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GSoA-Zitig September 2006 Nr. 127Informationen und Anregungen der <strong>Gruppe</strong> für <strong>eine</strong> <strong>Schweiz</strong> <strong>ohne</strong> Armee GSoADa muss ich zuerstm<strong>eine</strong>n Mann fragen.Muss ich bezahlen,wenn ich unterschreibe?Ich würde unterschreiben,habeaber k<strong>eine</strong> Wohnadresse.Gegen die Waffenlobby?Sofort!Von der GSoA?Da unterschreibeich sicher nicht!Ich wollte schon langeunterschreiben!Bin <strong>im</strong> Stress!Da unterschreibeich sofort!Wenn Initiativen etwasverändern könnten,wären sie schon längstverboten.Inhaltlich bin ich EurerMeinung, habe jetzt aber k<strong>eine</strong>Lust zu unterschreiben.Jetzt nicht!Die Politikermachen sowiesowas sie wollen.Für Eure Initiativeist es höchste Zeit!K<strong>eine</strong> Zeit!Was, die <strong>Schweiz</strong>exportiert Kriegsmaterial?Bürgerliche Demokratiebringtsowieso nichts.Ich unterschreibeauf der Strasse grundsätzlichnichtsPanzersind geil.Ich unterschreibenur Initiativen gegenReligionen.Ich bin für Krieg.Dankefür eurenEinsatz!Darf ich nochweitere Bögenmitnehmen?Sollen die Ausländer sichdoch gegenseitig erschiessen.Dann kommen sie nicht indie <strong>Schweiz</strong>.Wenn alle 17’000 AbonnentInnen fünf Bekannte zurUnterschrift motivieren könnten, wären wir bereits am Ziel!Bezug von Unterschriftenbogen siehe letzte Seite oderwww.kriegsmaterial.ch. Sammelwettbewerb auf Seite 2.Herzlichen Dank für die Unterstützung.


2GSOAKTIVGSoA-Zitig September 2006 Nr. 127EditorialLiebe Leserin, lieber Leser der GSoA-Zitig,Die Sommermonate wurden überschattet vom Krieg <strong>im</strong> Nahen Osten.Viel wurdegeschrieben und gesendet über die Vorgänge <strong>im</strong> Libanon, in Israel und in Palästina. DieGSoA organisierte in Bern <strong>eine</strong> erfolgreiche Demonstration, bei der über 4’000 Personenihren Unmut über die Kriegshandlungen <strong>im</strong> Nahen Osten und die Politik desBundesrates auf die Strasse trugen.Auf den Seiten 8 und 9 dieser <strong>Zeitung</strong> berichten wir über die St<strong>im</strong>mung in Syrienund die Situation jüdischer FriedensaktivistInnen in der <strong>Schweiz</strong>. Daniela Fariba Vorburgerund Jochi Weil nehmen in <strong>eine</strong>m ausführlichen Interview Stellung. Auch dieFrage nach der Bedeutung der <strong>Schweiz</strong>er Neutralität möchten wir in dieser <strong>Zeitung</strong>aufwerfen.Die Unterschriftensammlung für die Initiative für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten läuft auf Hochtouren. Bereits sind rund 30’000 Unterschriften beisammen.Herzlichen Dank an alle die dazu beigetragen haben! Weitere Informationen zu denMöglichkeiten der Unterstützung finden sich auf der Schlussseite dieser <strong>Zeitung</strong>.Dass die Initiative dringender ist denn je, zeigt sich auch an vielen unverständlichenpolitischen Entscheidungen, die in letzter Zeit getroffen wurden. Das BürgerkriegslandTschad bekommt ein Pilatus-Flugzeug, die Vereinigten Arabischen Emiratedürfen wieder <strong>Schweiz</strong>er Waffen kaufen, die Rüstungszusammenarbeit mit Israelwurde trotz des Krieges nicht eingestellt. Die Hintergrundinformationen zu diesenGeschäften befinden sich auf den Seiten 3 bis 5.Die Armee plant die Einführung obligatorischer Auslands-WKs und die Abschaffungdes zwingenden UNO-Mandates für Auslandeinsätze. Diese geplanten Neuerungensind auf Seite 6 ebenso ein Thema wie die gefährliche Tradition der Aufbewahrungder Dienstwaffen <strong>im</strong> Besenschrank.Die gigantomanischen Beschaffungspläne der Armee werden auf Seite 7 behandelt.Schliesslich gibt es auch noch ein Jubiläum zu feiern. Auf Seite 11 werden 10 JahreZivildienst gewürdigt.Wir wünschen <strong>eine</strong> informative, anregende und unterhaltsame Lektüre.Für das Redaktionsteam: Felix BirchlerSAMMELWETTBEWERBUnterschriften-SammlerInnen aufgepasst!Ab sofort könnt ihr mit ein bisschenAusdauer sogar etwas gewinnen!Wir starten <strong>eine</strong>n herbstlichen Sammelwettbewerbmit verschiedenen Kategorienund Preisen:Kategorie 1: «Wohnblock»Wer sammelt die meisten Unterschriftenin <strong>eine</strong>m Wohnblock (<strong>eine</strong> Hausnummer)?Preis: 1 Beflaggung des Blocks mit Pace-FahnenKategorie 2: «Sternzeichen»Wer füllt <strong>eine</strong>n Bogen mit Unterschriftenvon Personen (alle wohnhaft in derselbenGemeinde) mit dem gleichen Sternzeichen?Preis: 1 Spezial-T-ShirtKategorie 3: «Gemeinde»Wer schafft es, den höchsten Prozentsatz anSt<strong>im</strong>mbürgerInnen s<strong>eine</strong>r Gemeinde zumUnterschreiben zu bringen?Preis: 1 Nachtessen für 4 Personen in derDorfbeizKategorie 4: «Quantität»Wer sammelt die meisten Unterschriften bisEnde Oktober?Preis: 1 Führung durchs Bundeshaus mitNationalrat Josef Lang + 1 Set GSoA-Material(Fahne,T-Shirt,Taschenmesser)Teilnahmebedingungen: Bitte schickt uns eure Unterschriften,die für <strong>eine</strong>n Wettbewerb gedacht sind, mit demStichwort für den gewünschten Wettbewerb auf derAdresse. Beispiel: GSoA <strong>Schweiz</strong>, „Wohnblock“, Postfach,8031 Zürich.Für die Durchführbarkeit übern<strong>im</strong>mt die GSoA k<strong>eine</strong>Haftung. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Angestellteder GSoA <strong>Schweiz</strong> sind vom Wettbewerb ausgeschlossen.VOLKSINITIATIVEUnterwegs als Sammler«Entschuldigung, haben Sie die Volksinitiativefür ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten schon unterschrieben?» Rund30’000 st<strong>im</strong>mberechtigte <strong>Schweiz</strong>erinnenund <strong>Schweiz</strong>er haben sich in den letztenWochen aufgrund dieser Frage undunserer Argumente dafür entschieden, dieInitiative zu unterstützen. Unterschriftensammeln ist harte Arbeit – aber auchspannende Arbeit.Von Martin Parpan.Es ist Freitag Morgen, Markt in Winterthur.Wie jede Woche zwischen 8.00 und 11.00Uhr treffen sich hier Leute, welche dieMarktromantik dem Supermarktstress vorziehen.Das Wetter ist gut. Ich habe mir in denletzten Wochen angewöhnt, vermehrt auf denWetterbericht zu achten. Regen und Kältesch<strong>eine</strong>n sich bei den meisten Leuten unmittelbarauf ihre St<strong>im</strong>mung auszuwirken.Regen und Kälte heissen: «Lass mich inRuhe, ich will nur nach Hause». Heute ist dieSonne aber auf m<strong>eine</strong>r Seite, ideales Sammelwetter.«Schon unterschrieben?»Der Markt ist um 8.30 Uhr schon gutbesucht und ich stelle der ersten Passantin dieFrage: «Guten Morgen, haben Sie die Volksinitiativefür ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten schon unterschrieben?» Nein, es seiihr auch noch zu früh um zu denken… «Aha,das Hirn darf noch etwas ausschlafen», denkeich mir. Ein älterer Herr mit gr<strong>im</strong>migerMiene kommt auf mich zu. Ich spreche ihnan, obwohl ich ihn insgehe<strong>im</strong> schon derKategorie «Berufsoffizier» zugeteilt habe. S<strong>eine</strong>Miene wird nach m<strong>eine</strong>r Frage fast nochgr<strong>im</strong>miger, s<strong>eine</strong> Antwort überrascht michdeshalb umso mehr. «Ja, ja, ich habe die Nasevoll von dieser Politik mit den Kriegsmaterial-Exporten.Es ist ja nicht auszuhalten,was unsere Regierung da veranstaltet». Erunterschreibt. «Vielleicht hängt s<strong>eine</strong> düstereMiene mit den Kriegsmaterial-Exporten zusammen,sage ich mir.»«Tönt einleuchtend»Eine Frau mit Kinderwagen erscheint, m<strong>eine</strong>Erfahrung sagt: «Gute Chance». Ich erkläreihr kurz um was es geht. «Tönt einleuchtend,da unterschreibe ich». Nun gilt m<strong>eine</strong> Aufmerksamkeit<strong>eine</strong>r Frau, schätzungsweise umdie Vierzig. «Kriegsmaterial-Exporte? WissenSie, Politik ist nicht so m<strong>eine</strong> Sache, da mussich m<strong>eine</strong>n Mann fragen…» Ich unterlasse es,<strong>eine</strong> Diskussion über Emanzipation anzuzetteln.Es nähern sich drei jüngere Männer,so um die 25. «Vielleicht Unterschriften <strong>im</strong>Multipack», denke ich mir. «Gegen Kriegsmaterialexporte?Sicher nicht, Krieg istgeil…». Ich strafe die Truppe mit Missachtung.Nächster Versuch, <strong>eine</strong> Frau, Mitte50. Ihr Akzent lässt mich vermuten, dass sie irgendwoaus der Balkanregion stammen muss.Sie hört mir zu und sagt mit leiser St<strong>im</strong>me:«Es ist gut, was Sie hier tun. Ich komme ausdem ehemaligen Jugoslawien. Furchtbar, wiekönnen Menschen so grausam sein…».Leerer Blick, sie stockt, scheint mit ihrenGedanken in den Kriegserinnerungen gefangen.Ja, sie sei in der Zwischenzeit <strong>Schweiz</strong>erin.Sie glaube zwar nicht, dass es etwasnütze, aber sie unterschreibe.«K<strong>eine</strong> Zeit! »Diese meist spannenden, teils ermutigenden,manchmal aufwühlenden und ab und zu nervigenErfahrungen sollen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sammeln sehr viel mitAusdauer und Stehvermögen zu tun hat.Manchmal kann es auch sehr monoton sein.Vor allem dann, wenn man wieder feststellt,dass «k<strong>eine</strong> Zeit» jenes Wortpaar ist, welchesunsere heutige Zeit wesentlich prägt. Frustrierendsind jene Leute, die mir mit abweisendenHandbewegungen bereits aus fünfMetern Entfernung signalisieren, dass ich gutdaran täte, sie k<strong>eine</strong>sfalls anzusprechen. Immerhinhat sich jener ältere Herr wenigstensmit mir unterhalten, bevor er mir s<strong>eine</strong> Meinungzur GSoA offenbarte: Diese «Zoa», wieer sie nannte, wolle unsere Armee abschaffen.Diese Halunken seien dann auch Schuld,wenn der Islam über uns hereinbreche...Auch hier unterliess ich es zu diskutieren.Schliesslich näherte sich <strong>eine</strong> Frau mit Kinderwagen.Sie unterschrieb und wünschtemir viel Glück.Erklärung von Bern unterstützt Initiative(fb) Die Initiative für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten erhältweiteren Support. Die Erklärung von Bern (EvB) hat sich entschiedendas Anliegen zu unterstützen. Die Auswirkungen vonKriegsmaterial-Exporten in Länder des Südens haben die entwicklungspolitischeOrganisation zu diesem Schitt bewogen.Auch attac schweiz hat sich unter die mittlerweile 35 offiziell unterstützendenOrganisationen gereiht.


