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Gipfel der Verdrahtung - Mountain Wilderness Schweiz

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<strong>Gipfel</strong> <strong>der</strong><strong>Verdrahtung</strong>1Dokumentation über die starke Zunahme von Klettersteigenin Deutschland, Österreich und <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>


<strong>Gipfel</strong> <strong>der</strong> <strong>Verdrahtung</strong>Dokumentation über die starkeZunahme von Klettersteigen inDeutschland, Österreich und <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>3


Impressum<strong>Gipfel</strong> <strong>der</strong> <strong>Verdrahtung</strong>Dokumentation über die starke Zunahme von Klettersteigenin Deutschland, Österreich und <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>Herausgeber:<strong>Mountain</strong> Wil<strong>der</strong>ness Deutschland e.V.Waldstr. 31a82237 Wörthseehttp://www.mountainwil<strong>der</strong>ness.demountain wil<strong>der</strong>ness schweizSandrainstrasse 3CH-3007 Bernhttp://mountainwil<strong>der</strong>ness.chAutorInnen:Kirsten Schütz & Michael PröttelWeitere Beiträge:Richard GoedekeThomas HäfligerGuido JablonskiKarin LankesHeinz WiedmannErste Auflage Mai 2013Titelbild und Rücktitel: A. Neumann, Klettersteig RichterspitzeSatz und Layout: Janis Sonnberger, merkMal VerlagGedruckt auf RecyclingpapierWir bedanken uns bei PATAGONIA für die finanzielle Unterstützung.4


InhaltsverzeichnisVorwort von Eugen E. Hüsler .......................................................................6Einführung .....................................................................................................8Teil I – ÖsterreichI a Ausgangslage .......................................................................................10I b Klettersteigliste Österreich ....................................................................14I c Fallbeispiele ..........................................................................................18I d Zunahme von Klettersteigunfällen in Österreich ...................................24I e Fazit ......................................................................................................27Exkurs: Rechtliche Grundlagen .................................................................28Teil II – <strong>Schweiz</strong>II a Ausgangslage .......................................................................................30II b Charta von Engelberg ...........................................................................32II c Zunahme von Klettersteigunfällen in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> ................................34II d Fallbeispiele ..........................................................................................35II e Klettersteigunfälle in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> .........................................................44II f Auswertung <strong>der</strong> Klettersteig-Charta und Fazit ......................................46Exkurs – Wasserfall- und Schluchtensteige .............................................50Teil III – DeutschlandIII a Ausgangslage .......................................................................................52III b Klettersteigliste Deutschland .................................................................55III c Fallbeispiele ..........................................................................................56III d Zunahme von Klettersteigunfällen in Deutschland ................................62III e Fazit ......................................................................................................635


VorwortQuo vadis Klettersteige?Vielleicht erinnern Sie sich noch an jeneSommernacht im Juli 1969, als NeilArmstrong als erster Mensch seinen Fußin den Mondstaub setzte und das auchgleich sehr treffend kommentierte: „Thatist one small step for a man, one giantleap for mankind.“Da schaute alle Welt gebannt auf denErdtrabanten, ich auch, auf einemCampingplatz in Cortina d’Ampezzo. Dererste Mensch auf dem Mond – unglaublich!Ich schlürfte meine Cola, um wachzu bleiben, trotz <strong>der</strong> Steilwandtour am„Blitzableiter“ <strong>der</strong> Südlichen Fanisspitze.Nebensache? Für die Welt garantiert,für mich nicht, wie sich später herausstellensollte. Denn diese zufällige ersteBegegnung mit einem Klettersteig verliehmeinem (Bergsteiger-) Leben einen entscheidendenKick.Mehr als vierzig Jahre sind seithervergangen, geschätzte 2000-mal standich auf einer Via ferrata (ich hab’s niegezählt), was mir schließlich den (inoffiziellen)Titel eines „Klettersteigpapstes“einbrachte. Fast ein halbes Jahrhun<strong>der</strong>thautnah erlebte Klettersteiggeschichte –da muss man ja zum Chronisten werden.Der schaut mit einem lachenden undeinem weinenden Auge zurück. Zurückauf viele schöne Stunden in den Bergen,auf Herausfor<strong>der</strong>ungen im Steilfels, interessanteBegegnungen und tolle Erlebnisse.Die Klettersteige sind immer mehrgeworden über die Jahre, auf einen erstenBoom in den 1960er-Jahren folgten<strong>der</strong> nächste und <strong>der</strong> übernächste. Weitüber tausend Routen sind es mittlerweilealpenweit. Im Mittelpunkt stand bei denNeuanlagen immer weniger <strong>der</strong> Berg,zunehmend wichtiger wurde das Spektakel.Dieser Trend nahm seinen Anfang inFrankreich, bis 1990 eine klettersteigfreieZone, breitete sich nach und nach Ostenaus. Seilbrücken, Stahlgitter, Drehleitern– Hochseilgärten im Steilfels.Bergsteigen ade. Und das stimmt michals „Alpenoldie“ etwas traurig. Was hateine Installation wie jene am Gemmipassnoch mit dem Erlebniswert einer Civetta-Überschreitung gemeinsam? Das Eisen,ja, aber auf <strong>der</strong> „Alleghesi“ entführt esmich in eine faszinierend schöne Hochgebirgslandschaft,während es unterdem Skywalk im Wallis zum Selbstzweckgeworden ist: Nervenkitzel über demAbgrund.Der Trend ist eindeutig, ganz klar istauch, dass die Natur so zur Kulisseverkommt. Da könnte man diese Eisenparcoursja gleich in die Städte bauen,Hochhäuser stehen in Frankfurt o<strong>der</strong>Berlin genug. Es bestehen durchausParallelen zur Kletterszene: Kletterhallenund -gärten gibt’s en masse, dafür ist esan den Drei Zinnen still geworden. Das6


kann man begrüßen, und ich bin mir auchnicht sicher, ob heute das Projekt einesKlettersteiges am Jubiläumsgrat o<strong>der</strong> an<strong>der</strong> Moiazza noch Chancen hätte vor denAugen einer streng auf Naturschutz achtendenÖffentlichkeit. Schade eigentlich,finde ich. Aber das ist wohl eine etwasaltmodische Meinung.Übrigens: Der längste Klettersteig wirdalljährlich im fernen Nepal aufgebaut, ummehr o<strong>der</strong> weniger sportlichen <strong>Gipfel</strong>stürmernden Gänsemarsch zum höchstenBerg <strong>der</strong> Welt zu erleichtern. Das ist einean<strong>der</strong>e Geschichte – o<strong>der</strong> doch nicht?Eugen E. Hüsler7


EinführungDie anhaltende technische Erschließung<strong>der</strong> Alpen betrifft lei<strong>der</strong> nicht nur neueSkilifte, Speicherteiche o<strong>der</strong> Aussichtsplattformen.Die Recherchen <strong>der</strong>vorliegenden Dokumentation von mountainwil<strong>der</strong>ness schweiz und <strong>Mountain</strong>Wil<strong>der</strong>ness Deutschland ergaben, dassallein in den vergangenen fünf Jahrenin den <strong>Schweiz</strong>er, Österreichischen undDeutschen Alpen mehr als 100 neueKlettersteige errichtet wurden.Von <strong>der</strong> Gesamtzahl her hat Österreichmit 594 Anlagen sogar das „klassischeKlettersteigland“ Italien (496) überflügelt,während in Deutschland 206 und in <strong>der</strong><strong>Schweiz</strong> 165 Steige auf Drahtseilartistenwarten. (Quelle: www.klettersteig.de,Stand 25.02.2013)Das Klettersteiggehen boomt also wiekaum eine an<strong>der</strong>e Bergsportart, wasSportartikel-Hersteller, Hüttenwirte undTourismusdestinationen dazu veranlasst,immer mehr Felsflanken und <strong>Gipfel</strong>gratemit Drahtseilen zu verkabeln.Natürlich dürfen „spektakuläre Hängebrücken“,„nervenkitzelnde Seilrutschen“o<strong>der</strong> „360°-Strickleitern“ bei den (lei<strong>der</strong>teils sehr unfallträchtigen) Neubautennicht fehlen. Und so hält <strong>der</strong> Funpark-Charakter auch in dieser Spielart desBergsports immer mehr Einzug.Beson<strong>der</strong>s bedauerlich ist es unsererMeinung nach, wenn klassische Kletterroutenvon neuen Klettersteigen überbautwerden o<strong>der</strong> wenn hochalpine <strong>Gipfel</strong>anstiegemit Stahlseilen verkabelt werden.Im Gegensatz zu den alpinen VereinenDAV, SAC, OeAV und CAA lehnen <strong>Mountain</strong>Wil<strong>der</strong>ness Deutschland und mountainwil<strong>der</strong>ness schweiz den Neubau von Klettersteigenim Gebirge grundsätzlich ab.Doch um nicht falsch verstanden zuwerden: Wir wollen mit dieser Publikationnicht das Klettersteiggehen grundsätzlichverteufeln. Auch <strong>der</strong>/die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>evon uns hat seinen/ihren ersten „alpinenGehversuch“ an einer klassischen ViaFerrata bewältigt.Und spätestens dann, wenn ein Kin<strong>der</strong>gesichtnach Bewältigung des erstenrichtigen Klettersteigs den Papa vollerStolz anlacht (wie einer unserer Autoren2012 erlebte), müssen selbst „Alpin-Puristen“zugeben, dass Klettersteige auchSpaß vermitteln können.Und trotzdem: Genug ist einfach genug!Der Sinn und Zweck dieser Broschüreist es, mit einer möglichst umfassendenDokumentation auf den wirklich explosionshaftenAnstieg von Klettersteigenund dem damit verbundenen Anstieg vonUnfällen hinzuweisen und alle Verantwortlichenund Entscheidungsträger aufzufor<strong>der</strong>n,keine weiteren Anlagen mehrzu errichten. Denn unsere Alpen sind nuneinmal – in je<strong>der</strong> Hinsicht – übererschlossen.In den drei Teilen dieser Publikation wirdjeweils für Österreich, die <strong>Schweiz</strong> undDeutschland zunächst die Ausgangslage8


in dem entsprechenden Land dargestellt.Im Anschluss daran folgen die Zusammenstellungen<strong>der</strong> neugebauten Klettersteigeaus den letzten fünf Jahren sowieausgewählte Fallbeispiele. Zuletzt wirdjeweils auf die in allen Län<strong>der</strong>n beängstigendzunehmende Unfallentwicklungin Verbindung mit dem Klettersteigboomeingegangen.Auf einer Extraseite werden zudem dierechtlichen Grundlagen zu Klettersteigenbehandelt.Bevor wir „in media res“ gehen, darf eineeinführende Begriffsdefinition natürlichnicht fehlen:„Klettersteige sind mit Stahlseilen undevtl. Griff- und Tritthilfen statisch abgesicherteRouten, auf denen zur Selbstsicherungein Klettersteigset verwendetwird.“ (Österreichisches Kuratorium fürAlpine Sicherheit)Die verschiedenen Klettersteigführerverwenden meist eigene Kategorien zurUnterteilung <strong>der</strong> Klettersteige. In dieserDokumentation werden die aufgelistetenKlettersteige drei Kategorien zugeordnet,die an eine Einteilung von Klettersteigformendes Deutschen Alpenvereinsangelehnt sind.Der klassische alpine Klettersteigverläuft in alpinem Gelände, durchWände o<strong>der</strong> über Grate, hat in <strong>der</strong> Regeleinen längeren Zustieg und führt meistauf einen <strong>Gipfel</strong>. Er nutzt die Strukturdes Geländes, ist also logisch im Verlaufund verzichtet weitgehend auf Elementewie Seilbrücken. Schwierige Passagensind in <strong>der</strong> Regel durch Leitern, Tritt- undGriffeisen entschärft.Sport-Klettersteige haben meist einenkurzen Zustieg und legen Wert auf einespektakuläre Routenführung. Ausdauerkraft(Arme) ist mehr gefragt als Bergerfahrungo<strong>der</strong> Kondition. Der Umkehrpunktkann in <strong>der</strong> Wand o<strong>der</strong> an einembeliebigen Ausstiegspunkt sein: Hier ist<strong>der</strong> „Weg“ das Ziel.Fun-Klettersteige sind meist in Tal- o<strong>der</strong>Seilbahnnähe angelegt, verfügen übermöglicherweise aufwendige Konstruktionenund artistische Elemente wie Seilbrücken,Stahlnetze und Seilrutschen, wiesie auch in Seilparks vorkommen. Bergerfahrungist nicht notwendig, im Vor<strong>der</strong>grundsteht <strong>der</strong> maximale Spaßfaktor.Dieser Kategorie sind in den folgendenAuflistungen auch talnahe Wasserfall-,Klamm- und Schluchten-Klettersteigezugeordnet.Drehleiter Gemmi KlettersteigFoto: S. KreuzerNatürlich sind die Übergänge zwischenden verschiedenen Kategorien fließend.So haben viele <strong>der</strong> neuen alpinen Klettersteigeund Sport-Klettersteige auchFun-Elemente (wie Seilrutschen o<strong>der</strong>Hängebrücken).9


TEIL I – ÖSTERREICHI aAusgangslageVon allen deutschsprachigen Alpenlän<strong>der</strong>nhat Österreich mit mehr als70 neuen Anlagen in den letzten fünfJahren die mit Abstand größte „Klettersteig-Explosion“erlebt.Zudem gibt es einen historischen Grunddafür, dass wir unsere dreiteilige Dokumentationim rot-weiß-roten Nachbarlandbeginnen: Am Hohen Dachstein wurde1843 <strong>der</strong> erste Klettersteig <strong>der</strong> Alpenerrichtet.Die Sicherung des Normalwegs aufden 2.995 Meter hohen <strong>Gipfel</strong> wurdeauf Anregung des berühmten FriedrichSimony durchgeführt, <strong>der</strong> seinen ersten<strong>Gipfel</strong>anstieg als „recht abscheulichesKlettern“ empfand und daher Geld füreine Seilversicherung sammelte.26 Jahre später wurden am Großglockner400 Meter mit Drahtseilen versichert. 1878wurde ein weiterer Klettersteig am Dachsteinerrichtet. Zwischen 1894 und 1913wurden mit Teufelsbadstubensteig, Königschusswandsteigund Haidsteig gleich dreiEisenwege auf <strong>der</strong> Rax angelegt.Die ersten Klettersteige waren damalsnatürlich nur ein Mittel zum Zweck, aufden <strong>Gipfel</strong> zu gelangen.DachsteingipfelFoto: M. Pröttel10


