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Gruppentherapie bei Tinnitus aurium - HNO-Centrum Düsseldorf

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Laryngo "361", 15.3.06/seitenweise<br />

Zusammenfassung<br />

S. H. Storb<br />

H. M. Strahl<br />

Hintergrund: Für die Behandlung von Ohrgeräuschen stehen<br />

derzeit vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung. Hierzu zählen<br />

medikamentöse, akustische, elektrische, chirurgische, radiologische,<br />

verhaltensmedizinische und so genannte „alternative“<br />

Strategien, wo<strong>bei</strong> eine zuverlässige heilende Therapie noch nicht<br />

bekannt ist. Durch eine Kombination aus mehreren Therapieformen<br />

ist jedoch eine gute Besserung des <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong> möglich.<br />

Methode: Die meisten Teilnehmer dieser Studie haben zunächst<br />

eine Infusionstherapie mit durchblutungsfördernden Medikamenten<br />

für 5 bis 15 Tage erhalten. Bei nicht ausreichender Besserung<br />

der Beschwerden wurde zur Teilnahme an der psychologischen<br />

Betreuung im <strong>Tinnitus</strong>-Therapie-Zentrum geraten. Zu den<br />

Interventionsmaßnahmen zählten einerseits das Psychologische<br />

Immunisierungstraining und andererseits die Auditive-Stimulations-Therapie<br />

. Die Patienten lernten Methoden zum Entspannen,<br />

wie progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, kognitive<br />

Umstrukturierungsmethoden sowie aufmerksamkeitslenkende<br />

Techniken. Darüber hinaus wurde der Heilungsprozess<br />

mit entspannender Musik verstärkt. Patienten: In dieser retrospektiven<br />

Betrachtung wurden in einem Zeitraum von fast sechs<br />

Jahren mehr als 500 Patienten zu Beginn und am Ende ihrer<br />

<strong>Gruppentherapie</strong> nach ihren Beschwerden mit dem <strong>Tinnitus</strong>-Fragebogen<br />

nach Goebel und Hiller befragt. Ergebnisse: Die Auswertung<br />

zeigt eine Verbesserung der Punktzahl <strong>bei</strong> 93,2% aller<br />

behandelten Patienten, wo<strong>bei</strong> <strong>bei</strong> 6,8% der Teilnehmer eine Stagnation<br />

bzw. Verschlechterung der Punktzahlen im TF ermittelt<br />

werden konnte. Im Durchschnitt verbesserte sich der Punktwert<br />

nach der Behandlung um 16 Punkte. Fazit: Diese Therapieform<br />

Imprimatur für eFirst:<br />

<strong>Gruppentherapie</strong> <strong>bei</strong> <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong><br />

Eine retrospektive Betrachtung der Behandlungseffizienz<br />

Cognitiv Group Therapy for <strong>Tinnitus</strong> – a Retrospecive Study of their Efficacy<br />

Abstract<br />

Institutsangaben<br />

Gemeinschaftspraxis Dr. med. H. Michael Strahl und Dr. med. Tatjana von Stackelberg,<br />

¾rzte für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, <strong>Düsseldorf</strong><br />

Korrespondenzadresse<br />

Dr. med. Sebastian H. Storb · Gemeinschaftspraxis Dr. med. H. Michael Strahl und<br />

Dr. med. Tatjana von Stackelberg, ¾rzte für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde ·<br />

Luegallee 33 · 40545 <strong>Düsseldorf</strong> · E-mail: sebastian@storb.net<br />

Eingegangen: 6. Mai 2005 · Angenommen: 17. Januar 2006<br />

Bibliografie<br />

Laryngo-Rhino-Otol 2006; 85: 1–6 Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ·<br />

DOI 10.1055/s-2006-925231 · Online-Publikation: n · ISSN 0935-8943<br />

Unterschrift und Datum<br />

Background: At the moment there are various possible therapy<br />

forms for ear noises, for example medicamentous, acoustical,<br />

electrical, surgical, radiological, behaviour-medical and „alternative“<br />

strategies, though a reliable curative therapy is not known<br />

up to now. However by combination of several therapy forms an<br />

improvement of the tinnitus <strong>aurium</strong> is possible. Method: Most<br />

participants of this study first received an infusion therapy for 5<br />

to 15 days which improved the blood circulation. In case of an insufficient<br />

improvement of the patient’s discomfort, participation<br />

in the psychological support at the <strong>Tinnitus</strong>-Therapy-Centre was<br />

recommended. Both a psychological immunization (Psychologisches<br />

Immunisierungstraining ) and the auditive stimulation<br />

therapy were part of the measures of intervention. The patients<br />

acquired methods of relaxing and easing, like Progressive Muscle<br />

Relaxation according to Jacobson, cognitive restructuring methods<br />

as well as attention-steering techniques. Beyond that the<br />

healing process was strengthened with relaxing music. Patients:<br />

In retrospective view in a period of nearly 6 years over 500 patients<br />

were asked about their discomfort by the <strong>Tinnitus</strong> questionnaire<br />

(TQ) by Goebel and Hiller at the beginning and at the end<br />

of their group therapy. Results: The evaluation shows an improvement<br />

of the score at 93,2 % of all treated patients, whereby<br />

with 6,8% of the participant a stagnation and/or adegradation of<br />

the scores could be detected in the TQ. On average the value after<br />

the treatment improved at around 16 points. Conclusion: In<br />

comparison with the stationary treatment this therapy represents<br />

ameaningful treatment alternative, which is accepted by<br />

health insurance companies.<br />

n 1


Laryngo "361", 15.3.06/seitenweise<br />

n<br />

2<br />

stellt im Vergleich zur stationären Behandlung eine sinnvolle Behandlungsalternative<br />

dar, die von den Krankenkassen anerkannt<br />

wird.<br />

Schlüsselwörter<br />

Ohrgeräusche · <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong> · Infusionstherapie · <strong>Tinnitus</strong>-<br />

