12.07.2015 Aufrufe

1. Der Entschluss - bookshouse Verlag

1. Der Entschluss - bookshouse Verlag

1. Der Entschluss - bookshouse Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Andrea KlierSturmwind


Das Buch:Laura atmete tief durch und hob die Arme. In diesem Momentkam der Wind auf. Zuerst leicht, fast vorsichtig. Erwehte sanft und leise, dann wurde er immer stärker. DieBäume bogen sich im aufkommenden Sturm, während derWind heulend kleine Zweige nach oben wirbelte. Nur kurzdauerte dieses Schauspiel. Laura öffnete wieder die Augenund ließ die Arme sinken. Genau in diesem Augenblick legtesich auch der Sturm und alles war vorüber. Lea und Lottablickten sie entsetzt und sprachlos an.<strong>Der</strong> <strong>Entschluss</strong>, ihren beiden Freundinnen ihr lang gehütetesGeheimnis anzuvertrauen, ist erst der Anfang einerganz unglaublichen Suche nach Geheimnissen aus der Vergangenheit.Gemeinsam begeben sich die drei Mädchen aufeine Entdeckungsreise und ahnen nicht, dass ihr Weg vollerHindernisse und Gefahren ist, und sie immer tiefer in diegeheimnisvolle Welt der Magier und Hexen führen wird.Die Autorin:Andrea Klier arbeitet seit 1997als freie Autorin. Schon mit 11Jahren wollte sie Schriftstellerinwerden, doch bevor sich dieserTraum erfüllte, war sie über 24Jahre als Hebamme tätig. IhrRoman-Debüt »Sturmwind – DieTochter der Magie rin« wurde auchins Chinesische übersetzt undmit dem Li teraturpreis »Die Kalbacher Klapperschlange«für das beste Kinderbuch 2002 ausgezeichnet.www.andreaklier.org


Die Tochter der MagierinAndrea KlierRoman


SturmwindDie Tochter der MagierinAndrea KlierCopyright © 2013 at Bookshouse Ltd.,Villa Niki, 8722 Pano Akourdaleia, CyprusUmschlaggestaltung: © at Bookshouse Ltd.Coverabbildungen & Illustrationen: www.shutterstock.comKerstin Thieme (Korrektorat)Satz: at Bookshouse Ltd.Druck und Bindung: CPI booksPrinted in GermanyISBN: 978-9963-724-48-2 (Paperback)978-9963-724-51-2 (E-Book .mobi)978-9963-724-49-9 (E-Book .pdf)978-9963-724-50-5 (E-Book .epub)978-9963-724-52-9 (E-Book .prc)www.<strong>bookshouse</strong>.deRedigierte Fassung.Das Buch erschien bereits 2001 im Patmos <strong>Verlag</strong> sowie2010 bei Aaronis Collection.Urheberrechtlich geschütztes Material


<strong>1.</strong> <strong>Der</strong> <strong>Entschluss</strong>it Leichtigkeit kletterte die Katze auf den hohenKirschbaum und sprang mit einem Satz auf dasFensterbrett im dritten Stock. Ein eisiger Wind zerzau steihr schwarzes Fell, doch das Tier blieb geduldig vor demFenster sitzen und starrte in das Zimmer. Drinnen waralles dunkel. Die kahlen Äste raschelten im Wind und endlichging das Licht an.Mit einem Knall fiel die Zimmertür ins Schloss. Laurahämmerte wie eine Verrückte mit den Fäusten gegendie Wand, dann griff sie nach einem Schulordner undschleu derte ihn auf den Tisch. Wütend trat sie gegenden Schrank und fegte alle Bücher vom Regal. Einekleine violette Vase fiel zu Boden und zerbrach. Eswar ein Geschenk ihrer Mutter. Laura kniete erschrockendavor nieder. Ihr Zorn war schlagartig verflogen.Sie sammelte die Scherben auf, doch im gleichenAugenblick zuckte sie zusammen. Die Tür öffnetesich und ihr Vater stand vor ihr.»Nimm dich sofort zusammen! Auch wenn duheute zehn Jahre alt geworden bist, musst du tun, wasich dir sage. Du wirst deine Großmutter nicht wiedersehen.Das gilt seit dem Tod deiner Mutter und wirdauch weiterhin so bleiben. Ich hoffe, wir haben unsverstanden?«»Ich verstehe überhaupt nichts«, rief Laura. »SeitMama tot ist, darf ich nie mehr allein aus dem Haus7


