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Lotta-Artikel über Demoanmelder Sascha Krolzig

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Im Porträt: <strong>Sascha</strong> <strong>Krolzig</strong> | Extreme RechteVon Heinz Gerdt„Mit Leib und Seele Nazi“Neonazikader im Porträt: <strong>Sascha</strong> <strong>Krolzig</strong>Als die Tagesthemen am 1. Mai über den Naziaufmarsch in Dortmundberichten, verharrt die Kamera kurz auf einem etwas dicklichen jungenMann mit einem auffallenden T- Shirt. „Mit Leib und Seele Nazi“ stehtdarauf gedruckt. Der Träger dieser Geschmacklosigkeit ist <strong>Sascha</strong><strong>Krolzig</strong>, „Kameradschaftsführer“ aus Hamm und mittlerweile Mitglied im„Kampfbund Deutscher Sozialisten“. Er will nicht bloß provozieren, seinT- Shirt ist ein ernst gemeintes Bekenntnis.Schon mit 16 Jahren fiel <strong>Krolzig</strong>, deram 8. Juni 20 Jahre alt wird, im Bekanntenkreisund in der Schule durchseine offene Sympathie für den Nationalsozialismusauf. Zur selben Zeit beginnenseine Aktivitäten in der lokalenNeonazi-Szene, die sich gerade imAufbruch befindet (vgl. LOTTA #17, S.20). Am 14. Juni 2003 hatte der ersteNeonaziaufmarsch seit Kriegsende inHamm stattgefunden. 190 Neonazisdemonstrierten im Vorort Bockum-Hövel hinter dem Transparent derKameradschaft Hamm „gegen Massenarbeitslosigkeitund Sozialabbau“.Federführend organisiert wird dieserAufmarsch noch von etwas älterenNeonazis, unter ihnen der nach Dortmundverzogene Dietrich Surmann.Doch auch die jüngeren Mitglieder derKameradschaft Hamm beteiligt sichbereits. Es ist diese noch sehr an derSkinhead-Subkultur orientierte Gruppe,die in den nächsten Jahre für diemeisten Aktivitäten verantwortlichsein wird. In Hamm findet ein Generationswechselstatt, und es ist <strong>Krolzig</strong>,der sich verstärkt in der Vordergrunddrängt, Aufgaben übernimmt und ihrAnführer wird.Aktionist und RednerDie Aufbruchstimmung und dasSelbstbewusstsein der jugendlichenNeonazis spiegelt ein Vorfall wieder,der in völliger Selbstüberschätzung dereigenen Kräfte außer Kontrolle gerät:Über 15 bewaffnete Neonazis versuchenam 15. Januar 2004, eine Informationsveranstaltungder lokalenAntifa anzugreifen und scheitern kläglich.Ein Neonazi wird verletzt. Unterden Angreifern befinden sich alleStammaktivisten der KameradschaftHamm, unter anderem Dustin Guske,Christoph Drewer, die Brüder Dennisund Jens Möller, Markus Nikolausund natürlich <strong>Sascha</strong> Marcel<strong>Krolzig</strong>. Im Anschluss droht <strong>Krolzig</strong> imInternet: „Eines Tages werden wir alsRichter über die Zukunft der Krawallmacherder Antifa entscheiden. Fortanwerden sie ihre Chaostage in einerEinrichtung durchführen können, überdessen Tor der Schriftzug ‘Arbeitmacht frei’ geschrieben steht.“Zwei Tage später demonstriert dieKameradschaft Hamm erneut inBockum-Hövel, und am 21. Januarfordert man auf einer Kundgebung amBahnhof das Verbot der Antifa. Hiergreift <strong>Krolzig</strong> zum ersten Mal zumMikrofon. Diese Rede ist der Auftaktfür seine ‘Karriere’ in der neonazistischenRechten.Er redet nun öfter auf Aufmärschen,zuerst in der Region, später auchüberregional, wie am 20. August 2005bei einer Berliner Ersatzveranstaltungfür den verbotenen Heß-Marsch inWunsiedel. Fast jedes Wochenendebesucht die Kameradschaft Hammeinen Aufmarsch im Bundesgebiet.<strong>Krolzig</strong> knüpft Kontakte in der Szene,<strong>Lotta</strong> #27 | Sommer 2007 | Seite 23


