Elternzeit heute - Rheinmetall
Elternzeit heute - Rheinmetall
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Foto: Thomas Klink<br />
Das Attribut „exotisch“ haben sie mittlerweile abgelegt, den Status „Pionier“ tragen sie aber allemal nach wie vor: Väter, die – wie hier<br />
Harald Votteler (KS Aluminium-Technologie GmbH – Neckarsulm) mit Tochter Marie – eine zeitlich begrenzte berufliche Auszeit nehmen,<br />
um sich um den eigenen Nachwuchs zu kümmern. Wie das in der Praxis ausschaut, beschreibt „Profil“-Autorin Manuela Schall auf den<br />
folgenden beiden Seiten am Beispiel von sechs Vätern, die in Unternehmen der Kolbenschmidt-Pierburg-Firmengruppe arbeiten.
1<br />
<strong>Elternzeit</strong> <strong>heute</strong> – sechs Väter von KSPG erzählen<br />
Wenn Papi<br />
zwischen Job und<br />
Windeln pendelt . . .<br />
Noch gelten sie als Pioniere in ihren Unternehmen: Männer, die in <strong>Elternzeit</strong> gehen und für ihre Kinder eine<br />
Auszeit vom Job nehmen. Soziologen bezeichnen sie auch als „neue Väter“ – doch was an ihnen ist neu?<br />
Oftmals sind sie Hauptverdiener der Familie, stellen an sich aber auch den Anspruch, aktiv zur Erziehung<br />
ihrer Kinder beizutragen. Kurz: Sie stecken im klassischen – bisher nur Frauen vorbehaltenen – Dilemma<br />
zwischen Familie und Karriere. Hier hilft das Elterngeld: Laut Statistischem Bundesamt wurde im ersten<br />
Quartal 2010 jeder fünfte Antrag auf diese neue Familienleistung von einem Mann gestellt, wobei die große<br />
Mehrheit der Männer nur zwei Monate zu Hause bleibt und diesen Zeitraum zusätzlich zu den zwölf Monaten<br />
<strong>Elternzeit</strong> der Partnerin in Anspruch nimmt. Nach den Ergebnissen jüngster Studien zu den Auswirkun-<br />
Neckarsulm/Neuss. Dies war<br />
auch der Wunsch von Thomas<br />
Jäpel, Leiter Mini Factory im<br />
Werk Hartha der Pierburg Pump<br />
Technology GmbH: Seine Tochter<br />
Tabea wurde im März 2008<br />
geboren, im darauf folgenden<br />
September nahm er den ersten<br />
Monat <strong>Elternzeit</strong>. „Ich wusste,<br />
dass Babys im Alter von etwa<br />
einem halben Jahr nicht mehr ganz so<br />
viel schlafen und habe mich für diesen<br />
Zeitpunkt entschieden, um mehr mit<br />
meiner Tochter anfangen zu können“,<br />
berichtet er. Der zweite <strong>Elternzeit</strong>-Monat<br />
folgte im März 2009, als Tabea ein<br />
Jahr alt war. Zu diesem Zeitpunkt hatte<br />
ihre Mutter, Cornelia Jäpel, begonnen,<br />
halbtags zu arbeiten,<br />
und der Nach-<br />
2<br />
Fotos: Thomas Klink (3), Georg J. Lopada (1) & Lutz Weidler (1)<br />
wuchs sollte erstmals eine Kindertagesstätte<br />
besuchen. „Dadurch, dass<br />
ich zu Hause war, waren wir zeitlich fl exibler<br />
und konnten so unserer Tochter<br />
die Eingewöhnungsphase in der KiTa<br />
erleichtern“, erklärt Jäpel.<br />
Ganz anders sah die Situation bei Lamin<br />
Manneh aus, der <strong>heute</strong> bei Pierburg<br />
in Neuss in der Zollabteilung arbeitet.<br />
Seine <strong>Elternzeit</strong> war überhaupt nicht<br />
geplant, sondern wurde notwendig,<br />
nachdem seine Frau nach der Geburt<br />
des Sohnes Musa Anfang 2008 plötzlich<br />
erkrankte, und seine Unterstützung<br />
zu Hause dringend benötigt wurde.<br />
„Ich war buchstäblich von einem Tag<br />
auf den anderen zu Hause und habe<br />
