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Textvorlagen zum Ãœben - Ernst Reinhardt Verlag

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<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Diese <strong>Textvorlagen</strong> gehören zu dem Buch von Walburga Brügge<br />

und Katharina Mohs (2011): Verstimmt? Mit klangvoller Stimme gut<br />

ankommen. <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, München/Basel. Sie finden zu den einzelnen<br />

Themenbereichen eines Kapitels eine Auswahl an Textbeispielen. Das<br />

jeweilige Kapitel, in dem der Text als Übungsvorlage vorgestellt wird, ist<br />

in Klammern angegeben.<br />

Korkensprechen (Kap. 4)<br />

Elefanten sind die größten und schwersten Landsäugetiere. Menschen<br />

haben schon vor Urzeiten versucht, ihre Stärke zu nutzen. Sie können<br />

mit Hilfe ihrer Stoßzähne und Rüssel Wasserstellen schaffen, die auch<br />

anderen Tieren das Leben retten. Elefanten sind gutmütige Herdentiere,<br />

die in einem sozialen Geflecht leben. Sie gelten neben Delfinen und<br />

Menschenaffen zu den intelligentesten wildlebenden Tierarten.<br />

Erfahrungen sind dazu da, dass man sie macht. Ob man dadurch, wie der<br />

Volksmund behauptet, klug wird, steht auf einem anderen Blatt. Dafür,<br />

dass Millionen Menschen Tag für Tag Erfahrungen sammeln, gibt es, an<br />

unserem Sprichworte gemessen, zwei Milliarden kluge Leute zu wenig,<br />

und das sollte zu denken geben.<br />

Erich Kästner<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

1


Zungenbrecher (Kap. 4)<br />

• Welcher Metzger wetzt sein Metzgermesser am Wetzstein des<br />

Metzgermeisters?<br />

• Der Leutnant von Leuthen befahl seinen Leuten, die Läuten von<br />

Leuthen nicht eher zu läuten, als dass der Leutnant von Leuthen<br />

seinen Leuten das Läuten der Läuten von Leuthen befahl.<br />

• Der kleine klapprige Kaplan pappt peppige, poppige Pappplakate an die<br />

klappernde Kapellwand.<br />

• Als Schritt für Schritt sie zur Schranke schritt, erscholl des Schreibers<br />

schriller Schreckensschrei.<br />

• Es klapperten die Klapperschlangen, bis ihre Klappern schlapper<br />

klangen.<br />

• Der Flugplatzspatz nahm auf dem Flugblatt Platz. Auf dem Flugblatt<br />

Platz nahm der Flugplatzspatz.<br />

• Tief im dichten Fichtendickicht picken flinke Finken tüchtig.<br />

• Zwischen zwei Zwetschgenzweigen sitzen zwei zwitschernde<br />

Schwalben.<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

2


Präzise Artikulation in Gedichten (Kap. 4)<br />

Pinguine<br />

Auch die Pinguine ratschen, tratschen,<br />

Klatschen, patschen, watscheln, latschen,<br />

Tuscheln, kuscheln, tauchen, fauchen,<br />

Herdenweise, grüppchenweise<br />

Mit Gevattern,<br />

Pladdern, schnattern<br />

Laut und leise.<br />

Schnabel-Babelkabel-Schnack,<br />

Seriöses, Skandalöses, Hiebe, Stiche.<br />

Oben: Chemisette mit Frack.<br />

Unten: lange, enge, hinderliche<br />

Röcke. – Edelleute, Bürger, Pack,<br />

Alte Weiber, Professoren.<br />

Riesenvolk, in Schnee und Eis geboren.<br />

Sie begrüßen herdenweise<br />

Ersten Menschen, der sich leise<br />

Ihnen naht. Weil sie sehr neugierig sind.<br />

Und der erstgesehene Mensch ist neu.<br />

Und Erfahrungslosigkeit starrt wie ein kleinstes Kind<br />

Gierig staunend aus, jedoch nicht scheu.<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

