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mit 4 zus tzlichen Seiten! - Queerulant_in

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unbezahlbar und kostenlos.Jetzt <strong>mit</strong> 4<strong>zus</strong><strong>tzlichen</strong> <strong>Seiten</strong>!<strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong>Queere Politiken und PraxenJahrgang 2, Ausgabe 3 (6) - Dez 2013/Jan 2014*** Schwerpunkt: Lebensrealitten von GirlFags und GuyDykes ****** Queer und Antispeziesismus - Unsere Befreiung als Verknpftes verstehen lernen ****** "Ach und du bist also "cissexuell"?" ****** Interview <strong>mit</strong> Schlau Kassel: "die Leute, die <strong>in</strong> 10, 20 Jahren unsere Gesellschaft gestalten." ****** Advice Kolumne - Hilfe fr mehrtgige Familientreffen! ****** Queere Lyrik *** und e<strong>in</strong>iges mehr ***


E<strong>in</strong> richtiger Schwerpunkt ...... liegt <strong>in</strong> dieser Ausgabe von <strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong> aufGirlFags und GuyDykes. Für die Wahl des Schwerpunktshaben wir uns entschieden, weil GuyDykes und GirlFagsauch <strong>in</strong> queeren Kontexten e<strong>in</strong>e recht unsichtbareGruppe s<strong>in</strong>d, was auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen der Beiträge konkretangesprochen wird. Weitere Gedanken von uns zumSchwerpunkt‐Thema könnt ihr auf S.6 lesen. DerSchwerpunkt ist unterlegt <strong>mit</strong> Malerei von DeborahSchmidt.Dieses Mal, so schätzen wir es e<strong>in</strong>, gibt es wieder e<strong>in</strong>igeFehler weniger. Dass das so bleibt, können wir leidernicht versprechen. Deshalb suchen wir weiterh<strong>in</strong>Menschen, die <strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong> <strong>mit</strong>gestalten möchten.Auch s<strong>in</strong>d wir auf der Suche nach Menschen, die e<strong>in</strong>fachnur Texte korrekturlesen möchten. Bei Interesseschreibt uns an kontakt@queerulant<strong>in</strong>.de!Meldet euch auch gerne, wenn ihr Feedback,Rezensionsanfragen, Beitrags‐Schreib‐Anfragen,Autogrammanfragen, Lesungsanfragen, andere Anfragenund harte Kritik habt. Personen, die Beiträge e<strong>in</strong>reichenmöchten, schreiben an kontakt@queerulant<strong>in</strong>.de ‐E<strong>in</strong>sendeschluss für Ausgabe 7 ist der 29.02.2013.Schickt uns auch gerne digitale Plakate und Flyer fürqueer‐fem<strong>in</strong>istische und/oder Trans*‐Veranstaltungendes Zeitraums April‐August 2014 zu.Im Gew<strong>in</strong>nspiel um das HardFemme‐Z<strong>in</strong>e von Kristy Fifegab es dieses Mal viele E<strong>in</strong>sendungen. Gewonnen hatt<strong>in</strong>a ‐ Viel Spaß wünschen wir dir <strong>mit</strong> dem Z<strong>in</strong>e. So dasses dir Freude und Zufriedenheit br<strong>in</strong>ge!Seid flauschig!(falls ihr wollt)


444Aktuelles kurz berichtetS.36Mithilfe bei derKampagne für die Klageauf e<strong>in</strong>en 3.Geschlechtse<strong>in</strong>trag imPersonenstandGießener Intersex*‐Proteste von 2012 ohneSpätfolgenS.40Beiträge"Ach und du bist also„cissexuell“?"(Eulenstaub)Das Lili Elbe Archiv –"Inter, Trans, QueerGeschichte"(Niki Trauthwe<strong>in</strong>)GirlFag‐Schwerpunkt:"Ich b<strong>in</strong> etwas, was esgar nicht gibt ... oderdoch?"(Ili)GuyDyke‐Schwerpunkt:Was ist e<strong>in</strong>/e GuyDyke?(Christ<strong>in</strong>e Ullmann)S.8S.12Interview(s)"Das s<strong>in</strong>d die Leute,die <strong>in</strong> 10, 20 Jahrenunsere Gesellschaftgestalten."Interview <strong>mit</strong> SchLAuKassel. Ivo im Gespräch<strong>mit</strong> Maya, Carol<strong>in</strong> undMel von SchLAu Kassel.S.28GirlFag‐Schwerpunkt:"Mich selbst als Girlfagzu bezeichnen istschon komisch, ..."(Nancy)S.16SchwerpunktGuyDyke‐Schwerpunkt:"Von me<strong>in</strong>em Umfeldwerde ich als queererMann wahrgenommen."(Leo)GirlFag‐Schwerpunkt:Wie habe ich bemerkt,dass ichschwul b<strong>in</strong>?(Carol<strong>in</strong> I.)S.18S.22


Queere Prosa, Lyrik und ComicsFrag mich nicht(Faulenz*A undLena Stoehrfaktor)Schönheitsideal(Faulenz*A)S.34S.33S.27"Flaschenkürbistheorie"(AnnaHeger)S.26Kolumne(n)Die glitzernde Advice‐Kolumne (3):Hilfe für mehrtägigeFamilientreffen!Esme GrünwaldWortbahnhofs Trans*‐ undTanz‐Kolumne (2)S.44<strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong>S.49<strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong>ist...Leser_<strong>in</strong>nen‐Briefe‐EckeGlossarRezensionen:‐ „Queer und (Anti‐)Kapitalismus“ (He<strong>in</strong>z‐Jürgen Voß/SalihAlexander Wolter) ‐Rezension: JonasEickholl.‐ „Fantifa“(Herausgeber_<strong>in</strong>nenkollektiv).Rezension:Christ<strong>in</strong> Eisenbrandt.S.4S.42S.43S.39


AktuelleskurzberichtetGießener Intersex*‐Proteste von2012 ohne SpätfolgenMithilfe bei der Kampagne für die Klage aufe<strong>in</strong>en 3. Geschlechtse<strong>in</strong>trag im PersonenstandNachdem der Senat der Justus‐Liebig‐UniversitätGießen im Juni 2012 e<strong>in</strong>stimmigbeschloss hatte über e<strong>in</strong>e wissenschaftshistorischeAufarbeitung der Praxis der geschlechtszuweisendenMaßnahmen beiIntersex*‐K<strong>in</strong>dern nachzudenken (wir berichteten<strong>in</strong> <strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong> Ausgabe 2, August2012, S. 6), hat sich nicht viel getan.Auf Nachfrage wurde <strong>mit</strong>geteilt, dass dasInstitut für Geschichte der Mediz<strong>in</strong> gernee<strong>in</strong> solches Projekt durchführen könne.Voraussetzung dafür wäre die Schaffunge<strong>in</strong>er entsprechenden Personalstelle vonder Universitätsleistung oder dem FachbereichsMediz<strong>in</strong>. E<strong>in</strong> solches Projekte wäreansonsten zu umfangreich um es <strong>zus</strong>ätzlichdurchzuführen und würde e<strong>in</strong>en Durchführungszeitraumvon mehreren Jahrenumfassen, teilte der Direktor des Institutsfür Geschichte der Mediz<strong>in</strong>, V. Roelcke,<strong>mit</strong>.Weder vom Fachbereich Mediz<strong>in</strong>, noch vonder Universitätsleitung der UniversitätGießen lassen sich Bestrebungen erkennenfür die Aufarbeitung e<strong>in</strong>e Stellen zu schaffenum die geschlechtszuweisenden Genitaloperationen,welche beiIntersex*‐K<strong>in</strong>dern stattfanden und nachAuffassung der MenschenrechtsorganisationZwischengeschlecht.org noch heutestattf<strong>in</strong>den, aufzuarbeiten.E<strong>in</strong>e Zusammenfassung der Proteste f<strong>in</strong>densich auf der Seite des AutonomenSchwulen‐Trans*‐Queer‐Referats im AStAder JLU Gießen:http://www.schwulenreferatgi.de/?page_id=337.Leser_<strong>in</strong>nen-Brief-Ecke.Die Kampagne für die Schaffung e<strong>in</strong>es dritten Geschlechtse<strong>in</strong>tragim Personenstand (dritte Option) ist derzeit <strong>mit</strong> derAusarbeitung der Klage beschäftigt. Für die detailreiche juristischeArgumentation suchen die Aktivist*<strong>in</strong>nen Hilfe, beispielsweisevon Wissenschaftler*<strong>in</strong>nen, um für dieUnterfütterung der Klage <strong>mit</strong> Fakten zu sorgen: Stellungnahmen,dass die Beschränkung auf zwei Geschlechter nicht derRealität der Menschen entspricht. Weiterh<strong>in</strong> jedoch auchfundierte Aussagen, welche das Gutachter‐System, wie etwaim Transsexuellengesetz verankert, für nichtig erklärt. DieAktivist*<strong>in</strong>nen von dritte Option sagen dazu: "Wir s<strong>in</strong>d alleselbst die Expert*<strong>in</strong>nen über unsere Geschlechter und wollennicht begutachtet und bevormundet werden."Die Kampagne sucht für derartige Stellungnahmen deutschundenglischsprachige Wissenschaftler*<strong>in</strong>nen, Psychiater*<strong>in</strong>nenund Psycholog*<strong>in</strong>nen".Für die Durchführung der konkreten Klage s<strong>in</strong>d bereits Spendene<strong>in</strong>gegangen. Momentan werden jedoch noch etwa 2.000Euro gesucht. Neben der Spendenmöglichkeit auf der Crowdfund<strong>in</strong>g‐Plattformbetterplace, bietet die Gruppe auchVorträge gegen Honorar und kostenloseKampagnenvorstellungen an.Die nächsten Term<strong>in</strong>e für die Kampagnenvorstellungen f<strong>in</strong>denam 23.01.2014 <strong>in</strong> Bielefeld und am 28.01.2014 <strong>in</strong> Bochumstatt.Im Internet f<strong>in</strong>det ihr die Kampagne unter:www.dritte‐option.deFacebook: www.facebook.com/dritteoptionTwitter: @dritteoptionSpenden: www.betterplace.org/p15073Möchtest due<strong>in</strong>en Leser_<strong>in</strong>nen‐Brief e<strong>in</strong>reichen?Dieses Mal gab es ke<strong>in</strong>e Leser_<strong>in</strong>nen‐Brief:Seraf<strong>in</strong>e, die beauftragte Person für die Briefe, konntedeshalb seit vielen Tagen nicht schlafen (...). Gerne könnt ihruns fürs nächste Mal wieder Leser_<strong>in</strong>nen‐Briefe schicken. Bei der Wahleures Anliegens s<strong>in</strong>d euch ke<strong>in</strong>e Grenzen gesetzt. Bitte habt jedochVerständnis dafür, wenn euer Schreiben nicht <strong>in</strong> jedem Fall veröffentlicht wird.Schreibt uns e<strong>in</strong>fach an kontakt@queerulant<strong>in</strong>.de ‐ wir freuen uns über eure "Post".


<strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong> Ausgabe 6 wird unterlegt <strong>mit</strong> Malerei von Deborah Schmidt. Insbesondere der Themen‐Schwerpunkt dieser Ausgabe (GuyDykes und GirlFags) wird <strong>mit</strong> Deborahs Bildern unterlegt. Vielen Dankfür das Bereitstellen der Bilder!Queer‐fem<strong>in</strong>ismus und Körperpolitiken <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er MalereiIm Zentrum me<strong>in</strong>er Malerei steht die Beschäftigung <strong>mit</strong> Körpern und Menschen, die e<strong>in</strong>e bestimmteHaltung e<strong>in</strong>nehmen oder e<strong>in</strong>e Bewegung ausführen.In der Bewegung und bestimmten Haltungen f<strong>in</strong>den sich Momente der Aneignung, Momente derTransformation, der Grenzüberschreitung, Momente der Poesie ‐ e<strong>in</strong>e gewisse Haltung wirde<strong>in</strong>genommen. Sprechakte f<strong>in</strong>den ihre Performativität und Ausdrucksweise. Körper ist Produktgesellschaftlicher Normen, e<strong>in</strong>geschrieben <strong>in</strong> Macht‐ und Herrschaftsverhältnisse ‐ ökonomischeVerhältnisse – Körperpolitiken.Grundlage me<strong>in</strong>er Arbeit ist der Versuch Prozesse der Konstruktion von Geschlecht und Sexualitätaufzudecken. Dabei soll die Ordnung der Zweigeschlechtlichkeit und der heteronormative Blick aufKörper <strong>in</strong> Frage gestellt und <strong>mit</strong> Geschlechterstereotypen gebrochen werden.Mehr Infos unter::::: art media and politics :::: www.deborahschmidt.de


Themen-Schwerpunkt:Lebensrealitäten vonGirlFags und GuyDykesBild: Deborah Schmidt


Girlfags und Guydykes (kurz: GF/GD) – oder auch Schwule (1) Frauenund Lesbische Männer ‐ s<strong>in</strong>d das Schwerpunktthema dieser Ausgabe.Die Forschungslage zu Guydykes und Girlfags ist noch dünn, <strong>in</strong>schwullesbischen Medien fehlen sie fast gänzlich, <strong>in</strong> queerenKontexten s<strong>in</strong>d sie <strong>mit</strong>unter immerh<strong>in</strong> alse<strong>in</strong>maliges Randthema vertreten.Wir f<strong>in</strong>den das schade, denn die bloße Existenz derGirlfags und Guydykes stört normative Theorien vonangeblichen Zusammenhängen von Geschlechtsidentität undBegehren gewaltig. Selbst <strong>in</strong> Queeren Theorien und Praxen geschulteQueers kommen beim Nachdenken über Schwule Frauen undLesbische Männer <strong>mit</strong>unter <strong>in</strong>s Schwitzen. Die Beschäftigung <strong>mit</strong>dem Thema lädt dazu e<strong>in</strong>, die eigenen Identitätskategorien noche<strong>in</strong>mal zu überdenken.Da sich unter den Begriffen Guydyke und Girlfag e<strong>in</strong>e Fülle anMenschen wiederf<strong>in</strong>den und Def<strong>in</strong>itionen diesen kaum gerechtwerden, haben wir uns überlegt, dass das Thema am e<strong>in</strong>fachstengreifbar zu machen ist, wenn wir Girlfags und Guydykes selbst zuWort kommen lassen. Außerdem f<strong>in</strong>den wir es grundsätzlich besser,wenn die Menschen über Themen schreiben, die davon auch"betroffen" s<strong>in</strong>d, als wenn dies irgendwelche "Expert_<strong>in</strong>nen" oderandere Dritte übernehmen.Aus diesem Grund baten wir darum, uns Texte zu schicken, die sich<strong>mit</strong> den Fragen beschäftigen, was Guydykes und Girlfags s<strong>in</strong>d, wiesie sich selbst als GF/GD erkannten, was das für ihren Alltag und ihretwaiges Beziehungsleben bedeutet usw.Auf den folgenden 18 <strong>Seiten</strong> f<strong>in</strong>den sich die Antworten von dreiMenschen aus dem Girlfag‐ und zwei Personen aus dem Guydyke‐Spektrum.Aufgrund der <strong>in</strong>dividuellen Perspektive aus der die Autor_<strong>in</strong>nen überihre Lebensrealitäten als GirlFags und GuyDykes schreiben s<strong>in</strong>d dieTexte nicht für alle GF/GD gültig oder widersprechen vielleichtsogar den Lebensrealitäten anderer GF/GD. Auf Grund dessen warenwir beim Editieren der Texte dieses mal zurückhaltender als sonst.Klischees, Biologismen usw. die <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong> oder andern Textvorkommen, spiegeln ke<strong>in</strong>eswegs die Me<strong>in</strong>ung des Redaktionsteamswider.Vorwort(1)Die Schreibweise <strong>mit</strong> großem “S” bzw. “L” geht auf Uli Meyers Artikel“Almost homosexual – Schwule Frauen / Schwule Transgender(GirlFags/Trans*Fags)” zurück.Weiterführende Informationen:Das Girlfag/Guydyke‐Forum: www.girlfag‐guydyke.forumieren.comHardy, Janet W. (2012): Girlfag: A Life Told <strong>in</strong> Sex and Musicals, Beyond B<strong>in</strong>aryBooks.Meyer, Uli (2007): Almost homosexual – Schwule Frauen / Schwule Transgender(GirlFags/Trans*Fags). www.lim<strong>in</strong>alis.de/artikel/Lim<strong>in</strong>alis2007_meyer.pdf


Begriff für e<strong>in</strong>e (noch) unbekannte Identitäte<strong>in</strong>zuführen? (1)In Wirklichkeit bewegen sich Girlfags und Guydykesirgendwo <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er breiten Grauzone zwischenHeterosexualität und Homosexualität, zwischen cisund trans*. Am Beispiel der Girlfags könnte menschsich etwa e<strong>in</strong>e Achse vorstellen, auf der sich ame<strong>in</strong>en Ende heterosexuelle Faghags und am anderenschwule Trans*Männer bef<strong>in</strong>den. Girlfags bewegensich irgendwo dazwischen – <strong>in</strong> welche Richtung siestärker tendieren hängt von jeder e<strong>in</strong>zelnen Personab. Manche Girlfags def<strong>in</strong>ieren sich ganz als weiblich– trotz ihrer schwulen sexuellen Orientierung. Anderetun dies nicht, sie sehen sich eher als männlich,wollten möglicherweise „schon immer lieber e<strong>in</strong>Junge se<strong>in</strong>“ und würden die vielzitierte„Wunderpille“, <strong>mit</strong> der sie auf e<strong>in</strong>en Schlag dasmännliche Geschlecht annehmen könnten, ohne jedesZögern schlucken. Dennoch def<strong>in</strong>ieren sie sich nichtals Trans*‐Männer, sondern sehen sich noch irgendwo„dazwischen“, so wie die cissexuellen Girlfags sicheben nicht als „cis‐Hetera“ sehen, sondern ebenfallsan e<strong>in</strong>em anderen Punkt der Achse.Interessant ist dabei auch, dass für e<strong>in</strong>ige schwuleTrans*‐Männer/lesbische Trans*‐Frauen der Status alsGirlfag/Guydyke e<strong>in</strong>e Art Zwischenstadium ist. Davonauszugehen, dass alle Girlfags/Guydykes sich früheroder später zu Transsexuellen „entwickeln“ würden,wäre aber falsch: Das würde Girlfags und Guydykesper se den Stempel des „Nicht‐Vollentwickelten“aufdrücken, derjenigen, die zwischen den Stühlensitzen und sich nicht entscheiden können oderwollen.Dabei ist wohl gerade DAS die Herausforderung, diedas Konzept „Girlfags‐Guydykes“ an uns, unsereKultur und die queere Community stellt:Anzuerkennen, dass nicht nur das körperliche und dasgefühlte Geschlecht vone<strong>in</strong>ander unabhängig s<strong>in</strong>d,sondern auch Geschlecht und sexuelle Orientierung."Traditionelle Fem<strong>in</strong><strong>in</strong>ität war im queeren Umfeld z.T. nochimmer ganz besonders negativ konnotiert – galt sie doch alsS<strong>in</strong>nbild für „Schwäche“ und „Unterwürfigkeit“, für e<strong>in</strong> Sich‐Anpassen an heteronormative Erwartungen."Bild: Deborah SchmidtÜber mich, IliIch wurde 1984 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e recht traditionelle Familiegeboren. Wenn auch me<strong>in</strong>e Großmutter als e<strong>in</strong>e früheFem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong> gelten könnte (als Hauptverdiener<strong>in</strong> derFamilie), so waren queere Ideen doch nie e<strong>in</strong> Themaoder irgendwie präsent. Trotzdem <strong>in</strong>teressierte ichmich schon seit me<strong>in</strong>er Pubertät für „Schwule undSchwules“ und bezeichnete mich <strong>mit</strong> 17 Jahrenbereits <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Tagebüchern als „weiblichenschwulen Hetero“. Nach vielen ergebnislosenGedankenexperimenten (b<strong>in</strong> ich transsexuell?Lesbisch? Oder e<strong>in</strong>fach nur völlig verwirrt?) war fürmich 2007 klar, dass ich wohl das sche<strong>in</strong>barUnmögliche akzeptieren musste: Ich war schwul!Im Frühjahr 2008 stolperte ich dann onl<strong>in</strong>e über UliMeyers Artikel über „Schwule Frauen und SchwuleTransgender“ (2) , was für mich e<strong>in</strong>emErweckungserlebnis gleichkam. Nach me<strong>in</strong>enErlebnissen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er onl<strong>in</strong>e Trans*Community, wo mirzwar viel Verständnis, aber aufgrund me<strong>in</strong>erweiblichen Selbstidentifikation auch viel Ablehnungentgegengebracht wurde, gründete ich noch imFrühl<strong>in</strong>g 2008 die erste deutsche Homepage sowie daserste deutsche Forum für Girlfags (das im Laufe derZeit auch auf Guydykes und unterschiedlichstequeere Selbstdef<strong>in</strong>itionen erweitert wurde), dessenLeitung ich vor e<strong>in</strong>iger Zeit <strong>in</strong> die Hände e<strong>in</strong>esModeratorenteams abgegeben habe. (3)Interessant war dabei für mich <strong>in</strong> all diesen Jahren,dass es auch bei manchen Girlfags und Guydykesimmer wieder Vorbehalte gab gegenüber allzuweiblich auftretenden Girlfags. Für sie war esoffenbar nicht wirklich vorstellbar, dass es Girlfagsgab, die sich zwar als schwul def<strong>in</strong>ierten, aber nichtschon immer „lieber e<strong>in</strong> Junge“ gewesen wären. Ichbemerkte, was mir auch <strong>in</strong> anderen queeren Kreisenimmer wieder aufgefallen ist: Dass mensch geradee<strong>in</strong>er Cis‐Frau, die äußerlich allzu fem<strong>in</strong><strong>in</strong> auftrat –also so<strong>zus</strong>agen optisch e<strong>in</strong>em heteronormativenGenderbild entsprach, die Queerness <strong>mit</strong>unter nicht


so wirklich abnehmen wollte. TraditionelleFem<strong>in</strong><strong>in</strong>ität war im queeren Umfeld z.T. noch immerganz besonders negativ konnotiert – galt sie dochals S<strong>in</strong>nbild für „Schwäche“ und „Unterwürfigkeit“,für e<strong>in</strong> Sich‐Anpassen an heteronormativeErwartungen. Je mehr ich mich <strong>mit</strong> dem Thema der„Queer Fem<strong>in</strong><strong>in</strong>ity“ befasste, desto mehr bemerkteich, dass auch andere – Femme‐Lesben, TransFrauenetc. – ähnliche Beobachtungen gemacht haben.Mich verblüffte das vollkommen, sah ich mich dochim wahrsten S<strong>in</strong>ne des Wortes als „female fag“ undje mehr ich mich „aufbrezelte“, desto „schwuler“fühlte ich mich (und vice versa: Umso schwuler ichmich fühlte, desto mehr „flamboyant“ trat ich auf).Hätte ich me<strong>in</strong> männliches Pendant nennen müssen,hätte ich Emmett Honeycutt aus „Queer as folk“oder Marc St. James aus „Ugly Betty“ genannt.Allerd<strong>in</strong>gs war ich dabei genauso blauäugig von miraus gegangen und hatte geglaubt, alle Girlfagshätten e<strong>in</strong>e ebenso ausgeprägte weiblicheSelbstidentifikation und e<strong>in</strong>e Vorliebe für alles, was„faggy“ ist.In den Jahren, während der ich im Forum sehr aktivwar, habe ich also festgestellt, wie vielfältig dasGirlfag/Guydyke‐Konzept doch ist und wie Unrechtmensch ihm da<strong>mit</strong> tut, es e<strong>in</strong>fach <strong>in</strong> der„Trans*Ecke“ – oder <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er anderen Ecke –ab<strong>zus</strong>tellen.Heute weiß ich, dass Girlfags und Guydykes ebensovielfältig s<strong>in</strong>d, wie die schwul‐lesbische Szene, vonder sie sich so angezogen und der sie sich zugehörigfühlen: Es gibt die (mehr oder weniger) weiblichidentifizierten Dragqueens und (selbstbezeichneten)Fags genauso, wie die Bear‐Liebhaber_<strong>in</strong>nen, diesich eher „gegengeschlechtlich“ oder androgynKleidenden, (mehr oder weniger) männlichidentifizierte Butches wie Femmes und so weiter.Unser kle<strong>in</strong>er Teilbereich der queeren Welt, ist wiesie selbst: Vielfältig und bunt. Und das ist doch auchgut so!(1)Darauf, dass es sich nicht um e<strong>in</strong>e neue Identität handelt, weißt Uli Meyer <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em_ihren Artikel„Almost homosexual“, S. 73, h<strong>in</strong>: „Hirschfeld dokumentierte auch als erster (?) die Existenz von quasiSchwulen Frauen und Transgendern: „[...] die bisexuellen Frauen, die weiblich angehauchte Männer undmännlich geartete Frauen lieben, den Männern <strong>in</strong> gewissem S<strong>in</strong>ne homosexuell [...] gegenüberstehen[...] (...) „E<strong>in</strong>e <strong>in</strong> diese Kategorie gehörige Student<strong>in</strong>, die <strong>in</strong> ihrem Aussehen und ihrenCharaktereigenschaften viel Männliches hatte, dabei aber völlig „normalsexuell“ war, da sie nur fürMänner erotische Empf<strong>in</strong>dungen hatte, sagte mir e<strong>in</strong>mal nicht unzutreffend, „sie käme sich wie e<strong>in</strong>homosexueller Mann vor.“ http://www.lim<strong>in</strong>alis.de/artikel/Lim<strong>in</strong>alis2007_meyer.pdf(2)http://www.lim<strong>in</strong>alis.de/artikel/Lim<strong>in</strong>alis2007_meyer.pdf(3)girlfag‐guydyke.forumieren.com/Ili ist im Internet unter http://girlfags.jimdo.com zu f<strong>in</strong>den.Anzeige


