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Annelise Zwez - SGBK

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Gründe dafür? Einkommen, die das Äufnen von Kunstsammlungen ermöglichen,werden mehrheitlich von Männern erzielt und auch wenn die Werke in Partnerschafterworben werden, hat der Blick des Geldgebers mehr Gewicht respektive diePartnerin nimmt Rücksicht darauf. Gut gibt es Ausnahmen, welche die „Regel“bestätigen. Dass Männer letztlich lieber Werke von Künstlern kaufen, kann manihnen nicht verargen, denn sie fühlen sich in ihnen emotional besser aufgehoben,spüren die Denkweisen als verwandt. Auch überholte Traditionen spielen eine Rolleund in Partnerschaften kommt hinzu, dass Eifersuchtsmomente a prioriausgeklammert sind.Natürlich gibt es auch vermögende Frauen und nicht selten treten sie – oft ohne sichdabei in Szene zu setzen - als Mäzeninnen auf. Aber Kunst sammeln – sich miteinem sichtbaren Vermögen umgeben, dieses gar öffentlich machen? Das ist selten,in der Schweiz noch seltener als anderswo; man denke zum Beispiel an dieSammlung Ingvild Goetz in München (in welcher übrigens die Schweizerin ZillaLeutenegger repräsentativ vertreten ist). Fazit: Dass weniger Werke von Frauengekauft werden, liegt nicht zuletzt an den Frauen selbst! Das ist auch heute so,leider.Nehmen wir als zweites Beispiel eine Künstlerin mit Jahrgang 1965. Sie arbeitetinstallativ, verwendet Video, Fundgegenstände, Papier, Klebstreifen, Pinsel undFarbe. Sie hat zahlreiche Möglichkeiten in Off-Spaces, Kunsthallen und beiinternationalen Kunsttreffen in Erscheinung zu treten. Ihre Gesuche um Werkbeiträgestossen auf Echo und ihre Auftritte werden in den Medien besprochen. Aber: IhreÜberzeugung, dass Kunst etwas Ephemeres ist, das sich von Ort zu Ort wandeltund sich nur im Austausch mit den labilen Energien von Zeit und Persönlichkeit zuDichte steigern kann, macht ihre Kunst für Ankäufe zumindest schwierig. Da siekeine potente Galerieverbindung hat (sich auch nie nachhaltig darum kümmerte),„vergisst“ sie, gleichzeitig mit dem Medium der Zeichnung, der Fotografie zuarbeiten, ihre Installationen in autonome Videoarbeiten weiterzudehnen, um sogleichzeitig verkäufliche Werke anbieten zu können. Sie sagt, das sei ihr egal undwenn das wirklich bis in ihre Seele hinein stimmt, so ist das bestens – einkünstlerisches Werk darf vergänglich sein - aber so ganz vermag man es oft nicht zuglauben. Die Situation der heute 44Jährigen ist nicht im engeren Sinnfrauenspezifisch, aber diese zuweilen forciert die Gesetze des Kunstmarktesignorierende Haltung findet man bei Frauen häufiger als bei Männern. Eigentlich


sollte sie einen guten 50%-Job haben parallel zu ihrer künstlerischen Tätigkeit, abersie bekam mit 38 Jahren noch ein Kind, freute sich darauf, liebt ihr Töchterchen, aberfür die Künstlerin ist jetzt alles noch viel schwieriger, obwohl sich ihr Partner Mühegibt, seinen Anteil an der Kinder- Betreuung wahrzunehmen. Langsam wird siemüde.Die dritte Beispiel-Künstlerin hat Jahrgang 1978. Für sie ist die Emanzipation der68er-Frauen-Generation kein Thema. An der Hochschule der Künste, die sie 2003abschloss, waren die Frauen in der Überzahl und es sah aus, als wäre es eine Frageder Zeit bis die Kunst ganz von den Frauen übernommen werde. Mit Verve schuf sieDossiers, präsentierte sich hier und dort, erhielt erste Stipendien und eines Tages ludsie der Direktor der örtlichen Kunsthalle gar ein, ihre Fruchtbarkeits-Gärten in einerEinzelausstellung zu zeigen. Doch dann wird sie zum dritten Mal schwanger.Verweigerten die Künstlerinnen, die heute um die 60 sind, vielfach die Mutterschaft,um sich von ihren Müttern abzusetzen, so versuchen die jungen Frauen heute oftund mit Recht, alles in allem zu leben. Und scheitern dabei nicht selten.Als „unsere“ Künstlerin mit rundem Bauch dem Direktor der Kunsthalle begegnet,sagt er: „Ach, auch du bist nun also die nächsten Jahre weg vom Fenster“. DieOhrfeige schmerzt und setzt Widerstandskräfte frei, doch so Unrecht hat der Direktornicht. Welcher Galerist setzt auf eine international kaum mobile, zeitlich unflexibleKünstlerin, die in absehbarer Zeit nur kleine Brötchen backen kann? Wie soll siegegenüber sich selbst und ihrem Partner rechtfertigen, dass Kunst machen ihr Berufist, auch wenn er wenig einträgt und dass Kosten für Kinderbetreuung sinnvolleingesetztes Geld sind? Was, wenn sie dieses Geld für die Kindertagesstätte für dieTage im Atelier zuerst noch verdienen muss.... Endlich kommt es in „unserem“ Fallwieder zu einer Ausstellung – sie ist erfolgreich, zehrt noch von den Zeiten als siesich voll der Kunst widmen konnte, aber sie muss weiter in ihrer Entwicklung, darfden Anschluss nicht verpassen, muss wissen, wohin die Kunst internationalläuft....wie soll sie das nur schaffen bevor sie 40 Jahre alt ist und die fürsPortemonnaie und fürs Palmares so wichtigen Pfründe der Künstlerförderunggeschlossen werden ?Wir sehen also: Die Tore zum Kunstbetrieb stehen den Künstlerinnen heutegrundsätzlich offen, aber die Möglichkeiten sich in der Szene erfolgreich zuetablieren, hat viele Tücken und ist ähnlich wie in der Gesamtwirtschaft, wo dieKaderstellen meist von 100%-Job-Männern wahrgenommen werden, für Frauen nur


