Sturm in der Kaffeetasse - Gourmesso

Fotos: UnternehmenEr umfasst neben den Kapseln auch noch Pads. Die weltweitenMarktanteile lagen 2012 mit 24,1 (Nestlé) und 22 Prozent (Mondelez)schon denkbar dicht beieinander. Im Bereich der Kapselnsetzt Mondelez bislang auf das eigene System Tassimo, das aufKnopfdruck nicht nur Kaffee, sondern auch Kakao- und Teegetränkein den Becher träufelt. Dafür greift der Konzern auf etablierteEigenmarken wie Jacobs, Café Hag, Carte Noir, Kencooder Milka zurück.Mondelez startet MarketingofensiveIn Kürze macht der drittgrößte Nahrungsmittelkonzern der Weltseine Kapseln mit dem Nespresso-System kompatibel. Unter derSubmarke Jacobs Momente will Mondelez in der zweiten Jahreshälfteden Markt aufrollen und rasselt schon mit dem Werbesäbel:„Zur Einführung der Jacobs-Momente-Espressokapselninvestiert Mondelez Deutschland in ein 360-Grad-Marketingkonzept,das neben einer TV-Kampagne auch Online-Aktivitätenund ein PR-Programm umfasst“, sagt UnternehmenssprecherinHeike Hauerken . Die Amerikaner wollen über die einfacheVerfügbarkeit Boden gutmachen. Hauerken: „In derEntscheidung, die Kapseln im Supermarkt anzubieten, sehenwir einen echten Mehrwert für unsere Konsumenten.“Beim Pionier Nespresso teilt man diese Meinung nicht.Seine Filialen richtete das Unternehmen nach den Entwürfenvon Architekt Francis Kremp ein. Das Konzept preist das Unternehmenals Verbindung von Art déco und modernen Materialienan, in dem Kaffeetrinker „in die Welt von Nespressoeintauchen“ und die „Kunst der Espressozubereitung“ kennenlernensollen. Ihre Nobelläden platzieren die Schweizer mitVorliebe in hochpreisigen Innenstadt-Lagen. Die MünchnerFiliale in der Theatinerstraße zum Beispiel: Sie reiht sich kon-Verbraucher wollen QualitätBeliebteste Kaffeemaschinenmarken der DeutschenPunkte (auf einer Skala von 0 bis 100)BoschTchiboMieleSiemensMelittaPhilipsRowentaWMFRussell HobbsDeLonghiBasis: 2055 Befragte. Quelle: DISQ Deutsches Institut für Service-Qualität GmbH & Co. KG. ©sequenterweise zwischen Juwelieren und eleganten Designer-Labels ein. Nur ein paar Hundert Meter weiter steht das Stammhausder Familie Dallmayr, bekannt aus der Fernsehwerbung.Was die Vermarktung ihres Kaffees anbelangt, trennen diebeiden Firmen allerdings Welten. Dallmayr wurde durch dasGeschäft mit Filterkaffee groß. Im deutschen Kaffeemarkt – demimmerhin drittgrößten der Welt – macht er immer noch denLöwenanteil aus. 294 000 Tonnen Kaffee tranken die Deutschenim vergangenen Jahr gefiltert. Doch das Geschäft mit Filterkaffeegibt langsam nach, die Kapseln hingegen boomen.Nicht zuletzt dank Nespresso. Die Marke verbindet Kaffeetrinkenmit Eleganz, Lifestyle und Individualität. Ein Konzept,das die Kapseln einer breiten Käuferschicht schmackhaft gemachtund den Kaffeemarkt gehörig aufgemischt hat. 10 000 TonnenKapseln gingen hierzulande 2012 über die Ladentheke. Dasentspricht einer Steigerung von 16 Prozent im Vergleich zu 2011.Diese Hochpreisstrategie bescherte Nestlé die Marktführerschaftim Single-Serve-Segment. Und traumhafte Margen.82,581,681,180,279,476,575,575,474,774,4Das Tassimo-System lockt mitMarkenvielfalt.In die Maschinenpassen die Kapselnanderer Mondelez-Marken. DarunterMilka, Suchard,Cadbury, Jacobsoder