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Sowohl Karpfen und Graser als Karpfen und Brassen ... - x-treme bait

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Eigentlich geht es nicht: Habt<br />

Ihr mal versucht, anhand einiger<br />

pixeliger Standbilder einen<br />

Film nachzuerzählen? Nicht gerade<br />

die dankbarste Aufgabe.<br />

Und eigentlich sollte man sich die<br />

Unterwasseraufnahmen von Jan<br />

Hallermann <strong>und</strong> Klaus Rihm bei<br />

Gelegenheit selbst anschauen. Ich<br />

mag die Clips <strong>und</strong> halte sie für äußerst<br />

sehenswert. Eigentlich sogar<br />

noch mehr <strong>als</strong> die Korda-Videos.<br />

Vielleicht weil sie einzigartig sind: Wie<br />

verhalten sich verschiedene <strong>Karpfen</strong><br />

beim ungestörten Fressen? Dass<br />

nebenher geangelt wird ist eigentlich<br />

nebensächlich. Und dass letztlich<br />

kein <strong>Karpfen</strong> live gefangen wird,<br />

obwohl sie mehrm<strong>als</strong> nur Zentimeter<br />

neben dem Köder gründeln, tut<br />

der Spannung keinen Abbruch - im<br />

Gegenteil. Weil genau dadurch die<br />

Aufnahmen authentisch werden.<br />

Man wird nicht pausenlos beschallt,<br />

sondern darf selbst beobachten <strong>und</strong><br />

sehen. Und seine eigenen Rückschlüsse<br />

ziehen. Nicht so viel zu<br />

glauben, nicht so viel auf Meinungen<br />

<strong>und</strong> Antworten anderer zu geben,<br />

sondern selbst zu denken <strong>und</strong><br />

54<br />

selbst die richtigen Fragen zu stellen,<br />

das soll ja auch das Patenrezept<br />

zum Fang von möglichst vielen, möglichst<br />

großen <strong>Karpfen</strong> sein... immer<br />

<strong>und</strong> überall.<br />

Trotzdem werde ich einige vorsichtige<br />

Rückschlüsse wagen. Was sieht<br />

man <strong>als</strong>o? In einem See irgendwo in<br />

Deutschland wurden ein paar verflixt<br />

große <strong>Karpfen</strong> <strong>und</strong> <strong>Graser</strong> über Monate<br />

an Plätze gewöhnt <strong>und</strong> dann<br />

beim Fressen gefilmt. Neben einigen<br />

kleineren Fischen reden wir hier zum<br />

Zeitpunkt der Aufnahmen von einem<br />

Sechzigpfünder <strong>und</strong> wenigstens drei<br />

Vierzigern - absolute Starbesetzung,<br />

oder?<br />

Gefilmt wurde einerseits beim ungestörten<br />

Abräumen des Futterplatzes<br />

ohne Hakenköder, andererseits<br />

mit vor der Kamera ausgelegten Ködern.<br />

Vorurteile<br />

Beginnen wir mit den reinen Fütterungsclips,<br />

wo nicht gefischt wurde:<br />

Da wird ein Eimer Mais sowie ein<br />

paar Hand voll Boilies <strong>und</strong> Pellets auf<br />

den Gr<strong>und</strong> gekippt. Vor der Linse<br />

liegt <strong>als</strong>o ein ziemlich kompakter<br />

Haufen. Wenige Minuten später ist<br />

nicht nur ein großer Teil des Futters<br />

aufgeräumt, sondern auch gleich etliche<br />

Vorurteile über das Verhalten<br />

von Fischen dazu.<br />

Binnen Sek<strong>und</strong>en wimmelt es von<br />

handlangen Rotaugen. Sicher verschwinden<br />

sie bald, wie man annimmt,<br />

denn „die Großen vertreiben<br />

alle Kleinfische“. Sagt man ja so, weiß<br />

jeder. Aber stimmt das?<br />

Formulieren wir es so: Mal wuseln<br />

weniger, mal mehr Weißfische im<br />

Bild herum. Aber das größte Problem<br />

bei der Auswahl der Standbilder<br />

waren die Millionen ewig umherflitzender<br />

Rotaugen, die ständig die<br />

<strong>Karpfen</strong> <strong>und</strong> <strong>Graser</strong> verdeckten! Das<br />

einzig verlässliche Abschreckungsmittel<br />

blieb ein hungriger Hecht. Nur solange<br />

er um die Kamera kreiste, blieb<br />

es wenige Minuten lang kleinfischfrei<br />

(welch Erholung für die Augen).<br />

<strong>Sowohl</strong> <strong>Karpfen</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Graser</strong> <strong>als</strong> <strong>Karpfen</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Brassen</strong> fraßen zeitweilig<br />