Ein paar Ausnahmen gab es in denWiener Hausbergen. Dort entstanden imausgehenden 19. Jahrhun<strong>der</strong>t die erstenKlettersteige mit sportlichem Charakter.An leiterartigen Steigbäumen ausEisen stiegen die ersten Klettersportleran senkrechten Felsen in die Höhe. Bisdaraus aber ein echter Trend wurde,vergingen fast 100 Jahre.Ausgehend von den in den 1960er-Jahren gebauten Klettersteigen inden Dolomiten (hier vor allem rundum Cortina d‘Ampezzo) setzte in den1970er- und 80er-Jahren vor allem inTirol (z.B. rund um Imst, im Stubaitalund am Arlberg) ein erstes Klettersteig-Baufieberein.Während in den 1990er-Jahren <strong>der</strong>Klettersteigboom etwas nachließ, schwolldie stählerne Welle ab <strong>der</strong> Millenniumswendelangsam, aber stetig wie<strong>der</strong> an.2007 warnte Günter Karnutsch (Obmann<strong>der</strong> Salzburger Berg- und Skiführer) aufeinem DAV-Bergforum mit dem Titel„Klettersteige – Alpinismus auf dem Eisenweg?“vor <strong>der</strong> ungezügelten Entwicklungin Österreich:„Jedes Jahr 20 bis 30 neue Anlagen,Rekorde seien angesagt: <strong>der</strong> Schwerste,<strong>der</strong> Längste, <strong>der</strong> Spektakulärste… Dieseaggressive Vermarktung wun<strong>der</strong>e ihnnicht angesichts <strong>der</strong> Bauherrn: Dies seienmeist Unternehmer wie Seilbahn- undMautstraßenbetreiber o<strong>der</strong> Tourismusgemeinden.“Prominentes Beispiel für diese klassischeKonfliktsituation ist <strong>der</strong> stark frequentierteKletterssteig „Königsjodler“ am Hochkönig,<strong>der</strong> vor einigen Jahren trotz massiverBedenken <strong>der</strong> Naturschutzbehördemitten im heutigen EuropaschutzgebietKalkhochalpen (Natura 2000) gebautwurde.Zwar wurden im Hinblick auf bestehendeklassische Kletterrouten Projekte ausden 1990er-Jahren am Kopftörlgrat undan <strong>der</strong> Schüsselkarspitze nicht realisiert.An<strong>der</strong>erseits empfanden nicht wenigeden Bau des Intersport-Klettersteigs(Donnerkogel/Gosaukamm) als Sakrileg,da <strong>der</strong> legendäre Kletterer Paul Preußdie Route bei <strong>der</strong> ersten Überschreitungdes Berges geklettert war.Der Österreichische Alpenverein (OeAV)legt in <strong>der</strong> „Arbeitsgebietsordnung Hüttenund Wege“ fest: „Neue Wege, einschließlich<strong>der</strong> Weitwan<strong>der</strong>wege und ihrerMarkierung sowie Klettersteige dürfenvon den Sektionen nur angelegt werden,wenn <strong>der</strong> Bundesausschuss vorher seineZustimmung erteilt hat. Diese darf nurgegeben werden, wenn die Notwendigkeitunter Anlegung strengster Maßstäbe11


festgestellt wird, die Finanzierung <strong>der</strong>entstehenden Kosten gesichert und dieEinwilligung <strong>der</strong> betroffenen Grundeigentümernachgewiesen ist.Für die Errichtung von Klettersteigen ist<strong>der</strong> von DAV und OeAV ausgearbeiteteKriterienkatalog für die Errichtung vonKlettersteigen (siehe Teil III) zugrunde zulegen.“Nach Angaben des OeAV wurden seitErstellung und Verabschiedung diesesKriterienkataloges zwei Klettersteigprojekte(Absamer Klettersteig sowie SinabellSüdwand, beide aus dem Jahr 2011)von OeAV-Sektionen eingereicht. Diesewurden durch den Bundesausschuss positivbeurteilt und damit die Zustimmungfür den Bau erteilt.Zudem gibt es neben diesen beidenProjekten weitere Klettersteige, beidenen OeAV-Sektionen in unterschiedlichstarkem Ausmaß beteiligten waren/sind – jedoch nicht als alleinige Errichter/Betreiber. Dazu liegen laut OeAV jedochkeine genauen Informationen vor.Sehr kritisch sehen die Entwicklung inÖsterreich die Vertreter <strong>der</strong> Bergrettung.„Es kann nicht sein, dass die Berge zueiner Arena für Vergnügungssüchtigegemacht werden“, sagte 2009 FriedrichSeidl, Leiter <strong>der</strong> Bergrettung Steiermark,wo zuvor die extrem schwierige Arenavariantedes Bürgeralm-Klettersteigs (sieheunten: Fallbeispiele) für Aufsehen undKopfschütteln gesorgt hatte.Zudem klagt die Bergrettung über immermehr Einsätze (siehe weiter unten:Zunahme von Unfällen), weshalb einemBericht <strong>der</strong> österreichischen TageszeitungDie Presse zufolge 2009 in <strong>der</strong>Steiermark sogar ein Verbot für den Bauweiterer Klettersteige gefor<strong>der</strong>t wurde.Auch <strong>der</strong> bekannte Klettersteig-FührerautorAxel Jentzsch-Rabl kam 2009 zu demSchluss, „dass ein Punkt erreicht sei,an dem man sich fragen sollte, ob dasKlettersteiggehen überhaupt noch mitechtem Bergsteigen zu tun habe“.12


I bKlettersteigliste ÖsterreichVon 2008 bis 2012 wurden <strong>der</strong> nachfolgendenAuflistung zufolge sage undschreibe 73 neue Klettersteige in Österreicherrichtet. Da unsere Recherchenkeinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben,ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß,dass die tatsächliche Gesamtzahl vonNeuerschließungen noch darüber liegt.Im Folgenden sind die Klettersteige nachJahren und dort wie<strong>der</strong>um alphabetischgeordnet. Wenn nach dem Klettersteignamen„(neu)“ hinzugefügt ist, bedeutetdies, dass auf dem entsprechenden Bergbereits versicherte Stellen vorhandenwaren, diese aber nun zu einem (weitgehend)durchgehenden Drahtseilanstiegverbunden wurden.2012Adolari KS Loferer Steinberge/Tirol Fun-KlettersteigDopamin KS Lienzer Dolomiten/Osttirol Sport-KlettersteigFamilien KS Lienzer Dolomiten/Osttirol Fun-KlettersteigFernergries KS Ötztaler Alpen/Tirol Fun-KlettersteigFranzl KS Radstädter Tauern/Bl. Salzburg Sport-KlettersteigGamsblick KS Totes Gebirge/Steiermark Alpiner KlettersteigGroßer Priel, SO-Sporn Totes Gebirge/Oberösterreich Alpiner KlettersteigKS Arena Höhenburg Hohe Tauern/Bl. Salzburg Alpiner KlettersteigHol<strong>der</strong>li Seppl KS Ötztaler Alpen/Tirol Sport-KlettersteigKitzlochklamm KS Goldberggruppe/Bl. Salzburg Sport-KlettersteigMahdlgupf KS Salzkammergut/Oberösterreich Alpiner KlettersteigMarokka KS Kitzbüheler Alpen/Tirol Sport-KlettersteigMöllschlucht KS Schobergruppe/ Kärnten Fun-KlettersteigObergurgler KS Ötztaler Alpen/Tirol Sport-KlettersteigSinabell KS Dachstein/Steiermark Sport-KlettersteigStafflacher KS Tuxer Alpen/Tirol Sport-Klettersteig2011Absamer KS Karwendel/Tirol Alpiner KlettersteigAmon KS Dachstein/Steiermark Alpiner KlettersteigBergkameraden KS Chiemgauer Alpen/Tirol Sport-KlettersteigFamilien KS Hirschkarspitze Gasteinertal/Bl. Salzburg Fun-KlettersteigGroßer Kinigat KS Gailtaler Alpen/Kärnten Alpiner KlettersteigHochkogel KS Totes Gebirge/Oberösterreich Alpiner KlettersteigHTL Wels KS Höllengebirge/Oberösterreich Alpiner KlettersteigKöllenspitze KS Tannheimer Berge/Tirol Alpiner KlettersteigBuchau KS Rofan/Tirol Sport-Klettersteig14


Katrin KS Salzkammergut/Oberösterreich Sport-KlettersteigSchwärzenkamm KS Ötztaler Alpen/Tirol Alpiner KlettersteigLeopold KS Mur Randgebirge/Steiermark Sport-KlettersteigMauskarspitze KS Gasteinertal/Bl. Salzburg Fun-KlettersteigMillnatzenklamm KS Gailtaler Alpen/Kärnten Fun-KlettersteigMödlinger KS Wienerwald/Nie<strong>der</strong>österreich Sport-KlettersteigOttenalm KS Chiemgauer Alpen/Tirol Sport-KlettersteigPfeilspitzwand KS Zillertaler Alpen/Tirol Sport-KlettersteigPostalmklamm KS (F Variante) Salzkammergut/Bl. Salzburg Fun-KlettersteigSilver Bullet KS Goldberggruppe/Bl.Salzburg Fun-Klettersteig2010Adrenalin KS Lienzer Dolomiten/Osttirol Sport-KlettersteigAnna KS Dachsteingebirge/Steiermark Alpiner KlettersteigDreifaltigkeit KS Karawanken/Kärnten Sport-KlettersteigFünf-<strong>Gipfel</strong>-KlettersteigFoto: M. Zahel15


Echernwand KS Dachsteingebirge/Oberösterreich Sport-KlettersteigErlebnissteig Kanzelwand Kleinwalertal/Tirol Sport-/Fun-KlettersteigFünf-<strong>Gipfel</strong> KS Rofan/Tirol Alpiner KlettersteigGamssteig Ötztaler Alpen/Tirol Sport-KlettersteigGletschergoaß KS Hohe Tauern/Bl. Salzburg Sport-KlettersteigHanauer KS Lechtaler Alpen/Tirol Sport-KlettersteigHohe Geige W-Grat (neu) Ötztaler Alpen/Tirol Alpiner KlettersteigKupfergeist KS Nie<strong>der</strong>e Tauern/Bl. Salzburg Sport-KlettersteigLachenspitze Nordwand KS Allgäuer Alpen/Tirol Alpiner KlettersteigLaserer Alpin SteigDachsteingebirge/Oberösterreich Sport-/Fun-KlettersteigLeite KS Mieminger Gruppe/Tirol Sport-KlettersteigNaturpark KS Nasenwand Zillertaler Alpen/Tirol Sport-KlettersteigOberst-Gressel KS (neu) Karnische Alpen/Kärnten Sport-KlettersteigRöngg- und Röbischlucht KS Rätikon/VorarlbergFun-KlettersteigSchmied KSDachsteingebirge/Oberösterreich Sport-KlettersteigVaude Schmugglersteig Montafon/Vorarlberg Alpiner KlettersteigSteinbocksteig Ötztaler Alpen/Tirol Sport-KlettersteigTürkenkopf KS Bachergebirge/Kärnten Sport-KlettersteigWinkelturm O-Grat KS Karnische Alpen/Kärnten Alpiner KlettersteigTassilo KlettersteigFoto: M. Zahel16


Seekofel KlettersteigFoto: M. Zahel2009Bürgeralm KS Hochschwab/Steiermark Sport-KlettersteigDrachenwand KS Salzkammergut/Oberösterreich Sport-KlettersteigFalkensteig Nockberge/Kärnten Alpiner KlettersteigKala KSSalzb. Schieferalpen/Steiermark Fun-/Sport-KlettersteigRifa Übungs KS Montafon/Vorarlberg Fun-KlettersteigRichterspitze KS (neu) Zillertaler Alpen/Tirol Alpiner KlettersteigTassilo KS Totes Gebirge/Oberösterreich Sport-KlettersteigWeiße Gams KS Steinernes Meer/Bl. Salzburg Sport-KlettersteigZahme Gams KS Steinernes Meer/Bl. Salzburg Sport-KlettersteigPfannknecht KS Silvretta/Tirol Alpiner Klettersteig2008Imster-Wasserfall KS Lechtaler Alpen/Tirol Fun-KlettersteigKufsteiner KS Wil<strong>der</strong> Kaiser/Tirol Alpiner KlettersteigSeekofel KS Lienzer Dolomiten/Osttirol Alpiner KlettersteigSiega KS Dachsteingebirge/ Steiermark Sport-KlettersteigSteinwand KS Ötztaler Alpen/ Tirol Sport-KlettersteigStuibenfall KS Ötztaler Alpen/ Tirol Sport-/Fun-Klettersteig17


I cFallbeispieleIm folgenden Kapitel wollen wir an ausgewählten Beispielen aufzeigen,welch seltsame Blüten beim Bau von neuen Klettersteigen aus österreichischenFelsen sprießen.GlödisFoto: R. Goedeke18


