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Legenden - Unfall-Service GmbH

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Foto: Audi AG<br />

<strong>Legenden</strong><br />

Walter Röhrl<br />

und sein S1<br />

Vor einem Vierteljahrhundert gründete Volker Gehrt<br />

seinen Karosseriebau- und Lackierereibetrieb in<br />

Peterberg im schönen Thüringen. Mittlerweile ist er<br />

zu einem mittelständigen Imperium mit drei Firmen<br />

gewachsen, die sich allesamt um den Erhalt und die<br />

Aufarbeitung von Fahrzeugen kümmern. Die eine<br />

im Bereich Karosserie, die andere beim Lack und<br />

die dritte, die Apollo Germany Ltd., um beides: sie<br />

ist der europaweite <strong>Service</strong>partner für die Apollo-<br />

Modelle aus der Gumpert Sportwagenmanufaktur<br />

in Altenburg und baut jetzt, zu Volker Gehrts<br />

25. Firmenjubiläum, den legendären Rallyewagen Audi<br />

Sport quattro S1 San Remo von 1985, dem Jahr der<br />

Firmengründung eins zu eins nach. Unterstützt wird<br />

Gehrt bei diesem, wie er es nennt, „Meisterstück“<br />

durch Rallye- und Sportwagen-Größen. Darunter der<br />

damalige quattro- und heutige Apollo-Entwickler<br />

Roland Gumpert, der Rallye-Weltmeister von 1984 Stig<br />

Blomquist und die Rallye-Legende Walter Röhrl.<br />

Er fuhr 1985 den originalen S1 bei der Rallye San Remo<br />

spektakulär zum Sieg. In Volker Gehrts Werkstatt in<br />

Petersberg im Angesicht der fast fertiggestellten Replik<br />

sprachen TOP Verleger Ralf Langer und TOP Redakteur<br />

Christoph Graebel mit Walter Röhrl über Emotionen,<br />

Titel und eine nicht nachlassende Leidenschaft für<br />

schnelle Autos – und für sehr schnelle.<br />

TOP LEIPZIG #


Der 1985er Audi Sport quattro S1 mit Walter Röhrl am Steuer bei der Rallye San Remo (li.) und 2011 als Replik in Petersberg kurz vor der Fertigstellung.<br />