Seite an Seite.<br />

Bei mir in der Weser-Region hört man<br />

übrigens öfters, dass auch <strong>Graser</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Karpfen</strong> nicht zusammen fressen<br />

würden, sondern sich sogar gegenseitig<br />

vertreiben. Tatsächlich fängt<br />

man oft nur die einen oder anderen<br />

unmittelbar hinterhereinander am gleichen<br />

Platz. Wir wissen nicht, wie<br />

es in anderen Seen aussieht, aber<br />

hier waren beide Maisliebhaber ständig<br />

nebeneinander am Fressen.<br />

Das Gleiche gilt für <strong>Karpfen</strong> <strong>und</strong> <strong>Brassen</strong>.<br />

Jahrelang waren Fallbisse für<br />

mich ein eindeutiges Signal für sofortigen<br />

Platzwechsel: Warum die<br />

Rute dort wieder auslegen, wo gerade<br />

keine <strong>Karpfen</strong> fressen?<br />

Dachte ich zumindest, da ich annahm,<br />

dass fressende <strong>Karpfen</strong> keine<br />

schleimige Konkurrenz in ihrer Nähe<br />

dulden würden. Na ja, das mag oft<br />

zutreffen, aber eben nicht immer:<br />

Hier sehen wir beide Schnauze an<br />

Schnauze nebeneinander gründeln.<br />

Es gibt sogar ein paar Sequenzen,<br />

bei denen man einen fast fünfzigpfündigen<br />

Schuppi in weniger <strong>als</strong><br />

zwei Metern Entfernung vor lauter<br />

<strong>Brassen</strong> nicht mehr sieht! Wie <strong>Karpfen</strong> fressen!<br />

Carp Mirror<br />

Sofort wimmelte der Platz von<br />

Kleinfischen...<br />

.. die sich auch von den<br />

<strong>Graser</strong>n <strong>und</strong> <strong>Karpfen</strong> nicht<br />

verscheuchen ließen.<br />

Gut, kommen wir endlich zu den<br />

<strong>Karpfen</strong>. Wer sagt übrigens, dass sie<br />

sich zum Fressen aufrichten müssen?<br />

Manchmal tun sie es, das<br />

stimmt, meist allerdings nur die<br />

Halbstarken. Je größer die Fische<br />

sind desto mehr rutschen sie einfach<br />

über den Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> schlürfen<br />

sich alles ein, was vor dem Rüssel<br />

liegt.<br />

Ich weiß, dass „über-den-Gr<strong>und</strong>rutschen-<strong>und</strong>-sich-alles-ziemlich-<br />