Carte Noir. Diebeiden Letzterenmacht der Konzernjetzt mit Nespressokompatibel.Senseo greit Nespresso direkt anDer Preis für eine Tasse Nespresso liegt mit 35 Cent bis zu zehnMal über dem von normalem Filterkaffee. Im vergangenen Jahrknackte die Edelmarke damit weltweit die Umsatzmarke vonvier Milliarden Schweizer Franken. Und das, obwohl Nespressodie bunten Kapseln ausschließlich über geschlossene Vertriebswegeverkauft. Die weithin sichtbare Werbung mit Hollywood-Beau George Clooney tut ihr Übriges, um die Hochpreisstrategiezu stützen.In TV-Werbung investiert jetzt auch D. E. Master Blenders,kurz Douwe Egberts. Das Unternehmen wagt sich mit seinerMarke Senseo in die Gefilde von Nespresso vor. Seit Juli sind diePlastikkapseln für Nespresso-Maschinen auf dem Markt. In demWerben & Verkaufen 34/2013 | 15

MARKETING | MARKTÖFFNUNGErst Pads, jetzt Kapseln: Senseo versucht seitJuni, Nespresso das Wasser abzugraben. DiePlastikkapseln stehen im Supermarktregal,der TV-Spot setzt auf Genuss und Geschmack.Spot stehen weniger Lifestyle als vielmehr auf Genuss und ästhetischeProduktaufnahmen im Fokus. Der 30-Sekünder aus derFeder von Serviceplan zeigt, wie Kaffeedampf in der Nase kitzeltund ein Tropfen in Zeitlupe in eine Tasse fällt. Über die Listungin den Supermärkten von Edeka, Real, Kaufland und Rewe willsich Senseo Marktanteile sichern.Sie sind je zu zehn Stück in Kartons und einzeln in Plastikfolieverschweißt, um den optimalen Geschmack zu garantieren.Dass die Kapseln aus Plastik und nicht aus Aluminium bestehen,dürfte Umweltschützern ein kleines Lächeln aufs Gesicht zaubern.Ihnen stößt die energieintensive Herstellung der Alukapseln vonNespresso seit je sauer auf. Ein Aspekt, der dem sonst so makellosenImage der Kaffeemarke zumindest ein paar kleineKratzer verpasst hat.Bei den Anbietern herrscht allerdings weitestgehend Einigkeit,was die Zielgruppe betrifft. Zu seiner Wunschklientel sagtSven Langeneckert , Geschäftsführer von Senseo Deutschland:„Das meiste Zielgruppenpotenzial für Single-Serve-Kaffee sehenwir bei Ein- bis Zweipersonenhaushalten.“ Wie Nespressoauch zielt er mit seinen Kapseln vor allem „auf Haushalte mitüberdurchschnittlichem Einkommen“. Dem Handel empfiehltSenseo einen Packungspreis von 3,29 Euro. Und ruft damit beider Zehnerpackung nur 20 Cent weniger auf als das teure Original.Langeneckerts Begründung: „Wir glauben nicht, dassder Preis hier das wichtigste Argument für Senseo ist. Dergrößte Unterschied zu Nespresso ist die Verfügbarkeit im Einzelhandel.“In der Tat könnte die Mauertaktik von Nespresso sichlangfristig als hinderlich erweisen. Denn auch beim Direktversandim Netz droht den Schweizern Konkurrenz. Dort tummeltsich beispielsweise der Anbieter Gourmesso , dessen Kapselnebenfalls in das Nespresso-System passen. Pro Stück verlangtNeben den Deutschen schlürfen auch schon Franzosen und Spanier Kaffee der Marke Gourmesso.Der Nespresso-Konkurrent vertreibt seine Kapseln im Netz und will in die USA und nach Großbritannienexpandieren. Der USP: 30 Prozent Preisvorteil gegenüber dem Original.Für das Kapselsystem Verismo bautStarbucks auf das Know-how vonKrüger (r.). Die Kapseln gibt es in denFilialen.16 | Werben & Verkaufen 34/2013