gehen. Warum? Was hab ich denn verbrochen? Ichwill doch nur meine Großmutter besuchen. Sie magmich wenigstens, aber du hast sie ja noch nie leidenkönnen. Und ob du es hören willst oder nicht: MeineMutter war dort auch glück lich, viel glücklicher alshier bei dir.« Laura blickte in das versteinerte Gesichtihres Vaters. Sie wusste, dass sie ihn mit ihren Wortenverletzt hatte. Aber es war die Wahrheit.»Du wirst sie nicht wiedersehen, egal ob du esverstehst oder nicht.« Seine Stimme klang eiskalt. Erdrehte sich um und ver ließ ohne ein weiteres Wortdas Zimmer.Laura blickte hasserfüllt auf die geschlossene Türund nur die Scherben in ihren Händen verhinderteneinen neuen Wutanfall.Be hutsam legte sie die Reste der Vase auf dieKommode, nahm die Fotografie, die darauf stand, indie Hand und betrachtete lange das Bild ihrer Mutter.Sie war kurz nach ih rem fünften Geburtstag gestorben.Und seit diesem Tag hatte sich Lauras Lebenverändert.Am Anfang war ihr Va ter noch traurig und verzweifelt.Doch dann wurde er mit jedem Tag härter,ungerechter und verbitterter. Nichts konnte sie ihmmehr recht machen. Doch das Schlimmste war: Siedurfte ihre Großmutter nicht mehr sehen.Laura musste an ihre vielen Auseinandersetzungenüber diese Besuche denken. Sie hatte schnell gelernt,ihre Ge danken und Gefühle vor ihrem Vater zu verstecken.Doch es gab noch etwas, was sie nicht verstehenkonnte. Sie wusste damals schon, dass sie8


irgendwie anders war. An ders als andere Menschen,etwas stimmte nicht mit ihr. Laura wusste, dass sieeine Kraft besaß, deren Ursache sie nicht erklärenkonnte.Ein greller Blitz erhellte das Zimmer. Kurz daraufer tönte der Donner. Das Gewitter war nicht weitentfernt. Laura stellte das Bild ihrer Mutter wiederzurück auf sei nen Platz. Müde und enttäuscht legtesie sich auf ihr Bett und dachte noch lange nach. Dannfiel sie in einen unruhi gen Halbschlaf.<strong>Der</strong> Wind rüttelte am Fenster, als Laura von ihrerGroß mutter träumte. Ihr Gesicht war verschwommen,denn Laura konnte sich nicht mehr daran erinnern.Nur eines hatte sie nicht vergessen: ihre großen,schwarzen Augen. Genau die gleichen Augen, wiesie auch Laura und ihre Mutter hatten. Das Bild ihrerGroßmutter verschwand wie der und sie träumte vonLea und Lotta. Die Freundinnen tanzten im Kreis undschwebten wie auf Wolken. Dann näherten sie sichlautlos und hielten ihr lachend die Hände entgegen.<strong>Der</strong> Wind peitschte heftig gegen das Fenster undder Blitz schlug irgendwo in der Nähe ein. Laurazuckte zu sammen und öffnete die Augen.Ich muss mich den beiden anvertrauen, schosses ihr durch den Kopf. Sie sprang aus dem Bett undblickte aus dem Fenster. Draußen tobte der Sturm.Ein Schatten be wegte sich. Sie sah gerade noch, wiedie schwarze Katze auf den gegenüberliegendenKirschbaum sprang. Ent schlossen lehnte Laura ihreStirn an das kalte Fensterglas.9


Auch das mit dem Sturm würde sie ihnen erzählen.Eine Weile blickte sie noch hinaus und beobachtetedie Zweige im tobenden Wind, dann schaltetesie die kleine rote Lampe an ihrem Nachttisch an. InGedanken versun ken zog sie sich aus und ging insBett.Lange konnte sie nicht wieder einschlafen, sondernbetrachtete das Schatten spiel der tanzendenZweige an der Decke und lauschte dem Wind.Geschmeidig verließ die Katze ihren Platz und kletterte mitgroßer Geschwindigkeit den Baum hinunter. Dann verschwandsie in der Dunkelheit.10


