strong>di</strong>e Munition des deutschen Infanteriegewehrs von 1871umgeändert. Im August 1876 aufgegeben und durch das Gewehrusw. von 1871 ersetzt. Yatagan.do. do. I M 48,3 3M do. Pressung 5,5 416 174 1600 3 12 62do. do. 68,5 41 25 do. do. 5 400 121 1400 3 X2 74Im Dienst bis 1891. Yatagan. Angenommen zur Bewaffnung auchvon Rumänien, der Türkei und China.Im Dienst bis 1891. Yatagan. Angenommen zur Bewaffnung auchvon Brasilien.I


Übersichtstafel III a.Einrichtung, Maße und Gewichte einiger HinterlacQuesto testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itBezeichnungderWaffeNorwegisches Gewehr von1842/60Ba<strong>di</strong>sche Jägerbüchse von1863Bayrisches nach SystemLindner und v. Podewilsumgeändertes Infanteriegewehrvon 1858/67Preußisches Zündnadelgewehrvon 1841, SystemDreysePreußisches Füsiliergewehrvon 1860, System Dreyse,m. „Aptierung“ nach BeckFranzösisches Gewehr von1866, System ChassepotRussisches umgeändertesGewehr von 1856/67, SystemCarlItalienisches umgeändertesGewehr von 1860/67, SystemCärcanodo.mit TuchscheibchenSchweizerisches Scharfschützengewehrvon 1867,System PeabodyBayrisches Gewehr von1869, System WerderEnglisches Gewehr von1871, System MartiniBelgisches Bürgergardengewehrvon 1871, SystemComblain IIArtVerschlußLiderungmmKammer Metall 18KolbenArt deiVisiertl11ZahlZttgeBreite Tiefem mDrall1:Umgangauf mmGanze WaffeohneBeiwaffeLängemmgHülseaus:Zündsatzim:PatroneZündungdurch:Klappen' 6 4,7 o,75 838 1500 4000 Papier — HütchenDurch <strong>di</strong>ePatrone 13.9 Quadrant 5 ? 0,25 1000 ? 4570i1Linge1fn m(LaufweiteGewichtGewichtGewicht('t~ — 5iPapier mitFilzboden - do. 57,6 32,6 27,6Kolben Metall *3,9 Klappe 4 5,2 0,2 1500 1328 4200 Papier — do. - — 29,64ZylinderMetalldo. Kautschuk 15,4315,43 Klappen1 4 6 0,78 732 1423 5083 Papier SpiegelKlappen u.Leiter 4 6 0,78 732 1350 4717do.mit Tuchscheibchendo. do. 11,44 Leiter 4 4,32 0,3 550 1305 4060 Papierdo.Durch <strong>di</strong>ePatrone15,24 bis 16 Quadrant 4 5,6 0,38 *340 1352 45iodo. Metall 17,6 Klappe 4 7 0,25 2000 1414 4150Fallblockmit KreisbewegungDurch <strong>di</strong>ePatronedo.mit Pappboden10,4 Quadrant 4 4,5 0,225 720 1320 4220 Tombakdo. do. 11,52 Leiter 4 4,2 0,26 915,4 1308 4265 Messingdo. do. n ,43Fallblock mitsenkrechterBewegungTreppe undLeiter7Polygonaldo.Zentral imHülsenbodenNadelstichinZündpille51 39 3ido.i30,6 21,5do. 68 32 24,5do. do. 62 43,2 35,5GesiFormSpitz meiner RilSpitz naMiniiSpitz nav. PodevLangbleiSpiegelfiirung. 13,


Übersichtstafel III b.Einrichtung, M aße und Gewichte einiger HinterladerBezeichnungderW affeösterreich-ungarisches Gewehrvon 1867, SystemWerndlArtDrehblockVerschlußLiderungDurch <strong>di</strong>ePatroneArt des !Visiers ;mm 1I ITreppe und|LeiterZahlBreitemmZügeTiefemmDrallI:Umgangauf mmGanze WaffeohneBeiwaffeLängemm6 3.84 0,l8 725 1283 4170tHülseaus:do.(Ursprüngl.Kupfer)Zündsatzim:PatroneZündungdurch:LängemmcLaufweiteGewichtGewichtGewichtZentral imHülsenboden Stiftschlag 60,6 £2,4 20,28später24(GeschoSFormiiSpitzEnglisches umgeändertesGewehr von 1853/66, SystemSniderKlappe mitebenerBewegungdo. 14,6 do. ' 3