Therapie-Zentrum · Psychologisches Immunisierungstraining ·<br />

Auditive-Stimulations-Therapie · progressive Muskelrelaxation<br />

nach Jacobson · <strong>Tinnitus</strong>-Fragebogen nach Goebel und Hiller<br />

Einleitung<br />

In der Bundesrepublik Deutschland liegt die Zahl der <strong>Tinnitus</strong><br />

<strong>aurium</strong>-Neuerkrankungen in der Bevölkerung <strong>bei</strong> etwa 340 000<br />

pro Jahr [1], wo<strong>bei</strong> subjektive Formen der Beschwerden häufiger<br />

vorkommen als objektive [2]. Da<strong>bei</strong> werden die Schweregrade<br />

nach Goebel und Hiller von I bis II als „gut kompensiert“/„kompensiert“<br />

und Grad III bis IV als „mit Mühe kompensiert“/„völlig<br />

dekompensiert“ bezeichnet [3]. Es ist nicht genau bekannt, ob<br />

der subjektive <strong>Tinnitus</strong> in der Cochlea, im Hirnstamm oder zentral<br />

generiert wird [2]. In der Regel wird dieser jedoch durch eine<br />

kochleäre Schädigung z.B. im Haarsinneszellbereich oder im Bereich<br />

der afferenten Hörnervenfasern generiert. Der Detektionsprozess<br />

muss subkortikalen Zentren im Sinne einer Mustererkennung<br />

zugeordnet werden. Die Perzeption und Evaluation der<br />

tinnitusspezifischen neuralen Aktivitäten finden schließlich im<br />

auditiven Kortex statt [4]. Auf cochleärer Ebene werden vier<br />

Typen (I = Motor-, II = Transduktions-, III = Transformations-,<br />

IV = Extrasensorischer <strong>Tinnitus</strong>) für den sensoneuralen <strong>Tinnitus</strong><br />

vorgeschlagen [5]. Hier gibt es Hinweise, dass eine Entkopplung<br />

der Haarzellen von der Basilar- oder Tektorialmembran [6], eine<br />

Störung der Kalzium-abhängigen Transmitter-Freisetzung an der<br />

Cochlea [7], eine fehlerhafte synaptische Transformation an den<br />

Transmittern zwischen Haarzellen und Nervenfaser [8] oder eine<br />

mechanische Verletzung der Stereozilien zunächst als Generator<br />

für subjektive Ohrgeräusche in Frage kommen [2]. Weiterhin<br />

kommt es <strong>bei</strong> einem akustisch ausgelösten Hörverlust zu einer<br />

Verstärkung der Empfindlichkeit des Nucleus cochlearis und<br />

des Colliculus inferior [9]. Auch durch einen Verlust der Inhibition<br />

einiger Haarzellen der Cochlea kann es zu einer relativen<br />

Verstärkung dieser oder der benachbarten Areale kommen [10].<br />

Hieraus kann gefolgert werden, dass die erhöhte Sensitivität der<br />

Synapsen und Kerngebiete der Hörbahn zu einer allgemeinen<br />

Verstärkung jeglicher Signale, auch der Spontanaktivität führen<br />

kann. Ohrgeräusche können dann eine Verstärkung von sonst<br />

nicht wahrgenommenen Signalen des normalen Grundrauschens<br />

sein. Unabhängig davon, wo das Ohrgeräusch generiert<br />

wird, erst <strong>bei</strong> der Wahrnehmung entscheidet sich, wie das Geräusch<br />

verar<strong>bei</strong>tet wird und ob es einen Krankheitswert zugerechnet<br />

bekommt. Damit ist <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong> vor allem eine Folge<br />

einer Fehlschaltung im neuronalen Netzwerk, <strong>bei</strong> der Bewertung<br />

und Erinnerung eine wichtige und entscheidende Rolle<br />

spielen [2].<br />

Zur Behandlung von Ohrgeräuschen werden den Patienten derzeit<br />

medikamentöse, akustische, elektrische, chirurgische, radiologische,<br />

verhaltensmedizinische und so genannte „alternative“<br />

Strategien [11] angeboten, wo<strong>bei</strong> eine zuverlässige heilende The-<br />

Storb SH, Strahl HM. <strong>Gruppentherapie</strong> <strong>bei</strong> <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong> … Laryngo-Rhino-Otol 2006; 85: 1 –6<br />

Key words<br />

Ear noises · tinnitus <strong>aurium</strong> · infusion therapy · auditive stimulation<br />

therapy · progressive muscle relaxation after Jacobson · <strong>Tinnitus</strong><br />

questionnaire (TQ) by Goebel and Hiller<br />

rapie derzeit nicht bekannt ist [12]. In den meisten Fällen kann<br />

das Symptom <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong> zwar nicht vollständig kuriert<br />

werden, jedoch ist durch eine Kombination aus mehreren Therapieformen<br />

eine gute Besserung der Ohrgeräusche möglich. Mit<br />

dieser Studie sollten die Ergebnisse einer Strategie überprüft<br />

werden, welche aus einer Kombination von akustischen, kognitiv-verhaltensmedizinischen<br />

