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Die Dreifaltigkeit+kirce in Eber#adt - Geschichtsverein Eberstadt ...

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<strong>Die</strong> <strong>Dreifaltigkeit+kirce</strong> <strong>in</strong> <strong>Eber#adt</strong>E<strong>in</strong> Bericht über die Geschichte der alten Eberstädter Kirchevon Eberhard WeißgerberZum GeleitÜber die Geschichte der Dreifaltigkeitskirche, die von vielen Eberstädtern liebevoll „unser Kärch" genanntwird, ist bisher viel geschrieben worden. Doch zwei D<strong>in</strong>ge haben uns bewogen, noch e<strong>in</strong> weiteresBüchle<strong>in</strong> herauszugeben. Zum e<strong>in</strong>en wurden <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em der Bücher und Heimathefte die mehr als 12 Jahrhundertealte Geschichte unserer Kirche fortlaufend aufgezeichnet. <strong>Die</strong>s wollen wir hiermit nachholen, wobeider Charakter e<strong>in</strong>er Chronik nicht ganz zu vermeiden war. Zum anderen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den letzten beiden Jahrzehntendurch Archivfunde neue Erkenntnisse zu tage getreten, welche e<strong>in</strong>iges des früher geschriebenen widerlegen.Das soll hiermit nun berichtigt werden. E<strong>in</strong>en großen Teil der hier wiedergegebenen Daten undEreignisse entnahm ich dem - teilweise unveröffentlichten - Nachlaß me<strong>in</strong>es Vaters Wolfgang Weißgerber.Ihm sei dieses kle<strong>in</strong>e Heft gewidmet.Im November 1996Eberhard WeißgerberMöge Gott dieses se<strong>in</strong> Haus segnen und es uns noch lange erhalten und bewahren.Der Beg<strong>in</strong>n kirchlichen Lebens und e<strong>in</strong>er christlichen Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> <strong>Eberstadt</strong> ist uns leider unbekannt.Auch das Erbauungsjahr unserer Kirche liegt völlig im Dunkel. Wir wissen nur, daß sie dem Hl. Laurentiusgeweiht ist und se<strong>in</strong>en Namen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts trug. Allem Vermuten nach war sie ursprüngliche<strong>in</strong>e Eigenkirche, die im Stile der mittelalterlichen Frömmigkeit e<strong>in</strong> fränkischer Adliger zuse<strong>in</strong>em und se<strong>in</strong>er Familie Seelenheil stiftete. Für dies spricht vor allem die e<strong>in</strong>same Lage auf der Sanddüne,weit entfernt also vom ursprünglichen Dorfkern. Erst später wurde sie die Pfarrkirche von <strong>Eberstadt</strong>. DasPatro-z<strong>in</strong>ium dieser Kirche, St. Laurentius läßt auf e<strong>in</strong> Erbauungsjahr um 800 schließen.E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Rückblick auf die Geschichte von <strong>Eberstadt</strong> sei hier gestattet.<strong>Eberstadt</strong> wird im Lorscher Kodex erstmals im Jahre 782 erwähnt. Damals übergaben e<strong>in</strong> Herr Waltherund se<strong>in</strong>e Gemahl<strong>in</strong> Willisw<strong>in</strong>da ihren Besitz <strong>in</strong> Eberstat mit Äckern, Wiesen, Wald, Hofreiten und Wasser-- läufen dem Kloster Lorsch. Im Jahre 950 wird noch e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Grundstückstausch urkundlich bestätigt. Inbeiden Urkunden ist von e<strong>in</strong>er Kirche nicht die Rede. Das besagt allerd<strong>in</strong>gs nicht, daß Herr Walther und se<strong>in</strong>eGemahl<strong>in</strong> die Kirche <strong>in</strong> <strong>Eberstadt</strong> nicht selbst gestiftet haben könnten, es sagt aber auch nichts gegen dieseAnnahme, denn begüterte Adlige waren unsere beiden ersten Eberstädter ja wohl schon.Wir können also mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß es seit der Zeit um das Jahr 800 e<strong>in</strong>e EberstädterKirchengeschichte gibt. Wie sie <strong>in</strong> den ersten Jahrhunderten verlief, wissen wir leider nicht, denn dasDunkel der Geschichte liegt nun für e<strong>in</strong>e sehr lange Zeit über dem Dorf, se<strong>in</strong>en Menschen und se<strong>in</strong>er Kirche.Es erhellt sich erst, als die Burg Frankenste<strong>in</strong> erbaut und die dazugehörige Herrschaft begründet wird, zu der<strong>Eberstadt</strong> ja über 400 Jahre lang gehörte.


