Amag-Retail-Magazin - Goldwaschen
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in fahrt<br />
Waschtag am Rhein<br />
Wer in der Surselva einen ganzen Tag lang im Bachbett steht und nach Gold sucht,<br />
wird zwar nicht reich. Aber reich belohnt: mit einem Gefühl der ganz besonderen Art.<br />
UR<br />
Sedrun<br />
TEXT BARBARA SCHMUTZ // FOTOGRAFIE ROBERT HUBER<br />
In Bowil, einem Bauerndorf im Emmental, bietet<br />
sich dem Goldwaschlaien, der hierhin angereist ist, um<br />
die Schweizer Meisterschaft im <strong>Goldwaschen</strong> zu begutachten,<br />
ein gar wunderliches Bild: Auf einer akkurat<br />
gemähten Wiese steht eine Reihe giftgrüner Plastikbadewannen.<br />
«Herr Grundbacher», fragt der Laie den<br />
Präsidenten der Schweizerischen Goldwäschervereinigung,<br />
der gerade dabei ist, den Wasserstand in den Becken<br />
zu inspizieren, «das Gold, wird das etwa in diesen<br />
Becken gewaschen?» – «Sicher», sagt der Präsident,<br />
«wo denn sonst?» Und als er erklärt, dass die Bedingungen<br />
an einer Schweizer Meisterschaft schliesslich<br />
für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieselben sein<br />
müssten, sonst könne man wohl kaum von einer Meisterschaft<br />
sprechen, lässt die Sonne das Gold in seinen<br />
Zahnreihen aufblitzen. Die Bedingungen, das sind: eine<br />
Plastikbadewanne, versehen mit einer Holzlatte, die<br />
als Sitzgelegenheit oder Ablage dient, und ein Plastik<br />
Disentis<br />
Vorderrhein<br />
� Camping<br />
Fontanivas<br />
GR<br />
Lukmanier-<br />
Pass<br />
TI<br />
2 km<br />
In und um Disentis<br />
kübel, der 15 Kilogramm Kies fasst, versetzt mit acht<br />
Goldflittern. In einer der Wannen steht Rolf Messerli, ein<br />
Mann gross wie ein Grizzlybär. Eben hat er sich einen<br />
der Kübel geschnappt, den Inhalt in die Goldwaschpfanne<br />
geleert und schüttelt diese nun, was das Zeug<br />
hält. Wenige Minuten später hat er sämtliche Flitter aus<br />
dem Kies herausgefiltert. Ein Routinier. Das Goldwaschhandwerk<br />
hat er sich in Disentis angeeignet. «Komm<br />
mich mal besuchen», ruft er dem Laien zu, der sein<br />
Hantieren gebannt verfolgt hat, «am Wochenende stehe<br />
ich bei jedem Wetter im Vorderrhein.»<br />
Goldfieber in der Schweiz<br />
Faszination Gold. Seit der Goldpreis stetig am Steigen<br />
ist – seit Monaten pendelt das Kilo um die 38 000 Franken<br />
und präsentiert sich damit mehr als doppelt so<br />
teuer wie vor fünf Jahren –, ist auch hierzulande leichtes<br />
Goldfieber zu messen. Bijoutiers und Münzhänd<br />
<strong>Goldwaschen</strong> im Vorderrhein ist die eine Attraktion, die Disentis<br />
zu bieten hat, zu besichtigen aber gibt es noch mehr. Etwa<br />
das Museum La Truaisch in Sedrun, wo eine der wertvollsten<br />
Mineraliensammlungen der Schweiz gezeigt wird, oder das<br />
Klostermuseum Disentis. In der Nähe von Disentis, einen Kilometer<br />
im Boden unter Sedrun, wird am Gott hardBasistunnel<br />
gearbeitet: Auf dem AlpTransitTunnelpfad kann man sich<br />
über das Jahrhundertbauwerk informieren (nur nach Voranmeldung).<br />
Familien, die mehr als einen Tag bleiben möchten,<br />
werden sich im Hotel Disentiserhof wohlfühlen. Dieser wartet<br />
unter anderem auch mit einem Kinderschloss auf. Und wer<br />
selber im Vorderrhein Gold waschen will, meldet sich für einen<br />
Kurs am besten bei «GoldGusti» August Brändle an.<br />
‹<br />
internet www.disentiserhof.ch, www.alptransit.ch,<br />
www.gold-gusti.ch<br />
telefon Museum La truaisch, Sedrun, telefon 081 949 15 90;<br />
Klostermuseum Disentis, telefon 081 929 69 00.<br />
führungen auf der Baustelle des Gotthard-Basistunnels:<br />
Sedrun Disentis tourismus, telefon 081 920 40 30.<br />
Die Pfanne schütteln,<br />
bis die flitter<br />
blitzen: <strong>Goldwaschen</strong><br />
im Vorder rhein<br />
bei Disentis.<br />
36 37<br />
AMAG RETAIL MAGAZIN 3/10
hier sind die Profis am Werk: Schweizer Meisterschaften<br />
im <strong>Goldwaschen</strong> im bernischen Bowil.<br />
38<br />
Goldgrube Auto<br />
Allzu weit muss man gar nicht gehen – Gold<br />
