2 Themen des MonatsGelebter AdventAm Rand die Mitte suchenWer den Advent dazu nutzen will, das Kindvon Bethlehem zu finden, darf nicht in denPalästen nach ihm suchen (auch nicht inden Einkaufs-Palästen)! Wer es finden will,suche auch nicht dort, wo die Mächtigen,Schönen und Reichen verkehren. Wer dasKind von Betlehem finden möchte, der suchebesser am Rand!In den Texten des Advents und auch inder Weihnachtsbotschaft (vgl. Lukas 2,1-20) stehen die Randfiguren in der Mitte.Da sind zum Beispiel die Hirten. Ihnenwird als ersten die frohe Botschaft verkündet,Schafhirten, die zu den untersten Rängender Gesellschaft gehörten, arm, bedeutungslosund verachtet, außerhalb der Siedlungenwohnhaft, „auf freiem Feld“.In der urchristlichen Sozialgeschichtewerden sie in der Gruppe genannt, die unterdem Existenzminimum lebt, zusammen mitden Bettlern, Waisen, Witwen, Prostituiertenund Banditen. Die Herden, die sie zu bewachenhaben, gehören reichen Leuten, diein der <strong>St</strong>adt wohnen. Diesen Hirten wird alsersten die frohe Botschaft verkündet.Gleichgültig, ob es sich hier um einen historischenBericht oder um eine mythologischeErzählung handelt, die darin steckendeWahrheit ist entscheidend:Personen rücken aus ihrem Schattendaseinins Licht, es wird hell für sie, sie erhaltenBeachtung und Würde. Randfiguren rückenin die Mitte!Auch Josef und seine hochschwangereMaria sind solche Randfiguren. Trotz ihrerprekären Situation finden sie vor Ort keinenordentlichen Platz, so dass ihr Kind in einem<strong>St</strong>all zur Welt kommen muss.„Advent“ bedeutet sprachlich „Ankunft“.Wer bei dem ankommen will, der da selberam Rande angekommen ist - in Betlehem,einem gott-verlassenen Ort, am Ende derWelt - der sollte also besser an die Rändergehen, auch heute!● An den Rand des Trubels und der Konsumschlachten,in die <strong>St</strong>ille;● an den Rand des Establishments, in diesozialen Brennpunkte und dort, wo die Festscheinwerferund Adventsblinklichter nichtmehr hinleuchten;● an den Rand der Welt, so wie uns dasadventliche Hilfswerk ADVENTIAT empfiehlt,zu den Ärmsten Lateinamerikas!Dreißig Jahre bleibt dieses Jesuskind amRand. Wir wissen von ihm aus dieser Zeitfast nichts, lediglich, dass sein Vater Zimmermannwar, ein Bauhandwerker, der nurso viel verdiente, dass er eine Familie mitfünf Buben und mehreren Mädchen (vgl.Markus 6,3) gerade so über Wasser haltenkonnte.Heranwachsend mitten in dieser Wirklichkeitmit ihren Konflikten, der wirtschaftlichenAusbeutung, den sozialen Umwälzungen,dem wachsenden Zerfall der Institutionen,den messianischen Ausbrüchen, wird Jesuszum Schüler der Ereignisse und entdeckt inihnen die Ankunft (Advent) der <strong>St</strong>unde Gottes.
Themen des Monats 3Als erwachsener Mann tritt er ins Rampenlichtder Öffentlichkeit. Nicht um Karrierezu machen, sondern er stellt sichauf die Seite der an den Rand Gedrängtenund der Ausgeschlossenen.Wenn wir bedenken, dass das Kind inder Krippe niemand anders ist als dieserJesus, sind wir sehr schnell der unverbindlichen,einlullenden, idyllischen Advents-und Weihnachtsromantik entkommen.Ich danke Ihnen deshalb, wenn Siesich an solchem Advent- und Weihnachtwerdenbeteiligen und ich wünsche, dassauch Sie, sollten Sie einmal ausgegrenztsein, wieder in die Mitte genommen werden.Versuchen wir es weiter, indem wir beidenen am Rande unsere Mitte suchen.In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einewachrüttelnde, gesegnete Advents- undWeihnachtszeit.IhrPfarrer <strong>St</strong>ephan Wolff