Erster schriftlicher Nachweis e<strong>in</strong>er Eberstädter Kirche im 13. JahrhundertHerr Konrad II. Reiz von Breuberg, der Erbauer der Burg (erst se<strong>in</strong>e Söhne nannten sich von Frankenste<strong>in</strong>)starb im Jahre 1264. In se<strong>in</strong>em Testament vermachte er eim phern zu Eberstat – also e<strong>in</strong>em EberstädterPfarrer – 13 Schill<strong>in</strong>g Heller, damit dieser ihm und se<strong>in</strong>er Familie Seelenmessen zum Jahresgedächtnis las.Somit haben wir den ersten urkundlichen Nachweis e<strong>in</strong>es Eberstädter Pfarrers und damit ja wohl auch e<strong>in</strong>erKirche. Wie dieser Pfarrer hieß und wie diese Kirche aussah, erfahren wir allerd<strong>in</strong>gs aus dieser Urkundenicht.Der erste namentlich benannte Pfarrer war e<strong>in</strong> Adliger namens Berchthold. Er gibt im Jahre 1333 vor e<strong>in</strong>emNotar die Erklärung ab, daß er ordnungsgemäß bestallter Pfarrer <strong>in</strong> <strong>Eberstadt</strong> ist, da ihm der EdelmannHerr Konrad von Franckenste<strong>in</strong>, Ritter und Patron der Pfarrkirche zu Eberstat dieselbe Kirche übertragenhabe. Außerdem bestätigt er se<strong>in</strong>e hierbei übernommene Verpflichtung e<strong>in</strong>en socium ständig dort zu unterhaltenund mit diesem täglich zwei Messen zu s<strong>in</strong>gen. Seit dieser Zeit s<strong>in</strong>d die Namen der Eberstädter Pfarrerfast alle bekannt.E<strong>in</strong> Jahr später, also 1334, wird der junge Edle Konrad von Bickenbach, der paffe, wie er <strong>in</strong> der Urkundegenannt wird, von se<strong>in</strong>em oheime Conrade von Franckenste<strong>in</strong> als Pfarrer <strong>in</strong> Ebirstat e<strong>in</strong>gestellt. Auch <strong>in</strong> dieserBestallungsurkunde ist neben dem pastorie auch e<strong>in</strong> vicarie bezeugt. E<strong>in</strong> Schriftstück aus dem Jahre1482 gibt uns dann endlich Auskunft über die Beschaffenheit unserer Kirche.Philippus senior de Franckenste<strong>in</strong> presentat Johan Vetter ad altare beate Mariae virg<strong>in</strong>is, S.S. Sebastianiet Cathar<strong>in</strong>ae <strong>in</strong> Ewerstat. Dom. p. festum S. Cathar<strong>in</strong>ae virg. 1482.Heute würden wir schreiben: Philipp von Franckenste<strong>in</strong> aus der älteren L<strong>in</strong>ie präsentiert den Pfarrer JohannVetter zum <strong>Die</strong>nst an den Altären der seligen Jungfrau Maria, dem Hl. Sebastian und der Hl. Kathar<strong>in</strong>a<strong>in</strong> <strong>Eberstadt</strong>. Ausgestellt am Sonntag nach dem Feste der Hl. Jungfrau Kathar<strong>in</strong>a. 1482.Wem Herr Philipp diesen Pfarrer Vetter empfiehlt, vielleicht dem Bischof (?) geht aus dieser Urkundenicht hervor, ist aber auch für die Geschichte unserer Kirche völlig belanglos. Wichtig für uns ist alle<strong>in</strong> derurkundliche Nachweis von drei Altären <strong>in</strong> unserer Kirche. Und das bereits im 15. Jahrhundert.Damit ist die frühere Vorstellung e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Kapelle, welche am Anfang des 16. Jahrhunderts zu e<strong>in</strong>erDorfkirche umgebaut wurde, wohl endgültig Legende geworden. Unsere Kirche hatte mit Sicherheit schonim 15. Jahrhundert die bis <strong>in</strong>s Jahr 1604 nachgewiesenen Innenmaße von 18,75m x 6,50m. <strong>Die</strong>se drei Altäreund die Grabstätten der Angehörigen der älteren L<strong>in</strong>ie derer von Franckenste<strong>in</strong> im Chorraum der Kirche erklärenauch dessen verhältnismäßig große Tiefe von 6,50m.Doch kehren wir noch e<strong>in</strong>mal zum Altar der Hl. Kathar<strong>in</strong>a zurück. Im Jahr 1433 unternahm Graf Philippd.Ä. von Katzenelnbogen mit e<strong>in</strong>igen adligen Herren, darunter auch Junker Konrad von Franckenste<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>ePilgerreise <strong>in</strong>s heilige Land. Im Kathar<strong>in</strong>enkloster am Berg S<strong>in</strong>ai erhielt Herr Konrad den Ritterschlag. Ob ernun aus Dankbarkeit für die Ehre des Ritterschlags im Kathar<strong>in</strong>enkloster und als Dank für die glücklicheHeimkehr e<strong>in</strong>en der Hl. Kathar<strong>in</strong>a geweihten Altar für unsere Kirche stiftete, werden wir wohl nie erfahren.Aber möglich wäre es schon.Zu Beg<strong>in</strong>n des 16. Jahrhunderts wurde dann die Ausstattung der Kirche wesentlich erweitert. Philipp vonFranckenste<strong>in</strong> stiftete 1506 e<strong>in</strong>en silbervergoldeten Kelch. Im Fuß e<strong>in</strong>graviert ist die Jahreszahl, der Namedes Stifters und der Name des Kelches St. Barbara. <strong>Die</strong>ser Kelch wird heute noch bei der Feier des HeiligenAbendmahles benutzt. Auch e<strong>in</strong>e ebenfalls noch benutzte mess<strong>in</strong>gvergoldete Taufkanne und e<strong>in</strong>e Taufschaleaus Mess<strong>in</strong>g - auf dem Boden e<strong>in</strong>e Treibarbeit, Adam und Eva darstellend - kamen