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VISUALISIERUNG & MEDIATISIERUNG - Universität Bremen

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<strong>VISUALISIERUNG</strong> & <strong>MEDIATISIERUNG</strong>Tagung der DGPuK-Fachgruppe Visuelle Kommunikation in Kooperationmit dem DFG-Schwerpunktprogramm 1505 „Mediatisierte Welten“21. bis 23. November 2013Book of Abstracts


ProjektorganisationTagungsorganisationKatharina LobingerRedaktionNina WickeGrafische GestaltungOanh Châu


<strong>VISUALISIERUNG</strong> & <strong>MEDIATISIERUNG</strong>Tagung der DGPuK-Fachgruppe Visuelle Kommunikation in Kooperationmit dem DFG-Schwerpunktprogramm 1505 „Mediatisierte Welten“21. bis 23. November 2013Book of Abstracts


InhaltKeynoteKeynoteFriedrich KrotzMediatisierung und Visuelle Kommunikationsforschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8Theoretische Aspekte des BildhandelsWolfgang ReißmannZeigehandeln in dichten Medienumgebungen:Eine sozialökologische Reflexion der Visualisierung kommunikativen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Katharina LobingerPraktiken des Bildhandelns in mediatisierten Gesellschaften - Versuch einer Typologie . . . . . . . . . . . 12Stefan MeierDie neue visuelle Authentizität- Modifikation des Dokumentarischen als Effekt fortschreitender Mediatisierung. . . . . . . . . . . . . . . . 14Bildhandeln im Kontext sozialer Netzwerke: Teil 1: Intergenerationale BildpraktikenBernadette KneidingerSocial Media als digitales Fotoalbum multilokaler Familien.Die Bedeutung visueller Kommunikation in intergenerationalen Beziehungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Maria SchreiberBilder zeigen. Fotografie als visuell-mediatisierte Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18


Bildhandeln im Kontext sozialer Netzwerke: Teil 2: Bildpraktiken von JugendlichenUlla Patricia AutenriethDie Theatralisierung der Freundschaft – Zum Einfluss von Bildern und bildzentrierterKommunikation auf Social Network Sites auf die Freundschaftsbeziehungen von Adoleszenten . . . . 20Mastewal Adane Mellese & Marion G. MüllerA Typology of Profile Pictures:How Do Young Adults Acquire Profile Images on Facebook? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22Innovative Methodische Verfahren zur Analyse von BildhandelnKatharina Lobinger & Cornelia BrantnerQ-Sort: Qualitativ-quantitative Analysen bildlicher Rezeptions- und Aneignungsprozesse- Leistungen und Limitationen für das Feld Visueller Kommunikationsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . 24Julia Niemann & Stephanie GeiseExploring the Visual Sphere of Youth:Methodische Überlegungen zur Implementierung der assoziativen Logik visuellerKommunikation in Ansätze der qualitativen Jugendmedienforschung zum BildhandelnStefanie Pannier & Jeldrik Pannier»Das sind keine roten Haare, das ist Blut!« (Sophia)Sekundäranalyse von Kinderzeichnungen zum Irak-Krieg 2003. . . . . . . . . . 26. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28Bilder und Bildhandlungen in der GesundheitskommunikationKatrin Döveling & Jana Fischer„Mach’s mit‘ Emotionen.“ Ein mehrstufiges Untersuchungsdesign zur Analyse visuellerund emotionaler Bildverarbeitung und -handlung in Präventionskommunikation. . . . . . . . . . . . . . . . 30Stephanie Geise & Andreas Brückmann2D versus HD-Live Sonographie – Formen, Funktionen und Sinnkonstruktiondes Bildhandelns im Rahmen der pränatalen Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32


Visualisierung (un)sichtbarer DatenElke GrittmannVisualisierung und Mediatisierung der Wissenschaft.Eine theoretische Fundierung der visuellen Wissenschaftskommunikationsforschung. . . . . . . . . . . . 34Werner ReichmannDie seltsame, mächtige Visualisierung der wirtschaftlichen Zukunft.Skopische Medien – Wissenskulturen und Sehgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36Joan Ramon Rodriguez-Amat & Cornelia BrantnerMapping Mapping: Infovisualisation of Space, a Visual Mediatization of the World. . . . . . . . . . . . . . . 38Bildhandeln und Visualisierung in Medizin, Religion und PolitikTanja MaierRemediatisierung von Bildern des ReligiösenPetra BernhardtDie Obama-Kampagnen als Form politischen Bildhandelns im Web 2.0. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42KeynoteJürgen RaabBildhandeln im Medium der Photographie.Methodische Herausforderungen der sozialwissenschaftlichen Interpretation von Einzelbildern. . . 44


Mediatisierung und Visuelle KommunikationsforschungKeynote: Friedrich KrotzMediatisierungsforschung interessiert sich für denZusammenhang zwischen Medienwandel einerseitsund dem Wandel von Alltag, Kultur und Gesellschaftandererseits: Diese Beziehung wird als nicht einseitig,nicht linear und nicht kausal, sondern als komplexerEntwicklungsprozess – als Metaprozess ähnlich wieGlobalisierung, Individualisierung oder Kommerzialisierung– verstanden, der von historischen undkulturellen Bedingungen abhängt und sich über daskommunikative Handeln der Menschen vermittelt.Derartige Metaprozesse knüpfen an grundlegendenanthropologischen Handlungsbedingungen an– im Falle von Globalisierung am sozialräumlichenBezug von Menschen, im Falle von Individualisierungan Vergemeinschaftungs- und Vergesellschaftungsformen,im Falle von Kommerzialisierung ander Organisation von Wirtschaft. Der MetaprozessMediatisierung bezieht sich auf die grundlegendenmenschlichen Fähigkeiten, sich durch Sprache zuverständigen, Bilder wahrzunehmen, sie herzustellenund mit ihnen zu kommunizieren, und Tonfolgenund Harmonien zu erkennen und produzieren undsie ästhetisch voneinander differenzieren zu können.Weil Hören, Sehen und Sprechen ebenso wie Schreibenund Lesen erlernt sind, beschäftigt sich Mediatisierungsforschungprinzipiell mit damit zusammenhängenden Themen, so etwa damit, wie Bildmedienentstehen und sich entwickeln, welche Rolle und Bedeutungsie haben und wie sich dies verändert, wiesie das Sehen prägen, etc. Für Antworten könnenauch Vergleiche und Unterschiede hilfreich sein.Faktisch gibt es hier aber bis heute eher Fragen alsAntworten.Interessant ist beispielsweise die Frage, wieso Bildmedienheute zunehmend bedeutsam werden. Mankann vermuten, dass sich das Interesse an sozialerSoftware als Antwort auf die zunehmenden Individualisierungs-und Mobilisierungstendenzen verstehenlässt, während die zunehmende Nutzung von Musikvia Kopfhörer oder im privaten Raum vielleicht aneinem wachsenden Bedürfnis anknüpft, die eigenenStimmungen zu regulieren und eine komplexer werdendeWelt musikalisch auszubalancieren. Woheraber der wachsende Bedarf herrührt, mit Bildern zukommunizieren, ergibt sich so einfach nicht, wennman dies nicht einfach nur mit der wachsenden Verfügbarkeitvon entsprechenden technischen Gerätenwie Fotoapparaten und Handys mit Fotofunktionerklären will. Im Zusammenhang damit muss manvielleicht berücksichtigen, dass der Fotoapparat (alsMassenmedium) immer schon vor allem für privateBilder verwendet worden ist, wobei nicht klar ist,warum das so ist. Bis heute hat sich daran aber anscheinendauch nur wenig geändert – die Menschenlassen sich die Welt zwar durch immer mehr Bildererklären, aber selbst produzieren sie Bilder anscheinendvor allem dazu, um sich selbst darzustellen, unddas auch noch in den engen Vorgaben und nach denimpliziten Gesetzen von Facebook. Insofern machenmehr Menschen mehr Bilder, aber die Bilder verlassendiesen familiären Raum des Vertrauten nicht– was in gewisser Weise dann auch wieder daran erinnert,dass wir alle in der Schule Lesen und Schönschreibengelernt haben, aber nur sehr rudimentär,mit reflektierendem oder argumentativem Schreibenan der Gesellschaft auch via Schriftmedien aktiv teil-8


zuhaben. Auch das gilt trotz aller Blogger Software bis heute.Komplexe Verhältnisse also. Der Vortrag wird sich nach einem Überblick über den derzeitigen Stand der Mediatisierungsforschungmit damit zusammenhängenden Fragen und Überlegungen beschäftigen.D LiteraturhinweisKrotz, F./Hepp, A. (Hrsg.) (2012): Mediatisierte Welten. Beschreibungsansätze und Forschungsfelder. Wiesbaden:VS.Krotz, F. (2010): Leben in mediatisierten Gesellschaften. Kommunikation als anthropologische Konstante undihre Ausdifferenzierung heute. In: Pietraß, M./Funiok, R. (Hrsg.): Mensch und Medien. Philosophische undsozialwissenschaftliche Perspektiven. Wiesbaden: VS, S. 91-113Krotz, F. (2009): Mediatization: A Concept to Grasp Media and Societal Change. In: Lundby, K. (Hrsg.):Mediatization: Concept, Changes, Conflicts. New York: Lang, S. 21-40Couldry, N./Hepp, A./Krotz, F. (Hrsg.) (2009): Media Events in a Global Age. London: RoutledgeKrotz, F. (2007): Mediatisierung: Fallstudien zum Wandel von Kommunikation. Wiesbaden: VSKrotz, F. (2001): Die Mediatisierung kommunikativen Handelns. Wie sich Alltag und soziale Beziehungen,Kultur und Gesellschaft durch die Medien wandeln. Wiesbaden: Westdeutscher VerlagFriedrich Krotz<strong>Universität</strong> <strong>Bremen</strong>krotz@uni-bremen.de9