Glödis – Sündenfall im NationalparkBaujahr: 2006Region: OsttirolSchwierigkeit: B/CDer Glödis war von Natur aus ein Bergmit deutlich höheren Schwierigkeiten alsdie an<strong>der</strong>en Berge <strong>der</strong> Schobergruppe.Nicht nur nach <strong>der</strong> technischen Kletterschwierigkeit(die am Normalweg bis IIreicht), son<strong>der</strong>n auch nach <strong>der</strong> Ernsthaftigkeitals steiler Dreitausen<strong>der</strong>. Undweil er in <strong>der</strong> Kernzone des NationalparksHohe Tauern liegt, war eigentlichzu erwarten, dass das so bliebe. Nichtzuletzt, weil <strong>der</strong> Alpenverein auch inseinen Beschlüssen zu Klettersteigenim Interesse des Friedens zwischen denAnhängern <strong>der</strong> verschiedenen Spielformendes Bergsteigens klar festgelegt hat,dass Klettersteige nicht über bestehendeKletterrouten gelegt werden sollen.Am Glödis wurde gegen alle diese Regelnkrass verstoßen: Obwohl es in <strong>der</strong>Schobergruppe mit dem Petzeck, demHochschober, dem Hohen Prijakt undeiner ganzen Reihe an<strong>der</strong>er <strong>Gipfel</strong> auchfür Bergsteiger gemäßigter Leistungsfähigkeitmehr lohnende Ziele gibt, wurdedort in einem Handstreich eine Verbauung<strong>der</strong> eine hübschen Kletterroute desGrades III bietenden Südostgrates zueinem Klettersteig durchgeführt.Zweitens wurde <strong>der</strong> Klettersteig miteiner Unmenge von Drahtseil, Trittstiftenund Leitern so kleinschrittig gestaltet,dass <strong>der</strong> Aufstieg über den Grat nun dieSchwierigkeit A0 und lediglich einigeMeter Schwierigkeitsgrad I – also deneiner Feuerleiter – hat. Genau besehenerscheint das wie ein Versuch <strong>der</strong>Auftragsbeschaffung für die Bergwacht.Denn dieser Steig ist wegen seines Verlaufsüber den Grat extrem blitzgefährdet.Obendrein werden mit dieser SorteKlettersteig auch Leute in den Steiggelockt, die bei einem – durch Blitz o<strong>der</strong>Steinschlag je<strong>der</strong>zeit rasch möglichen –Schaden dort in <strong>der</strong> Hochregion blockiertsind und dann nicht aus eigener Kraftwie<strong>der</strong> herunter können.Drittens wurde mit diesem Steig denBergsteigern, die die Berge so als Herausfor<strong>der</strong>ungannehmen wollen, wie dieNatur sie geschaffen hat, sowohl dieseschöne, luftig und in gutem Gesteinverlaufende Route als auch die natürlicheSon<strong>der</strong>stellung des Berges weggenommen.Erstens wurde damit mitten in <strong>der</strong> Kernzoneeine Erschließungsmaßnahme mitgroßräumigen intensiven Eingriffen undmassenhaftem Einbringen von metallenenInstallationen vorgenommen.19


Bürgeralm Klettersteig – „Zusätzliche Seilsicherung obligatorisch“Baujahr: 2009Region: SteiermarkSchwierigkeit: FDer Klettersteig Bürgeralm ist ein Beispieldafür, wie mit einem extremen Schwierigkeitslevelum Aufmerksamkeit gekämpftwird: „Die sogenannte Arenavariante istvielleicht <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit schwerste Klettersteig“,sagte Führer-Autor Axel Jentzsch-Rabl in einem Beitrag des MagazinsALPIN. Eine Begehung im herkömmlichenStil (also nur mit dem Klettersteigsetgesichert) sei gefährlich, da man beieinem Sturz wahrscheinlich sehr hart indas Klettersteigset falle und eventuellzusätzlich an die Felswand schlägt, so<strong>der</strong> ausgewiesene Klettersteigexperte.Deshalb empfahl Jentzsch-Rabl, aufjeden Fall ein Sicherungsseil mitzuführenund nur Begehungen mit einem Kletterpartnerzu unternehmen. Zudem stellteer die Frage nach <strong>der</strong> Sinnhaftigkeit <strong>der</strong>schweren Steiganlage: „Die Initiatorenhaben einen Grenzfall geschaffen. Diekurze, extreme Arenavariante wird medialsicher ein großes Echo auslösen undviele auf die Bürgeralm locken.“Dabei ist <strong>der</strong> Rest <strong>der</strong> Route unspektakulär.„Ohne diese schwere Variante wäre<strong>der</strong> eigentliche Bürgeralm-Klettersteigeher uninteressant, da die Route meistim Wald verläuft und – im Vergleich mitan<strong>der</strong>en Klettersteigen – wenige lohnendePassagen hat“, betonte Jentzsch-Rablund warnte: „Wer im Fels nicht mindestensden siebten Schwierigkeitsgrad kletterto<strong>der</strong> sich auf E-Klettersteigen wirklichspielt, sollte die Finger davon lassen.“20


Stafflacher Klettersteig – „Infrarotzählwerk belegt Klettersteigboom“Baujahr: 2012Schwierigkeit: CRegion: Tuxer AlpenDer Stafflacher Klettersteig bei St. Jodok(Tuxer Alpen) wurde bereits in <strong>der</strong> erstenSaison seines Betehens von ca. 6000Klettersteiggehern besucht. Die BergrettungSt. Jodok hatte den Klettersteigerrichtet und dabei ein Infrarot-Zählwerkinstalliert, <strong>der</strong> die Begehungen dokumentiert.Im Durchschnitt kamen 55 Klettereram Tag. Am 9. September 2012 verursachteein Andrang von 460 BesuchernWartezeiten am Einstieg. Zudem wurdenauch Nachtbegehungen registriert, wasin Bezug auf die die mögliche Unfallgefahrnatürlich nicht unproblematisch ist.Stafflacher KlettersteigFoto: B. Ziegler21


Galitzenklamm – „Vier Steige … eine Klamm“Baujahr: bis 2012Schwierigkeit: bis FRegion: OsttirolSeit Sommer 2012 warten in <strong>der</strong> OsttirolerGalitzenklamm vier verschiedeneKlettersteige auf hormonausschüttungsaffineUrlauber. Zumindest legen das dieNamen <strong>der</strong> zwei neuesten Kreationen„Dopamin Klettersteig“ und „AdrenalinKlettersteig“ nahe. Der Letztgenanntewurde für einen einheimischen Bergsteigerallerdings zum tödlichen Verhängnis(siehe Seite 24).Elferturm – „Steigklammern statt Felstritte“Baujahr: 2000Schwierigkeit: DRegion: Stubaier AlpenHier <strong>der</strong> interessante Beitrag einesForenteilnehmers zum Thema „Berge inKetten“ auf www.gipfeltreffen.at:„Lei<strong>der</strong> stelle ich fest, dass das, was manheutzutage in Nordtirol Klettersteig nennt,mich gar nicht mehr anzieht. Weil manzum Teil fast NUR NOCH auf Eisen läuft.Das entspricht zwar dem Ausdruck ‚Viaferrata‘, hat aber mit Klettern – wie ich esmir vorstelle – nichts mehr zu tun.Da gibt es z.B. den Klettersteig Elferkofel(Stubai), bei dem Steigklammern direktüber schöne, bequeme Naturtritte gesetztwurden. Im direkt anschließendenKlettersteig Elfertürme gibt es noch nichteinmal mehr ein Sicherungsseil. Bei <strong>der</strong>Anzahl von Klammern hat man das fürunnötig befunden. Letztes Jahr erfuhr ichvom Hüttenwirt auf dem Padasterjochhaus,dass in <strong>der</strong> Südwestschlucht zurTorsäule ein neuer Klettersteig eingerichtetwerden soll. Die Route ist eineschöne 2-3, muss nur vom Bruchgeröllbefreit werden. Auf meine Bemerkung‚Hoffentlich ohne Klammern‘ bekam ichdie Antwort: ‚Ohne Klammern geht dasnicht, da bleiben die Leute ja reihenweisestecken, weil sie nicht klettern können,und kommen nicht mehr weiter.‘“22


Beson<strong>der</strong>s bedauernswert ist es, wenn klassische Anstiege zu großen 3000ern,wie bei <strong>der</strong> Hochalmspitze, durchgehend verdrahtet werden.Foto: M. Pröttel23


I dZunahme von Klettersteigunfällen in ÖsterreichRasante Seilrutschen, schwindelerregendeHängebrücken, superextremeSteilpassagen … beim Neubau vonKlettersteigen ziehen Funpark-Elementeimmer öfter in die Berge ein. Diesestellen zusätzlich zu den objektiven undsubjektiven alpinen Gefahren ein sehrgroßes Gefahrenpotenzial dar.Hier eine Liste an tragischen Unfällenaus den Österreichischen Alpen, die keinenAnspruch auf Vollständigkeit erhebt,aber dennoch aufzeigt, dass gerade inden letzten Jahren die Unfallhäufigkeitextrem zunimmt.Im Sommer 2000 stürzte ein 18-jährigerSchüler bei <strong>der</strong> Benutzung <strong>der</strong> Seilbahneines Klettersteigs am Kanzianiberg(Kärnten) 30 Meter in die Tiefe und verstarbnoch an <strong>der</strong> Unfallstelle.Im Sommer 2004 kam eine Frau am„Pioniersteig“ (Toblach/Südtirol) durchAbsturz ums Leben. Die 45-Jährigerutschte aus und stürzte annähernd 50Meter in die Tiefe.Im Sommer 2006 rutschte ein jungerMann am Postalmklamm-Klettersteig(Salzkammergut) aus und stürzte aus50 Metern Höhe in den Hochwasser führendenRußbach. Laut Bergrettung dürfte<strong>der</strong> Mann auf <strong>der</strong> Stelle tot gewesen sein.Seine Freundin war Zeugin des Unfalls.Im Sommer 2007 stürzte ein Bergsteigerauf dem Kaiserschild-Klettersteig in <strong>der</strong>Steiermark tödlich ab. Einer <strong>der</strong> Ästeseiner Klettersteigbremse hing, wegenfalscher Handhabung an <strong>der</strong> Gabelungausgerissen am Drahtseil. Der Restbefand sich am Gurt des Opfers.Im Herbst 2009 musste wegen einesUnfalls am Flying Fox des KönigsjodlerKlettersteigs (Hochkönig) <strong>der</strong> Bergrettungshubschrauberzu Hilfe gerufenwerden.Im Herbst 2010 spielte sich eine tödlicheTragödie am Klettersteig „Adrenalin“in <strong>der</strong> Galitzenklamm (Osttirol) ab. Ein43-jähriger Einheimischer stürzte beiseiner Begehung 50 Meter in den Tod.Wie es zum Unfall kommen konnte, wurdenicht restlos geklärt. Sowohl falscheSelbstsicherung als auch Schäden amSteig wurden damals nicht ausgeschlossen.Im Frühling 2011 unternahmen ein45-jähriger Bergsteiger aus Unterhartund ein 26-jähriger Bergsteiger ausWels eine Klettertour im Bereich <strong>der</strong>Alberfeldkogel-Nordwand (Höllengebirge).Auf einem neu errichteten Klettersteigrutschte <strong>der</strong> jüngere Bergsteigerab und riss in <strong>der</strong> Folge die mobilenSicherungsgeräte aus ihrer Verankerung.Er stürzte – sich mehrfachüberschlagend – etwa zehn Meter abund verletzte sich dabei unbestimmtenGrades. Der junge Mann wurde vomBergrettungsdienst geborgen und mitdem Rettungshubschrauber ins Krankenhausgeflogen.24


Im Herbst 2011 entdeckten zwei Klettererwährend ihres Zustiegs zu einerRoute an <strong>der</strong> Vor<strong>der</strong>en Karlspitze inEllmau einen Flying Fox. Einer von ihnenfixierte an seinem Hüftgurt eine Schlingeund klinkte seine Karabiner in das Stahlseil,um über ein Bachbett zu gleiten. AmEnde <strong>der</strong> Seilrutsche prallte er ungebremstan den Baum, an dem das Seilfixiert war. Der Aufprall war so hart, dasser sich einen Becken- und Oberschenkelbruchsowie eine Handwurzelknochenfrakturzuzog.Im Herbst 2011 stürzten zudem einMann am „Fünf-<strong>Gipfel</strong>-Klettersteig“ (Rofan)sowie ein Mann am „Sonnenspitze-Klettersteig“ (Mieminger Gruppe) in dieTiefe. Beide zogen sich tödliche Verletzungenzu.Unfalleinsatz LachenspitzeFoto: R. Paul25


Insgesamt nahmen im Jahr 2011 laut<strong>der</strong> Bergrettung Salzburg die Unfälle inKlettersteigen erheblich zu. Ein Problemsei den Experten zufolge die erheblicheZunahme an Klettersteigen und <strong>der</strong>enSchwierigkeitsgrade. Neue Klettersteigeseien häufig darauf ausgelegt, denTouristen einen beson<strong>der</strong>en Nervenkitzelzu bringen, sodass bewusst auf„Rastorte“ verzichtet werden würde. DerTrend, dass jede Gemeinde touristischdurch einen beson<strong>der</strong>s anspruchsvollenKlettersteig auffallen möchte, sieht dieBergrettung Salzburg mit Sorge.Die Saison 2012 verlief ebenfalls unfallträchtig:Im Juli gab es einen tödlichen Absturzauf dem „Köllenspitze Klettersteig” (AllgäuerAlpen).Im August verließen einem unerfahrenenKlettersteiggeher am Direttissima-Klettersteig (Ottenalm) die Kräfte un<strong>der</strong> stürzte drei Meter bis zur nächstenSeilverankerung. Am Ankerpunkt rissenbeide Schlauchbän<strong>der</strong> des verwendetenKlettersteigsets, woraufhin <strong>der</strong> jungeMann ca. 100 Meter über senkrechtesFelsgelände bis unterhalb des Einstiegesabstürzte und tödlich verunglückte. AlsKonsequenz rief die Herstellerfirma Edelridmehrere Klettersteigsets <strong>der</strong> letztendrei Produktionsjahre zurück.Ebenfalls im August überlebte einKlettersteiggeher einen Absturz am„Bergkameraden Klettersteig“ (GemeindeWalchsee) nur schwer verletzt sowie einweiterer einen Absturz am „Postalm-Klettersteig“(Flachau) schwerstverletzt.Im Herbst 2012 stürzte ein Bergsteigerim Rofan 200 Meter in den Tod. Der70-Jährige war alleine und ungesichertam Klettersteig Haidachstellwand unterwegsgewesen. Nachdem er den <strong>Gipfel</strong>erreicht hatte, wollte er wie<strong>der</strong> über denmittelschweren Klettersteig abklettern.Vermutlich im Bereich einer Seilbrückedürfte er den Halt verloren haben. Daraufstürzte er rund 200 Meter über eine Steilrinnetödlich ab.Ebenfalls im Herbst 2012 starb eine Frauauf dem schwierigen Königsjodler-Klettersteig(Hochkönig) an Erschöpfung.Dieser tragischen Unfallentwicklung entsprechendwarnte das Tiroler Kuratoriumfür alpine Sicherheit in seiner Sommerbilanz2012 vor zu viel Leichtsinn:Insgesamt war die Bergrettung auf 90Klettersteigeinsätzen tätig. Die Klettererhatten sich überschätzt und waren zu vielRisiko eingegangen, so Peter Vei<strong>der</strong> von<strong>der</strong> Bergrettung: „Und wenn wir die Leutedann darauf aufmerksam machen, dannkriegen wir höchstens noch eine blödeRückmeldung. Das Motto lautet, wennwas passiert, ruf den Hubschrauber. Nurwenn etwa das Wetter nicht mitspielt,dann kann das leicht ein fataler Unfallwerden.“26