2. Eine schrecklicheEntdeckungeise huschte Laura durch den Flur, um ihrenVater nicht zu wecken. Als sie die Küchebetrat, stand er jedoch so plötzlich vor ihr, dass siezusammen zuckte.Sie drehte sich so heftig um, dass eine Tasse vomTisch zu Boden fiel und zerbrach. Zornig starrte siehoch zu ihrem Vater, der zu ihrer Überraschunglächelte.»Du kannst einen genauso wütend ansehen wiedeine Mutter«, sagte er ruhig, während er sich bückteund die Scherben aufsammelte. »Du hast geradedeine Liebling stasse zerbrochen. Willst du sie dirwieder kleben oder sol len wir sie wegwerfen?«Weil Laura keine Antwort gab, ging er zumAbfalleimer und warf die Scherben hinein. Dannholte er aus dem Kü chenschrank eine andere Tasseund stellte sie auf den Tisch. »Setz dich, ich muss mitdir reden.«Damit hatte Laura nicht gerechnet. Noch nie hatteihr Vater nach einem Streit so mit ihr gesprochen.»Ich habe die ganze Nacht über dich nachgedacht.Unsere ewigen Streitereien müssen ein Ende haben.Du willst unbedingt deine Großmutter se hen, dochich habe gute Gründe, dir das zu verbieten. Es gibtDinge, die du noch nicht einschätzen kannst. Deine11


Mutter wollte im Falle ihres Todes keinerlei Kontaktzwischen dir und deiner Großmutter.« Streng sah erLaura in die Augen.Er lügt, dachte sie bei sich, hielt seinem Blick jedochtapfer stand. »Warum wollte Mama das nicht?«»Das werde ich dir an deinem achtzehntenGeburtstag mitteilen. So lange musst du nochGeduld haben und mir vertrauen.« Sein Blick warsehr eindringlich. Es schien, als versuchte er, all ihreGedanken zu lesen.»Wenn Mama es so wollte, versuche ich michdamit ab zufinden. Aber ich verstehe es nicht.«»Im Augenblick ist es nicht wichtig, ob du es verstehst.Eines Tages wirst du mir dafür dankbar sein.Lass uns Frieden schließen und uns bemühen, bessermiteinander auszukommen.« Er reichte ihr die Hand.Laura zögerte, doch dann legte sie sehr vorsichtigihre Finger in seine.»Nach dem Tod deiner Mutter hat sich deineGroßmutter nie wieder nach dir erkundigt. Schließlichwar sie da mals schon sehr alt. Und wer weiß, vielleichtlebt sie ja gar nicht mehr.«Hast du eine Ahnung, dachte Laura. Sie lebt undich werde sie bald sehen. Ihr Herz schlug heftig beidiesem Gedanken, doch sie verzog keine Miene.»Gut, dann haben wir jetzt alles geklärt«, sagte ihrVater zufrieden. »Bekommst du heute Be such?«»Ja«, antwortete sie schnell. »Lea und Lottakommen. Dürfen wir in den Wald? Es ist so schönesWetter.«Ihr Vater nickte.12


Solange sie in Beglei tung ihrer Freundinnen war,machte er sich keine Sorgen. Wahrscheinlich glaubteer, die beiden würden sie schon auf andere Gedan kenbringen. Sie sah seine Erleichterung, als er zu seinerKaffeetasse griff. Ihm kam garantiert nicht der leisesteVerdacht, wie sehr er sich getäuscht hatte.Schweigend beendeten sie das Frühstück undLaura war froh, als es zu Ende war.Laura lief unruhig in ihrem Zimmer auf und ab.Es schien, als würden sich die Zeiger der Uhr überhauptnicht vorwärts bewegen. Heute konnte sie eskaum erwar ten, ihre Freundinnen zu sehen. Zu langehatte sie sich ge scheut, mit irgendjemandem übersich zu sprechen. Doch jetzt wollte sie alles so schnellwie möglich loswerden. Wie eine eingesperrte Löwinrannte sie hin und her. Wo sollte sie nur beginnen,wenn sie ihren Freundinnen die ganze Ge schichteerzählen wollte? Würden sie, wenn sie alles gehörthatten, auch weiterhin zu ihr halten? Nervös lief siezum Fenster, doch im gleichen Augenblick ertönte dieKlingel. Sie rannte die Treppen hinunter und öffnetedie Tür.»Endlich!«»Was ist denn mit dir los?« Erstaunt betrachtetenLea und Lotta sie. Laura legte einen Finger an denMund und schlüpfte in ihren Mantel.»Lasst uns abhauen«, flüsterte sie und zog dieFreundin nen mit sich.Schnell gingen sie durch die Wohnsied lung in denWald.13