Zeigehandeln in dichten Medienumgebungen:Eine sozialräumliche Reflexion der Visualisierung kommunikativen HandelnsWolfgang ReißmannGegenwärtige Mediatisierungsschübe sind in hohemMaße auch Visualisierungsschübe. Medienhistorischbetrachtet ist dieser Konnex allerdings alles andere alsneu. Spezifität gewinnt die Behauptung dadurch, dasswir uns heute in „dichten Medienumgebungen“ bzw.in einem „zweiten, digital vermittelten, kommunikativenNetz“ bewegen, das „sich immer mehr und aufunentrinnbare Weise mit dem ersten kommunikativenNetz, (…) dem traditionellen Netz von face-to-face-Kommunikation“ (Krotz 2010, S. 109, Hervorh. i. O.)verschränkt. Mit dem Zusammenwachsen ehemalsgetrennter Interaktionsformen gewinnt bildlichesund bildbezogenes Medienhandeln im kommunikativenAlltag an Bedeutung. Die früher an bestimmteHandlungsräume und -zusammenhänge gebundene„domestic photography“, aber auch andere ästhetischeAusdrucksformen, werden ubiquitär, d.h. lösensich ab und sekundieren oder manifestieren für sichstehend ein kommunikatives Handeln. Ihren Niederschlagfindet diese Entwicklung in der jüngst vermehrtzu beobachtenden Auseinandersetzung vorallem mit jugendlicher Bildlichkeit im Social Web.Bislang aber fehlt es – über den naheliegenden Verweisauf die Bedeutung des Bildes für Selbst(re)präsentationund Beziehungsarbeit – an theoretischenGrundlagen bzw. Weiterentwicklungen aus einer alltagswelt-und handlungstheoretischen Perspektive.Deutlicher denn je wird, dass kommunikationswissenschaftlicheHandlungstheorie ihren Ausgangspunktin einem übergeordneten Begriff der Gestenehmen sollte. Darauf aufbauend gilt es, den unterschiedlichenModalitätsformen und ihrem Wechsel-spiel stärker Rechnung zu tragen, ohne jedoch denKern – die Gerichtetheit von Kommunikation alsAusdruck und Verstehen – zu verlieren. Vor diesemHintergrund lokalisiert der Beitrag Zeigehandeln alseine spezifische Spielart kommunikativen Handelns.Sinnpragmatisch wird Stil als analytische Kategoriein Zukunft eine größere Rolle spielen müssen. ImMittelpunkt des vorliegenden Beitrags stehen indessozialräumliche Überlegungen. In dichten Medienumgebungenist bildliches Zeigehandeln im Verbundmit schriftlicher Kommunikation Bestandteil beständigzu leistender ‚Meta‘-Kommunikation. In demMaße wie physikalischer ‚Realraum‘ an Bedeutungverliert, gewinnen geteilte/teilbare visuelle ErlebnisundInteraktionsräume als neue pseudo-materielleUmwelten an Bedeutung. Bilder und Fotografienermöglichen über die Analogie zur visuellen Wahrnehmungmultilokales Präsenzerleben und Sehfelderals gemeinsame Bezugspunkte von Kommunikation.Außerdem sind sie Transfermedien, die zwischenlebensweltlichen Ausschnitten und fragmentierten– medialen wie nicht-medialen – Sozialräumen undsubjektiv relevanten Sinnbezügen vermitteln. Daraufaufbauend wird zur Diskussion gestellt, ob undinwiefern hiermit ein steigender Stellenwert der Sozialfigurdes ‚Ethnografen‘ verbunden ist.10


D LiteraturauszugBruns, A. (2010): Vom Prosumenten zum Produtzer. In: Blättel-Mink, B./Hellmann, K.-U. (Hrsg.): ProsumerRevisited: Zur Aktualität einer Debatte. Wiesbaden: VS, S. 191-205Carey, J. W. (1989): Communication as Culture. Essays on Media and Society. Boston: HymanKrotz, F. (2010): Leben in mediatisierten Gesellschaften. Kommunikation als anthropologische Konstante undihre Ausdifferenzierung heute. In: Pietraß, M./Funiok, R. (Hrsg.): Mensch und Medien. Philosophische undsozialwissenschaftliche Perspektiven. Wiesbaden: VS, S. 91-113Mendelson, A. L./Papacharissi, Z. (2010): Look at us: Collective Narcissism in College Student Facebook PhotoGalleries. In: Papacharissi, Z. (Hrsg.): A Networked Self: Identity, Community and Culture on Social NetworkSites. New York: Routledge, S. 251-273Sheller, M./Urry, J. (2003): Mobile Transformations of ‘Public’ and ‘Private’ Life. In: Theory, Culture and Society20(3), S. 107-125Wolfgang Reißmann<strong>Universität</strong> Siegenreissmann@medienwissenschaft.uni-siegen.de11


Praktiken des Bildhandelns in mediatisierten Gesellschaften– Versuch einer TypologieKatharina LobingerBilder sind selbstverständliche, ‚natürliche’ Bestandteilekommunikativer Alltagspraktiken in gegenwärtigenmediatisierten Gesellschaften. Deshalb musssich die Visuelle Kommunikationsforschung vonihrer traditionellen Fokussierung auf manifest vorliegende(massen-)mediale Bilder lösen und zukünftigdie mit der Bildkommunikation verbundenenalltäglichen Prozesse und Praktiken stärker in denBlick nehmen. Aktuell lässt sich in diesem Themenfeldein beginnender Forschungstrend erkennen: Inden letzten Jahren nahm die Zahl von Studien, diesich mit der Rolle von Bildern für die Identitätsarbeitvon Jugendlichen (vgl. exemplarisch Meier 2009;Neumann-Braun/Autenrieth 2011; Reißmann 2012),mit sich verändernden fotografischen Praktikenund ihre sozialen und kulturellen Implikationen vorallem für die Familienfotografie (vgl. exemplarischGanito/Ferreira 2011; Pauwels 2006) oder mit PhotoSharing (Miller/Edwards 2007; Murray 2008; Nightingale2007) beschäftigen, kontinuierlich zu. Derzentrale Begriff des Bildhandelns bleibt in der jungenForschungsliteratur jedoch bisher unscharf. Er wirdunterschiedlich konzeptualisiert, sodass insgesamtunklar bleibt, welche Praktiken und Handlungenunter dem Begriff ‚Bildhandeln’ zusammengefasstwerden.Für diese breite Palette von Praktiken des Bildhandelnshaben sich vielfältige Begriffe und Bezeichnungenherausgebildet: beispielsweise „bildbezogenesHandeln“, „image-based communication“ (Autenrieth/Neumann-Braun2011; Neumann-Braun/Autenrieth 2011), „Bildhandeln“ (Lobinger/Geise2012; Reißmann 2012) bzw. „visuell kommunikativesBildhandeln“ (Schelske 2001), „Bildhandlungen“(Sowa/Uhlig 2006) oder „photography practices“(Miller/Edwards 2007). Des Weiteren finden sichBeiträge, die „Bilder als soziale Praxis“ (Burri 2008)verstehen, oder Begriffe wie „photowork“ (Kirk et al.2006) oder „videowork“ (Kirk et al. 2007), die eherauf technische Aspekte der Bildbearbeitung abzielen.Trotz der vermeintlichen Ähnlichkeit der Begriffeist nicht immer eindeutig festgelegt, welche Aspektevisueller Kommunikation sie umfassen. Klare begrifflicheAbgrenzungen sind vergleichsweise selten.In einer theoretische Auseinandersetzung mit unterschiedlichenKonzepten des Bildhandels und dendamit verbundenen Typen bildbezogener Praktikenversucht der Beitrag die vielfältigen Konzepte vonBildhandeln analytisch zu trennen, zu systematisieren,für weitere Studien anschlussfähig zu machenund Antworten auf folgende Fragen zu liefern: WelcheFormen von bildbasierter bzw. bildbezogenerKommunikation lassen sich unterscheiden? Was isteigentlich eine (visuelle) kommunikative „Praktik“und wie lässt sich dieser Begriff theoretisch fassen?Wie könnte eine Typologie bildbezogener Kommunikationspraktikenaussehen?12


D LiteraturauszugBurri, R. V. (2008): Bilder als soziale Praxis: Grundlegungen einer Soziologie des Visuellen. In: Zeitschrift fürSoziologie 37(4), S. 342-358Meier, S. (2009): ‚Pimp your profile‘ – Fotografie als Mittel visueller Imagekonstruktion im Web 2.0. In:IMAGE. Journal of Interdisciplinary Image Science/Zeitschrift für interdisziplinäre Bildwissenschaft. Online:http://www.gib.uni-tuebingen.de/image/ausgaben?function=fnArticle&showArticle=139Murray, S. (2008): Digital Images, Photo-Sharing, and Our Shifting Notions of Everyday Aesthetics. In: Journalof Visual Culture 7(2), S. 147-163Neumann-Braun, K./Autenrieth, U. P. (2011): Freundschaft und Gemeinschaft im Social Web: bildbezogenesHandeln und Peergroup-Kommunikation auf Facebook & Co. Baden-Baden: NomosNightingale, V. (2007): The Cameraphone and Online Image Sharing. In: Continuum - Journal of Media &Cultural Studies 21(2), S. 289-301Reißmann, W. (2012): Arbeit am (Bild-)Körper. Die Plastizität des Körpers im Digitalbild und jugendlichesBildhandeln in Netzwerkplattformen. In: Geise, S./Lobinger, K. (Hrsg.): Bilder, Kulturen, Identitäten. Analysenzu einem Spannungsfeld Visueller Kommunikationsforschung. Köln: Halem, S. 165-185Katharina Lobinger<strong>Universität</strong> <strong>Bremen</strong>katharina.lobinger@uni-bremen.de13


„Die neue visuelle Authentizität“Modifikation des Dokumentarischen als Effekt fortschreitender MediatisierungStefan MeierDer Beitrag hat zum Ziel, ein altes und ein neuesThema der visuellen Kommunikation im Zuge fortschreitender(digitaler) Mediatisierung zu behandeln.Er stellt sich der alten Frage des Dokumentarischenin der Bildkommunikation, die jedoch imZuge mediatisierter Alltagspraxis ganz neue Problemeaufzuwerfen scheint (vgl. Grittmann 2007: 108ff., 265 ff.). Zugrunde liegt die Beobachtung, dass dieursprünglich als Domain des Dokumentarischenanzusehende journalistische Fotografie sich zunehmendästhetisierter und/oder konzeptueller Bilderoder sogar ereignisunabhängig entstandener Stockfotografiebedient. Hier scheint eine schleichendeAbnahme der Beleg- und Authentitzitätsfunktion vonPressebildern in On- und Offline-Berichterstattungeingetreten zu sein. Auf der anderen Seite nimmt dieAufnahme von nicht professionell entstandenen Bilderndurch die etablierten Medien zu, wenn es darumgeht, Ereignisse oder Katastrophen ‚von dicht dran‘zu dokumentieren.Der Vortrag stellt demzufolge erstens Beispiele nichtprofessionellentstandenen Bildmaterials vermeintlichästhetisierter Bildproduktion und verwendeterStockfotografie in etablierten Medienumgebungengegenüber. Er möchte im zweiten Schritt stilistischeAuthentizitäts-, gegenüber Abstraktionsmarkierungen(vgl. Meier 2012, Meier i.V.) in diesen visuellenArtefakten herausarbeiten. Schließlich werden neueFormen authentizierender Ästhetik bestimmt, diesich verstärkt in indexikalischen Spuren der Bildproduktionssituationzu äußern scheinen. Grobpixeligeund wacklige Bildlichkeit sind produzenten-,medientechnologisch- und ereignisbedingte Auswirkungender konkreten Bildproduktion.Eine solche Zunahme an nicht-professionell entstandenervisueller Artefakte in der (institutionalisierten)Berichterstattung kann nach Krotz (2007) als einSymptom aktueller Mediatisierung verstanden werden,die in enger Verbindung mit der zunehmendenDigitalisierung der Medien einhergeht. Mediatisierungist dabei als ein gesellschaftlicher Metaprozessbestimmt, der, vergleichbar mit Globilisierungs- bzw.Individualisierungsprozessen, einen breit angelegtenund über lange Zeit verlaufenden Wandel von Sozialitätund Kulturalität darstellt (vgl. ebd.: 25 ff.).14