h<strong>in</strong>zu. Und auch hierkönnen wir davon ausgehen, daß es sich um Stiftungen aus dem Hause Franckenste<strong>in</strong> handeltIm Jahre 1512 wurde e<strong>in</strong>e neue Glocke angeschafft. Ihre Inschrift lautet:SANCT ANNA GLOK HEIS ICH MEISTER HANS ZU FRANCKFORT GOS MICH MVXIISie hat alle Kriegswirren überstanden und ruft uns noch heute zu Andacht und Gebet. Auf sie s<strong>in</strong>d alleEberstädter Kirchen nach dem 2. Weltkrieg abgestimmt, zweiundzwanzig an der Zahl.Wie der Turm aussah, <strong>in</strong> dem die sie die ersten zehn Jahre h<strong>in</strong>, ist uns nicht bekannt, denn er wurde abgebrochenund 1523 durch e<strong>in</strong>en neuen ersetzt. <strong>Die</strong>ser dreigeschossige, neue Turm hat e<strong>in</strong>e Grundfläche von6,53m x 6,53m. Se<strong>in</strong>e Höhe betrug bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts 26 Meter. Er hatte e<strong>in</strong> mit Ziegeln gedecktesSatteldach, dessen Stirnseiten mit Treppengiebeln versehen waren. Es ist aber zu vermuten, daßunser Turm <strong>in</strong> früheren Jahrhunderten e<strong>in</strong>en achtseitigen Helm, ähnlich dem heutigen, anstelle des Sattel-


daches hatte, denn der Meisterspruch anläßlich der Aufsetzung des Wetterhahns 1851 wußte noch aus alterÜberlieferung zu berichten:Daß oft an diesem Turm gebautund se<strong>in</strong>er Spitze schlanker Bauerhob sich hoch zum Himmelsblau.Doch kaum erstand er schöner wieder,stürzt ihn die Wucht des Blitzes nieder.<strong>Die</strong> vier Ecken des Turmes s<strong>in</strong>d mit glattbehauenen, rechteckigen Sandste<strong>in</strong>blöcken hochgezogen, dieZwischenräume mit Bruchste<strong>in</strong>en ausgemauert. <strong>Die</strong> beiden oberen Geschosse haben mit Bohlen bedeckteHolzbalkendecken, das untere Geschoß, die ehemalige Läutestube ist e<strong>in</strong>gewölbt. Es handelt sich hierbei ume<strong>in</strong> e<strong>in</strong>faches Kreuzgewölbe mit gekehlten Rippen. Im Schlußste<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d die Jahreszahl 1523 und die BuchstabenV M e<strong>in</strong>gemeißelt. Vermutlich handelt es sich um die Anfangsbuchstaben des Ste<strong>in</strong>metzen.Über dem 1961 zugemauertenSüde<strong>in</strong>gang desTurmes f<strong>in</strong>den wir das <strong>in</strong>Sandste<strong>in</strong> gemeißelte AllianzwappenPhilipps IV.von Franckenste<strong>in</strong>, auchhier wieder mit der Jahreszahl1523. In der oberenReihe das franckenste<strong>in</strong>scheBeil für PhilippIV. und der Ste<strong>in</strong>bock fürdessen Frau MargaretheBock von Utt<strong>in</strong>gertal. Inder unteren Reihe dasWappen des Georg vonFranckenste<strong>in</strong>, Sohn desPhilipp und dessen FrauClara von Sternfels, Sternüber Felsen.Im Jahre 1536 erfolgtedann der erste Vorstoßseitens des hessischenLandgrafen, im franckenste<strong>in</strong>schenHerrschaftsgebietdie lutherische Lehree<strong>in</strong>zuführen. Hans IV. vonFranckenste<strong>in</strong> berichtet,Landgraf Philipp habe verlangt,er solle <strong>in</strong> se<strong>in</strong>enKirchen das Wort Gottes predigen lassen und die Messe samt allem Zeremonie ganz abschaffen. Hanslehnt strickt ab. Doch sechs Jahre später gibt er nach. Er wollte wohl se<strong>in</strong>en Pfarrern das Schicksal ihresGräfenhäuser Amtsbruders ersparen. Denn dieser wurde vom Landgrafen, da er noch die Messe hielt,e<strong>in</strong>fach nach Darmstadt <strong>in</strong>s Gefängnis geworfen.So steht denn am Donnerstag nach Epiphanias des Jahres 1542 der erste evangelische Pfarrer, MichaelSchaefer, am Altar der Eberstädter Kirche und empfängt aus der Hand se<strong>in</strong>es (nach wie vor katholischen)Herrn, des Junkers Hans von Franckenste<strong>in</strong>, se<strong>in</strong>e Bestallungsurkunde.


Wenige Jahre später beg<strong>in</strong>nt der schmalkaldische Krieg zwischen den protestantischen Fürsten unddem Kaiser, der für die Ersteren ungünstig verläuft. Landgraf Philipp wird 1549 <strong>in</strong> Halle verhaftet undvom Kaiser nach Holland <strong>in</strong> Haft gesetzt. Was wunder, wenn man auf dem Frankenste<strong>in</strong> frohlockt, dieevangelischen Pfarrer ausweist und wieder katholische Priester e<strong>in</strong>setzt. Doch das Blatt wendet sichbald wieder. 