KARDIOTECHNIK Perfusion · Monitoring · Organprotektion
KARDIOTECHNIK Perfusion · Monitoring · Organprotektion
KARDIOTECHNIK Perfusion · Monitoring · Organprotektion
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Journal-<br />
Club<br />
Journal-Club<br />
An evidence-based review of the practice<br />
of cardiopulmonary bypass in adults:<br />
A focus on neurological injury, glycemic<br />
control, hemodilution, and the inflammatory<br />
response.<br />
Shann, K. G., et al.<br />
J Thorac Cardiovasc Surg 2006;<br />
132: 283–290<br />
Unsere täglichen klinischen Entscheidungen<br />
während der extrakorporalen Zirkulation<br />
werden durch eine zunehmende Informationsvielfalt,<br />
ein sich veränderndes<br />
Patientengut, steigende Patientenansprüche<br />
und nicht zuletzt durch einen erhöhten<br />
Kostendruck massiv beeinflusst. Innovative<br />
Produkte und Verfahren stellen uns<br />
vor die Qual der Wahl. Auch wenn tradierte<br />
Verfahren und neue Möglichkeiten der<br />
EKZ sicher und durchführbar sind, sollte<br />
sich der Anwender einer kritischen Überprüfung<br />
nicht entziehen.<br />
Im vorliegenden Artikel haben Kliniker,<br />
Epidemiologen und vor allen Dingen Kardiotechniker<br />
aus Nordamerika und Australien<br />
eine evidenzbasierte Übersichtsarbeit<br />
zur Anwendung der extrakorporalen Zirkulation<br />
(EKZ) bei Erwachsenen erstellt, die<br />
unsere klinische Praxis unterstützen und<br />
die Patientenversorgung verbessern soll.<br />
Einer deutschen systematischen Überprüfung<br />
von 2001, die den aktuellen Wissensstand<br />
zur Anwendung der extrakorporalen<br />
Zirkulation kritisch überprüfte, konnten<br />
die Autoren kaum eine wissenschaftliche<br />
Basis im Sinne von evidenzbasierten Kriterien<br />
attestieren. [1]<br />
Die Autoren dieser jüngeren Arbeit gaben<br />
zu folgenden klinisch relevanten Themen<br />
deutlichere Empfehlungen: Sie untersuchten<br />
die Neuroprotektion bezüglich des<br />
pH-Managements, der zerebralen Hyperthermie,<br />
der Kardiotomiesaugung, der Inspektion<br />
der Aorta und in Bezug auf die Verwendung<br />
eines arteriellen Filters. Weiterhin<br />
bewerteten sie das intraoperative Glukosemanagement,<br />
die Modifikation extrakorporaler<br />
Systeme und die Verminderung der inflammatorischen<br />
Reaktion durch die EKZ.<br />
Sie kamen zu folgenden Ergebnissen: Ausschließlich<br />
bei dem α-stat-Management bei<br />
Erwachsenen, der Verwendung eines arteriellen<br />
Filters und bei der Verminderung der<br />
Kardiotomiesaugung besteht durch mehrere<br />
randomisierte Studien Evidenz zur klinischen<br />
Anwendung. Auch wenn die Inspektion<br />
der Aorta zur Verminderung zerebraler<br />
Embolien evidenzbasiert ist, kann eine Reduktion<br />
der zerebralen Embolielast noch<br />
nicht ausreichend bewertet werden. Die<br />
Vermeidung einer zerebralen Hyperthermie<br />
> 37 °C ist bisher nur empfehlenswert.<br />
Die Erhaltung einer Euglykämie während<br />
der EKZ zur Verminderung neurologischer<br />
Störungen dagegen zeigt einen hohen Evidenzgrad,<br />
der auch für modifizierte EKZ-<br />
Systeme zur Reduktion der Hämodilution<br />
gilt. Eine Oberflächenreduktion der EKZ<br />
kann die systemische Reaktion abschwächen<br />
und das Outcome verbessern; hier<br />
sind aber weitere klinische Studien notwendig.<br />
Bei einer parallel durchgeführten Untersuchung<br />
an 3597 ACVB-Patienten in<br />
Nordamerika stellten die Autoren fest, dass<br />
diese evidenzbasierten Empfehlungen nur<br />
zum Teil in die klinische Praxis umgesetzt<br />
werden. Gerade im Bereich des Glukosemanagements<br />
und der Modifikation von<br />
EKZ-Systemen bestand eine hohe Variation.<br />
[2]<br />
Diese Arbeit zeigt einmal mehr, dass<br />
Produkte und Verfahren bei der EKZ eine<br />
Herausforderung darstellen; dennoch sollten<br />
diese stets kritisch überprüft werden.<br />
Evidenzbasierte Bemühungen verschiedenster<br />
Autoren und Institutionen sind hier<br />
hilfreich für die Praxis – die Umsetzung<br />
dagegen liegt auf der Anwenderseite.<br />
Johannes Gehron, Gießen<br />
LITERATUR<br />
[1] Bartels C, Babin-Ebell J, Boeken U,<br />
Doenst T, Feindt P, Gerdes A et al (Hg.):<br />
Extrakorporale Zirkulation – wissenschaftlich<br />
begründet? Steinkopff, Darmstadt 2001<br />
[2] DioDato CP, Likosky DS, DeFoe GR,<br />
Groom RC, Shann KG, Krumholz CF et al:<br />
Cardiopulmonary bypass recommendations in<br />
adults: the Northern New England experience.<br />
J Extracorp Technol 2008; 40: 16–20.<br />
88 <strong>KARDIOTECHNIK</strong> 3/2008