Was ist e<strong>in</strong>/e GuyDyke?E<strong>in</strong> Beitrag von Christ<strong>in</strong>e Ullmann.Antwort: E<strong>in</strong>e Lesbe <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>em männlichen oder männlich konnotierten Körper.Es könnte alles so e<strong>in</strong>fach se<strong>in</strong>. Könnte. Auch wenn dieser Satz wohl absolut der Wahrheitentsprechen mag, sollte es doch e<strong>in</strong> paar tiefere Def<strong>in</strong>itionen geben und vor allem auchAbgrenzungen. Beg<strong>in</strong>nen wir zu Anfangs e<strong>in</strong>mal <strong>mit</strong> dem, was alle GuyDykes verb<strong>in</strong>det. Denn<strong>in</strong>nerhalb der GuyDykes ist vieles ungleich und es gibt viele Strömungen und Me<strong>in</strong>ungen,nicht e<strong>in</strong>mal das geschlechtsanzeigende Pronomen ist e<strong>in</strong>deutig festgelegt. Ist es nun deroder die GuyDyke?Also, was verb<strong>in</strong>det die GuyDykes <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander?Jede GuyDyke identifiziert sich <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>em Teil oder<strong>mit</strong> der ganzen queeren Szene. Das trifft sowohl aufunsere Verwandten zu, die GirlFags, wie aufTrans*Menschen, Bisexuelle, Lesben und Schwule.Es gibt bei jeder von uns Bezüge zu der e<strong>in</strong>en oderder anderen Gruppe, jedoch besonders zu Bisexuellenund Lesben.Jeder GuyDyke kam schon e<strong>in</strong>mal irgendwie <strong>mit</strong> heterosexuellenFrauen <strong>in</strong> Kontakt. Die Allermeistenvon uns fühlten sich, ob der Erwartungshaltung derHeteras, ziemlich überfordert oder wussten e<strong>in</strong>fach<strong>mit</strong> ihrem Flirtverhalten nichts anzufangen. D.h.jeder GuyDyke ist genderqueer, aber nicht jedergenderqueere Mensch <strong>mit</strong> gelesenen männlichemKörper ist e<strong>in</strong> GuyDyke.Da jede GuyDyke also genderqueer ist, ist die Erwartungshaltung,die an GuyDykes herangetragenwird, die der verme<strong>in</strong>tlichen Geschlechtsgenossen.Diese fühlen sich oft e<strong>in</strong> bisschen irritiert ob desatypischen Verhaltens. Es kommt bei manchen gelegentlichdie Frage auf, ob man schwul sei. Andereschätzen e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fach nur als „anders – undef<strong>in</strong>iert“e<strong>in</strong>, denn sie können das Andersse<strong>in</strong> nichte<strong>in</strong>ordnen. Manch e<strong>in</strong>er GuyDyke merkt man auchnur an ihren Äußerungen an, dass sie anders tickt.Beispielhaft wäre hier der Satz: „Wie, du bist dochselbst e<strong>in</strong> Mann, wie kannst du so fem<strong>in</strong>istische Äußerungenvertreten!?“ Jede GuyDyke macht hierganz unterschiedliche Erfahrungen: die e<strong>in</strong>en machennegative Erfahrungen und leiden unter derHeteronormativität der Gesellschaft. Wo die Heteronormativitätaber bereits aufgebrochen ist, lassensich auch ganz andere, positive Erfahrungenmachen.Jeder GuyDyke lebt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em männlichen konnotiertenKörper. Die E<strong>in</strong>e mag dies als Glück empf<strong>in</strong>den,der Andere als großes Unglück. Manche sehenes als Unglück, weil sie transident s<strong>in</strong>d. Andere sehenes nur als Unglück an, weil sie so mehr Schwierigkeitenhaben sich unter Ihresgleichen zumischen. Denn salopp gesagt hat es e<strong>in</strong> Mensch <strong>mit</strong>männliche gelesenen Körper aus offensichtlichenGründen schwer unter Lesben.Was passiert wenn e<strong>in</strong>e GuyDyke auf e<strong>in</strong>e Hetero‐Frau trifft?Nun, vieles ist möglich. Was h<strong>in</strong>gegen eher unwahrsche<strong>in</strong>lichist, dass es zu e<strong>in</strong>er Paarbildungkommt. Jedem queeren Menschen dürften die Unterschiedezwischen sich selbst und den heterosexuellenMenschen klar se<strong>in</strong>. So sche<strong>in</strong>t doch vielenvon uns das Flirtverhalten der Heten als ziemlichmechanisch oder gar roboterhaft. Während unserRoby Roboter sich auf die Suche nach se<strong>in</strong>er Märchen‐Getränkedosenautomat<strong>in</strong>begibt, wird derweibliche Roboter‐Pendant sich wohl nie direkt aufdie Suche nach e<strong>in</strong>em männlichen Roboter‐Wesenbegeben. Sie will ja gefunden werden.Denn sowohl Roby Roboter als auch „se<strong>in</strong>e“ Roboterfrauhaben hier viele angelernte Verhaltensweisen,Gesten und Gesprächsschemata die queerenMenschen wohl eher fremd oder wenigstens „gut


durchgemischt“ s<strong>in</strong>d.Unter uns Queeren ist dies eher e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelleFrage, als e<strong>in</strong>e Frage des zugewiesenen Geschlechts.Kommt es jedoch wider Erwarten zu e<strong>in</strong>em genauerenBeschnuppern, werden zwischen GuyDykes undHetero‐Frauen oft die Signale falsch gedeutet. Esist, als ob sie e<strong>in</strong>e unterschiedliche Sprache sprechenwürden, was ja durchaus nahe liegend ist.Es ist bei manchen GuyDykes der Fall, dass sie vonHeteras als Gesprächspartner sehr geschätzt werden.Ist es doch so, dass e<strong>in</strong>em GuyDyke die „weiblicheSicht“ auf die D<strong>in</strong>ge selten verschlossen ist.Das drückt sich <strong>in</strong> bestimmten Me<strong>in</strong>ungen aus, <strong>in</strong>der weniger dom<strong>in</strong>anten Art zu kommunizieren, undganz klischeehaft kennen GuyDykes den Unterschiedzwischen „Ziegelrot“ und „Scharlachrot“ vieleher, als die geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> als „echte Männer“ bezeichnetenWesen. In wiefern gerade letzteres nurauf die GuyDykes zutrifft, die sich an der Grenzezur Transidentität bef<strong>in</strong>den oder die sich komplettals transident bezeichnen, ist mir persönlich nichtbekannt.Jene Sensibilität ist es, die häufig unter Heterasund Frauen allgeme<strong>in</strong> geschätzt wird. Man hörtdann schnell mal D<strong>in</strong>ge wie: „Du bist so anders/differenzierter,als die anderen Männer!“. Dies drücktden Wunsch vieler Frauen nach Harmonie aus, denGuyDykes absolut teilen. Wer jetzt <strong>mit</strong> recht anmerkenwill dass dies e<strong>in</strong> Klischee ist, dem sei e<strong>in</strong>male<strong>in</strong> weiteres Klischee, nämlich das zweierSchwuler <strong>in</strong> der Kennenlern‐ und Flirtphase ansHerz gelegt.H<strong>in</strong>zu kommt, dass es e<strong>in</strong>e nicht allzu kle<strong>in</strong>e Anzahlvon GuyDykes gibt, denen man ihre Queerness ansieht.Wie sich dies ausdrückt ist jedoch sehr unterschiedlich.Zum e<strong>in</strong>en gibt es die androgynenGuyDykes. Sie legen Wert darauf <strong>in</strong> Kleidungund/oder Wesen, nicht allzu männlich zu ersche<strong>in</strong>enund fühlen sich natürlich auch nicht so. In extremerForm kann es hier e<strong>in</strong>e Überschneidung <strong>mit</strong>transidenten Personen geben. Man könnte hier sogarvon TransDykes reden, wenn man denn möchte.Die meisten GuyDyke s<strong>in</strong>d jedoch nicht transident,teilen allenfalls die e<strong>in</strong> oder andere Eigenschaft <strong>mit</strong>transidenten Personen. Aber ob nun TransDyke ohneTransistionwunsch oder ohne, jede von uns wird ihreStrategie entwickelt haben, wie sie sich <strong>mit</strong> demverme<strong>in</strong>tlich anderen Geschlecht arrangieren kann.Nur <strong>in</strong> den seltensten Fällen s<strong>in</strong>d dies Heterofrauenund wenn, dann sicherlich ke<strong>in</strong>e heteronormativen.„Heißt es eigentlich nun der Butch, oder dieButch?“ „Wie viele Butches s<strong>in</strong>d eigentlich Transmänner?“Solche Fragen tauchen doch h<strong>in</strong> und wiedere<strong>in</strong>mal auf. Genau so gibt es unter unsGuyDykes auch die oberflächlich betrachtet ehermännlicheren. So gibt es GuyDykes <strong>in</strong> der Vielzahlund Individualität wie es auch Lesben oder be<strong>in</strong>ahe‐Lesben gibt.Queertheoretisch könnte sich jede GuyDyke, genauwie jede Femme oder Butch als Transident bezeichnen.Praktisch kommt dies jedoch seltenervor. Nun heißt es aber durchaus man könne Femmesoder Butches als transidente Personen bezeichnen.Auch wenn die Transition von FemaleToButch oderFemaleToFemme durchaus vorkommt, so gibt esauch ButchToMale transidente Menschen die sichnach ihrer Transition als GuyDykes bezeichnen,denn auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em männlich konnotierten Körpermuss man die lesbische Sozialisation nicht ablegen.Dann gibt es GuyDykes, die auf den ersten Blickmännlich aussehen und doch trans s<strong>in</strong>d. Es gibt sehrandrogyne GuyDykes, die überhaupt nichts <strong>mit</strong>trans am Hut haben. Alles ist möglich. Auch musse<strong>in</strong> oder e<strong>in</strong>e GuyDyke nicht zw<strong>in</strong>gend nur aufFrauen stehen. Manche könnte man als pangynophilbezeichnen, manche haben bisexuelle Züge. Manchelehnen den Begriff GuyDyke ab, manche mögenihn.GuyDykes und Sexualität....Man kann sich sicherlich vorstellen, dass GuyDykes,wenn sie sich denn nicht als asexuell oder des<strong>in</strong>teressiertbezeichnen, die männlichen Sexualpraktikeneher ablehnen. Es sei hier das StichwortPenetration e<strong>in</strong>geworfen, welches wohl weniger zuden bevorzugten Spielvarianten unter GuyDykeszählt.Die primären männlichen Geschlechtsmerkmalewerden e<strong>in</strong>igen eher fremd se<strong>in</strong>, ob sie nun nun ihrenKörper ablehnen oder eben auch nicht, so werdensie von den meisten GuyDykes wohl kaum aufallgeme<strong>in</strong> bekannte Art und Weise benutzt. Auchdie Überzeugung Sex trotz des männlichen Körpersals Frau zu erleben ist stark verbreitet. Dies ist <strong>in</strong>sbesondereso weil die gängige hetero‐männlicheSexualpraktik abgelehnt wird. Des weiteren hörtman häufig den Satz, dass Sex und Zärtlichkeit untrennbarseien und die Harmonie dabei viel wichtigersei, als der eigentliche Akt. Auch sche<strong>in</strong>t esunter vielen e<strong>in</strong>e größere Vorliebe für Oralverkehrzu geben. Spielvarianten gibt es sicherlich viele,jedoch treffen die klischeehaft männlichen aufGuyDykes kaum zu.Bild: Deborah Schmidt


Es kann <strong>mit</strong> unter vorkommen, dass GuyDykes <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>anderSex haben oder sich <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander verlieben.Dies wird offenbar von den wenigstenGuyDykes von vornhere<strong>in</strong> ausgeschlossen, dennviele GuyDykes sehen mehr das <strong>in</strong>nere Geschlechte<strong>in</strong>es Menschen als das äußere. In diesem S<strong>in</strong>ne istes dann ja e<strong>in</strong>e Lesbe, die <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er Lesbe Sexhat. Man ist so<strong>mit</strong> sexuell kompatibel, auch wennman nicht auf Männer, sondern auf Frauen steht.In gewisser H<strong>in</strong>sicht hätte man da<strong>mit</strong> wohl e<strong>in</strong>enpassenden Partner, wenn man über das re<strong>in</strong> Körperlicheh<strong>in</strong>ausgehen kann. E<strong>in</strong> solches Verhaltenwird für me<strong>in</strong>e Begriffe auch <strong>mit</strong> dem bereits erwähntenBegriff Pangynophilie abgedeckt. Mankann also alles attraktiv f<strong>in</strong>den, was irgendwieweiblich, weiblich def<strong>in</strong>iert und/oder weiblichaussehend ist, im Entferntesten kann dies sogarauf androgyne Männer zutreffen, die eben e<strong>in</strong>endeutlichen, weiblichen E<strong>in</strong>fall haben. Allerd<strong>in</strong>gsmuss nicht jede GuyDyke pangynophil se<strong>in</strong>.GuyDykes die sich unter Heten als solche zu outenversuchen, müssen jedoch e<strong>in</strong>es immer wiederverdeutlichen:Dass GuyDyke se<strong>in</strong> nichts <strong>mit</strong> Lesbenpornosguckenzu tun hat."...wenn Heteronormativität uns allen überall vorgelebt wird,wie kann man dann herausf<strong>in</strong>den, dass man selbst anders ist?"Persönliche Ansichten von ... St<strong>in</strong>e. TransidenteGuyDyke, Pangynophil. Baujahr 1980.Wie def<strong>in</strong>iere ich mich?Ich persönlich gehöre zu der Trans‐Fraktion unterden GuyDykes. Zu aller erst def<strong>in</strong>iere ich mich alsoals Frau, obwohl ich e<strong>in</strong>en männlichen Körperhabe, ke<strong>in</strong>e Hormone nehme und nicht klischeehaft<strong>in</strong> Frauenkleidung herumlaufe. Ich trage sehrwohl Kleidung die für die weibliche Klientel hergestelltworden ist, aber allenfalls wirke ich wiee<strong>in</strong>e <strong>in</strong>vertierte Version e<strong>in</strong>es „Tomboy“ aber ganzsicher nicht transident.Als nächstes def<strong>in</strong>iere ich mich als GuyDyke, denndas beschreibt mich durchaus sehr gut, auch wennich me<strong>in</strong>e Probleme da<strong>mit</strong> habe dass Wort Guy aufmich zu beziehen. Auch habe ich me<strong>in</strong>e Problememich Dyke zu nennen, denn ich möchte ke<strong>in</strong>erLesbe (Dyke) auf den Schlips treten denn das Letzte,zu dem ich gezählt werden möchte, s<strong>in</strong>d jeneHeteromänner (Guys), die sich aus Spaß als lesbischbezeichnen. Außerdem war ich schon <strong>in</strong>e<strong>in</strong>en Mann verliebt und b<strong>in</strong> deshalb defakto nichtganz lesbisch.Ich b<strong>in</strong> pangynophil im weitesten S<strong>in</strong>ne und habebisexuelle Züge. Pr<strong>in</strong>zipiell übt alles queere e<strong>in</strong>ehohe Attraktivität auf mich aus. Das könnenSchwule se<strong>in</strong>, auch die „Süßen“ unter den Männern– also eher weichere und kle<strong>in</strong>ere. Transmänner<strong>in</strong> allen möglichen Phasen der Transitionzählen ebenso dazu.Zum Thema Beziehungen...Ich war noch nie <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er Hete <strong>zus</strong>ammen.Warum verstand ich lange Jahre nicht. Ich hatteauch bis zum 18 Lebensjahr ke<strong>in</strong>erlei Interesse anFrauen. Ich dachte zeitweilig schon ich wäreschwul, aber Interesse an Männern schien ich auchnicht zu haben. So waren me<strong>in</strong>e Beziehungsanfängeauch eher holprig. Denn wenn Heteronormativitätuns allen überall vorgelebt wird, wie kannman dann herausf<strong>in</strong>den, dass man selbst andersist? Jedenfalls änderte sich me<strong>in</strong> romantisches Interessean anderen Menschen schlagartig <strong>mit</strong> der1. irgendwie queeren Person <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben.Diese Person lernte ich gegen Ende des 18. Lebensjahreskennen. Warum es klappte, wusste ichgar nicht so genau. Sie bezeichnete sich als bisexuell,auch wenn sie betonte männliche Körpernicht als schön zu empf<strong>in</strong>den. Wir waren beideabsolut beziehungsunerfahren, so wurde ich vondieser Person bald <strong>in</strong> die klischeehaft männlicheRolle gedrängt, unter der ich schnell sehr litt.Auch daran scheiterte die Beziehung letzten Endes.Die zweite Freund<strong>in</strong> war genderqueer, auch wennsie diesen Begriff nicht kannte. Beim kennenlernenwar sie <strong>in</strong> der klischeehaft männlichen Rolle,was ich sehr genoss. Hier fühlte ich mich endlichmal „wie ich selbst“, auch wenn ich das damalsnoch nicht richtig zuordnen konnte. Wir glaubenheute beide dass der Begriff GirlFag durchaus aufsie zutreffen könnte, jedoch lehnt sie alle Begriff‐


lichkeiten aus Pr<strong>in</strong>zip ab, bezeichnet sich jedoch alsgeschlechtsneutral.Es folgte e<strong>in</strong> Flirt <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er Femme. Sie war auf derSuche nach e<strong>in</strong>er Frau und verstand nicht, warumsie so auf mich reagierte. Gleichzeitig bestärkte siemich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Weiblichkeit. Ich hatte bis dato nochnie wirklich geflirtet, denn ich konnte es nicht.Diesmal war es anders. Ich wusste wie es g<strong>in</strong>g undganz <strong>in</strong>tuitiv fühlte ich, was das Richtige war. Nachjahrelanger Unsicherheit wusste ich nun <strong>in</strong>st<strong>in</strong>ktivwas das richtige war: Ich konnte rezeptiv se<strong>in</strong> undauch so flirten. Wir waren es sogar beide und es warkompatibel. Im Gegensatz zu me<strong>in</strong>en bisherigen Beziehungenwar diese nun wirklich anders: Nach tagelangen,wiederkehrenden Treffen und e<strong>in</strong>em<strong>in</strong>tensiven Beschnuppern entwickelte sich nach etwazwei Wochen e<strong>in</strong> Flirt. Dieser dauerte viele Stundenund endete am Ende des Abends <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er vorsichtigenund zaghaften Berührung an unseren Händen.Von da an wurde me<strong>in</strong> Leben schlagartig bunter undqueerer.Probleme <strong>mit</strong> den Männlichkeiten...Zeit me<strong>in</strong>es Lebens hatte ich Probleme <strong>mit</strong> ihnen.Besonders beispielhaft dafür ist e<strong>in</strong>e Situation:In e<strong>in</strong>er Gruppe junger Männer kam die neue Beziehungvon e<strong>in</strong>emder Männer <strong>in</strong>sGespräch. Auf dieFrage wie es zudieser Beziehungkam erklärte er:„Ich hätte auchjede andere genommen,aber siewar die e<strong>in</strong>zige dieInteresse hatte.Hauptsache Sex!“Ich erwiderte scherzhaft: „Du bist viel zu leicht zuhaben“.Alle Anwesenden verstanden: „De<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong> istganz schön leicht zu haben!“.Dieses Missverständnis ist der Grund, warum ich späterviel Ärger bekam. Solche Missverständnisse gabes me<strong>in</strong> Leben lang: <strong>in</strong> der Schule, im Sportvere<strong>in</strong>,auf der Arbeit, ….Bevor ich Me<strong>in</strong>esgleichen traf wurde ich unter Hetenimmer stiller. Man nahm mich als verbissen oder bestenfallsstark <strong>in</strong>trovertiert wahr. Ich habe sie teilweisegehasst, die Heten. Heute empf<strong>in</strong>de ichmanchmal Wut und manchmal Mitleid wenn ich <strong>mit</strong>ihnen zu tun habe. Die Heten werden es im großenund ganzen nie schaffen, der Beschränkung des eigenenRollenverhaltens zu entkommen. Es mag zwarden e<strong>in</strong> oder anderen Lichtblick unter ihnen geben,aber aus Selbstschutz habe ich gelernt, <strong>mit</strong> den Hetenumzugehen. Natürlich s<strong>in</strong>d auch nicht alle Hetenschlecht. Auch wenn ich das manchmal glaubenmöchte, doch ich habe auch Freunde unter ihnen....Me<strong>in</strong>e InteressenNatürlich habe ich derer viele! Aber im Kontext desArtikels sei vor allem die Matriarchatsforschung genannt.Andere Gesellschaftsformen fasz<strong>in</strong>ieren michsehr, besonders dann, wenn sie friedliebend undnicht hierarchisch strukturiert s<strong>in</strong>d. Die Suche nache<strong>in</strong>em friedlichen und vorurteilslosem Mite<strong>in</strong>andertreibt mich hier wohl an. Zeit me<strong>in</strong>es Lebens eckteich oft an Herrschaftsstrukturen an. Ich hielt Hierarchienschon immer für unangebracht und verweigertemich ihnen, weshalb ich auch e<strong>in</strong>ige Zeite<strong>in</strong>en Irokesenschnitt trug. Leider wird das Ablehnenvon Herrschaftsstrukturen oftmals <strong>mit</strong> Gewalt beantwortet,weshalb ich <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> der Schulzeitviel körperliche und seelische Gewalt erfuhr.Man könnte sagen, ich suche die D<strong>in</strong>ge, die ichselbst so selten bekommen habe, nämlich die ebenschon erwähnte offenere, friedlichere und freiereGesellschaft. In diesem Kontext würde ich michdurchaus als Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong> bezeichnen. So gibt es e<strong>in</strong>egroße Nähe zu den RiotGrrls bzw. dem, was davonübrig gebliebenist. Ich würdemich fast selbst alse<strong>in</strong>es bezeichnen,aber das scheitertan dem allmorgendlichenBlick <strong>in</strong>den Spiegel. Wennich vor dem Spiegelstehe, danngibt es Momentewo ich mich fragewarum mich das alles gerade treffen muss. Ich, fem<strong>in</strong>istisch,männerkritisch, lesbisch und e<strong>in</strong>e Frau?Dann hasse ich me<strong>in</strong> eigenes Spiegelbild. Es gibtaber auch Tage an denen ich den männlichen Anblickme<strong>in</strong>es Körpers ertragen kann. Das s<strong>in</strong>d eigentlichdie meisten. Dann sehe ich ke<strong>in</strong>eUnvere<strong>in</strong>barkeiten mehr. Diese Unvere<strong>in</strong>barkeitennehmen stark ab seit ich Stück für Stück immermehr queere Kontakte f<strong>in</strong>de. Bisexuelle, Transmänner,GirlFags, andere GuyDykes.Ich las e<strong>in</strong>mal im Internet die Aussage: „Femme:"Ich las e<strong>in</strong>mal im Internet dieAussage: „Femme: Radikal,fem<strong>in</strong>istisch, weiblich!“ Ja. Dasme<strong>in</strong>t mich! Ich sehe da heuteauch ke<strong>in</strong>e Unvere<strong>in</strong>barkeitenmehr."Radikal, fem<strong>in</strong>istisch, weiblich!“ Ja. Das me<strong>in</strong>tmich! Ich sehe da heute auch ke<strong>in</strong>e Unvere<strong>in</strong>barkeitenmehr.Bild: Deborah Schmidt