D LiteraturauszugGrittmann, E. (2007): Das politische Bild: Fotojournalismus und Pressefotografie in Theorie und Empirie.Köln: Herbert von Halem VerlagKrotz, F. (2007): Mediatisierung: Fallstudien zum Wandel von Kommunikation. Wiesbaden: VSMeier, S. (2012): Visuelle Stile im Diskurs. Überlegungen zu einer stilorientierten Diskursanalyse multimodalerKommunikation. In: Warnke, I./ Meinhof, U./ Reisigl, M. (Hrsg.): Diskurslinguistik im Spannungsfeld vonDeskription und Kritik. Berlin/New York: De Gruyter, S. 373-395Meier, S.: Visuelle Stile. Eine sozialsemiotische Konzeptualisierung visueller Medienkultur und konvergenterDesignpraxis. an der <strong>Universität</strong> Tübingen im Febrar 2013 eingereichte noch unveröffentlichte Habilitationsschrift:i.V.Stefan MeierTechnische <strong>Universität</strong> Chemnitzstefan.meier@phil.tu-chemnitz.de15


Social Media als digitales Fotoalbum multilokaler Familien.Die Bedeutung visueller Kommunikation in intergenerationalen Beziehungen.Bernadette KneidingerModerne computervermittelten Kommunikationsmöglichkeitenspielen für die Kontakterhaltungzwischen entfernt lebenden Familienmitgliedernzunehmend eine wichtige Rolle. Neben verbalenNachrichten übernehmen Fotos und Videos eine zentraleFunktion für die Beziehungspflege. PersönlicheBilder erlauben wie sonst kaum eine Kommunikationsformdas Teilhaben am Leben des anderen (vgl.Van Dijck 2008: 59; Mynatt et al. 2001). Bourdieusprach in diesem Zusammenhang von der „familyfunction“ (1990) der Fotographie im Allgemeinen,Susan Sontag (1973) von „portrait chronicles“, dieFamilien mittels Fotos produzieren, und Haldrup/Larsen (2003) identifizieren einen „family gaze“ imZusammenhang mit Urlaubsfotos. Neben dieser kollektivierendenFunktion von Familienbildern, könnenauch die zunehmend verstärkt individualisiertenBildformen (vgl. Harrison 2002: 107), bei denen Familienmitgliederals Einzelpersonen abgebildet sind,hohe Bedeutung für den emotionalen Zusammenhaltder Familie übernehmen. Social Media Plattformenwie Facebook können zu einer Art virtuellem Fotoalbumwerden. Neben der Unmittelbarkeit der Verbreitungpersönlicher Aufnahmen wird dabei auch derpotentielle Adressatenkreis deutlich erweitert. AufSeiten des Kommunikators ergibt sich dadurch verstärktdie Frage einer Kontrolle der visuellen Inhalte(vgl. Goffman 1959). Auf Seiten der Rezipientenbleibt der Aneignungsprozess nicht auf das Anseheneines Bildes beschränkt, sondern vielfältige Reaktionsmöglichkeitenstehen offen, beginnend bei einemKlick auf den „Like“-Button, über einen Kommentarbis hin zur Möglichkeit des Downloads eines Fotos.Diese Reaktionen auf Fotos können Aufmerksamkeitsignalisieren und das Zusammengehörigkeitsgefühlvon entfernt lebenden Familienmitgliedern stärken(vgl. Go et al. 2000). Im Rahmen des Beitrags wirdder Frage nachgegangen, welche Rolle Bilder fürgenerationenübergreifende Beziehungen haben. Inqualitativen Interviews und einer Online-Befragungwerden Internetnutzer unterschiedlicher Generationennach der Verwendung und Bedeutung des Internetsfür die Pflege familiärer Beziehungen befragt.Ein Schwerpunkt wird dabei auf den Einsatz von Bilderninnerhalb von Sozialen Netzwerken gelegt sowieauf die Interaktionen, die derartiges visuelles Materialin der intergenerationalen Kommunikation auslösen.Auf diese Weise soll geklärt werden, inwiefern1) Social Network Sites als virtuelle „Familienalben“genutzt werden, 2) welche generationenspezifischeUnterschiede es in der Verwendung bzw. Wahrnehmungvon persönlichem Bildmaterial in Social Mediagibt und 3) inwiefern visuelle Kommunikate intergenerationaleInteraktionen auslösen können.16


D LiteraturauszugGoffman, E. (1959): The Presentation of Self in Everyday Life. Harmondsworth: University of California Press.Haldrup, M./Larsen, J. (2003): The Family Gaze. In: Tourist Studies, Vol. 3, S. 23-46Harrison, B. (2002): Photographic Visions and Narrative Inquiry. In: Narrative Inquiry 12(1), S. 87-111Mynatt, E./Rowan, J./Jacobs, A./Craighill, S. (2001): Digital Family Portraits: Supporting Peace of Mind forExtended Family Members. Proceedings of the CHI 2001, 31.3.-5.4.2001, Vol. 3 (1), S. 333-340Sontag, S. (1973): On Photography. New York: DeltaVan Dijck, J. (2008): Digital Photography: Communication, Identity, Memory. In: Visual Communication, Vol.7., S. 57-76Bernadette Kneidinger<strong>Universität</strong> Bambergbernadette.kneidinger@uni-bamberg.de17


Bilder zeigen. Fotografie als visuell-mediatisierte KommunikationMaria SchreiberIn der Praxis des (Her-)Zeigens von privaten Fotografienfallen Visualisierung und Mediatisierung alltäglicherKommunikation zusammen. Dabei stellt sichgrundlegend die Frage, wie wem wo was gezeigt wirdund inwiefern dabei generationsspezifische Weisendes Sichtbar-Machens rekonstruiert werden können.Ausgehend von der Annahme, dass Generationenjeweils unterschiedliche soziotechnische Erfahrungen(Schäffer 2003) sowie Darstellungs- und Sehgewohnheiten(Baxandall 1972) teilen, interessieren inder empirischen Studie, die der obigen Frage auf denGrund geht, generationsspezifische Differenzen imHandeln mit privaten Fotografien.Diese Differenzen manifestieren sich nicht nurdarin, wie und wo Bilder gezeigt werden (zB. Bilderrahmenvs. iPhone), sondern auch in den Bildernselbst: sie werden gezeigt, zeigen sich aber auchselbst (Boehm, Belting). So ist die Frage nicht nureine nach den materialen Einbettungen von privatenBildern, sondern auch die Frage danach, welcheunterschiedlichen visuellen Motive, Posen und Stilesichtbar gemacht werden. Diese implizite, spezifischikonische Sinnebene von Alltagsfotografien kann alsvisuell verdichteter Ausdruck habitueller Strukturenverstanden werden (Bourdieu, Goffman).nen der Praxis und der Darstellung zueinander? Undletztendlich: Wie kann man die Komplexität dieserPraktiken empirisch fassen?Durch eine Kombination ikonografischer (Bildinterpretation)und ethnografischer (Beobachtung undGruppendiskussion) Verfahren wird versucht, demWechselverhältnis verschiedener Faktoren der Bildpraktikdes Herzeigens von Fotos gerecht zu werden.Als methodologischer Rahmen dient dabei die dokumentarischeMethode (Bohnsack 2009), die in derInterpretation von Text und Bild auf die Rekonstruktionvon handlungsleitendem Wissen, das Praktikenstrukturiert, abzielt. Vorgestellt werden erste Befundeaus der laufenden Studie.Im Paper werden daher folgende Fragen ausgelotetund diskutiert: Inwiefern prägen soziotechnischeErfahrungen unterschiedlicher Generationen dasZeigen von Fotos? Wie können die Bilder selbst zurAnalyse generationsspezifischer Darstellungsweisengenutzt werden? In welcher Relation stehen die Ebe-18


D LiteraturauszugBaxandall, M. (1972): Painting and Experience in Fifteenth Century Italy. A Primer in the Social History ofPictorial Style. OxfordBoehm, G. (1994): Was ist ein Bild? München: FinkBohnsack, R. (2009): Qualitative Bild‐ und Videointerpretation. Opladen: Barbara BudrichBourdieu, P. (1990) [1965]: Photography. A Middle‐brow Art. Polity Press: CambridgeMüller, M. (2007): What is Visual Communication? Past and Future of an Emerging Field of CommunicationResearch. In: Studies in Communication Science, 7 (2),S. 2‐34Rubinstein, D./ Sluis, K. (2008): A Life more Photographic. In: Photographies 1 (1), S. 9-28Schäffer, B. (2003): Generationen ‐ Medien ‐ Bildung. Medienpraxiskulturen im Generationenvergleich. Opladen:Leske und BudrichSchwarz, O. (2010): Negotiating Romance in Front of the Lens. In: Visual Communication 2010, 9, S. 151‐169Van Dijck, J. (2008): Digital Photography: Communication, Identity, Memory. In: Visual Communication2008/7, S. 57‐76Maria Schreiber<strong>Universität</strong> Wienmaria.schreiber@univie.ac.at19