3


Riesenvolk, in Schnee und Eis geboren,<br />

Lebend in verschwiegener Bucht<br />

In noch menschenfernem Lande.<br />

Arktis – Expedition. – Revolverschuß –:<br />

Und das Riesenvolk, die ganze Bande<br />

Ergreift die Flucht.<br />

Joachim Ringelnatz<br />

Umsonst<br />

Immer rascher fliegt der Funke,<br />

jede Dschunke und Spelunke<br />

wird auf Wissenschaft bereist,<br />

jede Sonne wird gewogen<br />

und in Rechnung selbst gezogen,<br />

was noch sonnenjenseits kreist.<br />

Immer höh’re Wissenstempel,<br />

immer richt’ger die Exempel,<br />

wie Natur es draußen treibt,<br />

immer klüger und gescheiter,<br />

und wir kommen doch nicht weiter,<br />

und das Lebensrätsel bleibt.<br />

Theodor Fontane<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

4


Betonung durch Veränderung der Lautstärke (Kap. 5)<br />

so nie sieh geh<br />

holen haben fehlen wundern<br />

leben unglaublich versorgen vergeuden<br />

Lass doch los. Da kommen sie ja. Schau doch mal.<br />

Du wirst es nie finden. Bleiben Sie doch noch. Wir nehmen es jetzt.<br />

Eine Giraffe (keine Ziege)<br />

(Eben aus dem Ei gekrochen)<br />

Pustete sich eine Fliege<br />

Rückwärts von den Wirbelknochen.<br />

Joachim Ringelnatz<br />

Betonung durch Veränderung der Stimmhöhe (Kap. 5)<br />

Lo ben Ha ben Su chen<br />

Von we gen Lei se, ganz lei se<br />

Das kannst du dir nicht vo rstellen<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

5


Betonung durch Dehnen der Konsonanten oder Vokale (Kap. 5)<br />

Laaangsam, sonst geht es kaputt.<br />

Der ist vielleicht schl…au.<br />

Von dieser Zutat bitte nur weeeenig verwenden.<br />

Du hast doch kei ne Ahnung.<br />

Einsatz verschiedener Betonungsmöglichkeiten (Kap. 5)<br />

Er ging langsam am Ufer entlang nach Hause. – (Er ging, nicht sie.)<br />

-> Hier Lautstärkeveränderung einsetzen<br />

Er ging langsam am Ufer entlang nach Hause. – (Er rannte nicht.)<br />

-> Hier Veränderung der Stimmhöhe einsetzen<br />

Er ging langsam am Ufer entlang nach Hause. – (Er hatte keine Eile.)<br />

-> Hier Dehnung des /a/ bei „langsam“<br />

Er ging langsam am Ufer entlang nach Hause. – (Er ging nicht die Straße<br />

entlang.)<br />

-> Hier Veränderung der Stimmhöhe bei Ufer einsetzen<br />

Er ging langsam am Ufer entlang nach Hause. – (Er ging nach Hause, nicht<br />

ins Büro.)<br />

-> Hier Lautstärkeveränderung einsetzen<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

6


Stimmführung vor Sprechpausen (Kap. 5)<br />

Achtung Autofahrer, hier kommen die aktuellen Staunachrichten.<br />

æ Vorsicht auf der A1 Köln Richtung Euskirchen ä: Zwischen Köln-<br />

Bocklemünd und Köln-Lövenich 4 km stockender Verkehr. æ Auf der<br />

A4 zwischen Kreuz Leverkusen und Leverkusen-Zentrum ä: Fahren<br />

Sie vorsichtig, hier liegen Holzlatten auf der Fahrbahn æ. A45 Gießen<br />

Richtung Hagen ä: Zwischen Lüdenscheid-Süd und Hagen-Süd nach<br />

einem Unfall mehr als 8 km Stau. æ Hier ist der linke Fahrstreifen gesperrt<br />

æ.<br />

Auf das Sprechtempo achten (Kap. 5)<br />

Beispiel 1: Wegbeschreibung<br />

Folgen Sie der Straße bis zur dritten Kreuzung, biegen Sie an der Ampel<br />

rechts ab. Die Straße wird jetzt mehrspurig, ordnen Sie sich links ein,<br />

denn hinter der Unterführung müssen Sie abbiegen, dann...<br />

Beispiel 2: Bedienungsanleitung<br />

Schalten Sie Ihr Fernsehgerät ein. Drücken Sie die TV-Taste auf der<br />

Fernbedienung ca. fünf Sekunden lang, bis die LED zweimal blinkt.<br />

Geben Sie mit den Zifferntasten die fünfstellige Codenummer aus der<br />

Codenummernliste ein. Zweimaliges Blinken der LED zeigt Ihnen an, dass<br />

der Code angenommen wurde. Richten Sie nun die Fernbedienung auf das<br />

TV-Gerät, und drücken Sie die Stand-by-Taste. Wenn sich Ihr Gerät jetzt<br />

ausgeschaltet hat, so wurde der Vorgang erfolgreich abgeschlossen.<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