Maßnahmen und progressiver<br />

Muskelentspannung nach Jacobson [13] besteht.<br />

Material und Methoden<br />

Die meisten Teilnehmer der Studie hatten bereits eine Infusionstherapie<br />

[14] mit durchblutungsfördernden Medikamenten<br />

(Rentylin oder Nootrop ) und teilweise auch mit Kortikosteroiden<br />

(Solu-Decortin oder Prednisolut ) für 5 bis 15 Tage erhalten.<br />

Die Dauer der Infusionstherapie richtete sich nach dem subjektiven<br />

Befinden der Patienten und auch nach dem Grad der<br />

Hörstörung, die mit einem Tonaudiogramm ermittelt worden<br />

war. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit zur Bestimmung<br />

eines Hochfrequenz-Tonaudiogramms bis zu einer Frequenz von<br />

16 kHz. Mit dieser Methode stand eine zusätzliche Analysemöglichkeit<br />

der zu Grunde liegenden Hörstörung zur Verfügung, mit<br />

der den Patienten das organische Korrelat ihrer Beschwerden<br />

besser erklärt werden konnte. Allen <strong>Tinnitus</strong>-Patienten, die im<br />

Zeitraum von 2000 bis 2005 mit einer Infusionstherapie in der<br />

Praxis Dr. med. Strahl und Dr. med. von Stackelberg (Luegallee<br />

33, 40545 <strong>Düsseldorf</strong>) behandelt worden waren und <strong>bei</strong> denen<br />

keine ausreichende Besserung der Beschwerden mit der Infusionsbehandlung<br />

erzielt werden konnte, d. h. <strong>bei</strong> Patienten, <strong>bei</strong> denen<br />

die schulmedizinischen Maßnahmen nicht den gewünschten<br />

Behandlungserfolg gebracht hatten, wurde zur Teilnahme<br />

an der psychologischen Betreuung im <strong>Tinnitus</strong>-Therapie-Zentrum<br />

(TTZ) geraten. Außerdem wurde von den behandelnden ¾rzten<br />

eine intensive Vor- und Nachbehandlung angeboten. Wegen<br />

der hohen Nachfrage zur <strong>Gruppentherapie</strong> mussten viele Teilnehmer<br />

auf den Therapiebeginn warten.<br />

Die psychologische Intervention fand im Rahmen einer kognitiven<br />

Verhaltenstherapie im <strong>Tinnitus</strong>-Therapie-Zentrum in <strong>Düsseldorf</strong><br />

(Hansaallee 30, 40547 <strong>Düsseldorf</strong>) und Krefeld (Deutscher<br />

Ring 90, 47789 Krefeld) statt. Die <strong>Tinnitus</strong>-Therapie-Zentren<br />

beschäftigen sich seit 1994 mit der Behandlung von Patienten<br />

mit subakutem bzw. chronischem <strong>Tinnitus</strong>.<br />

In der Therapie sollte durch verschiedene Strategien aus den Bereichen<br />

Psychologie und Psychoakustik eine Habituation (Gewöhnung)<br />

erreicht werden mit dem Ziel, <strong>bei</strong> den Patienten eine


Laryngo "361", 15.3.06/seitenweise<br />

deutliche Reduktion der Störung durch den <strong>Tinnitus</strong> zu bewirken,<br />

bis hin zu einem vollkommenen Verschwinden der Symptomatik.<br />

Hierdurch sollte es ebenfalls zu einer deutlichen Verbesserung<br />

der Lebensqualität kommen. Die Patientengruppen hatten<br />

eine Größe von maximal zehn Teilnehmern und wurden jeweils<br />

von einem Psychologen geleitet. Die Behandlung erfolgte<br />

für jede Gruppe in insgesamt 38 Behandlungseinheiten an 9<br />

Werktagen.<br />

Interventionsmaßnahmen<br />

Die mit den Patienten durchgeführten Interventionsmaßnahmen<br />

umfassten einerseits ein psychologisches Immunisierungstraining<br />

und andererseits eine auditive Stimulationstherapie, deren<br />

Verfahren nachfolgend näher beschrieben werden.<br />

Psychologisches Immunisierungstraining (PIT )<br />

Die Psychologen übten mit den Patienten Methoden der Entspannung<br />

wie progressive Muskelrelaxation nach Jacobson [13],<br />

kognitive Umstrukturierungsmethoden sowie aufmerksamkeitslenkende<br />

Techniken ein. Die Patienten wurden in die Lage<br />

versetzt, die Unannehmlichkeiten der Ohrgeräusche durch aktive<br />

Selbstkontrolle zu steuern. Weiterhin wurde eine Defokussierung<br />

der Aufmerksamkeit gegenüber Ohrgeräuschen gefördert<br />

und so die Toleranzgegenüber dem <strong>Tinnitus</strong> erhöht.<br />

Auditive-Stimulations-Therapie (AST )<br />

Diese Therapieform verknüpfte die psychologische Entspannung<br />

mit entspannenden Elementen der Musik. Die zur AST gehörenden<br />

Übungen wurden in der Gruppe erlernt und trainiert. Hierdurch<br />

sollte einerseits die Selbstkontrolle über den <strong>Tinnitus</strong> erhöht<br />

und andererseits eine Veränderung ungünstiger Verhaltensmuster<br />

her<strong>bei</strong>geführt werden. Jeder Patient erhielt ein Trainingsprogramm<br />

auf Tonträger überspielt, so dass die Teilnehmer<br />

auch nach Beendigung der Therapie eigenständig mit diesem<br />

Programm ar<strong>bei</strong>ten konnten.<br />

Studienaufbau<br />

In dieser retrospektiven Betrachtung wurden 512 Patienten im<br />

Zeitraum vom 15. 09.1999 bis 28. 05. 2005 zu Beginn und am<br />

Ende ihrer <strong>Gruppentherapie</strong> nach ihren Beschwerden mit dem<br />

<strong>Tinnitus</strong>-Fragebogen (TF) nach Goebel und Hiller [15] befragt.<br />