3WAFFENEXPORTEGSoA-Zitig September 2006 Nr. 127VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATEWaffenlieferungen trotz Vertragsbruch: Untaugliche Endverbraucher-ErklärungenIm September letzten Jahres wurdebekannt, dass die Vereinigten ArabischenEmirate (VAE) 40 ausgediente Panzerhaubitzender <strong>Schweiz</strong>er Armee, entgegen denVereinbarungen, an Marokkoweitergeliefert hatten. Für den Bundesratist dieser Vertragsbruch jedoch kein Grund,auf Kriegsmaterial-Geschäfte mit demGolfstaat zu verzichten.Von Andreas Cassee.Exportiert die <strong>Schweiz</strong> Kriegsmaterial, solässt sie sich vom Abnehmerland vertraglichzusichern, dass die Waffen nicht weitergeliefertwerden.Will der Käufer das Materialwiederausführen, so muss er dafür in der<strong>Schweiz</strong> <strong>eine</strong> Bewilligung einholen.Theoretischjedenfalls.In der Praxis wird die Einhaltung der so genanntenEndverbraucher-Erklärungen kaumkontrolliert. Und kommt durch Zufall einVertragsbruch ans Licht – wie <strong>im</strong> Falle derEmirate – so sind die Sanktionsmöglichkeitenbeschränkt.Spätestens mit dem Bundesrats-Entscheidvom 28. Juni, nicht einmal ein Jahr nach demVorfall erneut Kriegsmaterial-Exporte in dieVAE zu bewilligen, wurden die Endverbrau-IFASScher-Erklärungen definitiv ad absurdum geführt.Die VAE seien von der falschen Annahmeausgegangen, dass für die Weitergabe der Panzerhaubitzen<strong>eine</strong> formelle Zust<strong>im</strong>mung derUSA als ursprünglicher Herstellerin genügeund <strong>eine</strong> schweizerische Genehmigung nichtnötig sei, begründete das EidgenössischeVolkswirtschaftsdepartement (EVD) den Entscheid.Die VAE hätten sich für den Vorfallentschuldigt, die Sache sei damit erledigt.Seither wurde bereits wieder Kriegsmaterial<strong>im</strong> Wert von über <strong>eine</strong>r Million Franken inden international als Waffendrehscheibe bekanntenGolfstaat exportiert.Mitwisser <strong>im</strong> VBS und bei der RuagDass die Emirate nichts von der <strong>Schweiz</strong>erBewilligungspflicht wussten, scheint indeswenig glaubhaft, wenn man die Vorgeschichtein Betracht zieht: Im Februar 2003 wollten<strong>Schweiz</strong>er Militärs die 40 überzähligen Panzerhaubitzendes Typs M109 direkt nachMarokko verkaufen. Doch da Marokko noch<strong>im</strong>mer die Westsahara besetzt hält und einvertraulicher Bericht des Bundesrats systematischeMenschenrechtsverletzungen feststellte,verweigerte das Staatssekretariat fürWirtschaft die Bewilligung.Zeichen setzen gegen die Rüstungszusammenarbeitmit dem Nahen OstenDie Rüstungszusammenarbeit mit Israelwurde auch während des Krieges <strong>im</strong>Libanon nicht eingestellt. Nun bietet sichdem Parlament die Gelegenheit einZeichen zu setzen gegen diese militärischeKooperation. Von Felix BirchlerEine Mehrheit der <strong>Schweiz</strong>er Bevölkerunglehnt die militärische Kooperation und dieRüstungszusammenarbeit mit Israel und demganzen Nahen Osten ab. Die meisten Bürgerinnenund Bürger wollen den Friedenstatt den Krieg fördern und gegen die laufendenVerletzungen des Völkerrechtes sowieder Menschenrechte ein Zeichen setzen.Ganz anders der Bundesrat, der auch währenddes Libanon-Krieges nicht auf <strong>eine</strong>militärische Zusammenarbeit mit Israel verzichtenwollte. Er begründete dies mit derseltsamen Erklärung, dass <strong>im</strong> Libanon ja garkein zwischenstaatlicher Krieg <strong>im</strong> eigentlichenSinne <strong>im</strong> Gange sei.IFASS-Kauf umstrittenIn der Herbstsession in Fl<strong>im</strong>s bietet sich nundem <strong>Schweiz</strong>er Parlament <strong>eine</strong> Gelegenheitdie militärische Kooperation <strong>ohne</strong> Skrupelaufzuhalten. In der Immobilienbotschaft desVBS sind unter anderem auch zwei Kreditefür Installationsbauten für das IntegrierteFunkaufklärungs- und Sendesystem IFASSvorgesehen. Der Kauf von IFASS, zum Preisvon 400 Millionen Franken wurde <strong>im</strong> letztenDezember <strong>im</strong> Rahmen des Rüstungsprogrammes2005 beschlossen. Bereits damalswurden aussen- und sicherheitspolitische Bedenkenüber diesen Kauf geäussert, stammtdoch ein Grossteil der Einkäufe aus israelischerProduktion (Israeli Aircraft Industries).Der Kauf wurde unter dem Eindruck derpositiven Entwicklungen der Beziehungen<strong>im</strong> Nahen Osten jedoch gutgeheissen.Dramatische Verschl<strong>im</strong>merung der LageDie Lage <strong>im</strong> Nahen Osten hat sich seitherdramatisch verändert. Wir alle haben dieBilder aus dem Libanon und aus Israel gesehenund mussten zum Schluss kommen: Esherrscht Krieg. In dieser Situation bietet sichunseren ParlamentarierInnen die Gelegenheitdie Beschaffung von IFASS noch einmal zuüberdenken. Die Ablehnung der zwei Kreditanträgeaus dem VBS wäre ein deutlichesZeichen. Die Beschaffung von IFASS müssteerneut diskutiert werden, und es wäre zuhoffen, dass nach den Kriegsbildern aus demNahen Osten die Frage nach militärischerZusammenarbeit mit Ländern aus dieserRegion neu beurteilt würde.Zeichen setzenDas aus der Demonstration vom 29. Juli inBern hervorgegangene Anti-Kriegsbündnishat <strong>eine</strong>n Appell an alle Parlamentarierinnenund Parlamentarier gerichtet, sich gegendiese beiden Beschaffungskredite für IFASSauszusprechen. Dies wäre zumindest <strong>eine</strong>rstes Zeichen gegen die Rüstungszusammenarbeitmit dem Nahen Osten. Ein Zeichenaus der Politik, auf das weite Teile derBevölkerung schon lange warten.Einen Monat später kam dann der Kaufvertragmit den VAE zustande. Im Juni 2003fragten die Emirate offiziell be<strong>im</strong> VBS nach,ob die Panzerhaubitzen auch direkt nachMarokko ausgeliefert werden könnten. DasVBS verneinte mit Verweis auf die Endverbraucher-Erklärung.Spätestens zu diesemZeitpunkt wussten die Verantwortlichen <strong>im</strong>Departement Schmid, dass die Emirate <strong>im</strong>Begriff waren, die vertraglichen Best<strong>im</strong>mungenzu verletzen – und zwar bewusst,nicht etwa in Unkenntnis der Bewilligungspflicht.Dennoch unterliessen sie es, daszuständige Staatssekretariat für Wirtschaft zuinformieren.Auch bei der bundeseigenen RüstungsfirmaRuag, welche die Panzerhaubitzen vor derAusfuhr nach marokkanischen Farbwünschenumspritzte, wusste man offenbar überdie wirkliche Destination der HaubitzenBescheid. Der Vorfall werde untersucht, so dasEVD in <strong>eine</strong>r Medienmitteilung. Kein Grundzur Sorge für die Verantwortlichen: DerBundesrat wird sich wohl mit <strong>eine</strong>r einfachenEntschuldigung zufrieden geben…Panzerverschrottung: Happy End – oder doch nicht?(mp) Es war ein Trauerspiel. Im Sommer 2005 gab der Bundesrat grünesLicht für Verkaufsverhandlungen für 550 ausgemusterte M113 Schützenpanzer.Die Kundschaft: Irak und Pakistan. Der Deal schien gar manchembürgerlichen Politiker etwas heikel. Der Bundesrat lamentierte und verstiegsich zum Argument, dass die Panzer, da für Uno-Missionen und irakischeSicherheitskräfte vorgesehen, <strong>eine</strong>n Beitrag zum Frieden leistenkönnten… Finanzielle Überlegungen ständen da nicht <strong>im</strong> Vordergrund.Dem massiven öffentlichen Druck, besonders vonseiten der GSoA, ist eszu verdanken, dass die Panzer nun doch verschrottet werden. Happy End<strong>eine</strong>s Trauerspiels. Oder doch nicht ganz? SVP-Hardliner Roland Borerist in der Zwischenzeit auf den Plan getreten und fordert <strong>eine</strong>n neuenAnlauf bezüglich Verkaufsanstrengungen. Gerne würden wir von HerrnBorer erfahren, welcher ausländischen Armee er am liebsten die Möglichkeitgeben würde, die <strong>Schweiz</strong> mit den <strong>Schweiz</strong>er Panzern zu bedrohen…Amnesty: Vorsätzliche Zerstörung ziviler Infrastruktur <strong>im</strong> Libanon(ac) In <strong>eine</strong>m am 23. August erschienen Bericht übt Amnesty Internationalmassive Kritik an der israelischen Kriegsführung <strong>im</strong> Libanon: «Die Zerstörungvon Tausenden von Häusern und die zahllosen Bombenangriffeauf Brücken und Strassen sowie auf Wasserwerke und Öllager waren einfester Bestandteil der israelischen Militärstrategie <strong>im</strong> Libanon und nicht‹Kollateralschäden› bei der gesetzeskonformen Bekämpfung militärischerZiele», fasst Amnesty die Ergebnisse der Untersuchungen vor Ort zusammen.Die Angriffe auf die zivile Infrastruktur des Libanon seien somit alsKriegsverbrechen zu werten.Die israelische Armee setzte bei ihren Angriffen auch Clusterbomben ein.Viele dieser Bombe explodieren nicht wie vorgesehen und bleiben dannals todbringende Minen auch in bewohnten Regionen liegen (siehe auchden Kasten auf Seite 5).Laut UNO-Entminungsspezialisten sind viele der <strong>im</strong> Libanon liegen gebliebenenClusterbomben Fabrikate des Typs «M85». Dieser wurde sehrwahrscheinlich ab Ende der 80er Jahre <strong>im</strong> Rahmen <strong>eine</strong>s Gemeinschaftsprojektesdes israelischen Rüstungsunternehmens Israeli MilitaryIndustries (IMI) und <strong>eine</strong>s <strong>Schweiz</strong>er Partnerunternehmens (MunitionsfabrikAltdorf, seit 1999 ein Teil der Ruag) entwickelt: In den Jahren 1990und 2000 exportierte die <strong>Schweiz</strong> Teile nach Israel, welche für die Produktionvon Clusterbomben benötigt werden.


