Vom Wurzelholz zum Vielfarbenwunder - Zahoransky
Vom Wurzelholz zum Vielfarbenwunder - Zahoransky
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100 JAHRE KUNSTSTOFFE<br />
Zahnbürsten in aller Munde.<br />
Täglich nutzen wir sie, die Zahn-<br />
bürste. Weltweit. Das war nicht<br />
immer so. Noch vor gut einhun-<br />
dert Jahren galt sie als Luxusgut,<br />
das nur dem Adel und den Rei-<br />
chen vorbehalten war. Erst der<br />
Kunststoff machte sie zu einem<br />
erschwinglichen Massenprodukt,<br />
das strahlend weiße Zähne in<br />
jedermanns Lächeln zaubert.<br />
D ie<br />
<strong>Vom</strong> <strong>Wurzelholz</strong> <strong>zum</strong><br />
<strong>Vielfarbenwunder</strong><br />
BERND STEIN<br />
Verbrauchszahlen sind heute gigantisch.<br />
Wenn nur zwei von drei<br />
Erdenbürgern eine Zahnbürste pro<br />
Jahr einsetzen ergibt dies eine Jahresproduktion<br />
von ca. 4,6 Mrd. Zahnbürsten –<br />
welch eine astronomische Zahl.Allein im<br />
aktuellen Zeitraum 2010 bis 2020 wächst<br />
die Weltbevölkerung nach Schätzungen<br />
der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung<br />
jährlich um rund 80 Mio. Menschen, die<br />
alle Zahnbürsten benötigen. Um diesen<br />
enormen Bedarf zu decken, müssen die<br />
produzierenden Unternehmen an 365 Tagen<br />
im Jahr 12,6 Mio. Zahnbürsten herstellen.<br />
Die dafür notwendige Materialmenge<br />
läge bei etwa 70 000 Tonnen pro<br />
Jahr.<br />
Zeitreise in die Vergangenheit<br />
Starten wir eine Reise in die Vergangenheit<br />
und blicken zurück auf die Geschichte<br />
der Zahnbürste. Schon die alten Ägypter<br />
legten Wert auf Zahnpflege. Funde aus<br />
ARTIKEL ALS PDF unter www.kunststoffe.de<br />
Dokumenten-Nummer KU123456<br />
KU 110382<br />
Zahnbürsten sind heute Hightech-Produkte: komplexe Bürstenmuster, mehrere Farben<br />
sowie harte und weiche Materialien im Griff (Foto: Fotolia)<br />
Bild 1. Der historische Bogen der Zahnpflege<br />
spannt sich vom Kauholz bis zur heute benutzten<br />
optisch attraktiven, hygienisch einwandfreien<br />
Zahnbürste (Foto: blend-a-med)<br />
altägyptischen Gräbern von ca. 3000 vor<br />
Chr. belegen dies. Als erste Zahnbürste<br />
diente ein kleiner Kaustock aus Wurzeln<br />
des Arrakbaums oder aus dünnen Aststücken<br />
der Miswakpflanze (Bild 1). Das<br />
Ende wurde so lange angekaut, bis es zerfaserte<br />
und als Bürste diente. Einige<br />
Naturvölker verwenden solche Kaustöckchen<br />
noch heute.<br />
Einer der ersten urkundlich erwähnten<br />
überzeugten Zähneputzer war der Prophet<br />
Mohammed (570 – 632). Er schnitzte<br />
kleine Holzstäbchen aus Wurzeln, um<br />
sich damit Speisereste aus den Zähnen zu<br />
entfernen. Das Reinigen der Zähne mit<br />
Holzstäbchen hatte zu jener Zeit zusätzlich<br />
einen religiösen Charakter. Die Reinigung<br />
sollte die Kraft der Gebete verstärken.<br />
Schon im Mittelalter Importe<br />
aus China<br />
Der Vorläufer unserer heutigen Zahnbürste<br />
fand 1498 in China die erste schriftliche<br />