"Mich selbst als Girlfag zu bezeichnenist schon komisch, ..."E<strong>in</strong> Beitrag von Nancy.Mich selbst als Girlfag zu bezeichnen ist schon komisch, ja fast schon falsch, denn wedersehe ich mich als Girl noch als Fag ... ich sehe mich als schwulen Mann, der zufälligerweiseim Körper e<strong>in</strong>er Frau geboren wurde. Vielleicht wäre es besser als schwuler Mann geborenzu se<strong>in</strong> und so<strong>mit</strong> Missverständnisse zu vermeiden, wenn ich <strong>in</strong> Schwulenclubs <strong>mit</strong> Männernflirte: „Mädchen, das kannste se<strong>in</strong> lassen, der ist schwul“ ‐ wie oft hab ich diesen Spruchgehört, oder „und warum bist DU <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Schwulenclub?“ Als müsste ich nicht immer amE<strong>in</strong>gang e<strong>in</strong>e Erklärung abgeben warum ich als „biologische“ Frau das Interesse habe mich<strong>mit</strong> schwulen Männern zu unterhalten, befreunden oder zu tanzen.Bild: Deborah SchmidtSchon als K<strong>in</strong>d wusste ich – ich b<strong>in</strong> anders. Ich hasstealles Weibliche. An mir und im Allgeme<strong>in</strong>en.Während die Mädchen* über Kleider sprachen undSchm<strong>in</strong>ktipps abgaben – war ich lieber da<strong>mit</strong> beschäftigtüber die nächsten Staudamm‐Bauten amBach oder welches Fahrrad das schnellste ist zugrübeln.Ich war immer <strong>mit</strong> den Jungs* unterwegs, Sportund Holzhütten bauen waren mir das Liebste.Sonntags musste ich Röcke tragen. Auch wenn iches hasste. „E<strong>in</strong> Mädchen trägt ke<strong>in</strong>e Hosen“ me<strong>in</strong>tenme<strong>in</strong>e Eltern und ich dachte bei mir „aber ichb<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Mädchen“ ‐ da war ich 10 Jahre alt. In derPubertät war es ganz schlimm und ich hatte das„Talent“ mich immer <strong>in</strong> die schwulen Jungs* zuverlieben. Regelmäßig wurde ich enttäuscht, dadiese Jungs* lieber <strong>mit</strong> Jungs* herumh<strong>in</strong>gen. Bis zuder Zeit <strong>in</strong> der ich durch e<strong>in</strong>en Freund die Schwulenclubsfür mich entdeckte. Von da an war ichwöchentlich unterwegs <strong>mit</strong> me<strong>in</strong>er schwulen Clique.Ich trug Krawatten, kurze Haare und Hemden.Oft wurde ich von Lesben angesprochen undauch für lesbisch gehalten. E<strong>in</strong>e Zeit lang überlegteich wirklich <strong>in</strong>tensiv was <strong>mit</strong> mir nicht stimmt.B<strong>in</strong> ich wirklich lesbisch? Ne<strong>in</strong> – ich stehe ja aufMänner! Aber warum stehe ich denn immer aufschwule Männer und warum turnen mich die Hetero‐Männerab? Das Thema war immer e<strong>in</strong> sehrgroßes bei mir und dann stolperte ich e<strong>in</strong>es Tagesüber den Begriff „girlfag“. Die Beschreibung wargenau das was ich fühlte. Ich fühlte mich wie e<strong>in</strong>schwuler Mann im Körper e<strong>in</strong>er Frau. Baaaam!Endlich konnte ich mich als etwas def<strong>in</strong>ieren, michselbst e<strong>in</strong>ordnen und hatte e<strong>in</strong>e Identität.Äußerlich sieht man mir den „schwulen Mann“nicht an, aber <strong>in</strong>nerlich b<strong>in</strong> ich genauso schwulwie alle <strong>in</strong> den Clubs. Manchmal macht es michtraurig und depressiv zu sehen wie leicht es wäreals Mann auch nach außen h<strong>in</strong> zu zeigen so b<strong>in</strong> ich,ich b<strong>in</strong> schwul. Viele fragen mich, „ja aber wenndu doch so und so auf Männer stehst, dann ist dochalles gut. Dann brauchst du doch ke<strong>in</strong> Mann se<strong>in</strong>um <strong>mit</strong> nem Mann zu schlafen?“.Tja da haben sie nur die halbe Sache verstanden.Ich hatte durchaus Beziehungen und Sex <strong>mit</strong> Männern.Jedoch immer als „Frau“ ke<strong>in</strong>er dieser Männerhat mich als „Mann“ wahrgenommen. Wiedenn auch <strong>mit</strong> solchen Rundungen. Ich hassenichts mehr als wenn mich jemand als Frau siehtvor allem wenn es um Beziehung und Sex geht.E<strong>in</strong> Hetero‐Mann hat es nicht so gerne, den „passiven“Part im Bett zu übernehmen und sich aufneue Spielarten wie Sex <strong>mit</strong> Strapon e<strong>in</strong>zulassen.„Ich b<strong>in</strong> doch nicht schwul“ hört man da. Oder„also der Mann b<strong>in</strong> immer noch ich“ ...Ich lasse mich nicht gerne <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e „Rolle“ zwängen,die ich nicht erfüllen kann und auch nichtwill. Als Transgender hat man e<strong>in</strong>ige Möglichkeitenzu se<strong>in</strong>er Erfüllung zu kommen. Meist geschiehtdies leider noch immer h<strong>in</strong>ter verschlossenen Türen.Es gibt Plattformen wie z.B. Gay Romeo aufwelchen man sich <strong>mit</strong> Gleichges<strong>in</strong>nten unterhaltenoder auch Treffen kann: Zuerst war me<strong>in</strong>e Angst


groß und ich dachte mir, da wird gar nichts passieren,ke<strong>in</strong>er wird sich für mich und me<strong>in</strong>e Wünsche<strong>in</strong>teressieren. Das war falsch, denn so viele Anfragenund auch wirklich nette und erfüllende Treffenhatte ich bisher noch nie. Von Anfang an weiß jederworan er ist, ich werde als derjenige wahrgenommen,der ich b<strong>in</strong> und muss mich nichtverstellen. Über die „blauen <strong>Seiten</strong>“ wie sie auchgenannt werden, habe ich Freunde und auch sexuelleErfüllung gefunden. Zum<strong>in</strong>dest fürs Erste.Seit me<strong>in</strong>em Out<strong>in</strong>g vor ca. 10 Monaten konnte ichviel Akzeptanz erfahren und neue Freundschaftenschließen. Ob ich den Schritt weiter zu gehen wage,und e<strong>in</strong>e Hormonbehandlung bis h<strong>in</strong> zur vollständigenAngleichung vollziehen werde, weiß ichnoch nicht. Aber e<strong>in</strong> Anfang ist gemacht!Heidelberger Initiative ›Identität & Geschlechtlichkeit‹Initiative für die Vielfalt geschlechtlicher und sexueller Identitäten.AnzeigeDu hast Zweifel daran, dass sich unsere Welt sauber<strong>in</strong> zwei Geschlechter und zwei sexuelleOrientierungen e<strong>in</strong>ordnen lässt, die klar def<strong>in</strong>ierts<strong>in</strong>d und ke<strong>in</strong>e Abweichungen zulassen? Du hast e<strong>in</strong>Problem <strong>mit</strong> Geschlechterb<strong>in</strong>arität, gender polic<strong>in</strong>g,<strong>mit</strong> Heteronormativität aber auchHomonormativität? Du empf<strong>in</strong>dest die hegemonialenNormen der Geschlechtlichkeit als zu restriktiv und<strong>in</strong>adäquat? Oder hast e<strong>in</strong>fach das Gefühl, dassirgendetwas nicht stimmt <strong>mit</strong> den wenigene<strong>in</strong>dimensionalen Schablonen, die uns zum Auslebenunserer Geschlechts‐ und sexuellen Identitätvorgegeben werden? Der „Ma<strong>in</strong>stream“ und se<strong>in</strong>eVorstellungen ersche<strong>in</strong>en dir eher „verrückt“? Dusiehst und begrüßt <strong>in</strong> dir selbst oder <strong>in</strong> Anderen e<strong>in</strong>eVielfalt an Zwischentönen?Dann bist du bei uns richtig! Ob das für dich e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gendes politisches Anliegen oder e<strong>in</strong>e ganzpersönliche Angelegenheit ist oder e<strong>in</strong>fach derWunsch, sich e<strong>in</strong>mal <strong>mit</strong> „normalen Menschen“auszutauschen.Das heißt du musst nicht besonders queer odergendertheoretisch versiert se<strong>in</strong>. Wir s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>exklusiver Vere<strong>in</strong> schillernder Paradiesvögel oderbrillanter Theoretiker_<strong>in</strong>nen. Jeder Mensch ist beiuns willkommen, der_die e<strong>in</strong> Unbehagen an denwenigen uns zur Verfügung stehendenIdentitätskategorien oder an Identitätskategorienüberhaupt empf<strong>in</strong>det – sei das hoch durchdacht oderdirekt gefühlt – und die Vielfalt, die er_sie erlebt,für real und wertvoll erachtet.Wir treffen uns jeden 4. Donnerstag im Monat um19:30 Uhr <strong>in</strong> Heidelberg.Für aktuelle Informationen oder um uns zukontaktieren, besucht unsere Seite:www.Identität‐Geschlechtlichkeit.de


"Von me<strong>in</strong>em Umfeld werde ich alsqueerer Mann wahrgenommen."Beitrag von Leo.Auch ich gehöre zu der Trans*‐Fraktion unter den GuyDykes. Da es leichter verständlich ist,benutze ich lieber die deutsche Bezeichnung männliche Lesbe bzw. nur Lesbe, da dasMännliche, im persönlichen Kontakt, für me<strong>in</strong>e_n Gesprächspartner_<strong>in</strong> ja offensichtlich ist...Persönliche Ansichten von ….. Leo. MaleToNeutroisGuyDyke, asexuell, Baujahr 1979.... Um es für me<strong>in</strong>e Mitmenschen nicht unnötigkompliziert zu machen, beschreibe ich mich meistals weibliche lesbische Person von männlicherGestalt. Doch tatsächlich ist me<strong>in</strong>eSelbstwahrnehmung nicht weiblich, sondern neutral.So<strong>mit</strong> zähle ich zu den MaleToNeutrois und b<strong>in</strong>zwangsläufig Trans*. Neutrale Körper gibt es janicht.Weil Neutrois rar gesät s<strong>in</strong>d, sehe ich, mangelsAlternativen, Frauen* als me<strong>in</strong>e homogene Gruppean. Sie s<strong>in</strong>d zwar nicht wirklich Me<strong>in</strong>esgleichen,doch s<strong>in</strong>d sie mir weit sympathischer und ähnlicherals Männer*. Während Frauen* e<strong>in</strong>fach nur aufsympathische Weise etwas anders s<strong>in</strong>d als ich, seheich Männer* <strong>in</strong> vielen Punkten als me<strong>in</strong> genauesGegenteil.Ich sehe mich als lesbisch, da ich Frauen* alspotentielle Partner<strong>in</strong>nen* sehe und ausschließlichhomo liebe. Da das Wesen e<strong>in</strong>es Menschenausschlaggebend dafür ist, dass ich mich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>ePerson verliebe, ist mir das körperliche Geschlechtnicht so wichtig. Wenn Wesen und Ausstrahlung beime<strong>in</strong>er Partner<strong>in</strong>* weiblich s<strong>in</strong>d, kann ihr Körperruhig männlich se<strong>in</strong>. Sie ist dadurch für mich nichtweniger Frau*. Auch e<strong>in</strong>e Beziehung <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>emSchwulen schließe ich nicht aus. Dass er manchfem<strong>in</strong><strong>in</strong>e Züge hat ist dabei jedoch Voraussetzung.Beide <strong>Seiten</strong> der Liebe unter Gleichen empf<strong>in</strong>de ichals romantisch. Heteroliebe h<strong>in</strong>gegen empf<strong>in</strong>de ichals das <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander rummachen von Hund undKatze. Da wende ich aus Reflex me<strong>in</strong>en Blick ab. Dasfühlt sich e<strong>in</strong>fach nicht richtig an. Der Anblick vonLiebe zwischen e<strong>in</strong>er körperlich weiblichen Personund e<strong>in</strong>er körperlich männlichen Person, die e<strong>in</strong>efem<strong>in</strong><strong>in</strong>e Ausstrahlung hat, empf<strong>in</strong>de ich jedochnicht als hetero. Die Erotik ist für mich hierbei vonlesbischer Natur. Wegen me<strong>in</strong>er hohen Aff<strong>in</strong>ität füralles Weibliche, nehme ich auch vorrangig dasWeibliche wahr.Als ich mal <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er sehr sexuellen GirlFag<strong>zus</strong>ammen war, habe ich uns ganz klar alsHeteropaar empfunden; nur eben körperlichandersherum, als man es gewohnt ist. Sie ist zwarvom Wesen her recht weiblich gewesen, doch ihrInteresse an mir er<strong>in</strong>nerte mich zu stark an die Artvon Interesse, welche viele Männer* an Frauen*haben. Zu wenig geistig‐emotionale Nähe, zu vielsexuelles Interesse. Da s<strong>in</strong>d zwei Extremeaufe<strong>in</strong>ander gestoßen, die nicht <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>andervere<strong>in</strong>bar s<strong>in</strong>d. Ich b<strong>in</strong> asexuell; habe also ke<strong>in</strong>erleiVerlangen nach sexueller Interaktion. Sie ist dasgenaue Gegenteil. Das konnte auf Dauer nicht gutgehen. Ich konnte nie wirklich verstehen, warumFrauen* Männer* als vollwertige Partner* ansehen.Nach dieser Erfahrung verstehe ich es noch weniger.Die männliche Auffassung von Liebe zur Partner<strong>in</strong> istfür mich e<strong>in</strong> absolutes No‐Go. Ich sehe sie eher alsstark sexuelles Begehren <strong>mit</strong> bloß e<strong>in</strong>em Hauch vonLiebe.Hatte ich e<strong>in</strong>e Partner<strong>in</strong>, <strong>mit</strong> der ich gut harmoniereund die auf mich und me<strong>in</strong>e Emotionalität e<strong>in</strong>geht,so empfand ich uns (abgesehen von e<strong>in</strong>igenMomenten) voll und ganz als lesbisches Paar. Auchwenn ich sie nicht darüber aufklärte, dass ich


lesbisch b<strong>in</strong> und sie auf mich nicht als Lesbee<strong>in</strong>geht. Me<strong>in</strong>e männliche Ersche<strong>in</strong>ung ist da ke<strong>in</strong>H<strong>in</strong>dernis. Auch dass ich männlich angeredet undbezeichnet werde ist ke<strong>in</strong> Problem. Ich b<strong>in</strong> es ja vonkle<strong>in</strong> auf gewohnt, auf diese Weise angeredet zutickten ganz anders als ich. Und die K<strong>in</strong>der, die ichvon Verhalten und Ansichten her als normal (also mirähnlich) empfand, sahen anders aus als ich. Bisdah<strong>in</strong> hatte ich mir ke<strong>in</strong>e Gedanken über etwaigeGeme<strong>in</strong>samkeiten und Unterschiede zwischen mir"Auch wenn ich Mädchen als me<strong>in</strong>e homogene Gruppe sah (und noch immersehe), fielen mir doch gewisse Unterschiede zwischen ihnen und mir auf,so dass ich mich e<strong>in</strong>deutig als e<strong>in</strong>em dritten Geschlecht zugehörig sah."werden. Auf das Geschlecht der Anrede achte ichnur selten bewusst. Das eigene Denken formt dieRealität des E<strong>in</strong>zelnen. Es kommt immer darauf an,worauf man se<strong>in</strong>e Wahrnehmung lenkt und auswelchen Betrachtungsw<strong>in</strong>kel man die D<strong>in</strong>ge undSituationen sieht. So steht dem Empf<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>erganz normalen lesbischen Beziehung nichts im Weg.Den Kontakt zu irgend e<strong>in</strong>er bestimmten Szenesuche ich nicht. Ich suche den Kontakt zu Personen,<strong>mit</strong> denen ich gut harmoniere und nicht unbed<strong>in</strong>gtzu Personen, <strong>mit</strong> denen ich bestimmteGeme<strong>in</strong>samkeiten <strong>in</strong> der Beschaffenheit habe. Ichfühlte mich nie irgende<strong>in</strong>er Gruppe zugehörig undhabe auch nicht den Wunsch, nur unter Menschen <strong>zus</strong>e<strong>in</strong>, die mir ähneln.Dass ich mich von anderen Menschen unterscheideund auf welche Weise, merkte ich bereits <strong>in</strong> jungenJahren. Während me<strong>in</strong>er ersten Schultage bemerkteich, dass ich mich von den anderen K<strong>in</strong>dernunterscheide. Alle K<strong>in</strong>der, die mir ähnlich sahen,und anderen gemacht. Jungs waren mir sehrsuspekt. Ich habe ihre Andersartigkeit alles andereals angenehm empfunden.Auch wenn ich Mädchen als me<strong>in</strong>e homogeneGruppe sah (und noch immer sehe), fielen mir dochgewisse Unterschiede zwischen ihnen und mir auf,so dass ich mich e<strong>in</strong>deutig als e<strong>in</strong>em drittenGeschlecht zugehörig sah. Ebenso e<strong>in</strong>deutig war fürmich, dass nur e<strong>in</strong> Wort <strong>in</strong> Frage kommt, um me<strong>in</strong>eWesensbeschaffenheit zu beschreiben; nämlichneutral.Während ich die Jungs beobachtete und ich rätselte,wie sie wohl beschaffen seien, drängte sich mir dieBefürchtung auf, dass es <strong>in</strong> vielen SituationenNachteilhaft für mich se<strong>in</strong> kann, wenn sie mich alsIhresgleichen ansehen, ich jedoch im Verhalten vonihnen abweiche. Die bestmögliche Lösung, die ichsah, war ihr Verhalten <strong>in</strong> bestimmten Bereichen zui<strong>mit</strong>ieren. E<strong>in</strong> großes Problem war me<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tuitiveMotorik, die weiblich war. So führte ich fortan jedeBild: Deborah Schmidt


me<strong>in</strong>er Bewegungen sehr bewusst aus, da<strong>mit</strong> sie dermännlichen Motorik gleicht. Am schwierigsten warme<strong>in</strong>e Mimik zum lügen zu erziehen, da<strong>mit</strong> niemanderkennt, dass ich extrem emotional b<strong>in</strong>. Anfangskostete es viel Konzentration. Doch <strong>mit</strong> der Zeits<strong>in</strong>d die Bewegungen zur Gewohnheit geworden.Mit me<strong>in</strong>er Pubertät fiel mir das erste Mal bewusstauf, dass ich ausschließlich homo liebe und nurdavon träume. Die Schlussfolgerung, dass me<strong>in</strong>eAusrichtung im Bezug auf diePartnerwahl nur <strong>mit</strong> demBegriff„lesbisch“beschrieben werden kann,kam mir erst 6‐7 Jahre später<strong>in</strong> den S<strong>in</strong>n. Bis dah<strong>in</strong> habeich mich nie aus demBlickw<strong>in</strong>kel „Partnerwahl +Vorlieben“ betrachtet. Ichverglich mich zwar oft <strong>mit</strong> anderen, dochbetrachtete mich selbst <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Selbstreflektionimmer unabhängig von anderen Personen.Lange Zeit empfand ich es als extrem beleidigend,als Junge/Mann* bezeichnet und <strong>mit</strong> ihnengleichgesetzt zu werden. Mit dem bei ihnen häufigvertretenen Konkurrenzdenken und dem oft rechtausgeprägte Egoismus (zum<strong>in</strong>dest aus me<strong>in</strong>eraltruistischen Sicht) kann ich mich so gar nichtidentifizieren. Da ich asexuell b<strong>in</strong>, empf<strong>in</strong>de ich esals sehr verletzend, wenn mir männertypischessexuelles Denken und sexuell motiviertes Handelnunterstellt werden.Es gibt viele männertypische Wesenseigenschaften,die ich ablehne oder gar verachte. Da diese aberlängst nicht auf jeden Mann* zutreffen, spare ich esmir, sie hier aufzulisten, um nicht verallgeme<strong>in</strong>erndzu kl<strong>in</strong>gen.Von me<strong>in</strong>em Umfeld werde ich als queerer Mannwahrgenommen. Während Männer* me<strong>in</strong> Andersse<strong>in</strong>meist <strong>in</strong> die Schublade „sympathisch verrückt“e<strong>in</strong>ordnen, erkennen Frauen* sehr schnell, dassme<strong>in</strong>e Sichtweise und Interessen den ihren rechtähnlich s<strong>in</strong>d. Wenn auch sicher unbewusst, sehenmich Frauen* oft als"Da ich asexuell b<strong>in</strong>, empf<strong>in</strong>deich es als sehr verletzend, wennmir männertypisches sexuellesDenken und sexuell motiviertesHandeln unterstellt werden."Ihresgleichen an.Wenn z.B. e<strong>in</strong>e Frau*<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gemischtenGruppee<strong>in</strong>eVerallgeme<strong>in</strong>erungnach dem Motto „AlleMänner s<strong>in</strong>d Schwe<strong>in</strong>e“äußert, sollte mandoch vermuten, dass sie, wenn sie für ihre AussageZuspruch sucht, sich e<strong>in</strong>er anderen Frau* zuwendet‐nicht jedoch e<strong>in</strong>er Person, die sie ebenfalls alsMann* bezeichnet. Doch genau das passiert mir sehrhäufig; sogar <strong>mit</strong> Frauen*, die mich erst kurze Zeitkennen. Sie sche<strong>in</strong>en me<strong>in</strong>e Andersartigkeitwiederzuerkennen. Dabei b<strong>in</strong> ich doch immer daraufbedacht, männerfe<strong>in</strong>dliche Kommentare für mich zubehalten. Ich will ja niemanden diffamieren, nurweil er arg anders ist als ich. Dass ich Männer* <strong>mit</strong>halbem Herzen hasse, sehe ich als Fehler an mir.Zum Glück habe ich me<strong>in</strong> Bild von ihnen im Laufeme<strong>in</strong>es bisherigen Lebens bereits weitgehendverbessern können. Im Grunde wünsche ich mir nur,wieder alles und jeden lieben zu können, so wie esals ganz junges K<strong>in</strong>d war.Anzeige