D Literaturauszugboyd, d./Ellison, N. (2007): Social Network Sites: Definition, History, and Scholarship. In: Journal of Computer‐MediatedCommunication, Jg. 13, Nr. 1, Artikel 11. Online verfügbar: http://jcmc.indiana.edu/vol13/issue1/ boyd.ellison.htmlFischer‐Lichte, E. (1998): Inszenierung und Theatralität. In: Willems, H./Jurga, M. (Hrsg.): Inszenierungsgesellschaft.Wiesbaden/Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 81–90Goffman, E. (2003 [1959]): Wir alle spielen Theater. Die Selbstdarstellung im Alltag. München: PiperMPFS (2012): JIM‐Studie 2012. Jugend, Information, (Multi‐)Media. Stuttgart. Online verfügbar: http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM‐pdf12/JIM2012_Endversion.pdfWillems, H. (2009): Zur Einführung: Theatralität als Ansatz, (Ent)Theatralisierung als These. In: Willems, H.(Hrsg.): Theatralisierung der Gesellschaft. Band 1: Soziologische Theorie und Zeitdiagnose. Wiesbaden: VSVerlag, S. 13–55Ulla Patricia Autenrieth<strong>Universität</strong> Baselulla.autenrieth@unibas.ch21


A Typology of Profile Pictures: How Do Young Adults Acquire Profile Imageson Facebook?Mastewal Adane Mellese & Marion G. MüllerPeople create and maintain social connections offlineand online with family, friends and acquaintances.Web 2.0 in particular has brought new forms of interpersonaland public interaction opportunities, whichaffect people’s daily lives by stimulating complex processesof socialization. Hence, online acquaintancesare becoming common, leading to offline communicationor strengthening the existing online connections.Social networking users make use of visual andtextual data to create their online identities. Individualprofile images play a significant role for socialnetwork interaction and communication. This studyinvestigates different ways of acquiring profile imagessuitable for the users’ online self-presentation andidentity formation. Based on a triangulated mixedmethodresearch design (visual content analysis,iconography-iconology, visual context analysis) 1,028randomly selected profile images, 90 online surveyquestionnaires and 7 in-depth interviews were analyzed,comparing production and form contexts as wellas content from students at Duke University (USA)and Jacobs University (Germany). The results showthat profile owners make intuitive, complex decisionswhen selecting profile images. Profile images communicateusers’ feelings, emotions, and desires. Additionallythey serve to tell personal stories, remembersignificant others, endorse people, promote productsand institutions, and announce events. Profile ownersemploy one out of four profile image-acquiring techniques:First, they post generic, candid profile imagesthat help them present themselves authentically.Second, users enhance candid images by montaging,color-manipulating or filtering to narrate incidents,improve the quality, or to give their profile imagesa “classic” look. Enhancing requires users to understandbasic image-editing skills of the image-makingand image-enhancing devices: camera, personal computer,online. Third, profile owners copy images fromother sources to promote an institution, a person ora product. Copied images connote a sense of familiarityand interconnection that Facebook users havetowards the advertised entities. Fourth, some imagesare created manually. However, the vast majority ofprofile owners prefer to use candid, person profileimages, for modifying may imply the misleading ofrelatives and friends.22


D LiteraturauszugAdatto, K. (2008): Picture Perfect: Life in the Age of the Photo Op. Princeton University PressAstheimer, J./Neumann-Brawun, K./Schmidt, A. (2011): MyFace: Portrait Photography on the Social Web inthe Visual Worlds of Social Network Sites: Images and Image‐based communication on Facebook and co. In:Autenrieth, U./Neumann-Braun, K. (Hrsg): The Visual Worlds of Social Network Sites. Images and ImagebasedCommunication on Facebook and Co. Baden-Baden: Nomos, S. 15-61Hum, N. J./Chamberlin, P. E./Hambright, B. L./Portwood, A. C./Schat, A. C./Bevan, J. L. (2011): A Picture isworth a Thousand Words: A Content Analysis of Facebook Profile Photographs. Computers in Human Behavior,S. 1–6Müller, M. (2011): Iconography and Iconology as a Visual Method and Approach. In: Margolis, E./Pauwels, L.(Hrsg.): Handbook of Visual Communication Research. London: Sage, S. 487-531Sturken, M./Cartwright, L. (2005): Practices of Looking: An Introduction to Visual Culture. Oxford: OUPMarion G. MüllerJacobs University <strong>Bremen</strong>m.mueller@jacobs-university.deMastewal Adane MelleseJacobs University <strong>Bremen</strong>m.mellese@jacobs-university.de23


Q-Sort:Qualitativ-quantitative Analysen bildlicher Rezeptions- und Aneignungsprozesse– Leistungen und Limitationen für das Feld Visueller KommunikationsforschungKatharina Lobinger & Cornelia BrantnerIn der Visuellen Kommunikationsforschung wurdedie Auseinandersetzung mit Prozessen des Bildhandelnsbisher weitestgehend vernachlässigt. So liegenetwa vielfältige Studien zur Wirkungen von Medienbildernvor, die Prozesse der Rezeption und Aneignungwurden bisher aber nur selten betrachtet. Alserfolgsversprechende methodische Verfahren zurAnalyse bildlicher Rezeptions- und Aneignungsprozessewerden aktuell Sortierstudien (Card-SortingVerfahren) diskutiert. Eine besondere Art von Sortierverfahrenist die Q-Sort Technik (bzw. Q-Sort).Sie ist ein Rangordnungsverfahren, bei dem Itemsentlang einer vorgegebenen Skala in Relation zueinanderangeordnet werden (Müller/Kals 2004; Watts/Stenner 2012). Q-Sort basiert auf der Q-Methodologie,die vom Psychologen und Physiker WilliamStephenson (1935) begründet wurde und der Erforschungvon subjektiven Meinungs-, EinstellungsundWertestrukturen dient. Die Q-Methode umfasstsowohl ein besonderes Erhebungs- (Q-Sort Technik)als auch ein besonderes Auswertungsverfahren(Q-Technik) mit dem Ziel der Typenbildung. Durchdie Analyse lassen sich Typen subjektiver Sichtweisenzu einem Gegenstandsbereich bilden (Müller/Kals2004). Q-Sort gilt als besonders geeignetes Verfahrenfür die kommunikations- und medienwissenschaftlichenRezeptions- und Nutzungsforschung und kombiniert„qualitative and quantitative dimensions in atruly hybrid manner“ (Davis/Michelle 2011: 561).und Limitationen von Q-Sort für die Analyse bildlicherRezeptions- und Aneignungsprozesse.Der erste Teil des Vortrags stellt bisherige Q-Analysenmit bildlichen Items vor. Der Fokus liegt dabei aufden Fragestellungen und thematischen Anwendungsfeldernder visuellen Q-Sorts. Die typischen Ablaufschritteeiner Q-Sort Analyse werden anhand zweierStudien mit unterschiedlichen Bildgenres erläutert:1) Politischen Bildern und (2) „alltäglichen“ Selbst-Bildern, die Photosharing-Plattformen entnommenwurden.Im zweiten Teil des Vortrags werden Leistungen undLimitationen der Methode diskutiert. Hierbei wirdbesonders der Analyse- und Interpretationsteil derMethodenanwendung kritisch reflektiert. Der Verzichtauf Verbalisierung bei Q-Sort stellt beispielsweiseeinen entscheidenden Vorteil des Verfahrensdar. Andererseits wird den Forschenden große Interpretationsleistungbei der Deutung der Sortierergebnisseabverlangt. Zusätzliche Interviews mit denTeilnehmerInnen leisten gerade bei visuellen Q-Sortseinen erheblichen Beitrag zur Interpretation derErgebnisse.Der vorliegende Beitrag diskutiert die Leistungen24


D LiteraturauszugBleuel, F./Scharkow, M./Suckfüll, M./Marks, G. (2010): Form Follows Function? - Eine Onlinesortierstudie zurRezeption von Filmplakaten. In: Woelke, J. (Hrsg.): Forschungsmethoden für die Markt- und Organisationskommunikation.Köln: Halem, S. 42-60Davis, C. H./Michelle, C. (2011): Q methodology in Audience Research: Bridging the Qualitative/Quantitative‘Divide’? In: Participations: Journal of Audience and Reception Studies 8(2), S. 559-593Müller, F./Kals, E. (2004): Ein innovatives Verfahren zur Erhebung subjektiver Einstellungen und Meinungen.In: Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research 5(2, Art. 34): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0402347Watts, S./Stenner, P. (2012): Doing Q Methodological Research. Theory, Method and Interpretation. London etal.: SageCornelia Brantner<strong>Universität</strong> Wiencornelia.brantner@univie.ac.atKatharina Lobinger<strong>Universität</strong> <strong>Bremen</strong>katharina.lobinger@uni-bremen.de25


Exploring the Visual Sphere of Youth: Methodische Überlegungen zurImplementierung der assoziativen Logik Visueller Kommunikation in Ansätzeder qualitativen Jugendmedienforschung zum BildhandelnJulia Niemann & Stephanie GeiseViele Fragestellungen der Visuellen Mediatisierungsforschungerfordern den Einsatz qualitativer Methoden.Insbesondere wenn Rückschlüsse auf subjektiveBedeutungsmuster und individuelle Empfindungen,Assoziationen, und Motive gezogen werden sollen,haben sich Tiefen- und Leitfadeninterviews sowieFokus-Gruppen als fruchtbar erwiesen (vgl. Lamnek2010: 317; Meyen, Löblich, Pfaff-Rüdiger & Riesmeyer2011). Gerade in der Forschung zum (mediatisierten)Bildhandeln Jugendlicher ergeben sichdabei jedoch methodische Grenzen; so ist geradedie ungestützte Verbalisierung der dem Handeln zuGrunde liegenden subjektiven Bedeutungsmuster,ihrer subjektiven Empfindungen und Assoziationenwenig intuitiv (Trautmann, 2009).Ein Forschungsfeld, bei dem die ausschließlichverbale Explorationen besonders problematischerscheint, ist die Analyse der visuellen Dimensionendes Jugendmedienhandelns: Erstaunlicherweise wissenwir bisher nur sehr wenig über die Motive, Strategienund den subjektiven Sinn von jugendlichemBildhandeln. Die Analyse der Visual Spheres of Youthstellt gerade im Zeitalter des Social Web ein hoch relevantesForschungsfeld dar, das aber bisher nur rudimentärbetrachtet wurde. Bspw. fokussieren nur sehrwenige Studien explizit auf die Analyse der visuellenLebenswelten Jugendlicher in sozialen Netzwerkseitenund den verbundenen Bildhandlungen (vgl. aberReissmann 2012; Misoch 2012; Schnurr 2012).Eine vielversprechende Möglichkeit, dieVerbalisierung innerhalb einer qualitativen Befra-gungsstudie zu erleichtern, bietet die Implementierungder assoziativen Logik Visueller Kommunikationin den Forschungsprozess. Über den Einsatz projektiv-assoziativerVerfahren mit Hilfe von Bildkarten alsvisuelle Repräsentationen des zu Grunde liegendenResearch Objects, kann die Zugänglichkeit erleichtertwerden. Als prinzipiell mehrdeutige Kommunikateaktivieren visuelle Repräsentationen kognitive undaffektive Konzepte und erhöhen ihre mentale Verfügbarkeit(Accessability). Visuelle Repräsentationensind dabei »greifbare« und konkrete – aber gleichzeitigfür subjektive Interpretationen offene – Projektionsfläche,die sie zur weiteren mentalen Elaborationanregen.Das skizzierte methodische Vorgehen wirdim Vortrag zunächst unter Rückgriff zentraler Theoriender Visuellen Kommunikationsforschung sowieder Kognitionspsychologie theoretisch fundiert. Aufdieser Basis folgt eine theoretische Diskussion dermethodischen Implementierung. Die Operationalisierungwird am Beispiel von zwei Studien illustriertund kritisch reflektiert.1. In Studie 1 wurde die visuelle Expression von ökonomischem,kulturellem und sozialem Kapital aufFacebook exploriert. Projektive Verfahren ergänztendabei eine qualitative Befragung.2. Studie 2, kombiniert eine qualitative Befragungmit einer Bildsortierstudie. Vor dem Hintergrundder Stereotypenforschung ging es um die Wahrnehmungvon Migranten und ihre Persönlichkeitseinschätzungauf Basis ihrer Profilbilder.26