mich um alles gekümmert: mit den Kindern<br />
gespielt, sie gebadet, gewickelt<br />
und bekocht“, beschreibt<br />
Manneh die Situation. „Zwar<br />
bin ich mit einem weinenden<br />
und einem lachenden Auge in<br />
die <strong>Elternzeit</strong> gegangen<br />
– weinend<br />
deshalb, weil<br />
mir mein Job<br />
viel Spaß<br />
gemacht<br />
hat, und<br />
lachend,<br />
weil ich<br />
mich auf<br />
die Zeit<br />
mit der<br />
Familie<br />
gefreut<br />
h a b e .<br />
A b e r<br />
es war<br />
k e i n e<br />
F r a -<br />
ge, es<br />
musste<br />
sein.“<br />
Notwendig war die <strong>Elternzeit</strong> auch<br />
bei Harald Votteler, der bei der KS Aluminum-Technologie<br />
GmbH in Neckarsulm<br />
in der Prozessplanung tätig ist<br />
und Folgendes schildert: „Meine Lebensgefährtin<br />
konnte als selbständige<br />
Friseurmeisterin nicht ohne weiteres<br />
eine komplette Auszeit nehmen, so<br />
dass wir Mittel und Wege fi nden mussten,<br />
unsere Zeit so aufzuteilen, dass<br />
sie ihren Salon weiterführen konnte.“<br />
Dies sah in der Praxis so aus, dass er<br />
von der Geburt seiner Tochter Marie an<br />
im September 2009 für fünf Monate<br />
ganz zu Hause blieb. Danach arbeitete<br />
er neun Monate lang zwanzig Wochenstunden<br />
in Teilzeit.<br />
„Ich war in dieser Zeit täglich einen<br />
halben Tag lang im Büro und habe vor<br />
allem die Gleitzeitregelung sehr schätzen<br />
gelernt, da sie optimal zur Kinderbetreuung<br />
passt und es erlaubt, auch<br />
mal früher zu gehen oder zu kommen,<br />
je nach Bedarf. Unter den Männern,<br />
die in <strong>Elternzeit</strong> gehen, bin ich offensichtlich<br />
noch ein Exot, was die Dauer<br />
angeht. Die meisten mir bekannten<br />
Väter machen es ein bis zwei Monate<br />
lang“, äußert sich Votteler, der seit Dezember<br />
2010 wieder ganztags seiner<br />
Tätigkeit nachgeht.<br />
Spötter verunglimpfen die <strong>Elternzeit</strong><br />
für Männer gerne als „Wickel-Volontariat“<br />
und kritisieren die vermeintliche<br />
„verlängerte Urlaubszeit“. Fragt<br />
man jedoch genauer nach, sehen die<br />
Erfahrungen der frisch gebackenen<br />
<strong>Elternzeit</strong>ler in der Praxis ganz anders<br />
aus. So berichtet Harald Votteler: „Die<br />
Abläufe mit einem Kleinkind zu Hause<br />
sind anfangs ganz schön ungewohnt,<br />
man muss sich erst einmal in die Vaterrolle<br />
und die neuen Aufgaben hineinfi<br />
nden, und das kann mitunter ganz<br />
schön anstrengend sein“.<br />
Dies bestätigt auch Sascha Eller von<br />
der KS Gleitlager GmbH in St. Leon-<br />
Rot, der nach der Geburt seiner Tochter<br />
Luisa fünf Monate am Stück zu<br />
Hause geblieben ist. „Die Zeit<br />
der Kinderbetreuung war<br />
zwar nicht unmittelbar<br />
mit Stress verbunden,<br />
gen des Elterngeldes verbessert dieses die Bedingungen für junge Familien deutlich: Väter gewinnen an<br />
gemeinsamer Zeit mit ihren Kindern und erfüllen sich damit stärker ihren Wunsch nach einer engagierteren<br />
Vaterschaft. Auch Müttern hilft der neue Trend bei der Aufgabenteilung in der Familie: Wenn ihr Partner sich<br />
für die beiden Vätermonate entscheidet, können sie problemloser wieder in den eigenen Beruf zurückkehren<br />
und stabilisieren so das Familieneinkommen. Trotz dieser positiven Bilanz in Sachen <strong>Elternzeit</strong> und Elterngeld<br />