Keines der Mädchen bemerkte, dass sie in kurzem Abstandhinter ihnen herlief. Die Katze kletterte auf eine Birke, alsdie Freundinnen sich auf einen Baumstamm setzten undAtem holten. Aufmerk sam lauschte sie, was da untengesprochen wurde.»Nun sag doch endlich, was los ist!« Lea hielt dasSchweigen nicht mehr aus.Laura konnte unmöglich still sitzen und lief unruhigauf und ab. Dann blieb sie plötzlich stehen. »Wasich euch erzählen will, ist ziemlich merkwürdig. Esgeht dabei auch um die Familie meiner Mutter undmich. Irgendetwas stimmt nicht mit mir und ich kannein fach nicht herausfinden, was los ist.« Lotta wolltesie un terbrechen, doch Laura hielt sie davon ab. »Bitte,fragt jetzt nichts. Erst muss ich alles loswerden.« Sieblickte kurz in den strahlend blauen Himmel, dannstrich sie sich entschlossen die Haare aus der Stirn.»Alles hat mit dem Tod meiner Mutter angefangen.Ich vermisse sie so und ich finde es gemein, dassich über ih ren Tod genauso wenig weiß wie ihr. Sie istbei einem Un fall ums Leben gekommen. Angeblichwurde sie von ei nem umstürzenden Baum erschlagen.Aber wie das genau passiert ist, hat mir niemanderklärt.Ein Spaziergänger fand meine Mutter blutüberströmt,aber zu diesem Zeitpunkt war sie schon tot.Merkwürdigerweise lag der umgestürzte Baumzehn Meter von ihr entfernt. Es muss eine sehr dickeEiche ge wesen sein. Aber wie konnte meine Mutterzehn Meter weiterkriechen, wenn so ein schwerer14


Baumstamm auf sie gefallen war? Es ging langedas Gerücht um, dass es kein Unfall war, sondernMord. Mein Vater hat nie mit mir darüber geredet.Irgendetwas verheimlicht er mir. Das mei ste habe ichselbst herausgefunden, und zwar auf sehr son derbareWeise. Als meine Mutter starb, wusste ich, dass etwasSchreckliches passiert war, denn in dieser Nacht hatteich meinen ersten Traum.Ich träumte von einem Waldstück.Es war niemand da. Nur die Bäume bewegten sichlangsam im Wind. Plötzlich sah ich einen Schatten amBoden. Es schien, als schwebte ein großer Raubvogelam Himmel. Dann stand eine schwarze Gestalt zwischenden Bäumen. Es war die Gestalt eines Mannes.Er war sehr groß und beobachtete den Waldweg. Ertrug einen weiten, schwarzen Mantel und hatte dieKapuze tief über den Kopf gezogen. Und dann ist espassiert. Meine Mutter kam den Weg entlang. Bevorsie zu der Stelle kam, an der er stand, ver ließ sie denPfad und ging in den Wald. Langsam schlich er hinterher.Da drehte sich meine Mutter um. Doch es warzu spät.Er hielt irgendetwas in der Hand und schlug damitso fest auf meine Mutter ein, dass sie stürzte. Als sieblutend auf dem Waldboden lag, hob er die Hand.Danach ver schwand er spurlos. Es schien, als hätteer sich in Luft auf gelöst. In dem Augenblick fiel einegroße Eiche zu Boden. Sie krachte mit ungeheurerWucht genau auf die Stelle, an der meine Mutter lag.Die dicken Zweige begruben ihren Körper. HeftigerWind kam auf. Plötzlich sah ich eine Hand unter den15


