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n Urteil Hamm<br />

Auf das Können Vertrauen<br />

n Podologe – Fußpfleger<br />

Harte Einschnitte<br />

SONDERAUSGABE BERUFSSTAND<br />

<strong>FUSSPFLEGE</strong><br />

<strong>AKTUELL</strong><br />

Berufsstand<br />

Auf den<br />

Weg gebracht<br />

Das Magazin<br />

für die Praxis<br />

n Sektorale Heilpraktikererlaubnis<br />

Auf eigene Verantwortung<br />

n Betriebswirtschaft<br />

Steigenden Kosten entgegnen


2<br />

Zehn Jahre Podologengesetz<br />

Verwirrter<br />

Berufsstand<br />

Auch nach zehn Jahren seit Inkrafttreten des Podologengesetzes<br />

ist die Branche verunsichert.<br />

Bislang gelang es nicht, Ruhe und Klarheit in den<br />

Berufsstand zu bekommen. Für Podologen und<br />

Fußpfleger fällt die Bilanz zwiespältig aus und<br />

wichtige Fragen bleiben bis heute noch offen.<br />

Am 1. Januar 2002 trat das Podologengesetz<br />

(PodG) in Kraft. Berufsverbände versprachen<br />

sich eine Steigerung der Qualität im Bereich<br />

der professionellen Fußpflege. Das Titelschutzgesetz<br />

regelte zunächst die Ausbildung<br />

zum Podologen/zur Podologin und<br />

lieferte die Definition der Berufsbezeichnung<br />

Podologe sowie medizinischer Fußpfleger.<br />

Auch wenn das Gesetz lange angekündigt<br />

war und eine Übergangsregelung galt, empfanden<br />

es viele Fußpfleger nach einer Befragung<br />

von <strong>FUSSPFLEGE</strong> <strong>AKTUELL</strong> 2009 als<br />

harten Einschnitt. Großer Unmut entstand<br />

darüber, dass erfahrene Fußpfleger erneut<br />

Fortbildungskosten aufbringen sollten, um<br />

den Titel zu erlangen. Vielfach wurden Vorerfahrungen<br />

– teils aus jahrzehntelanger<br />

Arbeit – nicht anerkannt.<br />

Werben erlaubt<br />

Für Unmut sorgte auch die Werbung mit<br />

dem Begriff „medizinische Fußpflege“. Urteile<br />

der Oberlandesgerichte in Frankfurt,<br />

Köln und Naumburg erlaubten dies erfahrenen<br />

Fußpflegern mit entsprechender<br />

Qualifikation, da das PodG ein reines<br />

Titelschutzgesetz sei und Fußpflegern das<br />

Erbringen von Fußpflegeleistungen selbst<br />

nicht verbieten würde.<br />

Diese Auffassung der Gerichte wurde<br />

durch ein Urteil aus dem Jahr 2011 nivelliert.<br />

Das Oberlandesgericht in Hamm<br />

kehrte die Argumentation der früheren Urteile<br />

herum. Hieß es damals zunächst, dass<br />

angestammte Verkehrskreise, also zum<br />

Beispiel die Kunden einer Fußpflegepraxis,<br />

Podologe und Fußpfleger nicht unterscheiden<br />

könnten, urteilte der Richter aus<br />

Hamm umgekehrt. Die Verkehrskreise<br />

würden heute sehr wohl den Unterschied<br />

wissen. Eine Werbung mit dem Begriff<br />

„medizinische Fußpflege“ sei daher nur<br />

Podologen und medizinischen Fußpflegern<br />

nach dem PodG erlaubt. Liest ein<br />

Kunde „medizinische Fußpflege“ an der<br />

Praxistür, erwartet er demnach einen Podologen<br />

oder medizinischen Fußpfleger und<br />

keinen einfachen Fußpfleger. Eine solche<br />

Werbung sei irreführend.<br />

Fußpflege gleich Heilkunde<br />

Darüber hinaus wird medizinische Fußpflege<br />

als Heilkunde gemäß Heilpraktikergesetz<br />

klassifiziert. Für Podologen und medizinische<br />

Fußpfleger steht damit der Weg<br />

für die ärztliche Verordnung offen. Das war<br />

neu, denn: Podologen dürfen heilkundliche<br />

Tätigkeiten ausführen, und zwar dann,<br />

wenn ein Patient – egal ob gesetzlich oder<br />

privat versichert – eine ärztliche Verordnung<br />

vorlegt. Auch hier gibt es neue Entwicklungen.<br />

In der Realität sorgt die Kassenzulassung<br />

für hohen Aufwand in der<br />

podologischen Praxis.<br />

Um losgelöst von der ärztlichen Verordnung<br />

medizinische Fußpflege betreiben zu<br />

können, nutzte der Branche ein richtungweisendes<br />

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts<br />

aus dem Jahr 2009. Abgeleitet aus<br />

der Berufsgruppe der Physiotherapeuten<br />

wurde die sektorale Heilpraktikererlaubnis<br />

für die Branche möglich. Ein Podologe<br />

mit einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis<br />

kann auch selbstständig Patienten annehmen<br />

und diese Leistung direkt mit den<br />

Patienten abrechnen. Auch bei der Wundbehandlung<br />

ist der Podologe so nicht mehr<br />

auf ärztliche Anordnungen angewiesen.<br />

Offene Fragen zum Medizinalberuf<br />

Die jüngst stattfindende Fokussierung auf<br />

die heilkundliche Tätigkeit hinterlässt zehn<br />

Jahre nach Inkrafttreten des PodG Fragezeichen.<br />

Um die ärztliche Aufsichtspflicht zu<br />

wahren, müssten Patienten zum Beispiel<br />

mit einem Hühnerauge ja zunächst an den<br />

Hausarzt oder einen Dermatologen verwiesen<br />

werden, der die Indikation diagnostiziert,<br />

den Behandlungsplan erstellt<br />

SONDERAUSGABE BERUFSSTAND<br />

und den Patienten an den Podologen zurücküberweist.<br />

Es stellt sich auch die Frage,<br />

ob sich die medizinische Fußpflege für<br />

die Praxis rechnet. Die Anforderungen an<br />

eine podologische Praxis bezüglich Ausstat<br />

tung, Hygiene oder Weiterbildung sind<br />

hoch. Eine podologische Komplex be handlung<br />

bringt je nach Krankenkasse zwischen<br />

etwa 22 und 27 Euro. Decken die Ein nahmen<br />

den Aufwand? Dass weitere Leistungen des<br />

Podologen von der Kasse übernommen<br />

werden, steht nicht zu erwarten.<br />

Ebenfalls ungeklärt bleibt die Frage nach<br />

der flächendeckenden Versorgung mit qualitativer<br />

Fußpflege. Jüngst haben zwar die<br />

ersten Podologen die sektorale Heilpraktikererlaubnis<br />

erlangt. Doch bleibt dahingestellt,<br />

ob der Bedarf durch Podologen und<br />

medizinische Fußpfleger mit oder ohne<br />

eine Heilpraktikererlaubnis gedeckt werden<br />

kann. Immerhin wird ein Großteil medizinischer<br />

Fußpflegeleistungen derzeit<br />

von geschätzt 70.000 Fußspezialisten ausgeübt.<br />

Diese Arbeit müsste künftig ja von<br />

wenigen Podologen mit übernommen werden.<br />

Zugleich wird der Anteil der Über­<br />

60­Jährigen an der Bevölkerung bis zum Jahr<br />

2030 auf 30 Prozent anwachsen, ebenso<br />

der Anteil besonders behandlungsbedürftiger<br />

Patientengruppen wie etwa die der Diabetiker.<br />

Sie stellen schon heute zehn Prozent<br />

der Bevölkerung. Das sind acht Millionen<br />

Menschen. Viele Podologen arbeiten aber<br />

jetzt schon an der Belastungsgrenze.<br />

Impressum<br />

Redaktion und Verlag<br />

Dorothea Küsters Life Science Communications GmbH<br />

Leimenrode 29<br />

60322 Frankfurt am Main<br />

Telefon: 069 61998­0<br />

Telefax: 069 61998­10<br />

E­Mail: info@dkcommunications.de<br />

Internet: www.dkcommunications.de<br />

<strong>FUSSPFLEGE</strong> <strong>AKTUELL</strong><br />

erscheint im Auftrag der Eduard Gerlach GmbH<br />

Redaktionsleitung: Dorothea Küsters<br />

(verantwortlich), Dirk Fischer<br />

Redaktion: Stefan Dudzinski­Lange,<br />

Stefan Dietrich, Jana Zieseniß<br />

Grafisches Konzept und Umsetzung:<br />

PUNKTUM Werbeagentur GmbH, Bad Vilbel<br />

Fotos: mipan – fotolia (Titel), ilro – fotolia (Seite 2),<br />

iQoncept – fotolia (Seite 3), Fotolia · Fineas (Seite<br />

4), Ioannis kounadeas – fotolia (Seite 7), Visual<br />

Concepts – fotolia (Seite 8), Doc RaBe – fotolia<br />

(Seite 9), Pixel – fotolia (Seite 10)<br />

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise,<br />

nur mit Genehmigung des Verlages<br />

und Quellenangabe gestattet. Recht der Übersetzung<br />

und anderweitiger Verwendung vorbehalten.<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Besprechungs­<br />

exemplare etc. keine Haftung. Kann<br />

<strong>FUSSPFLEGE</strong> <strong>AKTUELL</strong> nicht erscheinen oder ausgeliefert<br />

werden, ergeben sich hieraus keine Ansprüche<br />

gegen den Herausgeber. Gerichtsstand:<br />

Frankfurt am Main.