7


Beispiel 3: Rezept<br />

Kochen Sie Milch und Zucker auf, und fügen Sie die anderen Zutaten<br />

dazu. Verrühren Sie alles zu einer geschmeidigen Masse, und lassen Sie<br />

diese abkühlen. Nun wird der Teig geknetet. Die Hefe mit einem Teelöffel<br />

Zucker und fünf Esslöffeln lauwarmer Milch in einer Schüssel verrühren<br />

und 15 Minuten stehen lassen. Mehl in eine Schüssel geben, die übrigen<br />

Zutaten und die angesetzte Hefe dazugeben, und alles zu einem glatten<br />

Teig verarbeiten.<br />

Beispiel 4: Stadtführung<br />

Stellen Sie sich vor, Sie machen eine Stadtführung für eine Gruppe.<br />

Kommen Sie mit mir ein Stück entlang der aurelianischen Mauer,<br />

deren Bau unter Kaiser Aurelian begonnen und später unter Honorius<br />

auf fast elf Meter erhöht wurde. Die Tore wurden im Lauf der Zeit<br />

zu Festungstürmen ausgebaut. Das heute als Engelsburg bekannte<br />

Mausoleum des Kaisers Hadrian wurde ebenfalls als Zitadelle in die<br />

Befestigungsanlagen integriert. Noch heute ist diese Mauer fast<br />

vollständig erhalten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden viele<br />

Anbauten wieder entfernt, um den Urzustand der Mauer wieder<br />

herzustellen. 18 Tore sind noch immer zu besichtigen.<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