Ü b ersichtstafel II.M aße und G ew ichte ein iger V orderlader m it gezogeneQuesto testo e stato prelevato dal sito <strong>di</strong> <strong>Edoardo</strong> <strong>Mori</strong> - http://mori.stu<strong>di</strong>onet.itL adungsoderG eschoßartDrangoderPflasterladungStauchung auf demKammerrande.System DelvigneStauchungauf dem Dorn.System Thouveninu. Geschoßart nachSystem TamisierTreibspiegelgeschosseHohlgeschosseB ezeich n u n g der W affeFranzösische Jägerfrfichse, sog. „Carabine de Versailles“I von 1793Preußische Jägerbüchse von 1810, sog. „PotsdamerBüchse“Englische Schützenbüchse von 1835, sog. „BraunschweigerBüchse“Russische Schützejibüchse von 1843, sog. „Lütticher-Stutzer“Schweizeris« her „Feldstutzer“ von 185113,5414,6417.917.78io,SA rt des V isiersStandvisier und 1 KlappeStandvisier und 2 Klappendo.do.Quadrant8oder4Breitemmo,78,66,8ZügeTiefemm0,780,80,760,26DrallI Um.gang aui670469,848621604900Ganze WaffeohneBeiwaffeLängemm1130168011501255GewichtZLängemm3450 —4320413941605000i 7,7bzw.I9,°23025,5Durchmessermmi14,414,6417,7bzw.19,02J7,4bzw,18,310,4GeschoßGewichtg17,518,0536,014916,66Kugeldo.Kugel mit GürteSpitz mit 2 NaseiFranzösisches sog. „fusil de rempart alUge“ von 1842 20,5 Standvis. u. 1 Klappe mit 3 Löchern 0,3 o,5 812 1271 5300 45,5 Kugelösterreichische sog. „Kammerbüchse“ von 1841/42 18,13Sar<strong>di</strong>nischeBersaglieri-Büchse von 1844 16,9Französische sc g. „Carabine ä tige“ von 1846 17,8Oldenburgisches Infanteriegewehr von 1847 17,28Preußische (18(47) umgeänderte Jägerbüchse,sc}g. „Dornbüchse“ 14,66Bayrische Jägerbüchse von 1854 17,13Französisches sog. „Gardegewehr“ von 1853/54Englisches Gewehr von 1852, sog. „Enfield-Rifle“Preußisches ge^< ogenes Infanteriegewehr, U/M,glatt 1839, gezogen 185517,814,7Großherzogi. hessisches Infanteriegewehr von 1857 13,9Schweizerischles Infanteriegewehr 1844/59,sog. „Prilaz-Bumand-Gewehr“österreichisches Infanteriegewehr von 1855Druckgeschossemit Bodenhöhlung Bayrisches Infanteriegewehr von 1858Schweizerisc hes Jägergewehr von 1856 1Schweizerisch«: s Infanteriegewehr von 1863 /1817,7bis18,313,913,910,4Standvisier und 2 Klappen 0,36 1318 3900 17,48 17,43 38,7 Spitz mit 1 Nut«Klappvisier 2,35 o,3 1335Leitervisier mit Schieberund 4 KimmenOben0,3Unten1262o,5Standvisier und 2 Klappen 4,9 o,79 1988 1439Standvisier und 2 Klappen,6 KimmenStandvisier mit Leiter (sog. „Derivations“‘-Visier)2,878,2Standvisier 6,7Treppenvisier mit 3 Kimmen 6,3Standvisier und Klappemit Schieber und 3 Kimmen 5,49Standvisier und Klappe (Quadrant)mit 1 KimmeQuadrantStandvisier und Klappe mit3 Kimmendo.Quadrant4,376,95,45,z0,52o,470,196o,30,260,2860,250,20,2942 11191569 125519821558143116002327150a8101477140014401425145613351328132013804200 234475 294989 27,164530 26,154480 25, **4300 284000 24.384260 28,774710 254623 244000 234000 23425045oo16,317,216,7414,3817,101714,43i 7,


•el II.Maße und Gewichte einiger Vorderlader mit gezogenem Laufe.ZahlBnJtemmZügeTiefemmDrallI UmgangauGanze WaffeohneBeiwaffeLängemmGewichtgLSagemmDurclmessfermnsG eschoßGewichtgForm+. c•g £* 5 »-1 3W eitere A ngabenW 4)ppe 7 o.7 ? 670 ? 3450 — 14,4 I 7>5 Kugel 4 Keine Beiwaffe. 1805 außer Dienst gestellt. Steinschloß.gipen 8 ? 0,78 469,84 1130 432° — 14,64 18,05 do. 7,308Achtkantiges Rohr, gewöhnliche Schwanzschraube. Nußbaumschaft. Messinggarnitur.Stecherschloß. Hirschfänger. Bis 1835 im Dienst. Steinschloß.2 8,6 0,8 862 1680 413917,7bzw.19,022 6,8 0,76 1604 XX50 4160 308oder417,7bzw.19,02 36,01 Kugel mit Gürtel 4,43 Patentschwanzschraube. Vierkantbajonett. Bis 1856 im Dienst. Perkussionskettenschloß.