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Das Altonaer Rathaus in der NS-Zeit - Gegen Vergessen – Für ...

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Familien gründen. Es g<strong>in</strong>g sogar so weit, dass Junggesellen vom Dienstherren über<br />

die Gründe ihrer Ledigkeit befragt und ihnen nahegelegt wurde, diese rasch zu än<strong>der</strong>n.<br />

Es wurden Anzeigen gegen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes wegen Nichtbeflaggung<br />

o<strong>der</strong> Nichtspendens bei Sammelaktionen erstattet, die zur Entlassung führen<br />

konnten. 58 Unzuverlässigkeit dem Staat gegenüber wurde nicht geduldet. So wurde<br />

e<strong>in</strong>em Brückenarbeiter bei Neumühlen 1935 gekündigt, nachdem er sich während <strong>der</strong><br />

Dienstzeit abwertend über den Staat und hohe Vertreter des Staates geäußert hatte.<br />

<strong>Das</strong>s Oberbürgermeister Brix selbst die Entlassung des Mitarbeiters auf unterer Ebene<br />

anordnete, zeigt, welche Rolle <strong>der</strong> politischen Zuverlässigkeit e<strong>in</strong>geräumt wurde. Im<br />

Hamburger Tageblatt fand sich am 15. August unter dem Titel „Volksschädl<strong>in</strong>ge verurteilt“<br />

e<strong>in</strong>e Notiz über die Geldstrafe, zu <strong>der</strong> <strong>der</strong> Brückenwärter wegen se<strong>in</strong>er Äußerungen<br />

verurteilt wurde. Se<strong>in</strong>e Stelle wurde mit e<strong>in</strong>em „alten Kämpfer“ nachbesetzt. 59<br />

Diesem Konformitätsdruck war durch den Rückzug auf e<strong>in</strong>e unpolitische Fachkompetenz<br />

nur selten auszuweichen. Die Bediensteten wurden quasi zu politischen Beamten,<br />

<strong>der</strong>en Stellung und somit auch <strong>der</strong>en materielle Absicherung aus politischen Gründen<br />

stets zur Disposition standen. Die <strong>NS</strong>DAP kontrollierte und diszipl<strong>in</strong>ierte die öffentlich<br />

Bediensteten und band sie <strong>in</strong> hohem Maße e<strong>in</strong>. „Sie war gleichwohl nicht die Ka<strong>der</strong>schmiede<br />

für die öffentliche Verwaltung, aus <strong>der</strong> heraus Stellen und Ämter besetzt wurden.<br />

Bei aller E<strong>in</strong>flussnahme auf E<strong>in</strong>stellungen und Beför<strong>der</strong>ungen war die staatliche<br />

Personalpolitik <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zuständigkeit <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung verblieben.“ 60<br />

Groß-Hamburg<br />

Die größte Verän<strong>der</strong>ung ergab sich für Altona durch das Groß-Hamburg-Gesetz vom<br />

26. Januar 1937. Altona verlor se<strong>in</strong>en Status als eigenständige Stadt und wurde, wie<br />

an<strong>der</strong>e Orte auch, nach Hamburg e<strong>in</strong>geme<strong>in</strong>det. Bis zur E<strong>in</strong>geme<strong>in</strong>dung nach Hamburg<br />

1938 war Altona e<strong>in</strong>e eigenständige Stadt mit e<strong>in</strong>er ebensolchen Verwaltung,<br />

die hoheitliche Aufgaben wahrnahm. 61<br />

______________________________<br />

58 Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 53ff.<br />

59 Staatsarchiv Hamburg 424-4 M 589. Die Geldstrafe betrug mehr als e<strong>in</strong>en Monatslohn. Durch<br />

dieses Urteil und die Kündigung wurde dem Betroffenen se<strong>in</strong>e Existenzgrundlage genommen,<br />

wie aus e<strong>in</strong>igen Schreiben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Akte zu entnehmen ist.<br />

60 Lohalm, „…anständig und aufopferungsbereit“, S. 60.<br />

61 Diese umfassten nach dem Verwaltungsbericht <strong>der</strong> Stadt Altona für das Rechnungsjahr 1936<br />

folgende Bereiche: F<strong>in</strong>anzen, Bau- und Wohnungswesen, Polizei, Volkswohlfahrt, Gesundheitsund<br />

Körperpflege, Schulwesen, Kunst und Wissenschaft, Verkehr, Wirtschaft und Industrie.<br />

Gauleiter Lohse spricht im <strong>Altonaer</strong> <strong>Rathaus</strong> während des Festakts am 31. März 1937<br />

Quelle: <strong>Altonaer</strong> Stadtarchiv.<br />

<strong>Das</strong> Groß-Hamburg-Gesetz trat am 1. April 1937 <strong>in</strong> Kraft, was mit Feierlichkeiten<br />

für die Bevölkerung des neuen Gebietes verbunden wurde. 62 Mit e<strong>in</strong>em Festakt im<br />

Kollegiensaal des <strong>Altonaer</strong> <strong>Rathaus</strong>es wurde am 31. März das Ausscheiden <strong>der</strong><br />

Stadt Altona aus <strong>der</strong> preußischen Prov<strong>in</strong>z und dem Gau Schleswig-Holste<strong>in</strong>s von<br />

den nationalsozialistischen Machthabern begangen. Neben den Festrednern, <strong>NS</strong>-<br />

Gauleiter Lohse, dem <strong>Altonaer</strong> Oberbürgermeister Daniel und dem <strong>NS</strong>-Kreisleiter Altonas,<br />

Piwitt, war auch <strong>der</strong> Hamburger Reichsstatthalter Karl Kaufmann anwesend.<br />

Lohse wurde während des Festakts zum <strong>Altonaer</strong> Ehrenbürger ernannt sowie die<br />

geplante Umbenennung <strong>der</strong> Königstraße <strong>in</strong> H<strong>in</strong>rich-Lohse-Straße bekanntgegeben.<br />

Am nächsten Tag fand e<strong>in</strong> Festakt im Hamburger <strong>Rathaus</strong> statt, bei dem Reichs<strong>in</strong>nenm<strong>in</strong>ister<br />

Dr. Frick die ehemals preußischen Gebiete an Karl Kaufmann übergab.<br />

In se<strong>in</strong>er Rede betonte Dr. Frick die mit <strong>der</strong> E<strong>in</strong>geme<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>hergehende Effi-<br />

zienzsteigerung und Kostenreduzierung <strong>der</strong> Verwaltung. 63 <strong>Für</strong> e<strong>in</strong> Übergangsjahr war<br />

______________________________<br />

62 Berlage, Altona, S. 201.<br />

63 Berlage, Altona, S. 199f und Verwaltungsbericht <strong>der</strong> Stadt Altona für das Rechnungsjahr 1936.<br />

Altona 1938, S. 7f.<br />

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