Herr Röhrl, wie ist denn Ihr Gefühl, nach 25<br />

Jahren wieder vor einem Audi S1 zu stehen?<br />

Ein bisschen ist es wie eine Zeitreise.<br />

Jetzt stehst du wieder wie früher vor so<br />

einem Auto, wenn es gerade aufgebaut<br />

wird. Das ist eine tolle Erfahrung und<br />

ich muss sagen, es ist wirklich perfekt<br />

gemacht. Einfach beeindruckend.<br />

Erst 1984, ein Jahr bevor Sie im originalen S1<br />

saßen, wechselten Sie zu Audi ... Und bereits<br />

vier Jahre vorher wollte mich Audi<br />

haben. Was ich aber ablehnte, weil ich<br />

nach der Probefahrt im ersten Quattro<br />

nicht überzeugt war, dass das wirklich<br />

alles funktioniert. Die Absage führte<br />

natürlich zu Spannungen zwischen uns<br />

und ich hatte eigentlich nur ein Ziel:<br />

Audi die Weltmeisterschaft vermasseln.<br />

Was mir dann ja auch gelungen ist, 1982<br />

im Opel und 1983 im Lancia.<br />

Wie kamen Audi und Sie dann doch zusammen?<br />

Ferdinand Piëch [damals stellvertr. Vors.<br />

der Audi NSU Auto Union AG. A.d.R.] hat<br />

gesagt: „Es ist immer billiger mit Röhrl,<br />

als gegen Röhrl. Also schauen sie, dass<br />

sie den kriegen.“ Für mich persönlich<br />

gab es zwei Gründe. Zum einen hat mich<br />

der Vierradantrieb interessiert und<br />

zum anderen bin ich zu dem Zeitpunkt<br />

schon gegen alle in der Weltspitze im<br />

gleichen Auto gefahren, aber nie gegen<br />

Blomqvist, der ja bei Audi war. Das hat<br />

mich motiviert, weil du dich ja nur mit<br />

dem eigenen Teamkollegen vergleichen<br />

kannst, alle anderen haben bessere<br />

Autos – wenn sie schneller fahren ... Ich<br />

habe denen bei Audi gesagt: „Ich will<br />

nicht mehr Weltmeister werden, ich<br />

helfe Euch, dass ihr Markenweltmeister<br />

werdet und ich helfe irgendeinem<br />

Fahrer. Aber, bei der Rallye Monte Carlo<br />

1984 möchte ich zeigen, wer der Chef<br />

ist.“ Und so ist es dann auch gelaufen.<br />

Was macht gerade den S1 zur Legende? Es<br />

sind zwei Dinge, die die Fans damals<br />

zur Weißglut brachten und auch heute<br />

noch bringen: Zum einen seine enorme<br />

Kraft, weil er ja das erste Auto war, das<br />

über 500 PS hatte und zum anderen ist<br />

es natürlich der 5-Zylinder-Sound. Ich<br />

erlebe das immer wieder. Dieses Auto<br />

hat eine Ausstrahlung, die unvorstellbar<br />

ist. Als ich vor einem Jahr zum ersten<br />

Mal wieder einen S1 fuhr, habe ich<br />

gedacht, es müsste etwas kaputt sein,<br />

weil der Wagen so rau ist. Der Motor<br />

klingt rau, das Fahren ist rau und das<br />

spornt auch den Fahrer sehr an.<br />

Beim Thema Fahrfreude rangiert der S1 also<br />

heute noch weit vorne. Wie ist es bei ihm<br />

um die Sicherheit bestellt? Zum damaligen<br />

Zeitpunkt war der Audi mit Abstand das<br />

sicherste Auto. Schon bedingt durch das<br />

Konzept, dass der Motor mit den heißen<br />

Turboladern vorne sitzt und der Tank<br />

ist drei Meter entfernt. Dagegen war bei<br />

den ganzen Mittelmotor-Rallyewagen,<br />

ob Peugeot oder Lancia, alles auf einem<br />

halben Meter untergebracht. Den <strong>Unfall</strong><br />

den ich 1984 mit dem Sport Quattro in<br />

San Remo hatte, den möchte ich nicht<br />

mit einem anderen gehabt haben. Die<br />

wären in tausend Teile auseinander<br />

gefallen.<br />

Ihre gefährlichste Fahrt mit einem Audi?<br />

Das war 1987 der Pikes Peak. Meistens<br />

geht es da von der Straße 500 Meter<br />

weit runter ins Nichts und in einer<br />

Rechtskehre sind es sogar 1800 Meter.<br />

Wie geht es einem da mental? Sobald ich<br />

den Helm auf habe und an den Start<br />

gehe – 5 4 3 2 1 – bin ich unsterblich.<br />

Also völlig überzeugt davon, dass mir<br />

nie etwas passieren könnte. Ansonsten<br />

kannst Du auch nicht so schnell fahren.<br />

Ist das immer noch so, oder geht es Ihnen um<br />

etwas anderes? Im Prinzip würde es um<br />

etwas anderes gehen … Aber sobald ich<br />

den Helm aufhabe, ist das vergessen.<br />

Wenn ich heute allerdings ein Video von<br />

damals sehe, bin ich schockiert darüber,<br />

wie ich so verroht sein konnte, so auf die<br />

Leute loszufahren. Und dann habe ich<br />

letztens in San Marino gemerkt, dass ich<br />

genau wie früher bin, weil ich plötzlich<br />

dachte: „Hey, Du Arsch, wenn du nicht<br />

auf die Seite springst, fahr ich dich über<br />

den Haufen.“ Das ist der gleiche Druck,<br />

da hat sich nichts verändert.<br />

Wenn Sie auf der Straße unterwegs sind, wie<br />

viel Rallyefahrer sitzt dann am Steuer? Gar<br />

keiner. Mich kennen nach wie vor so<br />

viele Leute, ich muss mich einfach<br />

vorbildlich benehmen. Was nicht heißt,<br />

dass ich ein Heiliger bin. Wenn ich<br />

nachts durch Niederbayern unterwegs<br />

bin, lass ich es schon krachen. Aber<br />

auf der Autobahn halte ich jede<br />

Geschwindigkeitsbegrenzung ein. Und<br />

das hat sogar positive Auswirkungen<br />

auf andere. Wenn ich im Porsche mit<br />

Fotos: Audi AG, Apollo Germany Ltd., TOP Magazin Leipzig / Christoph Graebel<br />