53<br />

Text: Jan Hallermann & Wulf Plickat<br />

Fotos: Jan Hallermann & Klaus Rihm


Die Kamera war direkt auf den kompakten Futterplatz ausgerichtet.<br />

Dieses Bild entstand beim Angeln, der helle Pop Up ist deutlich erkennbar.<br />

wahllos-reinsaugen“ nicht unbedingt<br />

den Gipfel deutscher Sprachkunst<br />

darstellt, aber, bitte, so ist es!<br />

Schaut selbst. Wie „enttäuschend“,<br />

im wahrsten Sinne des Wortes: Insgeheim<br />

hatte man ja erhofft, die<br />

ach so schlauen Fische würden zum<br />

Beispiel genau differenzieren zwischen<br />

leckeren Boilies oder profanem<br />

Mais. Vielleicht sogar mal ein<br />

paar Futterbrocken aus der Entfernung<br />

einsaugen <strong>und</strong> sofort wieder<br />

ausspucken, sowas liest man<br />

ja ständig.<br />

Vielleicht gibt es auch irgendwo<br />

<strong>Karpfen</strong>, wer weiß, die vielleicht jeden<br />

einzelnen Boilie mit der linken<br />

Brustflosse hochwirbeln <strong>und</strong> genau<br />

56<br />

beobachten, ob er nicht irgendwie<br />

auffällig zu Boden trudelt. Mag sein,<br />

man hört ja von der Insel auch ansonsten<br />

allerlei Merkwürdiges. Fragt<br />

man sich bloß, wie groß sie dabei in<br />

diesem See geworden wären? Bestimmt<br />

keine 40 oder 60 Pf<strong>und</strong> -<br />

längst hätte ihnen ein anderer Kollege<br />

den Happen vor der Nase weggeklaut!<br />

Nein, die nüchterne Realität sieht<br />

anders aus: Das Rüsselmaul wird<br />

auf den Gr<strong>und</strong> gepresst <strong>und</strong> dann<br />

alles wie ein Staubsauger eingeschlürft,<br />

das darf man ruhig wiederholen.<br />

Ich kann mir nur schwer<br />

vorstellen, dass der <strong>Karpfen</strong> dabei<br />

tatsächlich sieht, was er gerade inhaliert.<br />

Fische, die auf Sicht fressen,<br />

verhalten sich anders: Ein gutes Bei-<br />

Während die <strong>Graser</strong> wegen ihres oberständigen Mauls regelrechte<br />

Kopfstände machten, fraßen gerade die besseren <strong>Karpfen</strong> in normaler<br />

Schwimmhaltung, wie etwa der 60er, Kopfstände waren bei<br />

<strong>Karpfen</strong> eher selten <strong>und</strong> meist bei kleineren Fischen zu beobachten.<br />