Hier<strong>bei</strong> wurden 142 Patienten von Psychologe A, 362 von Psychologe<br />

B und 6 von Psychologe C betreut (Abb.1).<br />

Fragebögen<br />

Die Belastung der Patienten wurde durch den <strong>Tinnitus</strong>-Fragebogen<br />

(TF) nach Goebel und Hiller [15] erhoben. Dieser enthält 52<br />

Fragen, die sich auf die psychologische Situation und die Beeinträchtigung<br />

des Patienten beziehen. Hier<strong>bei</strong> soll vom Befragten<br />

die jeweils zum Erhebungszeitpunkt bestehende Beeinträchtigung<br />

angegeben werden. Die Antworten beziehen sich auf sechs<br />

psychologische Teilgebiete des chronischen <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong>,<br />

wodurch emotionale und kognitive Belastung, <strong>Tinnitus</strong>-Penetranz,<br />

Hörprobleme, Schlafstörungen und somatische Beschwerden<br />

differenziert werden können. Durch Addition der Teilergebnisse<br />

konnte der Gesamtschweregrad (TF-Gesamtscore [15]) errechnet<br />

werden, der maximal 84 Punkte betrug. Die Fragebögen<br />

wurden vor der Behandlung von 557 Patienten ausgefüllt. Nach<br />

der Behandlung war die Auswertung von 45 Fragebögen nicht<br />

möglich, weil die Patienten entweder die Therapie abgebrochen<br />

Anzahl der Patienten<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

hatten, am Tage der letzten Auswertung fehlten oder aus gesundheitlichen<br />

Gründen nicht an der Befragung teilnehmen konnten.<br />

Letztlich konnten 512 Patienten in die Studie einbezogen werden,<br />

die <strong>bei</strong>de Fragebögen vollständig ausgefüllt hatten.<br />

Patienten<br />

Alle Patienten wurden zunächst somatisch wegen ihrer Ohrgeräusche<br />

behandelt. Hier<strong>bei</strong> wurde nach eingehender <strong>HNO</strong>-ärztlicher<br />

Anamnese und Untersuchung der Befund <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong><br />

diagnostiziert. Die Auswahl der Patientendaten für die Studie erfolgte<br />

retrospektiv, d. h. nach dem Abschluss der Behandlung im<br />

TTZ wurde ein Abschlussbericht des Psychologen zu den behandelnden<br />

¾rzten verschickt und hier bis zur Auswertung der Studie<br />

gesammelt. Nachdem sich über 550 Fragebögen-Paare angesammelt<br />

hatten, begann die Auswertung. Hier<strong>bei</strong> wurden nur<br />

vollständig ausgefüllte Fragebögen von <strong>bei</strong>den Erhebungszeitpunkten<br />

in die Betrachtung einbezogen.<br />

Demographische Daten<br />

Die Studienteilnehmer setzten sich aus 195 männlichen und 317<br />

weiblichen Personen zusammen. Somit waren 38 % männliche<br />

und 62 % weibliche Patienten an der Studie beteiligt. Hiervon waren<br />

18 Teilnehmer unter 21 Jahren, 73 Personen unter 31 Jahren,<br />

jeweils 101 Personen unter 41 Jahren, 89 Personen unter 51 Jahren,<br />

107 Personen unter 61 Jahren, 94 Teilnehmer unter 71 Jahren,<br />

25 Patienten unter 81 Jahren, und 5 Teilnehmer waren 81<br />

Jahre und älter (Abb. 2).<br />

Ergebnisse<br />

142<br />

0 Psychologe A<br />

(142 Fälle)<br />

364<br />

Psychologe B<br />

(364 Fälle)<br />

Psychologe C<br />

(6 Fälle)<br />

gesamt<br />

Abb. 1 schlüsselt einerseits die Zahl der Behandlungsfälle <strong>bei</strong> den drei<br />

verschiedenen Psychologen (A, B und C)und andererseits die Gesamtzahl<br />

der Behandlungsfälle dieser Studie auf.<br />

Die Auswertung zeigt eine Verbesserung der Punktzahl <strong>bei</strong><br />

93,2% aller behandelten Patienten, wo<strong>bei</strong> <strong>bei</strong> 6,8% der Teilnehmer<br />

eine Stagnation bzw. Verschlechterung der Punktzahlen im<br />

TF [15] ermittelt werden konnte. Bei 31,1% der Patienten zeigte<br />

sich eine Verbesserung um bis zu 10 Punkte, <strong>bei</strong> 27,7 % bis zu 20<br />

Punkte, <strong>bei</strong> 19,1 % bis zu 30 Punkte, <strong>bei</strong> 10,5% bis zu 40 Punkte,<br />

<strong>bei</strong> 3,9% bis zu 50 Punkte und <strong>bei</strong> 0,8 % über 50 Punkte nach der<br />

Therapie (Abb. 3). Da<strong>bei</strong> verbesserte sich der Anteil der Patienten,<br />

die vor der Therapie im Bereich der schwerstgradigen Belastung<br />

eingestuft worden waren, von 13,5% auf 1,4 % nach der Behandlung,<br />

<strong>bei</strong> der schwergradigen Belastung von 16,8% auf 3,9%,<br />

<strong>bei</strong> der mittelgradigen Belastung von 28,5 % auf 16,4% und <strong>bei</strong><br />

Storb SH, Strahl HM. <strong>Gruppentherapie</strong> <strong>bei</strong> <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong> … Laryngo-Rhino-Otol 2006; 85: 1 –6<br />