4GSoA-Zitig September 2006 Nr. 127TSCHADBürgerkrieg, Armut, Korruption… und PilatusDer Bundesrat sorgte für Aufsehen mits<strong>eine</strong>r Exportbewilligung für <strong>eine</strong> PilatusPC-9-Maschine in den Tschad. DasFlugzeug wurde mittlerweile ausgeliefert.Zeit, <strong>eine</strong>n Blick in das Kriegsland Tschadzu werfen. Von Felix BirchlerEin Grossteil der Skepsis gegenüber der Initiativefür ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten beruht auf <strong>eine</strong>m Irrtum. Die aktuelleGesetzeslage sei doch ausreichend, wirdargumentiert. Die <strong>Schweiz</strong> dürfe ja k<strong>eine</strong>Waffen in Länder exportieren in denen Kriegherrscht. Die traurige Wahrheit ist: sie darf esnicht nur, sie tut es auch.Die gesetzliche LagePilatus nennt ihre PC-9 beschönigend ein«Trainingsflugzeug». Laut Art.3 des Güterkontrollgesetzesgilt die Maschine deshalbnicht als Kriegsmaterial, sondern als «besonderesmilitärisches Gut». Dies bedeutet zunächsteinmal, dass der Export <strong>eine</strong>s solchenApparates bewilligt werden muss. Doch wer<strong>im</strong> Güterkontrollgesetz nach Hinweisensucht, in welchen Fällen denn ein Export vonbesonderen militärischen Gütern verweigertwerden kann, reibt sich verwundert die Augen.Die Tatsache, dass in <strong>eine</strong>m Staat Kriegherrscht, bedeutet noch lange nicht, dass dieserk<strong>eine</strong> Flugzeuge mehr aus der <strong>Schweiz</strong><strong>im</strong>portieren darf.Die Lage <strong>im</strong> TschadDer Tschad gehört zu den ärmsten Ländernder Welt. Auf dem Human Development Indexder UNO n<strong>im</strong>mt er Platz 167 ein (bei177 klassierten Staaten). 80% der Bevölkerungleben unter der Armutsgrenze. Der desaströseZustand des Landes wurde über wei-te Strecken durch das Reg<strong>im</strong>e von MilitärdiktatorIdriss Déby verursacht. Schliesslichgilt der Tschad, laut <strong>eine</strong>r Studie von TransparencyInternational aus dem Jahr 2005, als daskorrupteste Land der Welt. Die Stanser Flugzeugwerkegeschäften also mit dem korruptestenReg<strong>im</strong>e der Welt. Ob sich das die Pilatus-Managerauf ihre Visitenkarten druckenlassen?Seit Anfang dieses Jahres herrscht <strong>im</strong> TschadBürgerkrieg. Mehrere Rebellengruppen sindin verschiedenen Regionen des Landes aktivund haben einzelne Landstriche unter ihreKontrolle gebracht. Im April erreichte <strong>eine</strong>Vorhut der Aufständischen N’Djamena. Erstnach Gefechten mit Hunderten von Totengelang es der herrschenden Militärclique dieKontrolle über die Hauptstadt zu behalten.Die Rebellen zogen sich zurück in die vonihnen kontrollierten Gebiete, wo die Kämpfebis heute andauern.Immer wieder wirft der Tschad s<strong>eine</strong>mNachbarstaat Sudan vor, er beherberge Rebellengruppen.In der Region Darfur würdeden Rebellen Unterschlupf geboten, um dieRegierung Déby zu destabilisieren. Denn ausdem Sudan heraus würden die tschadischenRebellen ihre Angriffe starten.Rebellen <strong>im</strong> VisierHalten wir fest: das korrupteste Reg<strong>im</strong>e derWelt fürchtet sich vor Rebellenangriffen auss<strong>eine</strong>m Nachbarland. Es will mit militärischerGewalt gegen die Aufständischen vorgehen.Und dieses Land hat nun <strong>eine</strong> Maschine bekommen,die problemlos zum Kampfflugzeugaufgerüstet werden kann, wie Pilatus-VerwaltungsratspräsidentOscar J. Schwenk in <strong>eine</strong>m«10vor10»-Bericht bestätigte. «Wenn Tschadden Flieger nachträglich bewaffnen will, so istdas sehr wahrscheinlich möglich», meinte er.Dass es ganz sicher möglich ist, hätteSchwenk wissen müssen. Schliesslich wurdens<strong>eine</strong> Flieger schon von verschiedensten Reg<strong>im</strong>esals Kampfflugzeuge genutzt. Eine sorgfältigeAnalyse der Lage <strong>im</strong> Tschad muss zumSchluss kommen, dass das Reg<strong>im</strong>e von IdrissDéby den Pilatus-Flieger zur Bekämpfungder Rebellenvorstösse aus dem Sudan einsetzenwill. Die Pilatus-Schandkette, die vonBurma, über Guatemala und Chiapas bis zuSaddam Hussein reicht, erhält ein neuesGlied.Pilatus PC-9, nicht nur ein TrainingsflugzeugGeschäftspartnerAuf die Frage des «10vor10»-Journalistennach Folgebestellungen aus dem Tschad antworteteSchwenk: «Als Unternehmer kannich nur sagen: hoffentlich!» Die aktuelle Gesetzeslageerlaubt solche Geschäfte zwischen<strong>eine</strong>m «Unternehmer» und dem korruptestenReg<strong>im</strong>e der Welt. Um den skrupellosenKriegsgewinnlern der Sorte Schwenk dasHandwerk zu legen, braucht es ein klares undeindeutiges Exportverbot für Kriegsmaterialund besondere militärische Güter.PILATUSMehr Querdenker, weniger Skandale, bitte!Pilatus könnte auf Negativschlagzeilen wie<strong>im</strong> Falle des Tschad-Exportes verzichten.Denn unternehmerischen Erfolg, haben dieStanser Werke vor allem mit zivilen Flugzeugen.Von Stephan MartiOb Chiapas, Burma oder Guatemala, Oscar J.Schwenk erlebte sie alle, die Skandale derPilatuswerke. Seit mehr als 20 Jahren stehtSchwenk bei Pilatus in leitender Funktion: ab1994 als geschäftsleitender Direktor, seit 1996zudem als Verwaltungsratsdelegierter. Nunwurde er zum Verwaltungsratspräsidenten gewählt.Die logische Folge <strong>eine</strong>r Hierarchiestrukturder alten Garde. Weder die WahlSchwenks, noch die Pressemeldungen darüberwaren überraschend. Weit und breit nurLob für Schwenk, den geplanten Börsengangund das neue «Trainingsflugzeug PC-21».Obwohl der «neue Chefstratege» (Neue Luzerner<strong>Zeitung</strong>) kürzlich in <strong>eine</strong>m Interviewforderte, es brauche «mehr Querdenker»,wird bei Pilatus alles be<strong>im</strong> Alten bleiben.Oder doch nicht? Zwei Tatsachen lassen bangen,aber auch hoffen.Bange durch Gratian AndaAn wen hatte Schwenk gedacht, als er mehrQuerdenker forderte? Etwa an Gratian Anda,Enkel des Emil Georg Bührle, der vor undwährend des 2.Weltkrieges fleissig die Nationalsozialistenmit Kanonen belieferte? Denngenau dieser Enkel sitzt neu <strong>im</strong> Verwaltungsratder Stanser Pilatuswerke, wo er auchprompt zum Vizepräsidenten berufen wurde.Betrachtet man die Aktienverteilung derPilatuswerke etwas genauer, wird ersichtlich,wie es dazu gekommen ist. Unaxis hält 14Prozent an Pilatus, die Privatbank IHAG 30Prozent, die Finanzgesellschaft 3i 10 Prozent.Zentral bei der Wahl Andas ist das Aktienpaket,welches die Privatbank IHAG innehat.Die IHAG wurde einst als Konzernbank undGeldmaschine für den Oerlikon-Bührle-Konzern gegründet. Heutiger Delegierterder IHAG und somit Verwalter des auf über<strong>eine</strong> Milliarde Franken geschätzte Familien-vermögen ist Gratian Anda. Einmal mehrzeigt sich, dass sich die Pilatuswerke nichtvon ihren Wurzeln, der Familie Bührle-Anda,trennen können oder wollen.Die Ernennung Andas lässt Vermutungenüber die neuen Strategien der Pilatuswerkeaufkommen, schliesslich lobte Philippe deWeck, Exchef der <strong>Schweiz</strong>erischen Bankgesellschaftund enger Bekannter der FamilieBührle-Anda, Gratian Anda mit den Worten:«Gratian hat die unternehmerische Ader s<strong>eine</strong>sGrossvaters geerbt».Ob Anda bei Pilatus der alten Geschäftsgewohnheitender Dynastie Bührle oder desgeplanten Börsengangs wegen in den Verwaltungsratsteigt, bleibt offen. Es wäre nicht daserste Mal, dass Anda von «historischer Verantwortungder Familie gegenüber der Firma»redet und sich kurz darauf aus dem Unternehmenzurückzieht.Hoffnung durch KonversionDas wahre Potential der Pilatuswerke liegt inder Produktion von zivilen Flugzeugen, wieetwa des Propellerflugzeugs PC-12. Erstkürzlich meldeten die Flugzeugwerke Stans,dass die Auftragsbücher voll sind. Die Produktiondes PC-12 für 2007 ist bereits vergeben.Der Bestellbestand liegt bei 122 Maschinen.Innerhalb von drei Jahren wurden 200Jobs geschaffen. Schwenk plant bereits denAusbau der jetzt mit dem PC-12 erfolgreichenSparte der Geschäftsflugzeuge hin zu<strong>eine</strong>r ganzen Produktefamilie. Weiter stehtauch der Bau <strong>eine</strong>r neuen Produktionshallefür 25 Millionen Franken an, mit der dieNachfrage nach dem Geschäftsflugzeug gedecktwerden soll. Laut Schwenk liefert Pilatusjeden zweiten Tag <strong>eine</strong>n Flieger aus, weshalbman intensiv auf der Suche nach neuenMitarbeitern ist. Das Beispiel PC-12 zeigt,dass Pilatus vor allem mit zivilen Gütern expandierenkann.Es braucht sie also tatsächlich, die Querdenker,jene Personen bei Pilatus, welche aus denFehlern der Vergangenheit gelernt haben, jenePersonen, welche sich auf die Umstellungauf zivile Güter fokussieren, jene, welche dieZeichen der Zeit deuten können, denn dieZeichen stehen auf Konversion. Die Initiativegegen Kriegsmaterial-Exporte kann dazubeitragen, diese Neuausrichtung voranzutreiben.