findet sich auch im eigenen Auto, wenn<br />
auch in verschwindend geringen Mengen.<br />
Das Edelmetall glänzt nämlich auch mit<br />
einer exzellenten Korrosionsbeständigkeit<br />
und mit hoher elektrischer Leitfähigkeit.<br />
Legiert mit Kobalt oder Nickel, ist es ferner<br />
äusserst verschleissresistent. Die besten<br />
Bedingungen für den Einsatz bei hochsensiblen<br />
Steckverbindungen im Fahrzeug: Diese<br />
sind mit Gold beschichtet, um sie vor Oxidation<br />
zu schützen. Solche Verbindungen<br />
werden beispielsweise vereinzelt bei Airbags<br />
eingesetzt.<br />
ler berichten von Leuten, die ihren Familienschmuck,<br />
Goldvreneli, ja sogar Goldzähne verkaufen wollen. Und<br />
in der Surselva, der Talschaft des Vorderrheins, in der<br />
sich das goldhaltigste Gestein der Alpen befinden soll,<br />
14 Gramm Gold pro Tonne Gestein, hat sich letzten<br />
Sommer die kanadische Firma Murray Brook Minerals<br />
die Schürfrechte gesichert: Sie möchte diesen Frühling<br />
in drei Zonen, die in den Gemeinden Sumvitg, Medel<br />
und Disentis liegen, Probebohrungen durchführen.<br />
Der Goldwaschlaie fährt über den Oberalppass nach<br />
Disentis, zum Campingplatz Fontanivas. Er klettert aus<br />
dem Auto und stapft hinunter zum Fluss, wo seit den<br />
frühen Morgenstunden Rolf Messerli am Werken ist.<br />
Ein paar Flitter hat ihm die Büez bisher eingebracht,<br />
mehr nicht, und auch in den Wochen zuvor ist er nicht<br />
gross fündig geworden. Sein bestes Jahr war 2008<br />
mit einer Ausbeute von 42 Gramm Gold, darunter<br />
ein 5,7GrammNugget. Reich wird man mit <strong>Goldwaschen</strong><br />
nicht. Belohnt aber schon. «<strong>Goldwaschen</strong> beruhigt»,<br />
sagt Messerli. «Es befreit den Kopf von all dem<br />
Gerümpel, das sich im Alltag angesammelt hat, und<br />
es hält mich fit. Ich arbeite in einer Baustoffhandlung,<br />
AMAG RETAIL MAGAZIN 3/10<br />
sitze die meiste Zeit auf dem Stapler und bewege mich<br />
nicht gross. Ganz anders beim <strong>Goldwaschen</strong>. Hier bin<br />
ich den ganzen Tag am Machen und Tun.» Unentwegt<br />
schaufelt er Kies und Sand in einen Kessel und leert<br />
den Inhalt in die Goldwaschrinne, die er im Flussbett<br />
platziert hat. «Die Rinne», erklärt er, «funktio niert nach<br />
dem physikalischen Prinzip. Ich kippe das KiesSand<br />
Gemisch hinein, Wasser spült darüber, zerlegt das<br />
Gemisch, und das Gold, das darin enthalten ist und<br />
das rund achtmal schwerer ist als Gestein in derselben<br />
Grösse, setzt sich in der Rinne ab.»<br />
Bubieinfach, denkt der Laie. Weshalb lange mit der<br />
Goldwaschpfanne hantieren, wenn es eine Gerätschaft<br />
gibt, die einem die Arbeit abnimmt. Doch er<br />
wird umgehend eines Besseren belehrt: «Mit der<br />
Rinne kann man erst arbeiten, wenn man das Pfännele<br />
beherrscht», sagt Messerli. Denn was sich in der<br />
Goldwaschmaschine abgelagert hat, feiner Kies und<br />
Sand, wird am Ende des Tages in die Pfanne geleert<br />
und solange gewaschen, bis auf dem Pfannengrund<br />
die Flitter glänzen, die sich im Kies befunden haben.<br />
«Komm, probier auch mal», sagt Messerli und er reicht<br />
dem Laien Schaufel, Kessel und Pfanne he rüber. Der<br />
Laie füllt den Kessel, kippt den Inhalt in die Pfanne,<br />
schüttelt und rüttelt und sieht doch nur Kieselsteine.<br />
«Und?», fragt der Profi. «Nichts», sagt der Laie,<br />
«nicht einmal ein Stäubchen.» Und er versucht es<br />
noch einmal. Er schüttelt und rüttelt, er ruckelt und<br />
zuckelt. Einen halben Nachmittag lang. In den Ohren<br />
einzig das Rauschen des Bachs und das Gemurmel der<br />
Mitwaschenden. Und plötzlich wird ihm federleicht<br />
zumute, so wie in den Ferien, wenn er am Strand liegt<br />
und dem Käfer zuschaut, der versucht, die Schlaufen<br />
seines Frotteebadetuchs zu erklimmen, und darob<br />
vergisst, worüber er hatte nachdenken wollen. Wenn<br />
das nicht Gold wert ist.<br />
Goldwäscher rolf Messerli: Mit der rinne kann erst<br />
hantieren, wer das Pfännele beherrscht.<br />
in fahrt<br />
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