*7,4bzw,18,32 0,26 900 1255 5000 25,5 10,4 16,66 Spitz 449 Spitz mit 2 Nasen 4,8 Kammerschwanzschraube. Gew. Perkussionsschloß. Dreikantbajonett. Bis 1864 im Dienst.Patentschwanzschraube mit Basküle. Runder Gußstahllauf. Perkussionsketten - Rückschloß.Dreikantbajonett mit Federbefestigung. Ladestock mit Steilscheibe. Bis 1867 als Vorderlader,bis 1871 als Hinterlader im Dienst.Löchern 6 o,3 o,5 812 1271 53oo 20 20 45,5 Kugel 6,25 Perkussionsriickschloß ohne Stecher. Runder Eisenlauf. Haubajonett. Bis 1846 im Dienst.jpen 12 ? 0,36 1318 1121 3900 17.48 17,43 38,7 Spitz mit 1 Nute 4 Zünderschloß mit Stecher. Haubajonett. Bis 1856 im Dienst. Ausgerundete Kammer.aer8 2,35 o,3 1335 IIOO 4200 23 16,3 35 Spitz 3,5 Perkussionsschloß. Kammer konisch ausgefräst. Yatagan. Im Dienst bis 1860.4 7Oben0,3Unten0,52000 1262 4475 29 17,2 47,5 Spitz mit 3 Nuten 4,5Perkussionsrückschloß ohne Stecher. Runder Eisenlauf. Korn aus Kupfer. Yatagan. OhneDorn seit 1856. Als Vorderlader im Dienst bis 1867, als Hinterlader bis 1871. Blockschraubp.Dornlänge 38 mm, Dornstärke 9 mm.>pen 4 4,9 0,79 1988 1439 4989 27,16 16,74 27,35 Spitz mit 2 Nuten 3,67 Perkussionsschloß. Dorn mit Spitze. Stichbajonett. Im Dienst bis 1861.ipen,g- ,R e ­8 2,87 0,52 942 I I 19 4530 26,15 14,38 3i ,7 do. 3,34 8,2 0,47 156 9 1255 4480 25,11 17,10 43,75 Spitz mit Nuten 4,924 6,7 0,196 2000 1477 4300 28 17 49 Spitz mit 3 Nuten 5imen 3 6,3 0,3 1982 1400 4000 24,38 14,43 34,6 4,43Perkussionskettenschloß mit Stecher und Deckelsicherung. Korn von Neusilber. Hirschfänger.Bis 1856 im Dienst. Ursprünglich (1835) zur Pflasterladung eingerichtet. Patentschwanzschraube.Dorn 43 mm lang und 6,8 mm stark.Perkussionskrappenschloß mit Stecher. Bewegliches kupfernes Korn. Blockschwanzschraube.Dorn 38,7 mm lang und 9,89 mm stark. Yatagan. Im Dienst bis 1860.Blockschwanzschraube. Perkussionsrückschloß. Stichbajonett. Geschosse nach Neßler 1856und 1863. Im Dienst als Vorderlader bis 1867, als Hinterlader bis 1871.Blockschwanzschraube mit Schweif. Perkussionskettenschloß. Im Dienst als Vorderladerbis 1866, als Hinterlader bis 1871. Stichbajonett.peimen S 5.49 0,26 1558 1440 4260 28,77 1 7 ,$5 45,67 Spitz mit 3 Nuten 5, i 8 Patentschwanzschraube. Perkussionsrückschloß. Im Dienst bis 1867. Stichbajonett.adrant)mitS 4,37 0,286 1431 1425 4710 25 13,5 28 Spitz 4 Blockschwanzschraube mit Haken. Perkussionskrappeiischloß. Stichbajonett. Im Dienst bis 1867.4 6,9 0,25 1600 1456 4623 24 17,43 35,8 do. 4,54 5,4 0,2 2327 1335 4000 23 13,5 29,64 Spitz mit 1 Nute 44 1 15,2 0,2 1500 1328 4000 23 13,6 29,64 do. 44 1 4 j 0,2 810 13201380 42504500 26,71 10, 18,25 Spitz mit 3 Nuten 4,1Patentschwanzschraube. Perkussionsschloß. Stichbajonett. Im Dienst als Vorderlader bis 1867,als Hinterlader bis 1871.Blockschraube. Perkussionskrappenschloß. Stichbajonett. Im Dienst als Vorderlader bis 1867,als Hinterlader bis 1870.Kammerschraube nach Podewils. Perkussionskrappenschloß. Stichbajonett. Im Dienst alsVorderlader bis 1867, als Hinterlader bis 1871.Patentschwanzschraube mit Basküle. Perkussionsrückschloß. Stichbajonett. Im Dienst alsVorderlader bis 1867, als Hinterladja bis 1885.