6<br />

512<br />

n 3


Laryngo "361", 15.3.06/seitenweise<br />

n<br />

4<br />

Anzahl der Patienten<br />

Anzahl der Patienten<br />

in Prozent<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

18<br />

6,8<br />

keine<br />

Verbesserung<br />

73<br />

31,1<br />

101<br />

27,7<br />

89<br />

0–20 21–30 31–40 41–50 51–60 61–70 71–80 81–90<br />

Alter in Jahren<br />

Abb. 2 zeigt die Altersverteilung der Studienteilnehmer aufgeschlüsselt<br />

nach dem Alter in Jahren und jeweils als Dekade zusammengefasst<br />

an.<br />

19,1<br />

10,5<br />

01–10<br />

Punkte<br />

11–20<br />

Punkte<br />

21–30<br />

Punkte<br />

31–40<br />

Punkte<br />

41–50<br />

Punkte<br />

mehr als<br />

50 Punkte<br />

Abb. 3 stellt dar, um wie viele Punkte sich die Studienteilnehmer durch<br />

die Therapie im Fragebogen nach Goebel und Hiller verbessern. Da<strong>bei</strong><br />

ist die Anzahl der Patienten prozentual aufgetragen.<br />

der leichtgradigen Belastung stieg der Anteil von 41,0 % auf 78,3 %<br />

(s. Abb. 4).<br />

Insgesamt verbesserten sich die Ergebnisse der Patienten auf<br />

etwa 48 % des Ausgangswertes, der im TF [15] gemessen worden<br />

war. Die besten Ergebnisse konnten in der Altersgruppe 21 – 30<br />

Jahre erreicht werden, denn hier verbesserte sich der Punktwert<br />

um durchschnittlich 54 %. Mit weiter zunehmendem Alter verschlechterte<br />

sich durchschnittlich die Möglichkeit, durch die Behandlung<br />

den Punktausgangswert zu reduzieren. So war <strong>bei</strong> den<br />

über 71- bis 80-Jährigen noch eine durchschnittliche Verbesserung<br />

auf 41 % des Ausgangswertes möglich. Bei den unter 21-Jährigen<br />

konnte der Punktwert um durchschnittlich 37% und <strong>bei</strong><br />

den über 80-jährigen Patienten auf 51 % verbessert werden, wo<strong>bei</strong><br />

der jüngsten Gruppe nur 19 Personen und der ältesten Gruppe<br />

nur 5 Teilnehmer zuzuordnen waren.<br />

Die geschlechtsbezogene Besserung der Beschwerden entsprach<br />

etwa der Besserung des Gesamtkollektivs. Die Werte lagen<br />

<strong>bei</strong> den 317 weiblichen Patienten <strong>bei</strong> durchschnittlich<br />

48,21 % und <strong>bei</strong> den 195 männlichen <strong>bei</strong> 46,75% des jeweiligen<br />

Ausgangswertes.<br />

107<br />

3,9<br />

0,8<br />

Anzahl der Patienten<br />

in Prozent<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Bezogen auf den jeweils behandelnden Psychologen konnten<br />

sich <strong>bei</strong>m Psychologen A die 142 Patienten im Durchschnitt auf<br />

47,3 % des Ausgangswertes verbessern, <strong>bei</strong>m Psychologen B die<br />

364 Teilnehmern auf 48,1 % und <strong>bei</strong>m Psychologen C, der 6 Klienten<br />

behandelt hatte, auf 32,2 %.<br />

Vor der Therapie lagen etwa 59 % der Patienten im Schweregrad<br />

mittel, schwer und schwerste Beeinträchtigung. Nach der Behandlung<br />

lag der Schweregrad der Beeinträchtigung in über 2 / 3<br />

der Fälle (78,3 %) im Bereich der leichten Beeinträchtigung. Andererseits<br />

liegen im Bereich der schweren und schwersten Beeinträchtigung<br />

insgesamt nur noch 5,4% der Patienten.<br />

Die Studie zeigt, dass eine <strong>Gruppentherapie</strong> – basierend auf den<br />

im Fragebogen nach Goebel und Hiller [15] gemessenen Kriterien<br />

– den Belastungsgrad des <strong>Tinnitus</strong>-Patienten <strong>bei</strong> etwa 93 % der<br />

Patienten deutlich verbessern kann. Somit bewerteten die Patienten<br />

nach der Therapie ihren Leidensdruck, der mit den Ohrgeräuschen<br />

in Verbindung steht, merklich reduzierter als noch<br />

vor dem Therapiebeginn.<br />

Diskussion<br />

Storb SH, Strahl HM. <strong>Gruppentherapie</strong> <strong>bei</strong> <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong> … Laryngo-Rhino-Otol 2006; 85: 1 –6<br />

94<br />

25<br />

5<br />

78,3<br />

41,0<br />

leichtgradig<br />

16,4<br />

28,5<br />

mittelgradig<br />

schwergradig<br />

schwerstgradig<br />

Im Vergleich des Konzeptes der Ar<strong>bei</strong>tsgruppe „Retraining“<br />

[16,17] mit dem von uns verwendeten Verfahren der <strong>Tinnitus</strong>-<br />

