24.11.2012 Aufrufe

Festschrift für Helmut Krauch - Universität Kassel

Festschrift für Helmut Krauch - Universität Kassel

Festschrift für Helmut Krauch - Universität Kassel

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

16<br />

Akzeptanz<br />

und<br />

Akzeptabilität<br />

Repräsentative Meinungsumfragen bieten sich dort an, wo Einstellungen und<br />

Meinungen zu gesellschaftspolitischen Entscheidungen oder zu alternativen<br />

Techniksystemen auftauchen. Hinzu kommt, dass mit der Umfrage versucht<br />

wird, Verhaltenscharakteristiken oder Verhaltensänderungen zu diagnostizieren.<br />

Am häufigsten geht es hierbei darum, aufgrund von gegenwärtigen Einstellungen<br />

auf zukünftiges Verhalten zu schließen (Endruweit 1986). Hier teilt die<br />

Akzeptanzforschung die Defizite der Meinungsforschung insgesamt.<br />

Bisher ist es noch nicht gelungen, eine eindeutige Beziehung zwischen Einstellung<br />

und Verhalten zu finden (Graumann 1979). Solange dieses Grundlagenproblem<br />

nicht gelöst ist, sind Meinungsbefragungen in ihrem prognostischen<br />

Wert stark eingeschränkt.<br />

Expertengruppen-Diskussion und teilnehmende Beobachtungen schließlich<br />

bilden in der Industriesoziologie zunehmend das methodische Instrumentarium,<br />

um die Intentionen, Vorstellungen und beabsichtigten Handlungen der Betroffenen,<br />

insbesondere in stark technisch-innovativen Bereichen, zu erforschen<br />

(Kern 1982). Diese Methoden eignen sich wiederum äußerst gut <strong>für</strong> qualitative<br />

Fallstudien, um ein Untersuchungsproblem präzise zu beschreiben und gewissermaßen<br />

eine Momentaufnahme der sozialen Struktur und sozialen Prozesse<br />

zu geben. Hingegen ist die Repräsentativität und die Vergleichbarkeit in der<br />

Zeitabfolge nur in den seltensten Fällen gegeben. Zwar wird durch die Untersuchung<br />

von Kontrollgruppen versucht, einen gewissen Ausgleich zu schaffen,<br />

die genannten Defizite werden dadurch kaum behoben. Wie jede problemorientierte<br />

Forschung, die versucht, nicht ihren Anwendungsbezug aus den<br />

Augen zu verlieren, wird sich auch die Akzeptanzforschung mit einem Methodenmix<br />

wie bei ihren empirischen Untersuchungen zufrieden geben müssen,<br />

solange noch nicht die eine Methode <strong>für</strong> die Akzeptanzforschung gefunden<br />

wurde. Weitaus problematischer als die leidige Frage nach den methodischen<br />

Verfahren stellen sich drei andere methodische Probleme, die zusehens in<br />

der Akzeptanzforschung diskutiert werden: das Verhältnis von Akzeptanz und<br />

Akzeptabilität, das Prognoseproblem und der gesellschaftstheoretische Bezug<br />

der Akzeptanzforschung. Im folgenden sollen diese Problembereiche kurz<br />

erörtert werden.<br />

Eine besondere Schwierigkeit bereitet die Abgrenzung von Akzeptanz und<br />

Akzeptabilität im Rahmen der Akzeptanzforschung. Dierkes/von Thienen<br />

grenzen Akzeptanz und Akzeptabilität nach den Kriterien Verhalten/Wert ab.<br />

Fehlende Akzeptanz lässt sich am faktischen Verhalten des Protests und<br />

Widerstands festmachen. Akzeptabilität hingegen verweist auf Werte und<br />

Zielvorstellungen, wonach etwas als akzeptabel/nicht-akzeptabel bewertet<br />

wird. Die Autoren weisen jedoch gleichzeitig auf die Schwierigkeit hin, diese<br />

Unterscheidung wirklich durchhalten zu können (Dierkes/von Thienen 1982).<br />

Wollte man dies nämlich strikt tun, so müsste man reines Protestverhalten<br />

ohne Gründe von Protestverhalten mit Gründen unterscheiden können.<br />

Dies dürfte sowohl empirisch schwerfallen, da jeder artikulierte Protest Werte,<br />

Ziele und Kriterien, mit anderen Worten, Gründe <strong>für</strong> sich geltend macht;<br />

aber auch theoretisch dürfte es schwerfallen, diese Differenzierung durchzuhalten,<br />

da man <strong>für</strong> die Bestimmung der Akzeptabilität gezwungen ist, Kriterien<br />

unabhängig von der vorfindbaren empirischen Diskussion als rational auszuweisen.<br />

Beide Wege sind unternommen worden, beide haben zu keinem Ende<br />

geführt, beziehungsweise ihr Betreten ist gescheitert.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!