D LiteraturauszugMisoch, S. (2012): Visuelle Darstellung von Gruppenidentitäten anhand von Selbstverletzungen? Zur öffentlichenPräsentation von SVV auf YouTube. In: Geise, S./Lobinger, K. (Hrsg.): Bilder, Kulturen, Identitäten. Köln:Halem, S. 186-206Reissmann, W. (2012): Arbeit am (Bild-)Körper. Die Plastizität des Körpers im Digitalbild und jugendlichesBildhandeln in Netzwerkplattformen. In: Geise, S./Lobinger, K. (Hrsg.): Bilder, Kulturen, Identitäten. Köln:Halem, S. 165-185Schnurr, A. (2012): Remixing Culture. Eine ethnographische Skizze zu Probehandlungen türkischstämmigerJugendlicher in den Zwischenräumen Online und Offline. In: Geise, S./Lobinger, K. (Hrsg.): Bilder, Kulturen,Identitäten. Köln: Halem, S. 142-164Trautmann, T. (2010): Interviews mit Kindern: Grundlagen, Techniken, Besonderheiten, Beispiele. Lehrbuch.Wiesbaden: VSStephanie Geise<strong>Universität</strong> Erfurtstephanie.geise@uni-erfurt.deJulia Niemann<strong>Universität</strong> Hohenheimjulia.niemann@uni-hohenheim.de27


„Das sind keine roten Haare, das ist Blut!“ (Sophia)Sekundäranalyse von Kinderzeichnungen zum Irak-Krieg 2003Stefanie Pannier & Jeldrik PannierDer Irak-Krieg 2003 wurde als Medien-Krieg undinsbesondere als Bilder-Krieg charakterisiert. Dievisuellen Darstellungen dieses Krieges dominiertenüber Wochen die Medien – im Fernsehen, in Zeitschriftenund Zeitungen sowie im Internet erhieltder Krieg in Bewegt- und Standbildern, in Schwarz-Weiß und in Farbe, Einzug in den Alltag der Menschen.Damit geriet er von Beginn an auch in dasWahrnehmungsfeld von Kindern und Jugendlichen.Im Rahmen unserer Forschung haben wir diesesPhänomen aus kommunikationswissenschaftlichersowie aus medienpädagogischer Perspektive untersucht.Insbesondere beschäftigten uns dabei Fragennach dem Verhältnis von Rezeption und Produktionvisueller Kommunikate. Konkret sollte ergründetwerden, welche Vorstellungen die Kinder vomKrieg haben und welche Gestalt diese mit Hilfe vonStift und Papier annehmen. Zur Erforschung dieserFrage haben wir eine qualitative Sekundäranalysevon Kinderzeichnungen durchgeführt, welche unsvom Internationalen Zentralinstitut für das JugendundBildungsfernsehen (IZI) zur Verfügung gestelltwurde. Unser spezifisches Interesse an diesem Materiallag in der Erforschung der Visualisierungen undSymbolisierungen sowie der manifesten und latentenBildgehalte durch qualitative Einzelbildanalysen. EinKorpus von 47 Fällen bildete die Grundlage der Analyse.Ein von uns entwickeltes mehrstufiges Verfahrenermöglichte es, aus diesem Bestand eine kriteriengeleiteteEinzelfallauswahl (N16) zu treffen.Zur Analyse von Kinderzeichnungen bedarf es einesspezifischen methodischen Vorgehens, welches demGegenstand selbst und seinem Entstehungsprozessgerecht wird (vgl. Neuss, 1999). Dieses Verfahrenmuss dabei sowohl formal-ästhetische Strukturensowie Subtexte und Kontexte berücksichtigen. UnseremVorgehen liegt im Wesentlichen, das von ErwinPanofsky entwickelte ikonographisch-ikonologischeInterpretationsverfahren zu Grunde (vgl. Panofsky,2006). Dieses Verfahren wurde von uns für den speziellenEinsatz der Analyse von Kinderzeichnungenentsprechend modifiziert.Bei der Gesamtbetrachtung der Ergebnisse der Einzelbildanalysenkristallisierten sich mehrere Aspekteals zentral heraus. Im Rahmen des Vortrags werdenwir unsere Erkenntnisse anhand von Fallbeispielenausführlich darstellen.28


D LiteraturauszugPaul, G. (2005): Der Bilderkrieg. Inszenierungen, Bilder und Perspektiven der »Operation Irakische Freiheit«.Göttingen: Wallstein VerlagGötz, M. (2005): Kriegsnachrichten im Kinderfernsehen. In: Büttner, C./Von Gottberg, J./Kladzinski, M.(Hrsg.): Krieg in Bildschirmmedien. Zur politischen Orientierung Jugendlicher zwischen Inszenierung undWirklichkeit. München: KoPaed, S. 149-164.Neuss, N. (1999): Symbolische Verarbeitung von Fernseherlebnissen in Kinderzeichnungen. In: Fromme, J./Kommer, S./Mansel, J./Treumann, K.-P. (Hrsg.): Selbstsozialisation, Kinderkultur und Mediennutzung. Opladen:Leske + Budrich, S. 183-199.Panofsky, E. (2006): Ikonographie und Ikonologie. Köln: DumontJeldrik Panniersynpannier. Gestaltung undWissenschaftskommunikationj.pannier@synp.netStefanie PannierFachhochschule Bielefeldstefanie.pannier@fh-bielefeld.de29


„Mach’s mit“ Emotionen.Ein mehrstufiges Untersuchungsdesign zur Analyse visueller und emotionalerBildverarbeitung und –handlung in Präventionskommunikation.Katrin Döveling & Jana FischerIn der Präventionskommunikation werden planvollvisuell emotionale Apelle eingesetzt (vgl. u.a. Witte& Allen 2000) und können mittlerweile als integralerTeil kommunikativen Handelns in visuell mediatisiertenAlltagspraktiken verstanden werden (vgl. u.a.Krotz & Hepp 2012). So gelten in der GesundheitskommunikationEmotionen als elementare Faktorenzur Motivation präventiven Handelns (vgl. Loewensteinet al. 2001). Vorhandene Studien (vgl. u.a.Becheur et al. 2008, Müller & Kappas 2011) verdeutlichenebenso die Notwendigkeit der methodischenErfassung emotionaler Bildverarbeitung und -handlung.Dennoch werden bis dato visuelle und emotionaleElemente in Präventionskampagnen nur peripheroder gar nicht betrachtet (vgl. Reifegerste 2012).Insbesondere in diesem Kontext stellt Bildhandelnals kommunikativer Prozess eine methodische Herausforderungdar. So fehlt es in der Gesundheitskommunikationbisher an einem Instrumentarium, dasEmotionen in die Analyse der Bildrezeption integriertund so die Basis für eine systematische Evaluationder Prozess- und damit Handlungswirksamkeitvon Präventionskommunikation schafft.Anhand eines aktuellen Fallbeispiels von HIV-Präventionskampagnenbetrachtet dieser Beitrag verschiedenemethodische Zugänge (vgl. Lobinger 2012)und kommt damit folgenden Fragen nach:1. Welche Bildelemente lösen wie welche Emotionenaus?2. Welche Emotionen beeinflussen wie das gesundheitlicheHandeln?3. Wie kann man die Dynamik des emotional bildbezogenenHandlungsprozesses empirisch erfassen?Um den oben genannten Fragen empirisch gerechtzu werden, wird im Vortrag das Erkenntnispotentialeines mehrstufigen Untersuchungsdesigns vorgestellt:1. Mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse wurdenIntimität und Emotionalität in der persönlichenAnsprache des Betrachters als zentral herausgestelltund weitere Desiderata in der Wirkungsweiseemotionaler Apelle aufgezeigt.2. Um diesen zu entsprechen, wurden anhand vonEyetracking entscheidende Bildkomponenten undStrukturen in der Betrachtungsweise identifiziert.3. Sortierstudien in Kombination mit Think Aloudund anschließenden teilstandardisierten Tiefeninterviewsermöglichten Erkenntnisgewinn zurDynamik der Emotionsverarbeitung. Hierdurchkonnten Relationen, Ähnlichkeiten und Positionenin Bildmotiven und deren emotionale Beurteilungsowie erste Zusammenhänge und Ursachenvisuell emotionaler Bildhandlungen in gesundheitlichenMotiven aufgedeckt werden.4. Anhand von Experimentaldesigns konnten emotionaleWirkzusammenhänge von positiven undnegativen emotionalen Apellen aufgezeigt undmit gesundheitlichem Handeln in Zusammenhanggebracht werden.30