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Übersichtstafel I.Maße und Gewichte einiger Vorderlader mit glattem Laufe.rWaffeGewichtLaufii i *Ganse Ubure Gewicht derN Bezeichnung der Waffe1 * ohne I mit ohne I mit■8 Länge Weite ö Beiwaffe Beiwaffe Kugel Ladungmm mm mm mm | mmÜff | ff ff ffEinzelheitenFranzösisches Gewehr, 17 7 7 . IOÖO x8 17,5 X420 1780 4200 4450 28 I I Korn auf dem Oberhand. Eisengarnitur.Ringfeder für Baj onettbefestigung.Preußisches Gewehr, 1808 . . 1046,3 18,83 16,9 ? 1862 4900 26,3 Doppelköpfiger Ladestock. Korn auf dem9 ,7« ' Oberbande. Messtaggarnitur. Ringi3feder für Bajonett-Befestigung.Französisches Gewehr, 1822 1082,8 17,5 16,3 I462 1822 3900 4150 25.6 10.5Korn auf dem Oberband. Leichte Messinggarnitur.460,2 mm langes BajonettPreußisches Gewehr, 1839 . . XO48 18,6 16 ,76 1440 I9II 4260 4670 29 6,7Patentschwanzschraube mit Standvisier.Korn auf dem Laufe. Keraschufi 180*.Krappen schloß. Zylindrischer Ladestock.Französisches Gewehr, 1842 . 1083 18 *6 ,7 1475 1935 4245 4572 29,3 9j Russisches Gewehr, 1844 . . 1083 i 7»9 17,2 1447 1850 43° ° 4690 29,8 7.41Preußisch. Karabiner U/M, 2840 43*»« x5>95 14,12 8x0,8 2420 *7.97 4.26Gew. Schwanzschraube. Visier auf demLaufe, ebenso das eiserne Korn. Dillenbajonettmit Ringbefestigung.Blockschwanzschraube. Sonst gleich wiedas fransösiadhe Gewehr 1841Kein Visier. Messingfcom auf dem Laufe.Blockschwanzschraube. Krappenschlofimit Deckelsicherung.PU Preußische Pistole, 1834 . . . 235,4 15,95 X4,X2 395,5 r — 1480 — *7.97 4,26 Ursprünglich mit Steinschloß. Korn vonMessing auf dem Laufe. HalberSchaft. Kein Ladestock an der Waffe.Preußische Pistole, 1850 . . . 222 15,2 14 380 ---1340—*7.97 4,26 Patentschwanzschraube mit Standvisier.Korn ron Stahl auf dem Laufe.KrappenschioB mit Deckelsicherung.Halber SchaftBa<strong>di</strong>sche (Kolben-) Pistole, 1853 2X0 16,3 360 --- X250 25.S 6,38 Standvisier auf der Blockschwanzschraube.Messingkom auf dem Laufe.1 1 Ganzer Schaft Ansatzkolben.österreichisches Gewehr, 1841 . I08l,5 17,59 15,93 i 459, i 1934 4628 4980 24,3 8,76 Kammersch wanzsch raube. MessingkornPauf dem Laufe. KemschuB auf 200*

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