Erwähnung. Die Bürste hatte eine<br />
Pinselform und die Borsten stammten<br />
aus den Nackenhaaren von Hausschweinen.<br />
Die Borsten wurden an Stielen aus<br />
2 © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 5/2010
KU 110382<br />
Bambus oder Knochen befestigt. Rund<br />
ein Jahrhundert später, also zu Beginn des<br />
17. Jahrhunderts, wurde der erste plattenförmige<br />
Borstenträger – ebenfalls aus<br />
Knochen – erwähnt, den wir im Prinzip<br />
heute noch nutzen. Diese Bürsten wurden<br />
bereits im 17. Jahrhundert von Kaufleuten<br />
nach Europa gebracht. Sie waren<br />
jedoch sehr teuer. Deshalb konnten sich<br />
nur Könige, der Hochadel sowie die Reichen<br />
der Hanse diesen damaligen Luxusartikel<br />
leisten (Bild 2).<br />
Erste manuelle Fabrikproduktion<br />
In Europa entwarf 1780 William Addis in<br />
England die „moderne“ Zahnbürste. Sie<br />
wurde weltweit erstmalig in einer Zahnbürstenfabrik,<br />
der Addis Ltd., Brushworks, gefertigt.Diese<br />
Zahnbürste bestand aus einem<br />
handgefertigten Griff aus Kuhknochen,der<br />
Bild 4. Die ersten Maschinen für das maschinelle Stopfen<br />
der Borstenfilamente wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts<br />
hergestellt; hier ein Zahnbürstenautomat von 1928<br />
(Foto: <strong>Zahoransky</strong>)<br />
Kunststoffe 5/2010<br />
Bild 2. Anfangs konnten<br />
sich nur Adelige<br />
den damaligen<br />
Luxusartikel leisten,<br />
wie diese Bürste mit<br />
einem Griff aus Perlmutt<br />
(Foto: Wikimedia)<br />
vorne perforiert war, um Borsten des Kuhschwanzes<br />
aufzunehmen. Später ersetzte er<br />
die Kuhknochen durch handgefertigte<br />
Holzgriffe und bestückte sie mit Schweineborsten,Ziegen-<br />
oder Pferdehaaren,die mit<br />
Fäden zu dünnen Bündeln zusammengebunden<br />
waren (Bild 3). Weitere 60 Jahre danach,<br />
1840, gründete der Drechsler August<br />
Zippe in Schmölln, Thüringen, die erste<br />
deutsche Zahnbürstenfabrik.<br />
Zur gleichen Zeit (1845) eröffnete Alphonse<br />
DuPont mit einem Partner eine<br />
Zahnbürstenfabrik in Beauvais, 80 km<br />
nördlich von Paris/ Frankreich. Im<br />
Deutschland des 19. Jahrhunderts setzte<br />
die Industrialisierung erst in den 30er-<br />
Jahren ein. So konnten die englischen Erfahrungen<br />
und die Ergebnisse der französischen<br />
Maschinenwissenschaften genutzt<br />
und zu großer Reife fort entwickelt<br />
werden.<br />
Beginn des Maschinenzeitalters<br />
Ende des 19. Jahrhunderts<br />
setzte dann das Maschinenzeitalter<br />
ein. Historischen<br />
Quellen zufolge installierte Alphonse<br />
DuPont in seiner Fabrik<br />
zwei Dampfmaschinen.<br />
Es gab sieben Montagemaschinen,<br />
84 Kreissägen, 24 Polier-<br />
und 66 Lochmaschinen.<br />
1892 beschäftigte er 2000 Mitarbeiter<br />
mit der Herstellung<br />
von Bürsten und Zahnbürsten.<br />
Die industrielle Produktion<br />
erbrachte eine riesige<br />
Zeitersparnis gegenüber der<br />
rein manuellen Fertigung. Ein<br />
Vergleich: War es für DuPont<br />