Extreme Rechte | Im Porträt: <strong>Sascha</strong> <strong>Krolzig</strong><strong>Sascha</strong> <strong>Krolzig</strong> ganz rechts inmitten seiner „Kameradschaft“ am 20. Mai 2003 in Dortmundvor allem zu Vertretern des NPD-kritischenFlügels der Freien Kameradschaften.Er erhält Unterstützung vonChristian Worch und dessen ZöglingAlexander Hohensee. Auch AxelReitz akzeptiert ihn als Führungskameradder Hammer Szene. In dieserFunktion besucht er auch die Treffendes im Juni 2004 gegründeten AktionsbürosWestdeutschland, einerKoordination Freier Kameradschaftenaus NRW (vgl. LOTTA #22, S. 27).Hauptfeind LinkeMit seinem politischen Aktivitätenstößt <strong>Krolzig</strong> aber nicht überall aufVerständnis. Er überwirft sich mit seinemElternhaus und zieht aus. Immerwieder ermittelt auch die Polizei gegenihn. Für die lokale Szene aber wird<strong>Krolzig</strong> unverzichtbar. Er tritt als presserechtlichVerantwortlicher für Flugblätterund Aufkleber auf, verfasstTexte oder organisiert Aktionen. Kurzgesagt: Er hält den Laden am Laufen.Dies gelingt ihm am Anfang auch. DieKameradschaft Hamm zeichnet einlange ungebrochener Aktionismusaus. Zu diesem gehören auch häufigegewalttätige Angriffe, vor allem gegenvermeintliche Linke. Die Antifa ist dererklärte Hauptfeind, und viele Aktionenerwecken den Eindruck, als richtetensie sich ausschließlich an denpolitischen Gegner, als ein Beweis dereigenen Handlungsfähigkeit und zurSelbstvergewisserung der „Kameraden“.Selten wird auf aktuelle ThemenBezug genommen. Die Aktionen dienen<strong>Krolzig</strong> auch als Mittel zur Profilierungin der Szene, um seine eigenePosition auszubauen und sich als„Führungskamerad“ zu beweisen. Siesollen zeigen, dass er seine Gruppe imGriff hat und diese aktionsfähig ist.Zu diesen Aktionen zählt auch eineim September 2005 während derLandtagswahl gestartete „Kampagne“.Vor allem die linken ParteienWASG und PDS geraten ins Visier derNeonazis. Diese versuchen, eineWASG-Veranstaltung anzugreifen undmarschieren vor dem Wohnhaus einesParteimitglieds auf. Am 10. Septemberfindet dann ein Aufmarsch unter demMotto „WASG, PDS, Ver.di und Antifakeine Plattform bieten. Linksbündnisabschalten!“ statt. Anmelder und Versammlungsleiterist zum ersten Mal<strong>Sascha</strong> <strong>Krolzig</strong>.NPD-KontakteIm Sommer 2005 gründet sich das –heute nicht mehr aktive – KameradschaftlicheBündnis Hamm (KBH). Essollte ein „Zusammenschluss nationaldenkenderKameradschaftsgruppenund Einzelpersonen aus Hammund Umgebung“ sein, wie es in derSelbstdarstellung heißt. Es ist derVersuch, das Aktionsbüro Westdeutschlandauf lokaler Ebene zu kopieren.„Kameradschaften“ und cliquen-ähnlicheGruppen aus Hamm,Warendorf und Oelde treten demBündnis bei, das aber von der KameradschaftHamm dominiert bleibt.Gleichzeitig unterstützt die KameradschaftHamm den lokalen NPD-Kreisverband im Wahlkampf. Auch<strong>Krolzig</strong> geht nicht auf Distanz zurPartei, sondern hilft beim Schutz vonInfoständen. In den folgenden Monatenwird die Zusammenarbeit intensiviert:Der NPD-Kreisverband tritt insKameradschaftliche Bündnis Hammein. Als das Aktionsbüro Westdeutschlandam 22. April 2006 seineerste Saalveranstaltung abhält, ist esder Sprecher des NPD-KV Unna /Hamm Hans Jochen Voß, der dieRäumlichkeiten im Westenschützenhofin