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Aufsatz herunterladen - Gustav Weiß

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Weißes Steinzeug, vierfarbig emailliert, aus Altenburg,1750/60. H. 18 cm. Aus Josef Horschik; „Steinzeug15. bis 19. Jahrhundert“ S. 176.er hätte sie „mit Gottes Hilfe erfunden“.Er verfügte über sechzehn Farben. Vor ihmarbeitete Georg Funcke mit fünf Farben. Eswaren die Emailfarben der SteinzeugtöpferBlau, Rot, Gelb, Grün und Schwarz, dieseit 1660 im Altenburger Land auf Steinzeugverwendet wurden. Noch zu LebzeitenAugusts des Starken gelang es, dieSchwierigkeiten der Hochtemperatur-Unterglasurmalerei,weil sie sich in der Glasurauflöste, zu bewältigen. Im vorderen Orientund in China war dieses Problem schonlange gelöst, und das blauweiße Porzellander Yüan- und Mingzeit war ein Exportschlagervom 13. bis ins 17. Jahrhundert.Auch das Meissner Zwiebelmuster unterder Glasur wurde weithin erfolgreich. Mitdem Fortschreiten der Chemie entstandeine wissenschaftliche Farbenforschung.1890 lieferte Degussa schon fünfhundertFarben. In der frühen keramischen Farbenforschungwar Vincennes, später Sévres,durch Jean Hellot führend. Seine Arbeitenwaren Betriebsgeheimnisse, hinter denendie anderen Manufakturen her waren.In Berlin befahl Friedrich der Große denPorzellinern, das „sterbende Blau“ (Bleumourant) nachzumachen (den Berlinernwurde davon ganz „blümerant“), was erst1784 gelang.Während Europa nach China blickte,waren die Töpfer im Vorderen Orient weiterdamit beschäftigt, mit ihren Mittelnund Möglichkeiten einen Ersatz für dasPorzellan zu finden. Im Vorderen Orientsind die kalkhaltigen und kalkreichenTone weit verbreitet, aber man kannteden Kalk nicht als Flussmittel, denn alssolcher wirkt er noch nicht bei den dortausschließlich herrschenden niedrigenBrenntemperaturen. Was man am Kalkschätzte, war – man konnte es sich erstspäter erklären – dass er die Quarzumwandlungbeschleunigte und die Wärmeausdehnungder Masse erhöhte, wodurchsie sich den niedrigschmelzenden Glasurengegenüber günstig verhielt. So kam esauch dazu, dass die Töpfer in Iznik, südlichvon Istanbul, in frühosmanischer Zeit(vor 1550) das Kalksteingut erfanden, aufdem die Blaumalerei unter der Glasur unddie Glasur selbst gut hafteten. Die Glasurwar blei- und alkalihaltig. Die Alkalien nahmender Bleiglasur den Gelbstich, das Bleisorgte durch die hohe Lichtbrechung derDeckglasur für das Leuchten der Farben,und der hohe Kalkgehalt des Scherbensverhinderte, wenn die Masse über 1100Grad gebrannt wurde, durch Bildung desCalciumsilikats Wollastonit die Haarrissigkeitder Glasur, die danach bei einerniedrigeren Temperatur aufgeschmolzenwurde. Das Steingut war nach der Fayenceder zweite Versuch, eine Keramik àla porcellana herzustellen. Die erste Steingutfabrikauf dem Kontinent wurde 1740in Paris gegründet. Unbemalt weiß entsprachdas Steingut dem klassizistischenZeitgeschmack zwischen 1770 und 1830und verbreitete sich in ganz Europa mittatkräftiger Unterstützung WedgwoodsDie Portlandvase ist die Nachbildung einer antikenGlasvase in der Technik der Jasperware (applizierteweiße Reliefs auf farbigem Grund) durch JosiahWedgwood, wofür er vier Jahre, von 1786 bis 1790,brauchte. H. 25,4 cm.von Etruria aus. Wedgwood war nicht nurdie treibende Kraft in der Verbreitung desklassizistischen Steinguts, sondern auchder Industrialisierung, die in England Endedes 18. Jahrhunderts einsetzte. Wedgwooderlebte sie noch. Er starb 1795. Überihn hieß es in der Encyclopaedia Britannicavorwurfsvoll, er habe „den gestaltungsfähigenTon in eine Industrieproduktiongezwungen“. Diese kritische Bemerkungerfolgte zu Recht, denn die Keramik gingin einer Industrie auf, in der ihr Materialund ihr Geist nur noch nebensächlich sind.Mit den Produktionsinteressen entfaltetensich die Profitinteressen und ließen dasHandwerk als sentimentalen Rest zurück.Diese Keramik strebte als Kunstgewerbeund dann als Kunsthandwerk zur Kunstund möchte als Kunst anerkannt werden,sträubt sich aber, in der Kunst aufzugehen,weil dann wie in der Industrie ihr Materialund ihr Geist nebensächlich werden.Die neue ZeitDie Industrie-Epoche begann nach demAuslaufen der napoleonischern Kontinentalsperre,die von 1806 bis 1814 denKontinent zu Rübenzucker und Zichorienkaffeezwang, mit der Vorherrschaft desWedgwoodschen Steinguts. Selbst Meißenbrachte dessen Jaspis-Ware mit appliziertenweißen Reliefverzierungen auffarbigem Grund als „Wedgwood-Arbeit“auf den Markt, um die Krisenzeit als Folgeder Napoleonischen Kriege zu überstehen.Auch in Deutschland boomte in der frühenIndustriephase das Steingut, weil esin der Halleschen Gegend weißbrennendeTone gab. Das poröse, leichte Steingut hattewegen der billigen Schiffsfracht auch einehohe Exportquote des deutschen Steingutsnach Südamerika und des englischenSteinguts vor und nach den Befreiungskriegennach Nordamerika zur Folge. Aberdie Bemalung auf dem porösen Scherbenwar aufwendig und eigentlich zu schadeund wurde von dem 1752 von John Brooksin Liverpool erfundene Umdruckverfahrenabgelöst, dem 1807 das Abziehbild folgte.Die technischen Fortschritte im 20. Jahrhundertbrachten es mit sich, dass heutedas Porzellan günstig produziert werdenkann und Fayence und Steingut der Vergangenheitangehören.Jetzt sind wir in unserer erlebten Gegenwartangelangt, die bis ins 20. Jahrhundertzurückreicht. Da kam für das „Kunsthandwerk“die Bezeichnung „AngewandteKunst“ auf. In ihr sollte die Kunst bleiben,aber das Handwerk verschwiegen werden.

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