D LiteraturauszugBecheur, I./Dib, H./Merunka, D./Valette-Florence, P. (2007): Emotions of Fear, Guilt or Shame in Anti-AlcoholMessages. In: Borghini S./McGrath, M. A./Otnes, C. (Hrsg.): European Advances in Consumer ResearchVolume 8. MN: Association for Consumer Research, S. 99-106Hurrelmann, K./Laaser, U. (2006): Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention. In: Hurrelmann, K./Laaser, U. (Hrsg.): Handbuch Gesundheitswissenschaften. Weinheim: Juventa, S. 749-780Loewenstein, G. F./Weber, E. U./Hsee, C. K./Welch, E. S. (2001): Risk as Feelings. In: Psychological Bulletin,127(2), S. 267-286Müller, M.G./Kappas, A. (2011): Visual Emotions – Emotional Visuals: Emotions, Pathos Formulae, and theirRelevance for Communication Research. In: Döveling, K./von Scheve, C./Konijn, E.A. (Hrsg.): The RoutledgeHandbook of Emotions and the Mass Media. Abingdon: Routledge, S. 310-331Reifegerste, D. (2012): Zielgruppenspezifische Präventionsbotschaften. Baden-Baden: NomosWitte, K./Allen, M. (2000): A Meta-Analysis of Fear Appeals: Implications for Effective Public Health Campaigns.In: Health Education & Behaviour, 27 (5), S. 591-615Jana FischerTechnische <strong>Universität</strong> Dresdenjana.fischer1@tu-dresden.deKatrin DövelingTechnische <strong>Universität</strong> Dresdenkatrin.doeveling@tu-dresden.de31


2D versus HD-Live Sonographie – Formen, Funktionen und Sinnkonstruktiondes Bildhandelns im Rahmen der pränatalen DiagnostikStephanie Geise & Andreas BrückmannMit der fortschreitenden Integration technischerMedieninnovationen, etwa durch neue bildgebendeVerfahren, entstehen auch neuartige Typen von Bildernmit spezifischen Charakteristika und Funktionen.Während diese einerseits als Instrument derErkenntnisgenerierung und Vermittlung wissenschaftlicherErgebnisse angesehen werden können(Heßler 2005), sind die verbundenen Prozesse derBildaneignung und des Bildhandelns wichtige Alltagspraktikeneiner mediatisierten Gesellschaft (Lobinger2012; Lobinger/Geise 2012).Ein gesellschaftlich relevantes Forschungsfeld liegtim Bereich der pränatalen Vorsorge, in dem erheblicheFortschritte der bildgebenden Verfahren es heutemöglich machen, statt den früheren zweidimensionalen,wenig plastisch erscheinenden Ultraschall-Aufnahmendrei- und vierdimensionale Aufnahmen desungeborenen Babys zu betrachten. Den werdendenEltern liefert die 3D- bzw. HD-Live-Sonographie einewesentlich plastischere Darstellung des ungeborenenKindes, wobei die nahezu lebensechte Qualität derBilder bereits in einer frühen Phase eine engere Bindungzwischen Eltern und dem zukünftigen Nachwuchsbegünstigt (Andresen/Matias/Merz 2012).Mit diesen medical imaging rücken bisher seltenbetrachtete Bilder und Bildhandlungen in den Fokus:Die Motive zeichnen sich nicht nur durch eine neueQualität des Bildlichen aus; interessant ist, inwieweitsie die Art und Weise verändern, wie die Menschenin ihren sozialen Interaktionen mit den pränatalenBildern umgehen, mit ihnen und über sie kommunizierenund kommunikativ handeln.Um dies zu beleuchten und Rückschlüsse auf die subjektivenBedeutungs- und Sinnmuster des Bildhandelnsziehen zu können, werden im Rahmen einervergleichenden, zweistufigen qualitativen Studie zweiGruppen von werdenden Müttern und ihren Partnern(Gruppe 1: 10 Schwangere und ihre Partner,die sich im Rahmen der Vorsorge für ein traditionelles2D-Ultraschallbild entschieden; Gruppe 2: 10Schwangere und ihre Partner, die sich für eine plastischeHD-Live-Sonographie entschieden haben) aufBasis teilstandardisierter Leitfadeninterviews zu zweiErhebungszeitpunkten befragt. Im Vortrag werdendie ersten Befunde der Studie vorgestellt; im Fokussteht die Herausarbeitung der zentralen Formen undFunktionen des Bildhandelns sowie der verbundenenSinnkonstruktion der jungen Eltern/Familien, auchaus einer komparativen Analyseperspektive. DieErkenntnissen des interdisziplinären Forschungsprojektssind nicht nur aus kommunikationswissenschaftlicherund mediensoziologischer Perspektiverelevant; sie zeigen in Bezug auf die Befunde zurIdentifikation mit neuen sozialen Rollen (Mutter/Vater) sowie dem Prozess des Beziehungsaufbaus zwischenEltern und ungeborenem Kind auch Anknüpfungspunktefür weitere Forschungen mit stärkertherapeutischer bzw. diagnostischer Intention.32


D LiteraturauszugAndresen, C./Matias, A./Merz, E. (2012): Fetal Face: the Whole Picture. Ultraschall Med, 33(5), S. 431-440Heßler, M. (2006): Die Konstruktion visueller Selbstverständlichkeiten. Überlegungen zu einer Visual Historyder Wissenschaft und Technik. In: Paul, G. (Hrsg.): Visual History. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S.76-95Lobinger, K. (2012): Visuelle Kommunikationsforschung. Wiesbaden: VSLobinger, K./Geise, S.(2012): Zur Analyse von Bildern, Kulturen und Identitäten: Perspektiven und Herausforderungender Visuellen Kommunikationsforschung. In: Geise, S./Lobinger, K. (Hrsg.) (2012/2013): Bilder– Kulturen – Identitäten. Köln: Halem, S. 9-32.Andreas BrückmannPraxis für Pränataldiagnostik, Frauenheilkundeund Geburtshilfe, Erfurtabc@drmb.deStephanie Geise<strong>Universität</strong> Erfurtstephanie.geise@uni-erfurt.de33


Visualisierung und Mediatisierung der Wissenschaft.Eine theoretische Fundierung der visuellen WissenschaftskommunikationsforschungElke GrittmannDie Entwicklung der Visuellen Kommunikationsforschunginnerhalb der Kommunikationswissenschafthat im vergangenen Jahrzehnt zu einer reflexivenbegrifflichen Auseinandersetzung mit Imagesund Bildern im Kontext medialer Kommunikationals zentralem Objektbereich dieses jungen Forschungsfeldesgeführt (vgl. z.B. Müller 2003, 2008).Neben dieser Fixierung auf den Bildbegriff lässt sichjedoch seit kurzem eine Erweiterung um Fragen der„Visualisierung“ beobachten. So erklärt Lobinger(2012: 40), dass sich der „Trend zur Visualisierung“auch im Zusammenhang mit Mediatisierung interpretierenließe (ebd.: 22). Geise und Rössler (2012)begreifen ein Bild als eine „höchstens zwei-dimensionale,medial gebundene Visualisierung oder visuelleRepräsentation von Bedeutungsinhalten“. Visualisierungwird dabei als „eine Transformation und Kommunikationvon Bedeutungsinhalten in und durchvisuelle Phänomene“ definiert. Beide Verständnissebeziehen sich auf kommunikative Prozesse, zumeinen auf Makro-, zum anderen auf Mikroebene.Denkt man diese Ebenen zusammen, dann scheintder Begriff der Visualisierung gerade für die Entwicklungenin der Wissenschaftskommunikation einaußerordentliches heuristisches Potential zu bieten.Der Aufschwung der Naturwissenschaften und ihreimmense Bedeutung in der Wissensgesellschaft wirdnicht zuletzt durch die neuen Möglichkeiten digitalerBildgenerierung begründet (Ullrich 2006). Die VisuelleKommunikationsforschung ist gefordert, sichmit den Prozessen visueller Wissenschaftskommu-nikation auseinanderzusetzen. Hier steht die kommunikationswissen-schaftlicheForschung, sieht manvon wenigen Studien zu Wissenschaftsbildern in denMedien ab, noch ganz am Anfang.In dem Vortrag soll Visualisierung aus zwei Perspektiventheoretisch fundiert werden: Der Beitrag setztsich mit der Geschichte des Begriffs aus Perspektiveder visuellen Kommunikations-, der visuellen Kulturforschungund der visuellen Wissenschaftsgeschichteauseinander. Dabei lassen sich zwei zentraleBegriffsverständnisse unterscheiden: 1) Visualisierungals bildlicher Prozess der Sichtbarmachung inepistemischen Wissenskulturen (z.B. Knorr-Cetina2001, Mersch 2009, Rheinberger 2001), z.B. der Evidenzerzeugung;2) Visualisierung als Sichtbarmachungvon Bedeutungen aus Perspektive der VisualCulture-Forschung (z.B. Schaffer 2008). Insbesonderedie kulturwissenschaftliche visuelle Kulturforschunghat seit Beginn der 1990er eine immenseForschung zur Visualisierung und den Bildern derWissenschaft vorgelegt. Der geplante Vortrag diskutiertdiese beiden Perspektiven einer visuellen Wissenschaftskommunikationsforschungund systematisiertbisherige Konzepte und Befunde. Dabei sollinsbesondere der Zusammenhang von Mediatisierungund Visualisierung in der Wissenschaftskommunikationtheoretisch expliziert werden. Inwieweiteine kommunikationswissenschaftliche visuelleWissenschaftsforschung hier aufbauen kann, wirdanhand des Forschungsüberblicks gezeigt.34


D LiteraturauszugGeise, S./Rössler, P (2012): Visuelle Inhaltsanalyse. Ein Vorschlag zur theoretischen Dimensionierung derErfassung von Bildinhalten. In: Medien & Kommunikationswissenschaft, 60, 3, S. 341-361Knorr-Cetina, K. (2001): „Viskurse“ der Physik. Konsensbildung und visuelle Darstellung. In: Heintz, B./Huber, J. (Hrsg.): Mit dem Augen denken. Strategien der Sichtbarmachung in wissenschaftlichen und virtuellenWelten. Zürich: Edition Voldemeer, Wien/New York: Springer, S. 305-320Lobinger, K. (2012): Visuelle Kommunikationsforschung. Medienbilder als Herausforderung für die Kommunikations-und Medienwissenschaft. Wiesbaden: VSMersch, D. (2009): Wissen in Bildern. Zur visuellen Epistemik in Naturwissenschaft und Mathematik. In: Hüppauf,B./ Weingart, P. (Hrsg): Frosch und Frankenstein. Bilder als Medium der Popularisierung von Wissenschaft.Bielefeld: transcript, S. 107-134Rheinberger, H.-J. (2001): Objekt und Repräsentation. In: Heintz, B./Huber, J. (Hrsg.): Mit dem Augen denken.Strategien der Sichtbarmachung in wissenschaftlichen und virtuellen Welten. Zürich: Edition Voldemeer,Wien/New York: Springer, S. 55-61Schaffer, J. (2008): Ambivalenzen der Sichtbarkeit. Über visuelle Strukturen der Anerkennung. Bielefeld:transcriptElke GrittmannLeuphana <strong>Universität</strong> Lüneburgelke.grittmann@uni.leuphana.de35