I eFazitNicht nur „Bergpuristen“, son<strong>der</strong>n auchBergrettungs-Einsatzkräfte und Fachleuchtekritisieren die in Zusammenhangmit neuen Tourismuskonzepten stehendeEntwicklung und weisen darauf hin, dassdie Natur sei nicht nur „schön und trendig“son<strong>der</strong>n auch gefährlich sei.So kann man über den Slogan „Klettersteigeim Montafon – Die Königsdisziplinbeim Klettern!“ <strong>der</strong> Montafon TourismusGmbH eigentlich nur den Kopf schütteln.Wenn es diesbezüglich eine Königsdisziplingibt, dann ist diese das genaueGegenteil des Klettersteiggehens.Nämlich das alpine Klettern mit mobilenSicherungsmitteln… welches übrigens von mountainwil<strong>der</strong>ness schweiz mit <strong>der</strong> Kampagnekeepwild! climbs seit Jahren erfolgreichgeför<strong>der</strong>t wird (www.keepwildclimbs.ch).Fazit: Gerade in Österreich wäre einzeitnahes Moratorium zum Klettersteigneubauwirklich angebracht.27


Exkurs: Rechtliche GrundlagenIn Österreich und Deutschland bedarfdie Errichtung eines Klettersteiges i.d.R.<strong>der</strong> schriftlichen Zustimmung des Grundeigentümers.Für Deutschland gilt: Klettersteige sindan sich bauliche Anlagen, die dem Bauordnungsrechtunterstehen. Das Bauordnungsrechtist Landesrecht, das in deneinzelnen Bundeslän<strong>der</strong>n unterschiedlichist. Es empfiehlt sich daher, die Frage <strong>der</strong>Baugenehmigung vorab mit <strong>der</strong> jeweilszuständigen Bauaufsichtsbehörde zu klären.Die naturschutzrechtlichen Vorgabenim jeweiligen Gebiet müssen berücksichtigtwerden. Dabei sind regionale, nationaleund internationale Bestimmungen zubeachten.In Österreich ist, je nach Bundesland,eine „naturschutzrechtliche Bewilligung“erfor<strong>der</strong>lich. Als Behörden sind dieBezirkshauptmannschaften bzw. dieMagistratsabteilungen (Umweltreferate)zuständig. In Deutschland sind die jeweiligenKreisverwaltungsbehörden (Landratsämter)erste Ansprechpartner.Der Erschließer bzw. Träger übernimmtdurch die Anlage eines KlettersteigesAbsicherungspflichten und muss dieordnungsgemäße Errichtung und regelmäßigeInstandhaltung sicherstellen.Zivilrechtlich gehaftet wird für ein Verhalten,das ursächlich für das unerwünschteErgebnis (Schaden) sowie rechtswidrigund schuldhaft ist.Mindestens einmal jährlich (in <strong>der</strong> Regelbei Saisonbeginn nach <strong>der</strong> Frost- undTauperiode) und bei Hinweisen aufSchäden sind protokollierte Begehungen(Kontrollen) durch fachkundige Personendurchzuführen. Wenn sicherungstechnischeMängel festgestellt werden, ist <strong>der</strong>Klettersteig sofort durch den Halter zusperren.Auch in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> handelt es sich beiKlettersteigen um bewilligungspflichtigeAnlagen. Die Bewilligung von Bauten außerhalbvon Bauzonen (was bei Klettersteigendie Regel darstellt) ist grundsätzlicheine Aufgabe des Bundes, welcherdiese jedoch an die Kantone delegierthat. Baubewilligungen für Klettersteigeaußerhalb von Bauzonen müssen folglichimmer von einer kantonalen Behördeerteilt werden.Das Baugesuch wird bei <strong>der</strong> jeweiligenGemeinde eingereicht, welche eineEmpfehlung macht und das Gesuch anden Kanton weiterleitet. Die zuständigeBehörde prüft das Gesuch und entscheidet,gegebenenfalls nach Absprachemit an<strong>der</strong>en Fachstellen (z.B. Amt fürUmwelt).Besteht ein Baugesuch für einen Klettersteiginnerhalb des Bundesinventares fürLandschaften und Naturdenkmäler vonnationaler Bedeutung (BLN-Gebiet) undbestehen erhebliche Beeinträchtigungen28


o<strong>der</strong> stellen sich grundsätzliche Fragen,so ist die Eidgenössische Natur- undHeimatschutzkommission ENHK fürein Gutachten anzufragen. Die ENHKwurde in verschiedenen Fällen schon fürGutachten bezüglich Klettersteige beigezogenund hat die Erstellung <strong>der</strong>selbenauch schon abgelehnt.Momentan sind Klettersteige nicht Teil<strong>der</strong> Umweltverträglichkeitsprüfungs-(UVP-)Verordnung, somit ist nicht zwingendeine UVP zu erstellen. Die Anlagetypen,welche in <strong>der</strong> UVP-Verordnungaufgeführt sind und für die eine UVPzu erstellen ist (z.B. beschneite Skianlagen),sind in Bezug auf Größe undBenutzungszahlen mit einem Klettersteigschwer zu vergleichen. Eine Aufnahmevon Klettersteigen in die UVP-Verordnungwäre allerdings ein großer Schrittin Richtung naturverträglicher Bergsport,welchen mountain wil<strong>der</strong>ness schweizsehr begrüßen würde!29


TEIL II – SCHWEIZII aAusgangslageDas Klettersteig-Virus hat die <strong>Schweiz</strong> inden 1990er-Jahren erfasst und seitdemfest im Griff. Der erste mo<strong>der</strong>ne Klettersteigin <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> wurde 1993 mit demTälli-Klettersteig im Grimselgebiet imKanton Bern eröffnet. Weitere folgten wenigeJahre später mit dem SchwarzhornKlettersteig bei Grindelwald (1995), demTitlis Klettersteig bei Engelberg (1997),<strong>der</strong> Via Ferrata Diavolo in <strong>der</strong> Schöllenenschluchtbei An<strong>der</strong>matt (1997), demBaltschie<strong>der</strong> Klettersteig im Wallis (1998)und dem Daubenhorn Klettersteig beiLeukerbad (1998). Dieser Trend setztesich auch im neuen Jahrhun<strong>der</strong>t ungebrochenfort (siehe folgende Abbildung),sodass mountain wil<strong>der</strong>ness schweizsorgenvoll auf die zukünftige Entwicklungdes Klettersteigbauens blickt.In vielen Fällen wurden Klettersteig-Vereine bestehend aus Seilbahnbetreibern,Hotels, Restaurants, Hütten undBergsportanbietern gegründet, um für dieneuen Klettersteige eine Finanzierungzu sichern. Das Wettrüsten ist nach wievor im Gange und die neuen Publikumsmagnetenwerden mit Hängebrücken,Tyroliennes, Flying Foxes und luftigenLeitern ausgestattet, um in <strong>der</strong> Masseaufzufallen.Heute bestehen rund 75 „echte“ Klettersteigein <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>, wobei die Quantifizierungstark von <strong>der</strong> Zählweise abhängt.In <strong>der</strong> Datenbank von www.klettersteig.dewerden <strong>der</strong>zeit 165 Klettersteige für die<strong>Schweiz</strong> gelistet, womit die <strong>Schweiz</strong>das Schlusslicht aller großen Alpenlän<strong>der</strong>bzgl. <strong>der</strong> Anzahl von Klettersteigendarstellt. Diese Zahl beinhaltet allerdingsunzählige, auch nur teilweise gesicherteSteige, Wege und alpine Routen, bei welchen<strong>der</strong> Übergang zu einem Klettersteigfließend ist. Für die vorliegende Dokumentationwurden aber explizit nur dieKlettersteige aufgenommen, bei welcheneine Sicherung mit einem Klettersteigsetangezeigt ist und dazu auch ein Drahtseilvorgesehen ist.mountain wil<strong>der</strong>ness schweiz hat schonzur Jahrtausendwende begonnen, dasThema Klettersteige in <strong>der</strong> Öffentlichkeitzu diskutieren. Unter dem Motto „Klettersteige– neue Pfade o<strong>der</strong> Holzwege“wurde eine Podiumsveranstaltung mitallen betroffenen Organisationen imJanuar 2000 in Göschenen durchgeführt.Vertreter <strong>der</strong> schweizerischen Bergführer,Bergsteigerschulen und Tourismusorganisationenbetonten die wirtschaftlicheBedeutung <strong>der</strong> Klettersteige fürihren Berufsstand. Als Schlecht-WetterAlternative, Ausbildungsgelände o<strong>der</strong>einfach nur Trendsport-Spielplatz seienKlettersteige eine willkommene Bereicherungim Bergsport. mountain wil<strong>der</strong>nessschweiz steht <strong>der</strong> ganzen Entwicklung30


Klettersteige <strong>Schweiz</strong>Quelle: MW <strong>Schweiz</strong>sowohl damals als auch heute deutlichkritischer Gegenüber und for<strong>der</strong>t einKlettersteigmoratorium in naturnahen,schützenswerten Berglandschaften undeine generelle Umweltverträglichkeitsprüfung(UVP) für den Neu- und Ausbau vonKlettersteigen.Auch <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>er Alpen-Club (SAC)beschäftigt sich mit dem Thema Klettersteige:„Der SAC steht klettersportlichenErschließungs- und Sanierungsvorhaben,insbeson<strong>der</strong>e solchen mit breitensportlicherZielsetzung, grundsätzlich positivgegenüber.“ So lautet <strong>der</strong> einleitendeSatz <strong>der</strong> Position des SAC Zentralverbandes.Zum Einrichten von Klettersteigengilt <strong>der</strong> Grundsatz „Ja, aber mitZurückhaltung“. Der SAC bezeichnetKlettersteige eindeutig als Teil des bergsportlichenAngebotes, jedoch beteiligter sich nur auf Sektions-Ebene an <strong>der</strong>Erstellung von Klettersteigen. Der Zentralverbandwünscht sich eine zurückhaltendeErschließungspraxis gemäß seinengeltenden Umweltrichtlinien.Im Jahr 2005 wurde auf Initiative desSAC beim nationalen Klettersteig-Forumin Engelberg mit Vertretern aus Tourismus,Bergsport, Naturschutz sowieGemeinde- und Kantonsvertretern eineKlettersteig-Charta erarbeitet. Sie wurdenach einer Vernehmlassung 2007 veröffentlichtund wird von diversen Natur-,Berg- und Tourismusorganisationen sowiedem Bundesamt für Umwelt (BAFU)getragen. mountain wil<strong>der</strong>ness schweizbegrüßte die Erstellung <strong>der</strong> Chartaund <strong>der</strong>en Stoßrichtung grundsätzlich,unterzeichnete die Charta jedoch nicht,insbeson<strong>der</strong>e weil die darin genannteObergrenze von 100 Klettersteigen als zuhoch betrachtet wurde.31


II bCharta von EngelbergIn <strong>der</strong> Charta heißt es wörtlich im AllgemeinenTeil:„Es braucht ein Nebeneinan<strong>der</strong> von technischerschlossenen und nicht erschlossenenGebieten und Geländekammern inden Alpen. Klettersteige stellen einerseitseine wertvolle Ergänzung im touristischenAngebot des Berggebiets und unter denbergsportlichen Aktivitäten dar, an<strong>der</strong>erseitssind sie Eingriffe in die Natur undLandschaft. Die Errichtung von neuenKlettersteigen soll sich deshalb innerhalbvon gewissen Grenzen bewegen.Heute gibt es ungefähr 40 mo<strong>der</strong>neKlettersteige in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> (Stand2005). Um eine nachhaltige Entwicklunggewährleisten zu können, wird eine maximaleAnzahl von rund 100 Klettersteigenals sinnvoll erachtet.“Hinsichtlich <strong>der</strong> Planung neuer Klettersteigewurde festgelegt:„1. Klettersteige sollen ausschließlich inGebieten angelegt werden, die bereitsüber touristische Infrastrukturenverfügen.2. Im unerschlossenen Hochgebirge sollenkeine neuen Klettersteige erstelltwerden.3. Regionale Konzepte (Richtpläne, NutzundSchutzkonzepte, Tourismuskonzepte,etc.) sind auch für Klettersteigegültig.4. Bei <strong>der</strong> Planung eines neuen Klettersteigessind die in <strong>der</strong> Regionbetroffenen und interessierten Kreise,insbeson<strong>der</strong>e auch des Natur- undLandschaftsschutzes, frühzeitig einzubeziehen.5. Zu- und Abstieg sind Bestandteildes Klettersteiges und müssen indie Planung einbezogen werden(Benutzerlenkung und -information).Klettersteige sollten mit öffentlichenVerkehrsmitteln erreichbar sein.“In Bezug auf Ausrüstung und Technikeinigten sich die Beteiligten folgen<strong>der</strong>maßen:„6. Die Routen werden so angelegt,dass keine negativen Einwirkungenauf geschützte Pflanzenbestände,Einstände und Wechsel von Wildsäugernsowie Horst- und Nisträumevon Vögeln durch den Bau und denBetrieb entstehen.7. Größere Bauwerke wie z.B. Tyroliennes,Hängebrücken und Kletternetzesollen die Ausnahme bleiben. Esdarf kein Hochschaukeln hin zu immeraufwendigeren Installationen stattfinden.8. Kontrolle und Wartung für die langfristigeSicherheit <strong>der</strong> Anlage müssengewährleistet sein.9. Nicht mehr gebrauchte Anlagenmüssen rückgebaut werden. Bereitsbei <strong>der</strong> Planung müssen Verantwortlichkeitenfür den Rückbau festgelegtwerden.10. Information und Sensibilisierung zuSicherheit, Natur und Ökologie gehörenzu den Aufgaben des Klettersteigbetreibers.“32


