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Swedenborg, Emanuel, eigentlich Swedberg, zweiter Sohn des ...

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<strong>Swedenborg</strong>, <strong>Emanuel</strong>, <strong>eigentlich</strong> <strong>Swedberg</strong>, <strong>zweiter</strong> <strong>Sohn</strong> <strong>des</strong> Bischofs vonWestgotland, Jasper <strong>Swedberg</strong>, 1688 in Stockholm, 1772 in London, studiertezu Upsala und an ausländischen Universitäten Natur Wissenschaften und tratin Staatsdienste, wo er sich besonders beim Bau von Kanälen und Docks sowieim Bergwerkskollegium mit Erfolg betätigte. Seine »Opera philosophica etmineralogica« (3 Bände, 1734) begründeten seinen Ruf als Wissenschaftler, sodaß er Mitglied zahlreicher Akademien <strong>des</strong> In- und Auslan<strong>des</strong> wurde. 1719 wurdeer unter dem Namen S. geadelt. 1745 legte er plötzlich alle seine Beamtungennieder und vertiefte sich in ein mystisches System, zu dem mehrere Traumvisionen<strong>des</strong> Jahres 1744 den Anstoß gegeben hatten. Diese Träume, die er in seinem,wohl nicht für die Kenntnis anderer Personen bei stimmten Tagebuch niederlegte,haben die Erscheinung Christi zum Inhalt, die ihn als Sünder aus sexuell orgiastischenPhantasien reißt und der Erlösung zuführt. Es sind Traumgestalten,wie sie in den Bildern <strong>des</strong> Meisters Grünewald erscheinen, oder wie sie die Geschichtevon der Versuchung <strong>des</strong> heiligen Antonius erfüllen. Von da vollzog sich inS.s Wesen eine vollkommene Wandlung. Er verkehrte mit Geistern, und zwarnicht nur mit Personen, die er zu Lebzeiten gekannt hatte, sondern auch mit Vergil,Luther, Melanchthon u. a.Aus dieser seelischen Umstimmung entwickelte er ein esoterisch-theosophischesSystem, das sich in der Praxis an kabbalistische Methoden anlehnt. („In jedemeinzelnen Ausdruck <strong>des</strong> Wortes Gottes liegt eine innere Bedeutung, so daßnicht natürliche und weltliche Dinge, sondern geistliche und himmlische darunterzu verstehen sind. «) Sein verbreitetstes Buch ist »De Coelo et ejus mirabilibuset de Inferno ex auditis et visis« (»Über die Wunder von Himmel und Höllenach Gehörtem und Gesehenem«), London 1758, das in verschiedene europäischeSprachen übersetzt wurde. Die Empfänglichkeit seiner Zeit sicherte seinenLehren bald eine Jüngerschaft, die noch gesteigert wurde durch die Kenntnis,daß S. die Eigenschaft zeitlichen und räumlichen Hellsehens besaß. Berühmtgeworden sind hier insbesondere seine Vision <strong>des</strong> Bran<strong>des</strong> von Stockholm(1. September 1759), die Auffindung einer Quittung im Nachlaß <strong>des</strong> verstorbenenHerrn Marteville, die Vorhersage von To<strong>des</strong>fällen, das Eintreffen vonSchiffen u. a. m. Immanuel Kant (»Träume eines Geistersehers«, 1766) lehnt ihnals Phantasten ab. Die Befähigung S.s als Hellseher wird aber heute kaummehr bestritten. Seine Anhänger, die <strong>Swedenborg</strong>ianer, verbreiteten sich überSchweden, Polen, England und Deutschland. Besonders in England zeigtesich eine große Empfänglichkeit, die sogar zu einer religiösen Sektenbildung,Kirche <strong>des</strong> neuen Jerusalem, führte. Auf einer Reise zur Verbreitung seiner Lehrein England starb S. in London.Bei den vielfach bestehenden mystischen Neigungen innerhalb der Freimaurerei<strong>des</strong> 18. Jahrhunderts war es selbstverständlich, daß dieser Mystiker auf die Entwicklungmancher Systeme Einfluß gewinnen mußte. Reghellini de Schio (s. d.) –in seinem »Esprit du Dogme de la Franche Maçonnerie« - nennt ihn Begründereines freimaurerischen Systems, ebenso Ragon (s. d.) in seiner »Orthodoxiemaçonnique«. In England bekannte sich Dr. Oliver (s. d.) gleichfalls zu dieserTheorie, und Samuel Beswick suchte 1870 in »The <strong>Swedenborg</strong> Rite andthe Great Masonic Leaders of the Eighteenth Century« den gleichen Beweis zuerbringen. Hierbei wird S. direkt als Freimaurer bezeichnet, der aber aus Gründender Lehre sich niemals öffentlich dazu bekannt hätte. Demgegenüber stehteindeutig fest, daß weder S. selbst noch der engere Kreis seiner Gläubigen jemalsirgend etwas Freimaurerei zu tun hatten. Der Ursprung, auch der S.-Legende,ist in Frankreich zu suchen. Lantoine schreibt (»Histoire«, 221): »1783schließt der Marquis de Thomé seinen holden Wahnsinn in den <strong>Swedenborg</strong>-Ritusein, zwei Jahre später läßt die gleiche martinistische und swedenborgischeErleuchtung unter der Führung <strong>des</strong> polnischen Grafen Grabiance (=Hrabianka) und <strong>des</strong> Dom Pernetty (s. d.) in Avignon eine Sekte von Erleuchteten(Illuminés) erblühen, die ihre Versammlungen in einem Landhause abhalten, dasPernetty >Le Thabor< nennt.« Auch Benedict Chastenier (s. d.), »ein Chirurg,dem die Lektüre <strong>Swedenborg</strong>scher Schriften den Kopf verdreht hatte und derInstruktionsgrade geschaffen hatte, um seine unschuldigen Dummheiten zuverbreiten« (Lantoine, 1. c. 207), gehört in diese Kategorie.Die mit dem Namen S. in Verbindung gebrachten Verirrungen der Freimaurereihaben somit mit seiner Person selbst nichts zu tun. Sie gehören ebenso wieErscheinungen unserer Zeit (»weiße Logen«) zum Requisit von innerlich gespaltetenPersönlichkeiten, die aus der harten Realität <strong>des</strong> Daseins in ein Traumlandihrer Wünsche flüchten und der Beziehung zu ihrer Zeit dadurch zu entgehentrachten, daß sie in extremstem Ichbezug sich selbst ausschließen.Auf eine Anfrage <strong>des</strong> Mitglie<strong>des</strong> der »Quatuor Coronati Lodge« in London, Firmin-