Therapie, zeigen sich in fast allen Bereichen große Übereinstimmungen.<br />

Unterschiede finden sich auf dem Gebiet der akustischapparativen<br />

Behandlungsmaßnahmen, des Councelling versus<br />

kognitiver Verhaltenstherapie, der Anwendung von progressiver<br />

Muskelentspannung nach Jacobson, der gemeinsamen Ausbildung<br />

von Arzt und Psychologe und der Zertifizierung. Die Gemeinsamkeiten<br />

und Unterschiede sind in Tab.1 dargestellt.<br />

Auf dem Gebiet der akustisch-apparativen Behandlungsmaßnahmen<br />

haben wir die Auditive-Stimulations-Therapie als Alternative<br />

zum <strong>Tinnitus</strong>-Masker entwickelt, denn aus unserer Erfahrung<br />

motiviert die Musiktherapie den Patienten mehr als das<br />

Tragen eines <strong>Tinnitus</strong>-Maskers und bietet zusätzlich die Möglichkeit<br />

der Beeinflussung der Emotionen des Patienten. Mehrere<br />

3,9<br />

16,8<br />

1,4<br />

nach<br />

vor<br />

13,5<br />

Abb. 4 stellt dar, wie sich der Grad der Belastung vor und nach der Therapie<br />

<strong>bei</strong> den Patienten durch die Therapie verbessert. Die Graduierung<br />

reicht von leicht bis schwerstgradig.


Laryngo "361", 15.3.06/seitenweise<br />

Tab. 1 zeigt einen Vergleich des Konzeptes der <strong>Tinnitus</strong>-Retrainig-Therapie der Ar<strong>bei</strong>tsgemeinschaft deutschsprachiger Audiologen und Neurootologen<br />

(ADANO)[17] mit dem Konzept des <strong>Tinnitus</strong>-Therapie-Zentrums (TTZ). Hier sind die Definitionen, Indikationen und Elemente<br />

der <strong>Tinnitus</strong>-Therapie gegenübergestellt und es ist aufgeführt, ob die Methode verwendet (X)oder nicht verwendet (–)wird.<br />

AST = Auditive-Stimulations-Therapie, (Mini)-TF = <strong>Tinnitus</strong>-Fragebogen nach Goebel und Hiller [15]<br />

Autoren [18 – 20] setzten <strong>bei</strong> etwa 30% aller <strong>Tinnitus</strong>patienten<br />

die instrumentellen Therapiemaßnahmen über mehrere Jahre<br />

erfolgreich ein. Jedoch stellt sich die Auditive-Stimulations-Therapie<br />

als eine kostengünstige Alternative heraus. Weiterhin tritt<br />

die Wirkung der Musiktherapie bereits nach neuntägiger Behandlung<br />

ein, wohingegen ein <strong>Tinnitus</strong>-Masker mindestens für<br />

18 Monate getragen werden muss.<br />

Darüber hinaus verwenden wir eine kognitive Verhaltenstherapie,<br />

weil hier individuellere Möglichkeiten zur Intervention für<br />

den Therapeuten bestehen als <strong>bei</strong> einem direktiven Councelling.<br />

Schmidt et al. [21] verglichen Councelling mit einer <strong>Gruppentherapie</strong><br />

(12 Sitzungen zu je 90 Minuten) und stellten <strong>bei</strong> der Auswertung<br />

der TF-Fragebögen [15] keinen Unterschied zwischen<br />

<strong>bei</strong>den Methoden fest.<br />

Von Wedel 1983 [22], Biesinger et al. 1998 [23], Hesse 1998 [24]<br />

und Bühler et al. 2003 [25] zeigen, dass <strong>bei</strong> Einsatz der Retrai-<br />

TRT/ADANO Tinntius-Therapie-Zentrum<br />

Definition der <strong>Tinnitus</strong>-Therapie<br />

ambulante Therapie X X<br />

Diagnostik durch <strong>HNO</strong>-¾rzte X X<br />

Modellvorstellungen von Jasteboff u.Hazell [7, 28, 29] X X<br />

psychotherapeutische Behandlungsmaßnahme X –<br />

verhaltenstherapeutische Maßnahme – X<br />

akustisch-apparative Behandlungsmaßnahmen Hörgeräte (evtl.)<br />

Hörgeräte (evtl.)<br />

<strong>Tinnitus</strong>-Masker<br />

–<br />

–<br />

AST<br />

Weiterbetreuung unter enger Anbindung des Patienten X X<br />

aktive Mitar<strong>bei</strong>t des Patienten<br />

Indikation zur <strong>Tinnitus</strong>-Therapie<br />

X X<br />

Beeinträchtigung des Erlebens/Verhaltens X X<br />

andere Behandlungsmaßnahmen ausgeschöpft X X<br />

(Mini-)TF nach Goebel u.Hiller [15] X X<br />

Therapie <strong>bei</strong> Hyperakusis<br />

Elemente der Therapie<br />

X X<br />

<strong>Tinnitus</strong>-Diagnostik X X<br />

TF nach Goebel u.Hiller [15] X X<br />

psychologische Diagnostik inklusive Testpsychologie X (X) vergleichbar<br />

Counselling X –<br />

kognitive Verhaltenstherapie – X<br />

apparativ-akustische Maßnahmen Hörgeräte (evtl.)<br />

Hörgeräte (evtl.)<br />

<strong>Tinnitus</strong>-Instr.<br />

–<br />

<strong>Tinnitus</strong>-Masker<br />

–<br />

–<br />

AST<br />

progressive Muskelentspannung nach Jacobson [13] – X<br />

Verlaufsdiagnostik X (X) vergleichbar<br />

Konsultationen und Ergebnisse<br />

Ausbildung und Qualifikation<br />

X werden hiermit vorgestellt<br />

gemeinsame Retraining-Ausbildung X –<br />

Zertifizierung<br />

Zeitaufwand der Therapie<br />

X –<br />

18 Monate X –<br />

9 Tage – X<br />

ning-Therapie 20 – 30% der Patienten mit chronischem dekompensierten<br />

<strong>Tinnitus</strong> diesen zeitweise nicht mehr wahrnehmen<br />

und weitere 50–60% der Patienten von einer deutlichen Linderung<br />

der tinnitusbedingten Störungen berichten. In einer retrospektiven<br />

Studie können von Wedel et al. (1997) [19] diese Ergebnisse<br />

bestätigen. Von Wedel et al. [4] fassen 19 Studien zur<br />

<strong>Tinnitus</strong>-Retraining-Therapie zusammen und kommen zu dem<br />

Ergebnis, dass die Erfolgsquoten der unterschiedlichen Ar<strong>bei</strong>tsgruppen<br />