1552 wird Landgraf Philipp aus der Haft entlassen. Auf Anordnung des Super<strong>in</strong>tendentenNikolaus Fabricius <strong>in</strong> Darmstadt befiehlt der Oberamtmann Alexander von der Tann unter dem Datumvom B. März 1553 dem Hans von Franckenste<strong>in</strong> die beyden verdächtigen Pfarrer zu <strong>Eberstadt</strong> und Beerbachabzuschaffen. Junker Hans muß sich, obwohl dies e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Souveränität ist, fügen. Somitwird die Reformation <strong>in</strong> der Herrschaft Frankenste<strong>in</strong> zum zweitenmal und damit endgültig e<strong>in</strong>geführt.Der große Kirchenumbau 1604Im Jahre 1604 erfolgte dann e<strong>in</strong>e Verbreiterung des Langhauses nach Norden h<strong>in</strong> um 3 Meter auf 9,50m,also um 1/3 der seitherigen Gesamtgrundfläche. <strong>Die</strong>se Maße blieben bis 1912. Bei diesem Umbau wurdendie Mauern um 60 Zentimeter erhöht. <strong>Die</strong> Kirche bekam e<strong>in</strong>e neue Balkendecke und e<strong>in</strong> höheres und steileresDach. Decke und Dach s<strong>in</strong>d bis auf e<strong>in</strong>ige Balkenerneuerungen heute noch so erhalten. Der ursprünglicheDachansatz ist am Turm an der Speicherseite deutlich sichtbar. In diese neue Nordwand kamen auch zweiE<strong>in</strong>gangstüren. Somit konnte nun die Kirche auch vom Kirchhof aus betreten werden.<strong>Die</strong> gesamte Rechnung von diesem Umbau und e<strong>in</strong>e von dem langjährigen Eberstädter Pfarrer WolfgangWeißgerber angefertigte Übersetzung <strong>in</strong> unsere heutige Ausdrucksweise bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> unserem Pfarrarchiv.Aus ihr konnten wir unter anderem entnehmen, daß unsere Kirche vor 1604 bereits mit Emporen ausgestattetwar. Wir lesen hier unter den Baukosten: 2 Gulden Hans Wenig gegeben, daß er die alte Borkirche[Empore] abgebrochen. Der Schre<strong>in</strong>er bekam 13 Albus für zwei Eichenbohlen, aus der er die neue Kanzelanfertigen sollte. <strong>Die</strong> neue, dreiseitig umlaufende Empore steht nun auf Säulen aus Eichenholz, das im Bienwaldgeschlagen wurde. Das andere Fichtenholz stammt ebenfalls aus dem Geme<strong>in</strong>dewald. Von e<strong>in</strong>em neuenAltar ist <strong>in</strong> dieser Rechnung nicht die Rede, nur vom Abbruch des alten. Der vorhandene Taufste<strong>in</strong> dagegenwurde wieder verwendet. 4 Gulden 15 Albu , ihm dem Best, gegeben, die alte Kirche zu pflastern wie auchden Estrich zu machen, auch den Taufste<strong>in</strong> fortzurücken und wieder zu recht gesetzt.<strong>Die</strong>ser Kirchbau dauerte etwa 13 Monate und kostete 630 Gulden und 34 Albus. Davon entfielen auf re<strong>in</strong>eBaukosten 546 fl. 34 alb. Der Rest, 84 fl. 21. alb. war für Botenlohn und Verzehr. Wobei der Verzehr wohl e<strong>in</strong>erNaturalbesoldung gleichkam. So z.B. beim Aufschlagen vom Dach- und Deckengebälk. Am ersten Tagwaren vierzig Personen anwesend, am zweiten Tag waren es dreißig. <strong>Die</strong>se Personen waren vermutlich franckenste<strong>in</strong>scheLeibeigene, die zu Frondiensten herangezogen wurden und nur Essen und Tr<strong>in</strong>ken bekamen.Sehr wahrsche<strong>in</strong>lich geschah dieser Kirchbau auf Betreiben des Junkers Ludwig von Franckenste<strong>in</strong>, derdamals allerd<strong>in</strong>gs schon <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Hofgut <strong>in</strong> Oppenheim wohnte. Der damals 60jährige wollte dem verhaßtenLandgrafen gegenüber, der dauernd franckenste<strong>in</strong>sches Recht verletzte, noch e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Zeichen setzen.Er war der Herr der Eberstädter Kirche. Er hatte das Recht der Pfarrstellenbesetzung, das geistliche Aufsichtsrechtund die Kontrolle der kirchlichen Verwaltung durch Abhörung der Kastenrechnung. An dies alleser<strong>in</strong>nert die Sandste<strong>in</strong>tafel an der nördlichen Außenwand und Junker Ludwig starb im Jahre 1606; se<strong>in</strong>e Fraue<strong>in</strong>ige Jahre später. Beide fanden ihre letzte Ruhestätte <strong>in</strong> der Eberstädter Kirche. Sie waren die letzten ausdem Hause Franckenste<strong>in</strong>, die <strong>in</strong> der alten Laurentiuskirche begraben wurden.Im Juni 1622, vier Jahre nach Beg<strong>in</strong>n des 30jährigen Krieges, verwüsteten Söldnerhorden unter der Führungdes Grafen Ernst von Mansfeld unser Dorf. Auch das Pfarrhaus und die Kirche wurden nicht verschont.Als Kriegsbeute nahmen sie die mittlere Glocke mit. Noch übler erg<strong>in</strong>g es den Eberstädtern am 19. Januar1635. Fast alle Häuser wurden von der französischen Soldateska niedergebrannt. Kirche und Pfarrhaus wurdenzwar von dieser Brandschatzung verschont, aber durch bl<strong>in</strong>de Zerstörungswut erheblich <strong>in</strong> Mitleidenschaftgezogen.Von 1646 bis 1650 war die hiesige Pfarrstelle unbesetzt. Dann kam Magister Melchior Agricola als Pfarrernach <strong>Eberstadt</strong>. Er bleibt hier bis zu se<strong>in</strong>em Tode im Jahre 1675. Da alle Kirchenbücher im 30jährigen Kriegverloren g<strong>in</strong>gen, legte er unter dem Datum vom 1. September 1650 e<strong>in</strong> Neues mit Tauf-, Trau- und Sterberegisteran. In dieses Buch fügte er e<strong>in</strong>e Dorfbeschreibung e<strong>in</strong>. Hier<strong>in</strong> schildert er auch den Zustand der Kirche.Das Gestühl war verbrannt, Fenster und Türen zerstört und durch das Dach regnete es durch. Nicht vielbesser sah es im Pfarrhaus aus. Als dann die Zeiten wieder ruhiger wurden, begann man mit e<strong>in</strong>er notdürftigenReparatur.