ger, äußerte sich der Sekretär der S.-Gesellschaft in Schweden, Dr. Kahl, Diakonusin Lund, 1906 wie folgt: S. selbst war nicht Freimaurer und gründete auchkeine Logen, aber einige seiner Freunde und Schüler, wie Chastenier und Pernetty,gründeten solche. Als Erfolg ihrer Tätigkeit ist zu verzeichnen, daß sie dieGedanken der Menschen auf die Ideen <strong>des</strong> »Neuen Jerusalem« hinlenkten, sodaß diese Lehren einen Einfluß auf die Entwicklung und den Fortschritt <strong>des</strong>Freimaurerordens in Schweden und anderen Ländern genommen haben (A. Q.C, 1906, S. 158). Dieser Satz bezieht sich wohl «darauf daß, wie Starcke (s. d.)feststellt, »viele Vorstellungen, die in S. s himmlischer Arkana, in seiner Auslegungder Apokalypse und in seiner Darstellung<strong>des</strong> Neuen Jerusalem enthalten sind, in den schwedischen Hochgraden wiederkehren«.<strong>Swedenborg</strong>-Ritus, Moderner, in Amerika 1859 entstanden, von dort überKanada 1876 nach England gelangt und 1877 als »Supreme Grand Lodge andTemple for Great Britain and Ireland« feierlich installiert, besteht aus den dreisymbolischen Graden und mehreren Hochgraden. Beziehungen zu anerkanntenfreimaurerischen Körperschaften existieren nicht. Der Ritus wurde 1902 vonTheodor Reuß (s. d.) in Deutschland verbreitet. Reuß errichtete auf Grund einesvon dem englischen Generalgroßmeister John Yarker (s. d.) erhaltenen Freibriefesin Berlin die »Pro-vinzial-Großloge Nr. 15 und Tempel zum heiligenGral«, deren Ziel die Erteilung der Hochgrade dieses Systems an »suchende Freimaurermeister«sein sollte, die Erkenntnis der »sämtlichen Grade der ÄgyptischenFreimaurerei«. In drei Stufen wurden die Grade <strong>des</strong> Erleuchteten Freimaurersoder Blauen Bruders und Vollkommenen Freimaurers oder Roten Bruderserteilt, die (nach Eberhardt, »Winkellogen«, S. 91) den Graden IV bis XVIII und XXX<strong>des</strong> A. u. A. Schottischen Ritus entsprachen. Die wirklichen <strong>Swedenborg</strong>ianer(<strong>Swedenborg</strong>-Gesellschaft) bestreiten jedweden Zusammenhang mit diesem Ritus.

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