Was s<strong>in</strong>d GirlFags und GuyDykes?Carol<strong>in</strong>: GirlFags oder auch schwule Frauen*, fühlen sich zu Männern*, die auf Männer*stehen, h<strong>in</strong>gezogen und haben das Bedürfnis <strong>mit</strong> ihnen e<strong>in</strong>e schwule Beziehung zuführen. GuyDykes s<strong>in</strong>d lesbische Männer*, die lesbische Beziehungen <strong>mit</strong> Frauen*anstreben und so<strong>mit</strong> <strong>in</strong> ihrer Begehrensform lesbisch s<strong>in</strong>d. Nicht alle GirlFags undGuyDykes fühlen sich vollkommen weiblich bzw. männlich und können sich z.B alsgenderqueer oder weder*noch* identifizieren. Der Übergang zum schwulenTrans*Mann* und zur lesbischen Trans*Frau* ist jeweils fließend und manche Personenhaben sich früher z.B als GirlFag bezeichnet, haben aber dann festgestellt, dass sieschwule Trans*Männer s<strong>in</strong>d. Zudem können sich GirlFags nicht nur schwul, sondernauch lesbisch, heterosexuell/‐romantisch für Männer*, heterosexuell/‐romantisch fürFrauen* usw. identifizieren. Das Gleiche gilt natürlich auch für GuyDykes.ich e<strong>in</strong>er Freund<strong>in</strong> Vorträge darüber, warum die katholischeKirche zum Großteil sehr schwulenfe<strong>in</strong>dlichist. Soaps, die regelmäßig abends laufen, hieltich immer für bescheuertund unspan‐"Zudem war mir E<strong>in</strong>es klar: Wennich e<strong>in</strong>en Tag lang e<strong>in</strong>en männlichgelesen Körper hätte, würdeich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Schwulenbar gehen."nend – bis siem<strong>in</strong>dest<strong>in</strong>s e<strong>in</strong>eschwule Person be<strong>in</strong>halteten.Plötzlichwar die Serie für michspannend und ich verfolgtedie Episoden. Zudem las ich mir h<strong>in</strong> und wiederwissenschaftliche Artikel über Homosexualitätdurch oder schaute mir im Internet Reportagen an.Auch wenn <strong>in</strong> den Nachrichten etwas über die Rechtefür Menschen <strong>in</strong> gleichgeschlechtlichen Beziehungenberichtet wurde, fühlte ich michangesprochen. Zudem war mir E<strong>in</strong>es klar: Wenn iche<strong>in</strong>en Tag lang e<strong>in</strong>en männlich gelesen Körper hätte,würde ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Schwulenbar gehen. Obwohlich damals gar nicht wusste, warum ich diesenWunschgedanken hatte. Das Interesse und die Begeisterungfür schwule Thematiken ließen <strong>mit</strong> derZeit nicht nach, sondern wurden sogar noch <strong>in</strong>tensiver.Allerd<strong>in</strong>gs hatte das alles auch e<strong>in</strong>e negative Seite.Homophobie machte mir dauerhaft zu schaffen undgerade <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em eigenen Umfeld empfand ich sieals bedrückend und e<strong>in</strong>engend. Homophobes Verhalten,besonders Schwulenfe<strong>in</strong>dlichkeit, ließ Wut<strong>in</strong> hochkochen, obwohl ich eigentlich e<strong>in</strong>en ziemlichlangen Geduldsfaden habe. Ich traute nur zweiFreund<strong>in</strong>nen an, wie sehr ich mich <strong>mit</strong> schwulenThemen befasste. Der Rest hatte sowieso <strong>mit</strong>bekommen,dass schwule Themen mich irgendwie ansprechen.Trotzdem war das nicht so e<strong>in</strong>fach. E<strong>in</strong>eFreund<strong>in</strong> änderte ihre homophobe E<strong>in</strong>stellung erst,nachdem ich ihr gegenüber sehr lange Reden überschwulen Themen gehalten haben. Bei der anderenFreund<strong>in</strong> störte es mich nur, dass sie "normal" alsSynonym für "heterosexuell"benutzte. Die zuletztgenannte Freund<strong>in</strong> warauch die erste Person, diezu mir me<strong>in</strong>te, dass ichmich anhören würde, alsob ich aus Erfahrung spreche,wenn ich über Homosexualitätredete. Sie h<strong>in</strong>terfragte auch, ob ichdenn überhaupt heterosexuell sei. Mehr als e<strong>in</strong> "Werweiß" kam von mir aber nicht. Schließlich war ichselbst verwirrt und konnte mich nicht e<strong>in</strong>ordenen.In der Oberschule schienen heterosexuelle Beziehungenund besonders heterosexueller Sex dasNummer E<strong>in</strong>s Thema bei vielen Klassenkamerad_<strong>in</strong>nenzu se<strong>in</strong>. Obwohl ich mich immer aus den Gesprächenraushalten wollte, wurde ich dochre<strong>in</strong>gezogen, <strong>mit</strong> der Selbstverständlichkeit, dassich aus eigener Erfahrung <strong>mit</strong>reden könne. Weil ichdies aber nicht konnte, nicht wirklich viel über heterosexuellenBeziehungen und Sex wusste und auchnicht das Verlangen danach hatte, wurde dies <strong>mit</strong>"überhaupt ke<strong>in</strong> Interesse an Sexualität" gleichgesetztund ich galt als das schüchterne, unschuldigeMädchen. Gefördert wurde diese Annahme, dadurch,dass ich <strong>mit</strong> ihnen kaum redete und sowiesolieber alle<strong>in</strong>e war. Dazu sage ich nur, dass ich zum<strong>in</strong>dest<strong>in</strong>s<strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Kopf, eher das Gegenteil war,denn ich hatte ständig romantischen und sexuellenFantasien, die sich um schwule Männer* drehten.Die heteronormative Erwartungshaltungen me<strong>in</strong>esUmfeldes störten mich immer mehr, weshalb ichleider e<strong>in</strong>en Doppelstandart entwickelt hatte: WennBild: Deborah Schmidt


irgendwer über heterosexuellen Sex redete, warich schnell genervt und gelangweilt, ich selbst abererklärte <strong>mit</strong> Freude me<strong>in</strong>er besten Freund<strong>in</strong> wieschwuler Sex funktioniert. Und ja: Sie wusste danachmehr als sie wollte! Das soll allerd<strong>in</strong>gs nichtheißen, dass ich etwas gegen heterosexuelle Menschenhatte. Von mir aus, konnten die machen, wassie wollten, solange sie von mir nicht das Gleicheerwarteten. Oft hatte ich auch das Gefühl, dass e<strong>in</strong>paar Leute der Me<strong>in</strong>ung waren, dass e<strong>in</strong>e Frau*oder weiblich wahrgenommene Person, nichts andereskann, als sich e<strong>in</strong>en Mann* zu suchen, um"komplett" zu se<strong>in</strong>.Für mich war me<strong>in</strong>e Beziehungslosigkeit ke<strong>in</strong> Problem,aber trotzdem überlegte ich, wie es wohlwäre <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>em Mann* e<strong>in</strong>e heterosexuelle Beziehungzu führen. Allerd<strong>in</strong>gs konnte das noch nichte<strong>in</strong>mal theoretisch klappen, denn ich verspürte nurWut und Frustration bei dem Gedanken. Die Theoriewurde durch die Praxis bestätigt. Wenn heterosexuelleMänner* mich wegen mich wollten, hattedas Bedürfnis ihn nie wieder im Leben sehen zumüssen. Das lag nicht unbed<strong>in</strong>gt an ihm persönlich,aber als Frau* begehrt zu werden, fühlte ich nunmal komplett falsch an und Kommentare oder Bemerkungen,die me<strong>in</strong>en Körper (prositiv oder negativ)sexualisieren, empfand ich als ekelig. ZumGlück hatte ich die Situationen großteils unter Kontrolleund es ist nieetwas passiert, was ichwirklich nicht wollte.Deshalb kann ich heute<strong>mit</strong> guten Gewissensagen: Ich habe ke<strong>in</strong>eheterosexuelle Seitefür Männer*. Es gibtGirlFags und schwuleTrans*Personen, die<strong>mit</strong> heterosexuellenMännern* glückliche und gute Beziehungen haben/hatten,aber für mich persönlich kommt dieseMöglichkeit nicht <strong>in</strong> Frage.Mit Ende 18 machte ich mir extrem viele Gedankendarüber, warum ich mich so verhalte, denke undfühle. Vorher hatte ich mich das auch schon gefragt,aber dieses Mal wollte ich es endlich wissenund fragte das Internet. Dadurch kam ich nach langerSuche auf e<strong>in</strong>en Artikel über GirlFags und aufe<strong>in</strong>mal machte alles S<strong>in</strong>n: Ich b<strong>in</strong> selber schwul!Aber was machte ich nun <strong>mit</strong> dieser Erkenntnis?Und habe ich vielleicht doch noch andere <strong>Seiten</strong>,von denen ich bis jetzt nichts wusste und die sichnoch zeigen werden? Da ich nicht viel Zeit späterentdeckte, dass es an der Uni <strong>in</strong> Giessen Angebote"Wenn ich als weiblichgelesener Mensch die queereSzene betrete, b<strong>in</strong> ich oft auchhier e<strong>in</strong>em normativen Denkenausgesetzt. Für die Meisten istes selbstverständlich: Ich musse<strong>in</strong>e lesbische Cis*Frau se<strong>in</strong>!"für queere Menschen gibt, erschien es mir s<strong>in</strong>nvollals ersten Schritt die queere Szene auch praktischzu erforschen...In der queeren SzeneManche denken, dass es <strong>in</strong> der queeren Szene seitolerant und offen für alles. Dem ist leider nicht so!Und da<strong>mit</strong> habe ich auch nie gerechnet. Wenn ichals weiblich gelesener Mensch die queere Szenebetrete, b<strong>in</strong> ich oft auch hier e<strong>in</strong>em normativenDenken ausgesetzt. Für die Meisten ist es selbstverständlich:Ich muss e<strong>in</strong>e lesbische Cis*Frau se<strong>in</strong>!E<strong>in</strong>e andere Möglichkeit kommt für sie gar nichterst <strong>in</strong> Frage. Es sei denn, ich wäre e<strong>in</strong>_e Femme –dann wäre ich <strong>in</strong> vielen Augen nur e<strong>in</strong>e Hetera, diesich verlaufen hätte. Aber as ist mir bis jetzt (noch)nicht passiert. In e<strong>in</strong>em Großteil von "queeren"Räumen regiert die Homonormativität. Bisexualitätwird nur <strong>mit</strong> Glück akzeptiert und <strong>mit</strong> noch vielmehr Glück eventuell auch "Transsexualität". AndereIdentitäten gehen oft e<strong>in</strong>fach unter. Dies betrifftnicht nur GirlFags und GuyDykes, sondern auch zumBeispiel Pansexualität, Asexualität und die Größeund Komplexität des Trans*‐ und Intersex*Specktrums,sowie Poly*Beziehungen.Deswegen habe ich zuerst gezögert, ob ich es wirklichwagen will. Doch dann traute ich mich Stückfür Stück. Als erstes hörte ich mir nur öffentlicheVorträge über queere Themenan, entschloss aberwenige Monate späterqueere Bars und Parties zubesuchen. Es kam wie erwartetund ich wurde ungefragtfür lesbischgehalten. Durch me<strong>in</strong>efalsche Lesung, landete ichmehrmals <strong>in</strong> verschiedenenlesbischen Gruppen. Ichfühlte mich nicht wie Teil von ihnen, sondern eherwie e<strong>in</strong> Spion. Und auch hier galt ich wieder alsschüchtern, weil ich ke<strong>in</strong>e (lesbische) Frau* anflirtete.Wenn ich Kontakt zu <strong>mit</strong> schwulen Männern*hatte, wollten sie mir helfen e<strong>in</strong>e Freund<strong>in</strong> zu f<strong>in</strong>den.Das mag zwar nett geme<strong>in</strong>t gewesen se<strong>in</strong>,aber ich war, unabhänig von me<strong>in</strong>er Orientierung,überhaupt nicht auf der Suche. Bei den CSDs, dieich im Jahr 2012 besuchte, wurde zwar oft davongeredet für Akzeptanz und Toleranz sorgen zu wollen,aber gerade hier fehlte mir der Schutzraum fürVielfalt und ich fühlte mich eher unwohl.Nach e<strong>in</strong>er Zeit sah ich es als s<strong>in</strong>nlos mir das normativeDenken gefallen zu lassen. Nun stellte ichvor folgenden Fragen: Soll ich mich <strong>in</strong> der queeren


Szene outen? Wie soll ich das den Leuten erklären?Wie werden die Leute reagieren? Ab und zu machteich mal Andeutungen schwul zu se<strong>in</strong>, aber die wurdennur belächelt undnicht ernst genommen. Ichmachten den Leuten ke<strong>in</strong>enpersönlichen Vorwurf,aber mich störte es nune<strong>in</strong>mal ständig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>efalsche Schublade gesteckt zu werden – das habe ichauch <strong>in</strong> der heteronormativen Welt und dafür mussich nicht extra <strong>in</strong> die queere Szene.Schließlich muss ich mir me<strong>in</strong>eSichtbarkeit erkämpfen unddas immer wieder aufs Neue.Erst <strong>mit</strong> Anfang 20 erzählte ich neuen Bekanntschaftenaus der queeren Szene, dass ich mich schwulfühlte. Diese lernte ich <strong>in</strong> Räumen kennen, diewirklich für Vielfalt standen. Hier fühlte ich michbesser aufgehoben. Zu e<strong>in</strong>em größeren Com<strong>in</strong>g Out<strong>in</strong> der queeren Szene verhalf mir übrigens vor allemdie wunderbare Zeitschrift namens "<strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong>".Es f<strong>in</strong>g eigentlich <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er Kle<strong>in</strong>igkeit an. Ich entdeckte,dass im Glossar GirlFags und GuyDykes erwähntworden s<strong>in</strong>d und sprach daraufh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ePerson, die für die Zeitschrift <strong>zus</strong>tändig ist, an. DiesePerson kam auf die Idee, dass ich doch auf derTrans*Tagung <strong>in</strong> Giessene<strong>in</strong>en Workshop zu GirlFagsund GuyDykes halten könne.Ich willigte e<strong>in</strong> undlernte so auf der TagungLeute kennen, die sichebenfalls viel <strong>mit</strong> den Themen beschäfigten. Späterhielt ich auch Workshops im Rahmen der schwullesbischenSzene, bei denen fast nur bekannte Gesichterwaren. Weil ich nun offen zeigte, dass ichmich <strong>mit</strong> den Idenfikationen GirlFag und GuyDykeauskenne, erschien es mir s<strong>in</strong>nvoll mich auch zu outenund weiterh<strong>in</strong> offen <strong>mit</strong> me<strong>in</strong>er schwulen Seiteumzugehen. Für e<strong>in</strong>en CSD bereitete ich e<strong>in</strong>e Taschevor, an der ich (unter anderem) zwei große "Schwul"‐Bottoms angesteckte. Ich bemerkte komische undskeptische Blicke, aber da musste ich eben durch.Schließlich muss ich mir me<strong>in</strong>e Sichtbarkeit erkämpfenund das immer wieder aufs Neue.(1)Hier wird e<strong>in</strong> großes "I" benutzt, um zu betonen, dass ich die Personen <strong>in</strong> der Regel weiblich wahrgenommenhabe und/oder sich der Großteil als weiblich identifiziert hat.Anzeige


Queere Lyrik - Autor* <strong>in</strong>nen:Faulenz* A und Lena StoehrfaktorFrag mich nichtFrag mich nicht ich mag dich nicht, Frag mich nichtich mag dich nichtFrag mich nicht ich mag dich nicht, Frag mich nichtFaulenz*A:„Bist du schwul“, hast du mich nicht grad sensibelgefragtSo verklemmt, für dich wär sogar die Bibel gewagtOder warum fragst du mich nach me<strong>in</strong>er SexualitätFür mich hört sich das nicht an als wolltest du e<strong>in</strong>DateKlar, du bist nicht homophob, und dich stört derScheißDoch das kauft dir ke<strong>in</strong>e_r ab so wie MerchandiseEye Typ echt du nervst, hau ab nimm de<strong>in</strong> Zeug hier‐ Und erspar mir de<strong>in</strong>e Neugier“Bist du ne Transe, oder warum ziehst du das an?”Ich frag dich auch nicht: „Gehst du als Hetero Mann?“Hey voll der krasse Style so <strong>mit</strong> T‐Shirt und HoseDas f<strong>in</strong>d ich so spannend wie Kohl aus der DoseDie Leute um dich rum hören alle schon herDu hast ke<strong>in</strong>e Intimsphäre, also erklärErzähl aus de<strong>in</strong>er Seele und <strong>mit</strong> wem du pennstDas stört dich doch nicht, dass du hier alle nichtkennst?Frag mich nicht ich mag dich nicht, Frag mich nichtich mag dich nichtFrag mich nicht ich mag dich nicht, Frag mich nichtLena Stöhrfaktor:Du fragst mich warum ich me<strong>in</strong> Frause<strong>in</strong> nichtzelebrieren kannAber fragst dich nicht ‐ warum guck ich dich vollerMitleid an?Du bist leider gescheitert und du weißt dasStellst deshalb <strong>in</strong> Frage was <strong>in</strong> de<strong>in</strong>en Kopf nichtre<strong>in</strong>passtUm die Tatsachen zu verdrängen, hast diche<strong>in</strong>geschränktZeige dir Möglichkeiten du bist nicht bereit für me<strong>in</strong>GeschenkFrag mich wie ich Fragen f<strong>in</strong>de, die ich immer wiederhöreUnd die ich beim ersten Mal schon scheiße fandFrag mich wie viel pädagogische Arbeit ich <strong>in</strong> me<strong>in</strong>erFreizeit leisten kannFeierabend bleib mal alle<strong>in</strong> <strong>mit</strong> de<strong>in</strong>er AngstFrag dich mal ob der S<strong>in</strong>n de<strong>in</strong>er Existenz auf dieserWeltEtwas mehr se<strong>in</strong> könnte als solche Fragen zu stellenFrag mich nicht was ich darüber denkeDie frage ist mir zu billig denn es erklärt sich ganzvon selbstFang mal an nachzudenken frag mal de<strong>in</strong>e FreundeWarum sie <strong>mit</strong> dir befreundet s<strong>in</strong>d was sie an dirschätzenUnd sie werden sagen <strong>mit</strong> dir kann man manchmalSpaß habenUnd ich sag dir du hängst fest wie e<strong>in</strong> Stück Scheiße<strong>in</strong> den ArschhaarenFrag mich nicht ich mag dich nicht, Frag mich nichtich mag dich nichtFrag mich nicht ich mag dich nicht, Frag mich nichtFaulenz*A:Frag mich nicht: “Bist du ne Frau oder Mann?”Denn ich glaub, ja ich glaub das geht dich überhauptnichts anNee und darauf e<strong>in</strong>zugehen steht mir jetzt nicht imS<strong>in</strong>nIch versuch nur zu verbergen, wie verletzlich ich b<strong>in</strong>Wir s<strong>in</strong>d hier <strong>mit</strong> vielen Menschen und nicht <strong>mit</strong>VertrautenVielleicht habe ich ja gar ke<strong>in</strong> Bock mich hier zuoutenIch habe nicht mal Bock das zu hörn, de<strong>in</strong>en BockmistDu stutzt und fragst, was unter me<strong>in</strong>em Rock ist?Und du kaust so voll politisch de<strong>in</strong> SojaDabei kommentierst du me<strong>in</strong>' Körper, achso jaHm gib mir lieber was vom Tofu‐Steak abDas sieht lecker aus, so wie ich <strong>mit</strong> Make‐UpUnd alle de<strong>in</strong>e Kommentare s<strong>in</strong>d Blöds<strong>in</strong>nIch lass mir doch nicht sag'n, dass ich nicht schön b<strong>in</strong>Ich mag mich im Kleid und mag mich als GlamourQueenDoch nach Tagen wie heut' könnt ich vor allenMännern fliehnFrag mich nicht, ich mag dich nichtFrag mich nicht, ich mag dich nichtFrag mich nicht, ich mag dich nichtDoch ich wünsch dir Empathie wie dem Twilight‐TypTageslichtBeide Titel vom Album: Faulenz*A – Glitzerrebellion.Auch kostenlos herunterladbar auf: www.faulenza.blogsport.deLena Stoehrfaktor: www.lenastoehrfaktor.de


Queere Lyrik - Autor* <strong>in</strong>: Faulenz* ASchönheitsidealBisschen Glamour und Musik und ich schwebe durchden SaalDenn zum Tanzen brauch ich alles, nur ke<strong>in</strong>SchönheitsidealScheiß egal mir fällts schwer ganz so aus<strong>zus</strong>ehn wieBarbieDoch für mich b<strong>in</strong> ich hier die Danc<strong>in</strong>g Queen aufdieser PartyIch habe ke<strong>in</strong>e Männerstimme ich hab me<strong>in</strong>e StimmeMit der ich dich zurückdisse oder über dich s<strong>in</strong>geob sie hoch ist oder tief ist mir gerade ganz egalum dir zu sagen, dass du scheiße bist taugt sie allemalIch pass nicht <strong>in</strong> de<strong>in</strong> Frauenbild derZweigeschlechterweltDie Fee aus de<strong>in</strong>em Traum hast du dir andersvorgestelltUnd de<strong>in</strong> Schönheitsideal lässt ke<strong>in</strong>en Platz fürUnterschiedDeshalb scheiß ich drauf und ärger mich, dass mich dasrunterziehtManchmal will ich dem entsprechen, was mir jedeWerbung zeigtIch kann abnehmen wie ich will doch me<strong>in</strong> verhassterKörper bleibtfühl mich hässlich, wenn ich Sprüche krieg andauernd<strong>in</strong> der StadtAlle wissen ja, wie e<strong>in</strong>e Frau aus<strong>zus</strong>ehen hatUm e<strong>in</strong>e Frau zu se<strong>in</strong> wärn große Brüste erstmal PflichtKaum Gewicht und erst recht ke<strong>in</strong>e Stoppel im GesichtEcht für de<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Welt s<strong>in</strong>d schon e<strong>in</strong> paar HärchenschlimmTut mir leid, wenn ich nicht die Fee aus de<strong>in</strong>emMärchen b<strong>in</strong>Ich versuche mich zu mögen, das ist leicht dah<strong>in</strong>gesagtWenn de<strong>in</strong> letzter Kommentar gerade noch immer anmir nagtUnd wenn andere mich beleidigen natürlich nurspaßhaftBis der lustigste mich festhält, oder mir an den ArschfasstUnd ich sehe <strong>in</strong> mir Hässlichkeit je mehr sowas passiertDoch dann frag ich mich, wer hat mich denn alshässlich def<strong>in</strong>iertDiesen Dooftypen will ich doch dieses Recht nichtzugestehnIch scheiß auf die und scheiß auf alles was die <strong>in</strong> mirsehnRefra<strong>in</strong>Dir fällts schwer, dass du mich bei me<strong>in</strong>emLiebl<strong>in</strong>gsnamen nennstBesonders, wenn du morgens me<strong>in</strong>en Bart nocherkennstOder trag ich heute e<strong>in</strong>fach ke<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>deutigen Style?Vielleicht stimmt ja auch me<strong>in</strong> Makeup nicht <strong>in</strong> jedemDetailIch sehe mich als Frau auch wenns de<strong>in</strong> Weltbild nichterfasstVielleicht ist das nur die Schublade, die besser zu mirpasstNie mehr hör ich auf die Werbung, denn dann fühl ichmich stärkerund hasse Schönheitsideale so viel mehr als me<strong>in</strong>enKörperWenn ich mich style, dann nur noch um me<strong>in</strong>eSchönheit zu unterstreichenNiemals wieder um mich Träumen aus der Werbunganzugleichenfühl mich schön auch ohne Jade b<strong>in</strong> es mir wert ohneLorealBrauch ke<strong>in</strong>en Venus Breeze um mich wie e<strong>in</strong>e Gött<strong>in</strong>zu fühlnMe<strong>in</strong>e Waage sagt mir nur noch ich b<strong>in</strong> richtig ich b<strong>in</strong>gut,Me<strong>in</strong> Spiegel küsst mir auf die Stirn, macht mir zumausgehen MutUnd so tanze ich me<strong>in</strong> Leben zu dem Beat den ich mirauflegUnd selbstbewusst flanier ich durch die Stadt wie aufnem LaufstegBisschen Glamour und Musik und ich schwebe durchden SaalDenn zum Tanzen brauch ich alles, nur ke<strong>in</strong>SchönheitsidealScheiß egal mir fällts schwer ganz so aus<strong>zus</strong>ehn wieBarbieUnd so tanz ich hier mir allen Queens und K<strong>in</strong>gs aufdieser Party


"Das s<strong>in</strong>d die Leute, die <strong>in</strong> 10, 20Jahren unsere Gesellschaft gestalten."SchLAu steht für Schwul Lesbisch Bi Trans* Aufklärung. Ehrenamtliche Teamer_<strong>in</strong>nenbesuchen Schulklassen, Jugendgruppen und andere junge Gruppen <strong>in</strong> Bildungse<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong>Kassel und Umgebung. Im Zentrum von SchLAu steht die Begegnung zwischen Jugendlichenund jungen Erwachsenen <strong>mit</strong> verschiedensten H<strong>in</strong>tergründen bezüglich der sexuellenOrientierung oder Identität. Das Ziel ist es, durch die direkte Begegnung Vorurteile undKlischees zu h<strong>in</strong>terfragen und schließlich abzubauen.Für <strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong> sprach Ivo <strong>mit</strong> Maya, Carol<strong>in</strong> und Mel von SchLAu Kassel.Ivo: Wann habt ihr das erste mal was von SchLAugehört? Wie kamt ihr auf die Idee <strong>mit</strong>zuwirken?Maya: Ich habe 2012 im Frühl<strong>in</strong>g me<strong>in</strong>eExamensarbeit über das Thema [die sexuelleOrientierung des Menschen] geschrieben. Da b<strong>in</strong> ichauch auf das Schulaufklärungsprojekt SchLAugestoßen und habe gedacht 'ach das ist ja ganz schöncool'. Das Hauptmotto von SchLAu ist ja immer '<strong>mit</strong>uns reden, statt über uns' und genau diese Idee hatmich angesprochen. Dann hab ich geguckt, wo es dashier so gibt – und gibt es nicht. Und dann steht manda erstmal alle<strong>in</strong>e <strong>mit</strong> der Idee. Zur AIDS‐Hilfe b<strong>in</strong> ichzunächst wegen der HIV‐ und AIDS‐Präventiongekommen Dabei kam ich <strong>mit</strong> Andrea von der AIDS‐Hilfe <strong>in</strong>s Gespräch, über SchLAu und das es schönwäre, wenn es das auch hier gibt. Und dann hab ichgesagt 'joah. mach ich'. Ich frag mal e<strong>in</strong> bisschenrum. Und dann haben wir das <strong>in</strong> die Hand genommenund gestartet.Ivo: Okay, aber dann hattet ihr Lust darauf undLeute, aber dann ist ja trotzdem noch diesesProblem 'Wie mach ich das überhaupt? Wie gründeich jetzt SchLAu?'Maya: Das g<strong>in</strong>g gut. Wir wurden von Anfang anunterstützt von Andrea, die SchLAu letztes Jahrkennengelernt hat, also wusste sie auch schon, dasses e<strong>in</strong>e Teamerschulung gibt, dass manQualitätsstandards unterschreiben muss und so. Dashaben wir uns dann alles durchgelesen undunterschrieben. Und dann wurde es offiziell und esgab e<strong>in</strong> SchLAu‐Kassel Projekt.Mel: Das Gute an unserem Projekt ist ja, dass mannicht bei Null anfangen muss. Wir s<strong>in</strong>d zwar dieE<strong>in</strong>zigen hier im Umkreis, doch <strong>in</strong> anderen großenStädten gibt es schon SchLAu‐Projekte, deswegen wardas jetzt gar nicht so schwer. Man kann über dasInternet schon e<strong>in</strong>e Menge über die Organisation unddie Durchführung der anderen Projekte herausf<strong>in</strong>den,sich daran orientieren, oder auch Kontaktaufnehmen.Carol<strong>in</strong>: Dementsprechend bekommen wir dann auchUnterstützung und Informationen. Wir müssen unswirklich nicht alles selber erarbeiten.Ivo: Was bedeutet denn SchLAu für euch? TrotzQualitätsstandards und klarem Rahmen gibt es <strong>in</strong>den e<strong>in</strong>zelnen SchLAu‐Projekten ja auchUnterschiede. Also, klar, weil sich das <strong>in</strong> dene<strong>in</strong>zelnen Gruppen so entwickelt...Maya: Ja genau. Wir haben die Qualitätsstandardsunterschrieben, aber wir s<strong>in</strong>d im Schwerpunktfestlegen ganz frei gewesen. Und wir haben ja jetztauch <strong>in</strong> unserem Logo 'vielfältige Lebensformen.Sexuelle Orientierung. Aufklärung' stehen.Carol<strong>in</strong>: Jedes SchLAu‐Team setzt sich natürlich ausanderen Leuten <strong>zus</strong>ammen. In unserem SchLAu‐Teams<strong>in</strong>d z.B. sehr viele Transsexuelle vertreten, was <strong>in</strong>anderen Städten nicht so ist. Und ich denke da istdann auch e<strong>in</strong> ständiger Wandel <strong>mit</strong> <strong>in</strong>begriffen , dersich darauf anpasst welche Menschen da s<strong>in</strong>d. Ist javiel autobiographisch wie wir arbeiten, demnach wirddas auch <strong>in</strong>dividuell ablaufen.