Kirche und Pfarrhaus im 17. und 18. JahrhundertIm Jahre 1662 kam dann wieder e<strong>in</strong>e dritte Glocke <strong>in</strong> den Turm. Hierüber berichtet Pfarrer Agricola folgendes:... daff die hiesige Geme<strong>in</strong> aus ihren allgeme<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>künften e<strong>in</strong> Teil und e<strong>in</strong> jeder Geme<strong>in</strong>smannwie auch das Ges<strong>in</strong>de zusammengelegt und e<strong>in</strong> Glock so fünf Zentner schwer weniger dreissig Pfund zuHeidelberg durch Jacob Nottmann, Stück- und Glockengiesser, giessen lassen, kost der Zentner 30 Reichstalerund ist uffgehenkt worden am zweiten Augusti anno 1662.Im Jahre 1687 sollte dann endlich auch die Kirche wieder gründlich renoviert werden. Doch es fehlte wieüblich an Geld. Da kommt Pfarrer Justus Wolff e<strong>in</strong> kühner Plan: e<strong>in</strong>e groß angelegte Sammlung bei benachbartenund gutherzigen Christen. Daß dieses benachbart ziemlich großherzig ausgelegt wird, werden wirgleich sehen. Der Schre<strong>in</strong>ergeselle Johann Stoffel wird zum Collektor Stoffelius befördert und auf Reisen geschickt,um das riesige Gebiet zwischen Marburg im Norden und Augsburg, Ulm und Nürnberg im Süden zukolligieren. Er unternimmt drei Reisen, für die er <strong>in</strong>sgesamt etwa sieben Monate benötigt. Ob er mit e<strong>in</strong>emeigenen Pferd geritten ist oder mit der Postkutsche fuhr, ist leider nicht belegt. Er führt e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong>sledergebundenes Kollektenbuch mit sich, mit e<strong>in</strong>er Vorrede des Pfarrers und e<strong>in</strong> Siegel, das ihm als Ausweis dient.In dieses Buch, das heute unversehrt <strong>in</strong> unserem Pfarrarchiv liegt, trugen sich sämtliche Spender persönliche<strong>in</strong>. Dadurch erhielten wir auch e<strong>in</strong>e reichhaltige Unterschriftensammlung, zusammen mit alten Stadtsiegelnvon Nürnberg, Augsburg und Ulm. Stoffelius br<strong>in</strong>gt, nach Abzug aller Kosten, 112 Gulden und 15 Albusnach Hause. Nun stand e<strong>in</strong>er größeren Instandsetzung nichts mehr im Wege.<strong>Die</strong> Herkunft unseres zweiten Kelches erfahren wir aus e<strong>in</strong>em Buche<strong>in</strong>trag, der sich <strong>in</strong> unserem Archiv bef<strong>in</strong>det.1685 kaufte He<strong>in</strong>rich Hohenschild, als er zur zweiten Ehe schreiten wollte, e<strong>in</strong>en Kelch so h<strong>in</strong> führo vordie Kranken und solche Leute welche etwa mit e<strong>in</strong>em ansteckenden Leibschaden behaftet s<strong>in</strong>d zu gebrauchen.Gott gebe Kraft.Im Jahre 1692 spendeten der Schultheis Johann Wendel Mack und se<strong>in</strong>e Ehefrau Anna Margarethe unsererKirche e<strong>in</strong>e silbervergoldete Hostiendose. Auch sie ist bei Sakramentsfeiern heute noch <strong>in</strong> Gebrauch. E<strong>in</strong>Jahr vor se<strong>in</strong>em Tode, 1699, läßt Pfarrer Wolff e<strong>in</strong> neues Pfarrhaus, ja e<strong>in</strong> ganzes Gehöft mit Scheuer undStallungen erbauen. Das alte Pfarrhaus war durchaus nicht baufällig, Reste davon s<strong>in</strong>d noch vorhanden,sondern e<strong>in</strong>fach zu kle<strong>in</strong>. Denn es war ja vor langer Zeit für im Zölibat lebende katholische Priester und nichtfür meist k<strong>in</strong>derreiche, evangelische Pfarrer erbaut worden. 23 Jahre später kam noch e<strong>in</strong> Back- undKelterhaus dazu. <strong>Die</strong>s stand bis 1965.


Bis zum Jahre 1725 hatte unser Kirchturm ke<strong>in</strong>e Uhr. Dann wurde von e<strong>in</strong>em uns unbekannten SchlosseroderSchmiedemeister e<strong>in</strong>e angefertigt. Sie hatte allerd<strong>in</strong>gs nur den vollen Stundenschlag und nur e<strong>in</strong> Zifferblattnach Norden zu dem damals noch kle<strong>in</strong>en Dorfe h<strong>in</strong>. An der Kirche selbst geschah zwischen 1688 und1851, außer dem Anbau e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Sakristei im Jahr 1735 an der Südseite des Langhauses, so gut wienichts. Aus zeitgenössischen Überlieferungen geht hervor, daß unsere Kirche damals e<strong>in</strong>e der schlechtestenim ganzen Lande war. Im gleichen Jahr stiftete der Unterwiesenmüller He<strong>in</strong>rich Hochschild e<strong>in</strong>en Taufengel.Er h<strong>in</strong>g dann fast 180 Jahre unter der Kirchendecke über dem Taufbecken. Bei Taufen ließ ihn der Glöckneran e<strong>in</strong>em Seil herunter. Als nicht mehr zeitgemäß verbannte man ihn beim Umbau 1912 auf den Kirchenspeicher.Dort wurde er um 1970 wieder entdeckt und restauriert. Seit dieser Zeit hängt er l<strong>in</strong>ks nebender Chornische.Seit