8


Einsatz und Variation verschiedener sprechdynamischer Mittel<br />

im Text (Kap. 5)<br />

Die unmögliche Tatsache<br />

Palmström, etwas schon an Jahren,<br />

wird an einer Straßenbeuge<br />

und von einem Kraftfahrzeuge<br />

überfahren.<br />

„Wie war“ (spricht er, sich erhebend<br />

und entschlossen weiterlebend)<br />

„möglich, wie dies Unglück, ja –:<br />

daß es überhaupt geschah?<br />

Ist die Staatskunst anzuklagen<br />

In bezug auf Kraftfahrwagen?<br />

Gab die Polizeivorschrift<br />

hier dem Fahrer freie Trift?<br />

Oder war vielmehr verboten,<br />

hier Lebendige zu Toten<br />

umzuwandeln, – kurz und schlicht:<br />

Durfte hier der Kutscher nicht –?“<br />

Eingehüllt in feuchte Tücher<br />

prüft er die Gesetzesbücher<br />

und ist alsobald im klaren:<br />

Wagen durften dort nicht fahren!<br />

Und er kommt zu dem Ergebnis:<br />

„Nur ein Traum war das Erlebnis.<br />

Weil“, so schließt er messerscharf,<br />

„nicht sein kann, was nicht sein darf.“<br />

Christian Morgenstern<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

9


Silben kauen (Kap. 6)<br />

mjam mjom mjum mjem mjaum mjeum<br />

Indifferenzlage finden (Kap. 6)<br />

mjom – wo – mjom mjem – wie – mjem mjum – nur – mjum<br />

mjam –wann – mjam mjam – lahm – mjam mjüm – mond – mjüm<br />

Beachten der Resonanzweite in Gedichten (Kap. 6)<br />

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen<br />

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,<br />

die sich über die Dinge ziehn.<br />

Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,<br />

aber versuchen will ich ihn.<br />

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,<br />

und ich kreise jahrtausendelang;<br />

und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm<br />

oder ein großer Gesang.<br />

Rainer Maria Rilke<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

10


Lied vom Meer<br />

Uraltes Wehn vom Meer,<br />

Meerwind bei Nacht:<br />

du kommst zu keinem her;<br />

wenn einer wacht,<br />

so muß er sehn, wie er<br />

dich übersteht:<br />

uraltes Wehn vom Meer,<br />

welches weht<br />

nur wie für Ur-Gestein,<br />

lauter Raum<br />

reißend von weit herein...<br />

O wie fühlt dich ein<br />

treibender Feigenbaum<br />

oben im Mondschein.<br />

Rainer Maria Rilke<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

11


Vokaleinsatz in Silben (Kap. 6)<br />

om on ol of op ok<br />

um ul up ur uf usch<br />

am an al as ap ak<br />

em en ep es ek esch<br />

im in ip if is ik<br />

aum aup aus aut<br />

eim ein eis eip<br />

Vokaleinsatz in Worten (Kap.6)<br />

Ofen oben Ohren Ostern<br />

Oslo Otto Onkel Orgel<br />

Ufer Urlaub Uhu Urkunde<br />

Ulme unten Unkraut Unfall<br />

ölen öde Öse Österreich<br />

öffnen östlich örtlich öffentlich<br />

Übergang Übersicht überraschen überlegen<br />

Eule Europa euch euer<br />

Igel Island ideal Iglu<br />

Insel Imker immer innen<br />

Efeu Esel Elend Ehre<br />

Engel Ente etwas Ebbe<br />

Abend Adler Arbeit Ameise<br />

Amsel Antwort alle Acker<br />

ähnlich Ähre Ära äsen<br />

Auto Auge Auster Aufenthalt<br />

Eimer Eile einsam eiskalt<br />

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Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

12


Vokaleinsatz in Gedichten (Kap. 6)<br />

Nordsee III<br />

Nah ist nur Innres; alles andre fern.<br />

Und dieses Innere gedrängt und täglich<br />

mit allem überfüllt und ganz unsäglich.<br />

Die Insel ist wie ein zu kleiner Stern<br />

welchen der Raum nicht merkt und stumm zerstört<br />

in seinem unbewußten Furchtbarsein,<br />

so daß er, unerhellt und überhört,<br />

allein<br />

damit dies alles doch ein Ende nehme<br />

dunkel auf einer selbsterfundnen Bahn<br />

versucht zu gehen, blindlings, nicht im Plan<br />

der Wandelsterne, Sonnen und Systeme.<br />

Rainer Maria Rilke<br />

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Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

13


Abglanz<br />

Gaben sich zwei einen Abschiedskuß,<br />

Anscheinend zwei Freundinnen.<br />

Stieg die eine in den Omnibus.<br />

Und der Omnibus fuhr von hinnen.<br />

Die im Omnibus saß mir zugewandt.<br />

Und ich sah, daß in ihrem Gesichte<br />

Noch lange ein liebes Lächeln stand;<br />

Das erzählte eine kleine Geschichte.<br />

Joachim Ringelnatz<br />

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Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

14


Wahrnehmen der reflektorischen Atemergänzung (Kap. 7)<br />

fft ppssst sssst scht<br />

Re P T K<br />

Re P T K<br />

SCH SCH SCH SCH<br />

SCH SCH SCH SCH<br />

CH CH CH CH<br />

CH CH CH CH<br />

FT FT FT FT<br />

FT FT FT FT<br />

Reflektorische Atemergänzung mit Worten (Kap.7)<br />

Hopp! Halt! Lass! Komm!<br />

Stopp! Weg! Raus! Los!<br />

Zack! Pack! Schnell! Gleich!<br />

Geh! Ja! Nein! Lauf!<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

15


Reflektorische Atemergänzung in Sätzen (Kap. 7)<br />

Das glaub’ ich nicht! Da war doch was!<br />

Pass doch auf! Das war ich nicht!<br />

Bleib mir weg damit! Was machst du da?<br />

Er will nicht! Geh mal weg!<br />

Hör mir zu! Die Geschichte ist alt!<br />

Nein, er kommt! Du, ich weiß was!<br />

Doch, hier war das. Du nicht? Ich schon!<br />

Lass doch gut sein! Auf jeden Fall!<br />

Wohin damit? Keiner hört mich.<br />

Das kann ich nicht. Wer weiß denn das?<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

16


Reflektorische Atemergänzung in Gedichten (Kap. 7)<br />

Die zwei Wurzeln<br />

Zwei Tannenwurzeln groß und alt //<br />

Unterhalten sich im Wald. //<br />

Was droben in den Wipfeln rauscht, //<br />

das wird hier unten ausgetauscht. //<br />

Ein altes Eichhorn sitzt dabei //<br />

und strickt wohl Strümpfe für die zwei. //<br />

Die eine sagt: knig. // Die andere sagt: knag. //<br />

Das ist genug für einen Tag. //<br />

Christian Morgenstern<br />

Er ist’s<br />

Frühling läßt sein blaues Band //<br />

Wieder flattern durch die Lüfte; //<br />

Süße, //wohlbekannte Düfte<br />

Streifen ahnungsvoll das Land. //<br />

Veilchen träumen schon, //<br />

Wollen balde kommen. //<br />

– Horch, // von fern ein leiser Harfenton! //<br />

Frühling, // ja du bist’s! //<br />

Dich hab ich vernommen! //<br />

Eduard Mörike<br />

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Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