Ästen des umgefallenen Baumes hervor schauen.Meine Mutter lebte noch.Langsam kroch sie unter dem Baum hervor undrichtete sich auf. Sie hob den Kopf, sah nach obenund ihre langen, schwarzen Haare wehten im Wind.Ganz deutlich sah ich ihr Gesicht. Ihre Augen warenmit Tränen gefüllt. Ich fühl te ihren Blick und sah, wiesie die Hand nach mir aus streckte. Sie sah mir direktin die Augen. Dann rief sie meinen Namen. Sie riefihn so laut, dass ich auf wachte. Ich dachte, sie wärebei mir, aber ich war allein und wusste, dass ich sienie mehr wiedersehen würde. Erst am nächsten Tagerzählte mir mein Vater, dass sie von ei nem Baumerschlagen wurde. Doch das habe ich nie ge glaubt.<strong>Der</strong> Grund dafür war nicht nur dieser eine Traum.Er war nur der Anfang einer Reihe von merkwürdigenDingen, die danach passiert sind.Mein Vater war die meiste Zeit völlig verzweifeltund wollte mich nicht sehen. Ich war ständig allein.So bin ich oft in den Wald gegangen. Zuerst ist es mirnicht aufgefal len, aber dann habe ich gemerkt, dassimmer, wenn ich den Weg verließ und den Waldbetrat, Wind aufkam. Es schien, als würde er michbegleiten. Und wenn der Wind bei mir war, fühlteich mich geborgen. Irgendwie erinnerte er mich anmeine Mutter. Ständig musste ich an meinen Traumdenken. Drei Tage nach dem schrecklichen Unglückfand ich auch die Stelle, an der es passiert war. Allessah genauso aus, wie ich es vorher geträumt hatte:die umgefal lene Eiche, die Sträucher und genau dieselbenLaubbäume.16


Zufällig habe ich später zwei Waldarbeiterbelauscht, die sich über den Unfall unterhielten. Ichhatte mich also nicht getäuscht. Es war wirklich dieStelle, an der meine Mutter ermordet wurde.Eine Woche nach dem Tod meiner Mutter war ihreTrauerfeier. Die halbe Stadt versammelte sich auf demFriedhof und das Getuschel war nicht zu überhören.Doch das interessierte mich nicht, denn ich konntenur an meine Mutter denken. Sie lag aufgebahrt inder kleinen Kapelle. Ihre Wunde am Kopf war kaumzu sehen und sie sah wun derschön aus. Nie werde ichvergessen, wie sie den Deckel des Sarges zugemachtund sie verbrannt haben. Mein Vater hat geweint undmir war eiskalt vor lauter Angst. Wir gin gen hinausins Freie, doch als wir den Friedhof überquer ten,bemerkte ich wieder einen Schatten am Boden.Es schien, als schwebte ein großer Raubvogel amHim mel.Plötzlich konnte ich mir alles erklären. In meinemTraum hatte ich doch das Gleiche gesehen. Und jetztsah ich ihn wieder: genau die gleiche Männergestalt,groß und von einem schwarzen Mantel umhüllt. Erstand abseits, hinter einem Baum, und überblickteden Platz. Dann war die Gestalt wieder verschwunden.Mir war unheimlich. Was wollte dieser Kerl vonuns? Sollte ich meinem Vater vielleicht doch alleserzählen? Ich sah mich verzweifelt um und suchtenach Hilfe. Und da sah ich sie. Sie saß auf ei nemBaum und musterte mich neugierig mit ihren grünenAugen. Es war eine kleine, schwarze Katze. Sie warnoch sehr winzig, wirkte aber nicht hilflos. Als ich17


sie ansah, sagte eine innere Stimme: Sei still, erzählenichts. Ich wurde wieder ruhiger und schwieg.Zu Hause rannte ich sofort in mein Zimmer.Plötzlich fiel mir meine Großmutter ein. Mit ihr könnteich über meine Ängste reden. Aber ich hatte sie seitWochen nicht gesehen. Auch auf der Trauerfeier warsie nicht gewesen. Ob ihr etwas zugestoßen war?Plötzlich wurde ich sehr müde. Ich schlief ein undwie der hatte ich einen Traum. Ich sah eine Gestaltvom Him mel schweben. Sie stürzte herab und tauchtezwischen den Bäumen wieder auf. Langsam kam sienäher. Das Gesicht war zuerst undeutlich, doch mitjedem Schritt erkannte ich mehr davon. Es war derMann im schwarzen Mantel. Immer näher bewegteer sich auf mich zu und ich spürte seinen Atem aufmeinen Wangen. Ich weiß, dass ich in dieser Nachtsein Gesicht ganz deutlich gesehen habe. Aber aufeinmal war alles dunkel. Meine Zimmertür schnappteins Schloss und ich wachte auf. Mir war schrecklichkalt. Doch das Schlimmste war: Ich konnte mich nichtmehr an sein Gesicht erinnern. Ich hatte es ver gessen.«Laura war mit ihrer Erzählung noch nicht am Ende.Nun kam der schwierigste Teil der Geschichte. Leaund Lotta wagten nicht, sie zu unterbrechen. Ganzstill stand Laura da und starrte in den Himmel. Einleichter Windstoß spielte in ihren Haaren. Wie gut,dass sie endlich den Mut gefunden hatte, alles zuerzählen. Sie atmete noch einmal tief durch und fuhrmit ihrer Geschichte fort. »Ich versuchte verzweifelt,mich an sein Gesicht zu erin nern, aber es gelangmir nicht. Ich kroch zum Lichtschalter und knipste18