Unterzeichnet wurde die Klettersteig Charta von folgendenVerbänden und Vereinen:• Bundesamt für Umwelt BAFU• Konferenz <strong>der</strong> kantonalen Beauftragten für Natur- und Landschaftsschutz KBNL• Naturfreunde <strong>Schweiz</strong>• <strong>Schweiz</strong>er Vogelwarte Sempach• Rheinaubund• <strong>Schweiz</strong>er Bergführerverband SBV• <strong>Schweiz</strong>er Alpen-Club SAC• <strong>Schweiz</strong>er Tourismus Verband• <strong>Schweiz</strong> Tourismus• Swiss Olympic Association• IG Klettersteig Baltschie<strong>der</strong>tal• Luftseilbahnen Fiesch-Eggishorn33


II cZunahme von Klettersteigunfällen in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>Die Anzahl von Klettersteigen steigt in<strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> seit 15 Jahren mit durchschnittlichdrei bis vier neuen Klettersteigenpro Jahr stetig an. Eine leichteAbnahme von Neueinrichtungen kannerst seit dem Jahre 2012 beobachtetwerden (Auskunft E. Hüsler). Österreichweist im Vergleich eine deutlich höhereAnzahl von Klettersteigen auf und kanndiesbezüglich auch auf eine längere Traditionzurückblicken. Da Österreich unddie <strong>Schweiz</strong> grundsätzlich über ähnlichetopografische Ausgangsbedingungen undeine ähnliche Bergsporttradition verfügen,kann die Entwicklung in Österreichmöglicherweise Aufschluss darübergeben, welche zukünftigen Entwicklungenin <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> zu erwarten sind. InÖsterreich lässt sich eine Tendenz hinzu sehr anspruchsvollen Klettersteigenerkennen, welche in Talnähe angelegtsind. Der sportliche Aspekt scheint somitgegenüber dem Bergerlebnis in denVor<strong>der</strong>grund zu treten.2011KS Via Farinetta Wallis Saillon Sport-KlettersteigErlebnis-KS Gemmi Wallis Leukerbad Fun-KlettersteigKS Bergsee (Krokodil) Uri Göschenen Sport-KlettersteigFruttlisteig Obwalden Melchsee-Frutt Sport-KlettersteigKS Piz Trovat II Graubünden Pontresina Alpiner Klettersteig2010KS Obere Bielenlücke Uri Realp Alpiner KlettersteigÜbungs-KS Braunwald Glarus Braunwald Sport-Klettersteig2009KS La Resgia Graubünden Pontresina Sport-KlettersteigÄußerer Fisistock Bern Kan<strong>der</strong>steg Alpiner Klettersteig2008KS Gabi Simplon Wallis Simplon-Dorf Sport-KlettersteigKS Eggishorn Wallis Fiesch Sport-KlettersteigVia ferrata Rochers de Naye Waadt Veytaux Sport-KlettersteigHexenstein am Pfaffen Uri Silenen Sport-KlettersteigFelspfad Alpbachschlucht Bern Meiringen Sport-KlettersteigChäligang KS Bern Adelboden Sport-KlettersteigKS Mürren Bern Lauterbrunnen Sport-Klettersteig34


II dFallbeispieleErlebnisklettersteig Gemmi – „Klettersteigzirkus in Seilbahnnähe“Baujahr: 2011Schwierigkeit: K4+Region/Ort: Berner Alpen/Wallis, LeukerbadAusgangspunkt: mit <strong>der</strong> Seilbahn hinauf auf die GemmiHöhe: 2346 mSlackline Park, Seilbrücke, Gustis Corner,Trapez, Stairway to heaven, Spi<strong>der</strong>man,uuups, lean out, easy bridge – sopräsentiert sich <strong>der</strong> ErlebnisklettersteigGemmi im Internet. Hierbei handelt essich um einen spektakulären Sport-Klettersteig nach französischem Vorbildmit Seilbrücken, einer Drehleiter, einemDrahtseilnetz und vielen beweglichenEisen- und Holzteilen. Den ambitioniertenKlettersteigling erwartet weniger das Bergerlebnisals vielmehr ein konsumfreundlicherund „erlebnissicherer“ Abenteuerklettersteig.Der Zustieg ist komfortabel:Einfach mit <strong>der</strong> Luftseilbahn hinauffahren,Rucksack deponieren, in den Steig rein,und nach 330 Meter kräfteraubendemund ausgesetztem Abenteuer wie<strong>der</strong>raus und ins Bergrestaurant einkehren.Seit dem Jahr 2011 freuen sich dieSeilbahn, das Bergrestaurant und Bergsportschulenüber dieses willkommeneZusatzeinkommen – den selbstständigen,naturverbundenen Berggänger mutetdiese Zirkusveranstaltung allerdings sehrbefremdlich an.AussichtsplattformGemmiFoto:S. Kreuzer35


Klettersteig La Resgia – „Abenteuerpark im Brutgebiet“Baujahr: 2009Schwierigkeit: K3-4, Schlüsselstelle 4+Region/Ort: Engadin/PontresinaAusgangspunkt: Resgia (1827 m), Languard WasserfallHöhe: 1827 - 2190 mLa Resgia KlettersteigFoto: L. Osborne36


Zitat in <strong>der</strong> Eröffnungsschrift KlettersteigResgia: „Dank diverser Sponsorenkonnte <strong>der</strong> Klettersteig wie ein Abenteuerparkaufgebaut werden. (...) 382 Tritte,119 Stangen, 620 Meter Sicherungsseil,ein Spinnennetz, ein Dreiseilsteg undeine leicht überhängende Leiter sind zuüberwinden (...).“ Am Ortsausgang vonPontresina errichteten lokale Bergführerim Jahre 2009 in minuziöser Arbeit aufschwindelerregen<strong>der</strong> Höhe den neuenKlettersteig La Resgia. Ganz ohneStolpersteine konnte dieser Klettersteigallerdings nicht gebaut werden – <strong>der</strong>erste Bauantrag aus dem Jahre 2004wurde durch Einsprachen von Pro NaturaGraubünden und dem <strong>Schweiz</strong>er Vogelschutzzurückgewiesen. Geplant wareine Querung des Wasserfalles Languardauf seine Südseite in ein eidgenössischesJagdbanngebiet mit ganzjährigerSchutzzeit. Mit einer geän<strong>der</strong>tenRoutenführung und einer zeitlichenBeschränkung zugunsten brüten<strong>der</strong>Vögel (offen vom 1. Juli bis 31. Okt.) imzweiten Bauantrag wurde dieser dannim Jahre 2008 genehmigt. Soweit so gut– zur Zeit bemühen sich allerdings dieBetreiber um erweiterte Öffnungszeiten,die Verhandlungen sind noch im Gangeund wir bleiben gespannt!37


Panorama-Klettersteig Jägihorn – „Ein Berg wehrt sich“Baujahr: 2000Schwierigkeit: K3-4Region/Ort: Oberwallis, Saastal, Saas GrundAusgangspunkt: Mittelstation Kreuzboden (2397 m)Höhe: ca. 2800 - 3206 mEin hochalpiner Klettersteig mit fünfLeitern, 400 Haken, fast einem KilometerDrahtseil, einer 40 Meter langen Dreiseilbrückeund einem massiven Stahlnetzaus dem Jahre 2000 – da fallen diekünstlichen Trittsteine im letzten Abschnittdes Klettersteiges gar nicht mehrins Gewicht. Panorama um jeden Preis?Seilbahnen, Hotels, Restaurants undBergsportschulen haben hier ganzeArbeit geleistet, die unverbaute Bergnaturbietet anscheinend nicht mehr genug.Aber <strong>der</strong> Berg wehrt sich doch: Im Juni2012 wurde die Seilbrücke durch einenFelssturz komplett zerstört, <strong>der</strong> Aufbauist im Gange und eine Wie<strong>der</strong>eröffnungim Sommer 2013 geplant. Wir sind gespannt,wann <strong>der</strong> Berg das nächste Malmit Steinen spuckt und so für Ruhe sorgt.Klettersteig JägihornFoto: bergfex.at38


Klettersteig Kan<strong>der</strong>steg-Allmenalp – „Unfallträchtiges Nachtspektakel“Baujahr: 2005Schwierigkeit: K4Region/Ort: Berner Oberland, Kan<strong>der</strong>stegAusgangspunkt: Kan<strong>der</strong>steg, AllmibachHöhe: 1176 - 1723 mIm Jahre 2005 wurde dieser Klettersteigunweit des Nordportals des Lötschbergtunnelseröffnet und ist mittlerweile mitrund 7000 Begehungen pro Jahr einer<strong>der</strong> am stärksten frequentierten Klettersteige<strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>. Herzklopfen undAdrenalin garantieren Seilbrücken, Tyroliennesund eine spektakuläre Drehleiter– und wer möchte, kann dieses sogar beiNacht erleben. Seit 2009 wird alle zweiJahre eine Nachtklettersteig-Aktion angeboten– die Bergnatur und das nächtlicheRuhebedürfnis von Wildtieren habenhierbei ganz klar den Kürzeren gezogen:Adrenalin, Extravaganz und Konsum gehenvor – so ist natürlich <strong>der</strong> Klettersteignur geöffnet, wenn auch die Seilbahngeöffnet ist (Runterlaufen verboten?).Alternativ dazu wird auch ein Tandem-Gleitschirmflug hinab ins Tal angeboten.Lei<strong>der</strong> hat sich dieser Klettersteig auchzu einem <strong>der</strong> unfallträchtigsten in <strong>der</strong> gesamten<strong>Schweiz</strong> entwickelt – in Sachen„Kollisionen“ hat er sogar die Nase ganzvorne (Quelle: Klettersteig-Unfälle, SAC-Daten).39


Klettersteig Mürren – „Inhomogener Base-Jump Zugang“Baujahr: 2008Schwierigkeit: K3Region/Ort: Berner Oberland, LauterbrunnentalAusgangspunkt: Mürren (1638 m)Höhe: ca. 1625 - 1363 m„Ein Klettersteig von Dorf zu Dorf miteiner Länge von 2,2 Kilometern, einerHöhendifferenz von nur 300 Metern, mit450 sicher geklebten Verankerungenim Fels und 50 schonend angebrachtenBaumverankerungen, mit 450 Trittbügeln,mit 50 Meter Leitern in einer leicht brüchigenFelswand, mit einer Tyrolienneo<strong>der</strong> einer Seilbrücke über dem Mürrenbachund mit einer 80 Meter langenNepalbrücke über dem eindrücklichenGehrenlammgraben.“ Dies ist ein Zitataus <strong>der</strong> Jungfrauzeitung (16.06.2008),welches leichte Zweifel an <strong>der</strong> Qualitätdes Klettersteiges aufkommen lässt.Wer dann noch die Beschreibung von E.Hüsler (Klettersteige <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>, 2012)liest – „Ziemlich inhomogen mit (zu) vielerdigen, ja rutschigen Passagen undplötzlich ziemlich schwierigen Schlüsselstellenwie dem wirklich luftigen Querganghoch über dem Lauterbrunnentalund vor allem <strong>der</strong> Gang über die sehrwacklige Hängebrücke ganz am Ende.“– fragt sich schon, ob die Baubewilligungdieses Klettersteiges mit gutem Gewissenerteilt wurde. Einfach war es nicht fürdie IG Klettersteig Mürren-Gimmelwald,gab es doch mehrere und wie<strong>der</strong>holteEinsprachen gegen dieses Projekt vonPro Natura und dem Jagdverein: Fürdas Wild mussten Ersatzmaßnahmengefunden werden und die geplanten,riesigen Werbebanner an <strong>der</strong> Nepalbrückebezeichnete Pro Natura als einen„Missbrauch <strong>der</strong> Landschaft“, welcheletztendlich nicht realisiert werden durften.Gebaut wurde er dann (lei<strong>der</strong>) doch,mit 240.000 CHF. Die größten Geldgeberwaren <strong>der</strong> Kanton mit Sporttoto-Gel<strong>der</strong>n,die Gemeinde und <strong>der</strong> BergführervereinLauterbrunnen. Kurioserweise wurdenmit diesem Klettersteig auch mehrereBase-Jump Exits zugänglich gemacht –das Begehen des Klettersteiges ist ausWildschutzgründen nur von Mitte Juni bisEnde Oktober gestattet, Base-Jumpenist ganztags erlaubt von November bisFebruar. Ganz logisch erscheint uns dasnicht, aber Pro Natura Berner Oberlandund wir bleiben dran!40


Hängebrücke MürrenFoto: MW <strong>Schweiz</strong>Gantrisch Klettersteig – „Mehr Funpark als Naturpark“Baujahr: 2007Schwierigkeit: K4Region/Ort: Berner Voralpen, GantrischAusgangspunkt: Wasserscheide (1604 m)Höhe: ca. 1840 - 2175 mDer Naturpark Gantrisch bietet viel Abwechslung– vom Helifliegen über Quadfahrenkann man seit 2007 auch einenKlettersteig begehen. Endlose Bügelreihen„schmücken“ das Küre-Wändli undAluleitern sollen einen besseren Tritt aufden Wiesenhängen bieten. DurchlöcherterFels und zerstörte Wiesenhänge sinddie Folge – fragen kann man die Natur jalei<strong>der</strong> nicht. Nur, was das alles in einemNaturpark soll und warum es nicht reicht,die wun<strong>der</strong>schönen Gegend zu erwan<strong>der</strong>n,erklärt sich uns lei<strong>der</strong> nicht.41