besagt eine andere Statistik, dass Väter durchschnittlich nur 19 Minuten am Tag mit ihrem Kind verbringen,<br />
wenn es älter als sechs Jahre alt ist. Ist das Kind jünger, betreut Mann es eine ganze Stunde – und<br />
man kann davon ausgehen, dass die meisten Väter durchaus mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen möchten.<br />
aber sie war doch ungewöhnlich und<br />
herausfordernd. Die einzige Phase, in<br />
der man tagsüber einmal durchatmen<br />
konnte, war zum Beispiel die Mittagsschlafszeit<br />
unserer Tochter.“ Der Projektingenieur<br />
im Bereich Industrial<br />
Engineering sieht in der <strong>Elternzeit</strong> im<br />
Übrigen einen Pluspunkt für den Beruf:<br />
„Die Auszeit macht den Kopf frei<br />
und bringt neue Ideen und Motivation<br />
für den Job“, offenbart er, „man weiß<br />
danach auch die Regelmäßigkeit des<br />
Berufslebens mehr zu schätzen.“<br />
„Einfach mal die andere Seite sehen“<br />
wollte auch Thomas Mörke, der<br />
in der Qualitätssicherung im Berliner<br />
Pierburg-Werk arbeitet. Seine Motivation<br />
für eine zweimonatige <strong>Elternzeit</strong><br />
war der Wunsch nach der bewussten<br />
Erfahrung, 24 Stunden am Tag die Betreuungsfunktion<br />
für das eigene Kind<br />
zu übernehmen. „Man bekommt erst<br />
in der <strong>Elternzeit</strong> ein Gefühl dafür, wie<br />
anstrengend es sein kann, rund um die<br />
Uhr für sein Kind da zu sein, aber man<br />
lernt auch eine Menge und baut eine<br />
ganz andere Bindung auf, als wenn<br />
man den Nachwuchs nur nach der Arbeit<br />
sieht“, erzählt er.<br />
So unterschiedlich die Motivationen<br />
oder die Dauer der jeweiligen Vater-<br />
Auszeit auch sein mögen, in einem<br />
Punkt herrscht traute Einigkeit: Alle<br />
Befragten möchten die Erfahrung<br />
nicht (mehr) missen und würden jederzeit<br />
wieder <strong>Elternzeit</strong> beanspruchen.<br />
Lamin Manneh sagt es so: „Die Nähe<br />
zu den Kindern war gerade in der Zeit,<br />
während der ich zu Hause war, unbeschreiblich<br />
intensiv; es war eine sehr,<br />
sehr schöne Erfahrung. Wenn meine<br />
Familie mich braucht, würde ich auf jeden<br />
Fall wieder eine Auszeit nehmen.“<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
Auch Sascha Eller würde jedem Vater<br />
zur <strong>Elternzeit</strong> raten: „Es war absolut<br />
gewinnbringend – ich kann es nur jedem<br />
empfehlen, weil es eine einmalige<br />
Chance ist, die sich nicht wiederholen<br />
lässt.“<br />
Trotz dieser positiven Erfahrungen<br />
muss sich wohl so mancher Vater gegen<br />
gesellschaftliche Vorurteile und<br />
Widerstände behaupten. Viele hegen<br />
die Befürchtung, dass eine aktive Vaterschaft<br />
im Berufsalltag dem eigenen<br />
Image schaden könnte; darüber hinaus<br />
bringt unter Umständen nicht jeder Vorgesetzte<br />
Verständnis dafür auf, dass<br />
ein Mitarbeiter früher gehen muss, weil<br />
ein Kind zu Hause krank ist.<br />
In skandinavischen Ländern ist es<br />
bereits Alltag, dass Väter eine Babypause<br />
einlegen. Aber auch hierzulande<br />
unterstützen viele Unternehmen<br />
die <strong>Elternzeit</strong> für Männer nicht nur,<br />
sondern erkennen auch das Potenzial,<br />
das darin steckt: Ein Mann, der sich<br />
liebevoll um das eigene Kind kümmert<br />
und auf dessen Bedürfnisse eingeht,<br />