bereits ein großer Fortschritt,<br />
durch die Nutzung erster Maschinen<br />
für die Herstellung einer<br />
Zahnbürste „nur“ noch 20<br />
Minuten zu benötigen, werden<br />
heute, rund einhundert<br />
Jahre später, Zahnbürsten in<br />
vollautomatischen Zwillingsanlagen<br />
in anderthalb Minu-<br />
100 JAHRE KUNSTSTOFFE<br />
ten gefertigt – das eigentliche Bestopfen<br />
dauert dabei nur noch zwei Sekunden.<br />
Der Materialverbrauch dieser Fabrik<br />
war vielfältig. Es wurden jährlich 250<br />
Tonnen exotische Hölzer, 220 Tonnen<br />
einheimische Hölzer, 4500 Tonnen Knochen<br />
und 100 Tonnen Schweine- und<br />
Wildschweinborsten für die Herstellung<br />
6300 verschiedener Bürstenmodelle<br />
benötigt. (Woher kamen nur all die<br />
Schweine?)<br />
Bild 3. Die handgeschnitzte und mit 300 Jahren<br />
älteste Zahnbürste Europas wurde in Minden<br />
gefunden (links). In der Mitte zwei Exemplare<br />
aus dem 19./20. Jahrhundert, daneben eine zeitgenössische<br />
Bürste (Foto: LWL/Brentführer)<br />
Zelluloid – Start in die<br />
Kunststoff-Ära<br />
Mit der Erfindung des Zelluloids durch<br />
John Wesley Hyatt im Jahre 1870 startete<br />
ein neues Zeitalter der Zahnbürste. Zelluloid<br />
ersetzte die kostbaren Naturstoffe<br />
wie Elfenbein, Schildpatt und Holz. Das<br />
erste Anwendungsgebiet für Zelluloid waren<br />
Gaumenplatten für Gebisse. Die ersten<br />
Zahnbürstengriffe folgten Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts. Diese Griffe wurden<br />
aus Zelluloidplatten ausgesägt und<br />
anschließend in einer mit Sand gefüllten<br />
Zentrifuge auf Hochglanz poliert. Es entstanden<br />
erstmalig wunderschöne Zahnbürsten<br />
mit Sandwicheffekt.Als Filamente<br />
wurden wahlweise Schweine-, Dachsoder<br />
Pferdehaare benutzt.<br />
Die ersten Stopfmaschinen für das maschinelle<br />
Stopfen der Borstenfilamente<br />
stellte ab 1902 die neu gegründete Firma<br />
Anton <strong>Zahoransky</strong> in Todtnau im<br />
Schwarzwald her. Bis dahin war die geringe<br />
Haltekraft der Borstenbündel das<br />
Hauptübel der mechanischen Bürstenfertigung.<br />
Durch eine besondere Formgebung<br />
der Backen im Werkzeug gelang es<br />
Anton <strong>Zahoransky</strong>, eine gekreuzte Drahtschlinge<br />
herzustellen. Damit erreichte er<br />
><br />
3
100 JAHRE KUNSTSTOFFE<br />
Bild 5. Früher war das Polyamid der ersten Generation herstellungsbedingt so scharfkantig, dass<br />
Zahnfleischbluten fast die Regel war. Heute runden Spezialmaschinen die nur 0,18 mm dicken Borsten<br />
ab (Fotos: <strong>Zahoransky</strong>)<br />
erstmalig eine absolut sichere Befestigung<br />
der Bündel im Bürstenholz. Diese bahnbrechende<br />
Neuheit war der Startschuss<br />
für den Jungunternehmer vom Aufbau einer<br />
mechanischen Werkstatt hin zur<br />
Gründung einer Maschinenfabrik (Bild 4).<br />
Bis <strong>zum</strong> endgültigen Durchbruch der<br />
maschinellen Bürstenherstellung brauchte<br />
es jedoch noch viel Zeit, um die Widerstände<br />