Ivo: Ich f<strong>in</strong>d das ganz wichtig, was du gerade gesagthast, weil e<strong>in</strong>e Kritik an SchLAu ist ja, dass eshäufig nur schwul‐lesbisch ist und wieder nur b<strong>in</strong>är.Wie ist das bei euch so <strong>mit</strong> den Themen?Mel: Wir haben glaube ich fast alle queerenLebensformen <strong>mit</strong> dr<strong>in</strong>.Carol<strong>in</strong>: Und auch <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> die Begegnung zukommen. Selbst wenn man auch selber <strong>in</strong> demqueeren Milieu dr<strong>in</strong> ist kennt man doch nicht immergleich so viele Leute. Das ist auch für uns etwasworan man wachsen kann.Maya: E<strong>in</strong>e super Chance, dass wir so vieleverschiedene Leute dr<strong>in</strong> haben, das wir auch vieleverschiedene Leute erreichen können.Ivo: Was s<strong>in</strong>d denn eure Ziele? Was habt ihr <strong>in</strong> dernächsten Zeit vor? Habt ihr Visionen <strong>in</strong> euremProjekt?Mel: Erstmal suchen wir natürlich viele, viele neueMitglieder, und dann suchen wir viele Schulklassen,die Lust haben was <strong>mit</strong> uns zu machen.Carol<strong>in</strong>: Technisch gesehen was jetzt erstmal ansteht:Wir s<strong>in</strong>d gerade dabei die Website fertig zu machen.Mel: Das ist auch so e<strong>in</strong>e tolle persönliche Ebene aufdie dieses ganze SchLAu‐Projekt langsam gehobenwird, weil wir uns e<strong>in</strong>fach immer besserkennenlernen. Die Leute gehen immer offener<strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander um. Das ist bei unserem Projekt wichtig,da es auch um sehr private Themen geht und es gutfür die Zusammenarbeit ist, wenn man sich dae<strong>in</strong>igermaßen gut kennt. Das weckt schon so e<strong>in</strong>enkle<strong>in</strong>en Traum. Vielleicht hat man ja irgendwann male<strong>in</strong>en queeren Jugendtreff – so ganz unabhängigdavon ob man <strong>mit</strong> irgende<strong>in</strong>en Projekt <strong>in</strong> die Schulengeht oder so. Sondern vielleicht e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>eAnlaufstelle.Maya: In Kassel gibt es leider noch ke<strong>in</strong>eJugendgruppe <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Form. Leider absolutnicht. Und dafür wäre SchLAu jetzt auch erstmal e<strong>in</strong>ePlattform.Mel: Zum Thema warum SchLAu und welche Ziele magich gerade noch was sagen. Man könnte ja auch dieFrage stellen 'wieso geht ihr eigentlich nicht <strong>in</strong>sAltersheim und klärt dort über Altershomosexualitätauf?'. Ich f<strong>in</strong>de es wichtig, das bei den kommendenGenerationen an<strong>zus</strong>etzen. Das s<strong>in</strong>d die Leute, die <strong>in</strong>10, 20 Jahren unsere Gesellschaft gestalten. Also daansetzen, wo die Vorurteile noch nicht so stark <strong>in</strong>sWeltbild und Selbstbild <strong>in</strong>tegriert s<strong>in</strong>d.Ivo: Wollt ihr sonst noch was sagen?Carol<strong>in</strong>: Das man sich nicht abschrecken lassen soll,dass das e<strong>in</strong> großes Projekt ist, was wir da machen.Und gerade auch kle<strong>in</strong>ere Städte, wo es so Aktionennicht gibt, Mut fassen können. Weil Kassel ist ja auchke<strong>in</strong>e Großstadt und wenn wir das schaffen dannkönnen das auch andere schaffen.Ivo: Vielen Dank für das Gespräch.


Unsere Befreiung als Verknüpftesverstehen lernenE<strong>in</strong> Beitrag von Bäumchen. Bäumchen ist Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong>* of Color und Antikapitalist<strong>in</strong>*. Sie*bloggt auf rumbaumeln.blogsport.eu. Der Twittername ist @baum_glueck.Der Artikel beschäftigt sich <strong>in</strong>tersektionell <strong>mit</strong> Antispeziesismus. Hierfür nimmt BäumchenBezug auf das Buch "Antispeziesismus. Die Befreiung von Mensch und Tier <strong>in</strong> derTierrechtsbewegung und der L<strong>in</strong>ken" von Matthias Rude. Das Buch erschien <strong>in</strong> dertheorie.org‐Reihe von "Schmetterl<strong>in</strong>g Verlag".Antispeziesismus, das ist die Idee von der Befreiungvon Tieren <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Gesellschaft, die Tierewie Menschen ausbeutet. Dabei gilt Speziesismusals die Ideologie, die die Ausbeutung von Tierenrechtfertigt: Weil Tiere weniger wert seien, weniger<strong>in</strong>telligent, weniger schöpferisch; stumpf, <strong>in</strong>st<strong>in</strong>ktgesteuert,Natur. Viele der Vorstellungen, <strong>mit</strong>der die uns bekannte Natur‐ und Tierethik arbeitet,gehen davon aus, wir müssen vor allem unser Verständnisvon Tieren ändern, sie nicht mehr als»Niedrigeres« erachten, und das würde zu e<strong>in</strong>erbesseren Behandlung von Tieren führen.Aber Matthias Rude zeigt auf, dass wir am Kern ansetzenmüssen: Nämlich unsere Geschichte verstehen,<strong>in</strong> der menschliche und Tier‐Ausbeutung<strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander verknüpft s<strong>in</strong>d, und nach e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samenBefreiung r<strong>in</strong>gen.Dabei s<strong>in</strong>d viele der uns bereits bekannten menschlichenRevolutionär*<strong>in</strong>nen (1) <strong>in</strong> der Arbeiter*<strong>in</strong>nenbewegungund Aktivist*<strong>in</strong>nen <strong>in</strong>nerhalb SozialerKämpfe für die Befreiung der Tiere e<strong>in</strong>gestanden.E<strong>in</strong>e Geschichte, die vergessen wurde, und die beispielhaftvom Autoren freigelegt wurde.Wenn wir nach e<strong>in</strong>er Geschichte der Tierbefreiungund des Vegetarismus suchen würden abseits vonrevolutionären Bewegungen, würden wir wohl nichtfündig werden. Die Existenz „bloßer“ TierschutzundTierrechtsgruppen ist v.a. e<strong>in</strong> Phänomen derletzteren Zeit. Genauso wie die Vorstellung des Vegetarismusals unpolitischer Begriff ‐ das war er <strong>in</strong>der Geschichte nämlich bisher nicht.Um die Verb<strong>in</strong>dungen zwischen Herrschaftsformenzu begreifen, ist dabei der Blick auf die Herrschaftslegitimierungwichtig. Rude zitiert bereitsam Anfang se<strong>in</strong>es Werkes Aristoteles, der s<strong>in</strong>ngemäßüber den griechischen männlichen Bürgerschreibt: Er müsse zuerst sich <strong>in</strong> körperlicher undemotionaler Selbstbeherrschung üben, dann <strong>in</strong> derUnterwerfung der Frau, die »niedriger« sei, dannder Sklav*<strong>in</strong>nen und Tiere, denn »beide dienen <strong>mit</strong>ihren Körpern den Bedürfnissen unseres Lebens«.Die Kriegsführung und die Jagd sieht er als <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>anderverbundene Bürgerpflichten: Mal um dieMenschen, die von »Natur aus bestimmt s<strong>in</strong>d beherrschtzu werden» zu unterwerfen, mal die Tiere.Dabei untermauert er diese Überzeugung <strong>mit</strong>der Idee von »Natürlichkeit«; das bedeutet, gewissekörperliche Formen hätten bestimmte Eigenschaftenund diese klar zugeordnete undunveränderbare soziale Konsequenzen. Das ist e<strong>in</strong>Argument, das <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Gewaltförmigkeit auch vonQueer‐Theoretiker*<strong>in</strong>nen heute scharf kritisiertwird.RassismusSchwarze Menschen und andere, die nicht den weißenEuropäer*<strong>in</strong>nen ähneln, wurden historisch <strong>in</strong>Naturnähe gerückt, <strong>mit</strong> Tieren verglichen und erfuhren,dass ihr Menschse<strong>in</strong> abgesprochen wurde.Wie Adorno und Horkheimer schreiben, zitiert Rude,liege dar<strong>in</strong> der Schlüssel zum Progrom. Dabeiwar der Begriff des Menschen immer schon <strong>mit</strong>Ausschlüssen besetzt. Mir fällt e<strong>in</strong> Zitat e<strong>in</strong> von der<strong>in</strong>tersektionellen Fem<strong>in</strong>ist<strong>in</strong> und Autor<strong>in</strong> der Native


American, Andrea S<strong>mit</strong>h, die schreibt: »accord<strong>in</strong>g toSilva, the fundamental issue that does not get addressed,is that “the human” is already a racial project.«Um selber zu den Menschen zählen zu dürfen,müssen wir an der Entmenschlichung und Entwürdigunganderer teilnehmen. Dabei spielt »das Tier«e<strong>in</strong>e große Rolle. Der Autor zitiert im Rahmen derabolitionistischen Bewegungen <strong>in</strong> den USA denSchwarzen Schriftsteller Frederick Douglass:»Wie e<strong>in</strong> wildes junges Arbeitstier soll ich gebrochenwerden [...]. Ich sah nun, <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Situation,e<strong>in</strong>e Ähnlichkeit <strong>mit</strong>jener von Ochsen.Sie waren Besitz undso war ich es; siesollten gebrochenwerden und ichebenso; mich zubrechen geschah, <strong>in</strong>dem ich sie unterjochte; brechenund gebrochen werden ‐ das ist das Leben.«Um selber zu den Menschen zählenzu dürfen, müssen wir an derEntmenschlichungEntwürdigung anderer teilnehmen.Generäle wandten, als der Befehl zum Schießenkam. Für zwei Monate gab es e<strong>in</strong>e Rätedemokratie<strong>in</strong> der Stadt.Louise Michel sah früh die Verb<strong>in</strong>dung zwischen denArbeiter*<strong>in</strong>nen und der Ausbeutung der Tiere. Auchdie Verfügbarkeit der Körper von Tieren und Frauenwurde von ihr verglichen. Dabei bemerkt sie überdie sogenannte Respektabilität, dass Frauen <strong>mit</strong> ihrimmer nur verlieren konnten. Selbst wenn e<strong>in</strong>e Frausich nach allen Regeln sittlich benähme, könne siediffamiert und öffentlich gedemütigt werden. Demstünden die Frauenebenso hilflos gegenüberwie die Tiere ihrerSchlachtung. »Alles, allesmuss befreit werden«undschreibt sie, als sie imExil auf Neukaledonienspäter die Befreiungskämpfe der Indigenen unterstützt.SexismusE<strong>in</strong> Kapitel im Buch beschäftigt sich <strong>mit</strong> der berühmtenPariser Kommune und der Revolutionär<strong>in</strong>Louise Michel, die »rote Wölf<strong>in</strong>«. Als es galt, die Kanonenzurückzugeben, die Paris zur Verfügung gestelltwurden im Krieg gegen die Preußen,weigerten sich die Bewohner*<strong>in</strong>nen, daraufh<strong>in</strong> zogdie Regierung <strong>in</strong> den Krieg gegen die eigene Stadt.Es waren Pariser Frauen, die sich zwischen die Soldatender Regierung und die Kanonen stellten ‐ undda<strong>mit</strong> bewirkten, dass die Soldaten sich gegen ihreBerührend die Anekdote, als Louise Michel <strong>in</strong> derVerteidigungsschlacht, <strong>in</strong> der Frauen übrigens biszuletzt die Barrikaden hielten und kämpften, wenigeM<strong>in</strong>uten nutzte, um e<strong>in</strong>e Katze zu retten vorfliegenden Schrapnells. Das brachte ihr den Vorwurfe<strong>in</strong>, Tiere mehr als Menschen zu lieben.Arbeiter*<strong>in</strong>nenkämpfe, Antikapitalismus und AntimilitarismusDer heute e<strong>in</strong>igen von uns bekannte vegane und vegetarischeLifestyle ist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er mehrfach unpoli‐


tisch auftretenden Ersche<strong>in</strong>ung kritisiert wordenals moralische Waffe der Mittelschicht und Oberschichtgegenüber der Klasse der Armen und Arbeiter*<strong>in</strong>nen.Das Gewissen freikaufen sche<strong>in</strong>t heutedie Devise des Angebots teurer ökologischer Produktezu se<strong>in</strong>, die ärmere Leute per se ausschließtvon e<strong>in</strong>er anfänglichen Boykott‐Idee, die e<strong>in</strong>e ganzeIndustrie nach sich zog. Diese Kritik ist wichtig.Aber die Lektüre macht klar: Vegetarismus undTierbefreiung waren nicht immer besetzt von e<strong>in</strong>erbürgerlich‐moralischen Haltung. Seit der Datierungdes Beg<strong>in</strong>ns des Kapitalismus, den Marx ungefährEnde 15./Anfang des 16. Jahrhunderts <strong>in</strong> Englandbei den Wollmanufakturen sieht, die zu Enteignungenführten und Tiere wie Arbeiter*<strong>in</strong>nen auszubeutenbegannen, zieht sich e<strong>in</strong> Verständnis vonSolidarität durch die Zeit. Der Vergleich lag nah:Nicht nur die Arbeit war ähnlich erschöpfend; auchdie klassistische wiedie speziesistischeIdeologie glichensich. Arbeiter*<strong>in</strong>nenwurden als niedrigergesehen, triebgesteuert,stumpf,fürs Arbeiten geschaffen.Mehrfachgab es die Identifizierungvon Arbeiter*<strong>in</strong>nen <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er vegetarischenLebensweise. Ganz beispielhaft dabei die vergesseneWiderstandsgeschichte der Vegetarischen Bewegung<strong>in</strong> Russland, die durch Leo Tolstoiangestoßen wurde und die im Kern die Abschaffungdes Kapitalismus forderte. Es war auch Tolstoi, derdie Verb<strong>in</strong>dung zu Antimilitarismus schuf: «Solangees Schlachthäuser gibt, wird es auch Schlachtfeldergeben.«Was hat queer‐fem<strong>in</strong>istische Politik da<strong>mit</strong> heutezu tun?Ich möchte über die Grenzen, die mir e<strong>in</strong>e Rezensionsetzt, h<strong>in</strong>ausgehen und <strong>mit</strong> dem, was das Buchuns zeigt, e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung ziehen zu uns als queeridentifizierende Menschen heute.In der queeren Szene ist Veganismus und Vegetarismuswie selbstverständlich anzutreffen. Inwieweitdie Befreiung von Tieren aber <strong>in</strong> unserem politischenDenken und Handeln E<strong>in</strong>lass gefunden hat,ist unklar. Die öffentliche Sichtbarkeit queererMenschen begrenzt sich auf privilegierte weißeMenschen aus der Mittelschicht <strong>in</strong> westlichen Industriestaaten.Konsequenterweise stehen im Mittelpunktder queeren Performance von Geschlechtweiße, schlanke, junge, androgyne Körper. Aber“queer“ umfasste immer mehr als das. Die zweibekanntesten Gesichter im Stonewall Riot warendie Schwarze TransFrau Marsha P. Johnson und dieLat<strong>in</strong>o‐TransFrau Sylvia Rivera. Gegenüber Rassismus,Hetero_Sexismus, Trans*fe<strong>in</strong>dlichkeit und Polizeigewaltstehen die Geschehnisse von Stonewallfür Widerstand gegenüber der Idee der Verfügbarkeitbestimmter Körper, vor allem derer die untermehrfachen Gewaltverhältnissen leiden. Bis heuterichtet sich der größte Teil der Gewalt gegenüberTransMenschen <strong>in</strong> den USA vor allem gegenSchwarze TransFrauen* und TransFrauen* of Color."Was wir brauchen, ist e<strong>in</strong>e queerfem<strong>in</strong>istischePolitik, die radikal <strong>in</strong>Frage stellt, was körperliche und sexuelleFreiheit und Selbstbestimmtheit<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em globalen Rahmenbedeuten kann,..."Heteronormativität versucht unsere Körper beherrschbarzu machen. Die heterosexuelle Kle<strong>in</strong>familiegilt als der Kern der Zurichtung von Körpernim S<strong>in</strong>ne des Kapitalismusund breitetsich durch Medienangeboteaus. Industrienerzeugenunsere Bedürfnisseund da<strong>mit</strong> Abhängigkeiten.Die KonzentrationaufHerstellung vonTiernahrung für Aufzucht‐ und Schlachtstätten diefür westliche Konsument*<strong>in</strong>nen produzieren, isteng verknüpft <strong>mit</strong> dem weltweiten Hungerproblem.Die Beherrschung der Natur durch die Industrieentzieht <strong>in</strong>digenen Völkern weltweit ihreLebensgrundlagen. Ihre Widerstandskämpfe stehenim Zeichen der Solidarität <strong>mit</strong> der Natur und denebenfalls leidenden Tieren.Was wir brauchen, ist e<strong>in</strong>e queer‐fem<strong>in</strong>istische Politik,die radikal <strong>in</strong> Frage stellt, was körperlicheund sexuelle Freiheit und Selbstbestimmtheit <strong>in</strong>e<strong>in</strong>em globalen Rahmen bedeuten kann, <strong>in</strong>wieweitGeschlechternormen und Rassismus <strong>in</strong>teragieren,<strong>in</strong>wieweit die Abwertung von Fem<strong>in</strong><strong>in</strong>ität auch <strong>in</strong>queeren Kontexten Herrschaft weiterführt. Es gehtnicht darum, die verschiedenen Kämpfe gleich<strong>zus</strong>etzenund da<strong>mit</strong> die Gewalt zu wiederholen, dieim Tiervergleich liegt. Wir müssen stattdessen begreifen,wie Heteronormativität, Rassismus, Sexismusund kapitalistische Naturbeherrschung<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander greifen. Erst dann kann unsere Politikzu umwälzenden Veränderungen führen.(1)Das * benutze ich um Menschen außerhalb derZweigeschlechtlichkeit sichtbar zu machen.


WortbahnhofsTrans* - und Tanz-KolumneEigentlich wollte ich über etwas fröhliches, trans*‐bejahendes undpositives schreiben. Alle D<strong>in</strong>ge, die mich gerade beschäftigen, s<strong>in</strong>djedoch eher D<strong>in</strong>ge, die mich belasten, die mich runter ziehen, die michunglücklich und depressiv machen. Es s<strong>in</strong>d alles Faktoren, die von außen kommen, wennes um me<strong>in</strong>e Anwesenheit im öffentlichen Raum geht, auf Partys, an Orten, an denenMenschen s<strong>in</strong>d, die ich nicht kenne, und die potenzielle Gefahr darstellen; weil ich nichtweiß, wie sie ticken, und die dementsprechend jederzeit falsche Pronomen, gewollt oderungewollt normative Zuschreibungen und Ähnliches von sich geben könnten, was mir nachund nach Lebenskraft und ‐willen raubt.Zurzeit beschäftigt es mich wieder mehr und mehr:Me<strong>in</strong>e Eigenwahrnehmung, die Außenwahrnehmungund die große Diskrepanz dazwischen. Gestern fande<strong>in</strong>e queere Party statt, auf die ich mich sehr gefreuthatte. Vorher war ich auf e<strong>in</strong>em Sektempfang<strong>mit</strong> Vortrag und Musik anlässlich des zwanzigjährigenJubiläums e<strong>in</strong>er schwullesbischen Gruppe. Ichhatte e<strong>in</strong> Kleid <strong>mit</strong> Hose an (hört sich vielleicht komischan, war aber stimmig), fühlte mich jedochimmer genötigt dazu die Jacke geschlossen zu haben,weil ich Angst vor Blicken hatte, Kommentaren,Anfe<strong>in</strong>dungen oder anderer Gewalt. Ich sahgut aus, traf auf dem Weg zum Bahnhof glücklicherweisee<strong>in</strong>e befreundete Person und späterdann e<strong>in</strong>e zweite, die zum<strong>in</strong>dest auf dem Weg <strong>in</strong>die selbe Stadt waren, auch wenn sie nicht <strong>mit</strong> zudem Jubiläum fuhren. Auf das Aufe<strong>in</strong>andertreffenhatte ich spekuliert und gehofft, um etwas Sicherheitim Schutz der Begleitung zu erlangen. Auf demSektempfang war ich relativ alle<strong>in</strong>e was queereSichtbarkeit anbelangt. Die von mir als männlichgelesenen Menschen sahen männlich‐bürgerlich ausund die wenigen von mir als weiblich gelesenenMenschen sahen eben weiblich‐bürgerlich aus. E<strong>in</strong>radikaler Moment war zum<strong>in</strong>dest äußerlich nichtersichtlich. Immerh<strong>in</strong> kannte ich e<strong>in</strong>e Person, undich freute mich sie wieder<strong>zus</strong>ehen. Es gab Gesangvon e<strong>in</strong>em Duo und später auf der Party traf ichden Sänger, der mir freudestrahlend entgegen kam,mich ohne zu Fragen an der Schulter berührte undmir kundtat, wie sehr er sich gefreut hatte, dass„wenigstens E<strong>in</strong>er im Fummel“ dagewesen wäre.Ich überlegte kurz und entschied michdann dafür ihn nicht darüber aufzuklären, dassich ke<strong>in</strong> 'er' b<strong>in</strong> und dass das was ich trageauch ke<strong>in</strong> Fummel ist.So musste ich zum wiederholten Male merken, dassTrans*‐ und queere Lebensrealitäten oft sehr wenig<strong>mit</strong> schwulem und auch oft lesbischem Cis‐Lebenzu tun haben, es wieder und wieder zu unh<strong>in</strong>terfragtenAnnahmen kommt – Trans* vollkommen negiertwird, und selbst Homosexualität aufangepasste Themen, wie homosexuelles Heiratenheruntergebrochen wird. Auch auf der Party, aufdie ich mich so gefreut hatte, fiel mir auf, wie wenigevon mir als Trans*‐weiblichkeiten gelesenePersonen auf der Party waren. Zwei andere, die ichkannte, waren da, bei vielleicht 300 Besucher*<strong>in</strong>nen.Sicherlich mag noch die e<strong>in</strong> oder andere dagewesen se<strong>in</strong>, doch ich fühlte mich alle<strong>in</strong>e.Trans*‐Männlichkeiten waren e<strong>in</strong>ige da. E<strong>in</strong>ige, dieich kannte, e<strong>in</strong>ige bei denen me<strong>in</strong> erlernter Blickes vermutete. Es ist bestimmt superscheiße, aberich habe manchmal die Vorstellung, dass es mirbesser g<strong>in</strong>ge, wenn ich e<strong>in</strong>e Trans*‐Männlichkeitstatt Trans*‐Weiblichkeit wäre. Vielleicht liegt esauch an anderen Faktoren, wie denen, dass ichbeispielsweise ke<strong>in</strong>e Lust auf geschlechternormativeKleidung habe. Ich habe das Gefühl, dass mireben niemensch „abkauft“, dass ich weiblich se<strong>in</strong>könnte. Nur, wenn Menschen es wissen, oder ebenweniger normativ s<strong>in</strong>d, werde ich so gelesen, oderzum<strong>in</strong>dest so respektiert oder angesprochen.Wahrsche<strong>in</strong>lich ist das bei Trans*‐Männlichkeitenauch nicht grundlegend anders, aber es sche<strong>in</strong>t mirso, dass Trans*‐Weiblichkeiten e<strong>in</strong>fach mehrauffallen, und dann besonders negativ angeschautwerden. Dazu kommt, dass Weiblichkeitgesellschaftlich abgewertet wirdund Menschen Trans*‐Weiblichkeiten oft als'Männer <strong>in</strong> Frauenkleidung' wahrnehmenund nicht verstehen können,dass diese 'sich sowas antun'.


