Juristisches Repetitorium hemmer
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<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong><br />
<strong>hemmer</strong><br />
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Die Entwicklung der Rechtsprechung zu Art. 14 GG<br />
I.) Wichtige Entscheidungen des BVerfG<br />
• 1979 : Kleingartenentscheidung [BVerfGE 52, 1 ff.]<br />
• 1981 : Pflichtexemplarentscheidung [BVerfGE 58, 137 ff.]<br />
• 1981 : Nassauskiesungsbeschluss [BVerfGE 58, 300 ff.]<br />
• 1999 : Denkmalschutzentscheidung [BVerfGE 100, 226 ff.]<br />
II. Pflichtexemplarentscheidung<br />
Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 9 Hess.LPG, nach der durch<br />
Pflichtexemplarverordnung bestimmt werden kann, dass von jedem in Hessen<br />
erscheinenden Druckwerk ein Pflichtexemplar unentgeltlich an bestimmte Bibliotheken zur<br />
Verfügung gestellt werden muss.<br />
BVerfG sieht in dieser Regelung zunächst keine Enteignung, sondern eine<br />
Schrankenbestimmung. Die Norm stehe jedoch nicht in Einklang mit dem GG, da der<br />
Gesetzgeber den geforderten Ausgleich zwischen Privatnützigkeit des Eigentums und<br />
Sozialgebot des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG nicht geschaffen habe. Es sei nicht hinnehmbar,<br />
dass auch in Fällen geringer Auflage und dann, wenn das abzuliefernde Werk einen<br />
besonderen Wert habe, ebenfalls eine Verpflichtung zur entschädigungslosen Abgabe<br />
bestehe.<br />
II.) Nassauskiesungsbeschluss<br />
Hier setzte sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage auseinander, ob es<br />
verfassungsrechtlich haltbar ist, das Grundwasser aus dem Eigentumsbegriff<br />
herauszunehmen und die Nutzung des Grundwassers einem<br />
Erlaubnis/Bewilligungsvorbehalt zu unterstellen.<br />
� In der Pflichtexemplarentscheidung deutete sich eine Abkehr vom materiellen<br />
Enteignungsbegriff des BGH und des BVerwG schon an, in der<br />
Nassauskiesungsentscheidung kam dann die deutliche Abkehr vom materiellen<br />
Enteignungsbegriff hin zum formellen. In der Nassauskiesungsentscheidung wurden drei<br />
Aussagen getroffen, die durch die Lit und spätere Rspr. bestätigt wurden:<br />
Alexander W. Schneehain Oktober 2002
<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong> Seite 2<br />
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1.) ISB ist ein aliud zur Enteignung<br />
Inhalts- und Schrankenbestimmung, Legalenteignung und Administrativenteignung sind<br />
eigenständige Rechtsinstitute, die das GG deutlich voneinander absetzt. Eine ISB<br />
kann nicht in eine Enteignung „umschlagen“ (so aber bis dato BGH und BVerwG),<br />
auch nicht wenn sie „enteignend“ wirkt. Entscheidendes Kriterium für die Abgrenzung ist<br />
also nicht die Intensität des Eingriffs ( tatsächliche Auswirkungen), sondern dessen Form<br />
(konkret- individuell) und Zweckrichtung (Finalität). Eine verfassungswidrige ISB kann<br />
auch nicht unter Zuteilung einer vom Gesetz nicht vorgesehenen Entschädigung in eine<br />
Enteignung umgedeutet werden. Damit hat der Gesetzgeber drei<br />
Regelungsmöglichkeiten bzgl. eigentumsrelevanter Vorschriften:<br />
2.) Vorrang des Primärrechtsschutzes<br />
� Inhalts- und Schrankenbestimmung Art. 14 I 2 GG<br />
� Legalenteignung Art. 14 III 2 1. Alt. GG<br />
� Administrativenteignung Art. 14 III 2, 2. Alt. GG<br />
� Der Betroffene kann nicht unter Verzicht auf Anfechtung des Aktes eine ihm vom Gesetz<br />
nicht zugebilligte Entschädigung verlangen, kein „dulde und zu liquidiere“ (so bis dato<br />
BGH und BVerwG); Er muss gegen die eigentumsrelevante Maßnahme selbst vorgehen.<br />
Lässt Betroffener Eingriffsakt unanfechtbar werden, so wird auch seine<br />
Entschädigungsklage abgewiesen.<br />
� Bei einer verfassungswidrigen ISB können Gerichte (mangels gesetzlicher Grundlage)<br />