bei den Bürstenfabrikanten und<br />
Heimarbeitern zu überwinden. Die landläufige<br />
Meinung der Verbraucher lautete:<br />
„Stanzware ist Schundware“.<br />
Ab den zwanziger Jahren des vorigen<br />
Jahrhunderts setzte sich das Zelluloid<br />
endgültig als das gängigste Material für<br />
Zahnbürstengriffe durch. Die Produktion<br />
der Zahnbürsten mit diesem innovativen<br />
Werkstoff war aber wegen der hohen<br />
Entzündungsgefahr bei der mechanischen<br />
Bearbeitung höchst gefährlich.<br />
Nicht selten brannten ganze Fabriken ab.<br />
Erst mit der Erfindung des Nylons (Polyamid<br />
66) im Jahre 1935 und seiner Ver-<br />
Bild 6. Mehrfarbige Griffe mit einer durch TPE-Einlagen verbesserten<br />
Haptik sind heute Standard. Das schlangenförmige<br />
Gelenk (oben) soll den Druck auf das Zahnfleisch begrenzen<br />
(Fotos: Jonas Bergsten, Oral-B)<br />
wendung als Borstenmaterial ab 1938 begann<br />
die Massenherstellung von Zahnbürsten<br />
und das Zeitalter hygienisch einwandfreier<br />
Produkte. Getrübt wurde die<br />
Freude am Zähneputzen jedoch durch<br />
das harte Nylon der ersten Generation. Es<br />
war – im Gegensatz zu den Tierborsten –<br />
herstellungsbedingt so scharfkantig, dass<br />
das empfindliche Zahnfleisch verletzt<br />
werden konnte. Dieses änderte sich erst<br />
1950, als ein weicheres Polyamid verfügbar<br />
war und <strong>Zahoransky</strong> Spezialmaschinen<br />
<strong>zum</strong> Runden der Borsten entwickelt<br />
hatte (Bild 5). Heutige Anlagen runden die<br />
durchschnittlich nur 7 mil (0,18 mm)<br />
dicken Borsten spielend im Sekundentakt<br />
ab.<br />
Kunststoffe machen<br />
die Zahnbürste für jedermann<br />
erschwinglich<br />
Anfang der 50er-Jahre kamen die ersten<br />
Kunststoffgriffe aus Polystyrol auf den<br />
KU 110382<br />
Markt. Damit begann die rasante Entwicklung<br />
des Spritzgießverfahrens in der<br />
Zahnbürstenfertigung. Auch hier zählte<br />
<strong>Zahoransky</strong> neben der M+C Schiffer<br />
GmbH, Neustadt (Wied), die 1949 die erste<br />
ankerlose Zahnbürste in Deutschland<br />
patentieren ließ, zu den Pionieren. Bereits<br />
Mitte der 50er-Jahre baute das Unternehmen<br />
für die Firma Faller (die heutige Interbros<br />
GmbH, in die Krallmann-Gruppe<br />
eingegliedert), eine Bürstenfabrik in<br />
Todtnau, ein Spritzgießwerkzeug. Mitte<br />
der 60er-Jahre entwickelte Carl Schiffer<br />
das erste angusslose Ein-Kavitäten-Werkzeug<br />
für Zahnbürstengriffe.<br />
Gespritzt wurden die Teile<br />
auf einer Boy 15, der ersten<br />
Spritzgießmaschine, die Max<br />
Schiffer entwickelte und auf der<br />
Hannover Messe 1968 einem<br />
breiten Publikum vorstellte. Das<br />
Spritzgießverfahren brachte ihn<br />
auf die Idee, die Löcher für die<br />
Filamentbüschel durch ins<br />
Werkzeug ragende Drahtstifte<br />
mitzuspritzen. Damit entfiel<br />
das aufwendige Bohren.<br />
<strong>Zahoransky</strong> konnte nun<br />
seine Bohr- und Stopfmaschinen<br />
durch Zwillingsmaschinen<br />
ersetzen. Die Stückkosten<br />