mit einem sehr hohen Einsatz zu bewerkstelligen. Von der Kraft der künstlerischenQualität und der Gabe, diese wortreich, intelligent und selbstbewusst zu verkörperngar nicht zu reden. Aber letzteres gilt auch für die Männer, für die es im Umfeld einerimmer grösser werdenden Zahl von Power-Frauen längst nicht mehr so einfach ist,ihre Identität zu definieren und zu leben. Wer weiss, vielleicht sind es die Künstler-Paare, von denen es in der Schweiz nicht wenige und viele erfolgreiche gibt, die unshier etwas vorleben. Man denke an Hubbard/Birchler, Steiner/Lenzlinger,Chiarenza/Hauser („relax&Co.“), Lang/Baumann und andere mehr.In diesem gesamten Kontext steht auch die <strong>SGBK</strong>. Viele betrachten sie als ein Reliktaus vergangenen Zeiten. Sie stehen ihr wohl ihre Berechtigung in einem geschichtlichenKontext zu, sehen sie heute aber als überflüssig. Dass dem nicht so ist, zeigendie drei skizzierten Beispiele. Die <strong>SGBK</strong> muss die Situation der Künstlerinnen heuteselbstkritisch, neu, offen, zukunftsbezogen wahrnehmen. Sie muss Querelen hintersich lassen und die Gesellschaft als engagiertes Netzwerk gegenseitiger undGenerationen übergreifender Unterstützung sowie vielfältiger Kommunikationetablieren und in der Öffentlichkeit als Label auch so publik machen. Immer undimmer wieder. Das ist ihre Chance. Ganz im Stil von Marie-Antoinette Chiarenza, diein einem Bildtitel fragt: „Je suis une femme, pourquoi pas vous?“Der Berner Aktionskünstler San Keller postuliert in einer neuen Arbeit, dass dieKünstler sich wieder vermehrt umeinander kümmern müssen, endlich aufhörensollen, sich als Konkurrenz zu betrachten, sondern das Gemeinschaftliche als Werterkennen. Er verkündete das nicht nur, sondern suchte KollegInnen in ihren Ateliersauf und liess sich von diesen fotografieren wie er in ihrem Stil an ihren Werkenarbeitet. Diese Haltung ist der <strong>SGBK</strong> quasi auf den Leib geschrieben – es kann beieinem Netzwerk nicht nur darum gehen, sich gegenseitig mit Informationen zubombardieren. Ziel muss vielmehr sein, sich gegenseitig zu kennen und aus diesemKennen heraus füreinander tätig zu sein. Warum nicht unter den Mitgliedern eineCommunity im Stil von „facebook“ gründen und so in Kontakt stehen? DasGegenargument, ach, ich weiss nicht wie man mit einem Computer umgeht, zähltnicht. Wer nicht weiss, wo die Gesellschaft heute steht, wie sie agiert, woran sieleidet, was ihr unter den Nägeln brennt, kann nicht erwarten, dass die eigenekünstlerische Arbeit den Kern der Zeit trifft und Anerkennung findet, Mann oder Frauhin oder her. Aber ein Netzwerk, das unter frauenspezifischen Bedürfnissen, genauhier einhakt, hier nach innen und nach aussen, persönlich, künstlerisch und


kulturpolitisch wirkt, Mut macht, unterstützt, Erfahrungen veröffentlicht, hat jederzeitdie Chance für jede Frau, die dazu gehört, zur Chance zu werden. Es lebe die <strong>SGBK</strong>Bern 2009!i Titel einer Fotografie von Marie-Antoinette Chiarenza (1995), welche die Künstlerinmit einer Axt auf der Schulter vor dem „Holzfäller“ von Ferdinand Hodler zeigt.iiAlis Guggenheim in Lebenlauf 1944, zitiert in „Als ob ich selbst in Regen undSchnee stehe“, Verlag Lars Müller, 1992.

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