Urteil Hamm: Podologe versus Fußpfleger<br />

Auf das Können vertrauen<br />

Das Oberlandesgericht Hamm<br />

untersagte einer Fußpflegerin die<br />

Bezeichnung „Praxis für medizinische<br />

Fußpflege“. Damit ging der<br />

Streit um Titel, Titelschutz und Tätigkeit<br />

in eine neue Runde. Aber lohnt<br />

das Hin und Her oder sollten sich<br />

Fußpfleger und Podologen nicht auf<br />

ihre Arbeit besinnen?<br />

Anlass des neuen Streitfalls war die Werbung<br />

einer Fußpflegerin. In der örtlichen<br />

Tageszeitung machte die Beklagte mit den<br />

Worten „Praxis für medizinische Fußpflege“<br />

auf sich aufmerksam. Das wiederum störte<br />

eine Podologin, die daraufhin Klage erhob,<br />

aber vor dem Landgericht Münster verlor.<br />

Dabei berief sich das Gericht auf das Podologengesetz,<br />

das zwar den Titel schütze,<br />

aber nicht die Tätigkeit. Somit folgte das<br />

Landgericht früheren Urteilen.<br />

Die klagende Podologin gab sich aber<br />

nicht geschlagen und legte vor dem Oberlandesgericht<br />

(OLG) in Hamm Berufung<br />

gegen das Urteil des Landgerichtes ein.<br />

Dort bekam sie Recht und die Beklagte<br />

wurde zur Unterlassung aufgefordert. Mit<br />

dem Urteil widersprach das Gericht in<br />

Hamm der Rechtsprechung des OLG<br />

Naumburg im Jahr 2004 und des OLG<br />

Frankfurt im Jahr 2005. Diese hatten beide<br />

geurteilt, dass ein Fußpfleger an die Praxistür<br />

„medizinische Fußpflege“ schreiben<br />

darf, auch wenn er nicht einen nach dem<br />

Podologengesetz anerkannten Titel trägt.<br />

„… Verstoß gegen das<br />

Wettbewerbsrecht, das<br />

Heilmittelwerbegesetz und<br />

das Heilpraktikergesetz …“<br />

Die Begründung<br />

Das OLG Hamm begründete die abweichende<br />

Rechtseinschätzung damit, dass<br />

die Fußpflegerin gleich gegen drei Gesetze<br />

verstoße, und zwar das Gesetz gegen den<br />

unlauteren Wettbewerb (UWG), das Heilmittelwerbegesetz<br />

(HWG) und das Heilpraktikergesetz.<br />

Die Bezeichnung „Praxis<br />

für medizinische Fußpflege“ würde die<br />

Verkehrskreise in die Irre führen.<br />

Die qualitative Arbeit ist die beste Werbung. Wer zufrieden ist, erzählt Freunden,<br />