reduzierten sich wesentlich.<br />
Somit vereinte das<br />
neue Herstellungsverfahren<br />
einen enormen Ausstoß mit<br />
erschwinglichen Preisen.<br />
Bild 7. Eine der ersten elektrischen<br />
Zahnbürsten stammt<br />
aus dem Jahr 1963<br />
(Foto: Braun)<br />
Elektrische Antriebe und immer<br />
neue Designlösungen<br />
Die letzten 50 Jahre in der Geschichte der<br />
Zahnbürste sind geprägt durch immer<br />
neue Designlösungen. Die Griffe, heute<br />
mehrheitlich aus PP, wurden mehrfarbig,<br />
die Haptik durch TPE-Einlagen verbessert<br />
(Bild 6). Heute gibt es Zahnbürsten mit<br />
bis zu sechs verschiedenen Materialien<br />
und Farben.<br />
In den frühen 60er-Jahren gab es die<br />
erste elektrische Zahnbürste, die sich aber<br />
nicht durchsetzen konnte (Bild 7).Der Dinosaurier<br />
unter den elektrischen Zahnbürsten,<br />
im gleichen Jahrzehnt entwickelt,<br />
stammte aus den Laboren der<br />
Blend-a-med-Forschung. Bis Ende der<br />
80er-Jahre dümpelte die Nachfrage nach<br />
elektrischen Zahnbürsten dahin. Sie galt<br />
als unnützes Zahnpflegeprodukt.<br />
4 © Carl Hanser Verlag, München Kunststoffe 5/2010
KU 110382<br />
Bild 8. Kinder haben ihre Freude an den<br />
bunten Motiven (Foto: Doriat)<br />
Erst als<br />
Peter Hilfinger,<br />
damaliger Leiter der<br />
Forschungsabteilung bei<br />
Braun Oral-B in Marktheidenfeld<br />
(heute Gillette), den runden Bürstenkopf<br />
erfand, der sich anfänglich in Kreis-, später<br />
in oszillierenden Bewegungen drehte,<br />
kam der Durchbruch der elektrischen.<br />
Insbesondere für Kinder gibt es<br />
heute zahlreiche farbenfrohe und mit<br />
Figurenmotiven gestaltete Bürsten (Bild<br />
8). Inzwischen besitzt etwa jeder dritte<br />
deutsche Haushalt eine Akku-betriebene<br />
elektrische Zahnbürste. Als Weiterentwicklung<br />
gilt die elektronische<br />
Schallzahnbürste.<br />
Hot Tufting verbessert Hygiene<br />
und Zahnpflege<br />
Auch die Filamente wurden durch eine<br />
Vielzahl von unterschiedlichen Formen<br />
und Schliffen der Borsten erweitert. Bei<br />
dem neuen Hot-Tufting-Fertigungsverfahren<br />
werden in einem ersten Schritt die<br />
Bündel sowohl in Form als auch in Topografie<br />
hergestellt. Dadurch erhält man ei-<br />
ne noch höhere Komplexität der Bürstenmuster<br />
(Bild 9). Im zweiten Schritt bringt<br />
man die Bündel in den Spritzgießeinsatz<br />
ein. Im dritten werden die Bündelenden<br />
angeschmolzen und im vierten Schritt<br />
umspritzt. Mit diesem Verfahren sind<br />
ganz neue Geometrien und Mischungen<br />
von Härtegraden der Bündel möglich.<br />
Neben den unbegrenzten Designmöglichkeiten<br />
des Bürstenkopfes konnte auch<br />
Kunststoffe 5/2010<br />
die Hygiene<br />
durch das Umspritzen<br />
deutlich verbessert werden.<br />
Vollautomatische Komplettlinien<br />
Was vor Jahrhunderten als mühsame<br />
Handarbeit begann, geschieht heute in<br />
verketteten, vollautomatischen Fertigungslinien.<br />
Beginnend mit dem Spritzgießen<br />
mehrfarbiger Griffe in 32-fach-<br />