entwickelt ganz automatisch seine<br />
sozialen Kompetenzen weiter und steigert<br />
seine Fähigkeit zum Multitasking<br />
auch im Büro oder in der Werkshalle.<br />
Erfolgskriterien einer gelungenen<br />
<strong>Elternzeit</strong> sind nicht zuletzt eine frühzeitige<br />
Planung sowie eine möglichst<br />
offene Kommunikation mit dem jeweiligen<br />
Chef. Dies unterstreicht auch Personalvorstand<br />
Peter Sebastian Krause<br />
von der Kolbenschmidt Pierburg AG:<br />
„Man sollte auf jeden Fall frühzeitig<br />
mit seinen Vorgesetzten sprechen und<br />
sich möglichst eigenständig Gedanken<br />
darüber machen, wie die eigene Arbeit<br />
aufgeteilt werden und man wieder in<br />
den Job einsteigen kann.“<br />
Thomas Mörke möchte die „<strong>Elternzeit</strong>“-Erfahrung mit seiner Tochter Amy nicht<br />
mehr missen: „Man lernt viel und baut eine viel intensivere Bindung auf.“<br />
„Einfach klasse“ fi ndet Luisa Eller es, wenn Vater Sascha mit ihr herumtollt. Für<br />
Eller hat die „Auszeit den Kopf freigemacht“ – auch für neue Motivationen im Job.<br />
Nicht der Barbier von Sevilla, sondern Tabea sorgt mitunter dafür, dass Thomas<br />
Jäpel den Tag mit dem kleinen Wirbelwind auch gut rasiert genießen kann.<br />
Christof Krauthausen hängte seinen Job als Beteiligungscontroller sogar zwei<br />
Jahre an den Nagel, um intensiv Zeit für die Zwillinge Marlene und Tom zu haben.<br />
3
Krause weiter: „Für die praktische<br />
Umsetzung der <strong>Elternzeit</strong> ist es von<br />
Nutzen, die ganze Bandbreite der<br />
Möglichkeiten auszuspielen – von der<br />
Erreichbarkeit per Mobilfunk über das<br />
home offi ce bis hin zur Teilzeitarbeit.<br />
Wir sind als Unternehmen offen für<br />
Mitarbeiter, die in <strong>Elternzeit</strong> gehen<br />
möchten, und gehen davon aus, dass<br />
es künftig auch immer mehr Beschäftigte<br />
geben wird, die diese Möglichkeit<br />
in Anspruch nehmen möchten. Wir<br />
haben die Erfahrung gemacht, dass<br />
eine Unterstützung der Eltern in dieser<br />
Situation sehr oft durch ein noch<br />
größeres Engagement der Mitarbeiter<br />
in betrieblichen Aufgabenstellungen<br />
honoriert wird.“<br />
Einer, der bereits vor der Einführung<br />
des Elterngeldes in <strong>Elternzeit</strong> gegangen<br />
ist, ist Christof Krauthausen. Der<br />
heutige Abteilungsleiter im Bereich<br />
Controlling bei der Pierburg GmbH<br />
(Neuss) hängte 2004 für zwei Jahre<br />
seinen damaligen Job als Beteiligungscontroller<br />
an den Nagel und widmete<br />
sich in Vollzeit den Zwillingen Marlene<br />
und Tom, die im August 2003 zur Welt<br />
gekommen waren. „Meine Frau steckte<br />
damals mitten in der Ausbildung zur<br />
Fachärztin und wollte diese beenden.<br />
Also ist sie im ersten Lebensjahr unserer<br />
Kinder zu Hause geblieben, und<br />
ich habe dann deren Betreuung bis<br />
zum Kindergartenalter übernommen“,<br />
erklärt er.<br />
Bevor Krauthausen in <strong>Elternzeit</strong> gegangen<br />
war, hatte man ihm bereits eine<br />
Stelle als Abteilungsleiter angeboten.<br />
Diese hatte er jedoch abgelehnt, weil<br />
seine Frau schwanger war und er bereits<br />
die Auszeit im Visier hatte. „Nach<br />
meiner Rückkehr arbeitete ich zunächst<br />
im Bereich Produkterfolgsrechnung.<br />
Durch die Neustrukturierung des<br />
Unternehmens im Zuge der Gründung<br />