Großer Mythen – „Information statt Konfrontation“Baujahr: nicht gebautSchwierigkeit: unkletterbarRegion/Ort: Zentralschweiz, SchwyzDie IG Klettersteig Mythen plante imJahr 2003 einen 1110 Meter langenKlettersteig in <strong>der</strong> Mythenwand im KantonSchwyz. Es war ein großer Traumdieses Vereins, welcher sich allerdingsnach diversen Einsprachen bald in Luftaufgelöst hatte. WWF und Pro NaturaSchwyz wollten das Projekt stoppen, dieSAC-Sektion Mythen schlug Än<strong>der</strong>ungendes Routenverlaufs und eine alternativeAusstiegsvariante vor und private Einsprechermeldeten Sicherheits- und Umweltbedenkenan. mountain wil<strong>der</strong>nessschweiz sammelte sämtliche Informationenund organisierte einen Diskussions-Brunch („Information statt Konfrontation“)auf dem Mythengipfel. Alles zusammenzeigte Wirkung – die Initianten zogen ihrBaugesuch wie<strong>der</strong> zurück und <strong>der</strong> GroßeMythen ist bis heute unverkabelt. Wirhoffen, dass das so bleibt!42


Großer MythenFoto: Felix Nipkow43


II eKlettersteigunfälle in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>„Klettersteige sind keine Wan<strong>der</strong>wege“,so titelt die NZZ am 20.11.2008 in einemArtikel von Caroline Fink. „Die Attraktivität<strong>der</strong> vertikalen Eisenwege ist augenfällig:Sie bieten Laien mit minimalen alpinenKenntnissen ein Bergerlebnis. Trotzden guten Sicherungsmöglichkeitenam durchgehenden Drahtseil sind dieeisernen Wege aber nicht frei von alpinenRisiken. (...) So spüren die steigendePopularität dieses Bergsports nicht nurdie Tourismusregionen, son<strong>der</strong>n auch dieBergrettungsorganisationen. ‚Seit einigenJahren müssen vermehrt Klettersteigbegehergerettet werden‘, sagt <strong>der</strong> Bergführerund Unfallstatistiker Ueli Mosimann.“Die Unfalldaten des SAC wurden unsfreundlicherweise zur Verfügung gestelltund wie schon länger bekannt, bestätigtsich auch hier wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> überdurchschnittlichhohe Prozentsatz von Rettungseinsätzenan Klettersteigen wegensogenannter Blockierungen – was nichtsan<strong>der</strong>es heißt, als dass sich die Spezies„Klettersteigling“ allzu oft überfor<strong>der</strong>t,den alpinen Ansprüchen des Klettersteigbegehensoft nicht gewachsen istund letztendlich wegen Erschöpfungo.Ä. gerettet werden muss. Ein neueresPhänomen, welches sich wahrscheinlichdurch die immer größer werdende Anzahlan Nutzern nun zusätzlich offenbart,sind Mängel o<strong>der</strong> unzureichend getesteteKlettersteigsets – seit 2012 jagt einRückruf den nächsten, gerade kürzlichist wie<strong>der</strong> einer veröffentlicht worden.Peter Plattner bemerkt in seinem Artikel„Das K-Thema“ (Berg und Steigen 03/12)treffend: „Dass einige Normen, aberbeson<strong>der</strong>s jene für Klettersteigsets unterjedem Hund sind und die Anfor<strong>der</strong>ungenin <strong>der</strong> Praxis nicht abbilden, ist bekanntund nun traurigerweise bewiesen.“Die unfallträchtigsten Klettersteige <strong>der</strong><strong>Schweiz</strong> sind die alpinen Klettersteige amDaubenhorn (Leukerbad), am Eggstock(Braunwald) und am Tällistock (Gadmen)sowie die Sportklettersteige Moléson(Moléson sur Gruyères) und Allmenalp(Kan<strong>der</strong>steg) – siehe Grafik Seite 48.Sogenannte Blockierungen haben immerdie Nase vorn, auffallend sind aber dieKategorien Sturz/Absturz und Kollisionenbei den beiden Sport-KlettersteigenMoléson und Allmenalp. Beson<strong>der</strong>stragisch wird es dann, wenn Menschensehr schwer verletzt werden o<strong>der</strong> sogarzu Tode kommen.44


Hier einige Beispiele von tragischenUnfällen, welche die Gefahr in Sport- undFun-Klettersteigen deutlich aufzeigt.Im Juli und im August 2005 verunglücktenzwei Personen am KlettersteigEggstock (Braunwald) tödlich. Tragischerweisehandelte es sich bei einem<strong>der</strong> Unglücksopfer um einen 13-jährigenKnaben eines Jugendlagers.Im April 2006 gab es in <strong>der</strong> WalliserBietschi-Schlucht zwei schwere Unfällemit einer Tyrolienne. In beiden Fällenprallten die Personen an die gegenüberliegendenFelswand und zogen sichschwerste Verletzungen zu.ungebremst in die gegenüberliegendeFelswand. Die junge Frau verstarbnoch auf <strong>der</strong> Unfallstelle.Im August 2010 sauste eine junge Britinim Klettersteig Gorge Alpine (Saas-Fee)eine Tyrolienne ungesichert hinunter.Die Frau rutschte daher ungebremst mithoher Geschwindigkeit auf die gegenüberliegendeFelswand und verstarb.Im selben Jahr verletzte sich ein Mannbei <strong>der</strong> Benützung <strong>der</strong> Tyrolienne imTurtmanntal. Er fuhr ungebremst am Seilin den gegenüberliegenden Fels und verletztesich am Hinterkopf und am Gesäß/Steißbein/Rücken.Im Juli und im August 2007 prallteje ein Klettersteigling am KlettersteigAllmenalp ungebremst an die gegenüberliegendeFelswand. Beide musstenschwer verletzt gerettet werden. Weitereschwerwiegende Unfälle ereigneten sichim Sommer 2007 an einer Tyrolienne amEggishorn sowie am Klettersteig durchdie Feeschlucht.Im September 2009 prallte ein Mannam Klettersteig Eggishorn bei <strong>der</strong>Benutzung <strong>der</strong> Tyrolienne ungebremstauf eine Felsplatte und wurde schwerverletzt. Nur einen Monat später, imOktober 2009, verunglückte eine27-jährige Frau im selben Klettersteigtödlich. Bei <strong>der</strong> Benutzung <strong>der</strong> Tyroliennewurde die Frau von <strong>der</strong> erreichtenGeschwindigkeit überrascht und prallte45


II fAuswertung <strong>der</strong> Klettersteig-Charta und FazitIn <strong>der</strong> Klettersteig-Charta von 2007 wurden10 Grundsätze für Klettersteige festgelegt.Im Folgenden soll eine qualitativeBewertung durchgeführt werden, inwieferndiese Grundsätze bei <strong>der</strong> Erstellung neuerKlettersteige berücksichtigt wurden.Nr. Grundsatz Bewertung1. Klettersteige sollen ausschließlichin Gebieten angelegtwerden, die bereits übertouristische Infrastrukturenverfügen.2. Im unerschlossenen Hochgebirgesollen keine neuenKlettersteige erstellt werden.3. Regionale Konzepte (Richtpläne,Nutz- und Schutzkonzepte,Tourismuskonzepte,etc.) sind auch für Klettersteigegültig.4. Bei <strong>der</strong> Planung eines neuenKlettersteiges sind die in<strong>der</strong> Region betroffenen undinteressierten Kreise, insbeson<strong>der</strong>eauch des Natur- undLandschaftsschutzes, frühzeitigeinzubeziehen.Von den seit 2008 eröffneten Klettersteigen liegenalle in <strong>der</strong> Nähe von bestehenden touristischenInfrastrukturen. Das Interesse, Klettersteigein abgelegenen Gebieten zu errichten, scheintgering, da das Anziehen von Gästen (bspw.durch Bergbahnen, Bergrestaurants, Tourismusorte),bei <strong>der</strong> Errichtung eines Klettersteigs einenwichtigen Aspekt darstellt und auch nicht zuletztaus diesem Interesse mitfinanziert wird.Sechs Klettersteige liegen in einer Höhe vonüber 3000 m ü. M., wobei nur einer davon(Piz Trovat II) seit 2008 errichtet wurde. Wiedie meisten Klettersteige liegt auch dieser beieiner Bergbahn und somit nicht in einem unerschlossenenGebiet.Klettersteige sind bewilligungspflichtig. Obeine Baubewilligung erteilt wird und wie dabeiSchutzgebiete berücksichtigt werden, ist im Einzelfallstark vom Kanton sowie <strong>der</strong> das Gesuchbehandelnden Person abhängig. So liegt es beispielsweiseim Ermessensspielraum, ob für dieErstellung eines Klettersteigs in einem nationalenSchutzgebiet (wie beispielsweise BLN/Bundesinventar<strong>der</strong> Landschaften und Naturdenkmälervon nationaler Bedeutung) die EidgenössischeNatur- und Heimatschutzkommission (ENHK) umein Gutachten angefragt wird.Inwiefern dieser Grundsatz bei <strong>der</strong> Errichtungneuer Klettersteige berücksichtigt wird, ließsich im Rahmen dieses Berichts nicht feststellen.Auskunft dazu könnten nur die Erbauerselber geben.46


Nr. Grundsatz Bewertung5. Zu- und Abstieg sind Bestandteildes Klettersteigesund müssen in die Planungeinbezogen werden (Benutzerlenkungund -information).Klettersteige sollten mitöffentlichen Verkehrsmittelnerreichbar sein.6. Die Routen werden so angelegt,dass keine negativenEinwirkungen auf geschütztePflanzenbestände, Einständeund Wechsel von Wildsäugernsowie Horst- undNisträume von Vögeln durchden Bau und den Betriebentstehen.7. Größere Bauwerke wie z.B.Tyroliennes, Hängebrückenund Kletternetze sollen dieAusnahme bleiben. Es darfkein Hochschaukeln hin zuimmer aufwendigeren Installationenstattfinden.8. Kontrolle und Wartung fürdie langfristige Sicherheit <strong>der</strong>Anlage müssen gewährleistetsein.9. Nicht mehr gebrauchte Anlagenmüssen rückgebaut werden.Bereits bei <strong>der</strong> Planungmüssen Verantwortlichkeitenfür den Rückbau festgelegtwerden.10. Information und Sensibilisierungzu Sicherheit, Naturund Ökologie gehören zu denAufgaben des Klettersteigbetreibers.Der Großteil <strong>der</strong> Klettersteige und insbeson<strong>der</strong>ejener, welche seit 2008 erstellt wurden,liegt in <strong>der</strong> Nähe von Bergbahnen o<strong>der</strong> in Talnähe.Zumindest die Anreise mit öffentlichenVerkehrsmitteln ist somit jeweils gut möglich.Eine Beurteilung dieses Grundsatzes würdeeine ökologische Betrachtung jedes einzelnenKlettersteigs bedingen. Eine Umwetlverträglichkeitsprüfungfür Klettersteige ist momentanallerdings nicht zwingend vorgeschrieben. Nurbei einer Min<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Klettersteige bestehenzeitliche Einschränkungen aus Gründen desTierschutzes für die Benutzung (bspw. währendBrutzeiten des Mauerläufers).Bei <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> ab 2008 neu eröffnetenKlettersteige fällt vor allem <strong>der</strong> Klettersteigan <strong>der</strong> Gemmi auf, <strong>der</strong> viele Elemente einesSeilparks aufweist. Eine generelle Tendenzhin zu solchen Installationen lässt sich in denvergangenen Jahren jedoch nicht feststellen.Wie die langfristige Wartung eines neuen Klettersteigssichergestellt und bei <strong>der</strong> Bewilligungeines Klettersteigs berücksichtigt wird, lässtsich nicht beurteilen.Zum jetzigen Zeitpunkt sind keine Klettersteigebekannt, welche wegen Nichtbenutzung wie<strong>der</strong>rückgebaut wurden. Inwiefern dieser Punkt bei<strong>der</strong> Bewilligung neuer Klettersteige berücksichtigtwird und wer im Eintretensfall zum Rückbauverpflichtet werden könnte, ist nicht bekannt.Viele Klettersteige bieten beim Einstieg zumKlettersteig eine Infotafel mit diesbezüglichenInformationen. Ebenso informieren diverseKlettersteigbetreiber auf ihrer Homepage überkorrektes Verhalten und Rücksicht auf die Naturauf dem Klettersteig. Eine systematische Erhebung,welche Klettersteige diesen Grundsatzerfüllen, wurde jedoch nicht durchgeführt.47