Tempomat durch einen 120er Bereich<br />

fahre und von hinten kommt einer im<br />

vollen Dampf und sieht einen Porsche<br />

120 fahren, bremst er ab. Vielleicht<br />

kriegt er ein schlechtes Gewissen? Ich<br />

kann so sehr gut Verkehrserziehung<br />

machen ...<br />

Vom aktiven Rallyefahrer zum Entwickler<br />

bei Porsche – wie war dieser Seitenwechsel?<br />

Ich glaube, wenn ich gesagt hätte, „ich<br />

höre auf“ und hätte diesen<br />

Job nicht gehabt, wäre ich<br />

sicher rückfällig geworden.<br />

Weil ich aber diese tolle<br />

Aufgabe hatte, ist das nicht<br />

passiert. Vor Porsche habe<br />

ich ja auch bei Audi schon<br />

die Rennautos entwickelt.<br />

Da kam mal der Stuck [Hans-Joachim,<br />

1990 Sieger der DTM im Audi V8 quattro.<br />

A.d.R.] und hat gesagt: „Boah, das beste<br />

Auto, das ich je gefahren bin.“ Das war<br />

für mich die gleiche Genugtuung, wie<br />

das Gewinnen einer Rallye. Und die<br />

Autos, die ich entwickelt habe, haben<br />

ja alle die Meisterschaften gleich<br />

gewonnen.<br />

Wie ist es heute, nach über 20 Jahren Fahrzeugentwicklung?<br />

Langsam bin ich an einer<br />

Grenze und zwar aus folgendem Grund:<br />

Wenn du heute mit einem GT2 RS<br />

am Nürburgring herumfährst, dann<br />

ist das gefährlicher, als früher, wenn<br />

du mit einem Rallyefahrzeug gefahren<br />

bist, weil die Autos so dermaßen<br />

schnell sind. Die fahren mit einem GT2<br />

RS nach der Döttinger-Höhe, also bei<br />

der Antoniusbuche, 318 km/h – und<br />

die Rennautos nur 290, weil die mehr<br />

Abtrieb haben. Die Serienautos sind<br />

zwar schneller heutzutage, werden<br />

aber wahnsinnig lose, weil sie einfach<br />

mehr Auftrieb kriegen – da fl iegt man<br />

dann, wenn‘s schief geht, 400 Meter in<br />

den Wald. Daher sage ich allmählich:<br />

„Herrschaften, das sollen jetzt die<br />

Jungen machen. Ich will mir nach 40<br />

Jahren im Geschäft nicht den Kopf<br />

abfahren. Das brauch ich nicht mehr.“<br />

Wird man also auch als Rallyefahrer im Alter<br />

vernünftig? Eigentlich ist es unvernünftig,<br />

denn heute würde ich ja nicht mehr<br />

so viele Jahre verlieren, vor 40 Jahren<br />

hätte ich davon einen Haufen verloren.<br />

Irgendwie verrückt, nicht?<br />

Aber die Arbeit bei Porsche macht noch ...<br />

großen Spaß. Auch weil Porsche eine<br />

ganz eigene Firma ist, im Vergleich zu<br />

so großen Konzernen wie Audi. Ich bin<br />

beim Wiedeking [Wendelin, 1993 - 2009<br />

Porsche-Vorstandsvorsitzender. A.d.R.]<br />

immer aus- und eingegangen zu jeder<br />

Tages- und Nachtzeit und er hat mich<br />

bei der Entwicklung vom Carrera GT<br />

wöchentlich gefragt, wie’s gerade läuft.<br />

Das war alles viel direkter und für mich<br />

genau das, was Spaß macht.<br />

Und heute? Jetzt ist da natürlich eine<br />

Ich will mir nach 40 Jahren<br />

im Geschäft nicht den Kopf<br />

abfahren<br />

Umbruchstimmung bemerkbar, weil<br />

alles neu ist. Und eigentlich hatte<br />

ich ja auch vor zum Jahreswechsel<br />