Die seltsame, mächtige Visualisierung der wirtschaftlichen Zukunft.Skopische Medien – Wissenskulturen und Sehgemeinschaften.Werner ReichmannObwohl wir bislang nicht über Methoden, Apparateoder Experimentalanordnungen verfügen, um dieZukunft empirisch zu erforschen, existieren in allenLändern der westlich-industrialisierten Welt seitknapp 100 Jahren wissenschaftliche Institute, die diezukünftige wirtschaftliche Entwicklung erforschen.Im vorliegenden Papier widme ich mich der wissenschaftlichproduzierten, visuellen Kommunikationder wirtschaftlichen Zukunft. Dabei stehen zwei Fragenkomplexeim Mittelpunkt: (1) Welche Besonderheitenweist die visuelle Darstellung der wirtschaftlichenZukunft auf? (2) Wie kann die Visualisierungder wissenschaftlichen Kommunikation der wirtschaftlichenZukunft verstanden werden?Um diese Fragen zu beantworten, wurde eine Gesamterhebungwissenschaftlicher Wirtschaftsprognosenfür den deutschsprachigen Raum (Deutschland,Österreich und Schweiz) seit 2005 angefertigt undvom theoretischen Standpunkt der Social Studies ofScience ausgewertet und interpretiert.Auf drei Ergebnisse kann beim derzeitigen Stand derForschungen eingegangen werden: (1) Bilder der wirtschaftlichenZukunft weisen einige Merkmale auf, dieauch „skopischen Medien“ zugesprochen werden. Siekommunizieren wirtschaftliche Zukunft global, ohnedabei körperliche Präsenz eines Publikums voraus zusetzen, sie erzeugen eine eigentümliche Temporalitätund es handelt sich um Bilder einer Welt, die es ohnedas skopische Medium nicht gäbe (nämlich der wirtschaftlichenZukunft). Die Bilder der Wirtschaftsprognostiksind also nicht „Repräsentationen“, sondernmediatisieren nicht existente Ereignisse. Zweitens fol-gen verbildlichte Wirtschaftsprognosen in Form undInhalt äußerst rigiden Standards. Unabhängig davon,welche wissenschaftliche Institution sie erzeugt, werdensie einem unausgesprochenen und unverbrieftenRegelwerk entsprechend produziert. Immer werdendie gleichen Elemente im Bild platziert und es existierennur wenige Inhalte, die legitimer Weise kommuniziertwerden. Das deutet darauf hin, dass dieProduktion von Prognosevisualisierungen entsprechendeiner spezifischen Wissenskultur erfolgt. Beider Charakterisierung dieser Wissenschaftskultur istvor allem die Systematik der VolkswirtschaftlichenGesamtrechnung (VGR) maßgeblich. Und drittenskann auf die Frage, wie die Visualisierungen derwirtschaftlichen Zukunft von einem Publikum verstandenwerden können, anhand einer These LudwikFlecks beantwortet werden: Die Wahrheitsmaschineriender Ökonomie und der VGR führen zu einemwissenschaftskulturell geprägten „Sehen“. Laut Fleckexistieren Sehgemeinschaften, die ein, ihren jeweiligenDenkstilen entsprechendes, Verständnis vonZeichen entwickeln und miteinander teilen, davonAbweichendes hingegen nicht wahrnehmen.36


D LiteraturauszugFleck, L. (2011) [1949]: „Schauen, sehen, wissen“. In: Werner, S./Cittel, K. (Hrsg.): Denkstile und Tatsachen:Gesammelte Schriften und Zeugnisse. Berlin: Suhrkamp, S. 319–418Knorr Cetina, K. (1999): Epistemic Cultures: How the Sciences make Knowledge. Cambridge & London: HarvardUniversity PressKnorr Cetina, K. (2009): „The synthetic Situation: Interactionism for a global World“. In: Symbolic Interaction,32(1), S. 61–87Lamont, M. (2009): How Professors think. Inside the Curious World of Academic Judgement. Cambridge:Cambridge University PressWerner Reichmann<strong>Universität</strong> Konstanzwerner.reichmann@uni-konstanz.de37


Mapping Mapping:Infovisualisation of Space, a Visual Mediatization of the WorldCornelia Brantner & Joan Ramon Rodriguez-AmatAm 25. September 2012 demonstrierten tausendeAnhänger der Bewegung der „Empörten“ gegendie Sparpolitik der spanischen Regierung. Ort derProteste war der Raum rund um das Parlament derHauptstadt Madrid. Dieser physische urbane Raumerfuhr seine Erweiterung im virtuellen und digitalenRam des Internet. Unter den Hashtags #Voces25s(Stimmen) oder #25s wurden Informationen undFotografien über die Demonstrationen, über Polizeipräsenz,Absperrungen usw. getwittert. Hatten dieTwitterer die Standortinformationen ihrer Mobiltelefoneaktiviert, wurden ihre Beiträge auf einer interaktivenKarte markiert. So wurden auf der digitalen,interaktiven Karte Madrids Texte und Fotos integriertund TeilnehmerInnen und Orte visualisiertund lokalisiert. Die Erforschung dieser digitalen,partizipativen Kartografierungspraktiken, in denendigitale, interaktive Karten, geo-lokalisierte Medienund partizipativ erstellte Informationen kombiniertwerden, stellt uns vor neue theoretische und methodischeHerausforderungen. Durch die Konvergenzvon Smartphone, GPS, Internet, digitalen Kartografierungstechnologienund sozialen Netzwerken entstandein neues Forschungsfeld, auf welches in derLiteratur zumeist mit den Begriffen “locative Medien“,„Geomedien“ oder “neue räumliche Medien” verwiesenwird. Der Vortrag befasst sich mit den verschiedenenAuseinandersetzungen und Perspektiven dervorliegenden Literatur (siehe etwa Elwood/Leszczynski,2013; Jethani/Leorke, 2013; Lapenta, 2011;Zeffiro, 2012) und versucht das terminologischeChaos zu ordnen. Wichtigster Aspekt ist jedoch dieEntwicklung eines Instruments für die Analyse derdigitalen Kartografierungspraktiken. Mediatisierungdient dabei als theoretischer Rahmen, wobei visuelleKommunikation als fundamentaler Aspekt der Mediatisierungsprozessebetrachtet wird. Dabei wird fürdie Anwendung des Modells von Adams und Jansson(2012) plädiert. Das Modell wurde von den Autorenzwar nicht als empirisches und analytisches Instrumententwickelt, adaptiert erscheint es uns aber alsanalytisches Werkzeug für die Untersuchung vonpartizipativen Praktiken der Kartierung besondersgeeignet. Der Fall der von Voces 25s genutzten interaktivenKarte dient zur Veranschaulichung des vorgeschlagenenVerfahrens. Die Analyse wird auf vierEbenen durchgeführt, (1) auf jener der Repräsentation(Inhalte der komplexen Realitäten, die durchdie verbalen und visuellen Kommunikationen konstruiertwerden); (2) der Texturen der Orte („texturesof place“, hier werden Medien nicht nur als Technologienverstanden, sondern auch Orte als Medienaufgefasst), (3) der Strukturen (Untersuchung dergeografischen und technologischen Bedingungenund Zwänge unter denen die Kommunikationsflüssekanalisiert werden) sowie (4) der Verbindungen (diesich auf den kommunikativen Raum beziehen, derdurch die Kombination von virtueller und physischerArena entsteht). Dieses Verfahren kann sowohl aufkollektive Mappingpraktiken von AktivistInnen undsozialen Bewegungen angewendet werden, als auchauf die Analyse von privaten (kommerziellen sowienicht-kommerziellen) oder (semi-)staatlichen (etwavon Stadtverwaltungen organisierten) Projekten.38


D LiteraturauszugAdams, P./Jansson, A. (2012): Communication Geography: A Bridge between Disciplines. CommunicationTheory, 22, S. 299-318Elwood, S./Leszczynski, A. (2013): New Spatial Media, new Knowledge Politics. Transactions of the Institute ofBritish Geographers, 38, S. 544–559Jethani, S./Leorke, D. (2013): Ideology, Obsolescence and Preservation in Digital Mapping and Locative Art.International Communication Gazette, 75(5-6), S. 484-501Lapenta, F. (2011): Geomedia: On Location-Based Media, the Changing Status of Collective Image Productionand the Emergence of Social Navigation Systems. Visual Studies, 26(1), S. 14-24Zeffiro, A. (2012): A Location of One‘s Own: A Genealogy of Locative Media. Convergence: The InternationalJournal of Research into New Media Technologies, 18(3), S. 249-266Joan Ramon Rodriguez-Amat<strong>Universität</strong> Wienmon.rodriguez@univie.ac.atCornelia Brantner<strong>Universität</strong> Wiencornelia.brantner@univie.ac.at39