spiel ist ein geschätzter Achtzehnpfünder,<br />

der über dem Gr<strong>und</strong> kreiste<br />

<strong>und</strong> sich gezielt ein paar Brocken<br />

herauspickte, bei den Großen haben<br />

wir dies nicht beobachtet, sie fraßen<br />

definitiv zu großen Teilen unselektiv.<br />

Und zwar bis zum letzten Hanfkörnchen.<br />

Je größer die Fische desto<br />

größer der Appetit. Wohl kein Zufall.<br />

Die <strong>Graser</strong> pickten sich quasi<br />

im Sturzflug ein Maul voller<br />

Mais...<br />

... wovon sie das Meiste allerdings<br />

beim Wegtschwimmen<br />

wieder ausspuckten.<br />

Kommen <strong>und</strong> Gehen<br />

Auffällig ist das ständige Kommen<br />

<strong>und</strong> Gehen. Meist fressen die Fische<br />

ein paar Brocken <strong>und</strong> verschwinden<br />

wieder, gleich ob <strong>Graser</strong> oder<br />

<strong>Karpfen</strong>: Einmal kam ein großer<br />

<strong>Graser</strong> 16 mal binnen einer St<strong>und</strong>e<br />

(danach war der Platz blank).<br />

Jeder Fisch verhält sich dabei etwas<br />

anders, der Sechzigpfünder verweilte<br />

zum Beispiel stets nur so kurz<br />

wie möglich an den Futterplatz <strong>und</strong><br />

kam auch nicht wieder. Der große<br />

Schuppenkarpfen dagegen war das<br />

andere Extrem, fraß sich bis zum<br />

Platzen voll <strong>und</strong> blieb dann gelegentlich<br />

auf dem Gr<strong>und</strong> liegen, <strong>als</strong> ob<br />

er sein Futter noch verteidigen wollte.<br />

Kein W<strong>und</strong>er, dass der Gierlappen<br />

mittlerweile auch die 60-Pf<strong>und</strong>-Marke<br />

geknackt hat...<br />

Aber das blieb die Ausnahme. Normalerweise<br />

verziehen sich die Karp-<br />

Endlich ein Biss<br />

vor laufender<br />

Kamera: Wild<br />

schüttelt sich<br />

der <strong>Graser</strong>, um<br />

Haken <strong>und</strong> Blei<br />

abzustreifen!<br />

fen nach ein paar Maul voll wieder<br />

<strong>und</strong> kommen - vielleicht - später wieder.<br />

Einige kamen öfters zurück <strong>als</strong><br />

andere, aber ob dies nun genau<br />

am Charakter der Fische lag oder<br />

am Angeldruck oder an der Tagesverfassung<br />

oder an den Sonnenflecken<br />

- wir wissen es nicht.<br />

Vorsicht vor Verallgemeinerungen<br />

Wir dürfen halt nie vergessen, dass<br />

es sich hierbei lediglich um Momentaufnahmen<br />

handelt. Das Verhalten<br />

von Fischen ist von unzähligen Faktoren<br />

abhängig. So wissen wir nichts<br />

von dem, was sich etwa nachts<br />

abspielt. Geschweige denn, was in<br />

anderen Seen passiert. Ob sich andere<br />

Fische woanders unter ähnlichen<br />

Bedingungen ähnlich verhalten<br />

würden, können wir nur vermuten.<br />

Außerdem wird es ziemlich schwer,<br />

überhaupt einen vergleichbaren See<br />

zu finden (<strong>und</strong> ich weiß, wovon ich<br />

spreche).<br />

Allein die Anordnung des Futterplatzes<br />

kann über so vieles entscheiden.<br />

Aus technischen Gründen wurde sehr<br />

kompakt gefüttert. Natürlich fraßen<br />

die Fische auch deswegen fast regungslos<br />

auf der Stelle, einzig der<br />

Rüssel war ständig in Bewegung.<br />

Warum sollte ein <strong>Karpfen</strong> auch beim<br />

Futtern zwischendurch einmal quer<br />

durch den Teich düsen, solange<br />

haufenweise Futter direkt vor seiner<br />

Schnauze liegt? Klar, dass er dann<br />

nur zentimeterweise voranschwebt.<br />

Ebenso klar ist aber auch, dass wir<br />

mit längeren Vorfächern keine Chance<br />

hätten: Solange der Fisch nicht das<br />

Vorfach strafft, kann er sich nicht<br />

gegen das Blei selbst anschlagen.<br />

Carp Mirror<br />

Wer sehr kompakt anfüttert, sollte<br />

eben auch mit sehr kompakten,<br />

sprich kurzen Rigs, fischen.<br />

Ein schönes Beispiel war ein bislang<br />

unbekannter Mitdreißiger, der<br />

plötzlich auf dem Video auftauchte<br />

<strong>und</strong> beileibe kein Kostverächter war.<br />

Alle <strong>Karpfen</strong> fraßen zwar weitgehend<br />

auf der Stelle, aber dieser<br />

war extrem: Rüssel auf den Gr<strong>und</strong><br />

gedrückt, alles eingesogen <strong>und</strong> an<br />

Ort <strong>und</strong> Stelle in Genießbares (Mais,<br />

Pellets, Boilies) sowie Ungenießbares<br />

(Steinchen, Zweige, Haken, Vorfächer)<br />

getrennt. Letzteres wurde ausgespuckt.<br />

Erst danach bewegte er sich<br />

ein kleines Stückchen weiter. Dass<br />

Jan ihn dann nach Ende der Dreharbeiten<br />

letztlich mit einem extrem<br />

kurzen Stiffrig dann doch erwischte,<br />

ist folgerichtig <strong>und</strong> good angling.<br />

Irreführend wäre es dagegen anzunehmen,<br />

dass äußerst kurze Stiffrigs<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich das Optimum darstellen<br />

würden: Was wäre, wenn<br />

sehr großflächig mit Boilies gefüttert<br />

worden wäre? Wenn die Fische<br />

beim Suchen der Boilies sehr wohl<br />

umherschwimmen hätten müssen?<br />

Man darf neugierig bleiben. Aus<br />

zuverlässlichen Quellen wurde mir<br />

zugetragen, dass mit einer Fortsetzung<br />

zu rechnen ist - mit etwas<br />

schwereren Darstellern.<br />

Zum Schluss möchten wir noch ein<br />

kurzes Dankeschön an Bernhard Kilian,<br />

www.x<strong>treme</strong><strong>bait</strong>.de <strong>und</strong> Christian<br />