17


Bei den nachfolgenden Gedichten setzen Sie die Atemzeichen selbst,<br />

wie es Ihnen im Gedicht sinnvoll erscheint. Nicht immer muss eine<br />

Atempause am Zeilenende gemacht werden.<br />

Ein männlicher Briefmark...<br />

Ein männlicher Briefmark erlebte<br />

Was Schönes, bevor er klebte.<br />

Die Trichter<br />

Zwei Trichter wandeln durch die Nacht<br />

Er war von einer Prinzessin beleckt.<br />

Da war die Liebe in ihm erweckt.<br />

Er wollte sie wiederküssen,<br />

Da hat er verreisen müssen.<br />

So liebte er sie vergebens.<br />

Das ist die Tragik des Lebens!<br />

Joachim Ringelnatz<br />

durch ihres Rumpfs verengten Schacht<br />

fließt weißes Mondlicht<br />

still und heiter<br />

auf ihren<br />

Waldweg<br />

u. s.<br />

w.<br />

Christian Morgenstern<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

18


Die drei Spatzen<br />

In einem leeren Haselstrauch,<br />

da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch.<br />

Der Erich rechts und links der Franz<br />

Und mittendrin der freche Hans.<br />

Sie haben die Augen zu, ganz zu,<br />

und obendrüber, da schneit es, hu!<br />

Sie rücken zusammen dicht an dicht.<br />

So warm wie der Hans hat’s niemand nicht.<br />

Die hör’n alle drei ihrer Herzlein Gepoch.<br />

Und wenn sie nicht weg sind, so sitzen sie noch.<br />

Christian Morgenstern<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

19


Atempausen in Texten (Kap. 7)<br />

Auszug aus: Madame Bovary<br />

Emma legte einen Schal um die Schultern, öffnete das Fenster und<br />

stützte sich auf die Ellenbogen.<br />

Die Nacht war stockfinster. Ein paar Regentropfen fielen. Sie atmete den<br />

feuchten Wind ein, der ihr die Augenlieder kühlte. Die Ballmusik summte<br />

ihr noch in den Ohren, und sie bemühte sich, munter zu bleiben, um die<br />

Illusion dieses luxuriösen Lebens, das sie nun gleich würde aufgeben<br />

müssen, zu verlängern.<br />

Der Morgen graute. Lange betrachtete sie die Fenster des Schlosses und<br />

versuchte zu erraten, welches die Zimmer all derer waren, die sie am<br />

Abend zuvor beobachtet hatte. Sie hätte gern ihr Leben gekannt, wäre<br />

gern darin eingedrungen und darin aufgegangen.<br />

Gustave Flaubert<br />

Genesis – Die Anfänge<br />

1 1 Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; 2 die Erde aber war wüst und<br />

wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem<br />

Wasser. 3 Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. 4 Gott sah,<br />

dass das Licht gut war. Gott schied das Licht von der Finsternis 5 und<br />

Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Es wurde<br />

Abend und es wurde Morgen: erster Tag.<br />

Die Bibel, Genesis 1, 1–5<br />

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Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