Remediatisierung von Bildern des ReligiösenTanja MaierIn dem Vortrag wird der Frage nachgegangen,wie sich Bilder von christlich-religiösen Themen,Ereignisse und Akteuren in der visuellen Presseberichterstattungwandeln. Grundlegend ist dabei dieAnnahme, dass die visuelle Berichterstattung auf einspezifisches Repertoire an Bildern und Bildmotivenzurückgreift, welches immer wieder eingesetzt undumgestaltet wird. In Teilen haben diese Visualisierungenihre Referenz in der Kunst, etwa der Architekturoder der Malerei. Die in der Berichterstattung überchristliche Religionen verwendeten Bilder erhaltenihre kulturellen Bedeutungen in Teilen also dadurch,dass sie auf Bildmotive und -strategien zurückgreifen,die aus den Künsten stammen. Es wird mit Blick aufTitelbilder von Zeitschriften für einen Zeitraum vonsechs Jahrzehnten gezeigt, wie diese Bilder medialund historisch spezifisch adaptiert und transformiertwerden. Unter anderem lässt sich dabei eine Hinwendungzu einer aus der Alltagskultur bzw. der Populärkulturbekannten Bildsprache (etwa aus Jugendkulturenoder Protestbewegungen) beobachten.tet dies, dass in der Religionsberichterstattung nichteinfach nur auf Vorhandenes zurückgegriffen wird(z.B. durch die Reproduktion von bekannten christlichenKunstwerken). Vielmehr werden bekannte Bilderbzw. Bildmotive wiederholt, wobei jede „Wiederholung“auch eine Veränderung, eine Erneuerung derBilder bedeutet. Der Wandel von christlich-religiösenBildern zeigt sich so gesehen in einer Umarbeitungdes bereits Bekannten.In dem Vortrag wird die so verstandene Remediatisierungvon Bildern des Religiösen in der Presseberichterstattungan konkreten Beispielen anschaulichgemacht. Grundlage hierfür ist eine qualitative Bildanalysevon Titelbildern von SPIEGEL, STERN undBUNTE im Zeitraum von 1949 bis 2013. Analysiertwerden Titelseiten, die sich explizit mit dem Themenfeld„christliche Religionen“ (Akteure, Glaubensgrundsätze,Ereignisse etc.) beschäftigen.Um diese Wandlungsprozesse zu beschreiben, wirdder Ansatz der Remediatisierung von Bolter undGrusin (2000) diskutiert. Die Autoren wenden sichgegen die verbreitete Annahme, dass sich „neueMedien“ grundsätzlich von „alten Medien“ unterscheiden.Sie gehen vielmehr davon aus, dass „neueMedien“ die ästhetischen und kulturellen Praktikender vorgängigen Medien integrieren und fortschreibenund in spezifischer Weise neu- und umgestalten,was die Autoren eben als „remediation“ bezeichnen.Auf journalistische Medienbilder übertragen bedeu-40


D LiteraturauszugBolter, J. D./Grusin, R. (2000): Remediation. Understanding New Media. Cambridge/Massachusetts: MIT PressForschungskonsortium WJT (2007): Weltjugendtag 2005: Megaparty Glaubensfest. Erlebnis, Medien, Organisation.Wiesbaden: VSHepp, A./Krönert, V. (2009): Medien, Event und Religion: Die Mediatisierung des Religiösen. Wiesbaden: VSVan Leeuwen, T. (2008): Semiotics and Iconography. In: van Leeuwen, T./Jewitt, C. (Hrsg.): Handbook ofVisual Analysis. London: Sage, S. 92-118Rose, G. (2007): Visual Methodologies: An Introduction to the Interpretation of Visual Materials. London:SageTanja MaierFU Berlintanja.maier@fu-berlin.de41


Die Obama-Kampagnen als Form politischen Bildhandelns im Web 2.0Petra BernhardtDie Wahlkämpfe, die Barack Obama zum 44. Präsidentender USA gemacht haben, gelten als Beispielefür erfolgreiche Online-Kampagnen, deren zentraleInnovation im Einsatz sozialer Netzwerke fürpolitische Zwecke liegt. Für die Politische Kommunikationsforschungbieten die sozialen Netzwerkeder Obama Campaign nicht zuletzt aufgrund ihrervisuellen Qualität einen interessanten Forschungsgegenstand.Der Einsatz von heterogenem visuellenMaterial im Rahmen einer integrierten Kampagnenkommunikation,der sowohl statische als auchbewegte Bilder, Bild-Text-Kombinationen und Fotosaus professioneller und nicht-professioneller Quellein kontinuierlicher Interaktion mit Usern umfasst,stellt ForscherInnen vor theoretische und methodischeHerausforderungen.Der Beitrag thematisiert dieses Bildhandeln derObama Campaign in sozialen Netzwerken als einespezifische Form politischer Kommunikation. Ineinem Vergleich verschiedener Wahlkampfphasenaus den Jahren 2008 und 2012 werden offizielle SocialMedia-Kanäle der Kampagnen (Facebook, Flickr,Tumblr, Instagram, Twitter) hinsichtlich des Einsatzesvisueller Elemente analysiert. Der Fokus liegt dabei(zunächst) auf statischen Bildern.Verfahren der qualitativen Bildinhaltsanalyse, insbesonderean der Ikonografie und Ikonologie sowie ander visuellen Kontextanalyse (vgl. u.a. Müller 2011).Dem Vergleich einer Inszenierung des Präsidentschaftskandidaten(2008) mit der des PräsidentenObama (2012) unter Bezugnahme auf die spezifischeBildsprache der US-amerikanischen politischen Kulturwird dabei eine besondere Bedeutung beigemessen.In einem zweiten Schritt geht es um die Frage nach derLogik des visuellen Erzählens in bzw. zwischen deneinzelnen Social Media-Kanälen: hier ist die Fragezu klären, ob sich im Rahmen der Obama CampaignMuster der Auswahl und Anordnung des visuellenMaterials sowie ein Verweissystem zwischen unterschiedlichenBildgattungen erkennen lassen.Ziel des Beitrags ist eine erste Systematisierung desheterogenen visuellen Materials in den Social Media-Kanälen der Obama Campaign, das eine weiterführendeUntersuchung ihrer Nutzung und Aneignung(u.a. in Form von Fan Art) vorbereiten soll.In einem ersten Schritt wird eine Typologie des Materialserstellt um zu klären, welche Motive das Bildhandelnder Obama Campaign in Wahlkampfzeitenbestimmen und auf welche Bildstrategien und Traditionslinienpolitischer Kommunikation sie verweisen.Methodisch orientiert sich der Beitrag dabei an42


D LiteraturauszugAutenrieth, U. P./Neumann-Braun, K. (Hrsg.) (2011): The Visual Worlds of Social Network Sites. Images andImage-based Communication on Facebook and Co. Baden-Baden: NomosHendricks, J. A./Kaid, L. L. (Hrsg.) (2011): Techno Politics in Presidential Campaigning. New Voices, NewTechnologies, and New Voters. New York/London: RoutledgeLosh, E. (2012): Channeling Obama: YouTube, Flickr, and the Social Media President. Comparative AmericanStudies Vol. 10(2), S. 255-268Müller, M. G. (2011): Ikonografie und Ikonologie, visuelle Kontextanalyse, visuelles Framing. In: Petersen, T./Schwender, C. (Hrsg.): Die Entschlüsselung der Bilder. Methoden zur Erforschung visueller Kommunikation.Ein Handbuch. Köln: Halem, S. 28-55Semiatin, R. J. (Hrsg.) (2012): Campaigns on the Cutting Edge. Los Angeles/London/New Delhi: CQ PressPetra Bernhardt<strong>Universität</strong> Wienpetra.bernhardt@univie.ac.at43


Bildhandeln im Medium der Photographie. Methodische Herausforderungender sozialwissenschaftlichen Interpretation von EinzelbildernKeynote: Jürgen RaabAuch angesichts der seit geraumer Zeit in Entwicklungbefindlichen sozialwissenschaftlichen Ansätzezur Auslegung photographischer Einzelbilder undBildfolgen als visuellen Formen sozialen Handelns,zeigt sich die hermeneutische Wissenssoziologie nochüberwiegend zurückhaltend gegenüber Vorschlägenfür eine methodisch-kontrollierte Feinanalyse konkretvorliegender, einzelbildlicher Ausdrucksgestalten.Während die hermeneutische Deutung von Texten,Videos und Filmen mittels Konversationsanalyse,Gattungsanalyse und Sequenzanalyse nicht nur diein den Daten dokumentierten, sondern die Datenselbst konstituierenden, kommunikativen Detailseines Ausdrucksverhaltens für sinn- und bedeutungstragendeElemente sozialen Handelns nimmt,und deren mikrosoziologische Feinauslegung garzum Güte- und Geltungskriterium der methodischenVerfahren ebenso wie der aus ihnen zu gewinnendenInterpretation erhebt, erscheinen ihr (photographische)Einzelbilder mehrheitlich noch immer als„unscheinbare Oberflächenäußerungen“ des Sozialen(Siegfried Kracauer: Das Ornament der Masse) unddamit allenfalls von kunst- oder medienwissenschaftlichemInteresse. Denn für die Sozialwissenschaftengelte es, den sozialen Sinn von (photographischen)Einzelbildern vorrangig über die Erhebung und Deutungderen jeweiliger Produktions-, VermittlungsundRezeptionskontexte zu erschließen. Dagegenbegreift der Vortrag Photographien ganz grundsätzlichals symbolische Formen sozialen Handelns, alsvisuelles Handeln bzw. Bildhandeln, und entwickeltin Zusammenhang mit den Kerngedanken der Visu-ellen Wissenssoziologie die Grundzüge einer auf diespezifische Erscheinungsform und kommunikativeGestaltungsweise photographischer Daten reagierende,sozialwissenschaftlich-hermeneutische Konstellationsanalyse.44


D LiteraturhinweisRaab, J. (2012): Visuelle Wissenssoziologie der Fotografie. Sozialwissenschaftliche Analysearbeit zwischenEinzelbild, Bildsequenz und Bildkontext, in: Österreichische Zeitschrift für Soziologie Sonderheft „VisuelleSoziologie“ , 37(2), S. 121-142Raab, J. (2008): Visuelle Wissenssoziologie. Theoretische Konzeption und materiale Analysen. Konstanz: UVKRaab, J./Schnettler, B. (2008): Interpretative Visual Analysis. Developments, State of the Art and Pending Problems[45 paragraphs] (mit), In: FQS - Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research 9(3), Art. 31. Online abrufbar unter: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0114-fqs0803314Raab, J. (2007): Die ´Objektivität´ des Sehens als wissenssoziologisches Problem, in: Sozialer Sinn. Zeitschriftfür hermeneutische Sozialforschung, 2/2007, S. 287-304Raab, J./Knoblauch, H./Soeffner, H.-G./Schnettler, B. (2006): Video-Analysis: Methodology and Methods.Qualitative Audiovisual Data Analysis in Sociology. Frankfurt am Main: LangRaab, J./Soeffner, H.-G. (2004): Bildverstehen als Kulturverstehen in medialisierten Gesellschaften. In: Assman,A./Gaier, U./Trommsdorf, G. (Hrsg.): Positionen der Kulturanthropologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp,S. 249-274Jürgen Raab<strong>Universität</strong> Koblenz-Landauraab@uni-landau.de45


#VISKOM2013Linzer Str. 4D-28359 <strong>Bremen</strong>+49 (0)421 218 6760zemki@uni-bremen.dehttp://www.zemki.uni-bremen.de

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