Heymanns, www.successful-<strong>bait</strong>s.de<br />

sagen, die uns im zweiten Jahr tatkräftig<br />

mit Futter jeglicher Art unterstützten.<br />

Wulf Plickat


Hier gibt's keine Fische!<br />

Ein Interview mit Klaus Rihm<br />

Klaus, Du <strong>und</strong> Jan Hallermann habt<br />

fantastische Unterwasseraufnahmen<br />

gedreht: Wie lange fischt Du<br />

mittlerweile in diesem See?<br />

Oh, da muss ich etwas rechnen, Wulf.<br />

Mittlerweile dürften es 28 Jahre sein.<br />

Und es ist nie langweilig geworden?<br />

Nein, es ist <strong>und</strong> bleibt mein Lieblingsgewässer,<br />

mein persönliches<br />

Paradies. Wobei ich allerdings immer<br />

seltener tatsächlich fische, meist<br />

beobachte <strong>und</strong> tauche ich nur. Dies<br />

aber fast täglich.<br />

Und dabei ist Euch die Idee mit<br />

den Aufnahmen gekommen...?<br />

Die Idee gab es schon lange. Zuerst<br />

wollten wir nur Überwasser drehen.Aber<br />

da ich dort öfters gebadet<br />

habe <strong>und</strong> dabei immer wieder beobachten<br />

konnte, wie eingebrachtes<br />

Futter an bestimmten Stellen blitzschnell<br />

verschw<strong>und</strong>en war, wollten<br />

wir es halt genau wissen - naheliegend.<br />

In der Tat. Wer 40, 50, <strong>und</strong> 60-<br />

Pfünder beim Fressen filmt, weiß<br />

offensichtlich sehr genau, was er<br />

tut. Im Video sieht alles so spielerisch<br />

leicht aus...<br />

Na ja, abgesehen von ein paar kleineren<br />

technischen Problemen zu<br />

Anfang kannten wir halt die Fressplätze<br />

genau. Wir haben unsere<br />

Darsteller ja auch zwei Monate<br />

„trainiert“.<br />

Vor einigen Jahren war der Hot<br />

Spot mal ein kleiner Rücken. Heute<br />

ist dort weit <strong>und</strong> breit alles eben<br />

planiert, außer groben Kieseln fin-<br />

det man dort nix mehr. Alle Sedimente<br />

sind fortgespült <strong>und</strong> der kleine<br />

Unterwasserhügel mittlerweile völlig<br />

eingeebnet. Der zweite Platz liegt<br />

tiefer, an einer Kante. Hier hatten<br />

die Fische zeitweilig einen riesigen<br />

Trichter in den Gr<strong>und</strong> gewühlt...<br />

Ich musste den Futterplatz etwas<br />

verlegen, weil sie sonst den kompletten<br />

Steilabhang abgetragen hätten!<br />

[lacht]<br />

Wahnsinn. Was war für dich die<br />

größte Überraschung beim Betrachten<br />

des Filmmateri<strong>als</strong>?<br />

Zunächst natürlich, dass selbst in<br />

einem sehr vertrauten Umfeld stets<br />

Überraschungen möglich sind: Plötzlich<br />

tauchte auf dem Monitor ein uns<br />

völlig unbekannter Mitdreißiger auf...<br />

...der zudem sehr eifrig gefuttert<br />

hat!<br />

Ja, aber er fraß mehr auf der Stelle<br />

<strong>und</strong> bewegte sich beim Gründeln<br />

nicht. Jan hat ihn dann bald darauf<br />

mit einem sehr kurzen Stiffrig erwischt.<br />

Die zweite Überraschung war,<br />

wie oft tatsächlich <strong>Karpfen</strong> am Futterplatz<br />

aufgetaucht sind. Manchmal<br />

sieht man ja Fische rollen oder<br />

springen. Dann weißt Du, dass Du<br />

zumindest nicht völlig verkehrt gesessen<br />

hast <strong>und</strong> zumindest eine<br />

Chance da war. Aber wie oft bleibt<br />

alles ruhig? Kein Biss, keine Aktivität?<br />

Dann ist es leicht anzunehmen,<br />

dass keine Fische vor Ort waren<br />

- erst die Videoaufnahmen entlarven<br />

den Irrtum: Die <strong>Karpfen</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Graser</strong> sind da, wühlen den Gr<strong>und</strong><br />

blitzblank, verfehlen dabei den Köder<br />

nur um Haaresbreite <strong>und</strong> Du sitzt<br />

am Ufer <strong>und</strong> fragst, wo die Fische<br />

bloß stecken können. Oder zerbrichst<br />

dir den Kopf, warum sie schon wieder<br />

nicht fressen wollen.<br />

Hm, manchmal möchte ich das gar<br />

nicht so genau wissen, glaube ich.<br />

Ja, dann glaubt man schnell, dass es<br />

nicht genug Fische gibt...Viele Vereinsmitglieder<br />

haben jahrelang rumgemotzt,<br />

dass man endlich mal richtig<br />

besetzen müsse, weil sie nichts fingen.<br />

Sie glaubten einfach, dass es<br />

keine Fische gab. Ich konnt es nicht<br />

mehr hören! Wie oft habe ich mir<br />

den M<strong>und</strong> fusselig geredet, hab sogar<br />

vor Kollegen zum Beweis Rotaugen<br />

am laufenden Band gestippt.<br />

Aber das Gerede wollte partout nicht<br />

enden <strong>und</strong> es hieß: „Der Rihm, der<br />

schwätzt“! Aber nu’ ist Ruh (lacht)!<br />

Du hast Ihnen die Aufnahmen gezeigt?<br />

Ja. Auf der Weihnachtsfeier des<br />

Vereins: Das musste einfach sein.<br />

Vorher wurde viel geredet, viel<br />

geraucht. Aber <strong>als</strong> dann die ersten<br />

Rotaugenschwärme auftauchten,<br />

herrschte plötzlich Totenstille. Später,<br />

bei den <strong>Karpfen</strong> <strong>und</strong> <strong>Graser</strong>n,<br />