vielen Jahrhunderten fanden die Eberstädter ihre letzte Ruhe auf dem Friedhof rund um ihre Kirche.Doch durch das rasche Anwachsen der Bevölkerung im 19. Jahrhundert wurde dieser Platz zu kle<strong>in</strong>. Deshalblegte die bürgerliche Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> den Jahren 1837/38 an der Seeheimer Straße den heutigen Friedhof an. Inunserem Sterberegister bef<strong>in</strong>det sich hierüber folgender E<strong>in</strong>trag: Im Jahr Christi am achtundzwanzigsten Oktober1838, wurde Georg Wiemer, alt drey Monate und sechsundzwanzig Tage, vormittags um neun Uhr,christlichem Gebrauch nach zur Erde bestattet. An den Rand schrieb Pfarrer Justus Guntrum: Mit diesemK<strong>in</strong>de wurde der Anfang auf dem neu angelegten Friedhof gemacht.Erhöhung des Turmes und Renovierung 1851Genau <strong>in</strong> der Mitte des 19. Jahrhunderts kommt es dann zur langersehnten Renovierung, leider aber nichtzur Behebung der Schäden an Dach- und Deckengebälk. Um e<strong>in</strong>e größere Höhe im Inneren der Kirche zu erreichen,wurde der Boden <strong>in</strong> und um die Kirche etwa 60 cm tief abgehoben. Dabei wurde auch die Gruft, <strong>in</strong>der die Angehörigen der älteren L<strong>in</strong>ie der Franckenste<strong>in</strong>er bestattet waren, ausgebrochen. Wie nun dieseGrablege aussah, ist nicht überliefert. Sie war aber vermutlich sehr e<strong>in</strong>fach, denn das Ausbrechen kostete nure<strong>in</strong>ige Gulden. <strong>Die</strong> Empore wurde vierseitig umlaufend und erhielt gußeiserne Stützen. <strong>Die</strong> alten Bänke aufder Empore wurden repariert und teilweise durch neue ergänzt. Für die Frauen, sie saßen unten im Schiff,wurden neue, naturbelassene Bänke aus Eichenholz angefertigt.<strong>Die</strong> im Jahre 1802 von dem Orgelbauer Oberndörfer angefertigte Orgel wurde beibehalten und fand nunihren Platz auf der Ostempore. Nur das Gehäuse wurde dem Stil der Kirche gemäß wie es <strong>in</strong> der Rechnungheißt, für 25 Gulden verändert. <strong>Die</strong> neue Kanzel kam über den Altar und war durch e<strong>in</strong>e eiserne Wendeltreppezu erreichen.Für die Herstellung des neuen Altars hatte das für die Renovierung verantwortliche großherzogliche Bauamte<strong>in</strong>en ganz besonderen und wohl auch e<strong>in</strong>maligen E<strong>in</strong>fall. Durch Tieferlegung des Fußbodens und Ausbrechender Gruft waren die sechs Grabplatten der Franckenste<strong>in</strong>er übrig. Also zerschlug man kurzerhandfünf davon und mauerte daraus den neuen Altar. <strong>Die</strong> sechste Grabplatte von Johann I. (t 1401) wurde <strong>in</strong> dieNordwand der Kirche e<strong>in</strong>gemauert. Allerd<strong>in</strong>gs wurden die Wappen zerschlagen und auf e<strong>in</strong>er Tafel der s<strong>in</strong>nigeSpruch Letzter Ste<strong>in</strong> der Frankenste<strong>in</strong>er angebracht. Bei der Renovierung von 1961 wurde dann der ursprünglicheZustand wieder hergestellt. Gegen den Willen des Bauamtes, das mit dem vorhandenen GeldDachstuhl und Decke reparieren lassen wollte, ließ die bürgerliche Geme<strong>in</strong>de den Turm um e<strong>in</strong> Stockwerkauf nun 36 Meter erhöhen. <strong>Die</strong>s geschah <strong>in</strong> Anlehnung an Pläne des Baumeisters Ignaz Opfermann. <strong>Die</strong> Uhrwurde um drei Zeigergestänge mit den dazugehörigen Zifferblättern erweitert und erhielt zusätzlich e<strong>in</strong>enViertelstundenschlag. Am 10. August 1851, dem Gedenktag des heiligen Laurentius, wurde die Kirche vonPrälat Dr. Karl Zimmermann wieder e<strong>in</strong>geweiht. <strong>Die</strong>ser Tag ist seit dem unser Kirchweihtag. Bis zu diesemTag hieß unsere Kirche St. Laurentiuskirche. Nun ließ man den Namen des Heiligen weg und nannte sie nurnoch Evangelische Kirche <strong>in</strong> <strong>Eberstadt</strong>.Der großen Kälte wegen – wie es <strong>in</strong> der Chronik heißt – sollten im Jahr 1879 Öfen angeschafft und Kam<strong>in</strong>ehochgezogen werden. Doch ke<strong>in</strong>er wollte dies bezahlen. Als es dann doch zu e<strong>in</strong>er diesbezüglichen E<strong>in</strong>igungkam, war der W<strong>in</strong>ter um.In den Jahren 1890/91 wurde das heutige Pfarrhaus erbaut. <strong>Die</strong> Architektur entsprach dem Stil des ausgehenden19. Jahrhunderts. Gemütlich und besonders wohnlich war dieses Haus nicht. Im gleichen Jahr wurdendie Scheuer und die Ställe abgerissen, e<strong>in</strong> Jahr später die beiden alten Pfarrhäuser. Im Jahre 1908 g<strong>in</strong>gunser heutiger Kirchberg, der bis dah<strong>in</strong> Eigentum der bürgerlichen Geme<strong>in</strong>de war, <strong>in</strong> kirchliches Eigentumüber.