6GSoA-Zitig September 2006 Nr. 127ORDONANZWAFFEGefährliche TraditionDas Sturmgewehr zu Hause <strong>im</strong> Besenschrank,der leichtsinnige Umgangmit Waffen in der <strong>Schweiz</strong>, erschreckendeneue Statistiken und <strong>eine</strong> von der Frauenzeitschrift«annabelle» lancierte Petitiongeben einigen Anlass zur Diskussion.Von Patrick AngelePro Tag n<strong>im</strong>mt sich in der <strong>Schweiz</strong> durchschnittlich<strong>eine</strong> Person mit <strong>eine</strong>r Schusswaffedas Leben. In der Hälfte aller Fälle wird dabei<strong>eine</strong> Armeewaffe verwendet. Ungefähr zweiMillionen Schusswaffen sind in der <strong>Schweiz</strong>in Umlauf. Die <strong>Schweiz</strong> hält <strong>eine</strong>n traurigenRekord an Familienmorden, werden dochbei uns <strong>im</strong> Verhältnis zur Gesamtzahl allerTötungsfälle mehr Familienmorde begangenals irgendwo sonst. Zahlen, wie oft Frauenund Kinder in der eigenen Familie mit <strong>eine</strong>rWaffe bedroht werden, gibt es k<strong>eine</strong>, doch esist zu befürchten, dass diese hoch sind.Diese beängstigenden Tatsachen, sowie dasFamiliendrama um die ehemalige SkirennfahrerinCorinne Rey-Bellet, veranlassten dieFrauenzeitschrift «annabelle» <strong>eine</strong> Petition fürein nationales Waffenregister und für <strong>eine</strong> Abkehrvon der Tradition, die Armeewaffen mitnach Hause zu nehmen, zu lancieren. Darausentstand <strong>eine</strong> grosse öffentliche Diskussionüber die laufende Revision des Waffengesetzesund über die Frage, ob die Ordonanzwaffenweiterhin in <strong>Schweiz</strong>er Haushalten aufbewahrtwerden sollen.Revision des WaffengesetzesDas Waffengesetz, das seit 1999 in Kraft ist,wird momentan revidiert. Der Ständerat hatdas Gesetz verwässert, nun bleibt die Hoff-nung auf den Nationalrat. Streitpunkte betreffenein nationales Waffenregister, die Einführung<strong>eine</strong>r Bedürfnis-Klausel für den privatenWaffenerwerb und die Meldepflicht fürWaffenverkäufe unter Privaten. Doch auchdie Ordonanzwaffen, welche Männer (undFrauen) während und nach der Dienstdauerin der Armee zu Hause in der Besenkammeraufbewahren, geben zu reden. Nationalratund GSoA-Vorstandsmitglied Jo Lang hatdazu <strong>eine</strong> Motion eingereicht, welche fordert,das Militärgesetz so zu ändern, dass dieArmeewaffe nicht mehr mit nach Hause genommenwerden darf.Widerstand der WaffenlobbyDoch diese von der GSoA seit jeher vertreteneForderung weckt heftigen Widerstand <strong>im</strong>konservativen Waffenlobby-Lager. Die «Gesellschaftfür ein freiheitliches Waffenrecht -Pro-Tell» drohte unlängst, zusammen mit derSVP, das Referendum zu ergreifen, falls «die<strong>Schweiz</strong>er Tradition: der liberale Umgangmit Waffen» verloren ginge.Paradox sehen die innenpolitischen Diskussionenaus, wenn man das Engagement der<strong>Schweiz</strong> bei der UNO betrachtet (siehe auchSeite 5 dieser <strong>Zeitung</strong>). Der UNO-Aktionsplanüber Kleinwaffen, bei dessen Ausarbeitungdie <strong>Schweiz</strong> <strong>eine</strong> führende Rolle einnahm,empfiehlt allen Staaten die Einführung<strong>eine</strong>s zentralen Waffenregisters. So engagiertsich die <strong>Schweiz</strong> international erfolgreich für<strong>eine</strong> Massnahme, welche die bürgerlicheMehrheit <strong>im</strong> Inland mit allen Mitteln zu verhindernversucht. Auch die Tatsache, dass die<strong>Schweiz</strong> nach den USA die weltweit zweitgrössteExporteurin von Kleinwaffenmunitionist, während täglich mit ebensolcherMunition 1500 Menschen erschossen werden,ist beispielhaft für die heuchlerische<strong>Schweiz</strong>er Politik.Die GSoA hofft, dass der Nationalrat dieschon lange nötig gewordenen Schritte untern<strong>im</strong>mtund die Entscheide des Ständeratesnoch einmal überdenkt. Aussenpolitisch istdie GSoA davon überzeugt, dass ein Verbotvon Kriegsmaterial-Exporten die einzig konsequenteSchlussfolgerung <strong>eine</strong>s Landes seinkann, das sich auf internationaler Ebene fürdie Abrüstung einsetzt.ARMEEREFORM 09GrenzüberschreitungenObligatorische Auslands-WKs und dieStreichung des UNO-Mandates alsVorbedingung für Auslandeinsätze sinddie umstrittensten Vorschläge.Von David BuchmannDas Gesetz zur Armeereform 09 (AR 09) befindetsich seit dem 1.September in der Vernehmlassung.Das VBS möchte, dass die Armeemehr Auslandeinsätze absolvieren kann.Schon die Armeereformen der letzten Jahrewurden speziell daraufhin ausgerichtet. Zwarwurde jedes Mal versprochen, mehr als diediesmal verlangten Ausweitungen und Möglichkeitenbrauche es nicht. Doch bei dernächsten Reform waren diese Versprechungenjeweils wieder vergessen und man wolltenoch <strong>eine</strong>n Schritt weitergehen.Die AR 09 umfasst ein Sammelsurium anReformabsichten. Neben unbedenklichenKorrekturen, etwa der Umbenennung vonKorporal in Wachtmeister, gibt es <strong>eine</strong> ganzeReihe besorgniserregender Vorschläge. Wirbeschränken uns hier auf <strong>eine</strong> Darstellung derbeiden umstrittensten Reformvorhaben.Auslandeinsätze <strong>ohne</strong> UNO-MandatWährend der Diskussionen um die Militärgesetzrevisionvor fünf Jahren formulierte dieGSoA, zusammen mit anderen Organisationen,drei friedenspolitische Min<strong>im</strong>albedingungenfür Auslandeinsätze. Die Beschränkungder Bewaffnung der <strong>Schweiz</strong>er Truppenauf den Selbstschutz und das Verbot der Teilnahmean Interventionen zur «Friedenserzwingung»wurden nicht erfüllt. Einzig dieForderung nach <strong>eine</strong>m zwingenden UNO-Mandat als Vorbedingung für <strong>eine</strong> <strong>Schweiz</strong>erTeilnahme an <strong>eine</strong>m Einsatz fand Eingang indas Armeegesetz, was best<strong>im</strong>mte Kreise inder Linken dazu veranlasste, die Gesetzesrevisionzu unterstützen. Die GSoA und weiterefriedenspolitische Organisationen ergriffenhingegen das Referendum gegen das Gesetz,da die anderen Forderungen nicht genügendberücksichtigt worden waren. Die Reformvorlagedes VBS wurde äusserst knapp mit51% Zust<strong>im</strong>mung angenommen.Die AR 09 möchte nun das UNO-Mandatkippen. Unbewaffnete Auslandeinsätze der<strong>Schweiz</strong>er Armee sollen auch <strong>ohne</strong> Zust<strong>im</strong>mungder internationalen Gemeinschaftmöglich sein. Damit könnte sich die <strong>Schweiz</strong>an unilateralen, das Völkerrecht verletzendenInterventionen beteiligen. Sicherlich hat dasVBS schon Pläne, welchen (bewaffneten) Armeensich die <strong>Schweiz</strong>er Soldaten anschliessenkönnten. Überraschungen sind nicht zuerwarten. Es sind die üblichen Verdächtigen,die Kriegseinsätze <strong>ohne</strong> UNO-Mandat beschliessen:die USA und ihre «Koalition derWilligen».Obligatorium für AuslandeinsätzeEin zweiter Kernpunkt der AR 09 wurde bereits<strong>im</strong> Frühjahr publik: die Idee <strong>eine</strong>s Obligatoriumsfür Auslandeinsätze (siehe GSoA-<strong>Zeitung</strong> 126). Konkret will das Gesetz nunalle Dienstpflichtigen zu Ausbildungs-WKs<strong>im</strong> Ausland verpflichten können. Bedenklichist vor allem, dass die Ausbildungszusammenarbeitauch mit kriegsführenden Staatennicht ausgeschlossen wird.Den meisten Dienstpflichtigen dürfte es ansonstenegal sein, ob sie ihre Zeit nun in der<strong>Schweiz</strong> oder <strong>im</strong> Ausland absitzen müssen.Schon schmerzhafter ist für die Dienstleistendendie Tatsache, dass solche Auslands-WKs volle 6 Wochen dauern sollen. Man darfgespannt sein auf die Reaktion der Wirtschaftsverbände.Als nächsten Schritt plant das VBS wohl dasObligatorium auch für Auslandeinsätze inKonfliktgebieten. Für Berufsmilitärs und zivileAngestellte des VBS kommt dieses Obligatoriumbereits mit der vorliegenden Reform09. Dass das VBS zur Ausweitung s<strong>eine</strong>rAuslandeinsätze <strong>eine</strong> Salamitaktik verfolgt,wird mit den Vorschlägen zur AR 09 nurnoch augenfälliger.Die GSoA beteiligt sich an der Vernehmlassungzur AR 09.Wir werden unsere ausführliche Antwort<strong>im</strong> Laufe des Oktobers auf unserer Webseitepublizieren