die Nachttischlampe an. Da hörte ich ein Geräusch.Es kam von unten. Irgendwie klang es, als wäre dieHaustür zugefallen. Sicher war ich mir jedoch nicht.Es war mitten in der Nacht und wer sollte um dieseZeit noch bei meinem Vater sein? Obwohl ich wahnsinnigeAngst hatte, sprang ich aus dem Bett. Leiseöffnete ich meine Balkontür und lehnte mich über dasGeländer. An fangs erkannte ich in der Dunkelheitnichts, dann sah ich im Schein der Laterne den Mannvom Friedhof wieder. Es war dieselbe Gestalt wiein meinem Traum: umhüllt von einem schwarzenMantel, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen.Entsetzt rannte ich zurück in mein Zimmer undkroch zitternd unter die Bettdecke. Was suchte dieserKerl hier? Was wollte er bei meinem Vater? DieHaustür war zugefal len, er musste also im Hausgewesen sein. Und auch meine Tür hatte jemandzugemacht! Hatte ich seinen Atem ge spürt, weil er imZimmer war? In dieser Nacht konnte ich nicht mehrschlafen. Ich hoffte nur, dass meiner Großmutternichts passiert war. Sie wusste bestimmt noch nicht,dass meine Mutter tot war, sonst wäre sie längst zumir ge kommen.Am nächsten Morgen stand ich wie gewohntauf und frühstückte mit meinem Vater. Er sah sehrschlecht aus und tat mir leid. Trotzdem fragte ichihn gleich nach meiner Großmutter. Er schlug mitder Hand auf den Tisch und schrie mich an. Ein füralle Mal verbot er mir, von ihr zu sprechen. Und eskam noch schlimmer. Ich durfte sie nie mehr sehen.Ich habe das nicht verstanden, aber seit dieser Zeit19


wurde ich beobachtet und kontrolliert. Alles, wasmich wirklich interessierte, wurde mir verboten.Als er mich einmal beim Kartenlegen überraschte,wurde er so wütend, dass er das ganze Spiel ins Feuerwarf. Nie hat er mir erklärt, warum er das tut, undbald haben wir uns nur noch gestritten. Viele Dingekonnte ich nur heimlich tun. Regelmäßig wurde meinZimmer kontrolliert und ich wur de von ihm oder derHaushälterin überwacht. Erst seit wir drei zusammensind, darf ich weggehen, wenn eine von euch dabeiist.Gestern an meinem Geburtstag habe ich ihn nochein mal gefragt, ob ich meine Großmutter besuchendarf. Er hat seine Meinung nicht geändert und wirhatten deswegen einen schrecklichen Streit. HeuteMorgen haben wir uns zwar wieder vertragen, aberich muss herausfinden, was mit mir los ist. Ich willendlich meine Großmutter sehen und ich werde siesuchen. Doch dazu brauche ich eure Hil fe.«20


HexenkinderSabine BürgerISBNs:9789963724284 (P-Book)9789963724291 (.pdf)9789963724307 (.epub)9789963724314 (.mobi)9789963724321 (.prc)Preise:(E-Book & App) 4,99 EUR(P-Book) 12,99 EURAls die elfjährige Samantha von der abenteuerlichenZeitreise ihrer Mutter erfährt, beschließt sie, ebenfallsden Sprung durch die „Geheime Pforte“ zu wagen. Gemeinsammit ihren Freundinnen, den Zwillingen Antoniaund Anica, verschwindet sie in das mittelalterlicheMagdeburg. Eine geplante Hexenverbrennung stelltSamantha vor eine schwerwiegende Entscheidung, dochdas ist erst der Anfang ihres ungewöhnlichen Ausflugsin die Vergangenheit.Ob es die Begegnung mit Mathilda, der Tochter derKräuterfrau, den im Wald hausenden Gesetzlosen oderden Bergleuten ist, immer bleibt es für Samantha einKampf gegen den Aberglauben, die Grausamkeit unddie Ungewissheit der damaligen Zeit. Sie lernt Missgunstund Niedertracht kennen, erfährt aber auch Liebeund Zuneigung. Als sie schwer krank wird, kann nurnoch eine Rückkehr ins 2<strong>1.</strong> Jahrhundert sie retten, dochdiesen Weg hat sich Samantha verbaut ...