Kollegen und Verwandten von seinen Erfahrungen und empfiehlt weiter.<br />

Bei den Verkehrskreisen handelt es sich um<br />

diejenigen Menschen, die regelmäßig die<br />

Dienste der Fußpflege in Anspruch nehmen.<br />

Diese wüssten nach jahrelanger<br />

Werbung von Podologenverbänden und<br />

Gesundheitsämtern die Bezeichnungen<br />

„Podologe“, „medizinischer Fußpfleger“,<br />

„kosmetischer Fußpfleger“ sowie „Fußpfleger“<br />

klar zu unterscheiden. Ob dies tatsächlich<br />

zutrifft, darüber fehlt allerdings<br />

eine stichhaltige Datenlage. Die Begründung<br />

der Irreführung beruht also auf einer<br />

Annahme, die das Gericht – unterstützt<br />

durch den Zentralverband der Podologen<br />

und Fußpfleger Deutschlands e.V. – trifft.<br />

Mehr als Titelschutz?<br />

Was das Urteil aus Hamm im Einzelnen für<br />

die Zukunft bedeutet, ist noch unsicher. Es<br />

scheint jedoch, dass eine neue Ära in der<br />

Auseinandersetzung zwischen Podologen<br />

und Fußpflegern begonnen hat. Sollten<br />

andere Gerichte dem Vorwurf der Irreführung<br />

der Verkehrskreise folgen, dürfte auch<br />

schon die Bezeichnung „medizinische<br />

Fußpflege“ kritisch gewürdigt werden.<br />

Die Verunsicherung unter Fußpflegern erhält<br />

so neuen Nährboden, zumal das OLG<br />

Hamm nicht auf die Diskussion des OLG<br />

Frankfurt eingeht. Im Urteil aus dem Jahr<br />

2005 wird auch darauf hingewiesen, dass<br />

sich selbst bei einem Wandel des Kenntnisstandes<br />

der Verkehrskreise kein Werbeverbot<br />

ergeben dürfte. Es handele sich nach<br />

wie vor um eine erlaubte Tätigkeit.<br />

SONDERAUSGABE BERUFSSTAND<br />

Der Streit um die Werbung mit dem Zusatz<br />

„medizinische Fußpflege“ wütet nun schon<br />

seit vielen Jahren. Bleibt die Frage offen,<br />

welche Konsequenzen jeder Einzelne daraus<br />

ziehen will. Ist die Werbung mit dem<br />

Zusatz „medizinische Fußpflege“ für den<br />

wirtschaftlichen Erfolg überhaupt wichtig?<br />

Viele Fußpfleger blicken auf eine lange<br />

und erfolgreiche berufliche Laufbahn zurück.<br />

Die gewonnene Erfahrung hilft den<br />

Kunden und macht den Fußpfleger zur<br />

qualitativen Instanz. Sicherlich gibt es<br />

auch „schwarze Schafe“. Doch lässt sich<br />

die Qualität einer Behandlung nicht an<br />

dem reinen Titel festmachen. Bei Ärzten ist<br />

auch nicht jeder wie der andere.<br />

Muss also der Fußprofi, der nicht nach<br />

dem Podologengesetz fortgebildet ist und<br />

keinen entsprechenden Nachweis hat,<br />

unbedingt mit dem Zusatz werben? Es lassen<br />

sich sicher eine Reihe von Formulierungen<br />

finden, die ebenfalls Vertrauen<br />

schaffen und auch Emotionen hervorrufen,<br />

wie etwa: „20 Jahre im Dienst der Füße“<br />

oder „Damit es Ihren Füßen gut geht.“<br />

Letztendlich ist die beste Werbung ohnehin<br />

die Mund­zu­Mund­Propaganda. Die<br />

Empfehlung von Freunden, Nachbarn und<br />

Verwandten ist effektiv und zielgerichtet.<br />

Und die wirksamste Motivation, eine Empfehlung<br />

wirklich auszusprechen, ist die<br />

qualitativ hochwertige Arbeit. Die Profession<br />

sollte also auf ihr Können vertrauen<br />

und sich nicht durch Streitigkeiten lähmen.<br />

3


4<br />

Podologe – Fußpfleger<br />

Harte Einschnitte<br />

Fußpfleger, medizinischer Fußpfleger,<br />

Podologe – noch sind die Wirrungen<br />

um die Auswirkungen des<br />

Podologengesetzes nicht verklungen,<br />

schon gibt es neue Bestrebungen,<br />

die medizinische Fußpflege<br />

gänzlich aus dem Leistungsangebot<br />

des Nicht-Podologen zu beseitigen.<br />

Das Podologengesetz regelt die Berufsbezeichnung,<br />

schränkt aber die Berufsausübung<br />

nicht ein. Eine Einschränkung liefert<br />

hingegen das Heilpraktikergesetz. Es enthält<br />

Bestimmungen über die Ausübung<br />

von Heilkunde. Unter Heilkunde wird die<br />

Fest stellung, Heilung oder Linderung von<br />

Krankheiten, Leiden oder Körperschäden<br />

beim Menschen verstanden.<br />

Der Zentralverband der Podologen und<br />

Fußpfleger (ZFD) geht wie die Gesundheitsbehörden<br />

der Bundesländer derzeit<br />

davon aus, dass medizinische Fußpflege<br />

größtenteils von dieser Definition erfasst<br />

wird und deshalb in Abgrenzung von der<br />

rein kosmetischen Fußpflege Heilkunde im<br />

Sinne des Heilpraktikergesetzes ist. Sie<br />

darf nur von einem Arzt oder Heilpraktiker<br />

ausgeübt werden.<br />

Per Verordnung lassen sich gewisse Tätigkeiten<br />

an ausgebildete Fachberufe delegieren.<br />

Das Podologengesetz habe einen sol­<br />

Gesetze über Gesetze – und trotzdem bleiben viele Fragen offen.<br />

chen Fachberuf geschaffen, heißt es in<br />

einem Rundschreiben des ZFD. Das allerdings<br />

habe zur Folge, dass „medizinische<br />

Fußpflege nur noch (auf ärztliche Verordnung)<br />

den Podologen als anerkannter<br />

nichtärztlicher Heilberuf vorbehalten<br />

bleibt.“ Im Umkehrschluss bedeutet diese<br />

Rechtsauslegung: „Kosmetische Fußpfleger/<br />

innen dürfen weder selbstständig noch auf<br />

Kosmetische Fußpflege Medizinische Fußpflege<br />

n Der Fußpfleger wird im Vorfeld der medizinischen<br />

Versorgung tätig<br />

n fachgerechtes Schneiden der Nägel<br />

n Abtragen von Nagelverdickungen ohne<br />

pathologischen Befund<br />

n Sondieren der Nagelfalzen<br />

n Abtragen von Hautverdickungen (Hornhaut) ohne<br />

pathologischen Befund<br />

n unblutiges Entfernen von Hühneraugen<br />

n Anleitung zur präventiven Fußgymnastik<br />

n Durchführung präventiver Fußmassagen<br />

n Anleitung zur häuslichen Fußpflege<br />

n Beratung bei der Auswahl von Pflegemitteln<br />

n dekorative Pflege der Füße<br />

Empfehlung des Zentralverbands der Podologen und Fußpfleger Deutschlands e.V. (ZFD)<br />