Die glitzerndeAdVice-Kolumne!Advice-Kolumne!Hilfe für mehrtägige Familientreffen!Zur queeren Revolution gehört auch das Überdenken unseres Umgangs <strong>mit</strong> anderen Menschenund auch <strong>mit</strong> uns selbst. Kommunikation kann schwierig se<strong>in</strong>, wenn wir uns verständlichmachen möchten, aber auch niemensch verletzen. Wir können uns selbstvergessen, bis zur Erschöpfung aufreiben, im Kampf <strong>mit</strong> Autoritäten, *ismen, Ämtern unduns selbst. Manchmal brauchen wir Unterstützung dabei, e<strong>in</strong>e Situation zu klären odermal aus e<strong>in</strong>em anderen Blickw<strong>in</strong>kel zu sehen. Zu diesem Zwecke gibt es ab Ausgabe 4diese tolle, glitzernde ADVICE‐Kolumne!Egal wo der Schuh drückt, obdas Problem auf den erstenBlick queer sche<strong>in</strong>t oder auchnicht, euch die Katze desSchwiegerliebchens partoutnicht leiden kann, derFreund_<strong>in</strong>nenkreis dasgewünschtes Pronomenignoriert: Esme weiß Rat. Mailteure Fragen für die nächsteAusgabe an hoc@riseup.netDie Ratschläge erteilt ‐ glücklicherweise ganz ohne jedenDoktor_<strong>in</strong>nentitel ‐ Esme Grünwald. Geschliffendurch jahrelanges Aufsaugen von Ratgeber_<strong>in</strong>nenblogs,queerfem<strong>in</strong>istischen Gassenhauern und Selbsthilfebüchern,bis an die Zähne <strong>mit</strong> Anregungen und H<strong>in</strong>weisenbewaffnet, steht sie* euch zur Seite. Und das sicherlichohne Tipps aus den Untiefen der Heteronormativität.Wer von Esme nicht genug bekommen kann f<strong>in</strong>det ihren*Blog unter highoncliches.wordpress.com. Aber nun genugder E<strong>in</strong>leitung, Esme hat das Wort.Die Advice-Kolumne"Hallo Esme,hast du e<strong>in</strong> paar Tipps, wie mensch als queerePerson mehrtägige Familientreffen (<strong>mit</strong> der transundhomophoben Herkunftsfamilie) übersteht?Insbesondere, wenn mensch nicht unbed<strong>in</strong>gt beiallen geoutet ist? Oder wenn mensch e<strong>in</strong>fach ke<strong>in</strong>eLust hat, persönliche Fragen zu beantworten,wie zum Beispiel das heteronormative -Hast dudenn <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>en Freund?- ?Danke!Grüße,Anonym"Hallo Anonym!Me<strong>in</strong>e Antwort teilt sich <strong>in</strong> 3 Teile, weil hiere<strong>in</strong>iges getan werden kann: In der Vorbereitung,was die „Action“ angeht und <strong>in</strong> der Nachbereitung.Das Wichtigste ist tatsächlich die Vorbereitung,denn wir möchten, dass „die Action“ so leicht wiemöglich ist – auch wenn sie fraglos anspruchsvollwird.Ich werde viele verschiedene Vorschläge machen,die nicht für alle <strong>in</strong> jeder Situation s<strong>in</strong>nvoll s<strong>in</strong>d.Such dir e<strong>in</strong>fach 'raus, was anwendbar ist/dir zurVerfügung steht.VorbereitungZunächst e<strong>in</strong>mal rate ich dir zu entscheiden, ob ese<strong>in</strong>e Person oder Personen gibt, an die du dichwährend des Treffens halten kannst. Amallerbesten wäre e<strong>in</strong> Mensch, der de<strong>in</strong>e Ansichtenteilt. Am zweitbesten ist e<strong>in</strong>e Person, dievielleicht nicht genau so denkt wie du, aber sehrwenig anstrengende D<strong>in</strong>ge sagt. Dann gilt ese<strong>in</strong>zurichten, dass du möglichst viel Zeit <strong>in</strong>Gegenwart dieser Person verbr<strong>in</strong>gen kannst, ambesten <strong>mit</strong> Absprache: „Hey Y, ich f<strong>in</strong>deFamilientreffen recht aufreibend. Könnte ich michan dich halten, um neugierigen Fragen aus demWeg zu gehen?“Alternativ oder als Ergänzung wäre zu planen,wo<strong>mit</strong> du dich ablenken/beruhigen/versteckenkannst: Mp3‐Player, e<strong>in</strong> Buch, … Natürlich nichtvergessen, die nötige Ausrüstung e<strong>in</strong><strong>zus</strong>tecken.Es ist weiterh<strong>in</strong> vorher<strong>zus</strong>ehen, dass duirgendwann Dampf ablassen willst. Da können dirdann entweder de<strong>in</strong>e Vertrauensperson/en helfenoder e<strong>in</strong> Notizheft/das Internet/Freund*<strong>in</strong>nen am


Bild‐Quelle: fensterbme (http://www.flickr.com/photos/fensterbme/1857829889/)Telefon. Auch hierfür alles Notwendigee<strong>in</strong>stecken/aufschreiben/absprechen.Du hast erwähnt, dass du teils „geoutet“ bist undteils nicht. Vorbereitend wäre daher auch zuüberlegen, ob bestimmten Verwandten nahegelegtwerden muss, dass sie gewisse Details für sich zubehalten haben.Nun kommen wir zu den beliebten persönlichenFragen, die immer dort zum E<strong>in</strong>satz kommen, woLeute nicht wissen, was sie sonst sagen sollen.Neben dem Wetter ganz vorne: Was macht dieSchule/Ausbildung/die Jobsuche/der Beruf? Wiesieht es denn <strong>mit</strong> der*dem Partner*<strong>in</strong> aus? (Seienwir ehrlich, ohne Sternchen.) Und leiderirgendwann: Wann gibt es denn Nachwuchs?Für diese oder weitere Fragen, die du befürchtest,lohnt es sich e<strong>in</strong>e Antwort zurecht zulegen, die dudann nur noch herunter leiern musst.Du kannst dir natürlich ganz persönliche Antwortenaufschreiben, hier nur e<strong>in</strong>ige Vorschläge: „Allesbeim Alten.“ „Darüber möchte ich nicht sprechen.“Lachen, so als hätte die andere Person e<strong>in</strong>en Witzgemacht, und das Thema wechseln. „Lass uns dochüber etwas Spannenderes reden.“ „Das habe ichheute schon so oft beantwortet. *entschuldigendesLächeln* Lass uns doch über Z sprechen.“ undneues Thema anschneiden, usw.Das Ziel ist es auszudrücken, dass ke<strong>in</strong> Interesse ander Diskussion besteht und dass du dich auch <strong>in</strong>ke<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ziehen lässt. Wenn du gleich danachdas Thema wechselst, kommst du sicherer von denunangenehmen Fragen weg.Für den Themenwechsel eignen sich e<strong>in</strong> Hobby, e<strong>in</strong>Erlebnis oder e<strong>in</strong> Zukunftsplan gut, die dichbegeistern. So wird es dir nicht schwer fallendarüber zu reden und die andere Person erhält denE<strong>in</strong>druck etwas über dich zu erfahren. (Das ist ke<strong>in</strong>Muss. Du kannst tatsächlich auch darüber reden,was du von Kälte, dem Essen oder kle<strong>in</strong>en Hundenhältst.)Und so pe<strong>in</strong>lich und ungewohnt sich das anfühlenkann: Ich empfehle so e<strong>in</strong>e Unterhaltung e<strong>in</strong> paarmal durch<strong>zus</strong>pielen. Das geht <strong>mit</strong> etwasVorstellungskraft auch alle<strong>in</strong>e. Wenn du diefurchtbarsten Gespräche, die dir e<strong>in</strong>fallen schongeprobt hast, kann dich das Treffen nicht mehrumhauen.Nicht zuletzt kann e<strong>in</strong> Notfallplan etwas Druckwegnehmen. Gibt es e<strong>in</strong>e Möglichkeit für dich dasTreffen vorzeitig zu verlassen, wenn es se<strong>in</strong> muss?Gibt es e<strong>in</strong>e Nahverkehrs‐Verb<strong>in</strong>dung oder kannstdu e<strong>in</strong>e*n Freund*<strong>in</strong> anfragen dich abzuholen? Dumusst nicht ernsthaft <strong>in</strong> Betracht ziehen zuverschw<strong>in</strong>den, wenn es anstrengend wird. Abermanchmal hilft die Gewissheit, dass mensch nichtunter gehässigen Verwandten sterben wird, ume<strong>in</strong>en anstrengenden Tag doch noch h<strong>in</strong>tersich zu br<strong>in</strong>gen.Das TreffenNun kommen wir zum Familientreffenselbst. Es gilt verstecken, ausweichen,abwehren.Wenn du dich nicht die ganze Zeitverstecken kannst, kannst du versuchenfür irgendetwas verantwortlich zu se<strong>in</strong>.Tisch decken, Bestellungen abgeben, dieK<strong>in</strong>der suchen – idealerweise etwas, dassdir immer die Ausrede gibt, geradewoanders gebraucht zu werden.Es lohnt sich sicherlich auf die Sitzordnungzu achten. Halte dich dort auf, woangenehme oder schlicht ke<strong>in</strong>e Gesprächezu erwarten s<strong>in</strong>d. Bei Tischkärtchennotfalls <strong>mit</strong> verständigen Verwandtentauschen.Es ist so weit. Du bist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gespräch<strong>mit</strong> de<strong>in</strong>em Großonkel und was aus se<strong>in</strong>em Mundkommt, lässt dich schaudern.Szenario 1: Du möchtest das Gespräch (so weit von„wollen“ die Rede se<strong>in</strong> kann) aufrecht erhalten.Lösung: „Das ist sicherlich e<strong>in</strong>e Sichtweise.“/„Aha?“/ „Hm.“/ „Ok.“/ „Was du nicht sagst.“ unde<strong>in</strong>en Themenwechsel e<strong>in</strong>leiten. Du widersprichstzwar nicht (wenn du nicht willst), du stimmst aberauch nicht zu. Diese Antworten s<strong>in</strong>d dazu gedacht,dass du nicht an emotional aufreibendenDiskussionen teilnehmen musst, nur weil jemenschanderes Lust darauf hat.Szenario 2: Das war jetzt wirklich furchtbar.Lösung: „Bitte entschuldige mich.“ „Habe ich dortdrüben X gesehen?“ Und/oder schlicht weggehen.Wenn du jemensch gefunden haben solltest, di:erdich unterstützt, kannst du auch e<strong>in</strong> Zeichenausmachen, das „rette mich“ bedeutet. E<strong>in</strong>mal amOberarm kratzen und du wirst dr<strong>in</strong>gend irgendwogebraucht.NachbereitungDie Advice-KolumneEndlich bist du frei. Nun ist es Zeit, dir etwasGutes zu tun. Plan das am besten schon e<strong>in</strong>, bevordu losfährst, denn <strong>mit</strong> Belohnung lässt sich allesleichter durchstehen. Als Ideen z.B.: MitFreund*<strong>in</strong>/nen treffen, Kissen boxen, <strong>in</strong> der Wannee<strong>in</strong>weichen – ganz darauf ausgerichtet, ob du mehrAggressionen loswerden möchtest, wieder netteGesellschaft genießen oder e<strong>in</strong>fach nur de<strong>in</strong>e Ruhehaben willst.


Ach und du bist also „cissexuell“?E<strong>in</strong> Beitrag von Eulenstaub.In dem folgenden Artikel wird versucht, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Richtung zu denken, die darauf aufmerksammacht, dass es eben nicht als gegeben gilt, dass Körpergeschlecht und Geschlechtsidentitätbei allen Personen im gleichen Maße übere<strong>in</strong>stimmen müssen. Weiterh<strong>in</strong> wird angedeutet,wie abstrus es doch ist, dass bei e<strong>in</strong>er Abweichung der Geschlechtsidentität vomKörpergeschlecht folglich die Keule der mediz<strong>in</strong>ischen Klassifikationssyteme (1) geschwungenwird.„Das Verrückte am Trans[*]sexualismus ist, dass die Trans[*]sexuellen nichtverrückt s<strong>in</strong>d. Sie machen etwas möglich, wenn auch begrenzt, was imSchöpfungsplan des Herrn nicht nur nicht vorkommt, sondern ganz und garundenkbar ist: Das »natürliche« Geschlecht kann überwunden werden.“(Sigusch, 2005, S. 201)Transsexualität und Trans*Zunächst: „Transsexualität“ – im ICD‐10 aufgelistetunter „Geschlechtsidentitätsstörungen“ – fungiertals kl<strong>in</strong>ischer Begriff für Personen, die den Wunschhaben,„als Angehöriger des anderen Geschlechteszu leben und anerkannt zu werden. Diesergeht meist <strong>mit</strong> Unbehagen oder dem Gefühlder Nichtzugehörigkeit zum eigenenanatomischen Geschlecht e<strong>in</strong>her. Es bestehtder Wunsch nach chirurgischer undhormoneller Behandlung, um den eigenenKörper dem bevorzugten Geschlecht soweitwie möglich anzugleichen.“(http://www.icd‐code.de/icd/code/F64.‐.html)Ich beg<strong>in</strong>ne zunächst <strong>mit</strong> der Kritik an dem Begriff„Transsexualität“, weil dieser me<strong>in</strong>es Erachtens(und nicht nur me<strong>in</strong>es Erachtens) zu kurz gedachtist. „Transsexualität“ impliziert die Gleichung, dass<strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er nicht <strong>mit</strong> dem Körpergeschlecht kongruentenEmpf<strong>in</strong>dung der eigenen Männlichkeit_Weiblichkeit(2) gleich hormonelle und_oder chirurgischeMaßnahmen e<strong>in</strong>hergehen (Vgl. Sigusch, 2007). DieKritik liegt hierbei auf dem letzten Teil des Satzes,da e<strong>in</strong>e nicht bestehende Kongruenz von Körpergeschlechtund der empfunden Weiblichkeit_Männlichkeitnicht per se <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>em Wunsch nachhormoneller und_oder chirurgischer Maßnahmene<strong>in</strong>hergehen muss. An dieser Stelle sei angemerkt,dass ich nicht auf e<strong>in</strong>e Ausweitung des Begriffs„Transsexualität“ h<strong>in</strong>aus möchte, um den selbsternanntenExpert_<strong>in</strong>nen (3) e<strong>in</strong>e weitere Grundlage füre<strong>in</strong>e neue ICD‐10‐Kategorie zu geben, sondern aufe<strong>in</strong>e Erweiterung um den Begriff „trans*“, da<strong>mit</strong>deutlich wird, dass nicht alle Personen, die sichnicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er B<strong>in</strong>arität der Geschlechter ‐ welchesich auf Cisgeschlechtlichkeit stützt – wiederf<strong>in</strong>den,gleich operativen_hormonellen Maßnahmen unterziehenmöchten. Es ist jedoch vonnöten, „Trans‐„und ‐„Cis‐„, erst e<strong>in</strong>mal etymologisch zu betrachten,bevor deren Implikationen erläutert werden.„Cis‐“ und „Trans‐“„Cis‐“ ‐ bedeutet im Late<strong>in</strong>ischen so viel wie „diesseits“.Das Pendant dazu ist „trans‐ “‐ und es bedeutetim Late<strong>in</strong>ischen folglich so viel wie „über,durch, oder auch jenseits“. Bezogen auf Cis‐ undTranssexualität können Personen als cissexuell bezeichnetwerden, wenn bei ihnen das Körpergeschlecht<strong>mit</strong> der Geschlechtsidentität kongruent ist(Vgl, Sigusch, 2005) und als transsexuell – odertrans* (4) – wenn eben ke<strong>in</strong>e Kongruenz zwischenobigen besteht. Nachdem die Begrifflichkeiten er‐


läutert wurden, möchte ich nun näher auf den dochvielversprechenden Titel „Ach und du bist also cissexuell?!“e<strong>in</strong>gehen.Der Geschlechterb<strong>in</strong>arismus und se<strong>in</strong>e Verunsicherungbei „Trans*‐ und Cispersonen“So werfe ich e<strong>in</strong>en Blick auf die allgeme<strong>in</strong>gültigeAnnahme der Cisgeschlechtlichkeit und deren vehementeVerteidigung. Rekurrierend auf Sigusch(1995) führe ich hier den Begriff der „cissexuellenAbwehr“ e<strong>in</strong>. Diese verstehe ich als das Festhaltenan dem vorherrschenden Geschlechterb<strong>in</strong>arismus.Was so viel bedeutet wie, es gibt eben Mann undFrau und ob du das E<strong>in</strong>e oderAndere „bist“ – als das E<strong>in</strong>eoder Andere e<strong>in</strong>gestuft wirst –hängt von de<strong>in</strong>en primären undsekundäre Geschlechtsmerkmalenab. E<strong>in</strong> „dazwischen“ istundenkbar (5) . Personen die sichnicht <strong>in</strong> diese Zweiteilung e<strong>in</strong>fügenkönnen_wollen, lösenVerunsicherung aus. E<strong>in</strong>e Verunsicherung der eigenenWeiblichkeit_Männlichkeit, da trans*Personeneben diese „Norm“ durche<strong>in</strong>ander br<strong>in</strong>gen und so<strong>mit</strong>die Fragilität der Geschlechter sichtbar machen.Sigusch (Vgl., 1995) schreibt weiterh<strong>in</strong>, dass je stärkerdie cissexuelle Abwehr sei, sich der trans*‐„Wunsch“ bei Personen, die sich nicht <strong>in</strong> die Zweigeschlechtlichkeite<strong>in</strong>ordnen können_wollen,erhöht. Sich also der Druck erhöht, das eigene Empf<strong>in</strong>dender nicht‐Zuordnung sichtbar zu machen.Darauf bezogen verstehe ich die Selbstdef<strong>in</strong>itiontrans* als Sichtbarmachung, dass das eigene Empf<strong>in</strong>den,eben dem gesellschaftlichen Dispositiv, dass"Personen die sichnicht <strong>in</strong> dieseZweiteilungkönnen_wollen,Verunsicherung aus."beispielsweise das Vorhandense<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vag<strong>in</strong>a <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>em geschlechtskennzeichnenden Namen, e<strong>in</strong>embestimmten Personenstand, e<strong>in</strong>er bestimmten sozialen_sexuellenRolle e<strong>in</strong>hergeht, nicht entspricht.Diese Sichtbarmachung erfolgt beispielsweise <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>er Änderung des Vornamens, des Personenstandes,e<strong>in</strong>er hormonellen und_oder operativen Maßnahme.Und dabei sei <strong>mit</strong>gedacht, dass durchause<strong>in</strong>e <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er Vag<strong>in</strong>a geborene Person, sich ebenauch <strong>in</strong> der trans*Identität nicht dem Geschlechterb<strong>in</strong>arismusfügen muss, <strong>in</strong>dem diese den Schritt e<strong>in</strong>ergeschlechtsangleichenden OP geht, nur um dievorhandene Zweigeschlechtlichkeit wieder her<strong>zus</strong>tellen.Das „jenseits“ der Kongruenz von Körpergeschlechtund Geschlechtsidentitätkönnte beispielsweise auch <strong>in</strong>Form e<strong>in</strong>er Vornamens‐ und_oderPersonenstandänderung ausdrückte<strong>in</strong>fügen werden. Es mutet also an, dasswenn die Geschlechterb<strong>in</strong>arität <strong>in</strong>lösender Gesellschaft nicht so derartigrigide und patriarchal im Agierenwäre, e<strong>in</strong>e derartige Repressionund Diskreditierung von trans* lebenden Personenüberhaupt nicht vonnöten sei, da ke<strong>in</strong>e_r Angst umse<strong>in</strong>e_ihre Männlichkeit_Weiblichkeit haben müssteund die E<strong>in</strong>teilung „Cis‐„ und „Trans*‐„ überflüssigwäre.Ist es nicht an der Zeit, die B<strong>in</strong>arität der Geschlechterzu verabschieden?Folglich konstatiere ich, dass trans* aus e<strong>in</strong>er veraltetenB<strong>in</strong>arität der Geschlechter, wie sie sich auch<strong>in</strong> obig genannten kl<strong>in</strong>ischen Klassifizierungssystemenwiderspiegelt, gedacht und folglich pathologi‐


siert wird. Ebenso könnte e<strong>in</strong>e stilisierte_gelebte,<strong>mit</strong> dem Körpergeschlecht übere<strong>in</strong>stimmende Maskeradevon Männlichkeit_Weiblichkeit als narzisstische,neurotische, traumatische und_oderpsychotische Entwicklung_Störung angesehen undfolglich diagnostiziert werden. Menschen stützenihre Aussagen oft auf unreflektierte Dispositive undnehmen sich da<strong>mit</strong> das Recht heraus, anders lebendund denkende Menschen zu diskreditieren,nur um ihre eigene Maskerade aufrecht erhalten zukönnen und sich zu versichern, dass sie sich <strong>in</strong>nerhalbder „Norm“ bewegen, ohne zu reflektieren,was diese „Norm“ ist und sich dessen bewusst <strong>zus</strong>e<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong> „diesseits“ noch lange nicht „nichtpathologisch“bedeutet. Ist es denn wirklich vonnöten,Empf<strong>in</strong>dungen, Lebens‐ und Liebensweisen,die von den Eigenen abweichen, zu diskreditieren,um das Risiko der eigenen Verunsicherung zu elim<strong>in</strong>ieren?Alles weiter und noch viel mehr unter:http://eulenstaub.wordpress.com/(1)Beispielsweise DSM, ICD.(2)Im Folgenden verwende ich den dynamischen Unterstrich als Erweiterung, um Wörter Nebene<strong>in</strong>anderzu stellen und <strong>mit</strong> dem Unterstrich die Lücke zwischen ihnen zu verdeutlichen. Näheres f<strong>in</strong>det sich imSprachleitfaden der HU zu Berl<strong>in</strong>: http://www.lannhornscheidt.com/wp‐content/uploads/2012/11/HU_‐Sprachleitfaden_16.01.2013.pdf(3)Genannt seien an dieser Stelle Psycholog_<strong>in</strong>nen, Ärzt_<strong>in</strong>nen, Psychiater_<strong>in</strong>nen, Gutachter_<strong>in</strong>nen…(4)Im Folgendem werde ich ausschließlich den Begriff trans* benutzen, da dieser m.E. e<strong>in</strong>e Vielfalt der„jenseits“ der Geschlechterb<strong>in</strong>arität‐Lebenden umfasst.(5)Ich beziehe mich <strong>in</strong> dem vorliegenden Artikel e<strong>in</strong>zig auf trans* und mir ist bewusst, dass ich Inter*sexualität<strong>in</strong> dem vorliegenden Artikel vernachlässige. Dies sei an anderer Stelle klug gedacht, würde fürmich hier jedoch den Rahmen sprengen.LiteraturSigusch, V. (2007). Transsexuelle Entwicklungen. In: ders. Hrsg. Sexuelle Störungen und ihre Behandlung.4., überarbeiteteunderweiterteAuflage. Thieme: Stuttgart.Sigusch, V. (2005). Neosexualitäten. Campus Verlag: Frankfurt am Ma<strong>in</strong>.Sigusch, V.(1995). Transsexueller Wunsch und zissexuelleAbwehr. Psyche, 1995, 49, 811‐837.Anzeige