<strong>Der</strong> WisperwaldJörg BenneISBNs:978-9963-724-13-0 (P-Book)978-9963-724-14-7 (.pdf)978-9963-724-17-8 (.epub)978-9963-724-15-4 (.mobi)978-9963-724-16-1 (.prc)Preise:(E-Book & App) 3,99 EUR(P-Book) 10,99 EURVincent und Julian verbringen eine Woche bei ihrerGroßmutter auf dem Land. Als ihre Kaninchen in denangrenzenden Wisperwald entlaufen und sich dieungleichen Brüder auf die Suche machen, lernen sieschnell, warum der Wald diesen Namen trägt. Tiere undPflanzen können sprechen.Normalerweise beschützt der mutige Sentar Nuval allefriedlichen Waldbewohner und ihr besonderes Zuhause,doch der Bau eines Einkaufszentrums droht, alles zuzerstören. Jeder bisherige Versuch, das Unternehmen zustoppen, misslang. Vincent will unbedingt helfen undahnt nicht, in welch große Gefahr er sich damit bringt.


Prinz Leon und derSchwarze MagierPatrick GrasserISBNs:978-9963-724-23-9 (P-Book)978-9963-724-24-6 (.pdf)978-9963-724-25-3 (.epub)978-9963-724-26-0 (.mobi)978-9963-724-27-7 (.prc)Preise:(E-Book & App) 2,99 EUR(P-Book) 7,99 EUR<strong>Der</strong> 10-jährige Leon ist ein Außenseiter im Waisenheim.Als er vor einer Gruppe Jungen in den nahen Wald flüchtenmuss, versteckt er sich zitternd vor Angst in einemhohlen Baum und hofft, dass sie ihn nicht finden. Leonblickt seinen Widersachern fast ins Auge, da entpupptsich der morsche Baumstumpf als Tor zu einem verwunschenenKönigreich. Leon gerät in das Abenteuer seinesLebens. Noch ahnt er nicht, dass das Schicksal Rumìnsvon ihm abhängt. Als er erfährt, dass seine Eltern vondem dunklen Zauberer Obscurus gefangen gehaltenwerden, beginnt für ihn eine riskante Reise. Gemeinsammit seinem Drachenfreund Feo will Leon den Bann desBösen brechen, doch die Späher des dunklen Zaubererssind ihnen dicht auf den Fersen ...


Joline - GenTec GenesisJulia S. HeinrichISBNs:978-9963-722-67-9 (P-Book)978-9963-722-64-8 (.pdf)978-9963-722-65-5 (.epub)978-9963-722-63-1 (.mobi)978-9963-722-66-2 (.prc)Preise:(E-Book & App) 4,99 EUR(P-Book) 13,99 EUR„Ich konnte nicht abdrücken. Vor mir stand das hässlichstePferd, das ich jemals gesehen hatte, und ich konnte einfachnicht abdrücken.“Anfangs sind es noch die Neugier und ihre beste FreundinSina, die Joline in einen seltsamen Klub am Randeder Stadt treiben. Doch schnell stellt die 15-Jährigefest, dass es sich um einen Stützpunkt von Militantenhandelt. Eine Gruppe, die sich dem Kampf gegen dasGentechnik-Unternehmen verschrieben hat, in demJolines Vater als Forscher arbeitet. Nach anfänglichemMisstrauen erliegt Joline den Einflüsterungen des charismatischenAnführers Zerberus und schließt sich denAufständischen an. Ihr Auftrag: Die künstlich von PhönixGenTecgeschaffenen Tiere zu töten. Als sie im Waldder Firma auf eines der reproduzierten Wildpferde trifft,kommt alles anders als geplant – und Joline muss sichentscheiden, ob sie ihrem Verstand oder ihrem Herzenfolgen will ...


Ein herzlichesgeht an unsere TestleserinnenCarola K.-N., Ina S. und Alexandra Z.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!