SONDERAUSGABE BERUFSSTAND<br />

Veranlassung eines Arztes heilkund liche<br />

Tätigkeiten ausführen“, so das Bun desministerium<br />

für Gesundheit in einer<br />

Stellungnahme am 19. November 2007.<br />

Wenn jedoch Nicht­Podologen von der<br />

Tätigkeit der medizinischen Fußpflege<br />

aus geschlossen sind, dann dürfen sie<br />

konsequenterweise auch nicht mehr mit<br />

dieser Tätigkeit werben.<br />

n Nagelbehandlungen: richtiges Schneiden der Nägel,<br />

Behandlung eingerollter und eingewachsener Nägel,<br />

Nagelmykosen oder verdickter Nägel<br />

n Hyperkeratosenbehandlungen – Abtragen übermäßiger<br />

Hornhaut und Schwielen<br />

n Behandlung von Clavi und Verrucae – fachgerechtes<br />

Ent fernen und Behandeln von Hühneraugen und Warzen<br />

n Druck­ und Reibungsschutz – Maßnahmen zur Entlastung<br />

schmerzhafter Stellen<br />

n Orthonyxie – Anfertigung spezieller Nagelspangen<br />

n Orthesentechnik zur Druckentlastung<br />

n Nagelprothetik – künstlicher Nagelersatz<br />

n Fuß­ und Unterschenkelmassage – als therapeutische<br />

Maßnahme oder zur Steigerung des Wohlbefindens<br />

n allgemeine und individuelle Beratung


Ausblick<br />

Mehr Aufwand<br />

Medizinische Fußpflege kann nach Auffassung<br />

des ZFD und vieler Gesundheitsbehörden<br />

nur von qualifizierten Fachleuten<br />

betrieben werden, also von Podologen<br />

und medizinischen Fußpflegern. Wenn<br />

damit die Qualität der Versorgung steigt, ist<br />

dies ein durchaus legitimes Vorhaben.<br />

Wer als Nicht­Podologe bislang medizinische<br />

Fußpflege betreibt, sollte sich auf<br />

mögliche Veränderungen einstellen.<br />

Welche Leistungen Heilkunde sind, bleibt<br />

noch zu definieren. Wenn aber tatsächlich<br />

ein Großteil der medizinischen Fußpflege<br />

Heilkunde im Sinne des Gesetzes darstellt<br />

und nur auf ärztliche Anordnung beziehungsweise<br />

Verordnung betrieben werden<br />

kann, bleibt dies sicherlich nicht ohne<br />

Auswirkung auf die gesamte Profession.<br />

Welche Rolle spielen zum Beispiel Haus­<br />

und Fachärzte in dieser Konstellation?<br />

Ob ihr Aufwand für Inspektion, Diagnostik<br />

Interview<br />

Klare Abgrenzung<br />

Derzeit laufen seitens der Gesundheitsbehörden<br />

Bestrebungen, die Fußpflege<br />

weiter zu professionalisieren. Begründet<br />

wird dies mit dem Heilpraktikergesetz.<br />

<strong>FUSSPFLEGE</strong> <strong>AKTUELL</strong> sprach mit Peter<br />

Ellefret, Justitiar des Zentralverbands der<br />

Fußpfleger und Podologen in Deutschland<br />

e.V. darüber, was dies für den klassischen<br />

Fußpfleger bedeutet.<br />

Herr Ellefret, wie sieht die Zukunft des<br />

Nicht-Podologen aus?<br />

Wenn medizinische Fußpflege beziehungsweise<br />

deren Tätigkeiten tatsächlich<br />

zur Heilkunde zählen und gemäß Heilpraktikergesetz<br />

nur von einem Medizinalfachberuf<br />

(Podologe) und nur auf ärztliche<br />

Verordnung betrieben werden dürfen,<br />

bleibt dem Nicht­Podologen die kosmetische<br />

Fußpflege. Wellnessangebote, Massagen,<br />

Pediküre gehören zu den Kernaufgaben<br />

des Fußpflegers. Möglich ist aber<br />

und Überweisung ausreichend ver gütet<br />

wird, darf angesichts der bisherigen<br />

gesundheitspolitischen Entwicklung bezweifelt<br />

werden. Es ist daher nicht ausgeschlossen,<br />

dass vielmehr die podologische<br />

Behandlung selbst für die Arztpraxis an<br />

Attraktivität gewinnt, dann im Sinne einer<br />

individuellen Gesundheitsleistung (IGEL).<br />

So würde eine neue Konkurrenz situation<br />

für den selbstständigen Fußprofi entstehen.<br />

Und wie ist es mit dem Aufwand für die<br />

Patienten? Bei einem Fußproblem konnten<br />

sie bislang direkt in die Fußpflegepraxis<br />

gehen. Künftig benötigen sie für medizinische<br />

Fußpflegeleistungen eine ärztliche<br />

Verordnung, wobei auch noch die Praxisgebühr<br />

an fallen kann, wenn für die Anordnung<br />

der Arzt zu konsultieren ist. Daran<br />

schließt sich gleich die nächste Frage an,<br />

denn der Aufwand für heilkundliche Leistungen<br />

muss bezahlt werden. Hier gilt es<br />

auch, dass große, podologische Praxen<br />

einen Fußpfleger anstellen.<br />

Der Nicht­Podologe darf weder selbst<br />

noch auf Anordnung des Arztes heilkundliche<br />

Tätigkeiten ausführen. Die Tätigkeiten<br />

der medizinischen Fußpflege fallen<br />

weitest gehend hierunter. Im Rahmen der<br />

Übergangsregelung konnte jeder Nicht­<br />

Podo loge die entsprechenden Qualifikationen<br />

erzielen, um den Titel medizinischer<br />

Fußpfleger tragen zu können. Wer das<br />

nicht gemacht hat, sieht heute möglicherweise<br />

seine Existenz bedroht. Im Sinne einer<br />

sachgemäßen Versorgung der Bevölkerung<br />

erscheint uns dies aber hinnehmbar.<br />

Welcher akute Handlungsbedarf besteht,<br />

etwa im Bereich der Werbung oder auch<br />

in der Tätigkeit und im Einsatz von Arzneimitteln<br />

(z.B. GEHWOL Schälpaste)?<br />

Ich bin der Auffassung, dass die Werbung<br />

mit dem Begriff „medizinische Fußpflege“<br />

unzulässig ist, da sie gegen das Heilpraktikergesetz<br />

verstößt. Jeder, der die Ergänzungsprüfung<br />

in der fünfjährigen Übergangsfrist<br />

nicht gemacht hat, müsste also<br />

Firmenschild, Visitenkarten etc. ändern.<br />

Noch nicht geklärt ist, inwieweit der<br />

Umgang mit Arzneimitteln wie etwa die<br />

GEHWOL Schälpaste unter das Heilprakti­<br />

SONDERAUSGABE BERUFSSTAND<br />

zu verhandeln, welche Fußpflegeleis tungen<br />

über die Diabetiker­Versorgung hinaus<br />

in den Erstattungskatalog der ge setzlichen<br />

Krankenversicherung (GKV) aufgenommen<br />

werden können. Dass die öffentlichen<br />

Kosten träger an gesichts notorisch knapper<br />

Kassen jeden Cent verteidigen werden, ist<br />

wohl sicher. Ein anderes Problem ist die<br />

Frage der Versorgungskapazität. Ein Großteil<br />

der medizinischen Fußpflege wird von<br />

Fachpersonal zu leisten sein, dass quantitativ<br />

innerhalb der Profession den deutlich<br />

kleineren Part einnimmt.<br />

Eine durchaus zu begrüßende Initiative<br />

für mehr Qualität darf also keinesfalls<br />

dazu führen, dass es am Ende zwar mehr<br />

Qualität in der Behandlung gibt, aber<br />

zu wenig Personal, das den Bedarf an<br />

medizinischer Fußpflege deckt beziehungsweise<br />

decken darf. Leidtragender<br />

wäre in diesem Fall nur der Patient.<br />

kergesetz fällt. Ähnliches gilt für Medizinprodukte.<br />

Dies müssen wir nun klären.<br />

Wenn medizinische Fußpflege Heilkunde<br />

ist und demnach ärztlich verordnet werden<br />

muss, wie sieht der Verband die Rolle<br />

der Krankenkassen? Werden diese die<br />

Leistungen erstatten?<br />

Ein Erweitern des Leistungskatalogs der<br />

gesetzlichen Krankenkassen wird vermutlich<br />

nicht stattfinden. Wir arbeiten zwar daran,<br />

doch in der derzeitigen wirtschaftlichen<br />

Situation ist das schwierig. Bei privaten<br />

Kassen ist dies weniger problematisch.<br />

Welche Ziele verfolgt der ZFD?<br />

Unser Verband steht für Qualität. Wenn es<br />

um die medizinische Fußpflege geht, so<br />

kann diese unserer Auffassung nach nur<br />

von qualifizierten Fachleuten betrieben<br />

werden, also dem Podologen und medizinischen<br />

Fußpfleger. Wir wollen aber<br />

keineswegs den klassischen Fußpfleger aus<br />

dem Verband verbannen. Dieser hat ganz<br />

klar seine Berechtigung. Wie schon gesagt<br />

liegt sein Tätigkeitsfeld im Bereich der<br />

kosmetischen Fußpflege. Dieser wird darin<br />

ausgebildet und weiß anhand seiner<br />

Qualifikation, wie weit er gehen kann bzw.<br />

welche Tätigkeiten er durchführen darf.<br />

Ein wichtiges Ziel des ZFD ist somit die<br />

klare Abgrenzung des Berufsbildes.<br />

5


6<br />

Podologe/Fußpfleger<br />

„Jeder kann sich wehren“<br />

Wie bewerten Sie die Bestrebungen,<br />

medizinische Fußpflege dem Heilpraktikergesetz<br />

unterzuordnen?<br />

Das Podologengesetz hat bisher nur den<br />

Titel geschützt, aber nicht die Tätigkeit geregelt.<br />

Es ist verständlich, dass Podologenverbände<br />

dies stört und man dort glaubt,<br />

mit dem Heilpraktikergesetz eine Angriffsfläche<br />

gefunden zu haben. Die Fußpfleger<br />

sollen über entsprechende rechtliche<br />

Konstrukte ausgegrenzt werden, um die<br />

Honigquelle für sich allein anzuzapfen.<br />

Eine Abgrenzung nach kosmetischer und<br />

medizinischer Fußpflege klingt zwar auf<br />

den ersten Blick gut, doch bei genauerem<br />

Hinsehen ergeben sich daraus in der Praxis<br />

schwierige Situationen. Zurzeit hält aber<br />

die Verteidigungs linie noch. Wenn beispielsweise<br />

örtliche Behörden die Tätigkeit<br />

von Fußpflegern eingrenzen wollen, unterstützen<br />

wir unsere Mitglieder selbstverständlich<br />

mit einem juristisch geprüften<br />

und wirkungsvollen Schreiben.<br />

Welche Konsequenzen würden sich für<br />

den Fußpfleger ergeben?<br />

Unsere Meinung beim VFF ist, dass dann<br />

der Fußpfleger weitgehend draußen vor<br />

der Tür steht. Vielleicht schafft er es, qualifiziert<br />

arbeiten zu können, wenn er sich<br />

weitergebildet hat und die Qualifizierung<br />

auch mit aktuellen Zertifikaten dokumentieren<br />

kann – etwa im Bereich diabetischer<br />

Fuß oder Demenzkranke. Sicherlich würden<br />

aber Kassenabrechnungen und ärztliche<br />

Zuweisungen weitgehend ent fallen,<br />

vielleicht gilt dies dann auch für Heim­<br />

und Krankenhauseinsätze.<br />

Leider haben viele Fußpfleger über Jahre<br />

ihre Aus­ und Weiterbildung vernachlässigt,<br />

frei nach dem Motto: „Ich mache das<br />

schon über zehn Jahre lang und mir ist<br />

noch keiner tot vom Stuhl gefallen …“ Jetzt<br />

herrscht vielerorts Verunsicherung und<br />

Angst, und der Ruf nach Hilfe wird lauter.<br />

Das muss aber jeder selbst tun, zum Beispiel<br />

durch Qualifizierung und/oder dem<br />

Beitritt in einen Berufsverband.<br />

Das Bundesverwaltungsgericht ließ mit Urteil vom<br />

26. August 2009 eine sektorale Heilpraktikererlaubnis<br />

(med. Fußpflege) zu. Podologen können damit in<br />

Zukunft heilkundliche Tätigkeiten auch ohne ärztliche<br />

Verordnung ausführen. <strong>FUSSPFLEGE</strong> <strong>AKTUELL</strong> sprach<br />

