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Mischintoxikationen sind erkennbar - Dr. Tino Merz

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Arzt und Umwelt 10,4/97 UMWELTMEDIZINISCHE PRAXIS 313Thema verfügbaren Studien im Zusammenhang.Ergebnis ist, daß dringend eine groß angelegte Studieerforderlich ist, um Ausmaß, nähere Umstände,Dauerhaftigkeit und Schwere von chronischen Gesundheitseffektengenauer zu ermitteln. Dabei gehtes um chronische „neurobehavioral" Effekte, Polyneuropathien,MGS sowie Atemwegserkrankungenund Asthma. Dabei zeigen die Daten der AmericanAssociation of Poison Control Centers (AAPCC) eineso starke Verbreitung, daß mit 80%iger WahrscheinlichkeitErkrankungen bei mehr als 1% der Allgemeinbevölkerungbefürchtet werden müssen. So<strong>sind</strong> 23 355 akute Fälle, validiert durch das ToxicExposure Surveyance System, als Grundlage in dieStudie eingeflossen. Bei 10% der Fälle handelt essich um <strong>Mischintoxikationen</strong>. 85% der beruflichenFälle und 75% der nichtberuflichen Fälle entwickeltenSymptome (genauere Darstellung wird zu einemspäteren Zeitpunkt veröffentlicht). Zur Fragechronischer Vergiftung existieren dieFallsammlung der National Pesticide TelecommunicationNetwork (N = 163) und der EPA selbst (N =101). Danach handelt es sich um- neurobehavioral Effekte • bei 38% der Fälle- Polyneuropathien bei 4% der Fälle- MCS bei 59% der FälleDer Begriff „neurobehavioral" Effekte wurde bishernicht übersetzt, weil es dafür keinen deutschen Ausdruck gibt. Dies liegt daran, daß die entsprechendenneurologischen Tests hier nicht bekannt <strong>sind</strong>. Eshandelt es sich dabei um die sehr genaue Feststellung von Leistungsminderung wie Reduktion derAugenaktivität, permanentes Kopfweh, Muskelschwäche, Lethargie, Schläfrigkeit, Verminderungdes Kurzzeitgedächtnisses, Konzentrationsschwäche, Konfusion, Verminderung der intellektuellenLeistungsfähigkeit, gegebenenfalls auch Depressionund Verwirrtheit.Obiges Ergebnis wird gestützt durch sehr eingehenduntersuchte Einzelfälle, 4l an der Zahl. Bei diesendominiert absolut die Diagnose MCS. Sie wird vertiefendgestützt durch Studien mit jeweils 16, 56,600, 114 und 236 Einzelfällen.Schließlich werden noch 4 Kontrollstudien mit demVermerk „epidemiologische Studien hoher Qualität"angeführt, in denen 100, 36, 128 und 146 Fälleuntersucht wurden mit einer jeweils äquivalentenAnzahl von Mitgliedern der Kontrollgruppen.Vertiefende klinische, neuroendokrine und immunologischeUntersuchungen zu diesen neurobehaviorischenEffekten haben Neurologen von der UniversitätGlasgow (BEHAN 1996) vorgelegt. Sie stellenfest, daß ein solches neurobehaviorisches Syndromfür die Exposition mit Organophophaten existiert.Auf der Grundlage eigener vertiefter Auseinandersetzungmit dem CFS-Syndrom stellt der Autor darüberhinaus fest, daß bezüglich der Exposition mitOrganophosphaten das neurobehaviorische Syn-drom klinisch mit CFS identisch ist. Der neuesteBericht dieser Forschergruppe endet damit, daßfestgestellt wird, daß wohl beide Erscheinungen dergleichen Pathogenese unterliegen. Insgesamt kannman wohl schließen, daß Organo-phosphatesowohl MCS als auch CFS erzeugen, wobei dieEntscheidung, welches Krankheitsbild entsteht,nicht vom primären schädigenden Mechanismus(s.u.), sondern von anderen sekundären Einflußgrößenabhängig ist.Golfkriegssyndrom - Überlagerung neurolotoxischerSyndromeMCS ist durchweg unspezifisch, was jene bekannteOdyssee von Facharzt zu Facharzt nachsichzieht.Obwohl im Umweltgutachten des Rates der Sachverständigenfür Umweltfragen 1987 vermerkt ist, daßchronische Vergiftungen unspezifische Symptomeaufweisen, ist dies keineswegs Allgemeingut, „da ...selbst bei statistischer Gewißheit über das Vorkommeneiner Schädigung nur bei sehr gezielten undumfangreichen Untersuchungen eine Chance (besteht),betroffene Individuen zu identifizieren unddamit den eigentlichen Nachweis ... der Schädigungzu führen" (SRU 1987, Ziff. 1253). Derartiger wissenschaftlicherMühen haben sich bisher nur diePatienten selbst unterzogen. In der Universitätsklinikin Dallas, USA, ist diese wissenschaftlicheInnovation für den Fall der Golfkriegsveteranengeleistet worden. Die Ergebnisse wurden imamerikanischen Ärzteblatt (JAMA) veröffentlicht(HALEY et al. 1997a-c).ErkenntnisschritteNach dem Golfkrieg klagten 30 000 Veteranen überSymptome, die von einer „Gruppe führender Neurologen"durch Einzeluntersuchungen nicht zu einer„traditionellen Diagnose" „einer bekannten Erkrankung"zugeordnet werden konnten (alle Zitate ausHALEY 1997, Bundessprachenamt). In einer Langzeituntersuchungmit 249 Veteranen wurden dieSymptome differenziert und in Komponenten aufgegliedert.Durch ein mathematisches Verfahrenließen sich drei primäre und drei sekundäre Syndromefeststellen, die sich beim einzelnen überlagern:1. Kognitionsstörung (Gedächtnis- und Denkstörung,Probleme bei der Planausführung) 2. Ataxie(Störung d. Koordination v. Bewegungsabläufen)3. Arthro-Myo-Neuropathie (Muskel- und Gelenkschmerzen,Muskelschwäche) Die Symptommusterwurden auf bekannte Diagnosen zurückgeführt.„Die Syndrome <strong>sind</strong> Varianten ... der sogenanntendurch phosphororganische Verbindungenhervorgerufenen Polyneuropathie, die durchEinwirkung von Chemikalien verursacht wird, die dieCholinesterase hemmen." (vgl. a. DA 1997). In einerKontrollstudie, als Blindversuch angelegt,

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