hat man nicht einmal mehr Zigaretten<br />

glimmen gesehen - der ganze<br />

Saal war sprachlos <strong>und</strong> starrte mit<br />

riesigen Augen gebannt auf die vielen<br />

Fische - seitdem ist Ruhe.<br />

Ich will auch so einen Film! (Gelächter)<br />

Mal eine andere Frage: Hat sich<br />

durch den Film Deine Art zu<br />

Fischen verändert?<br />

Ja, ich gehe wesentlich seltener los.<br />

Ich bin zwar fast täglich am See, um<br />

zu tauchen <strong>und</strong> etwas zu füttern,<br />

aber ich angle heute nur noch selten.<br />

Mir macht das Beobachten fast<br />

mehr Freude.<br />

Ich glaube, ich kann das verstehen.<br />

Für mich ist die Magie des<br />

Ungewissen die größte Triebfeder -<br />

wenn ich genau weiß, was ich<br />

Während die <strong>Graser</strong> ungeniert ausspuckten saugten die <strong>Karpfen</strong><br />

brav alles vom Gr<strong>und</strong> auf. Schwer vorstellbar, dass gerade der<br />

besonders gierige grofle Schuppenkarpfen irgendwas freiwillig wieder<br />

hergibt!<br />

fange, wird es schnell reizlos. Kein<br />

Zufall, dass viele meiner ehemaligen<br />

Angelfre<strong>und</strong>e sich mittlerweile<br />

Koiteiche gegraben haben...<br />

... bei mir sind es bloß keine Kois,<br />

sondern wilder Nachwuchs. Zur<br />

Zeit noch im ehemaligen Swimmingpool<br />

im Garten, aber keine Sorge,<br />

der wird bald vergrößert.<br />

Genau die richtige Frage für jemanden,<br />

der tagtäglich „seine“ Karp-<br />

fen beobachtet: Sind sie individualistisch?<br />

Besitzt jeder Fisch seinen<br />

eigenen Charakter?<br />

Ja, schon. Aber das Verhalten ändert<br />

sich: Angeldruck macht die<br />

Fische vorsichtiger. Früher war der<br />

große Spiegler wesentlich gieriger,<br />

heute taucht er immer nur einmal<br />

kurz auf dem Platz auf <strong>und</strong> geht<br />

wieder. Dafür sucht er andere Bereiche<br />

auf: Der einzige <strong>Karpfen</strong>, der<br />

sich direkt ans Ufer traut, ist der<br />

Große! Wenn ich einen <strong>Karpfen</strong> direkt<br />

am Rand, mitten im Uferkraut<br />

entdecke, ist dies stets der Siebziger.<br />

Interessant, sehr interessant. Alle<br />

großen Fische in zwei, drei mir sehr<br />

gut bekannten Seen kamen auf<br />

geworfene Ruten <strong>und</strong> nicht auf die<br />

weit hinausgefahrenen, dies nur so<br />

am Rande bemerkt. Eine letzte Frage:<br />

Was ist deiner Meinung nach<br />

das Wesentliche beim Fischen?<br />

Der Platz. Und Angeldruck: An<br />

dem See angeln auch andere, aber<br />

sie fangen nur sehr wenig. Wenn ich<br />

meine Stellen täglich beangeln<br />

würde, wären die Fische bald fort.<br />

Außerdem ist natürlich bekömmliches<br />

Futter entscheidend. Ich füttere<br />

sehr viel mit Mais <strong>und</strong> Weizen, daneben<br />

nur wenige, aber hochwertige<br />

Boilies. Trotzdem kann ich damit<br />

die <strong>Karpfen</strong> w<strong>und</strong>erbar bei Appetit<br />

halten <strong>und</strong> dies seit Jahren!<br />

Klaus, besten Dank für das nette<br />

Gespräch!<br />

58<br />

59<br />

Carp Mirror

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