Klettersteig-Unfälle <strong>Schweiz</strong>Quelle: MW <strong>Schweiz</strong>Fazit:Bis heute existiert keine verantwortlicheStelle in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>, welche dieErstellung und die Gesamtanzahl vonKlettersteigen im Auge behält. Im Jahre2005 gab es 40 Klettersteige und heute,im Jahr 2013, hat sich die Anzahl <strong>der</strong>Klettersteige annähernd verdoppelt.Der Trend, neue Klettersteige zu errichten,ist also ungebrochen und wenn sichdiese lineare Entwicklung wie abgezeichnetfortsetzt, haben wir im Jahr 2020die kritische Anzahl von 100 „echten“Klettersteigen in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong> erreicht. Allerdingssind – nach Auskunft von EugenHüsler – im Jahre 2012 in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>nur zwei kleinere Klettersteige neu hinzugekommen.Es bleibt also abzuwarten,ob sich <strong>der</strong> Boom des Klettersteigbauenstatsächlich abschwächt o<strong>der</strong> diese Entwicklungnur einen rezensionsbedingtenEinbruch darstellt.Die aktuelle Recherche zeigt, dasseinige <strong>der</strong> Grundsätze <strong>der</strong> im Jahre 2007offiziell ratifizierten Klettersteig-Chartavon Engelberg mehr o<strong>der</strong> weniger eingehaltenwerden. Dennoch bleibt auchfestzuhalten, dass viele <strong>der</strong> aufgestelltenPunkte in <strong>der</strong> Realität nicht überprüfbarsind.48


mountain wil<strong>der</strong>ness schweiz identifiziert im Bereich Klettersteigedie folgenden Probleme und stellt die darauf basierenden For<strong>der</strong>ungen:• Klettersteigmoratorium bis zur Regelung<strong>der</strong> unten stehenden Punkte.• Es besteht keine Stelle, welche prüft, obbei neuen Klettersteigen die Grundsätze<strong>der</strong> Klettersteig-Charta eingehaltenwerden. mountain wil<strong>der</strong>ness schweizschlägt vor, dass eine zentrale Informationsstellegeschaffen werden soll,welche bei <strong>der</strong> Planung von neuenKlettersteigen informiert wird und welchedie Erfüllung <strong>der</strong> Grundsätze <strong>der</strong>Klettersteig-Charta bewertet.• Es bestehen keine übergreifenden Konzepte,wo Klettersteige erstellt werden.Es gibt keine Anzeichen, dass sich diemaximale Anzahl Klettersteige bei 100(wie in <strong>der</strong> Klettersteig-Charta genannt)einstellen wird. Die oben vorgeschlagenezentrale Informationsstelle soll dieEntwicklung von neuen Klettersteigen ineinem übergeordneten Kontext stellenund lenkend darauf hinwirken, dass dieAnzahl von 100 Klettersteigen in <strong>der</strong><strong>Schweiz</strong> nicht überschritten wird.• Die Bewilligungspraxis ist im einzelnenrelativ stark vom jeweiligen Kantonrespektive noch stärker von <strong>der</strong> dasBaugesuch behandelnden Personabhängig. mountain wil<strong>der</strong>ness schweizfor<strong>der</strong>t, dass für Behörden und Erschließerein Leitfaden geschaffenwird, welcher die Zulassung zum Bauneuer Klettersteige verbindlich regelt.Die Einhaltung des Leitfadens mussüberprüfbar sein.• Klettersteige werden nicht gezwungenermaßenals Objekt behandelt, fürwelches ein Baugesuch notwendig ist.mountain wil<strong>der</strong>ness schweiz for<strong>der</strong>t,dass alle Kantone Klettersteige als Objektebehandeln, für welche ein Baugesuch(Bauten außerhalb <strong>der</strong> Bauzone)gestellt werden muss.• Einige neuere Klettersteige zeigenAnzeichen von Seilparks (Seilbahnen,Brücken, ausgesetzte Leitern, Metallnetze;z.B. Klettersteig unterhalb Gemmi).mountain wil<strong>der</strong>ness hält fest, dassGrundsatz 7 <strong>der</strong> Klettersteig-Chartaunbedingt eingehalten werden muss.49


Exkurs – Wasserfall- und SchluchtensteigeMeisterwerke <strong>der</strong> Natur – verbohrt, verkabelt und in Eisen gelegt!Die Urkraft des Wassers hat von jeherdie Gebirgslandschaften geprägt undgeformt und wahre Meisterwerke <strong>der</strong>Natur entstehen lassen. Wir werden von<strong>der</strong> Schönheit dieser Naturwun<strong>der</strong>, dieals Wasserfälle brausend, tosend und mitgeballter Kraft über hohe Felswände insTal stürzen, o<strong>der</strong> sich als tiefe geheimnisvolleSchluchten ins Gestein eingegrabenhaben, magisch in den Bann gezogen.Diesen ursprünglichen Naturwun<strong>der</strong>nund beson<strong>der</strong>s schützenswerten Biotopenwird seit einigen Jahren von Tourismusstrategenzunehmend aggressiverauf den Leib gerückt. Sie werden mitWasserschaupfaden, Plattformen undKlettersteigen erschlossen.Geschah dies anfangs noch mit einemakzeptablen Abstand, wo <strong>der</strong> Wasserfalllediglich als Kulisse diente, wird nunimmer häufiger direkt am Fall gebohrt,geschraubt und verkabelt.Im Ötztal ging man diesbezüglich beson<strong>der</strong>svehement zur Sache: Wurdeam Lehner-Wasserfall Klettersteig beiLängenfeld, dem Wasserfall-Klettersteig<strong>der</strong> ersten Stunde, noch ein respektvollerAbstand zum Wasserfall eingehalten,nahm man im Nachbarort Umhausenbeim 2008 erbauten Stuibenfall-Klettersteigweniger Rücksicht. Tirols größterWasserfall wurde durch einen sehreisenhaltigen Klettersteig mit zweiDrahtseilbrücken-Querungen direkt amFall erschlossen. Zusammen mit Wasserfallbeleuchtungbei Nacht und Wasserschaupfadmit spektakulären Aussichtsplattformenist er auf einem guten Wegzu Tirols größtem Fun-Fall.50


Stuibenfall SeilbrückenFoto: Nina Schöneck (DAV Krefeld)In Kärnten sind die Gallitzenklamm (sieheFallbeispiele) und ab diesem Jahr dieMöllschlucht am stärksten verdrahtet.Über diesen neuen Schluchten-Steig beiHeiligenblut, <strong>der</strong> 2013 eröffnet wird, ist auf<strong>der</strong> Hompage <strong>der</strong> Hersteller Firma Go-Vertical zu lesen: „Charakterlich ist es einFun-Klettersteig, <strong>der</strong> mit zwei Nepalbrückenmit einer Länge von ca. 30 Meternund drei Dreiseilbrücken aufwartet.“Der Klettersteigbau im angeblich nicht sosensiblem Talbereich darf nicht zum Freibrieffür Wildwuchs und Erschließung vonbeson<strong>der</strong>s schützenswerten Biotopenwie Wasserfällen und Schluchten führen.Da Schluchten und die Umgebung vonWasserfällen vor allem wegen ihrer Unzugänglichkeitvon Menschen unberührteLebensräume darstellen, ist eine intensiveErschließungswelle äußerst kritisch zusehen. Ein sehr starkes Gefährdungspotentialergibt sich z.B. für die Wasseramsel,die nahezu in allen Schluchten undWasserfällen als Brutvogel vorkommt.Vor allem an tiefer gelegenen Klettersteigenmit frühem Beginn <strong>der</strong> Klettersteigsaisonkann es deshalb zwischen Märzund Mai zu gravierenden Störungen desBrutgeschäfts kommen.51


TEIL III – DEUTSCHLANDIII aAusgangslageAuch in den deutschen Alpen wurdenschon sehr früh mit Drahtseilen gesicherte<strong>Gipfel</strong>anstiege errichtet. 1873 fandbeispielsweise die Einweihung des erstenFußwegs durch das Reintal auf dieZugspitze statt, welcher am <strong>Gipfel</strong>anstiegmit Eisensicherungen versehen wurde.Bis zur Jahrhun<strong>der</strong>twende wurden Teiledes vom Zugspitzgipfel nach Ostenführenden Jubiläumsgrates sowie Teiledes Zugspitz-Anstiegs vom Höllental ausversichert. 1899 erfolgte schließlich mitdem Heilbronner Weg (Allgäuer Alpen)<strong>der</strong> Bau des ersten klassischen und(nach wie vor) beliebtesten alpinen Klettersteigsim deutschen Alpenraum.Heilbronner WegFoto: M. Pröttel52


Während in <strong>der</strong> ersten Hälfte des 20.Jahrhun<strong>der</strong>ts so gut wie keine Steiganlagenam deutschen Alpenran<strong>der</strong>richtet wurden, ging es in den deutschenMittelgebirgen deutlich reger zu.Bekannte Vie Ferrate wie <strong>der</strong> Norissteigund <strong>der</strong> Höhenglücksteig (beide Fränkische<strong>Schweiz</strong>) o<strong>der</strong> die Rübezahlstiege(Sächsische <strong>Schweiz</strong>) stammen aus den1920er- bzw. 1930er-Jahren.Erst in den 1970er Jahren setzte – wahrscheinlichvon den regen Tätigkeiten imNachbarland Österreich beflügelt (s.o.)– <strong>der</strong> erste richtige Klettersteigboom inden deutschen Alpen ein.Die bekanntesten Eisenwege wie <strong>der</strong>Mittenwal<strong>der</strong> Klettersteig, <strong>der</strong> HindelangerKlettersteig (erbaut von <strong>der</strong> SektionAllgäu/Immenstadt und <strong>der</strong> Nebelhornbahn),die Alpspitz Ferrata (Zugspitzbahn)und <strong>der</strong> Mindelheimer Klettersteig(DAV Mindelheim) wurden alle in dieserZeit errichtet.Der Deutsche Alpenverein (DAV) waralso stark am Bau neuer Klettersteigebeteiligt, bis er sich 1977 in einem neuenGrundsatzprogramm aus Naturschutzgründenverpflichtete, keine neuen Wegemehr in den Alpen anzulegen – auchkeine neuen Klettersteige.Diese strikte Ablehnung von Klettersteigneubautenwurde zu Anfang diesesJahrtausends wie<strong>der</strong> aufgegeben. Nachdem2003 am Hochstaufen (ChiemgauerAlpen) <strong>der</strong> Pidinger Klettersteig errichtetwurde, wandte sich die benachbarteSektion Berchtesgaden wegen einesKlettersteigbaus am Untersberg an denDAV-Hauptverein. In <strong>der</strong> Folge erklärteeine Projektgruppe des DAV und OeAVdas Neubau-Tabu des Grundsatzprogrammsals nicht relevant für Klettersteige,da diese nicht <strong>der</strong> Kategorie „Wege“zuzuordnen seien.Im Jahr 2007 verabschiedete die DAV-Hauptversammlung einen „Kriterienkatalogfür die Errichtung von Klettersteigen“.In diesem wird unter an<strong>der</strong>em gefor<strong>der</strong>t,dass „auch für Alpenvereins-Sektionendie Möglichkeit geschaffen wird, selbstdie Fe<strong>der</strong>führung bei <strong>der</strong> Umsetzung vonKlettersteigprojekten zu übernehmen.“Dieser Kriterienkatalog ist <strong>der</strong> Maßstabbei allen Neuanlagen von Klettersteigen,die unter Beteiligung von DAV-Sektionendurchgeführt werden. Dabei geht es nachAngaben des DAV-Ressorts Natur- undUmweltschutz unter an<strong>der</strong>em um einesinnvolle Raumplanung, einen rücksichtsvollenUmgang mit Natur und Landschaftund die Beachtung <strong>der</strong> gültigen Sicherheitsstandards.<strong>Mountain</strong> Wil<strong>der</strong>ness GründungsmitgliedRichard Goedeke, konnte seinerzeit alsMitglied <strong>der</strong> DAV-Kommission „Klettern53


und Naturschutz“ erreichen, dass keineKlettersteige über bestehende Routenerreichtet werden sollen.Nach Angaben Goedekes ging es hierbeium die Sozialverträglichkeit, also umdes „Friedens mit den Kletterern willen“.Dazu würde natürlich auch gehören,dass sich Klettersteige verbieten, wennsie Kletterrouten gefährden, wie z.B. An<strong>der</strong> Bernadeinwand (siehe Seite 59).Aber auch streng genommen solche, dieunter Kletter-Routen entlang führen unddeshalb von dort her gefährdet wären.2012 hat die Mehrheit <strong>der</strong> Delegiertenauf <strong>der</strong> DAV-Hauptversammlung beschlossen,dass das Klettersteiggehenaus dem neuen Leitbild des DAV herausgestrichen wird. Im Zuge <strong>der</strong> Verabschiedungdes aktuellen Leitbildes hat sich diePosition des DAV zum Klettersteiggehenund zur Errichtung von Klettersteigennach Angaben des DAV-Ressorts NaturundUmweltschutz aber (lei<strong>der</strong>) nichtgeän<strong>der</strong>t.Trotz <strong>der</strong> grundsätzlichen Möglichkeit,sich an <strong>der</strong> Neuerrichtung von Klettersteigenzu beteiligen, waren DAV-Sektionenan dem Bauboom <strong>der</strong> vergangenenJahre wenig beteiligt. Die Anlagen <strong>der</strong>letzten fünf Jahre gehen vor allem aufdas Betreiben von Gemeinden (HausbachfallKlettersteig), Seilbahnen (z.B. anTegelberg, Iseler, Kanzelwand) und/o<strong>der</strong>Firmen (Salewa KS am Iseler) zurück.54


III bKlettersteigliste Deutschland2012Tegelberg Fingersteig Ammergauer Alpen/Bayern Sport-KlettersteigHausbachfall KS Chiemgauer Alpen/Bayern Sport-Klettersteig2011Apollofalter KS Zittauer Berge/Sachsen Sport-KlettersteigRäuberleiter KS Berchtesgadener Alpen/Bayern Sport-KlettersteigGelbe Wand KS Lehrpfad Ammergauer Alpen/Bayern Sport-Klettersteig2010RabenacksteigOberes Mittelrheintal/Rheinland-Pfalz Sport-KlettersteigWalter-Kei<strong>der</strong>ling KS Erzgebirge/Sachsen Sport-Klettersteig2009Isidor KS Berchtesgadener Alpen/Bayern Sport-KlettersteigMauerläufer KS Wettersteingebirge/Bayern Sport-KlettersteigSalewa KS Iseler (II u. III) Allgäuer Alpen/Bayern Sport-Klettersteig2008Churfrankensteig Maintal/Bayern Sport-KlettersteigErdener Treppchen KS Moseltal/Rheinland-Pfalz Sport-KlettersteigLöwinger Steig Sächsische <strong>Schweiz</strong>/Sachsen Sport-KlettersteigSalewa KS Iseler (Abschn. I) Allgäuer Alpen/BayernSport-KlettersteigZweilän<strong>der</strong> KS Allgäuer Alpen/Bayern Sport-Klettersteig55