der Pierburg Pump Technology GmbH<br />
hat sich aber erneut die Möglichkeit einer<br />
Abteilungsleitung ergeben, die ich<br />
dann im Juli 2008 auch gerne ergriffen<br />
habe“, verdeutlicht Krauthausen und<br />
schmunzelt: „Damals war ich ein Pionier,<br />
und viele Kollegen waren überrascht,<br />
um nicht zu sagen geschockt –<br />
<strong>heute</strong> ist, bedingt durch das Elterngeld,<br />
die Hemmschwelle doch deutlich geringer,<br />
als Mann in <strong>Elternzeit</strong> zu gehen.“<br />
Auch für Thomas Jäpel ging es nach<br />
der <strong>Elternzeit</strong> auf der Karriereleiter<br />
nach oben. „Als ich den ersten Monat<br />
genommen habe, war ich noch in der<br />
Arbeitsvorbereitung der Kühlmittelpumpen-Fertigung<br />
im Harthaer Werk<br />
der Pierburg Pump Technology tätig.<br />
Kurz nachdem ich zurückgekehrt war,<br />
wurde ich Leiter der Mini Factory für die<br />
Herstellung der Wasserumwälzpumpe<br />
und hatte damit etwa einhundert Mitarbeiter<br />
unter mir. Diese Position hatte<br />
ich auch noch inne, als ich ein halbes<br />
Jahr später zum zweiten Mal für einen<br />
Monat in <strong>Elternzeit</strong> gegangen bin“, berichtet<br />
er.<br />
Um einen reibungslosen Ablauf zu<br />
gewährleisten, nutzte der junge Vater<br />
die Zeit, in der seine Tochter in der<br />
Kindertagesstätte war, um immer mal<br />
wieder im Werk vorbeizuschauen, Unterschriften<br />
zu leisten und wichtige<br />
Angelegenheiten persönlich zu klären.<br />
Außerdem war er per home offi ce und<br />
auf dem Handy erreichbar. „Meine Kollegen<br />
haben auf meine Ankündigung,<br />
in <strong>Elternzeit</strong> zu gehen, ausgesprochen<br />
positiv reagiert. Und die Leiter der<br />
anderen beiden Mini Factories haben<br />
sich bereit erklärt, im Notfall ein Auge<br />
auf meinen Bereich zu werfen, so dass<br />
trotz meiner Abwesenheit alles geklappt<br />
hat“, resümiert Jäpel.<br />
Hilfreich eingesprungen waren auch<br />
die Kollegen von Thomas Mörke im<br />
Lamin Manneh, der in der Zollabteilung der Pierburg GmbH im rheinischen Neuss<br />
arbeitet, nahm die <strong>Elternzeit</strong> in Anspruch, weil seine Gattin plötzlich krank geworden<br />
war: „Die Nähe zu den Kindern war gerade in der Zeit, während der ich zu<br />
Hause war, unbeschreiblich intensiv; es war eine sehr, sehr schöne Erfahrung.“<br />
Berliner Pierburg-Werk. Sie haben<br />
seine Aufgaben mit übernommen,<br />
so dass er ohne Übergangsphase<br />
nach zwei Monaten wieder einsteigen<br />
konnte. „Für Notfälle war ich auf dem<br />
Handy erreichbar“, sagt der 34-Jährige,<br />
„aber da meine <strong>Elternzeit</strong> in eine<br />
Phase der Kurzarbeit fi el, war die Arbeitsbelastung<br />
naturgemäß geringer<br />
als sonst.“<br />
Die <strong>Elternzeit</strong> von Sascha Eller fi el<br />
ebenfalls in eine Kurzarbeitsphase<br />
der KS Gleitlager GmbH; allerdings<br />
arbeitet er als Ingenieur sowieso vor<br />
allem projektbezogen und wurde im<br />
besagten Zeitraum einfach nicht für<br />
anstehende Projekte eingeteilt. „Ich<br />
habe die geplante <strong>Elternzeit</strong> schon<br />
frühzeitig angekündigt, so dass wir<br />
gut planen konnten. Wenn man wie<br />
ich vor allem innerhalb von Projekten<br />
tätig ist, fällt die Arbeitsaufteilung natürlich<br />
leichter, als wenn die Kollegen<br />