mit Thomas Hoppstock, Vorstand der Vereinigung Freier<br />

Fußpfleger VFF e.V., über die Hintergründe.<br />

Wie sehen Sie die Zukunft?<br />

Die Welt um uns herum ändert sich,<br />

warum soll das ausgerechnet in der medizinischen<br />

Fußpflege anders sein? Irgendwann<br />

wird wohl der Gesetzgeber in einem<br />

Bundesland anfangen, die Tätigkeit von<br />

Fußpflegern und Podologen mittels Durchführungsverordnung<br />

zu definieren. Und<br />

dann geht es reihum und die anderen Länder<br />

ziehen nach. So war das auch damals<br />

bei den Hygieneverordnungen der Bundesländer.<br />

Wann das im Bereich der<br />

Fußpflege passiert, weiß aber heute keiner.<br />

Es gibt bereits einige Ämter, die Fußpflegern<br />

die Ausübung verschiedenster Tätigkeiten<br />

mit Bezug auf das Heilpraktikergesetz<br />

untersagen wollen, auch wenn diese<br />

SONDERAUSGABE BERUFSSTAND<br />

seit Jahren einwandfreie Arbeit leisten.<br />

Wie soll sich der Fußpfleger in einem<br />

solchen Fall verhalten?<br />

Jeder Einzelne kann sich wehren. Wer ein<br />

Schreiben vom Gesundheitsamt etwa mit<br />

einer Unterlassungsaufforderung erhält,<br />

sollte nachfragen, auf welcher gesetz­<br />

lichen Grundlage das geschieht. Fußpfleger<br />

sollten sich den Gesetzestext zeigen<br />

lassen. Am einfachsten ist es wohl, die<br />

Überraschungs korrespondenz gleich seinem<br />

ihn unterstützenden Berufsverband<br />

mit der Bitte um Hilfe zuzusenden. Wir<br />

beim VFF helfen unseren Mitgliedern,<br />

indem wir die Inhalte der behördlichen<br />

Aufforderung prüfen und von unserem<br />

Juristen ein passendes Antwortschreiben<br />

vorformu lieren. Das nimmt den Fußpfleger<br />

aus der Schusslinie.<br />

Was raten Sie Ihren Kolleginnen und<br />

Kollegen generell?<br />

Aus unserer Sicht ist langfristig das Wichtigste,<br />

sich regelmäßig mit schriftlicher<br />

Dokumentation weiterzuqualifizieren –<br />

zum Beispiel durch jährliche Messe­ und<br />

Kongressbesuche oder Fort­ und Weiterbildungen<br />

zu Themen wie etwa dem diabetischen<br />

Fuß. Damit dokumentieren Fußpfleger,<br />

dass Sie zu den „Guten“ gehören.<br />

Mit einer passenden Antwort auf eine behördliche Unterlassungsaufforderung<br />

kann sich der einzelne Fußpfleger wehren.


Sektorale Heilpraktikererlaubnis sorgt für mehr Selbständigkeit<br />

Auf eigene Verantwortung<br />

Medizinische Fußpflege beinhaltet Heilkunde. Daran besteht heute, 10 Jahre<br />

nach Inkrafttreten des Podologengesetzes (PodG), kaum noch Zweifel. Zumindest<br />

bemühen sich die einschlägigen Fachverbände um eine entsprechende<br />

Definition des Berufsbildes. Daraus resultiert jedoch ein ärztliches<br />

Abhängigkeitsverhältnis, aus dem nun ein neues Konstrukt verhelfen kann:<br />

die sektorale Heilpraktikererlaubnis für den Bereich Podologie.<br />

Nach dem Heilpraktikergesetz ist Heilkunde<br />

jede berufs­ oder gewerbsmäßig vorgenommene<br />

Tätigkeit zur Feststellung, Heilung<br />

oder Linderung von Krankheiten,<br />

Leiden oder Körperschäden. Somit macht<br />

die diagnostische, therapeutische und rehabilitative<br />

Arbeit am gesunden, geschädigten<br />

oder von Schädigung bedrohten Fuß<br />

sowie besonders die Behandlung von Risikopatienten<br />

wie Diabetikern, Rheumatikern<br />

und Blutern Fußpflege unmittelbar zur<br />

Heilkunde. Grundsätzlich darf Fußpflege<br />

im Sinne einer „nichtärztlichen Heilkunde<br />

am Fuß“ außer von Ärzten und Heilpraktikern<br />

nur von Podologen und medizinischen<br />

Fußpflegern nach PodG aufgrund ihrer<br />

Ausbildungsqualität ausgeübt werden.<br />

Allerdings erlaubt es das Heilpraktikergesetz<br />

nicht, dass Podologen und andere<br />

ihnen nach PodG gleichgestellte medizinische<br />

Fußpfleger Heilkunde selbständig<br />

ausüben. Es bedarf grundsätzlich immer<br />

einer ärztlichen Anordnung beziehungsweise<br />

Verordnung (Diabetiker).<br />

Mit der sogenannten sektoralen Heilpraktikererlaubnis<br />

zeichnet sich nun eine Möglichkeit<br />

ab, dieses Abhängigkeitsverhältnis<br />

zu durchbrechen. Podologen und medizinische<br />

Fußpfleger erhalten danach eine auf<br />

ihr Fachgebiet begrenzte Heilpraktikerzulassung<br />

und damit auch die Kompetenz,<br />

medizinische Fußpflege selbständig, das<br />

heißt ohne ärztliche Anordnung auszuüben<br />

und Risikopatienten eigenverantwortlich<br />

zu behandeln. Podologe oder<br />

medizinischer Fußpfleger nach PodG zu<br />

sein, reicht hierfür allerdings nicht aus.<br />

Wer diesen Weg gehen möchte, muss vielmehr<br />

einen formellen Antrag stellen und<br />

eine mündliche Prüfung ablegen.<br />

Durch die Prüfung muss der Podologe<br />

nachweisen, dass er die Grenzen seines<br />

Kompetenzbereiches sicher erkennt und<br />

weiß, ab wann er seinen Patienten einen<br />

Arztbesuch empfehlen muss. Bei der Prüfung<br />

geht es also nicht um Behandlungswissen,<br />

sondern darum, das eigene Handeln<br />

von der allgemeinen Heilkunde<br />

abgrenzen zu können. Wesentliche Prü­<br />

fungsinhalte sind die einschlägige Gesetzeskunde,<br />

Anamnese und Diagnosestellung,<br />

differenzialdiagnostisches Wissen,<br />

Dokumentation, Hygiene, Patienten­ und<br />

Therapeutensicherheit sowie Kenntnisse<br />

der Infektionskrankheiten (inkl. Behandlungsverbote<br />

nach Infektionsschutzgesetz).<br />

Die Heilpraktikerzulassung fällt in den<br />

Hoheitsbereich der Bundesländer. Dabei<br />

ist die Praxisniederlassung maßgeblich,<br />

nicht der Wohnort. Noch ist nicht abschließend<br />

geklärt, in welchen Ländern der Erwerb<br />

einer Zulassung möglich sein wird.<br />

Denn das rechtliche Fundament für die<br />

sektorale Heilpraktikererlaubnis bildet ein<br />

Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom<br />

26.08.2009, das sich jedoch auf die Berufsgruppe<br />

der Physiotherapeuten bezieht.<br />

Insofern müssen die Kommunen zunächst<br />

die Übertragbarkeit des Konstrukts feststellen.<br />

Auskünfte hierzu können beim Ordnungsamt,<br />

Gesundheitsamt oder beim<br />

Sozialministerium eingeholt werden. Zuletzt<br />

hatte Baden­Württemberg den Weg<br />

ge ebnet und im Oktober 2011 die ersten<br />

Prüfungen abgenommen. Spezielle Kurse<br />

bereiten auf die 40­minütige Prüfung<br />

vor. Die Seminarkosten liegen bei etwa<br />

500 Euro, das zeitliche Investment je nach<br />

Anbieter bei zirka sechs Monaten.<br />

Antrag richtig stellen<br />

SONDERAUSGABE BERUFSSTAND<br />

Die sektorale Heilpraktikererlaubnis bietet<br />

mehr Selbständigkeit, erfordert aber eine<br />

weitere staatliche Prüfung.<br />

Die sektorale Heilpraktikererlaubnis Podologie erfordert unter anderem einen<br />

form losen schriftlichen Antrag beim Ordnungsamt. Beizufügen sind:<br />

n Geburtsurkunde oder Geburtsschein<br />

n Aufenthaltsbescheinigung des Einwohnermeldeamtes<br />

n Lebenslauf<br />

n Schulabschlusszeugnis (mindestens Hauptschule)<br />

n mitgliederbezogene Unterlagen<br />

n amtliches Führungszeugnis (max. 3 Monate alt)<br />

n Gesundheitszeugnis (max. 3 Monate alt)<br />

n Erklärung, dass kein Strafverfahren oder Ermittlungsverfahren anhängig ist.<br />

n Nachweis über die abgeschlossene Ausbildung zum staatlich anerkannten Podologen<br />

n Erklärung, nur auf dem Gebiet der Podologie heilkundlich tätig werden zu wollen.<br />

