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Fragen zum CIA-Terrorismus sind in Deutschland ... - Daniele Ganser

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2 <strong>in</strong>terview Sonnabend/Sonntag,27./28. April 2013, Nr. 98 junge Welttatsächlich Hauptmann der Bundeswehrund Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes(BND) war. Se<strong>in</strong> Sohn behauptet,Heidrun Hofer sei se<strong>in</strong>e Sekretär<strong>in</strong> gewesen– auch das müßte geprüft werden. UmFrau Hofer gab es damals e<strong>in</strong>en Skandal:Sie war als BND-Angehörige vom sowjetischenGeheimdienst KGB ausspioniertworden. Sie lebt noch, es wäre toll, wennsie die Aussagen von Andreas Kramerkommentierte.Dann müßte der frühere BND-MannNorbert Juretzko befragt werden. Der hat <strong>in</strong>se<strong>in</strong>em Buch »Bed<strong>in</strong>gt dienstbereit« auchüber die Geheimarmee <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> unddas »Stay beh<strong>in</strong>d«-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g geschrieben.Er sei von e<strong>in</strong>em Mann mit dem Decknamen»Cello« ausgebildet worden – undgenau diesen Namen br<strong>in</strong>gt jetzt Kramerjr. <strong>in</strong>s Spiel, <strong>in</strong>dem er behauptet, se<strong>in</strong> Vatersei »Cello« gewesen. Man könnte Juretzkoalso mit Fotos vom Hauptmann JohannesKramer konfrontieren und fragen, ob erihn erkennt.E<strong>in</strong> weiteres Problem für die Forschungist, daß es <strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> ke<strong>in</strong>e parlamentarischeUntersuchung der »Stay beh<strong>in</strong>d«-Umtriebe gab. Obwohl das Europaparlament1990 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er geharnischten Resolution1 alle EU-Staaten auffordete, die Rolledieser Geheimarmeen zu untersuchen, geschah<strong>in</strong> <strong>Deutschland</strong> nichts.1990 standen die ersten gesamtdeutschenWahlen an, SPD und Grüne forderten,daß auch der Bundestag e<strong>in</strong>en Ausschuße<strong>in</strong>setzt – wobei sie sicher im Augehatten, daß sich das im Wahlkampf gutmachte. Als die CDU der SPD dann allerd<strong>in</strong>gssteckte, daß auch die früheren SPD-Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt<strong>in</strong> diese geheimen Aktivitäten e<strong>in</strong>geweihtwaren, war das Thema für die Sozialdemokratengegessen. Die Grünen alle<strong>in</strong>ekonnten diesen Ausschuß dann aber nichtdurchsetzen. Lediglich das ParlamentarischeKontrollgremium, das die Arbeit derGeheimdienste überwachen soll, hat sichdann mit dem Thema befaßt, unter strikterGeheimhaltung allerd<strong>in</strong>gs.In Luxemburg kam jetzt heraus, daßder frühere Premier Jacques Santerund se<strong>in</strong> Nachfolger Jean-ClaudeJuncker über die Beteiligung von»Stay Beh<strong>in</strong>d« bei den Anschlägenauf die Strommasten <strong>in</strong>formiert waren.Als die Geheimarmee <strong>in</strong> Luxemburg 1990aufflog, war Santer Premier. Vor dem Parlamentsagte er damals, er sei überrascht,daß es diese Geheimarmee auch <strong>in</strong> Luxemburggab, er habe nichts darüber gewußt.Jetzt, 23 Jahre später, <strong>s<strong>in</strong>d</strong> währenddes Prozesses Dokumente aufgetaucht 2 diebeweisen, daß Santer sehr wohl über dieExistenz der Geheimarmee <strong>in</strong>formiert war.Er hat also 1990 gelogen. Ob die Geheimarmee<strong>in</strong> Luxemburg die Strommastengesprengt hat und ob Santer das wußte,sche<strong>in</strong>t mir noch nicht geklärt, aber es wirdsicher spannend, wenn er se<strong>in</strong>e Aussage imProzeß macht.Aber haben nicht <strong>in</strong> anderen Ländernparlamentarische UntersuchungsausschüsseLicht <strong>in</strong> diese Machenschaftengebracht?Das stimmt, und