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PDF - Vorsicht Fuchsjagd….

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10 Werte, Wichs und Waffenbrüder<br />

3 Völkische Ideologie von der Gruppe Antifa Aktion & Kritik<br />

Konservative, liberale, farbentragende, schlagende Verbindungen:<br />

Sie alle eint ihr offensiv positiver Bezug zum<br />

deutschen Vaterland.<br />

Damit stehen sie nicht alleine, denn das möglichst<br />

unverkrampfte Bekenntnis zur Nation gilt mittlerweile<br />

als nicht zu begründende Selbstverständlichkeit. Ob sie<br />

nun als Fackeln tragende Burschis Deutschland über al-<br />

”<br />

les“ gröhlen oder zeitgemäßer als hippe Deutschpopper<br />

” MIA“s Ode an das geläuterte Vaterland mitsingen; ob sie<br />

als antifaschistische weltoffene BürgerInnen am 8. Mai in<br />

Berlin gegen Neonazis demonstrieren oder auf zahlreichen<br />

Demos gegen den Irakkrieg Deutschland als pazifistische<br />

Alternative zu den USA bejubeln: so unterschiedlich deutsche<br />

Nationalisten sind, wenn es drauf ankommt, stehen<br />

sie alle zu ihrem Vaterland.<br />

Auf die Frage, wieso es Völker und Nationen im Allgemeinen<br />

und Deutschland im Besonderen gibt, folgen<br />

Unverständnis oder krude Erklärungen von der Naturhaftigkeit<br />

der Nation überhaupt oder der Schicksalsge-<br />

”<br />

meinschaft“ (Lafontaine) der Deutschen. Das gebildete<br />

rot-grüne Milieu jedoch verweist lieber auf den Verfas-<br />

”<br />

sungspatriotismus“ (Habermas), das Bekenntnis zu den<br />

Werten des Grundgesetzes. Auch wenn jene aufgeklärte<br />

PatriotInnen von der Standortgemeinschaft Deutschland<br />

sprechen und das völkische Modell mitunter anachronistisch<br />

wirkt, so bricht der Wunsch nach der Nation<br />

als Volksgemeinschaft immer wieder durch: als Dauerzustand<br />

in den national befreiten Zonen“, als sich unter<br />

”<br />

der Parole Wir sind das Volk!“ versammelnde Montags-<br />

”<br />

DemonstrantInnen oder eben im Denken der deutschen<br />

Burschenschaften. Deutsches Volk: jene Vorstellung, für<br />

die es keine vernünftige Begründung, sondern allenfalls eine<br />

historische Erklärung geben kann, soll im Folgenden<br />

Gegenstand unserer Kritik sein.<br />

Nation building auf deutsch<br />

Dass es ein ” deutsches Volk“ gäbe, war nämlich bis ins 19.<br />

Jahrhundert hinein keine besonders verbreitete Vorstellung.<br />

Das änderte sich um 1800, als sich die Ideen der Aufklärung<br />

verbreiteten und Napoleon dem ein wenig nachhalf<br />

und halb Europa besetzte. Im Gepäck hatte er den<br />

Code Napoleon, ein Bürgerliches Gesetzbuch, das auf den<br />

Ideen von ” Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ aufgebaut<br />

war und gleichzeitig notwendige Rahmenbedingungen für<br />

kapitalistische Produktionsweise schuf. Die Autorität der<br />

deutschen Fürsten in den besetzten Gebieten wurde dadurch<br />

massiv eingeschränkt und ihre Herrschaft überhaupt<br />

in Frage gestellt. So appellierten sie an das ” deutsche Volk“<br />

und meinten damit zum ersten mal eben all jene Menschen,<br />

die ihren Vorstellungen von ” deutsch“ entsprachen,<br />

um zum Aufstand gegen Napoleon zu mobilisieren. Einige<br />

Studenten ließen sich nur zu gern fürs Vaterland begeistern,<br />

gründeten ” Corps“ und engagierten sich besonders<br />

in den Kriegen gegen Napoleon. Als ihre eben noch<br />

geschürten Hoffnungen auf ein einiges Deutschland nach<br />

Napoleons Niederlage und im Zuge der Restauration nach<br />

dem Wiener Kongress enttäuscht wurden, begannen sie<br />

sich in Burschenschaften zu organisieren und den Prozess<br />

eines einigen Vaterlandes selbst in die Hand zu nehmen. So<br />

kämpften sie sowohl gegen die absolutistisch regierenden<br />

Fürsten, die nicht bereit waren, ihren Herrschaftsanspruch<br />

an einen gemeinsamen deutschen Souverän abzutreten, auf<br />

der anderen Seite gegen den Einfluss von ” außen“, den<br />

Ideen der Französischen Revolution. Die Aufklärung und<br />

die erfolgreiche Gründung einer Französischen Republik<br />

führten jedoch zu unterschiedlichen Einschätzungen unter<br />

den Studenten, wie denn Deutschland verwirklicht werden<br />

könne, sich entweder am französischen Modell zu orientieren<br />

oder in Abgrenzung dazu. Es setzten sich diejenigen<br />

durch, die einen auf Kultur und Abstammung beruhenden<br />

Weg zum Nationalstaat gehen wollten. Eine erste<br />

öffentlichkeitswirksame Demonstration dessen, was sie<br />

darunter verstanden, lieferten sie im Oktober 1817 beim<br />

Wartburgfest, wo sich ca. 500 Burschenschaftler versammelten,<br />

um unter anderem den Sieg über Napoleon zu<br />

feiern. Im Laufe des Fests veranstalteten einige Studenten<br />

eine Bücherverbrennung. Verbrannt wurde das Buch<br />

Bücherverbrennung beim Wartburgfest 1817<br />

des jüdischen Schriftstellers Saul Ascher ” Germanomanie“<br />

mit den Worten: ” Wehe über die Juden, so da festhalten<br />

an ihrem Judenthum und wollen über unser Volksthum<br />

schmähen und spotten!“ 29 , des weiteren der Code Napoleon<br />

sowie weitere sogenannte antideutsche, liberale aber<br />

auch konservative 30 Bücher und Symbole. Hier zeigt sich,<br />

dass schon mit der Gründung der ersten Burschenschaften<br />

ein völkisch-nationalistisches Denken Wirkung entfaltete,<br />

welches sich bis heute wie ein roter Faden durch die Geschichte<br />

des deutschen Verbindungswesens zieht; entgegen<br />

der bis heute verbreiteten Vorstellung, alle studentischen<br />

Verbindungen seien zumindest in ihren Anfängen, liberale,<br />

29 Zitiert nach: Heither, Gehler, Kurth, Schäfer, Blut und Paukboden. S. 27<br />

30 Konservativ bezeichnet in diesem Fall die Restauration nach dem Wiener Kongress, womit die ” alte Ordnung“ mit einzelnen, absolutistisch<br />

regierten Fürstentümern gemeint war.

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