das ganze Tagesgeschäft auffangen<br />
müssen“, resümiert Eller.<br />
Manuela Schall<br />
4<br />
msc Neuss/Neckarsulm. Männer in <strong>Elternzeit</strong>: ein spannendes Thema nicht nur für Väter, sondern auch für das<br />
Unternehmen, in dem sie tätig sind. Ziel der Regelungen zur <strong>Elternzeit</strong> ist es, Müttern wie Vätern zu ermöglichen,<br />
sich um ihre Kinder zu kümmern, ohne dabei den Kontakt zu ihrem Beruf zu verlieren. Eine wichtige Rolle spielt<br />
dabei die zunehmende Familienorientierung vor allem von Männern, die die Erweiterung ihrer Familie bewusst<br />
miterleben möchten. Dirk Sobosczyk (42) ist Bereichsleiter Human Resources für Pierburg und Pierburg Pump<br />
Technology und damit unter anderem zuständig für die strategische Ausrichtung des Personalressorts der beiden<br />
Gesellschaften. Im Interview erklärt der gebürtige Berliner, unter welchen Voraussetzungen es in Unternehmen<br />
gelingen kann, die betrieblichen Interessen mit den Erwartungen junger Familien in Einklang zu bringen.<br />
P r o fi l : Viele Kritiker sprachen vom<br />
„Wickel-Volontariat“, als die <strong>Elternzeit</strong><br />
für Männer eingeführt wurde. Zwischenzeitlich<br />
hat eine beträchtliche<br />
Anzahl junger Väter dieses Angebot<br />
angenommen, so dass sich das Bild<br />
von ihnen verändert haben dürfte. Inwiefern<br />
hat sich denn Ihrer Meinung<br />
nach das gesellschaftliche Denken<br />
über <strong>Elternzeit</strong> nehmende Männer<br />
seit Anfang 2008 gewandelt?<br />
Sobosczyk: Zunächst einmal ist die<br />
Inanspruchnahme von <strong>Elternzeit</strong> stark<br />
abhängig vom regionalen Umfeld,<br />
also vom Standort und dem Vorhandensein<br />
klassischer Berufsgruppen.<br />
Je konservativer die Nachbar- und<br />
Kollegenschaft ist, desto weniger gelingt<br />
es, Verständnis für Väter mit <strong>Elternzeit</strong>absichten<br />
zu entwickeln. Eine<br />
gewisse Skepsis dem Thema gegenüber<br />
ist nach wie vor spürbar, und es<br />
wird je nach Individualfall mehr oder<br />
weniger heftig diskutiert. Generell beobachten<br />
wir, dass vor allem jüngere<br />
Mitarbeiter eine höhere Bereitschaft<br />
zur „Vaterzeit“ zeigen und auch das<br />
Fernbleiben ihrer Kollegen eher akzeptieren.<br />
P r o fi l : Aus Unternehmenssicht gesehen:<br />
Welche Konsequenzen ergeben<br />
sich eigentlich, wenn Männer in<br />
<strong>Elternzeit</strong> gehen?<br />
Sobosczyk: Generell ist die <strong>Elternzeit</strong><br />
eine Herausforderung für die Planung<br />
personeller Ressourcen. Kurze<br />
Überbrückungszeiträume, wenn die<br />
<strong>Elternzeit</strong>en nur ein bis wenige Monate<br />
betragen, können Probleme bereiten.<br />
Hier könnte ein fl exibler Einsatz<br />
von Arbeitnehmerüberlassern (Personalleasing<br />
bzw. Leih- oder Zeitarbeit)<br />
angedacht werden. In Bereichen mit<br />
einer entsprechenden Arbeitszeitfl exibilisierung<br />
sind auch zeitlich begrenzte<br />
Vertretungsregelungen denkbar.<br />
P r o fi l : Die Bewältigung dieses Themas<br />
kann auch für das Unternehmen<br />
Vorteile bringen?<br />
Sobosczyk: Natürlich! Gelingt es,<br />
sich den veränderten Bedingungen<br />
anzupassen und ziehen alle Mitarbeiter<br />
vorurteilsfrei am selben Strang,<br />
kann <strong>Elternzeit</strong> für Väter langfristig<br />