Die Edelboutiquen von Nespresso verströmenbewusst den Duft von Exklusivität. Als kämejeden Moment George Clooney um die Ecke.Sein Testimonial-Vertrag läuft seit 2006.das Start-up aus Berlin lediglich 24 Cent, 30 Prozentweniger als die Kaffeetöpfchen der Nestlé-Tochter.Fünf Espresso-, zwei Lungosorten und eine entkoffeiniertebietet Gourmesso an. Sechs weitere sollenbis 2014 folgen. In diesen Tagen geht der erste TV-Spot on air. Diana Bolinth , die bei dem Start-up alsAffiliate-Marketing-Managerin arbeitet, sagt über densich verschärfenden Konkurrenzkampf: „Das Gourmesso-Team begrüßt sehr die Marketingaktivitäten von Senseo undCo., weil dadurch Bewegung im Markt entsteht und den Kundenbewusst gemacht wird, dass es Alternativprodukte zu Nespressogibt.“ Gourmesso sei in den letzten Monaten stark gewachsen,ergänzt Bolinth – nennt aber keine Zahlen.Auch Krüger und Tchibo laufen sich warmNeben Großkonzernen und Start-ups will auch Krüger was vomKapselkuchen abhaben. Seit 2012 kooperiert der Mittelständleraus Bergisch Gladbach mit Starbucks – weltweit. Für die Kettebaut Krüger in Lizenz das System Verismo . Die schwarzen Automaten(Bild l.) lassen sich mit Kaffeepatronen von Starbucksbefüllen, die die Kette in den Filialen und im Netz verkauft.Krüger hat das „K-fee-System“ etabliert, das Partnern gegenLizenzgebühr weltweit zur Verfügung steht. Der Mittelständlerliefert die Hardware und bietet unter der Eigenmarke Esprestoauch Kapseln dafür an. Gerüchten zufolge denkt man in BergischGladbach auch darüber nach, Nespresso-kompa tible Kapselnanzubieten. Das wäre ein weiterer Schritt weg vom Instantkaffee,auf den sich bislang die Werbeanstrengungen von Krügerfokussierten. Mit Tchibo intensiviert ein weiterer Big Playerseine Kapsel-Aktivitäten. Im Juni wurde bekannt, dass dieMarke künftig mit der Philips-Tochter Saeco kooperieren will.Gemeinsam bringen die beiden im Herbst einen Vollautomatenauf den Markt, der sich mit den Cafissimo -Kapseln von Tchibofüttern lässt und bald bei Elektronikgroßhändlern wie Media-Markt und Saturn im Regal steht. Von den zusätzlichen Vertriebswegenerhoffen sich die Partner neue Absatzimpulse. Zwarist keine Kompatibilität und damit keine direkte Konkurrenz zuNespresso angestrebt. Aber die Kooperation mit den Italienernkönnte Cafissimo anspruchsvollere Käuferschichten erschließen.Am Nespresso-Sitz in Düsseldorf nimmt man all dieseWarnsignale gelassen zur Kenntnis. Das Unternehmen bleibtseiner Strategie treu und stärkt den Klubgedanken. Nicht ohneGrund: „50 Prozent aller neuen Nespresso-Klubmitglieder lernendie Marke über bestehende Mitglieder kennen“, sagt Deutschland-ChefFeldmann. Und ja: Das Geschäft brummt. Im Kontextder zahlreichen Alternativen könnte sich das allerdings ändern.Mondelez und Douwe Egberts sind näher am Konsumenten undimmer im Preisvorteil. Außerdem fragen sie nicht erst nach derZugangskarte, wenn ein Kunde im Regal zugreifen will.Jan-Philipp Schlecht | jps@wuv.deDas Geschäft mit Kapseln brummtWachsende Kaffeesegmente von 2011 bis 2012Zunahme des Verkaufsvolumens in Deutschland (in %)+1,2LöslicherKaffee+2,6Pads+12Frisch gemahleneBohnen+16KapselnQuelle: Deutscher Kaffeeverband 2012. ©Werben & Verkaufen 34/2013 | 17