(Einzelheiten vor Ort nachfragen)<br />

7


8<br />

Berufsstand Podologie<br />

Einstieg in den Heilberuf<br />

Herr Hoppstock, warum braucht es eine<br />

sektorale Heilpraktikererlaubnis?<br />

Dieser Vorschlag ist eine logische Konsequenz<br />

aus dem Versuch, medizinische<br />

Fußpflege als Heilkunde einzuführen.<br />

Nach dem Heilpraktikergesetz darf Heilkunde<br />

nur von Angehörigen eines Medizinalfachberufes<br />

getätigt werden. Einen<br />

sol chen Beruf hat das PodG ins Leben<br />

gerufen. Die Kehrseite der Medaille aber<br />

ist, dass sich die Podologen mit einer heilkundlichen<br />

Tätigkeit massiv in die Abhängig<br />

keit verordnender Ärzte begeben würden.<br />

Denn ohne Heilpraktikerzulassung<br />

erlaubt das Gesetz auch dem Podologen<br />

die Ausübung von Heilkunde nur auf<br />

Anweisung und unter ärztlicher Aufsicht.<br />

Um diesem Dilemma zu entgehen, sollen<br />

die Podologen jetzt Heilpraktiker werden.<br />

Liegt diese Entwicklung möglicherweise<br />

darin begründet, dass die Podologen<br />

durch das Podologengesetz und die Anstrengungen<br />

zur Berufsstandswahrung<br />

wirtschaftliche Nachteile erlitten haben?<br />

Ja, ich denke schon. Sicherlich haben sich<br />

die Verantwortlichen in den Verbänden<br />

alles viel einfacher und schöner vorgestellt:<br />

die Ärzte verordnen, die Kassen zahlen<br />

Das Bundesverwaltungsgericht ließ mit Urteil vom<br />

26. August 2009 eine sektorale Heilpraktikererlaubnis<br />

(med. Fußpflege) zu. Podologen können damit in<br />

Zukunft heilkundliche Tätigkeiten auch ohne ärztliche<br />

Verordnung ausführen. <strong>FUSSPFLEGE</strong> <strong>AKTUELL</strong> sprach<br />

mit Thomas Hoppstock, Vorstand der Vereinigung Freier<br />

Fußpfleger VFF e.V., über die Hintergründe.<br />

und in Zukunft wird alles durch die Überalterung<br />

der Gesellschaft noch viel schöner.<br />

Das ist bisher so nicht gekommen: Die<br />

Krankenkassen haben immer weniger<br />

Geld, die Ärzte schicken immer weniger<br />

Patienten, die Kassen verkomplizieren die<br />

Abrechnung und die Podologen warten<br />

lange auf ihre Vergütung. Mit „Wagner Stufe<br />

Null“ lässt sich sicher nicht „die Welt aus<br />

den Angeln heben“. Zudem ist Deutschland<br />

kein Land des Teilens. Weder Ärzte<br />

noch Orthopädieschuhmacher sagen:<br />

herein spaziert, herzlich willkommen am<br />

Kuchen. Das Problem der auf ein Minimum<br />

begrenzten Abrechnungsmöglichkeiten<br />

zulasten der GKV wird auch die<br />

Heilpraktikererlaubnis nicht lösen können.<br />

Welche Konsequenzen sehen Sie für den<br />

gesamten Berufsstand Fußpflege? Wird es<br />

eine Zwei-Klassen-Fußpflege geben?<br />

Das war bisher die Strategie der Verbände.<br />

Man versuchte per Gericht zu erreichen,<br />

dass die Podologen eine Erste­Klasse­Fußpflege<br />

betreiben dürfen. Den Fußpflegerinnen<br />

und Fußpflegern sollte – ungeachtet<br />

ihrer individuellen Qualifikation – die<br />

Pediküre bleiben. Alles Medizinische sollte<br />

von Schildern und Visitenkarten verschwin­<br />

Neben anderen Sektoren im Gesundheitswesen<br />

können nun auch Podologen sektorale<br />

Heilpraktiker werden.<br />

SONDERAUSGABE BERUFSSTAND<br />

den. Diese Vorgehensweise ist aber bislang<br />

vor den Gerichten klar gescheitert, nicht<br />

zuletzt, weil das PodG nur den reinen Titelschutz<br />

regelt. Für mich bleibt die berufsständische<br />

Spaltung ein Irrweg, der den<br />

meisten Fußspezialis ten und am Ende<br />

möglicherweise auch den Patienten nichts<br />

nutzt. Auch die Podologen haben keine<br />

wirtschaftlichen Vorteile.<br />

Das müssen Sie erklären. Die Teilheilpraktikererlaubnis<br />

verschafft den Podologen<br />

doch mehr Handlungsfreiheit?<br />

Das möglicherweise schon, jedoch zu<br />

welchem Preis? Man sollte sich auch vor<br />

Augen führen, was mit der sektoralen Heilpraktikererlaubnis<br />

verbunden ist. Zunächst<br />

einmal wird durch das bürokratische<br />

Zulassungsverfahren und die notwendige<br />

Prüfung ein erheblicher zeitlicher Aufwand<br />

entstehen, ohne dass hierdurch auch nur<br />

ein Cent mehr in die Kasse kommt. Denn<br />

wie gesagt, auf die Abrechnungsmöglichkeiten<br />

mit der Krankenkasse wird die Zulassung<br />

vermutlich keinen Einfluss haben.<br />

Andererseits führt die Ausgrenzung des<br />

überwiegenden Teils der FußpflegerInnen<br />

von der medizinischen Fußpflege zu Kapazitätsengpässen.<br />

Die meisten Podologen<br />

arbeiten ja jetzt schon am Limit. Darunter<br />

leiden diejenigen Patienten, die von ihrem<br />

langjährigen Stammfußpfleger nicht mehr<br />

behandelt werden dürfen, bei einem Podologen<br />

aber keinen Termin bekommen, weil<br />

dieser überlastet ist. Ein solches Szenario<br />

würde dem Qualitätsanspruch sicher nicht<br />

dienlich sein. Denn gute Qualität ist auch<br />

aufseiten der klassischen Fußpfleger vorhanden,<br />

begründet durch Erfahrung und<br />

Fortbildung. Diese Erfahrung nicht zu<br />

nutzen, bedeutet eher, am Markt vom<br />

Qualitäts anspruch Abschied zu nehmen.<br />

Vielen Dank für das Gespräch.


Podologe und medizinischer Fußpfleger<br />

Keine Werbung mit<br />

Selbstverständlichkeiten<br />

Seit dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm im Februar vergangenen Jahres scheint klar zu sein, dass Fußpfleger,<br />

die nicht Podologen oder medizinische Fußpflege nach dem Podologengesetz sind, mit dem Begriff „medizinische<br />

Fußpflege“ nicht werben dürfen, selbst wenn sie vorsorgende medizinische Fußpflege betreiben dürfen. Dies bleibt<br />

allein dem Medizinalfachberuf vorbehalten, der nun mit der Erteilung der sektoralen Heilpraktikererlaubnis von der<br />

ärztlichen Verordnung gelöst werden soll. Darüber und über die Möglichkeiten der Außendarstellung für Podologen<br />

und medizinische Fußpfleger sprach <strong>FUSSPFLEGE</strong> <strong>AKTUELL</strong> mit Peter Ellefret, Justitiar des Zentralverbandes<br />