Das Lili Elbe Archiv –"Inter, Trans, Queer Geschichte"Das Archiv ist e<strong>in</strong>e moderne, unabhängige Dienstleistungse<strong>in</strong>richtung für Öffentlichkeit,Forschung und Verwaltung, die e<strong>in</strong>malige Zeugnisse der älteren, neueren und neuestendeutschen sowie <strong>in</strong>ternationalen Geschichte nicht‐normativer Geschlechtlichkeiten alsArchivgut sichert, zugänglich macht und sich als e<strong>in</strong>e wichtige Ergänzung zu bereitsbestehenden Archiven versteht.Beitrag von Niki Trauthwe<strong>in</strong>.Angefangen hat alles vor mehr als 10 Jahren. E<strong>in</strong>esder ersten Bücher war die Biographie von Lili Elbe ‐"E<strong>in</strong> Mensch wechselt se<strong>in</strong> Geschlecht. E<strong>in</strong>e Lebensbeichte"von 1932 ( 1 , 2 ) . Gewidmet ist ihr das Archiv,weil ihre Biografie etwas ganz Besonderes darstellt.Sie war e<strong>in</strong>er der ersten Menschen, die geschlechtsangleichendeOperationen an sich vornehmen ließenund bezahlte es <strong>mit</strong> ihrem Leben. Ihr Werdegangverb<strong>in</strong>det auch die drei Aspekte Inter*, Trans* undQueer <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander. Bis heute ist die Frage der Intersexualitätbei ihr nicht abschließend geklärt, da eszwar Andeutungen auf <strong>in</strong>nenliegende Gonaden <strong>in</strong> derLiteratur gibt, aber von Lili Elbe niemals ausdrücklichals Hermaphrodit_<strong>in</strong> gesprochen worden ist. Diequeeren Aspekte ihres Lebens werden <strong>in</strong> den Werkenvon Lilis Frau, Gerda Wegener, beschrieben, <strong>in</strong> denensie oft auch etwas erotisch abgebildet wordenist. Bee<strong>in</strong>druckend ist, dass die beabsichtigte Veröffentlichungihrer Biographie bereits e<strong>in</strong>e Form vonnicht‐normativem, geschlechtspositivem Aktivismusdarstellt.„Ich kämpfe gegen die Vore<strong>in</strong>genommenheitdesSpießbürgers, der <strong>in</strong> mir e<strong>in</strong>Phänomen, e<strong>in</strong>e Abnor<strong>mit</strong>ätsucht. Wie ich jetzt b<strong>in</strong>, sob<strong>in</strong> ich e<strong>in</strong>e ganz gewöhnlicheFrau“ (S.243)Aus dem Interesse von Privatpersonen an historischerLiteratur zu <strong>in</strong>ter‐, transgeschlechtlichen undqueeren Themen wurde <strong>mit</strong> der Zeit e<strong>in</strong>e umfangreicheSammlung. Heute beläuft sich der Bestanddes Archivs, das <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Sitz hat, auf ca.6000 Dokumente, Zeitschriften, Bücher, Journals,Dissertationen, Flyer, Fotografien, Interviews, Jahrbücher,Fotobände, Ratgeber, Fragebogen, audio‐visuelleMedien etc. Die Zeitspanne, welche derArchivbestand momentan abdeckt, erstreckt sichvon 1803 bis heute und wir arbeiten alle sehr engagiertdaran und hoffen darauf <strong>in</strong> den nächsten Monatendiesen Zeitraum auf das 16 Jahrhundertausweiten zu können.Wer „Wir“ s<strong>in</strong>d – Darum geht es im ArchivLeider ist es so, dass noch nicht sehr viel Geschichtenicht‐normativer Geschlechtlichkeiten bekannt istund wenn etwas dazu veröffentlicht wurde, dannmeist von außenstehenden Personen. Die meistenVeröffentlichungen drehen sich um Magnus Hirschfeld(3 , 4 ) und dessen Ansicht über Transvestiten (5) , dieÄrzt_<strong>in</strong>nen, welche ihn umgaben und um Psychiatrie.Manchmal werden auch gerne die Versuche vonEugen Ste<strong>in</strong>ach (6) oder die Ansichten von John Money(7) erwähnt, die leider nur e<strong>in</strong>e sehr e<strong>in</strong>geschränkteSichtweise erlauben. Dadurch gerieten dieE<strong>in</strong>zelbiographien vieler <strong>in</strong>ter‐ und transgeschlechtlicherPersonen zunehmend <strong>in</strong> Vergessenheit. Gleichesgilt für queere Veröffentlichungen, vor allemzu Polyamorie und Asexualität. Uns ist es e<strong>in</strong> wichtigesAnliegen, <strong>mit</strong> dem Archiv e<strong>in</strong>zigartige Dokumentezu sammeln und e<strong>in</strong>e Informationsbasis <strong>zus</strong>chaffen, die es den Menschen ermöglicht sichselbstbestimmt e<strong>in</strong>e Vergangenheit zu geben. Wer„wir“ s<strong>in</strong>d ist auch e<strong>in</strong>e Frage danach, wer „wir“waren. Während es Susan Stryker, Richard Ek<strong>in</strong>s undandere schafften, <strong>in</strong> den USA, Kanada und England


verschiedene Transgender‐Archive und ‐Sammlungenaufzubauen, blieb diese Entwicklung <strong>in</strong> Deutschlandbisher aus. Das wollen alle unsere 11 Mitarbeiter_<strong>in</strong>nenim Archiv ändern.How to work it – Das nächste JahrUns ist es wichtig den Bestand auszubauen, angemessenzu restaurieren und zu katalogisieren. Ebensowollen wir unsere Räumlichkeiten vergrößern, umdem wachsenden Bestand auch noch auf lange Sichtgerecht werden zu können. Momentan s<strong>in</strong>d wir <strong>mit</strong>e<strong>in</strong>er Seite auf Facebook zu f<strong>in</strong>den ‐ e<strong>in</strong>e Homepage,samt Bestandsübersicht und Suchfunktion, wird<strong>in</strong> nicht allzu ferner Zukunft folgen. Im nächstenJahr stehen auch bereits e<strong>in</strong>ige fest geplante E<strong>in</strong>zelvorträge,Tagungen, Symposien und weitere Veranstaltungenan. Es bleibt also spannend und überunsere aktuellen Forschungsvorhaben halten wirauch gerne alle auf dem Laufenden. Auf Facebookf<strong>in</strong>det man unser Profil unter dem Namen des Archivs,auf dem immer mal wieder vere<strong>in</strong>zelte Büchervorgestellt werden, Veranstaltungen berichtetwerden und die Homepage ist unter www.lili‐elbearchive.orgab Februar 2014 erreichbar.(1)Elbe, Lili: E<strong>in</strong> Mensch wechselt se<strong>in</strong> Geschlecht. E<strong>in</strong>e Lebensbeichte. Aus den h<strong>in</strong>terlassenen Papierenherausgegeben von Niels Hoyer [Das istLudwig Harter Jacobson] Dresden, Carl‐Reissner‐Verlag, 1932.(2)Trauthwe<strong>in</strong>, Niki: Kurzbiografie über Lili Elbe bei der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, onl<strong>in</strong>e untermh‐stiftung.de/biografien/lili‐elbe/(3)Hirschfeld, Magnus: Sexualpathologie. E<strong>in</strong> Lehrbuch für Ärzte und Studierende. Bonn, 1916—1920.(4)Hirschfeld, Magnus: Geschlechtsübergänge Leipzig: Verlag der Monatsschrift für Harnkrankheiten undsexuelle Hygiene, W. Malende, [1905]. 2. Aufl.: Verlag Max Spohr, Leipzig 1913.(5)Hirschfeld, Magnus: Die Transvestiten: E<strong>in</strong>e Untersuchung über den erotischen Verkleidungstrieb, <strong>mit</strong>umfangreichem kasuistischem und historischem Material. Verlag Alfred Pulvermacher, Berl<strong>in</strong> 1910.(6)Ste<strong>in</strong>ach, Eugen: Willkürliche Umwandlung von Säugethier‐Männchen <strong>in</strong> Tiere <strong>mit</strong> ausgeprägt weiblichenGeschlechtscharakteren und weiblicher Psyche. E<strong>in</strong>e Untersuchung über die Funktion der Pupertätsdrüsen,Pflügers Archiv 144/ 3‐4. ‐ Bonn, Verlag von Mart<strong>in</strong> Hager, 1912.(7)Money, John: Sex Errors of the Body, Dilemmas, Education, Counsel<strong>in</strong>g, Baltimore, The Johns Hopk<strong>in</strong>sPress, 1968.


Rezensionenund mehrRezensionenQueer und (Anti‐)KapitalismusQueere Perspektiven auf antikapitalistische Kämpfeist nach den beiden Autor*<strong>in</strong>nen des Buchs 'Queerund (Anti‐)Kapitalismus' aus emanzipatorischer Perspektivenur konsequent. So verdeutlichen SalihAlexander Wolter und He<strong>in</strong>z‐Jürgen Voss anhand derGeschichte queerer Bewegung, dass Queer nicht auf'Geschlecht' zu reduzieren ist, sondern schon immerauch e<strong>in</strong>e Perspektive von 'Schwarz se<strong>in</strong>' (von derGesellschaft als 'Anders' oder 'nicht dazu gehörig' gekennzeichnet)und Klasse (im S<strong>in</strong>ne von ökonomischerAbsicherung) <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>schloss.So wird <strong>in</strong> dem Buch die Entwicklung der kapitalistischenGesellschaft <strong>in</strong> Verhältnis zu strukturellemund gesellschaftlichem Rassismus und Sexismus gesetztund aus e<strong>in</strong>er marxistisch‐materiellen Perspektivedie dah<strong>in</strong>ter liegende Logik verdeutlicht.Hervorgehoben und analysiert wird, dass die Lebensumständefür diejenigen Menschen besondersschwierig s<strong>in</strong>d, die <strong>in</strong> mehreren dieser ‐ durch dieGesellschaft konstruierten und immer wieder reproduzierten‐ Diskrim<strong>in</strong>ierungskriterien fallen (Intersektionalität).E<strong>in</strong> kritischer Fokus des Buchs liegt aufder weißen Homosexuellen‐Bewegung. Dieseübte <strong>in</strong> ihren Anfängenradikale Kritikund stellte nachden Autor*<strong>in</strong>nen ehere<strong>in</strong>e Queere Bewegungdar. Ziemlichschnell wandelten sichdie radikalen Positionenzu re<strong>in</strong>er Klientel‐Politik,die <strong>in</strong>sbesondere Schwarze*TransMenschen ausdem anfangs noch geme<strong>in</strong>samenKampf ausschloss(vgl. S. 134). Diese Bewegunglegte und legt nach denAutor*<strong>in</strong>nen ihren Fokus nicht(mehr) auf e<strong>in</strong>e Verknüpfung der verschiedenen Diskrim<strong>in</strong>ierungsebenen,sondern reproduziert beispielsweiseRassismus <strong>in</strong> der Gesellschaft sogarnoch. Anhand der Geschichte queerer Bewegungen(von ihren Anfängen <strong>in</strong> der Christopher‐Street <strong>in</strong>New York) zeigen Wolter welche Mechanismen beidieser Entwicklung bis heute e<strong>in</strong>e Rolle spielen(S.136).Rassistische Mechanismen <strong>in</strong> der Gesellschaft werdenanhand kapitalistischer Logik dargestellt und<strong>mit</strong> dem Themengebiet der Globalisierung <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dunggesetzt. So erweitern die Autor*<strong>in</strong>nen denklassischen Marxismus dah<strong>in</strong>gehend, dass die Marg<strong>in</strong>alisiertenim globalen Norden immer von den nochstärker Marg<strong>in</strong>alisierten im globalen Süden profitierenund dass bessere Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen im globalenNorden im Kapitalismus immer <strong>mit</strong> e<strong>in</strong>erVerschlechterung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen im globalenSüden e<strong>in</strong>hergehen. Die Autor*<strong>in</strong>nen argumentierenstreng historisch und verweisen nicht aufTheoretiker*<strong>in</strong>nen von Queer Theory, sondern ebenauf queere Geschichte selbst. In me<strong>in</strong>en Augen stelltgerade das e<strong>in</strong>e große Stärke des Buchs dar: queereGeschichte <strong>mit</strong> marxistischer Theorie zu vere<strong>in</strong>enund dar<strong>zus</strong>tellen.In dem Bewusstse<strong>in</strong>, dass es schwierig ist als selbstprivilegierte Personen über diesen Themenkomplexzu schreiben, beziehen Voß/Wolters <strong>in</strong>sbesondereAutor*<strong>in</strong>nen und Theoretiker*<strong>in</strong>nen <strong>mit</strong> <strong>in</strong> ihre Analysee<strong>in</strong>, die Schwarze*Queers of Color s<strong>in</strong>d undsprechen diesen die Def<strong>in</strong>itionshoheit bezüglich derDiskrim<strong>in</strong>ierung zu.(Jonas Eickholl)Anzeige


Antifa heißt auch Fem<strong>in</strong>ismus.In den 90er Jahren entstanden die ersten fem<strong>in</strong>istischenAntifaschismusGruppen (kurz F_Antifa).Oft waren sie die Antwort auf patriarchaleStrukturen <strong>in</strong> gefestigten Antifa. Die F_Antifa‐Gruppen organisierten sich separat von Antifa‐Gruppen, um e<strong>in</strong>en Raum für solidarischesHandeln gegen Sexismus und Mackertum <strong>zus</strong>chaffen.Mit dem Phänomen F_Antifa beschäftigt sichdas Herausgeber_<strong>in</strong>nenkollektiv bestehend auszwei Frauen* und zwei Männern*, die sich antirassistischenund/oder ‐faschistischen Zusammenhängenbewegen.F_Antifa beleuchtet die aktuelle fem<strong>in</strong>istischeAntifa‐Entwicklung, erläutert <strong>in</strong>haltlicheSchwerpunkte und manifestiert die Notwendigkeitder fem<strong>in</strong>istischen Arbeit <strong>in</strong> der männlichdom<strong>in</strong>ierten Antifa.EigenwerbungAnhand von Interviews kommen Aktivist_<strong>in</strong>nenzu Wort und verdeutlichen die Präsenz der Debattenum Antisexismus und ‐faschismus undbr<strong>in</strong>gen diese <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en schlüssigen Zusammenhang.Leider s<strong>in</strong>d die Interviews zeitweiseüberladen und ermöglichen es Nicht_Aktivist_<strong>in</strong>nenZusammenhänge zu erkennen undlassen so manche Fragen offen. So bleibt z.B.die Frage unbeantwortet, warum die meistenF_Antifa ausschließlich e<strong>in</strong> Phänomen der 90ers<strong>in</strong>d und selten den Sprung der Jahrhundertwende„überlebt“ haben.Das Buch richtet sich an E<strong>in</strong>steiger_<strong>in</strong>nen, Aktivist_<strong>in</strong>nenund Interessierte und sollte Grundlagefür Jede_n se<strong>in</strong>, die_r sich kritisch undreflektiert <strong>mit</strong> fem<strong>in</strong>istischen Strömen <strong>in</strong> derAntifa ause<strong>in</strong>ander setzen möchte.(Christ<strong>in</strong> Eisenbrandt)


Das Glossar§ 175 ‐ Der §175 existierte im Deutschen Reich, der Weimarer Republik und der Bundesrepublik Deutschland bis 1994.Inhalt war unter anderem die Bestrafung sexueller Handlungen unter Personen männlichen Geschlechts.§ 218 ‐ Der § 218 bezeichnet den deutschen "Abtreibungsparagraphen". Demnach ist e<strong>in</strong> Schwangerschaftsabbruchgenerell <strong>in</strong> Deutschland nicht legal. Frauen*, Inter*personen, Trans*menschen und Queers, die abtreiben wollen werdenzu Beratungsgesprächen und Bedenkfristen gezwungen, was die psychische Belastung der Betroffenen um e<strong>in</strong> vielfacheserhöhen kann.AIDS‐Hilfe ‐ AIDS‐Hilfen s<strong>in</strong>d Organisationen, welche nach dem Auftreten der ersten AIDS‐Fälle 1981 gegründet wurden(Die erste AIDS‐Hilfe <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>). Hauptaugenmerk der Arbeit von AIDS‐Hilfen liegt auf der öffentlichen Aufklärung überHIV/AIDS und andere sexuell übertragbare Infektionen. Außerdem werden Personen <strong>mit</strong> HIV/AIDS unterstützt undberaten.Asexualität ‐ Asexuell zu se<strong>in</strong> bedeutet, ke<strong>in</strong> Interesse an sexueller Interaktion zu haben. Dies ist ke<strong>in</strong>e bewussteEntscheidung (wie z.B. beim Zölibat), es fehlt vielmehr das Verlangen danach. Dies muss nicht bedeuten, dassasexuelle Menschen ke<strong>in</strong> Verlangen nach Zärtlichkeit haben oder nie Sexualität <strong>mit</strong> anderen Menschen erleben.Bigender ‐ Menschen, die bewusst und oft sichtbar zwischen Frauen‐ und Männerrollen wechseln.Boys‘ Love Manga/BL Manga ‐ Manga, deren Augenmerk auf Begehren zwischen männlichen Charakteren liegt. Da e<strong>in</strong>Großteil der Autor_<strong>in</strong>nen und Leser_<strong>in</strong>nen frauisierte Personen s<strong>in</strong>d, wird oft von e<strong>in</strong>em Genre „von Frauen für Frauen“gesprochen und die Identitätsvielfalt der Fans und Zeichner_<strong>in</strong>nen ignoriert.Christopher‐Street‐Day (CSD) ‐ Deutscher Pendant zum "Gaypride". Orientiert sich an den Stonewall‐Riots (welche <strong>in</strong>der Christopher‐Street <strong>in</strong> New York begannen). Diese fanden 1969 statt und richteten sich gegen die staatlicheRepression der Polizei gegen Queers. In den Riots <strong>in</strong>volviert waren vor allem People of Colour, Drag Queens,Transvesititen, Trans*gender, sowie Lesben und Schwule.CIS*/cis* ‐ Mit Zissexualität (englisch: cisgender) bezeichnete Volkmar Sigusch 1991 die bis dah<strong>in</strong> unbenannteÜbere<strong>in</strong>stimmung von körperlichen Geschlechtsmerkmalen und geschlechtlicher Identität. Er räumte so<strong>mit</strong> e<strong>in</strong>, dassdas Gegenteil von Trans* ke<strong>in</strong>e Selbstverständlichkeit und auch zu problematisieren sei, vor allem aber benannt werdenmüsse. Dies ähnlich wie bei Heterosexualität: Zu Heterosexualität wurde bislang im Gegensatz zu Homosexualitätebenso wenig geforscht wie über Cis* im Gegensatz zu Trans*. Dadurch entsteht der E<strong>in</strong>druck, hetero und cis* seien derNormal<strong>zus</strong>tand, homo und trans* die problematischen Abweichungen.Demisexualität ‐ Demisexuelle Personen fühlen sich nicht zu anderen Menschen sexuell angezogen, bis sie <strong>mit</strong> ihnene<strong>in</strong>e tiefgehende emotionale und/oder romantische Beziehung e<strong>in</strong>gegangen s<strong>in</strong>d.Die Krake ‐ ist e<strong>in</strong> jährlich im Selbermach‐Verfahren herausgegebenes fem<strong>in</strong>istisches Magaz<strong>in</strong>, das Beiträge über„alternative“ Beziehungen versammelt und verbreitet. Alternative Beziehungen umfassen dabei alle Formen, die nichtdem Ideal der monogamen, romantischen Zweierbeziehung entsprechen, seien es nun glückliche S<strong>in</strong>gles und sexyQueers, Polyamante oder Geniesser_<strong>in</strong>nen von Gelegenheitssex, Kommunard_<strong>in</strong>nen oder leidenschaftliche WGl<strong>in</strong>ge,Kuschelfeund_<strong>in</strong>nen oder Schmusekatzen. Die Krake als Wappentier symbolisiert dabei <strong>mit</strong> ihren vielen Armendie*vielen Möglichkeiten gleichzeitig ganz unterschiedliche Beziehungen zu*pflegen. www.diepolytanten.de.tcE<strong>in</strong>getragene Partnerschaft ‐ fälschlicherweise als Homo‐Ehe bezeichnet ist sie e<strong>in</strong>e nicht <strong>mit</strong> der heterosexuellen Ehegleichgestellte Errungenschaft der konservativen Schwulen‐ (und Lesben‐)Bewegung. Die e<strong>in</strong>getragene Partnerschafterkennt schwule und lesbische Partnerschaften teilweise staatlich an, verwehrt aber bewusst viele Privilegien derHeteroehe.Emanzipation ‐ Allgeme<strong>in</strong> bedeutend für Befreiung aus e<strong>in</strong>em Zustand der Abhängigkeit. Emanzipation kann sichsowohl auf e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Ebene als auch auf e<strong>in</strong>en sozialen Prozess bzw. e<strong>in</strong>e soziale Gruppe beziehen.Fem<strong>in</strong>ismus ‐ ist das Pr<strong>in</strong>zip der Bekenntnis zur sozialen, wirtschaftlichen und politischen Gleichheit von Frauen undMännern.FLT(I)*/FrauenLesbenTrans*(Inter*) ‐ Manche Organisationen oder Räume richten sich ausschließlich an FLT* bzw.FLTI*, also an Frauen,Lesben,Trans*‐(und ggf. Inter*)personen. Die Ursache dessen ist die Forderung nach e<strong>in</strong>emSchutzraum, welcher durch das Leben <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er patriarchalen, männerdom<strong>in</strong>ierten Gesellschaft erforderlich se<strong>in</strong> kann.Freiraum/Freiräume ‐ siehe FLT(I)*/FrauenLesbenTrans*(Inter*).FTM ‐ Female To Male. Siehe Transmann.FTN (female‐to‐neutrois), haben den Wunsch, ihre körperliche Ersche<strong>in</strong>ung dah<strong>in</strong> gehend zu verändern, nicht mehr alsFrauen gelesen zu werden, z.B. durch Abb<strong>in</strong>den oder operatives Entfernen der Brüste, Veränderung der Stimmhöhe(z.B. durch E<strong>in</strong>nahme von Testosteron), Entfernung von Eierstöcken und Gebärmutter.(von http://asexyqueer.blogsport.de/neutrois/)Gendern ‐ Als Gendern wird die Kenntlichmachung von Geschlecht <strong>in</strong> der Sprache bezeichnet. Es gibt verschiedeneMöglichkeiten <strong>in</strong> Texten zu gendern, wie z.B. das B<strong>in</strong>nenI (BesucherInnen), der Gender_Gap (Besucher_<strong>in</strong>nen), dasSternchen (Besucher*<strong>in</strong>nen) oder die ausgeschrieben Form (Besucher und Besucher<strong>in</strong>nen). Wird im Text ausschließlichdie männliche Form verwendet (siehe Generisches Maskul<strong>in</strong>um), führt dies zur Unsichtbarmachung anderer<strong>mit</strong>geme<strong>in</strong>ter Geschlechter und verstärkt Stereotype.


