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M E N S C H U N D S T A D T<br />
Grün für die Corneliusstraße<br />
Die Aufenthaltsqualität an der Verkehrsschneise soll besser werden. Wünsche und ideen sind<br />
durchaus vorhanden. mit ihrer Umsetzung könnte schon bald begonnen werden.<br />
nach ihrem Klima-Appell ende vorigen Jahres<br />
haben die umweltaktiven Düsseldorfer<br />
Vereine und initiativen des energiewendebündnisses<br />
in diesem Juli auf die folgen<br />
einer autogerechten stadt aufmerksam<br />
gemacht, mit kreativen Aktionen gleich an<br />
fünf standorten. Als innerstädtische Orte<br />
wurden die Corneliusstraße und der tausendfüßler<br />
gewählt, da sie symptomatisch<br />
G r ü n s t i f t 7 0 | s e p t e m b e r – D e z e m b e r 2 0 1 0<br />
nazi-zeit und wurde in der nachkriegsära<br />
von friedrich tamms, noch von Hitler persönlich<br />
zum Hochschulprofessor berufen,<br />
konsequent umgesetzt. Als oberster stadtplaner<br />
ließ er eine breite schneise von<br />
nord nach süd quer durch die zerbombte<br />
innenstadt schlagen, aus trümmerhäusern<br />
bestehende kleinteilig angelegte Wohnviertel<br />
wurden dafür abgerissen. Cornelius- und<br />
immermannstraße<br />
wurden zu breiten<br />
trassen, die<br />
den Autofahrern<br />
schnelle ein- und<br />
Durchfahrt ermöglichten,<br />
der<br />
ta u s e n d f ü ß l e r<br />
überbrückte die<br />
schadowstraße.<br />
Aus dieser zeit<br />
stammt auch der<br />
Wunsch nach einer<br />
‚Unterpf lasterbahn’.<br />
Angesichts<br />
der horrenden<br />
Kosten für eine<br />
großräumige<br />
Untertunnelung<br />
der stadt dauerte<br />
es ein halbes<br />
Jahrhundert, bis<br />
die umstrittenen<br />
pläne umgesetzt<br />
werden konnten.<br />
mit dem bau der Wehrhahnlinie wird jetzt<br />
friedrich tamms‘ Vision von der Autostadt<br />
Düsseldorf vollendet.<br />
Aktivisten: heißes Herz, kühle Füße foto: Gudrun fröhlich<br />
sind für die stadt- und Verkehrsplanung seit<br />
friedrich tamms.<br />
Tamms und die Folgen<br />
Die idee von Düsseldorf als autogerecht<br />
angelegter stadt entstand bereits in der<br />
Anzeige<br />
Verkehr durch die Stadt<br />
Unter den spätfolgen der Vision einer ‚autogerechten<br />
stadt’ leidet die bevölkerung<br />
in der dichtbesiedelten friedrichstadt ganz<br />
besonders. Hier ist die pkw-Dichte hoch, die<br />
Luft schlecht und der mangel an Grün- und<br />
spielflächen eklatant. es gibt auch keine<br />
fahrradstreifen auf den vielbefahrenen<br />
Hauptstraßen.<br />
mehr als 50.000 Autos rollen täglich über<br />
die Corneliusstraße. Alle maßnahmen des<br />
seit 2005 geltenden ,Aktionsplan südliche<br />
innenstadt‘ und des gesamtstädtischen<br />
Luftreinhalteplans seit 2008 haben die<br />
situation nicht nachhaltig verbessert. ein<br />
Grund: Die zahl der berufspendler in Düsseldorf<br />
steigt immer weiter. so nahm die<br />
zahl der pendler in den letzten vier Jahren<br />
nach einer jüngst veröffentlichten amtlichen<br />
statistik weiter zweistellig (+11%)<br />
auf 284.800 zu, wobei die zahl der einpend-<br />
ler die der Auspendler um mehr als das Dreieinhalbfache<br />
übersteigt.<br />
Die Corneliusstraße ist die Hauptverkehrsader<br />
in friedrichstadt. mit folgen: Wenige<br />
hundert meter hinter der berliner Allee<br />
lassen sich büros und Läden kaum noch vermieten,<br />
rund um die verkehrsreiche Kreuzung<br />
Cornelius-/Herzogstraße herrscht<br />
Leerstand. tattoo-studios, zockerbuden<br />
und zwielichtiges Gewerbe machen sich vor<br />
allem auf der Ostseite breit. schon allein<br />
wegen des Lärms hält sich hier keiner gerne<br />
auf, und die hohe schadstoffbelastung der<br />
Atemluft ist seit Jahren bekannt.<br />
Feinstaub und Stickoxid<br />
2009 wurden am messort Corneliusstraße 47<br />
tage mit überschreitungen der Grenzwerte<br />
bzw. mittelwerte gemessen – laut eU-richtlinie<br />
sind nur 35 tagen pro Jahr erlaubt.<br />
Aktuell ist es nicht nur der feinstaub, der<br />
zu einem Gutteil aus verkehrsfernen Quellen<br />
stammt, sondern auch das stickstoffoxid<br />
(nO 2 ), das dem Umweltamt sorgen bereitet.<br />
bei diesem Lungenreizgas, das vor<br />
allem aus Autoabgasen stammt, wird in der<br />
Landesstatistik für die Corneliusstraße für<br />
das Jahr 2009 ein mittelwert von 70 µg/m³<br />
ausgewiesen, deutlich mehr als die von der<br />
eU erlaubten 40 µg/m³.<br />
Als gesundheitsschädliche folgewirkungen<br />
werden vom Umweltamt reizungen<br />
der bindehäute der Augen und der Atemwege,<br />
chronische bronchitis, Lungenschä-<br />
Chillen an der Karibik-Bar foto: iko tönjes<br />
den u.a. aufgeführt. Hauptleidtragende<br />
sind die schwächsten der Gesellschaft:<br />
Kinder, chronisch Kranke und die weniger<br />
betuchten bürger, die an verkehrsreichen<br />
straßen leben, weil sie auf kostengünstige<br />
Wohnungen angewiesen sind. nur durch<br />
eine Verkehrswende, mit eingriffen wie der<br />
Drosselung des motorisierten individualverkehrs,<br />
lassen sich die emissionen auf ein