7ARMEEPOLITIKGSoA-Zitig September 2006 Nr. 127RÜSTUNGSBESCHAFFUNGENDie neue AufrüstungswelleDie Armee will wieder deutlich mehr Geldfür die Beschaffung von Rüstungsgüternausgeben. Weit oben auf der Prioritätenlistestehen die neuen Kampfflugzeuge.Von Reto MoosmannEiner der Leitsätze des Planungsstabes derArmee (PST A), derjenigen Stelle <strong>im</strong> VBS,welche die Wunschliste der <strong>Schweiz</strong>er Armeejeweils zusammenstellt, lautet: «Der PST Ahandelt eigenständig, kommunikativ undtransparent.» Der angeblich angestrebtenTransparenz wird aber alles andere als nachgelebt.Auf der Website des Planungsstabesder Armee sucht man nämlich vergebensnach Dokumenten, welche die PlanungsundKaufabsichten der <strong>Schweiz</strong>er Militärsoffen legen. Wer sich ein Bild über die Beschaffungspläneder Armee machen will, istauf die Medienberichterstattung und <strong>Zeitung</strong>sinterviewsder Armeeführung angewiesen,wo ab und zu die Gehe<strong>im</strong>nisse der Planergelüftet werden.Rüstungsprogramm über 1,5 MilliardenDie Empörung über Höhe und Inhalt desjährlichen Rüstungsprogramms war gross, alsBundesrat Samuel Schmid Anfang Juni 2006die neuste Wunschliste aus dem Hause VBSpräsentierte. In Zeiten des allgem<strong>eine</strong>n Sparenslegte Schmid das grösste Rüstungsprogrammseit 10 Jahren vor. Mit geplanten Beschaffungen<strong>im</strong> Wert von 1,5 MilliardenFranken liegt es um volle 50 Prozent höherals dasjenige von 2005.Für rund 400 Millionen Franken will die<strong>Schweiz</strong>er Armee <strong>eine</strong>n Teil ihrer KampfpanzerLeopard «werterhalten».Auch weitere Po-sten <strong>im</strong> Rüstungsprogramm (Panzerjäger für126 Millionen Franken, Leopard Schiess-S<strong>im</strong>ulatorfür 40 Mio. Franken) stehen sicherheitspolitischvöllig quer in der Landschaft,gibt die Armee doch selber zu, dass in dennächsten Jahren nicht mit <strong>eine</strong>m konventionellenKrieg zu rechnen ist und sie deshalbdie eigenen Verteidigungskompetenzen reduzierenwill. Selbst die bürgerliche Doris Leuthard,damals noch Kandidatin für den Bundesrat,übte Kritik an der Wunschliste – wohlnicht zuletzt deshalb, weil sie auch für dieLinke wählbar sein wollte.Die Pläne bis 2009Dass die Wünsche des VBS ein allgem<strong>eine</strong>sStaunen auslösten, ist eigentlich verwunderlich.Dem Finanzplan des Bundes für die Jahre2007-2009 und dem Budget für das Jahr2006 lässt sich nämlich schon länger entnehmen,dass das VBS wieder mit der grossenKelle anrichten will. 1,4 Milliarden Frankensah das Budget für das Jahr 2006 vor. AnfangJuni hat Samuel Schmid diesen Betrag nochrasch um 100 Millionen Franken erhöht. Fürdie kommenden Jahre ist nochmals mit <strong>eine</strong>rSteigerung der Rüstungsausgaben zu rechnen:1,45 Milliarden Franken für das Jahr2007, 1,55 Milliarden für 2008 und 1,66 Milliardenfür 2009 sieht der Finanzplan vor.Was genau sich die Armee beschaffen will,dringt nur bruchstückhaft an die Öffentlichkeit.In der Botschaft zum Rüstungsprogramm2006 liest sich das wie folgt: «Die Reduktionder Kapazitäten zur Abwehr <strong>eine</strong>smilitärischen Angriffs auf den so genanntenAufwuchskern setzt voraus, dass dieser Aufwuchskernkomplett ist, das heisst qualitativalle nötigen Mittel zur Abwehr <strong>eine</strong>s militärischenAngriffs enthält. Dies ist der Min<strong>im</strong>albedarfzur Sicherstellung der Aufwuchsfähigkeitund bildet die Grundlage für <strong>eine</strong>nallfälligen Aufwuchs, der nicht von Null auserfolgen kann.» Im Klartext heisst das: Kl<strong>eine</strong>r,aber gleich teuer oder gar noch teurer.Damit bewahrheitet sich, wovor die GSoAschon Ende der Neunziger Jahre gewarnthat: Eine kl<strong>eine</strong>re Armee bedeutet nicht, dasssie billiger wird (von «sinnvoller» gar nichterst zu sprechen). Die GSoA plädierte deshalb<strong>im</strong>mer für <strong>eine</strong> Diskussion über denSinn der Armee statt <strong>eine</strong>r über <strong>eine</strong> Halbierungder Armeebestände.Kampfflugzeuge für mehrere MilliardenAuch in der Frage der Beschaffung neuerKampfflugzeuge will die Armeespitze nichtlänger zuwarten, sondern endlich auf Einkaufstourgehen können. Der Chef der Armee,Christophe Keckeis, fordert <strong>eine</strong>nGrundsatzentscheid noch in dieser Legislatur.2008 soll dann ein Planungs- und Evaluationskreditgesprochen werden. Die Hoffnungvon Keckeis ist, dass der Kredit zur Beschaffungder Kampfflugzeuge schliesslich denWeg ins Rüstungsprogramm 2010 findet. Diegeschätzten Kosten für die Luftwaffenträumeder Armeespitze belaufen sich auf rund 3-5Milliarden Franken.Die GSoA wird <strong>im</strong> Rahmen des bereits <strong>im</strong>Herbst 2004 geschaffenen «Bündnisses gegenneue Kampfflugzeuge» gegen diesen unsinnigenBeschaffungswunsch ankämpfen.WeitereInformationen sind zu finden unter:www.k<strong>eine</strong>-kampfflugzeuge.chBis zu 5 Milliarden Franken will das VBS für Kampfflugzeuge ausgeben: <strong>im</strong> Bild der EurofighterBOTSCHAFTSBEWACHUNGENIn Zukunft <strong>ohne</strong> Armee?Ende 2007 läuft ein befristeter Bundesbeschlussüber den Einsatz der Armeezum Schutz ausländischer Vertretungen ab.Bis dahin muss entschieden werden,ob weiterhin Soldaten – <strong>im</strong> Widerspruchzur Verfassung – eingesetzt werden.Von Tom CasseeDie Botschaftsbewachungen der Armee gabenin der Vergangenheit viel zu reden. Zum<strong>eine</strong>n kritisierte die Polizei, dass die Soldatennicht ausgebildet seien für diese Aufgabe. Sieriet daher davon ab, den Soldaten polizeilicheKompetenzen zu übertragen. Der Verbandder schweizerischen Polizeibeamten (VSPB)verurteilte ganz generell die Übernahme vonpolizeilichen Aufgaben durch die Armee.Heinz Buttauer, Präsident des VSPB, äussertesich sehr deutlich zum Thema: «Es darf k<strong>eine</strong>Vermischung zwischen Polizei und Armee<strong>im</strong> hoheitlichen Bereich geben. Die Armeeist nicht für die Aufgabenerfüllung <strong>eine</strong>r zivilenPolizei ausgerüstet und ausgebildet. Offenbargeht die Armeeführung be<strong>im</strong> Gedan-ken <strong>eine</strong>s Ausweitens von Aufgaben undFunktionen davon aus, dass das Tragen <strong>eine</strong>rArmeeuniform genügt, um für die Durchsetzungsämtlicher staatlichen Aufgaben eingesetztzu werden. Die Armee hat weder dienötigen Fach- noch Sozialkompetenzen.»Anw<strong>ohne</strong>r wehren sichAuch Anw<strong>ohne</strong>r von Botschaften und Konsulatenbeschwerten sich vielfach über dasmartialische Auftreten der Armee in ihrenWohngebieten.Vor allem die Sturmgewehrein der Nachbarschaft wurden als Bedrohungwahrgenommen.Die GSoA stemmte sich vehement gegen dieMilitarisierung der Inneren Sicherheit, mitVerweis auf die Bundesverfassung, welche inArtikel 58 Absatz 2 klare Grenzen für InnereEinsätze der Armee setzt: «Die Armee unterstütztdie zivilen Behörden bei der Abwehrschwerwiegender Bedrohungen der innerenSicherheit und bei der Bewältigung andererausserordentlicher Lagen.» Davon kann be<strong>im</strong>täglichen Wachestehen vor Botschaften sichernicht gesprochen werden.Meinungswandel <strong>im</strong> Bundesrat?Das Verteidigungsdepartement von BundesratSchmid wurde nicht müde zu behaupten,dass diese Einsätze verfassungskonform seienund nur auf Anfrage von Polizeikorps zustandekämen. Doch Mitte Juni dieses Jahresschien sich der Bundesrat s<strong>eine</strong>r Sache plötzlichnicht mehr so sicher. Eine Motion derSicherheitspolitischen Kommission des Nationalratesforderte die Ablösung der Armeebe<strong>im</strong> Schutz ausländischer Vertretungen.VBS-Chef Schmid meinte dazu <strong>im</strong> Nationalrat,dass der Bundesrat die Motion entgegennehme (sich also für <strong>eine</strong> Annahme ausspreche).S<strong>eine</strong> Ausführungen <strong>im</strong> Nationalratlassen allerdings an s<strong>eine</strong>r Einsicht zweifeln:«Im Übrigen werden wir die Diskussionführen, sobald die Analysen vorhanden sind.»Diese Analyse wird Anfang nächsten Jahresvom Bundesrat vorgelegt werden.«Ausbildung» geht weiterWährend der Bundesrat vordergründig vonBotschaftsbewachungen Abstand n<strong>im</strong>mt,zeigt sich <strong>im</strong> VBS ein gegenteiliges Bild. Sowerden seit Anfang Juli (also nach dem Entscheiddes Nationalrates) gezielt Durchdienerfür Sicherungseinsätze geschult. Auch dieAusrüstung der Soldaten soll gezielt den Bedingungendes Botschaftsschutzes angepasstwerden. Die Armeeangehörigen sind nichtmehr mit Sturmgewehren, sondern mit Pistolenbewaffnet, denn «mit Pistolen bewehrteSoldaten passen besser in das städtischeUmfeld als <strong>eine</strong> mit Sturmgewehren bewaffneteTruppe», meint das VBS.Derweilen geht die Kritik von betroffenenSoldaten weiter. Oft ist von unzumutbarenBelastungen die Rede, mit viel zu langenEinsätzen und zu wenig Pausen.Wie dilettantisch die Armee ihre Einsätze vorBotschaften durchführt, zeigt sich auch anhandder ganz unterschiedlichen Einsatzbefehle.Während einige Soldaten den Befehlbekommen, wegzurennen sobald es brenzligwird, werden andere Angehörige der Armeeinstruiert zu schiessen, sobald sie sich unmittelbargefährdet sehen.Daneben häufen sich die Beschwerden vonSoldaten, welche <strong>im</strong> Marschbefehl k<strong>eine</strong>Hinweise auf die Inneren Einsätze bekommenhaben. Im VBS sch<strong>eine</strong>n sich solche«Fehler» zu häufen.Wohl nicht <strong>ohne</strong> Grund.Denn oft verschieben Angehörige der Armeeihren Wiederholungskurs, sobald sie erfahren,dass sie vor Botschaften eingesetzt werden –oder sie versuchen gleich, sich aus der Armeeausmustern zu lassen.