Gender_Gap ‐ Das Gender_Gap, also der Unterstrich, ist e<strong>in</strong>e queere und geschlechtergerechte Schreibweise, um beigeschlechtsspezifischen Bezeichnungen nicht nur Männer und Frauen, sondern auch alle anderen* Geschlechter,welche sich dazwischen oder darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>ordnen, zu benennen.Generisches Maskul<strong>in</strong>um ‐ Das generische Maskul<strong>in</strong>um (GM) ist e<strong>in</strong>e verbreitete Form, um <strong>in</strong> der deutschen SprachePersonen, die nicht männlich s<strong>in</strong>d, nicht <strong>mit</strong>zunennen. Das GM wird dabei so angewandt, dass auch Gruppen vonFrauen, Inters* und Transgendern, <strong>in</strong> denen nur e<strong>in</strong>e männliche Person ist, <strong>mit</strong> ausschließlich männlicher Formbezeichnet werden. Nach dem GM wäre es korrekt e<strong>in</strong>e Gruppe aus 100 Arbeiter<strong>in</strong>nen und e<strong>in</strong>em Arbeiter als „dieArbeiter“ zu bezeichnen.GirlFag – GirlFags oder Schwule Frauen s<strong>in</strong>d Personen verschiedener Identitäten, die oft weiblich gelesenwerden/wurden, deren Begehren schwul ist und auf (ausschließlich oder unter anderem) schwule/bisexuelle/…Personen gerichtet ist. Mehr dazu: girlfag‐guydyke.forumieren.comGleichstellung ‐ Gleichstellung bezeichnet e<strong>in</strong>en Begriff bei dem zwei oder mehrere Gruppen oder Personen<strong>mit</strong>e<strong>in</strong>ander gleiche Rechte erhalten. Dies kann beispielsweise die Gleichstellung von Frauen und Männern*(Frauenwahlrecht, gleiche Entlohnung) ebenso se<strong>in</strong>, wie die Gleichstellung von homosexuellen und heterosexuellenLebenspartnerschaften.GuyDyke – GuyDykes oder Lesbische Männer s<strong>in</strong>d Personen verschiedener Identitäten, die oft männlich gelesenwerden/wurden, deren Begehren lesbisch ist und auf (ausschließlich oder unter anderem) lesbische/bisexuelle/…Personen gerichtet ist. Mehr dazu: girlfag‐guydyke.forumieren.com*Heteronormativität ‐ Heteronormativität beschreibt den Zustand, <strong>in</strong> dem Heterosexualität und so z.B. auch dieda<strong>mit</strong> verbundene Vorstellung von e<strong>in</strong>em b<strong>in</strong>aren Geschlechtersystem als Norm begriffen wird.Heterosexualität ‐ E<strong>in</strong> bislang weitgehend unerforschtes Phänomen bei dem e<strong>in</strong> Mensch sich von anderen Menschen<strong>mit</strong> e<strong>in</strong>er anderen Geschlechtsidentität angezogen fühlt. Verbreitet ist dieses Phänomen bei Frauen*, die sich zuMännern* h<strong>in</strong>gezogen fühlen und Männern*, die sich zu Frauen* h<strong>in</strong>gezogen fühlen. Heterosexualität folgt oftmalse<strong>in</strong>er b<strong>in</strong>är‐geschlechtlichen Logik, beschränkt auf "Männer" und "Frauen".Homonationalismus – kann e<strong>in</strong>e Folge homonormativer Politik/Denkweise se<strong>in</strong>, die nationalistische Ideen propagiert:Es wird ke<strong>in</strong> Zusammenhalt <strong>mit</strong> lesbischwulen Szenen anderer Länder gesucht, sondern e<strong>in</strong>erseits rassistischeGedanken gegen Muslima_s und Ausländer_<strong>in</strong>nen unterstützt, die oftmals auch als per se homofe<strong>in</strong>dlich gesehenwerden. Auf der anderen Seite werden teilweise Kriege <strong>mit</strong> der Begründung unterstützt, die homosexuelleBevölkerung müsse befreit werden. So<strong>mit</strong> können sich die homonormativen Schwulen und Lesben <strong>in</strong> denpatriotischen, weißen Ma<strong>in</strong>stream e<strong>in</strong>kl<strong>in</strong>ken.Homonormativität ‐ beschreibt den Zustand, <strong>in</strong> dem Homosexualität als Teil des heteronormativen Systems existiertbzw. Homosexualität sich von Heterosexualität ableitet. Es wird sich an Idealen der bürgerlichen, weißen,heterosexuellen Mittelklasse orientiert, statt diese <strong>in</strong> Frage zu stellen, Monogamie, normativer Sex <strong>in</strong> den eigenenvier Wänden, zwei‐Geschlechtersystem usw. werden unh<strong>in</strong>terfragt angestrebt und als normal angesehen,abweichendes Verhalten kritisiert.Homosexualität ‐ Homosexualität beschreibt (meist ausgehend von e<strong>in</strong>er Zweigeschlechtlichkeit) den Zustand, dasssich Männer* von Männern* angezogen fühlen und Frauen* von Frauen*. Dies kann sich sowohl auf die Sexualität, alsauch auf Liebe und Partnerschaft beziehen.ICD10 ‐ „Mit dem ICD‐10 werden Störungen der Geschlechtsidentität als e<strong>in</strong>e "Persönlichkeits‐ und Verhaltensstörung"(Abschnitt F6) klassifiziert. Unter "F46, Störungen der Geschlechtsidentität" werden fünf Symptombilderunterschieden. Deutlich getrennt davon wird "fetischistischer Transvestitimus" im Abschnitt F65 als "Störung derSexualpräferenz"*zwischen Fetischismus und Exhibitionismus klassifiziert. Da<strong>mit</strong> kann die psychiatrischen Diagnosezwischen sechs TransGender‐Typen unterscheiden: F64.0 Transsexualismus F64.1 Transvestitismus unter Beibehaltungbeider*Geschlechtsrollen F64.2 Störung der Geschlechtsidentität des K<strong>in</strong>dsalters F64.8 sonstige Störungen derGeschlechtsidentität F64.9 nicht näher bezeichnete Störung der Geschlechtsidentität F65.1fetischistischer*Transvestitismus“ http://www.transx.at/ (10.02.2007)Intersex*/"Intersexualität"/Inters*x ‐ „Bis heute gilt <strong>in</strong> der Mediz<strong>in</strong> die Theorie, dass die Genitalien operativ dazugebracht werden müssen, der Norm zu entsprechen und e<strong>in</strong>em weiblichen oder männlichen Geschlecht*angepasstwerden. In der Regel wird die Geschlechtszugehörigkeit anhand der äusseren Ersche<strong>in</strong>ung der Genitalien und wenigernach dem Chromosomensatz def<strong>in</strong>iert. Heute ist die Fähigkeit zum heterosexuellen Geschlechtsverkehr derwichtigste Aspekt bei der Langzeitbeurteilung von Genitaloperationen an Intersexuellen. Die operativen E<strong>in</strong>griffen anIntersexuellen werden von <strong>Seiten</strong> der Betroffenen und Fachpersonen stark kritisiert.“ www.<strong>in</strong>tersex.ch (11.5.2006)Lady(*)fest – Lady(*)feste, auch LaDIY*feste, s<strong>in</strong>d politische Veranstaltungen <strong>mit</strong> fem<strong>in</strong>istischem H<strong>in</strong>tergrund, welchemeist von FrauenLesbenTrans* organisiert werden. Ladyfeste bestehen sowohl aus theoretischen Workshops undVorträgen, als auch aus Kunst‐ und Kulturaspekten, wie Stencil‐Workshops, Lesungen, Auftritte von (fem<strong>in</strong>istischen)Bands u.ä..Lesbisch ‐ E<strong>in</strong>e Begehrensform, bei der sich e<strong>in</strong>e Frau* oder e<strong>in</strong>_e Guydyke zu e<strong>in</strong>er anderen Frau*/Lesbe/Guydyke


h<strong>in</strong>gezogen fühlt.LGBT* ‐ (auch LGBT*IQ) ‐ ist e<strong>in</strong>e Abkürzung für LesbianGayBiTrans* (oder eben auch ergänzt um die Erweiterung"Inter*Queer"). Die Abkürzung ist für LGBT* am gebräuchlichsten, kann jedoch auch erweitert werden um e<strong>in</strong>e*Vielzahlweiterer Begriffe, wie A für Asexuell, Q für Queer oder Question<strong>in</strong>g usw.MSM – Männer, die Sex <strong>mit</strong> Männern haben, ist e<strong>in</strong> Begriff, der unabhängig von den Kategorien "heterosexuell", "queer","schwul", bisexuell", "homosexuell" läuft und so<strong>mit</strong> e<strong>in</strong> größeres Spektrum an Zielpublikum e<strong>in</strong>schließt.MTF ‐ Male To Female. Siehe TransfrauMTNs (male‐to‐neutrois), haben den Wunsch, ihre körperliche Ersche<strong>in</strong>ung dah<strong>in</strong>gehend zu verändern, nicht als Männergelesen zu werden, z.B. durch Entfernung von Gesichts‐, und Körperbehaarung, Anheben der Stimme (z.B. durchKehlkopfoperation), Entfernung von Hoden und/oder Penis.(von http://asexyqueer.blogsport.de/neutrois/)N**** ‐ Das N‐Wort ist e<strong>in</strong>e abwertende, koloniale und rassistische Bezeichnung für PoC (People of Color) und/oderSchwarze.Queer ‐ „Der Begriff Queer etablierte sich <strong>in</strong> den USA als Bezeichnung e<strong>in</strong>es politischen Aktivismus und e<strong>in</strong>erDenkrichtung, den Queer‐Theorien bzw. Queer‐Studies. [...]. Schwerpunkt sowohl theoretischer Ansätze wie auchqueerer Praxen ist [im deutschsprachigen Raum, Anm. P.B.] bislang die Ause<strong>in</strong>andersetzung <strong>mit</strong> den KategorienSex,*Gender und Begehren. [...] Dieser Schwerpunkt fand ansatzweise Erweiterung, vor allem <strong>in</strong> den USA, <strong>in</strong>sofernSexualität und Geschlecht <strong>in</strong> ihrer Verknüpfung <strong>mit</strong> anderen Machtverhältnissen reflektiert wurde und anderegesellschaftliche Regulativa als Geschlechterkategorien (wie kulturelle Herkunft, Kultur, (Hautfarbe, Ability etc.)e<strong>in</strong>bezogen wurden. Unter Queer wird bis heute ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche Theorie verstanden, sondern e<strong>in</strong> offenes politischesund theoretisches Projekt.“ Gudrun Perko: Queer Theorien. Ethische, politische und logische Dimensionen pluralqueerenDenkens.*Köln: PapyRossa Verlag, 2005, S. 15*Queers ‐ Sammelbegriff für unterschiedlichste Geschlechts‐ undBegehrensidentitäten, welche sich meist selbst als nicht‐heteronormativ*bezeichnen.Queer Theory ‐ Die Queer Theory ist e<strong>in</strong>e Kulturtheorie, die die Zusammenhänge zwischen zugewiesenem Geschlecht(sex) und sozialem Geschlecht (gender), sowie Begehren (desire) untersucht.Pass<strong>in</strong>g ‐ Als Mitglied e<strong>in</strong>er bestimmten Geschlechtsidentität akzeptiert werden, das heißt nicht auffallen und so<strong>mit</strong>durchgehen.Nationalismus/Patriotismus ‐ Als Nationalismus wird e<strong>in</strong>e Lebensanschauung bezeichnet, welche sich um dieSouveränität von e<strong>in</strong>zelnen Nationalstaaten dreht. Hierbei ist die Bildung nationaler Identität wichtig. Patriotismuswiederum bezeichnet die emotionale Verwurzelung <strong>mit</strong> dem Staatsgebilde, <strong>in</strong> das e<strong>in</strong> Mensch geographischh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>geboren wurde.People of Colour ‐ Politische Selbstbezeichnung von Schwarzen und anderen nicht‐weißen Personen, welche vonRassismus betroffen s<strong>in</strong>d.Playparty ‐ E<strong>in</strong>e Sexparty, die BDSM, Rollenspiele und ähnliche Abweichungen von normativem Sex <strong>in</strong>s Zentrum rückt.Poly* ‐ Der Begriff "Poly*" umfasst unterschiedlichste nicht‐monogame Konzepte.Rosa Liste ‐ Rosa Listen bezeichnet Listen, welche von Polizei und anderen Strafverfolgungsbehörden geführtwurden/werden und der Sammlung von Auflistung von verme<strong>in</strong>tlichen Schwulen und Lesben dient. In München*ist dieRosa Liste auch e<strong>in</strong>e schwuLesBische politische Partei, die sogar e<strong>in</strong>en Sitz im Stadtrat hat.Schlampenau ‐ 2007 fand das erste "Ferien <strong>in</strong> Schlampenau, Sommercamp für unnatürliche Frauen" statt, das<strong>in</strong>zwischen zu e<strong>in</strong>er jährlichen Veranstaltung geworden ist. Es ist e<strong>in</strong> Sommercamp bei dem sich Poly‐FLT**(FrauenLesbenTrans*) treffen um <strong>zus</strong>ammen Ferien zu machen.Schwul ‐ E<strong>in</strong>e Begehrensform, bei der sich e<strong>in</strong> Mann* oder e<strong>in</strong>_e GirlFag zu e<strong>in</strong>er_m anderen Mann* und/oder GirlFag,h<strong>in</strong>gezogen fühlt.Slutwalk ‐ Slutwalks bezeichnen seit 2011 e<strong>in</strong>e Demonstrationskultur,welche sich gegen die Täter‐Opfer‐Umkehr beiVergewaltigungen, Vergewaltigungsmythen generell und sexualisierter Gewalt richtet (VictimBlam<strong>in</strong>g). Da der Namevon vielen Betroffenen, <strong>in</strong>sbes. Mehrfachdiskrim<strong>in</strong>ierten, abgelehnt wird, wurden die Namen der Demonstrationen <strong>in</strong>vielen Städten geändert.Standards of Care (SoC) ‐ Die Standards of Care s<strong>in</strong>d für Transsexuelle erarbeitete Behandlungsrichtl<strong>in</strong>ien, die seit1979 von der Harry Benjam<strong>in</strong> Gesellschaft (Harry Benjam<strong>in</strong> International Gender Dysphoria Association) erarbeitetwerden. Die aktuelle Version 7 der SoC wurde im Juli 2012 veröffentlicht:http://www.wpath.org/documents/SOC%20V7%2003‐17‐12.pdfTrans* ‐ „Die Vorsilbe Trans zeigt an, dass etwas "jenseits, über, darüber h<strong>in</strong>aus" ist. Trans*, transgender, transidentischoder transsexuell (s.u.) bezeichnet also e<strong>in</strong>e (Geschlechts‐) Identität, die sich def<strong>in</strong>iert über Faktoren, die über diesexuell‐biologischen h<strong>in</strong>ausgehen, bzw. sich im Gegensatz zu diesen sieht. Ausschlaggebend für Selbst‐ undFremdwahrnehmung ist nicht alle<strong>in</strong>e der Körper oder gar die Geschlechtsorgane, sondern Identitäts(‐gefühl,


‐bewusstse<strong>in</strong>), Empf<strong>in</strong>den und Erhalten. So kann sich e<strong>in</strong> Mensch, der e<strong>in</strong>e vollständig als weiblich benannte Anatomiehat, dennoch nicht als Frau fühlen, sondern teilweise oder vollständig als Mann, und möchte dann auch sowahrgenommen werden. (oder natürlich umgekehrt)“ Transmann e.V.http://www.transmann.de/<strong>in</strong>formationen/transfaq.shtml (09.02.2007)Transfrau (TF) ‐ Person, welche bei der Geburt e<strong>in</strong> männlicher Personenstand zugewiesen wurde, die sich jedochweiblich und/oder als Frau def<strong>in</strong>iert.Transgender ‐ "Oberbegriff für alle Transmenschen (so verwendet <strong>in</strong> „Transgender Network Switzerland“). Wird<strong>mit</strong>unter auch verwendet für: a) Menschen, für deren Geschlechtsidentität das Zweigeschlechtermodell nicht ausreicht;b) Transmenschen, die ke<strong>in</strong>e oder nicht alle mediz<strong>in</strong>ischen Maßnahmen*wünschen." (Transgender Network Switzerland)Transgenderradio ‐ Das Transgenderradio ist e<strong>in</strong> Onl<strong>in</strong>e‐Radio, welches e<strong>in</strong>mal im Monat zu ausgewählten Neuigkeitenzu Trans* berichtet, also auch über aktuelle Veranstaltungen, Proteste, Interviews Gesetzesänderungen oderPublikationen. http://www.transgenderradio.<strong>in</strong>fo/Transidentität ‐ Der Begriff Transidentität bezeichnet das Gleiche wie Transsexualität, wird von manchen Trans*‐Personen jedoch bevorzugt, da es die Identität im Wort hervorhebt, im Gegensatz zum oft als pathologisch bezeichneteBegriff der Transsexualität.Transmann (TM) ‐ Person, welche bei der Geburt e<strong>in</strong> weiblicher Personenstand zugewiesen wurde, die sich jedochmännlich und/oder als Mann def<strong>in</strong>iert.Transsexualität ‐ Transsexualität bedeutet, dass sich e<strong>in</strong>e Person nicht <strong>mit</strong> dem bei ihrer Geburt zugewiesenenGeschlecht identifiziert. Transvestit_<strong>in</strong> ‐ „Menschen die aus verschiedenen Beweggründen die Kleidung des anderenGeschlechts anziehen, jedoch nicht (unbed<strong>in</strong>gt) an e<strong>in</strong> Leben im anderen Geschlecht denken. Kann <strong>in</strong> manchen FällenVorstufe der Transsexualität/ Transidentität se<strong>in</strong>, bzw die Person erkennt erst später ob sie transsexuell ist. Der größteAnteil aller Transvestiten trauen sich nicht, ihre 4 Wände zu verlassen, und unterdrücken dabei e<strong>in</strong>en wesentlichen Teilihrer Persönlichkeit.“ www.transgender.at (10.02.2007)Trans*‐Tagung ‐ E<strong>in</strong>e Selbstermächtigungsveranstaltung bei der Trans*‐Personen, Angehörige und InteressierteWorkshops anbieten und Platz für Austausch geboten wird. Meist e<strong>in</strong>e mehrtägige Veranstaltung. In Deutschlandexistieren momentan Tagungen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, München und Gießen. In der Schweiz wird es 2013 die erste Trans*‐Tagunggeben. Auch <strong>in</strong> Hamburg ist e<strong>in</strong>e Tagung <strong>in</strong> Planung.Veganismus ‐ Veganismus ist e<strong>in</strong>e Ernährungs‐ und Lebensweise bei der ke<strong>in</strong>erlei tierische Produkte Verwendung f<strong>in</strong>den.Zis ‐ siehe Cis*Dieses Glossar wird von Ausgabe zu Ausgabe erweitert und wurde <strong>mit</strong> Hilfe der Autor_<strong>in</strong>nen von<strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong> und der Zuhilfe‐Nahme von anderen Glossaren erstellt. Es wird von Ausgabe zuAusgabe durch eure Mithilfe wachsen und so auch besser werden.Poly*‐Gruppe <strong>in</strong> GießenAls Gwendol<strong>in</strong> am 15.12.2010 <strong>in</strong> Gießen zu Gast war und dort nicht nur e<strong>in</strong>ige Kraken (1) im Gepäck, sondern auch allerleiPolygeschichten <strong>mit</strong> dabei hatte, kam noch am selben Abend die Idee für e<strong>in</strong>en Poly*‐Stammtisch auf.E<strong>in</strong>ige Zeit verg<strong>in</strong>g und 2013 geschah es dann (niemensch hätte mehr da<strong>mit</strong> gerechnet): E<strong>in</strong>e Poly*‐Gruppe formiertesich <strong>in</strong> Gießen und e<strong>in</strong>ige Treffen <strong>in</strong> unterschiedlicher Besetzung fanden statt. Mit der Unterstützung von polyamoriethematisierendenFilmen kamen wir über Poly* <strong>in</strong>s Gespräch.Nun f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> unregelmäßigen Abständen Treffen statt. Bis jetzt treffen wir uns meist im Gartenhaus (2) <strong>in</strong> Gießen. Dar<strong>in</strong>zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d die Räume des Schwulen‐Trans*‐Queer‐Referats und des Queer‐Fem<strong>in</strong>istischen Frauenreferats der UniversitätGießen.Über e<strong>in</strong>en Mailverteiler planen wir unsere Treffen. Schreib uns gerne an: poly_giessen@lists.riseup.net und kommvorbei: Unabhängig davon, ob du erst seit Kurzem Interesse an Polyamorie hast oder seit Jahren Polyamorie praktizierst.Die Gruppe ist nicht beschränkt auf Student_<strong>in</strong>nen.(1)"Die Krake" ist e<strong>in</strong>e Zeitschrift über Polyamorie und andere Formen des nicht‐monogamen Alltags. Genaueres erfahrtihr von Gwendol<strong>in</strong> im Interview der zweiten Ausgabe von <strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong>.(2)E<strong>in</strong>e Wegbeschreibung zum Gartenhaus f<strong>in</strong>dest du unter: http://www.schwulenreferat‐gi.de/?page_id=16


Impressum<strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong> ‐ Kollektiv <strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong>Druck: g[b]k‐MARKETINGSERVICES,Schlickburg 48, 25436 NeuendeichV.i.S.d.P.: M. Otterbe<strong>in</strong>, Postfach 11 03 01,35348 GießenE‐Mail: kontakt@queerulant<strong>in</strong>.deWebseite: http://www.queerulant<strong>in</strong>.deAuflage: 2500Ersche<strong>in</strong>ungsweise: 2‐4 Ausgaben pro Jahr.Redaktionsschluss: 14.12.2013Lizenz: Creative Commons (CC) :Namensnennung‐NichtKommerziell‐Ke<strong>in</strong>e Bearbeitung.Mehr Informationen zu CC unterhttp://de.creativecommons.org/ISSN der Pr<strong>in</strong>tausgabe: 2195‐7281ISSN der Onl<strong>in</strong>e‐Ausgabe: 2195‐7533Alle Rechte an den Fotos und den Artikeln liegenbei den Fotograph_<strong>in</strong>nen und den Autor_<strong>in</strong>nen.Nicht <strong>in</strong> allen Fällen konnten dieUrherber_<strong>in</strong>nen der verwendeten Fotos herausgefundenwerden. Wir bitten darum, sichggf. bei uns zu melden.Bildnachweise:‐ Coverfoto und H<strong>in</strong>tergrundbilder S.5‐25:Deborah Schmidt (www.deborahschmidt.de)‐ Bild: Advice‐Kolumne S. 34‐35: fensterbme(http://www.flickr.com/photos/fensterbme/1857829889/‐ Comic auf Seite 39:AnnaHeger (www.annaheger.wordpress.com)Der Inhalt namentlich gekennzeichneter Artikelspiegelt nicht unbed<strong>in</strong>gt die Me<strong>in</strong>ung derRedaktion wieder.Eigentumsvorbehalt:Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist die Zeitungsolange Eigentum der Absender_<strong>in</strong>nen,bis sie der_dem Gefangenen persönlich ausgehändigtworden ist. "Zur Habenahme" ist ke<strong>in</strong>persönlicher Aushändigung im S<strong>in</strong>ne diesesVorbehalts. Wird die Zeitung der_dem Gefangenennicht persänlich ausgehändigt, ist sieden Absender_<strong>in</strong>nen <strong>mit</strong> Begründung derNichtaushändigung zurück<strong>zus</strong>enden. Wird dieZeitung nur teilweise ausgehändigt, so s<strong>in</strong>ddie nicht ausgehändigten Teile, und nur diese,den Absender_<strong>in</strong>nen <strong>mit</strong> Begründung derNichtaushändigung zurück<strong>zus</strong>enden."<strong>Queerulant</strong>_<strong>in</strong>":Q_<strong>in</strong>, die Maskottchen, bzw. der_dieNamensgeber_<strong>in</strong>nen unseres Magaz<strong>in</strong>s werdenab Ausgabe 3 von Noah Carev designt. NoahsWebseite lautet: www.noahcarev.de.‐ Fachschaftskonferenz Frankfurt am Ma<strong>in</strong>‐ Autonomes Schwulenreferat im AStA Frankfurt am Ma<strong>in</strong>(http://www.frankfurter‐schwule.de/)‐ AStA Rhe<strong>in</strong>Ma<strong>in</strong> (http://www.asta‐hsrm.de)‐ AStA Eh Darmstadt (http://www.asta‐eh‐darmstadt.de)‐ AStA Uni Potsdam (http://www.asta.uni‐potsdam.de)‐ AStA UDK Berl<strong>in</strong> (http://asta‐udk‐berl<strong>in</strong>.de)‐ Lesbenreferat der Uni Münster (http://lesbenreferat.blogsport.de)‐ Schwulenreferat der Uni Münster (http://schwulenreferatms.wordpress.com)‐ Alle Frauen Referat des AStA Uni Ma<strong>in</strong>z (http://frauenreferat‐ma<strong>in</strong>z.de)‐ AStA TU Darmstadt (http://www.asta.tu‐darmstadt.de)‐ Queer‐Referat der TU Darmstadt (https://de‐de.facebook.com/qu33rtud)‐ FemRef* der Universität Bielefeld (http://femref.blogsport.de)‐ Büro für Frauen‐ und Gleichberechtigungsfragen der Stadt Gießen(Die Größe der Logos richtet sich alle<strong>in</strong> nach der Lesbarkeit der abgebildeten Schrift.Des Weiteren konnten uns nicht von allen Unterstützer_<strong>in</strong>nen Logos zur Verfügunggestellt werden.)

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