Umbau 1912 - die Kirche im JugendstilDas Jahr 1912 brachte uns dann e<strong>in</strong>e völlige Veränderung der Kirche. Das Schiff wurde nach Süden umetwa 2,50 m und nach Osten um etwa 3,00 m erweitert. Dazu kam nun auch e<strong>in</strong>e Chornische. <strong>Die</strong> Kirche hatnun im Inneren e<strong>in</strong>e Grundfläche von ungefähr 12m x 22m. Dazu kommt noch die Chornische. Auch diesmalwurde der Boden <strong>in</strong> und um die Kirche tiefer gelegt und zwar 55 cm. <strong>Die</strong> alte Sakristei mußte der Erweiterungweichen, e<strong>in</strong>e neue fand ihren Platz an der Nordseite. <strong>Die</strong> Südseite bekam nun zwei überdachte E<strong>in</strong>gängeund vor das Portal wurde e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Vorhalle gebaut. In deren Mauern s<strong>in</strong>d verschiedene Epitaphe angebracht,die sich aller Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit nach früher an der Südseite des Langhauses befanden.Das älteste ist für e<strong>in</strong>en Pfarrer angefertigt worden, der hier vier Jahre se<strong>in</strong>en <strong>Die</strong>nst versah und sehr jungverstarb. Anno 1627 uff Cantate ist entschlafen der ehrwürdige, wohlgelehrte Magister Johann Schäfer, demGott e<strong>in</strong>e fröhliche Auferstehung verleihe. Darüber ist als Relief e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Schaf, das e<strong>in</strong>e Fahne trägt.Ganzoben an der Westseite bef<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>ere Gedenktafel, deren Inschrift lautet: Dem Andenken anMarie Friederike Guntrum geb. Ludwig. Gestorben am 10. Febr. 1837, 58 Jahre alt. Ihr dankbarer SohnGeorg Karl Guntrum. (Marie Friederike Guntrum war die Frau des langjährigen Eberstädter Pfarrers JustusGuntrum.)Halb l<strong>in</strong>ks darunter gedenkt e<strong>in</strong> Vater se<strong>in</strong>es früh verstorbenen Sohnes.Dem unvergeßlichen Andenken e<strong>in</strong>estreu gehorsamen Sohnes und verlorener Stütze se<strong>in</strong>er Eltern. Johann-Justus Baumann, Stur, Chirurgiae,welcher 1751 den 18. Okt. geboren und 1773 den 26. August selig verschieden. Aus Liebe von dessen betrübtemVater Jacob Nicolaus Baumann fürstlicher Chirurgus allhier.Kirche 1912 - bunt bemalt im JugendstilGleich unten rechts hängt der Gedenkste<strong>in</strong> für die Frau des Pfarrers Johannes Mai, der hier 45 Jahre langden <strong>Die</strong>nst <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de versah. Ganz oben se<strong>in</strong> Zeichen: e<strong>in</strong> Maiglöckchen, darunter folgender Text:Dem unvergesslichen Andenken e<strong>in</strong>er ewig geliebten Frau und Gatt<strong>in</strong>, derweil tugendsamsten und wertestenFrauen, Maria Philipp<strong>in</strong>a Just<strong>in</strong>a geborene Friedel<strong>in</strong>. Welche 1724 den 24. August <strong>in</strong> dem Dreieicherha<strong>in</strong> geborenund nach 22jährigem vergnüglichem und gesegnetem Ehestand den 13. Februar 1773 selig verschieden.Aus Hochachtung und Liebe errichtet von dem tiefgebeugten Witwer Johannes Mai Pfarrer allhier.Wie bei den vorangegangenen Renovierungen bereits erprobt, wurden auch jetzt wieder Altar, Kanzel, Gestühlund die Empore entfernt. <strong>Die</strong> neue Empore wurde jetzt nur noch zweiseitig errichtet, Altar und Kanzelwurden aus Beton gegossen und mit Mosaik und grünen Keramiksäulen verziert. <strong>Die</strong> neuen Fenster warenmit Buntglas, auf das man Bibelsprüche geschrieben hatte, verglast. <strong>Die</strong> Decke wurde mit Brettern verschalt,


welche dann mit e<strong>in</strong>er sehr bunten Schablonenmalerei versehen wurden. E<strong>in</strong>e ähnliche Farbgebung bekamenauch die Säulen und die Brüstungen der Empore.<strong>Die</strong> neue Orgel bekam ihren Platz <strong>in</strong> der oberen Hälfte derneu errichteten, sehr dunklen Chornische und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em darüber liegenden, vom Kirchenspeicher abgemauertenRaum.Ohne e<strong>in</strong>e größere Feier wurden ab dem 3. Advent wieder Gottesdienste <strong>in</strong> der Kirche gehalten. Und erst,nachdem Orgel und Außenanlagen fertig waren, wurde die Kirche am Pf<strong>in</strong>gstfest 1913 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Festgottesdienstwieder e<strong>in</strong>geweiht.Am 9. Juli 1917 mußten zwei unserer Glocken abgeliefert werden. Am 18. Juli 1920 kamen dann wiederzwei neue <strong>in</strong> den Turm. Beim Festgottesdienst wurden 800 Teilnehmer gezählt, bei e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>wohnerzahl vonetwa 7000.Am 7. Dezember 1930 wurde unser damals sehr kle<strong>in</strong>es Geme<strong>in</strong>dehaus e<strong>in</strong>geweiht. Es hatte im Erdgeschoße<strong>in</strong>en großen Raum, den man mit e<strong>in</strong>er Schiebewand trennen konnte. Im Obergeschoß waren e<strong>in</strong>Gruppenraum und e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Jugendherberge mit 11 Betten untergebracht. Durch verschiedene Umbauten <strong>in</strong>den letzten Jahrzehnten erhielt es se<strong>in</strong>e heutige Gestalt und Größe.Im II. Weltkrieg mußten dann wieder zwei Glocken abgeliefert werden. Vom 13. November 1949 an erklangendann wieder neue Glocken vom Türm. Doch jetzt s<strong>in</strong>d es vier, denn es wurden drei neue angeschafft.Und diese vier sollen nun vorgestellt werden:St. Michael, gegossen 1949, Tonhöhe g', Gewicht 750 kg.St. Anna, gegossen 1512, Tonhöhe b', Gewicht 450 kg.St. Johannes, gegossen 1949, Tonhöhe c", Gewicht 350 kg.Auferstehungsglocke, gegossen 1949, Tonhöhe d'' Gewicht 250 kg.Als Folge der Bevölkerungszunahme wurde die Evang. Kirchengeme<strong>in</strong>de Darmstadt-<strong>Eberstadt</strong> im Jahre1950 <strong>in</strong> zwei Pfarrbezirke aufgeteilt. Seit Juni 1958 heißt unsere Kirche Dreifaltigkeitskirche.