8GSoA-Zitig September 2006 Nr. 127NAHOSTHisbollah-Flaggen in DamaskusMonika Bolliger studiert Geschichte undArabistik. Zur Zeit verbringt sie einAuslandssemester in Damaskus. Für dieGSoA-Zitig berichtet sie über dieSt<strong>im</strong>mung in Syrien, die von wachsenderSympathie für die Hisbollah geprägt ist.Die Atmosphäre war angespannt, als ichspätabends in Aleppo aus dem Zug stieg.Während der Fahrt von Istanbul nach Syrienhatte ich per SMS erfahren, dass Israel Beirutzu bombardieren begonnen hatte. Ich hattemiterlebt, wie die Stadt seit dem Bürgerkriegwiederaufgebaut worden war, wie der Libanongerade eben aufzublühen begann. ImWartsaal von Aleppo gab es <strong>eine</strong>n grossenBildschirm, auf dem Nachrichten gezeigtwurden. Beirut unter Bomben, ich konnte esnoch <strong>im</strong>mer nicht fassen. Die Leute starrtenauf den Bildschirm.Hisbollah gewinnt an AnsehenIn Damaskus gab es Demonstrationen für dieHisbollah.Autokarawanen mit Flaggen zogenhupend durch die Stadt. An jeder Ecke wurdeerregt diskutiert, während über die FernsehbildschirmeBilder des Schreckens fl<strong>im</strong>merten.ToteKinder und zerbombte Häuser.Die Menschen waren traurig, zornig undhatten Angst. Was, wenn Syrien als nächstesan der Reihe wäre?Allmählich nahm der Alltag wieder s<strong>eine</strong>nLauf. Doch die Anspannung blieb, und dieSolidarität mit der Hisbollah wurde mit jedemKriegstag grösser. Immer mehr Hisbollah-Flaggenprägten das Stadtbild, <strong>im</strong>mermehr Taxis zierte neben dem verbreitetenPortrait des syrischen Präsidenten nun auchein Bild von Hassan Nasrallah. Ein Freundvon hier meinte, normalerweise wären in Syrienviele Leute gegen die Hisbollah. Aberseit dem Krieg stünden alle hinter Nasrallah.KriegsfolgenDamaskus platzte aus allen Nähten; nach denIrakern suchten nun auch noch Tausende vonFlüchtlingen aus dem Libanon hier Zuflucht.Die Hotels waren überfüllt, Schulen wurdenals Notunterkünfte verwendet, und unzähligeFlüchtlinge kamen privat unter, bei Verwandtenoder wildfremden, hilfsbereiten Leuten.Das enorme Ausmass an privater Hilfe warbeeindruckend. Mein libanesischer FreundSamer schrieb mir derweil verzweifelt, wiesein Nachbardorf bombardiert wurde, wie erFreunde verlor, wie s<strong>eine</strong> Tante schwer verletztwurde. «Sie bombardieren wie verrückt,egal ob du ein Kind oder <strong>eine</strong> alte Frau bist,alles machen sie kaputt. Erinnerst du dich,wie ich gesagt habe, wir sollten in Friedenmit Israel leben? Ich weiss nicht, ob ich ihnendas je verzeihen kann. Es tut mir leid, aber ichkann in der Hisbollah nun nichts anderes als<strong>eine</strong>n legit<strong>im</strong>en Widerstand sehen.»Hoffnung auf FriedenDer Waffenstillstand kam für viele zu spät. ImFernsehen zeigen sie nun, wie die Leute vorihren kaputten Häusern stehen oder Leichenwegtransportieren. Erstaunlich ist, wie raschdie Libanesen in ihr geliebtes Land zurückkehren.Der Wiederaufbau soll sofort beginnen.«Unser Land», schrieb Samer, «wurde<strong>im</strong>mer von fremden Mächten begehrt. Eswurde <strong>im</strong>mer wieder zerstört und wir habenes wieder aufgebaut.Wie der Phönix aus derAsche werden wir uns auch diesmal erheben.Was jetzt bleibt, ist die Hoffnung, dass unserLand bald wieder blühen wird.» Der Waffenstillstandsteht auf wackligen B<strong>eine</strong>n. Dennochhoffe ich mit m<strong>eine</strong>m Freund Samerauf <strong>eine</strong>n anhaltenden Frieden und – so weitweg es <strong>im</strong> Moment scheint – auf <strong>eine</strong> tragbareLösung des Nahostkonflikts. Denn solangediesbezüglich nichts geschieht, wird es kaum<strong>eine</strong>n wirklichen Frieden geben.SCHWEIZER NEUTRALITÄTWegschauen und Waffen liefern?Während rund <strong>eine</strong>m Monat herrschteKrieg <strong>im</strong> Libanon. Klare Worte von BundesrätinCalmy-Rey lösten <strong>eine</strong> erneuteDebatte darüber aus, was <strong>Schweiz</strong>erNeutralität genau bedeutet und welcheAussenpolitik die <strong>Schweiz</strong> führen soll.Von Tom Cassee.Nach den Äusserungen von AussenministerinCalmy-Rey, welche die Angriffe der israelischenLuftwaffe auf zivile Ziele <strong>im</strong> Libanonebenso verurteilte wie die Angriffe derHizbollah auf Israel, polterte die SVP, dasssich die <strong>Schweiz</strong> nicht in fremde Händel einmischendürfe. Die SVP prüfe daher die Lancierung<strong>eine</strong>r Volksinitiative, welche dieNeutralität in der Bundesverfassung stärkerverankern möchte – als isolationistisches Instrumentversteht sich. Für die SVP bedeutetNeutralitätspolitik, mit allen (dreckige) Geschäftezu machen, sich aber um k<strong>eine</strong>n Preispolitisch zu äussern. Die Grünen, die SP undmit ihr Bundesrätin Calmy-Rey, sehen dagegenin der Neutralität <strong>eine</strong> Verpflichtung, sichaktiv für die Einhaltung des humanitärenVölkerrechtes einzusetzen; sie sprechen dahervon <strong>eine</strong>r «aktiven» Neutralitätspolitik. Niemandscheint genau zu wissen, was Neutralitätbedeutet, es gibt verschiedenste Interpretationen.Dennoch – oder genau deswegen– befürworten, laut der Studie «Sicherheit2006» der ETH Zürich, neunzig Prozentder <strong>Schweiz</strong>erinnen und <strong>Schweiz</strong>er die Neutralität.Kein FriedensbundesratIm Bundesrat vertritt die bürgerliche Mehrheitdie Auffassung, dass Waffenlieferungennicht gegen die Neutralitätspolitik verstossen.Diese Interpretation der Neutralitätscheint aber k<strong>eine</strong>swegs der Mehrheitsmeinungin der Bevölkerung zu entsprechen. Inder oben erwähnten Studie bejahen sechzigProzent der Befragten, dass «die <strong>Schweiz</strong> beipolitischen Konflikten <strong>im</strong> Ausland klar Stellungfür die <strong>eine</strong> oder andere Seite beziehensollte, bei militärischen Konflikten aber neutralbleiben solle».Be<strong>im</strong> Unterschriftensammeln für die Volksinitiativefür ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten ist auf der Strasse oft zu hören, dassdie <strong>Schweiz</strong> doch gar k<strong>eine</strong> Waffen exportiere,da wir ja neutral seien. Doch leider siehtdie Realität anders aus. Noch vor gut vierJahren hatte der Bundesrat anlässlich der Wiederbesetzungder palästinensischen Gebietebeschlossen, die militärische Kooperation mitIsrael einzustellen.Im März 2005 revidierte der Bundesrat diesenEntscheid mit Verweis auf die vermeintlichenFortschritte des Friedensprozesses.Tatsächlich dürften dabei die Beschaffungsplänedes VBS <strong>eine</strong> Rolle gespielt haben: DieMilitärs wollen für 395 Millionen Frankendas Integrierte Funkaufklärungs- und SendesystemIFASS aus Israel kaufen (siehe Seite3). Auch in anderen Bereichen gibt es mittlerweile<strong>eine</strong> intensive Kooperation der Rüstungsfirmenbeider Länder. So produziertdie bundeseigene Ruag Dr<strong>ohne</strong>n (unbemannteMilitärflugzeuge) auf Grundlage israelischerBaupläne. Und auch bei der besondersgrausamen Streumunition, die laut derMenschenrechtsorganisation Human RightsWatch auch <strong>im</strong> Libanon eingesetzt wurde, arbeitetdie <strong>Schweiz</strong> mit Israel zusammen.Neutralität als Perspektive?Für die GSoA und andere friedenpolitischeKreise stellt sich heute wiederum die Frage,ob der Begriff der Neutralität auch friedenspolitischgedeutet, respektive genutzt werdenkann. Ein Blick nach Österreich ist interessant,wo die Neutralität vor allem vonKriegsgegnern verteidigt wird. «Neutralitätoder Nato» lautet dort <strong>eine</strong>r der friedenspolitischenSlogans.In der <strong>Schweiz</strong> versuchen die SP und dieGrünen jedenfalls erneut den Neutralitätsbegriffzu besetzen. Die Neutralität sei <strong>eine</strong>Friedensbotschaft, meint Bundesrätin Calmy-Rey.Neutral zu sein bedeute, <strong>im</strong> Auslandk<strong>eine</strong> Waffengewalt anzuwenden. Die Diskussioneninnerhalb der GSoA zeigen, wieschwer fassbar der Begriff der Neutralität ist.Für die <strong>eine</strong>n ist die Neutralität nicht mehrals ein Mythos, welcher nichts mit der realenPolitik der <strong>Schweiz</strong> zu tun hat; für andere istsie ein wichtiger Ansatzpunkt, um den Menschenaufzuzeigen, welche Veränderungen esin der <strong>Schweiz</strong>er Sicherheits- und Aussenpolitikbraucht. Da die <strong>Schweiz</strong> leider weiterhinKriegsländer mit Waffen beliefert, wird sichwohl auch die GSoA um <strong>eine</strong> Klärung desNeutralitätsbegriffes bemühen müssen.«Nein zum Krieg <strong>im</strong> Nahen Osten»(rm) Auf Initiative der GSoA fand am 29.Juli inBern die grösste schweizerische Friedensdemogegen den Krieg <strong>im</strong> Libanon statt. Rund 4’000Personen forderten unter dem Haupttitel «Neinzum Krieg <strong>im</strong> Nahen Osten» den Bundesrat dazuauf, die militärische und rüstungsindustrielle Zusammenarbeitmit Israel und dem gesamten NahenOsten einzustellen. Insbesondere – so beispielsweiseGSoA-Vorstand Jo Lang in s<strong>eine</strong>rRede – müsse die <strong>Schweiz</strong>er Regierung die Beschaffungdes Integrierten Funkaufklärungs- undSendesystem IFASS (vgl. Artikel auf S. 3) stoppen.Die Berner Regionalgruppe organisierte die Demonstrationin nur vier Tagen und konnte dabei dieUnterstützung <strong>eine</strong>s breiten friedenspolitischenBündnisses von 35 Organisationen gewinnen.Viele Vertreter dieser Organisationen treffen sichauch weiterhin und sind derzeit mit der Planungund Organisation <strong>eine</strong>r Palästina-Woche <strong>im</strong> Novemberbeschäftigt. Weitere Informationen sinddemnächst auf der Website der GSoA zu finden.