der Podo logen und Fußpfleger in Deutschland e.V. (ZFD).<br />

Herr Ellefret, Sie als Justitiar sind für klare,<br />

eindeutige Bezeichnungen in der Außendarstellung.<br />

Dass Fußpfleger nicht medizinische<br />

Fußpflege zur Werbung nutzen<br />

können, ist nun klar. Worauf müssen Podologen<br />

und medizinische Fußpfleger achten?<br />

In der Außendarstellung der Podologen haben<br />

sich eine Reihe von Bezeichnungen<br />

eingeschlichen, die zum Mindesten problembehaftet<br />

sind. Darüber hinaus muss darauf<br />

geachtet werden, ob diese nicht sogar<br />

gegen Wettbewerbsrecht verstoßen. „Staatlich<br />

geprüfter Podologe“ beispielsweise<br />

erscheint mir wettbewerbswidrig, da nach<br />

geltendem Recht die Werbung mit Selbstverständlichkeiten<br />

unzulässig ist. Der Podologe<br />

ist staatlich geprüft.<br />

„Podologe aller Kassen“ könnte ebenso<br />

wettbewerbswidrig sein. In den seltensten<br />

Fällen sind es wirklich alle Kassen. Eine<br />

solch pauschale Aussage führt in die Irre,<br />

da es suggeriert, dass die Praxis fast ausschließlich<br />

mit Ärzten zusammenarbeitet.<br />

Tatsächlich machen die Kassenleistungen<br />

jedoch nur einen Bruchteil der Abrechnungen<br />

in einer Praxis aus.<br />

Ebenso können keine Bezeichnungen gewählt<br />

werden, die nicht auch tatsächlich<br />

begründet sind. „Diplom­Podologe“ ist<br />

beispielsweise wettbewerbswidrig, da der<br />

Anschein einer universitären Ausbildung<br />

erweckt wird. Ein Studiengang Podologie<br />

ist mir nicht bekannt. Ebenfalls wettbewerbswidrig<br />

ist „Fachfußpflege für Diabetes“,<br />

weil es dies nicht gibt. Bei einem Anwalt<br />

oder einem Arzt gibt es Fachgebiete.<br />

In der Fußpflege ist es noch nicht so weit.<br />

Meiner Meinung nach wäre zum Beispiel<br />

eine Spezifizierung wie etwa „Podologe,<br />

diabetische Fußbehandlungen“ möglich.<br />

Der Schwerpunkt der Tätigkeit sollte dann<br />

aber tatsächlich darauf liegen, also in der<br />

Praxis tatsächlich sehr viele Behandlungen<br />

am diabetischen Fuß durchgeführt werden.<br />

„Schwerpunktpraxis für diabetische<br />

Fußbehandlungen“ – es muss der Realität<br />

entsprechen – ginge vermutlich auch, ist<br />

aber in der Darstellung nach außen<br />

wieder etwas komplexer zu werten.<br />

Die sektorale Heilpraktikererlaubnis<br />

ermöglicht Podologen und medizinischen<br />

Fußpflegern nach Podologengesetz,<br />

Leistungen auszuführen, die<br />

ansonsten vom Arzt verordnet werden<br />

müssen. Worum geht es bei der Prüfung?<br />

Die sektorale Heilpraktikererlaubnis ist auf<br />

Länderebene geregelt. In vielen Bundesländern<br />

wie Baden­Württemberg, Hessen<br />

oder Berlin ist sie bereits umgesetzt. Ich gehe<br />

davon aus, dass auch die anderen Länder<br />

bald folgen. Auch die Prüfungsinhalte sind<br />

auf dieser Ebene geregelt. Dabei sind die<br />

Unterschiede enorm. Kern der Prüfung ist<br />

aber nicht Fußpflegewissen. Es geht vielmehr<br />

um Abgrenzung: Wie weit darf der<br />

Podologe oder medizinische Fußpfleger<br />

nach Podologengesetz behandeln und ab<br />

wann muss ein Arzt einbezogen werden?<br />

Wie ist die Resonanz?<br />

Es gibt einige Podologen und medizinische<br />

Fußpfleger, die eine Prüfung abgelegt und<br />

die sektorale Heilpraktikererlaubnis erworben<br />

haben. Insgesamt ist die Reaktion, wie<br />

fast immer, durchwachsen. Einige Engagierte<br />

begrüßen die Entwicklung hin zur<br />

SONDERAUSGABE BERUFSSTAND<br />

Neben anderen Sektoren im Gesundheitswesen<br />

können nun auch Podologen sektorale<br />

Heilpraktiker werden.<br />

sektoralen Heilpraktikerbefugnis, andere<br />

dagegen möchten nicht schon wieder eine<br />

Zusatzprüfung ablegen.<br />

Führt die sektorale Heilpraktikererlaubnis<br />

zu einer erhöhten Abrechnungsfähigkeit<br />

mit den Krankenkassen?<br />

Daran müssen wir arbeiten. Mit den Kassen<br />

besteht Klärungsbedarf. Konkrete Aussagen<br />

dazu lassen sich daher zu diesem Zeitpunkt<br />

noch nicht machen.<br />

Vielen Dank für das Gespräch.<br />

Peter Ellefret, Justitiar ZFD<br />

Immobilien­, Miet­, Erb­, Wettbewerbs­, Vereins­,<br />

Apotheken­ und das Recht der medizinischen Assistenzberufe<br />

sind die Fachgebiete des Juristen. Peter<br />

Ellefret ist unter anderem Rechtsanwalt und neben<br />

weiteren Tätigkeiten Justitiar des Zentralverbandes<br />

der Podo logen und Fußpfleger in Deutschland e.V.<br />

9


10<br />

Betriebswirtschaft<br />

Steigenden Kosten entgegnen<br />

Mit den Veränderungen des Berufsbildes haben sich die Anforderungen in der professionellen Fußpflege verändert.<br />

Die betriebswirtschaftliche Betrachtung zeigt, dass einerseits die Kostenbelastung einer podologischen Praxis hoch<br />