<strong>Die</strong> farbige Haltung und die Gestaltung von Altar und Kanzel <strong>in</strong> den unruhigen und überladenen Formendes Jugendstils war e<strong>in</strong> Ausdruck jener Zeit nach der Jahrhundertwende. Er entsprach aber nicht mehr unseremheutigen Verlangen nach Konzentration und Ruhe im gottesdienstlichen Raum. Deshalb faßte im Jahr1960 der Kirchenvorstand den Beschluß, die Kirche im Inneren neu zu gestalten. Der liturgisch wichtige Ostteilder Kirche mit Altar, Kanzel und Taufste<strong>in</strong> wurden nun neu geordnet. Durch Ausbrechen e<strong>in</strong>es Teils derWestwand wurde die ehemalige Läutestube <strong>in</strong> die Kirche mit e<strong>in</strong>bezogen. In ihr wurde nun e<strong>in</strong> Gedenkraumfür die im II. Weltkrieg Gefallenen und Verschollenen e<strong>in</strong>gerichtet. An e<strong>in</strong>er Wand wurde e<strong>in</strong> lebensgroßesKruzifix angebracht. Unsere damalige Pfarrgehilf<strong>in</strong>, Frau Elli Staudt, legte e<strong>in</strong> Buch an, <strong>in</strong> das sie alle Eberstädter,die aus diesem Krieg nicht mehr heimkamen, e<strong>in</strong>trug. <strong>Die</strong>ses Buch kam auf e<strong>in</strong> Lesepult und täglichwurde die kalendarisch passende Seite aufgeschlagen.Für e<strong>in</strong>e neue Orgel reichte aber das zur Verfügung stehende Geld nicht. Deshalb hatten wir 20 Jahre nure<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es Orgelpositiv. Erst am 30. März 1980 konnte e<strong>in</strong>e neue Orgel mit 18 Registern e<strong>in</strong>geweiht werden.Der Sandste<strong>in</strong> von Altar, Taufste<strong>in</strong> und Fußboden bildet nun mit der Farbe von Holz und Putz e<strong>in</strong>en ruhigenZusammenklang, der <strong>in</strong> dem fe<strong>in</strong>en und milden Licht der fast farblosen Verglasung erst recht zur Geltungkommt. Auf diesem, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er farbigen Haltung gedämpften H<strong>in</strong>tergrund, kommen nun die mit kostbarerStickerei versehenen Antependien erst richtig zur vollen Geltung.E<strong>in</strong>ziger Schmuck, wenn wir es so nennen wollen, ist die hölzerne Plastik, die Darstellung der heiligenDreifaltigkeit an der fensterlosen Ostwand über dem Altar, die der Bildhauer Helmut Uhrig geschaffen hat.Der erhöhte Christus als Pantokrator, der das Kreuz mit dem Gekreuzigten <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Armen hält. Darunterdie Taube, als S<strong>in</strong>nbild des heiligen Geistes.Am Himmelfahrtstag, 11. Mai 1961, wurde der E<strong>in</strong>zug <strong>in</strong> die renovierte Kirche mit e<strong>in</strong>em Festgottesdienstgefeiert. <strong>Die</strong>4Predigt hielt Oberkirchenrat Dr. Wolfgang Sucker. An diesem Tag wurde auch das alte hessischeLektorenamt bei uns wieder e<strong>in</strong>geführt: Epistel und Evangelium werden seit dieser Zeit nicht mehr vomPfarrer sondern von e<strong>in</strong>em Laien, meist e<strong>in</strong>em Mitglied des Kirchenvorstandes, vorgelesen.Als Abschlußdieses Festtages wurde abends e<strong>in</strong>e Abendmahlsfeier nach Ordnung der Evangelischen Messe durchgeführt.<strong>Die</strong> Predigt hielt Pfarrer Wolfgang Weißgerber, Liturg war Dr. Hans Weißgerber. Den liturgischen <strong>Die</strong>nsthatte der Studentenchor der Universitätskirche Marburg übernommen.


Literatur:Barbara Demandt, Mittelalterliche Kirchenorganisation <strong>in</strong> HessenWilhelm <strong>Die</strong>hl, Hessen-darmstädteisches Pfarrer- und SchulmeisterbuchEckhardt G. Franz, Darmstädter Kalender 1994Georg Haupt, Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt DarmstadtWolfgang Weißgerber, Eberstädter Gechichten aus zwölf JahrhundertenQuellen:Franckenste<strong>in</strong>ste<strong>in</strong>isches Privatarchiv UllstadtPfarrarchiv der Dreifaltigkeitsgeme<strong>in</strong>deBilder:private Bildersammlung von Eberhard Weißgerber<strong>Die</strong> Genehmigung zur Verwendung dieses Aufsatzes von Eberhard Weißgerber auf den Internetseiten desGeschichtsvere<strong>in</strong>s wurde von der Witwe Frau LilliWeißgerber freundlicherweise erteilt. Das Orig<strong>in</strong>alheft istbei der Evang. Dreifaltigkeitsgeme<strong>in</strong>de Darmstadt-<strong>Eberstadt</strong>, Heidelberger Landstraße 305 zu beziehen.

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