2010/2011 aufzuhören, aber der Herr<br />

Müller [Matthias, seit Oktober 2010<br />

Vorstandsvorsitzender der Porsche AG.<br />

A.d.R.] hat zur mir gesagt: „Herr Röhrl,<br />

ich bin ganz neu hier und brauche Sie.<br />

Bleiben Sie doch noch wenigstens ein<br />

Jahr.“ Da hab ich mich noch einmal<br />

überreden lassen.<br />

Dann setzen Sie sich also 2012 zur Ruhe?<br />

Ich denke, ich werde dann mehr<br />

„historisches“ machen. Also so wie hier.<br />

Wenn die Audileute mit ihren Audis<br />

dann irgendwo hinfahren, fahre ich<br />

mit. Oder ich gehe für Porsche mal zu<br />

historischen Rallyes. Das wäre, glaube<br />

ich, der richtige Schritt, sich langsam<br />

herauszustehlen. Aber ganz raus wird<br />

es vermutlich nie gehen, da gibt es gar<br />

Walter Röhrl, *1947 in Regensburg,<br />

begann 1968 seine Rallye-Karriere.<br />

Mit u. a. zwei Weltmeistertiteln<br />

und insgesamt 14 Rallye-Siegen<br />

bei WM-Läufen gilt er als der beste<br />

Rallyefahrer aller Zeiten. 1987 fuhr<br />

er im Audi S1 Sport quattro den<br />

Streckenrekord 10:47:85 min. auf<br />

der 19,99 km langen Aufwärts-<br />

Strecke des Pikes Peak International<br />

Hill Climb und avancierte damit<br />

endgültig zur Sport-Ikone. Heute<br />

ist Röhrl Repräsentant und<br />

Co-Entwickler bei Porsche.<br />

TOP Verleger Ralf Langer und<br />

Rallye-Legende Walter Röhrl.<br />

keine Diskussionen. Die Leidenschaft ist<br />

einfach zu groß.<br />

Es reicht Ihnen nicht, nur die Erfolgsboliden in<br />

der eigenen Garage anzuschauen? Ich besitze<br />

gar keine Wettbewerbsfahrzeuge, weil<br />

ich immer nur darauf fokussiert war, der<br />

Beste zu sein. Und wenn du solche Autos<br />

in der Garage hast, dann musst du dich<br />

auch um sie kümmern und ich wollte<br />

jede Minute damit verbringen, mich<br />

fi t zu halten und immer<br />

besser zu werden. Natürlich<br />

sage ich heute, es wäre<br />

schön, wenn ich ein paar<br />

Wettbewerbsfahrzeuge zu<br />

Hause hätte. Andererseits<br />

fehlt es mir auch nicht, weil<br />

ich ja bei den Herstellern<br />

ins Museum gehen kann. Da stehen<br />

die Wagen alle rum und wenn ich will,<br />

kann ich die fahren. Ich habe aber alle<br />

meine Autos als 1:43 Modelle zu Hause.<br />

Die müssen nicht bewegt und nicht<br />

gepfl egt, nur einmal im Jahr ordentlich<br />

abgestaubt werden.<br />

Umso schöner ist dann wahrscheinlich, wenn<br />

Herr Gehrt mit seinem Team eines ihrer<br />

Wettbewerbsfahrzeuge originalgetreu und fahrtüchtig<br />

nachbaut? Ja klar. Ich hoffe nur,<br />

dass ich den dann auch mal fahren darf.<br />

Ich fi nde das wirklich unglaublich, was<br />

der Gehrt für einen Aufwand betreibt.<br />

Und wenn du dann auch noch siehst,<br />

wie die Arbeit hier ausgeführt wird,<br />

kannst du nur den Hut ziehen.<br />

Es ist also mehr als ein Meisterstück, wie Herr<br />

Gehrt das Projekt selbst bezeichnet? Absolut.<br />

Herr Röhrl, wir danken Ihnen sehr für das<br />

Gespräch. Vielen Dank. �<br />

TOP LEIPZIG #

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