12.07.2015 Aufrufe

Firmen denken um REPORTAGE

Firmen denken um REPORTAGE

Firmen denken um REPORTAGE

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>REPORTAGE</strong><strong>Firmen</strong> <strong>denken</strong> <strong>um</strong>Gesucht: Alte mit DurchDu kriegst die Tür nicht zu:Georgios Papadopoulos(links) und Martin Kuhlenkampsind zusammen 99 Jahrealt – aber Neulinge bei BroseSchluss mit demJugendwahn:Autozulieferer Brosesuchte gezielt nachMitarbeitern über45 – und hat mit den„neuen Alten“durchweg positiveErfahrungen gemachtHm, mal überlegen. „HerrPapadopoulos eilt.“ Ja, genau,das ist der richtige Anfang fürdiese Geschichte. Viel besser als„Herr Papadopoulos rennt“ oder„Herr Papadopoulos hetzt“,denn das hat so was Getriebenes,Gestresstes. Und davon kann beiGeorgios Papadopoulos keineRede sein.Nein, nein, als der neue Leiterder Abteilung „Zentrale Finanzenund Controlling“ des CoburgerAutozulieferers Brose diedrei Stockwerke zu seinem Büroerklimmt, da wirkt er sehr ausgeglichenund sehr souverän.Er ist lediglich so unglaublichschnell, dass man ihm nur mitgrößter Mühe folgen kann. Undjetzt kommt’s: Der Mann ist 53.Wer an dieser Stelle stockt, derhat natürlich Recht. Im Grundewäre beides nicht der Rede wert:Weder, dass Herr Papadopoulos53 ist, noch, dass er trotzdem soschnell unterwegs ist. Ist ja nochkein Alter. Einerseits.Andererseits hat sich seit denZeiten der New Economy in denPersonalabteilungen die Ansichtverbreitet, dass nur die Jungenschnell, dynamisch und leistungsbereitsind. Die Folge: Nur37 Prozent der 55- bis 64-Jährigensind hierzulande noch erwerbstätig,ermittelte die Bundesvereinigungder DeutschenArbeitgeberverbände. Z<strong>um</strong> Vergleich:In der Schweiz sind es 68Prozent – und den Schweizerngeht es ja nicht gerade schlecht.Einen wie Georgios Papadopouloshätte man in den meistendeutschen Unternehmen alsoschon lange nach Hause geschickt.Z<strong>um</strong> Unkrautzupfenoder Gartenzwergputzen oder so.Brose-Boss Stoschek: „Wirmüssen da etwas ändern”Nun ist es aber so, dass Brose-Boss Michael Stoschek fastgrundsätzlich vieles andersmacht als andere. Und irgendwannfiel ihm auf, dass das mitdem Jugendwahn Blödsinn ist.„Als ich darüber nachgedachthabe, dass ich ja selbst schon 55bin und mich trotzdem nochsehr fit fühle, da war mir klar,dass wir etwas ändern müssen.“Kurz darauf schaltete Brose inmehreren Tageszeitungen Stellenanzeigen.Für acht verschiedenePositionen warb der Herstellervon Tür- und Sitzsystemen<strong>um</strong> neue Mitarbeiter. Überschrift:„Senioren gesucht.“ Etwaskleiner stand darunter: „ZurErgänzung unserer Nachwuchskräftesind wir auf der Suchenach älteren, erfahrenen Entscheidungsträgernab 45 Jahren.“Und dann ging es los ...„Jeden Tag kamen zwei Wäschekörbevoller Bewerbungen“,erzählt Broses stellvertretendePersonalchefin Esther Loidl (31);es waren knapp 1400 Briefe.Ständig klingelte das Telefon,Zeitungen, TV-Sender, Arbeitgeberverbändeund Senioren-18 AUTO BILD | Nr. 41 • 10. Oktober 2003