zwischen 20% und 90 % liegen, wo<strong>bei</strong> zwischen Erfolgsquoten<br />

im Sinne eines häufigen Ausbleibens des <strong>Tinnitus</strong> und einer<br />

Reduzierung des <strong>Tinnitus</strong> unterschieden wird. Unsere jetzt<br />

vorgelegte Studie bezieht sich auf eine Reduzierung des <strong>Tinnitus</strong><br />

gemessen am Punktwert des Fragebogens nach Goebel und Hiller<br />

[15] und liegt mit 93 % über den Ergebnissen der <strong>Tinnitus</strong>-Retraining-Therapie.<br />

Da<strong>bei</strong> bleibt unklar, ob die Ergebnisse <strong>bei</strong> den Patienten unserer<br />

Studie auch mittel- oder langfristig anhalten werden. Dies kann<br />

Storb SH, Strahl HM. <strong>Gruppentherapie</strong> <strong>bei</strong> <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong> … Laryngo-Rhino-Otol 2006; 85: 1 –6<br />

n 5


Laryngo "361", 15.3.06/seitenweise<br />

n<br />

6<br />

derzeit noch nicht beurteilt werden. Außerdem lässt sich nur abschätzen,<br />

<strong>bei</strong> wie vielen Patienten sich auch ohne Therapie der<br />

Zustand (Krankheitsverlauf) gebessert hätte, weil keine Doppelverblindung<br />

einer Psychotherapie möglich war. Schmidt et al.<br />

[21] konnten allerdings zeigen, dass unbehandelte Patienten<br />

mit chronischem <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong>, die z.B. auf die Therapie warten<br />

mussten, sogar eine Verschlechterung des Punktwertes nach<br />

3 bzw. 6 Monaten zeigten. Darüber hinaus ist aus dieser Studie<br />

bekannt, dass der Effekt einer psychologischen Mitbehandlung<br />

mindestens für ein halbes Jahr anzuhalten scheint und wahrscheinlich<br />

sogar darüber hinaus.<br />

An der CharitØ wurde unter Beachtung der Erkenntnisse der <strong>Tinnitus</strong>-Retraining-Therapie<br />

und <strong>Tinnitus</strong>-Desensibilisierungs-<br />

Therapie ein ganzheitliches, tagesklinisches 7- und 14-tägiges<br />

Therapiekonzept entwickelt. Es wurden 46 chronische <strong>Tinnitus</strong>-<br />

Patienten vor und nach 7-tägiger Behandlung sowie 6 Monate<br />

nach Abschluss der Behandlung untersucht. Unmittelbar nach<br />

der Therapie besserte sich sowohl der Gesamtscore des <strong>Tinnitus</strong>-<br />

Fragebogens (Goebel und Hiller [15]) als auch der Score der Subskalen<br />

signifikant. Das Ergebnis blieb bis 6 Monate stabil bzw.<br />

verbesserte sich noch teilweise [26].<br />

Die Ergebnisse von G. Hesse et al. [27] sind mit den von uns ermittelten<br />

Werten besonders zu vergleichen. Es wurden 1841 klinische<br />

Patienten mit chronisch komplexem <strong>Tinnitus</strong> beobachtet,<br />

wo<strong>bei</strong> die stationäre psychologisch orientierte Therapie allerdings<br />

5 – 6 Wochen dauerte. Unmittelbar nach der Behandlung<br />

wurde eine hochsignifikante Verbesserung im <strong>Tinnitus</strong>-Fragebogen<br />

(TF [15]) um 13,01 Punkte dokumentiert. Auch in den einzelnen<br />

Subskalen des TF [15] waren die Werte verbessert. Bei 10 %<br />

der Patienten konnte keinerlei Verbesserung erreicht werden.<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die psychologisch<br />

betreute <strong>Gruppentherapie</strong> (Psychologisches Immunisierungstraining<br />

[PIT ]) in Kombination mit einer Musiktherapie<br />

(Auditive-Stimulations-Therapie [AST ]) den Schweregrad des<br />

<strong>Tinnitus</strong>, der mit dem TF [15] bestimmt worden war, um durchschnittlich<br />

16 Punkte reduzieren kann und somit den Leidensdruck<br />

des Patienten in etwa 93 % der Fälle zu bessern vermag.<br />

Diese Therapieform stellt im Vergleich zur stationären Behandlung<br />

eine sinnvolle Behandlungsalternative dar, die von den<br />

Krankenkassen anerkannt wird.<br />

Literatur<br />

1 Pilgramm M et al. Wie viele Personen leiden in der Bundesrepublik<br />

Deutschland im Jahr 1998 am Symptom <strong>Tinnitus</strong>? Eine epidemiologische<br />

Untersuchung. 70. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft<br />

für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie<br />

12. – 15. 05.1999. Aachen: 1999<br />

2 Hesse G. Retraining und <strong>Tinnitus</strong>therapie. Stuttgart, New York: Thieme,<br />

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Storb SH, Strahl HM. <strong>Gruppentherapie</strong> <strong>bei</strong> <strong>Tinnitus</strong> <strong>aurium</strong> … Laryngo-Rhino-Otol 2006; 85: 1 –6<br />