die Attraktivität eines Arbeitgebers<br />
steigern und erfolgreicher Bestandteil<br />
bei der Personalakquise werden.<br />
Wer sein Kind<br />
betreuen möchte,<br />
hat Anspruch<br />
auf längstens<br />
drei Jahre <strong>Elternzeit</strong>.<br />
Dabei<br />
können die<br />
Eltern selbst<br />
entscheiden,<br />
wer in <strong>Elternzeit</strong> geht, theoretisch<br />
können sie sie auch gleichzeitig in<br />
Anspruch nehmen. Inzwischen machen<br />
mehr als zwanzig Prozent der<br />
Männer Gebrauch von dieser Regelung.<br />
Sie sind längst keine Exoten<br />
mehr und auf allen Hierarchiestufen<br />
zu fi nden – als Vorgesetzte genauso<br />
wie als Fließband-Arbeiter, egal, ob<br />
im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft.<br />
Das Bundesfamilienministerium<br />
setzt mit der <strong>Elternzeit</strong>- und Elterngeldregelung<br />
auf eine moderne Familienpolitik,<br />
die die veränderten<br />
Lebensumstände junger Familien berücksichtigt<br />
und deren wirtschaftliche<br />
Selbständigkeit stärkt. Als maßgeblich<br />
für den Erfolg dieser Politik<br />
wird der familienpolitische Dreiklang<br />
Ausgewogene Vertretungsreglungen,<br />
durchdachte Nachfolgepläne über<br />
alle Mitarbeiterebenen und standardisierte<br />
Abläufe zur schnelleren<br />
Wiedereingewöhnung werden sicher<br />
weiter an Bedeutung gewinnen. Letztendlich<br />
muss auch das Verständnis<br />
bei der Belegschaft vergrößert werden.<br />
Wichtig ist, dass vor allem der<br />
Wiedereinstieg reibungslos gelingt<br />
und das Selbstverständnis langfristig<br />
wachsen kann.<br />
P r o fi l : Was wünschen Sie sich denn<br />
von den Männern, die <strong>Elternzeit</strong> in<br />
Anspruch nehmen möchten?<br />
Sobosczyk: Es ist unabdingbar,<br />
dass der jeweilige Mitarbeiter eigene<br />
Vorschläge für die Überbrückungsphase<br />
einbringt. Notwendig ist auch<br />
die Bereitschaft, sich während der<br />
Auszeit für die Fortschritte und Entwicklungen<br />
im eigenen Metier zu<br />
interessieren und gegebenenfalls<br />
aus fi nanzieller Förderung, verbesserter<br />
Infrastruktur und mehr Zeit erachtet.<br />
Dabei gilt die Einführung des<br />
Elterngeldes als Meilenstein.<br />
★ Elterngeld: Bei der <strong>Elternzeit</strong><br />
hilft das 2007 eingeführte Elterngeld<br />
vom Staat; es fängt einen Einkommenswegfall<br />
nach der Geburt des<br />
Kindes auf und steht allen Müttern<br />
und Vätern zu, die einen Wohnsitz<br />
Väter keine<br />
Exoten mehr<br />
in Deutschland haben und mit ihrem<br />
Kind in einem Haushalt leben. Grundsätzlich<br />
beträgt das Elterngeld 67<br />
Prozent des bisherigen monatlichen<br />
Durchschnitts-Nettogehaltes, wobei<br />
mindestens 300 und höchstens 1800<br />
� ausbezahlt werden.<br />
★ Bezugszeiträume: Die Leistung<br />
kann maximal 14 Monate bezogen<br />
werden – die Eltern können jedoch<br />
die Bezugszeiträume frei unter sich<br />
aufteilen, wobei ein Elternteil min-<br />
eigenständig weiter zu lernen. Abgesehen<br />
davon muss ein gewisses<br />
Verständnis dafür aufgebracht werden,<br />
dass das Realisieren der <strong>Elternzeit</strong><br />
in der betrieblichen Praxis unter<br />
Umständen nur dann gelingen kann,<br />
wenn im Anschluss daran nicht mehr<br />
derselbe, sondern ein vergleichbarer<br />
Arbeitsplatz angenommen wird.<br />