keine Entschädigungen zusprechen. Insbesondere ist ein Rückgriff auf die Junktim-<br />
Klausel des Art. 14 III GG als Anspruchsgrundlage ausgeschlossen. Diese<br />
Entschädigungsregelung gilt nur für Enteignungen und ist nicht auf Inhalts- und<br />
Schrankenbestimmungen i.S.v. Art. 14 I GG übertragbar.<br />
3. RGL für EglE nicht mehr Art. 14 III GG<br />
� RGL für enteignungsgleichen Eingriff jetzt aus §§ 74, 75 EinlPrALR. In richterrechtl<br />
Ausprägung, gestützt auf Aufopferungsgrundsatz<br />
III.) Weiterentwicklung des Eigentumsschutzes durch Denkmalschutzentscheidung,<br />
BVerfGE 100, 226 l&l 2000, 190<br />
� Kernaussage: (S) „Vorrang der Bestandsgarantie vor Wertgarantie“; Regelung einer<br />
Härtefallklauseln mit Geldentschädigung in einer Inhalts- und Schrankenbestimmung ist<br />
Alexander W. Schneehain Oktober 2002
<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong> Seite 3<br />
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subsidiär, d.h. Gesetzgeber muss ggf. Ausnahmeregelung statt bloßen Geldersatz<br />
vorsehen.<br />
� Denkmalschutzrechtliche Regelungen als ISB unzulässig, wenn sie keine Vorkehrungen<br />
gegen Unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers enthalten.<br />
� Der eigentumsrechtliche Bestandsschutz (wg. Wertgehalt der Eigentumsgarantie) wurde<br />
gestärkt und der Rechtfertigung von Eigentumsbeschränkungen durch Ausgleichsleistungen<br />
wurden Grenzen gesetzt insbesondere dadurch, dass eine derartige Kompensation auf<br />
Ausnahmetatbestände beschränkt wurde. Daraus folgt:<br />
1.) Zulässigkeit von Ausgleichsregelungen<br />
� Grundsätzlich müssen ISB ohne Ausgleichsregelungen die Substanz des Eigentums<br />
wahren sowie dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und dem Gleichheitsgebot entsprechen.<br />
� Der Gesetzgeber kann unzumutbare Auswirkungen von ISB aber ausnahmsweise<br />
durch Ausgleichsmaßnahmen verhindern.<br />
� Es kann Fälle geben, in denen selbst mit finanziellen Mitteln ein Ausgleich nicht<br />
gefunden werden kann. Für diese Fälle muss die ISB eine Dispensvorschrift enthalten,<br />
um mit der Eigentumsgarantie im Einklang zu stehen.<br />
2.) Anforderungen an Ausgleichsregelungen<br />
a) Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage<br />
Der Gesetzgeber selbst (und nicht die Exekutive oder die Legislative) muss Eingriffe<br />
– so weit erforderlich – abfedern, (S) „Gewaltenteilung“<br />
b) Subsidiarität der finanziellen Entschädigung<br />
Art. 14 GG (Bestandsgarantie) verlangt, dass in erster Linie Vorkehrungen getroffen<br />
werden, die eine unverhältnismäßige Belastung real vermeiden und die<br />
Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich erhalten. Dies kann<br />
beispielsweise erfolgen durch Übergangsregelungen oder Ausnahme- und<br />
Befreiungsvorschriften. Nur wenn ein solcher Realausgleich im Einzelfall nicht<br />
möglich ist, kommt eine finanzielle Entschädigung in Betracht.<br />
c) Erfordernis einer einheitlichen Entscheidung<br />
Die Verwaltung muss bei der Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung zugleich<br />
zumindest dem Grunde nach über den Ausgleich entscheiden, damit der<br />
Betroffene entscheiden kann, ob er den Eingriffsakt anfechten will.<br />
3.) Salvatorische Entschädigungsklauseln<br />
� Salvatorische Entschädigungsklauseln sind nicht vereinbar mit der Junktim-Klausel des<br />
Art. 14 III GG, denn sie wiederholen nur etwas, was sich ohnehin aus der Verfassung<br />
Alexander W. Schneehain Oktober 2002
<strong>Juristisches</strong> <strong>Repetitorium</strong> Seite 4<br />
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ergibt. Der Gesetzgeber muss auch die Tatbestände regeln, bei deren Vorliegen eine<br />
Entschädigung zu gewähren ist.<br />
� Zur (subsidiären, siehe 2. b.) ) Abfederung einer ISB sind salvatorische Klauseln aber<br />
weiterhin denkbar.<br />
Alexander W. Schneehain Oktober 2002