zwar <strong>in</strong> Belgien, Italienund <strong>in</strong> der Schweiz, 2008 auch <strong>in</strong> Luxemburg.Sie alle haben bestätigt, daß esdiese Geheimarmeen gab. Wichtig <strong>s<strong>in</strong>d</strong>vor allem die Erkenntnisse aus Belgien.Im Bericht des Parlamentes steht, daß dieGeheimarmeen der NATO zwei Unterabteilungenhatten – das Allied Clandest<strong>in</strong>eCommittee (ACC) und das Clandest<strong>in</strong>ePlann<strong>in</strong>g Committee (CPC). Noch nichtgeklärt ist, ob <strong>in</strong> Belgien die Geheimarmeeetwas mit den Terroranschlägen <strong>in</strong> derProv<strong>in</strong>z Brabant zu tun hat. Der belgischeVerteidigungsm<strong>in</strong>ister ließ das damals untersuchen,die Untersuchung wurde abervom Geheimdienst blockiert. Zwischen1982 und 1985 wurden wahllos <strong>in</strong> Supermärkten28 Menschen erschossen, ob dieGeheimarmee dah<strong>in</strong>ter steckte, ist unklar.Andreas Kramer sagt jetzt, se<strong>in</strong> Vaterhabe an ACC-Sitzungen teilgenommen, <strong>in</strong>denen solche Anschläge geplant wurden.Ob es stimmt, könnte man anhand derProtokolle dieses NATO-Gremiums herausf<strong>in</strong>den.In e<strong>in</strong>ige von ihnen konntendamals die Mitglieder des belgischen UntersuchungsausschussesE<strong>in</strong>blick nehmen.Nach 25 Jahren sollten diese ACC-Protokolleauch für die Forschung zugänglichse<strong>in</strong> – sie <strong>s<strong>in</strong>d</strong> aber nicht mehr vollständig,offenbar wurde e<strong>in</strong>iges vernichtet. Es istalso sehr unwahrsche<strong>in</strong>lich, daß die nochvorhandenen Dokumente weiterführen.Am besten dokumentiert ist wohl derAnschlag von 1972 <strong>in</strong> der italienischenStadt Peteano, bei dem drei Carab<strong>in</strong>ieriums Leben kamen. Nach 1968 hatte dieL<strong>in</strong>ke starken Zulauf, also wurde dieserMord den Roten Brigaden <strong>in</strong> die Schuhegeschoben – letztlich sollte so die KP geschwächtwerden. Der Attentäter war abere<strong>in</strong> bekennender Faschist, V<strong>in</strong>cenzo V<strong>in</strong>ciguerramit Namen. Vor Gericht gestander 1984, daß er den Anschlag mit Hilfedes militärischen Geheimdienstes ausgeführthatte. Diese Kooperation von NATO,Geheimdiensten und Rechtsextremen istbei diversen Anschlägen <strong>in</strong> Europa nachgewiesenworden. Das ist Staatsterrorismus.Ob auch der Bombenanschlag auf dasMünchner Oktoberfest am 26. September1980 Staatsterror ist, bleibt vorerst unklar,das muß untersucht werden. Dasselbe giltfür das Attentat von Bologna, bei dem imselben Jahr 85 Menschen <strong>in</strong> die Luft gesprengtwurden.Die Aktivitäten von »Gladio«, wie die»Stay beh<strong>in</strong>d«-Truppe <strong>in</strong> Italien hieß, wurdenerst dadurch aufgedeckt, daß der UntersuchungsrichterFelice Casson Mitte der80er Jahre die Erlaubnis bekam, im Archivdes militärischen Geheimdienstes <strong>zum</strong> Anschlagvon Peteano zu recherchieren. Erst1990 hat der mehrmalige M<strong>in</strong>isterpräsidentGiulio Andreotti vor dem Senat <strong>in</strong> Rom dieExistenz der »Gladio«-Geheimarmee undihre direkten Verb<strong>in</strong>dungen zur NATO, zur<strong>CIA</strong> und <strong>zum</strong> MI 6 bestätigt.Deutsche Medien haben darüber sogut wie gar nicht berichtet.Es gab wenige Berichte damals <strong>in</strong> denZeitungen, aber die <strong>s<strong>in</strong>d</strong> völlig <strong>in</strong> Vergessenheitgeraten. Wenn ich im Gesprächmit Deutschen die Stichworte »Staatsterrorismus«,»Gladio«, »Stay beh<strong>in</strong>d« oder»NATO-Geheimarmee« anspreche, ernteich oft verständnislose Blicke. Bei demWort »Champions League« leuchten dieAugen allerd<strong>in</strong>gs auf.

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