3 Goebel G, Hiller W. <strong>Tinnitus</strong>-Fragebogen (TF). Ein Instrument zur Erfassung<br />

von Belastungen und Schweregrad <strong>bei</strong> <strong>Tinnitus</strong> (in der Anlage:<br />

<strong>Tinnitus</strong>-Fragebogen). Göttingen: Hogrefe, 1998<br />

4 von Wedel H, von Wedel UC. Eine Bestandsaufnahme zur <strong>Tinnitus</strong>-Retraining-Therapie.<br />

<strong>HNO</strong> 2000; 48: 887 – 900<br />

5 Zenner HP. Eine Systematik für Entstehungsmechanismen von <strong>Tinnitus</strong>.<br />

<strong>HNO</strong> 1998; 46: 699 – 704<br />

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recruitment, poor speech discrimination, and tinnitus. Ann Otol Rhinol<br />

Laryngol 1980; 89: 353–358<br />

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generation and perception. Neurosci Res 1990; 8: 221 – 254<br />

8 McFadden D. <strong>Tinnitus</strong>: Facts, theories and treatments. Washington, D.<br />

C.: National Academy Press, 1982: 1 – 150<br />

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model. Hear Res 1996; 97: 75– 83<br />

10 Brugge JF. An overview of central auditory processing. In: Popper A,<br />

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New York: Springer, 1992<br />

11 Dobie RA. A review of randomized clinical trials in tinnitus. Laryngoscope<br />

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12 Plontke S. Konservative Verfahren. Laryngo-Rhino-Otol 2005; 84: 1 –<br />

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13 Kohl F. Progressive Muskel-Relaxation nach E. Jacobson. Eine moderne<br />

Entspannungsmethode. Med Monatsschr Pharm 2002; 25: 77– 87<br />

14 Michel O et al. Das antiphlogistisch-rheologische Infusionsschema<br />

nach Stennert in der Behandlung von kochleovestibulären Störungen.<br />

<strong>HNO</strong> 2000; 48: 165 – 167<br />

15 Hiller W, Goebel G. <strong>Tinnitus</strong>-Fragebogen (TF): Standardinstrument<br />

zur Graduierung des <strong>Tinnitus</strong>-Schweregrades – Ergebnisse einer Multicenterstudie.<br />

<strong>HNO</strong> 1994; 42: 166 – 172<br />

16 ADANO-Vorsitzender: Prof. Dr. P. Plinkert. Univ.-<strong>HNO</strong>-Klinik, Im Neuenheimer<br />

Feld 400, 69120 Heidelberg<br />

17 von Wedel H, von Wedel UC. Eine Bestandsaufnahme zur <strong>Tinnitus</strong>-Retraining-Therapie.<br />

<strong>HNO</strong> 2000; 48: 887 – 901<br />

18 Hazell JW et al. A clinical study of tinnitus maskers. Br J Audiol 1985;<br />

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19 von Wedel H et al. Zur Effektivität partieller und kompletter apparativer<br />

Maskierung <strong>bei</strong>m chronischen <strong>Tinnitus</strong>. <strong>HNO</strong> 1997; 45: 690 – 694<br />

20 Goldstein BA et al. Long-term inhibition of tinnitus by Ultra Quiet<br />

therapy: preliminary report. Int <strong>Tinnitus</strong> J 2001; 7: 122 – 127<br />

21 Schmidt A et al. Counselling vs. <strong>Gruppentherapie</strong> <strong>bei</strong> chronischem<br />

<strong>Tinnitus</strong>. Ein retrospektiver Vergleich der Interventionseffizienz.<br />

<strong>HNO</strong> 2004; 52: 242– 247<br />

22 von Wedel H, OpitzHJ. Langzeittherapie von <strong>Tinnitus</strong> mit Hörgeräten<br />

und <strong>Tinnitus</strong>-Maskern. Ein dreijähriger Erfahrungsbericht. Arch Oto<br />

Rhino Laryng 1983; Suppl II: 254 – 259<br />

23 Biesinger E et al. Strategien in der ambulanten Behandlung des <strong>Tinnitus</strong>.<br />

<strong>HNO</strong> 1998; 46: 157 – 169<br />

24 Hesse G. Praktische Aspekte der Retraining- und Hörtherapie und Besonderheiten<br />

<strong>bei</strong> Endolymph-Schwankungen. München, Wien: Profil,<br />

1998<br />

25 Hellwig C et al. <strong>Tinnitus</strong>-Retraining-Therapie (TRT). Die neue, erfolgreiche<br />

Behandlungsmethode <strong>bei</strong> Ohrgeräuschen. Genf, München:<br />

Ariston, 2003<br />

26 Mazurek B et al. Integrierte <strong>Tinnitus</strong>intensivbehandlung: Konzept und<br />

erste praktische Erfahrungen. Gesundheitswesen 2005; 67: 485– 491<br />

27 Hesse G et al. Ergebnisse stationärer Therapie <strong>bei</strong> Patienten mit chronisch<br />

komplexem <strong>Tinnitus</strong>. Laryngorhinootologie 2001; 80: 503 – 508<br />

28 Jastreboff PJ et al. Neurophysiological model of tinnitus: dependence<br />

of the minimal masking level on treatment outcome. Hear Res 1994;<br />

80: 216 – 232<br />

29 Jasreboff PJ. <strong>Tinnitus</strong>, current Therapy in Otolaryngology. Head and<br />

Neck Surgery. St. Louis: Mosby, 1998

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