und andererseits die Einnahmemöglichkeiten begrenzt sind.<br />

Als 2002 das Podologengesetz in Kraft trat,<br />

war die Branche sich kaum über die Konsequenzen<br />

bewusst. Die Zuordnung der<br />

medizinischen Fußpflege zur heilkundlichen<br />

Tätigkeit erforderte die ärztliche Verordnung,<br />

damit beispielsweise am diabetischen<br />

Fuß gearbeitet beziehungsweise<br />

auch andere als Heilkunde eingestufte<br />

Maßnahmen der medizinischen Fußpflege<br />

ergriffen werden dürfen.<br />

Für den Patienten entsteht ein Mehraufwand,<br />

da er zunächst zum Arzt und unter<br />

Umständen die Praxisgebühr entrichten<br />

muss. Dieser verweist den Betroffenen an<br />

den Fußexperten. War der Patient zuerst in<br />

der Fußpflegepraxis, entsteht ein doppelter<br />

Umweg. Doch auch beim Podologen droht<br />

Mehraufwand durch die Kassenzulassung,<br />

obwohl diese ausschließlich für die Diabetikerbehandlung<br />

relevant ist.<br />

Kosten über Kosten<br />

Ein Beispiel dafür sind die besonderen Anforderungen,<br />

welche die Gesetzliche Krankenversicherung<br />

nach § 124 SGB V an Podologen<br />

im Falle einer Kassenzulassung<br />

stellt. Dazu gehört zum Beispiel das Fließen<br />

der Behandlungsräume bis unter die Decke.<br />

Alles muss leicht abwischbar sein und<br />

in Fugen darf sich kein Schmutz absetzen.<br />

Hygienepflichtanforderungen, Validierung<br />

und Wartung von Autoklaven, bauliche<br />

Bestimmungen oder Weiterbildung – all<br />

dies führt zu einer Belastung der Praxis, die<br />

über die Umsätze finanziert werden muss.<br />

Wer sich allerdings auf die Verordnung allein<br />

verlässt, wird nicht weit kommen.<br />

Es stellt sich die Frage, ob die Erstattungsbeträge<br />

der Krankenkassen die Kostenbelastung<br />

decken beziehungsweise einen<br />

Überschuss ermöglichen. Für eine podologische<br />

Komplexbehandlung liegen die Beträge<br />

zwischen 26 und 28 Euro in den alten<br />

sowie 20 bis 22 Euro in den neuen<br />

Bundesländern. Der Zuschlag für den ärztlich<br />

verordneten Hausbesuch liegt bei etwa<br />

7,20 Euro und etwa 9,40 Euro, wenn das<br />

Wegegeld eingerechnet wird. Die Erstattungsbeträge<br />

der Krankenkassen sind Komplettpreise,<br />

inklusive Verbrauchsmaterial,<br />

Amortisationskosten für technische Geräte<br />

oder gegebenenfalls Mehrwertsteuer.<br />

Auch für Podologen<br />

und<br />

Fußpfleger empfiehlt<br />

sich eine<br />

genaue Betrachtung<br />

der Einnahmen<br />

und Ausgaben.<br />

Acht mal 18<br />

Bei einer Gesamtbetrachtung<br />

der Kostensituation wird schnell<br />

klar, dass die Erstattungsbeträge<br />

Wünsche offen lassen. Wenn ein<br />

Fußprofi in seiner Praxis am Tag acht<br />

Kunden betreut, jeweils eine Komplexbehandlung<br />

macht und dies im Ideal fall<br />

18 Tage im Monat umsetzt, ergäben sich<br />

Einnahmen zwischen 3.000 bis 3.900 Euro.<br />

Dem gegenüber stehen allerdings erhebliche<br />

Kosten. So betragen die Betriebskosten<br />

je nach Lage, Ausstattung, Praxisgröße und<br />

anderen Kriterien schnell 2.000 Euro und<br />

mehr (siehe Beispiele auf Seite 11). Verbrauchsmaterialien<br />

wie Fräser, Schleifer<br />

oder Desinfektionsmittel sind in dieser<br />

Betrachtung noch nicht enthalten.<br />

Bei Fort­ und Weiterbildungskosten entstehen<br />

neben den Seminargebühren auch<br />

Ausfallkosten. Ein Tag Ausfall in der podologischen<br />

Praxis lässt sich etwa mit 200 bis<br />

250 Euro veranschlagen. Übrigens gehören<br />

Ausfallkosten auch dann in die<br />

Betrachtung, wenn aufgrund von regulatorischen<br />

Anforderungen Zeit für die Klientenbetreuung<br />

ausfällt.<br />

SONDERAUSGABE BERUFSSTAND<br />

Den Bedarf kennen<br />

Jeder sollte eine eigene Kalkulation<br />

mit den für ihn gültigen Kosten und Belastungen<br />

aufstellen. Nicht nur die Kostenstruktur<br />

ist individuell, sondern auch der<br />

private Bedarf und damit der benötigte<br />

Überschuss. Die Informationen über Kosten<br />

und Erlöse schaffen Klarheit in der eige nen<br />

Praxis und ermöglicht es, neue Anforderungen<br />

einfacher zu bewerten. Beispiel<br />

hierfür ist die bevorstehende Einführung<br />

der sektoralen Heilprakitikererlaubnis. Das<br />

Gerücht, dass damit die Verpflichtung zur<br />

Nutzung eines B­Autoklaven einhergeht,<br />

stimmt allerdings nicht. Dennoch entstehen<br />

Kosten für die Vorbereitung auf die Prüfung.<br />

Auch bei genauer Kenntnis über die Zahlen,<br />

handelt es sich meist um eine Mischkalkulation.<br />

Einige Füße sind in Ordnung.<br />

Dafür braucht der Fußexperte weniger<br />

Zeit, andere Füße machen mehr Aufwand,<br />

manchmal bedarf es gar eines Sanierungskonzeptes,<br />

zum Beispiel wenn das Fußproblem<br />

über Jahre entstanden ist. Die Erfahrung<br />

lehrt, dass eine Preiserhöhung im<br />

Bedarfsfall häufig schwer durchzusetzen ist.


Leistungen erweitern<br />

Um die Einnahmesituation zu verbessern,<br />

bietet sich der Ausbau von Geschäftsfeldern<br />

an. Das kann aufgrund von Belastungssituationen<br />

meist nur substitutiv erfolgen.<br />

Es führt also zu einer kaufmännischen<br />

Entscheidung, umsatzschwächere Tätigkeiten<br />

zu Gunsten von umsatzstärkeren Einnahmemöglichkeiten<br />

zu ersetzen.<br />

Denkbar wäre eine Neuausrichtung der eigenen<br />

Philosophie, ohne dabei den Kompetenzbereich<br />

zu verlassen. Versteht sich<br />

der Podologe als Gesundheitsunternehmer,<br />

gewinnt der Bereich der Prävention eine<br />

stärkere Bedeutung. Einige Praxen haben<br />

sich dafür den Wellnessbereich ausgebaut.<br />

Für Spa­Anwendungen ist der Kunde heute<br />

bereit, etwas mehr Geld auszugeben.<br />

Bestehendes ausbauen<br />

Im Bereich der Präparate­Empfehlung liegen<br />

nach wie vor enorme Umsatzpotenziale.<br />

Hier kann der Fußprofi seine Kompetenz<br />

mit einer Empfehlung verbinden.<br />

Vielfach schrecken Podologen und Fußpfleger<br />

immer noch vor einem Verkauf zurück,<br />

weil sie Angst haben, den Kunden zu<br />

verärgern oder zu verprellen. Dies geschieht<br />

in den wenigsten Fällen und vor<br />

allem dann nicht, wenn über die professionelle<br />

Beratung statt plumpe Anbiederung<br />

der Bedarf geweckt wird. Im Unterschied<br />

zum Verkauf erkennt der Kunde in der Beratung<br />

einen Service, der in erster Linie<br />

ihm selbst zu Gute kommt und konkret darin<br />

besteht, Fußproblemen künftig vorzubeugen.<br />

Da der Verkauf von kosmetischen Produkten<br />

im Gegensatz zu heilkundlichen Tätigkeiten<br />

der Mehrwertsteuer unterliegt,<br />

scheuen Fußspezialisten nicht selten eine<br />

getrennte Buchführung. Seit 1. Januar 2012<br />

gibt es aber entscheidende Veränderungen.<br />

Behandlungen, für die die Patienten die<br />

Kosten selber tragen, sind grundsätzlich<br />

nicht mehr als steuerbefreite Heilbehandlung<br />

anzusehen und mit sieben Prozent<br />

Umsatzsteuer zu berechnen. Dies gilt auch<br />

bei ärztlicher Verordnung. Für die Finanzbehörden<br />

handelt es sich um steuerpflichtige<br />

Präventionsmaßnahmen. Eine getrennte<br />

Buchführung wird in vielen Fällen damit<br />

– egal ob mit oder ohne angeschlossenen<br />

Präparateverkauf – obligatorisch.<br />

Auch wenn verschiedene Leistungsbereiche<br />

unterschiedlich besteuert werden, liefern<br />

diese einen Beitrag zur Praxisfinanzierung.<br />

Entscheidend für den Erfolg der<br />

Praxis bleibt die Kenntnis darüber, was auf<br />

der einen Seite an Kosten rausgeht und was<br />

auf der anderen Seite als Einnahme hereinkommt.<br />

Die betriebswirtschaftliche Betrachtung<br />

sollte daher in der podologischen Praxis<br />

zum Selbstverständnis gehören.<br />

Beispiel der monatlichen Betriebskosten<br />

einer Podologischen Praxis in den neuen Bundesländern<br />

Kunden am Tag: 10<br />

Arbeitstage pro Monat: 18<br />

Behandlungen pro Monat: 180<br />

Betriebskosten Euro Beschreibung<br />

Miete 600,00 anteilig auch im eigenen Haus<br />

Mietnebenkosten 170,00 anteilig auch im eigenen Haus<br />

Versicherungen 150,00 Brand / Wasserschäden / Diebstahl<br />

Rücklagen 250,00 Risiken wie Krankheit, Geräteausfall etc.<br />

Honorare 120,00 Steuerberater / Dekorateur<br />

Gebühren 50,00 Telefon, Internet, Kartenleser, Parken…<br />

Fortbildungen 50,00 Seminare / Bücher …<br />

Marketing/Werbung 150,00 Anzeigen / Messen / Arbeitskleidung…<br />

Bewirtungskosten 50,00 Getränke / Snacks<br />

Betriebskosten 50,00 Wasch­/Putzmittel, Wattepads, Toilettenpap…<br />

Kreditkartenzahlung 250,00 Behandlungsstuhl, Geräte…<br />

Personalkosten 0,00 Kein Personal<br />

Gewerbesteuer 0,00 nicht genannt<br />

Zwischensumme 1.890,00<br />

Wareneinsatz 130,00 Badezusatz für Füßbäder, Cremes …<br />

Ausgaben 2.020,00<br />

Beispiel der monatlichen Betriebskosten einer<br />

Podologischen Praxis in den alten Bundesländern (Businessplan)<br />

Kunden am Tag: 10<br />

Arbeitstage pro Monat: 14<br />

Behandlungen pro Monat: 140<br />

Betriebskosten Euro Beschreibung<br />

Miete 660,00 anteilig auch im eigenen Haus<br />

Mietnebenkosten 60,00 anteilig auch im eigenen Haus<br />

Versicherungen 20,00 Brand / Wasserschäden / Diebstahl<br />

Abschreibung 200,00 Praxisausstattung<br />

Honorare 50,00 Steuerberater<br />

Gebühren 60,00 Telefon, Internet, Kartenleser<br />

Marketing/Werbung 30,00 Anzeigen / Messen / Arbeitskleidung…<br />

Sonstige Betriebskosten 140,00 Wasch­/Putzmittel, Toilettenpap, Fortbild…<br />

Kreditratenzahlung 330,00 Behandlungsstuhl, Geräte…<br />

Reise­ und Fahrtkosten 270,00 PKW und sonstige Reisekosten<br />

Gewerbesteuer 0,00 nicht genannt<br />

Personalkosten 0,00 Kein Personal<br />

Gewerbesteuer 0,00 nicht genannt<br />

Zwischensumme 1.820,00<br />

Wareneinsatz 130,00 Badezusatz für Füßbäder, Cremes …<br />

Ausgaben 1.950,00<br />

SONDERAUSGABE BERUFSSTAND<br />

11


EDUARD GERLACH GmbH, Postfach 1249, 32292 Lübbecke, Telefon +49 (0)5741/330-0, Fax +49 (0)5741/347300, www.gehwol.de<br />

Importeur Österreich: SYNPHARMA GmbH, Postfach 4, A-5300 Hallwang bei Salzburg, Telefon +43 (0)662 /661375-0, Fax +43 (0)662/661941<br />

Importeur Schweiz: SIMON KELLER AG, Lyssachstrasse 83, CH-3400 Burgdorf, Telefon +41 (0)34/4200800, Fax +41 (0)34/4200801

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