Was die zeitliche Planung – vor allem<br />
von kürzeren <strong>Elternzeit</strong>en – angeht,<br />
ist es hilfreich, betriebliche Belange<br />
und die persönlichen Anliegen der<br />
Kollegen zu berücksichtigen. Manchmal<br />
freut sich auch der Vorgesetzte,<br />
der viel Mühe und Zeit aufbringt, um<br />
Mitarbeiterwünsche und betriebliche<br />
Erfordernisse in Einklang zu bringen,<br />
über ein kleines Dankeschön (lacht).<br />
P r o fi l : Und wie sieht der ideale Wiedereinstieg<br />
nach der <strong>Elternzeit</strong> aus?<br />
Sobosczyk: Hier sind möglichst<br />
kurze Übergabephasen sowie eine<br />
„Profi l“-Interview mit Dirk Sobosczyk, Bereichsleiter Human Resources<br />
Angebot zur „Vaterzeit“ kann ein<br />
Unternehmen attraktiver machen<br />
hohe Motivation zur Weitergabe von<br />
Detailwissen vonnöten. Ohne Integrationsfähigkeit<br />
in ein Team und<br />
bei unzureichenden sozialen Kompetenzen<br />
sind sowohl eine Vertretung<br />
desjenigen, der in <strong>Elternzeit</strong> geht, als<br />
auch der Wiedereinstieg nach der <strong>Elternzeit</strong><br />
in allen Fällen nur mühevoll<br />
umsetzbar.<br />
P r o fi l : Was meinen Sie: Wie wird<br />
sich das Thema „Väter in der <strong>Elternzeit</strong>“<br />
künftig entwickeln? Wo stehen<br />
wir damit zum Beispiel in zehn Jahren?<br />
Sobosczyk: Je stabiler die wirtschaftliche<br />
Situation und je sicherer<br />
der Standort und die Beschäftigungszahlen<br />
sind, desto mehr werden sich<br />
auch Väter um die Erziehung ihrer<br />
Kinder kümmern. Der ausschlaggebende<br />
Punkt wird nach meinem<br />
Empfi nden aber auch dann noch die<br />
eigene fi nanzielle Situation und die<br />
Frage sein: Gibt es zwei gut verdienende<br />
Elternteile oder nur einen?<br />
In zehn Jahren wird ein eventuelles<br />
Kopfschütteln über Männer in der<br />
<strong>Elternzeit</strong> deutlich abgenommen haben.<br />
Väter in <strong>Elternzeit</strong> werden dann<br />
eine Facette des insgesamt vielfältigeren<br />
Arbeitslebens geworden sein.<br />
Womöglich wird man sich dann eher<br />
die Frage stellen, warum es tatsächlich<br />
immer noch Männer gibt, die die<br />
<strong>Elternzeit</strong> nicht nutzen wollen.<br />
destens zwei und höchstens zwölf<br />
Monate für sich in Anspruch nehmen<br />
kann. Zwei weitere, nicht übertragbare<br />
Monate kommen hinzu, wenn sich<br />
der zweite Elternteil an der Kinderbetreuung<br />
beteiligen möchte. In der<br />
Praxis heißt Letzteres, dass zum Beispiel<br />
eine junge Mutter zwölf Monate<br />
Elterngeld beziehen und sich in den<br />
zwei zusätzlichen Monaten der Vater<br />
um das Kind kümmern kann – oder<br />
umgekehrt.<br />
Laut Statistischem Bundesamt haben<br />
im Jahr 2009 rund 86 200 Paare,<br />
bei denen sowohl der Vater als auch<br />
die Mutter im Laufe des Jahres Elterngeld<br />
erhielten, den Elterngeldbezug<br />
beendet. Mehr als die Hälfte dieser<br />
Paare (53%) bezogen die Zuwendung<br />
zeitweise gemeinsam und zwar für<br />
durchschnittlich fast zwei Monate:<br />
Väter nahmen im Durchschnitt Elterngeld<br />
für 2,5 Monate und Mütter<br />
für 11,4 Monate in Anspruch. Nur ein<br />
Prozent der Paare hat das Elterngeld<br />
über den gesamten Zeitraum zeitgleich<br />
in Anspruch genommen und<br />
zwar für durchschnittlich etwas mehr<br />
als sechs Monate. msc