Werkzeugen, über die automatische,<br />
Bild 9. Das Hot-Tufting-Verfahren erhöht die<br />
Komplexität der Bürstenmuster. Die in einem<br />
Einsatz platzierten Bündel werden dabei umspritzt<br />
(Foto: <strong>Zahoransky</strong>)<br />
orientierte Zuführung zur Zwillingsstopfmaschine<br />
mit anschließendem Konturschnitt<br />
und Rundung der Filamente. Danach<br />
werden die Zahnbürsten in die tiefgezogene<br />
Folie der vollautomatischen<br />
Blister-Verpackungsanlage eingelegt. In<br />
der nachfolgenden Siegelstation wird die<br />
zugeführte Deckfolie verschweißt und<br />
Bild 10. Vollautomatische Hochleistungsanlagen haben einen Ausstoß<br />
von jährlich 45 Mio. Zahnbürsten (Foto: <strong>Zahoransky</strong>)<br />
anschließend die einzelnen Bürsten ausgestanzt.<br />
Diese Hochleistungsanlagen haben<br />
einen jährlichen Ausstoß von rund 45<br />
Mio. Zahnbürsten (Bild 10).<br />
Ist damit die Entwicklung der<br />
Zahnbürste ausgereizt?<br />
Bei dem gigantischen Materialverbrauch<br />
liegt ein zukünftiger Anreiz in der Her-<br />
100 JAHRE KUNSTSTOFFE<br />
stellung „grüner “Zahnbürsten aus sortenreinem<br />
Material, um mit Recycling<br />
Ressourcen einzusparen. Auch unternimmt<br />
die Branche erste zarte Versuche,<br />
Bürstenkörper aus Holzfasern zu spritzen,<br />
um auf der Ökowelle mitzuschwimmen.<br />
Die größte Sorge aber nimmt den Herstellern<br />
vermutlich auch kein noch so ausgefeiltes<br />
Ökoprodukt und keine noch so<br />
wissenschaftlich untermauerte Marketingkampagne<br />
ab. Der Verbraucher lässt<br />
sich einfach nicht überzeugen, zukünftig<br />
die Bürste doch mindestens drei Mal im<br />
Jahr zu erneuern. �<br />
QUELLEN<br />
<strong>Zahoransky</strong>, H.: 100 Jahre <strong>Zahoransky</strong> – Das Jubiläumsbuch<br />
Wikipedia: Die Zahnbürste<br />
Simon, K.: <strong>Vom</strong> Luxusgut <strong>zum</strong> Gebrauchsgegenstand.<br />
Zahnärztliche Mitteilungen, zm online, 1. März<br />
2005<br />
DER AUTOR<br />
DR.-ING. BERND STEIN, geb. 1964,<br />
studierte allgemeinen Maschinenbau an der TU<br />
Darmstadt. Seit August 2005 ist er Vorstand Technik<br />
bei der <strong>Zahoransky</strong> AG, Todtnau-Geschwend. Davor<br />
war er acht Jahre in leitenden technischen Funktionen,<br />
u.a. als Verantwortlicher für Fertigungstechnologie<br />
und Leiter Sondermaschinenbau, bei Braun und<br />
Oral-B im Gillette-Konzern tätig.<br />
SUMMARY<br />
FROM BURL WOOD TO<br />
MULTI-COLORED MIRACLE<br />
TOOTHBRUSHES FOR ALL. Toothbrushes are something<br />
that we use every day. But that was not always the case.<br />
A good hundred years ago, they were considered luxuries<br />
that only the rich and nobility could have. It took<br />
the advent of plastics to make them affordable to the<br />
masses, and to put the sparkle in everyone’s smile.<br />
Read the complete article in our magazine<br />
Kunststoffe international and on<br />
www.kunststoffe-international.com<br />
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