9NAHOSTGSoA-Zitig September 2006 Nr. 127NAHOSTDer Nahost-Konflikt aus Sicht jüdischer FriedensaktivistInnenDaniela Fariba Vorburger engagiert sichbei der «Jüdischen St<strong>im</strong>me für <strong>eine</strong>ngerechten Frieden zwischen Israel undPalästina» und ist Projektverantwortlichefür Israel/Palästina bei Peace WatchSwitzerland. Jochi Weil ist in der«Kampagne Olivenöl» aktiv und arbeitetbei medico international schweiz, vormalsCentrale Sanitaire Suisse CSS Zürich.Andreas Cassee sprach mit den beidenüber den Libanon-Krieg, den israelischpalästinensichenKonflikt und ihreSituation als jüdische FriedensaktivistInnenin der <strong>Schweiz</strong>.GSoA: Laut <strong>eine</strong>m Bericht von Amnesty Internationalbombardierte das israelische Militär <strong>im</strong>Libanon bewusst zivile Ziele. Wie erklärt ihreuch, dass der Krieg dennoch von <strong>eine</strong>r überwiegendenMehrheit der Israelis befürwortet wurde?Daniela Fariba Vorburger: Die Erklärung mussvielschichtig ausfallen – und soll nicht alsRechtfertigung missverstanden werden. In Israelwird sehr stark wahrgenommen, dass dieHisbollah seit dem Rückzug Israels aus demLibanon <strong>im</strong> Jahr 2000 an der Grenze aufrüstetund <strong>eine</strong>n Staat <strong>im</strong> Staat aufbaut. Die libanesischeRegierung kann oder will nichts dagegenunternehmen. Die israelische Berichterstattungüber die Kriegsgeschehnisse ist einseitig– so wie sie wohl in den meisten Staatenist, die sich in <strong>eine</strong>m militärischen Konfliktbefinden. Dazu kommt die starke Sensibilitätder israelischen Bevölkerung in Bezug auf dieeigenen Soldaten und das Militär.Jochi Weil:Wenn ich mich mit Menschen ausIsrael unterhalte, höre ich oft: «Die Araberverstehen doch nur die Sprache der Gewalt.»Da sind existenzielle Vernichtungsängste <strong>im</strong>Spiel – auch bei Jüdinnen und Juden in derDiaspora. Der Krieg hat zu <strong>eine</strong>m Zusammenrückengeführt, das ist auch in der<strong>Schweiz</strong> spürbar. So war es für mich persönlichwichtig, an den Demonstrationen inBern gegen den Krieg Stellung zu beziehen,ich hatte aber auch Angst vor den Reaktionenin der jüdischen Gemeinde.Wenn gesagtwird, 95 Prozent der israelischen Bevölkerungwürden den Krieg befürworten, dannist das allerdings schon seltsam – etwa 20Prozent der Menschen in Israel haben <strong>eine</strong>narabisch-palästinensischen Hintergrund, siedürften diese Haltung kaum teilen.GSoA: Welche Auswirkungen hatte der Libanon-Kriegauf die Situation in den besetztenpalästinensischen Gebieten?D.F.V.: Die Situation verschlechtert sich vonTag zu Tag. Mit dem Krieg <strong>im</strong> Libanon hatdas allerdings höchstens indirekt zu tun: Israelnutzt den toten Winkel der Weltöffentlichkeit,um die Besatzungspolitik fortzuführen.J.W.: Während des Libanon-Krieges wurden<strong>im</strong> Gaza-Streifen und in der Westbank ca.170 PalästinenserInnen getötet, die Situationist katastrophal.Aber die Menschen haben <strong>eine</strong>nerstaunlichen Lebenswillen, der Alltaggeht weiter. Ein positives Erlebnis währenddes Krieges war für mich, dass ich <strong>eine</strong>n Besuchdreier junger <strong>Schweiz</strong>er Jüdinnen undJuden in den besetzten Gebieten vermittelnkonnte. Sie berichten nun in ihrem Umfeldhier, was sie gesehen haben, das ist das besteMittel gegen die «Gehirnwäsche». SolcheMomente sind für mich wichtig – es ist, wiewenn Grashalme den Weg durch den Asphaltan die Oberfläche finden.D.F.V.: Diese Hoffnungssch<strong>im</strong>mer sind wichtig.Aber die Fähigkeit der PalästinenserInnen,sich mit den alltäglichen Behinderungenzu arrangieren, sollte nicht darüber hinwegtäuschen,wo sich die Situation ganz konkretverschlechtert – wo die Mauer gebaut, dieBewegungsfreiheit eingeschränkt und Bewilligungenverweigert werden.GSoA: Zurück zum Libanon: Wie konnte dieHisbollah so populär werden?D.F.V.:Wie die Hamas steht auch die Hisbollah<strong>im</strong> Westen auf der Terror-Liste. Gleichzeitigsind beide Organisationen aber auchkaritativ tätig. Ich denke, dass dieser Aspektfür die Erklärung der Popularität der Hisbollahund der Hamas teilweise wichtiger istals ihre politische Agenda mit dem <strong>eine</strong>nZiel, Israel von der Landkarte zu streichen.J.W.: Der Grundstein für die Gründung derHisbollah wurde mit dem ersten Libanon-Krieg von 1982 gelegt. Die Sheeba-Farmenwerden seither von Israel besetzt gehalten,weil diese für den Bezug von Wasser bedeutsamsind. Was die Unterstützung der Hisbollahdurch Syrien betrifft, spielt die Annexionder Golan-Höhen nach dem 67er-Krieg<strong>eine</strong> Rolle. Es wäre wichtig zu verhandeln,auch mit der Hisbollah und der Hamas.GSoA: Welche Rolle spielt die Religion <strong>im</strong>Nahost-Konflikt?D.F.V.: Israel-Palästina ist kein religiöser Konflikt!Da ist zur Zeit <strong>eine</strong> Umdeutung <strong>im</strong>Gange, die ich für sehr gefährlich halte. Es ist<strong>eine</strong> Tatsache, dass religiöser Fundamentalismusstärker wird (sowohl der musl<strong>im</strong>ische,der jüdische als auch der christliche), aber derKern des Konflikts liegt m<strong>eine</strong>r Meinungnach nicht in <strong>eine</strong>r religiösen Auseinandersetzung.Ich war zwei Mal für längere Zeit inSyrien und habe die Erfahrung gemacht, dassdie Menschen dort durchaus zwischen israelischenStaatsbürgern und Juden zu unterscheidenwissen – übrigens mehr als in Europa!J.W.: Ich sehe das etwas anders, obwohl esmir lieb wäre, wenn der Konflikt k<strong>eine</strong>n religiösenAspekt hätte. Es gibt heute viel wenigeremanzipatorische Ansätze als noch voreinigen Jahren. Das Leben in den besetztenGebieten ist unglaublich schwierig, rationaleLösungsansätze haben es schwer. Da findet inder Not vermehrt Hinwendung zur Religionstatt. So sind in Gaza und in der Westbankviel mehr Frauen mit Kopftuch zu sehenals noch vor ein paar Jahren.D.F.V.: Ich teile diese Einschätzung, denkeaber, dass man zwischen Ursache und Wirkungunterscheiden muss. Wir haben nachder Ursache gefragt; das öffentliche Tragenvon «Symbolen» ist <strong>eine</strong> Reaktion und somit<strong>eine</strong> Wirkung.GSoA: Daniela, du hast vorher gesagt, in Europawerde oft nicht zwischen Israelis und Judenunterschieden. Werden da antisemitischeRessent<strong>im</strong>ents mit Israel-Kritik kaschiert?J.W.: Im Zusammenhang mit den Friedensdemonstrationenhabe ich kaum Antisemitismuswahrgenommen.Aber die eidgenössischeKommission gegen Rassismus und Antisemitismusstellt <strong>eine</strong> Zunahme von antisemitischenVorfällen fest. Mir kommt <strong>eine</strong> Begegnungunlängst am Schabbat in den Sinn: Ichwar auf dem He<strong>im</strong>weg von der Synagoge undwurde von <strong>eine</strong>m Mann angesprochen, dersagte: «Was ihr da macht, ist furchtbar!»D.F.V.: Genau das m<strong>eine</strong> ich: Weil du Judebist, wirst du als Stellvertreter Israels behandelt.J.W.: Du hast recht. Allerdings sollten wirauch selbstkritisch sein, was die Vermischungvon Religion und Politik angeht. So wurdeder abtretende israelische Botschafter in derSynagoge verabschiedet.Welcher andere Staatverabschiedet s<strong>eine</strong> Amtsträger in <strong>eine</strong>mGotteshaus?D.F.V.: Dennoch erwarte ich von m<strong>eine</strong>nMitmenschen – genau so wie von mir selbst– die Bereitschaft zur Differenzierung.J.W.: Ich bin nicht gut in der doppeltenBuchführung. Ich halte es da mit Ernst Bloch,Daniela Fariba Vorburgerder gesagt hat: «Alles Innen muss Aussen werden,und alles Aussen muss Innen werden.»GSoA: Was kann man tun, um die Situation<strong>im</strong> Nahen Osten zu verbessern?D.F.V.: Ich bin wie Jochi <strong>eine</strong> Anhängerin derNanomil<strong>im</strong>eterarbeit. Es gibt viel zu tun vorOrt, <strong>im</strong> Dialog zwischen den Konfliktparteienund <strong>im</strong> humanitären Bereich.Wichtig findeich auch die Auseinandersetzung mit derinnerjüdischen Diskussion und der Kontaktmit Friedensorganisationen in Israel.GSoA: Sollte man versuchen, Druck auf Israelauszuüben?J.W.:Mit Boykott-Aufrufen habe ich grosseMühe. Es war für mich schon ein grosserSchritt, den Brief gegen das IFASS-Geschäftzu unterschreiben (siehe Artikel auf S. 3,Anm. der Red.). Die Boykotte gegen Südafrikawährend der Apartheid-Zeit habe ichunterstützt. Aber Israel? Da kommt mirgleich das «Kauft nicht bei Juden» der Nazi-Zeit in den Sinn. Ich bin da zu sehr persönlichinvolviert...D.F.V.: Für mich steht oft die strategischeFrage <strong>im</strong> Vordergrund: Eine Strategie soll zu<strong>eine</strong>m konstruktiven Resultat führen undnicht nur Opposition bewirken. Unabhängigdavon, ob ich persönlich <strong>eine</strong>n Boykott befürworteoder nicht, frage ich mich, was dieVor- und Nachteile <strong>eine</strong>r solchen Strategiesind, mit welchen Reaktionen gerechnetwerden muss und welche Ziele erreicht werdenkönnen. Ich glaube, diese Diskussionwurde noch zu wenig geführt.<strong>Schweiz</strong>er Projekte <strong>im</strong> Nahen Ostenmedico International schweiz, vormals Centrale SanitaireSuisse CSS Zürich, (www.medicointernational.ch) leistetmedizinische Soforthilfe <strong>im</strong> Gaza-Streifen und in Libanon.Spendenkonto: 80-7869-1 (Vermerk «Israel-Palästina»)Peace Watch Switzerland (www.peacewatch.ch) entsendetinternationale MenschenrechtsbeobachterInnen nachPalästina/Israel. Spendenkonto: 87-356427-6Jochi Weil