20


Objektivität der Sinneswahrnehmung<br />

Wir sind von der wirklichen Existenz der von unserer Erkenntnis<br />

aufgefassten Dinge und Erscheinungen in der uns umgebenden<br />

Außenwelt überzeugt. Dieses Dasein der von unserer Wahrnehmung<br />

aufgefassten Dinge nennt man die Objektivität der Sinneswahrnehmung.<br />

Von vielen Seiten wird die Objektivität unserer Sinneswahrnehmung<br />

verneint, indem man sagt, die Sinneswahrnehmungen seien nur in<br />

unserem Inneren vorhanden oder subjektive Zustände; aber wie die Dinge<br />

in der Außenwelt wirklich beschaffen seien, das könnten wir nicht wissen.<br />

Diese Anschauung nennt man die Subjektivität der Sinneswahrnehmung.<br />

[…]<br />

Leonhard Habrich<br />

Die Wichtelmänner<br />

Es war ein Schuster ohne seine Schuld so arm geworden, daß ihm endlich<br />

nichts mehr übrig blieb als Leder zu einem einzigen Paar Schuhe. Nun<br />

schnitt er am Abend die Schuhe zu, die wollte er den nächsten Morgen<br />

in Arbeit nehmen; und weil er ein gutes Gewissen hatte, so legte er sich<br />

ruhig zu Bett, befahl sich dem lieben Gott und schlief ein. Morgens,<br />

nachdem er sein Gebet verrichtet hatte und sich zur Arbeit niedersetzen<br />

wollte, so standen die beiden Schuhe ganz fertig auf seinem Tisch. Er<br />

verwunderte sich und wußte nicht, was er dazu sagen sollte. […]<br />

Brüder Grimm<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

21


Zugabe (Hörbeispiel 22)<br />

Johann Wolfgang von Goethe, Faust I – Vor dem Tor<br />

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche<br />

Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;<br />

Im Tale grünet Hoffnungsglück;<br />

Der alte Winter, in seiner Schwäche,<br />

Zog sich in rauhe Berge zurück.<br />

Von dort her sendet er, fliehend, nur<br />

Ohnmächtige Schauer körnigen Eises<br />

In Streifen über die grünende Flur.<br />

Aber die Sonne duldet kein Weißes,<br />

Überall regt sich Bildung und Streben,<br />

Alles will sie mit Farben beleben;<br />

Doch an Blumen fehlt’s im Revier<br />

Sie nimmt geputzte Menschen dafür.<br />

Kehre dich um, von diesen Höhen<br />

Nach der Stadt zurückzusehen.<br />

Aus dem hohlen finstern Tor<br />

Dringt ein buntes Gewimmel hervor.<br />

Jeder sonnt sich heute so gern.<br />

Sie feiern die Auferstehung des Herrn,<br />

Denn sie sind selber auferstanden:<br />

Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,<br />

Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,<br />

Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,<br />

Aus der Straßen quetschender Enge,<br />

Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht<br />

Sind sie alle ans Licht gebracht.<br />

Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge<br />

Durch die Gärten und Felder zerschlägt,<br />

Wie der Fluß in Breit und Länge<br />

So manchen lustigen Nachen bewegt,<br />

Und bis <strong>zum</strong> Sinken überladen,<br />

Entfernt sich dieser letzte Kahn.<br />

Selbst von des Berges fernen Pfaden<br />

Blinken uns farbige Kleider an.<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

22


Ich höre schon des Dorfs Getümmel,<br />

Hier ist des Volkes wahrer Himmel,<br />

Zufrieden jauchzet groß und klein:<br />

Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein!<br />

Jakob van Hoddis – Weltende<br />

Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,<br />

In allen Lüften hallt es wie Geschrei.<br />

Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei<br />

Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.<br />

Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen<br />

An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.<br />

Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.<br />

Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

23


Richard Wagner – Das Rheingold<br />

WOGLINDE<br />

Weia! Waga! Woge, du Welle,<br />

walle zur Wiege! Wagalaweia!<br />

Wallala, weiala weia!<br />

WELLGUNDE<br />

(Stimme von oben)<br />

Woglinde, wachst du allein?<br />

WOGLINDE<br />

Mit Wellgunde wär’ ich zu zwei.<br />

Erich Mühsam – Das war das Fräulein Liebetraut...<br />

Das war das Fräulein Liebetraut,<br />

das an den Folgen einer Traube litt.<br />

Quälend rumorten ihre Triebe laut,<br />

weshalb sie schnell in jene Laube tritt.<br />

Brentano bezog aus dem Klang der Vokale einen symbolischen Sinn:<br />

In dem A den Schall suchen,<br />

In dem E der Rede Wonne,<br />

In dem I der Stimme Wurzel,<br />

In dem O des Todes Odem,<br />

In dem U des Mutes Fluchen<br />

hat er aus dem Bauch geholet.<br />

<strong>Textvorlagen</strong> <strong>zum</strong> Üben<br />

Brügge/Mohs, Verstimmt? © 2011 by <strong>Ernst</strong> <strong>Reinhardt</strong>, GmbH & Co KG, <strong>Verlag</strong>, München<br />

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