Hamm mietet. Schließlich übernimmtdie NPD sogar die Anwaltskostenfür <strong>Krolzig</strong>. „Unser Kreisverbandwird im Rahmen nationaler Solidaritätdie Verteidigung unseres jungenKameraden bezahlen“, heißt es auf derWebsite des NPD-Kreisverbands Unna/ Hamm.Haftstrafe undZerfallserscheinungenBereits 2005 war <strong>Krolzig</strong> zu einersechsmonatigen Haftstrafe wegenKörperverletzung und Volksverhetzungverurteilt worden. Da er seineabgebrochene Schullaufbahn wiederaufgenommen hatte und die Jahrgangstufe11 des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums besuchte, wird ihmzunächst Haftverschonung gewährt.Seite 24 | <strong>Lotta</strong> #27 | Sommer 2007


Im Porträt: <strong>Sascha</strong> <strong>Krolzig</strong> | Extreme RechteAnzeigeAußerdem legt er Verfassungsbeschwerdegegen das Urteil ein, dieaber abgelehnt wird. Anfang Juni2006 muss er seine Strafe antreten.Sein Ausfall und die Inhaftierung desKameradschafts-Mitglieds ChristophDrewer treffen die Szene spürbar. Am22. Juli 2006 ziehen 80 Neonazisdurch Hamm und fordern die Freilassungihrer beiden „Kameraden“.Weitere Aktionen folgen aber nicht.Die Lücke, die <strong>Krolzig</strong>s Inhaftierunghinterlassen hatte, kann nicht gefülltwerden. Der organisatorische Zusammenhaltder Szene zerfällt sichtbar,ihnen fehlt der Kopf und Organisator.Aktionen werden seltener, einigeKameraden ziehen sich aus der politischenArbeit zurück. Monate zuvor hatman sich schon mit dem West- Versandum Holger Frasch und der KameradschaftHans-Ulrich Rudel überworfen,deren Mitglied AndreasBeyer eine Zusammenarbeit mit demPolizeilichen Staatsschutz vorgeworfenwird und deshalb von den ehemaligenKameraden eine „Abreibung“ erhält.Er wird mit erheblichen Verletzungenin ein Krankenhaus eingeliefert.„KDS-Beauftragter West“Nach seinem Gefängnisaufenthaltmeldet sich <strong>Krolzig</strong> am 8. Januar 2007öffentlichkeitswirksam zurück. Erbesucht eine Sitzung des „ArbeitskreisMontagsdemonstrationen“ im Gewerkschaftshaus.Mit der Frage konfrontiert,ob er der rechten Szene angehöre,erwidert er, er sei „bekennenderNationalsozialist“. Daraufhinverweisen ihn die Gewerkschafterdes Hauses.Wenige Wochen später erklärt<strong>Krolzig</strong> seinen Eintritt in den KampfbundDeutscher Sozialisten. Dieserhabe sich „in seiner 7-jährigen Geschichtezu einer der wichtigstenAktionsplattformen des NationalenWiderstands“ entwickelt. Dort hat erals „Beauftragter West“ augenscheinlichdie Rolle des inhaftierten AxelReitz übernommen. Ob er wie Reitzeine ähnlich herausragende Stellungim Spektrum der Freien Kameradschafteneinnehmen wird, darf aberbezweifelt werden. Das VersteckspielRegionalausgabeRhein-Ruhr (NRW)Lifestyle, Symbole und Codes vonneonazistischen Gruppen undextrem rechten GruppenErstellt im Auftrag des AK Ruhr –Arbeitskreis der Ruhrgebietsstädtegegen rechtsextreme Tendenzen beiJugendlichen.In Kooperation mit LOTTA unddem AntirassistischenBildungsforum RheinlandHerausgeber: Agentur für sozialePerspektiven – ASP e.V. (www.aspberlin.de,www.dasversteckspiel.de)Bestellungen an:VFKB e.V.Postfach 10171846017 OberhausenEinzelbestellungen:3 Euro plus 1 Euro Versand,nur gegen Vorkasse in barab 10 Exemplaren:2,50 Euro inkl. Versandkosten,auch auf Rechnung,auch via Email anbildungsforum@gmx.de<strong>Lotta</strong> #27 | Sommer 2007 | Seite 25

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