III cFallbeispieleAlpspitz Ferrata – „Werbeaktion auf Kosten <strong>der</strong> Gebirgsnatur“Baujahr: 1978Schwierigkeit: BRegion: WettersteingebirgeVor bereits 35 Jahren wurde im Auftrag<strong>der</strong> Bayerischen Zugspitzbahn BergbahnAG, die auch die Alpspitzbahn betreibt,<strong>der</strong> Eisenweg auf die Alpspitze gebaut.Dass es auch schon damals kritischeStimmen zu einem solchen Projekt gab,kommt in folgenden Zeilen zum Ausdruck,die Stefan Beulke in seinem „AlpenvereinsführerWetterstein“ zu Papierbrachte:„Den letzten Stand beton- und stahltechnischerWegeerschließung stellt die 1978installierte sog. „Nordwand-Ferrata“ dar,eine gut gemeinte Werbeaktion einerBergbahngesellschaft auf Kosten <strong>der</strong>Gebirgsnatur, über <strong>der</strong>en Sinn man sichstreiten kann … Lei<strong>der</strong> wurde bei <strong>der</strong>Anbringung von Leitern, Klammern undDrahtseilen geradezu verschwen<strong>der</strong>ischumgegangen. Es bleibt zu hoffen, dassdie „Ferrata“ ein Einzelfall bleibt und nichtzu weiteren Bauwerken ähnlicher Artanimiert.“ Manchmal ist alles Hoffen ebenvergebens, wie auch an <strong>der</strong> benachbartenBernadeienwand deutlich wird.Seite 57:Alpspitz FerrataFoto: M. Pröttel56


Mauerläufersteig – „Klettersteig statt Kletterroute“Baujahr: 2009Schwierigkeit: D-ERegion: WettersteingebirgeDer Mauerläufersteig bringt für Kletterer eine erhöhte Steinschlaggefahr mit sichFoto: G. Jablonski58


Der ebenfalls von <strong>der</strong> Bayerischen Zugspitzbauerrichtetet und 2009 eröffneteMauerläufersteig an <strong>der</strong> Bernadeinwandist ein perfektes Beispiel für eine Entwicklung,bei <strong>der</strong> die Berglandschaft zunehmendzur bloßen Kulisse degradiertwird. Im Schatten <strong>der</strong> Alpspitze findetman mit <strong>der</strong> Kreuzeck- und Alpspitzbahn,dem AlpspiX, einem sogenannten<strong>Gipfel</strong>-Erlebnisweg und dem obigenSportklettersteig all die künstlichen Zutaten,die die Berge in eine Art Funparkverwandeln.Ein kurzer Blick auf die Karte genügt,um zu erkennen, dass für den Mauerläufersteignicht unbedingt <strong>der</strong> konditionsstärksteAlpinist gefor<strong>der</strong>t ist. Die Alpspitzbahnverkürzt den Zu- und Abstiegspürbar. Von <strong>der</strong> Bergstation geht essehr gemächlich auf einem breiten Wegzum Wandfuß des Bernadeienkopfes.Spätestens hier empfiehlt es, sich denHelm aufzusetzen. Denn das Geländeist absolut Steinschlag gefährdet, selbstwenn sich die Zahl <strong>der</strong> sich gerade in <strong>der</strong>Bernadeienwand abmühenden Ferratistimeist in Grenzen hält. So haben sicham Tag <strong>der</strong> Rechereche zwei Kletterer,die gerade eine <strong>der</strong> klassischen Routendurch die Bernadeienwand durchstiegen,vor herunter hagelnden Steine in Sicherheitbringen müssen. Überhaupt geltendie Kletterrouten an <strong>der</strong> Bernadeienwandseit dem Bau des Mauerläufersteigs alskaum noch lohnens- o<strong>der</strong> gar empfehlenswert.Beim Mauerläufer geht es (wie bei einemKlettersteig <strong>der</strong> Kategorie D/E zu erwarten)sehr sportlich zur Sache. Bereits dieersten Meter machen unmissverständlichdeutlich, dass ein gehöriges Maß anArmkraft erfor<strong>der</strong>lich ist. Den 400 MeternStahlseil folgend schlängelt man sichmal mo<strong>der</strong>ater, mal fast überhängendRichtung <strong>Gipfel</strong>. Nach 250 Höhenmeternist <strong>der</strong> Bernadeinkopf erreicht.Von hier hat man eine wahrhaft grandioseAussicht – unter an<strong>der</strong>em auch aufden Hohen Gaif, eine traumhafte Felstourganz ohne Drahtseile und Eisenklammern!59


Iseler Klettersteig – „Stau am Berg und nicht im Auto“Baujahr: 2008 – 2009Schwierigkeit: B-CRegion: Allgäuer AlpenIseler KlettersteigFoto: Wiki commons/ Kaukor„Die Anfahrt im Auto war flott gewesen,aber am Berg stecken wir im Stau. Wosich durch die Nordflanke des Iselers <strong>der</strong>Salewa-Klettersteig hochzieht, sehenwir eine ununterbrochene Linie bunterSoftshells, Gore-Jacken und Kletterhelme.(...) Keine Chance, in die Stahlseilezu greifen und hochzuturnen. Oben, amAusstieg, klumpen sich die Kletterer zueiner dichten Traube, <strong>der</strong> Fels darüberbleibt leer. Muss was passiert sein,mutmaßen wir. Und wie zur Bestätigungschwillt Rotorenlärm an: Der Bergwacht-Helikopter fliegt an die Wand. Dorthin,wo das Drahtseil sich über einen leichtüberhängenden Felsen windet. DieSchlüsselstelle, wie man die schwierigstePassage am Berg nennt. (…) Zu viel füreinen Mann, <strong>der</strong> sich nicht mehr vor undzurück traut. Jetzt holt ihn <strong>der</strong> Heli raus“.60


Der Auszug aus einer Klettersteig-Reportage<strong>der</strong> Zeitung Sonntag Aktuell von2009 zeigt überdeutlich, wie schnell diehohe Anziehungskraft von Klettersteigenins Gegenteil umschlagen kann. Vorallem durch Bergbahnen schnell erreichbareSteige erfreuen sich erstens großerBeliebtheit (was beim Iseler an Wochenendenzu einem zu hohen Andrang führt,wie einschlägige Foreneinträge zeigen)und ziehen zweitens sehr oft Neugierigean, die den Anfor<strong>der</strong>ungen einfach nichtgewachsen sind, was die Staugefahrweiter erhöht.Kanzelwand – „Stahlseil statt Schneehuhn“Baujahr 2007Schwierigkeit: DRegion: Allgäuer AlpenMit großem Erstaunen musste <strong>der</strong> BundNaturschutz (BN) in Bayern 2007 feststellen,dass er zu einer Stellungnahmezum Klettersteigprojekt Kanzelwand erstgebeten wurde, nachdem dieser bereitsgebaut und in Betrieb war.Aber nicht deswegen lehnte <strong>der</strong> BN dieerrichtete Anlage ab. Eines <strong>der</strong> Hauptargumentewar, dass mit dem Klettersteigim Fellhorn-Kanzelwandgebiet einekaum zugängliche und damit ökologischbeson<strong>der</strong>s wertvolle Bergflanke <strong>der</strong>Erschließung preisgegeben wird. In <strong>der</strong>Ablehnung hieß es weiter: „Um eine Verschlechterung<strong>der</strong> Überwinterungsbedingungenfür Alpenschneehuhn und Birkhuhnauszuschließen, müsste daher einwinterliches Begehen des Klettersteigesuntersagt und dieses Verbot überwachtwerden – ein praktisch unmögliches Unterfangenangesichts <strong>der</strong> Probleme, dieschon <strong>der</strong> Versuch einer Sperrung desScheidtobelgebietes aufgezeigt hat.“Mittlerweile hat sich herausgestellt, dassdie Bergbahn den Steig im Winter zwaroffiziell sperrt, dieser aber bei günstigenVerhältnissen auch mithilfe von ortskundigenBergführern begangen wird.61


Auch auf <strong>der</strong> Watzmannüberschreitung stellt sich immer wie<strong>der</strong> die Fragenach <strong>der</strong> Notwendigkeit eines Stahlseiles. Foto: M. Pröttel63


III dZunahme von Klettersteigunfällen in DeutschlandAuch in den deutschen Alpen habenUnfallereignisse an Klettersteigen in denletzten Jahren deutlich zugenommen,wie die DAV Unfallstatistik aus dem Jahr2012 belegt:„Klettersteige sind enorm im Trend, parallelnehmen auch die Notfallmeldungenzu. Seit 2006 hat sich die Quote verdoppelt,seit 2002 verdreifacht. Dabei stiegdie Quote für die Unfallursache Sturz nurleicht an, während die Quoten für Notfälledurch körperliche Probleme o<strong>der</strong> Blockierungsich vervielfachten.Das alarmierende Fazit: Klettersteiggehersind zunehmend den Gesamtanfor<strong>der</strong>ungendes angestrebten Klettersteigs nichtgewachsen. Und: bei keiner an<strong>der</strong>enBergsport-Disziplin ist ein so hoher Anteilwenig Erfahrener von Unfällen und Notfällenbetroffen.Dabei sind die gänzlich Unerfahrenennoch eher vorsichtig, häufig trifft esvermeintlich „Fortgeschrittene“ mit zehnbis 30 Tourentagen. Und die meistenBlockierungen wegen Überfor<strong>der</strong>ung gabes in mo<strong>der</strong>nen Sportklettersteigen abSchwierigkeitsgrad C – einer Kategorie,die in den letzten Jahren einen geradezuschwammerlhaften Neubau-Boomerlebte.So ist die vielleicht wichtigste Lehre aus<strong>der</strong> aktuellen Bergunfallstatistik: AlpineKlettersteige sind nicht geeignet, körperlicheGrenzen auszuloten.“während <strong>der</strong> Bauphase von <strong>Mountain</strong>Wil<strong>der</strong>ness Deutschland kritisiert wurde.Hier stürzten in den Jahren 2004, 2009und 2011 drei Männer tödlich ab.Dass selbst erfahrene Spitzenbergsteigernicht vor tödlichen Unfällen an Klettersteigengefeit sind, zeigte sich tragischerweise2010 in <strong>der</strong> Fränkischen <strong>Schweiz</strong>.Dort verwendete <strong>der</strong> Extremkletterer KurtAlbert am Höhenglücksteig statt einerklassischen Klettersteigsicherung nureine gelegentlich eingehängte Bandschlingemit Schraubkarabiner. Als ersich in die Selbstsicherung hängte, legtesich die Schlinge über den ungesichertenKarabiner-Schnapper und hängte sichaus. Kurt Albert stürzte 18 Meter in dieTiefe und erlag zwei Tage später seinenVerletzungen.Im August desselben Jahres war einTodesopfer im Wettersteingebirge zu verzeichnen.Aus ungeklärter Ursache stürzteein Mann an einer Schlüsselstelle desMauerläufer Klettersteiges ab. Obwohler mit einem Klettergurt am Drahtseil desSteiges gesichert war und es somit nichtzu einem tieferen Absturz kam, konnte ersich jedoch nicht aus eigener Kraft aus<strong>der</strong> Sicherung befreien. Leblos in <strong>der</strong>Seilsicherung hängend wurde <strong>der</strong> Mittelfrankeschließlich aufgefunden.Beson<strong>der</strong>s unfallträchtig ist in Deutschland<strong>der</strong> Pidinger Klettersteig amHochstaufen, dessen Errichtung bereits64


III eFazitGerade weil in den deutschen Alpen<strong>der</strong> Klettersteigneubau noch nicht dieDimensionen unseres österreichischenNachbarlandes erreicht hat, solltenalle Beteiligten jetzt innehalten undeine grundlegende Diskussion darüberbeginnen, ob Felsgipfel und -grate ohneStahlseile und Eisenbügel nicht viel, vielreizvoller sind als mit.Eine solche <strong>Gipfel</strong>diskussion initiierte<strong>Mountain</strong> Wil<strong>der</strong>ness Deutschlandbereits im Jahr 2004 nach Errichtung desPidinger Klettersteigs, bei <strong>der</strong> lokale Befürworterund Gegner am ReichenhallerHaus ihre Argumente austauschten.Lei<strong>der</strong> sind weitere Neuerschließungenim deutschen Alpenraum weitauswahrscheinlicher als ein Moratorium. Sowurde dieses Jahr bei Reit im Winkl amHausbachfall <strong>der</strong> „Erste Klettersteig imChiemgau“ (Quelle: www.reitimwinkl.de)eröffnet. Nach Angaben des ReichenhallerTagblatts vom November 2012 planendie Berchtesgadener Touristiker sogareinen Klettersteig durch die Westwanddes Hohen Göll. Und das, obwohl überden Mandlgrat schon seit Jahrzehntenein langer Klettersteig zum <strong>Gipfel</strong> desHohen Göll besteht. Zudem wäre an <strong>der</strong>Westwand eine klassische Route vondem Neubau betroffen.For<strong>der</strong>ung anschließen würde, dasskeine neuen Klettersteige zwischen Bodenseeund Königssee errichtet werdensollen.Touristiker mögen eine „leere“ Wand alsbrachliegendes Potential betrachten. Voneinem äußerst fraglichen Naturverständniseinmal abgesehen, setzen sie dabeizu einseitig auf eine Zielgruppe. Dennwährend „Klettersteigjäger“ meist nurkurz mit <strong>der</strong> Bahn hochfahren, den Steigmachen und zum nächsten Steig in einan<strong>der</strong>es Gebiet ziehen, bleiben die Naturliebhaberunter den Berggängern oftlänger in einer Region. Sind <strong>Gipfel</strong> undGrate flächendeckend verdrahtet, bleibendiese Gäste sicher fern.Anstelle die Bergwelt mit Stahlseilen undEisenbügeln weiter zu erschließen, sollteman den Menschen vielmehr bewusstmachen, in welch einzigartiger Landschaftsie ihren Sport ausleben dürfen.Schließlich weiß je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> mit offenenAugen durch die Berge streift: UnsereAlpen sind mit Sicherheit nicht unter-,son<strong>der</strong>n übererschlossen.Und nicht zuletzt … auch vom haptischenErlebnis her ist warmer Fels nicht miteinem kalten Stahlseil zu vergleichen!Umso wichtiger wäre es unserer Meinungnach, dass sich, nachdem das Klettersteiggehenaus dem neuen Leitbild desDAV herausgestrichen wurde (s.S. 54),auch <strong>der</strong> Deutsche Alpenverein unserer65


Jahrzehntelang konnte <strong>der</strong> kurze Aufschwung(maximal II UIAA) vor demSignalkopf (Soierngruppe) in schöner,leichter Felskletterei erklommenwerden. Mittlerweile verschandelnEdelstahl-Trittbügel im „Leiter-Abstand“den netten Kalkgrat.67

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