lickorganisationen riefen wegen derAnzeige an. Aber nachgeschaut,welche Erfahrungen Brose mitden neu eingestellten „Alten“denn nun gemacht hat, das hatnoch keiner. Wird also mal Zeit.Georgios Papadopoulos hat einschlichtes, weißes Büro, seine25-jährige Assistentin sitzt ihmgegenüber. Die sonst fürFührungskräfte üblichen Statussymbolewie ein schwerer Teppichoder ein großer Schreibtischgibt es bei Brose nicht. Papadopouloserzählt: „Ich war vorherGeschäftsführer bei einemanderen Zulieferer, kam dortaber mit dem neuen Vorstandnicht klar.“ Kurzerhand schmissder Finanzexperte hin, denn mitseiner Karriere und mit seinenDrei Männer, zwei Generationen: Martin Kuhlenkamp (Mi.)diskutiert mit Bernd Krug (46, li.) und André Brückner (20)Schlicht ist schön: Finanzexperte Georgios Papadopoulosteilt sich sein Büro mit Assistentin Stephanie Heubach (25)Damit fing alles an: Broses stellvertretende PersonalchefinEsther Loidl (31) zeigt die Stellenanzeige aus dem „Spiegel“Schöne neue Welt: Brose(hier der neu gebaute Sitz vonForschung und Entwicklung)gilt in Sachen Personalals sehr innovativErfahrungen, so dachte er, dafindet man immer was. „DieErnüchterung kam, als mir diePersonalberater gesagt haben,dass ich es mit über 50 gar nichterst zu versuchen brauche.“Die Assistentin: „Erfahrungschafft Entscheidungsfreude”Verstehen kann er das immernoch nicht. „Erfahrung ist doch,wirtschaftlich gesehen, ein sehrhohes Gut. Deshalb finde ich dieInitiative von Brose auch rationalund wirtschaftlich gut begründet.“Er griff zu – und fühltsich sehr wohl: „Der Umgangmit den jungen Mitarbeitern istdurchweg positiv. Wenn mannicht als Lehrmeister auftritt,nehmen sie Vorschläge dankendan.“ Stephanie Heubach, seinejunge Assistentin, sieht das ähnlich:„Ich empfinde den Umgangmit Herrn Papadopoulos als sehrangenehm. Durch seine Erfahrunghat er mehr Entscheidungsfreudeals andere, er gehtdie Dinge viel strategischer an.“Auch Personalfrau Loidl hältdas Experiment für gelungen.„Die Effizienz hat sich deutlichverbessert. Die jungen Leutekommen mit den Erfahrungsträgernzusammen und profitierenvon ihnen. Zudem brauchenwir für unsere neuenMärkte wie Asien oder Amerikaeinfach Leute mit Erfahrung.“Solche wie Martin Kuhlenkamp.Der neue Leiter des Einkaufsbei Brose ist 46 Jahre altund hat unter anderem fünf Jahrein einem japanischen Unternehmengearbeitet. „Man musssich in den Märkten auskennen,die Mentalität begreifen. Geradein Asien braucht man viel Erfahrung,die die jungen Leute einfachnoch nicht haben können.“Wenn in Japan z<strong>um</strong> Beispieljemand „ja“ sage, hieße das nur,dass er verstanden hat – abernoch lange nicht, dass er aucheinverstanden ist. Kuhlenkamp:„So was muss man halt wissen,das steht in keinem BWL-Buch.“Vielleicht macht das Beispielvon Brose also mal Schule. HerrPapadopoulos jedenfalls fragtsich schon lange: „War<strong>um</strong> kommendenn die anderen Unternehmennicht auf so eine Idee?“Dass es älteren Mitarbeiternwie ihm nicht an Dynamik undSchnelligkeit mangelt, das kanner bei Bedarf gerne unter Beweisstellen. Nächstes Mal, im Treppenhaus.Alex CohrsFotos: Alfred Harder, I. Barenschee (1), Werk (1)Gehört,gesagt & gelesenOffener Le MansDie Kollegen von AUTOEXPRESS haben das nächsteAudi-Geheimnis gelüftet: Aufder Tokyo Motor Show in diesemMonat zeigen die Ingolstädterdie Cabrio-Version ihresIAA-Stars Le Mans. Insidersind sich sicher, dass deroffene Renner bereits kurznach dem Le Mans Coupé inSerie gehen wird. Zudem zeigeer technische Lösungendes Lamborghini Gallardo Cabriolets,das 2004 erscheint.Europa-PreiseOpel plant, die Nettopreise fürden neuen Astra europaweitzu harmonisieren, schreibt dieAutomobilwoche. Künftigwerde die Preisdifferenz lautOpel bei nur fünf bis siebenProzent liegen.NamenswechselJetzt kommt es ganz dicke fürDaewoo. Die neue Mutter GMwill Daewoo-Fahrzeuge demnächstals Chevrolets verkaufen.Der Namenswechselbeginnt zunächst in ZentralundOsteuropa, Westeuropakönnte laut AutomotiveNews später folgen.Nettes GeschenkWie wäre es mit einer DodgeTomahawk (Foto) untermTannenba<strong>um</strong>? Kein Problem.DaimlerChrysler verkauftüber das edle US-VersandhausNeiman Marcus zuWeihnachten einen Nachbauder 500 PS starken Detroit-Studie. Nur z<strong>um</strong> Angucken,nicht z<strong>um</strong> Fahren. Insgesamtsollen neun Stück z<strong>um</strong> Preisvon 555 000 Dollar gebautwerden. Gefunden im InternetStarkes StückWer sich jetzt einen PorscheCayenne kaufen will, sollte liebernoch warten. Denn vomRange Rover ist ein „RangeSport“ in Planung. Das Topmodellsoll den 459-PS-V12vom Aston Martin Vanquisherhalten. Gehört in England10. Oktober 2003 • Nr. 41 | AUTO BILD 19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!