INTERNATIONAL10GSoA-Zitig September 2006 Nr. 127PARAQUATDas tödliche Herbizid von SyngentaSeit Jahren profitiert der <strong>Schweiz</strong>er AgrokonzernSyngenta vom Verkauf deshochgiftigen und gesundheitsschädlichenHerbizids Paraquat. Die Erklärungvon Bern (EvB) verlangt von Syngenta densofortigen Produktions- und Verkaufsstoppvon Paraquat und führt dazu <strong>eine</strong> breitangelegte, interaktive Kampagne durch.Helfen Sie mit! Von Rachel Nellen,Erklärung von BernGegen Paraquat ist kein Unkraut gewachsen,aber dafür in den letzten Jahren der Widerstandzahlreicher Nichtregierungsorganisationenund Gewerkschaften auf der ganzenWelt. Paraquat ist ein Herbizid, das vomAgrokonzern Syngenta unter der Marke«Gramoxone» verkauft wird und in überhundert Ländern auf Plantagen (Bananen,Kakao, Kaffee, Baumwolle, Palmöl etc.), <strong>im</strong>grossflächigen Mais- und Sojaanbau, aberauch bei Kleinbauern ausgiebig zur Anwendungkommt.Paraquat <strong>im</strong> MilitäreinsatzIn den 1970er Jahren setzte die mexikanischeRegierung mit anfänglicher Billigung derUSA das Mittel ein, um mit LuftbesprühungenMarihuana-Felder zu zerstören. DieseVernichtungsaktionen waren Teil der seit1975 initiierten Operation Cóndor, <strong>eine</strong>r vonder Regierung geplanten rücksichtslosenMilitäroperation gegen Drogenplantagen und-händler. Mit der darauf folgenden Verlagerungder Cannabis-Produktion nach Kolumbienwurde ein weiteres Land zum Versuchsfeldfür den Einsatz von Paraquat und ande-ren Herbiziden <strong>im</strong> Drogenkrieg.Als <strong>eine</strong> derFolgen der Paraquat-Sprühungen trat beiDrogenkonsumenten in Mexiko und in denUSA das so genannte Paraquat-Fieber auf.Die Patienten litten unter schwerwiegendenLungenschäden und Akutvergiftungen. Inden USA wurden in Marihuana-Proben biszu 2 mg Paraquat pro Gramm entdeckt.Vergiftungen durch ParaquatHeute fordert Paraquat besonders in derLandwirtschaft der Entwicklungsländer unzähligeOpfer. In Südkorea zum Beispiel vergiftensich jährlich über 2000 Personen mitdem Wirkstoff Paraquat (viele davon absichtlich),wobei 40 bis 50% der Vergiftungsfälletödlich verlaufen. In Costa Rica gehört Paraquatzu jenen Pestiziden, die mit Abstand zuden meisten Vergiftungen führen. Die Gründedafür liegen in mangelhaft gewartetenSprühgeräten, in unzureichenden Kenntnissender AnwenderInnen über die Risikenund Auswirkungen von Paraquat sowie inder ungenügenden medizinischen Versorgungbei akuten Vergiftungen oder Gesundheitsschäden.Vor allem aber sind die dringenderforderlichen Schutzausrüstungen fürviele ArbeiterInnen nicht erhältlich oder siekönnen <strong>im</strong> feuchtheissen Kl<strong>im</strong>a nicht getragenwerden.Trotz dem Wissen, dass Paraquat in vielenLändern nicht sachgemäss benutzt wird, forciertSyngenta den Verkauf dieses umstrittenenHerbizids. Viele Produzenteninitiativen(Max Havelaar, Rainforest Alliance, ForestStewardship Council, Common Code for theCoffee Community etc.) haben bis jetzt freiwilligauf den Einsatz des Mittels verzichtet.In diversen Ländern (so auch in der <strong>Schweiz</strong>)ist das Produkt nicht mehr zugelassen, dochSyngenta bewegt sich nicht und hält am Produktnach wie vor fest.Syngenta muss gestoppt werden!Dies ist ein Skandal, gerade weil in der Praxisder Beweis erbracht worden ist, dass es Alternativenzu Paraquat gibt, die weniger gefährlich,aber wirksam und rentabel sind. DieEvB fordert deshalb von Syngenta den sofortigenStopp der Produktion sowie des Verkaufsvon Paraquat. Mit Hilfe der <strong>Schweiz</strong>erBevölkerung wollen wir den Konzern unterDruck setzen und zum Handeln auffordern.Damit die Kampagne Erfolg hat, sind wir aufIhre Unterstützung angewiesen.Schlüpfen Sie an <strong>eine</strong>m öffentlichen Gericht in dieRolle <strong>eine</strong>s Geschworenen oder <strong>eine</strong>r Geschworenenund bilden Sie sich Ihr Urteil. Sichten Sie Beweismaterial,lesen Sie das Plädoyer der Verteidigungoder nehmen Sie Opfer und Täter genauerunter die Lupe. Entscheiden Sie selbst: Macht sichSyngenta mitschuldig an tausenden von Vergiftungs-und Todesfällen pro Jahr? Alle Informationensowie das Abst<strong>im</strong>mungstool finden Sie auf unsererKampagnen-Website unter www.paraquat.ch.Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!Paraquat wird oft <strong>ohne</strong> angemessene Schutzkleidung ausgetragenAFGHANISTANHumanitäre Hilfe statt militärische MachtpolitikDer vorliegende Artikel basiert auf <strong>eine</strong>rRede, die Jo Lang <strong>im</strong> Juli an <strong>eine</strong>r Tagungdes Forums «Humanitäre <strong>Schweiz</strong>» inZürich hielt.Ulrich Ladurner schrieb in der deutschen«Zeit»: «Unter den Afghanen macht sich dasGefühl breit, dass die Milliarden, die der Westenals Hilfsgelder zugesagt hat, entwedernicht ausbezahlt werden oder in dunklenKanälen verschwinden. Inzwischen gibt es inKabul längst so etwas wie etablierten Anti-NGO-Populismus.»Neben dem materiellen Frust, spielt auch <strong>eine</strong>sich ausbreitende und verstärkende Ablehnunggegenüber den fremden Besatzern mit.Hier rächt sich bitter, dass viele Nichtregierungsorganisationenviel zu wenig Distanz zuden militärischen Besatzern gewahrt haben.Die humanitär-militärische Symbiose führtunweigerlich dazu, dass das Militärische dasHumanitäre auffrisst.Irakisierung von AfghanistanWer Afghanistan, insbesondere die jüngste Eskalation,nüchternen Blickes betrachtet, weiss,dass sich das Land in <strong>eine</strong>m sich beschleunigendenIrakisierungs-Prozess befindet. Diesefür die Besatzungsmächte unaufhaltbare Dynamik,die sich hauptsächlich nährt aus <strong>eine</strong>rAblehnung der Fremdbest<strong>im</strong>mung und <strong>eine</strong>mÜberdruss über die Verbindung vonwestlicher Arroganz und Ignoranz, lässt sichnur durch <strong>eine</strong>n sofortigen Abzug aller fremdenTruppen stoppen.Mit jedem zusätzlichen Tag militärischerFremdherrschaft, und so fassen <strong>im</strong>mer mehrAfghanen die westlichen Truppen auf, wirddas, was kommt, noch schl<strong>im</strong>mer. Wenn dieausländischen Truppen nicht freiwillig gehen,dann werden sie irgendwann dazu gezwungen.Und jene, die sie dazu zwingen können,werden stärker denn je dastehen.Was tun?Ginge es den Kreisen, die auf militärischeMittel setzen, wirklich um <strong>eine</strong> Verbesserungder Welt, dann würden sie <strong>eine</strong> ganz anderePolitik betreiben. Beispielsweise die Entwicklungshilfeausbauen statt sie zu kürzen, beispielsweisedie humanitäre Minenräumungmassiv verstärken, beispielsweise <strong>im</strong> Kosovodie Roma verteidigen statt sie zu verraten.Am Beispiel des Bildungswesens will ich zeigen,wie die <strong>Schweiz</strong> den Menschen in Afghanistankonkret und nachhaltig helfenkann.All die Kriege seit der Sowjet-Invasion habendas afghanische Bildungswesen weitgehendzerstört. Ein Grossteil der Intellektuellen flohins Ausland, nur wenige kamen zurück. Nebender Quantität ist somit auch die Qualitätder Bildungseinrichtungen, insbesondere derUniversitäten, gesunken.Ein Lösungsansatz ist das ETH House ofScience in Bamjyan. Es war ein weiser Entscheid,als die ETH Zürich Herrn ProfessorAlbert A. Stahel das Mandat erteilte, diesesProjekt zu beraten und zu begleiten. Das Zieldieses Zentrums ist es, den Wissenstransfervon afghanischen und schweizerischen Studierendenzu fördern. Mit Internetarbeitsplätzen,digitaler Bibliothek, Laborräumenusw. soll der Universität Bamiyan der Zugangzur Welt der internationalen Forschung undAusbildung erleichtert werden. Der akademischeAustausch zwischen Studierenden undForschenden aus Afghanistan und der <strong>Schweiz</strong>soll in den Fachbereichen Bau, Geomatik,Wasser, Agronomie, Ökonomie, Pädagogik,Politikwissenschaft und, last but not least, indem der Medienwissenschaft, unterstützt undgefördert werden.Dieses Wissenszentrum und dieses Netzwerkkönnen Modell sein für weitere Universitäten,zum Beispiel in Herat, Mazar-e-Sharif,Gardez. Mit dem House of Science leistet die<strong>Schweiz</strong> Hilfe zur Selbsthilfe <strong>im</strong> besten Sinnedes Wortes. Und sie leistet <strong>eine</strong>n vitalen Beitragzum wirtschaftlichen, kulturellen unddemokratischen Wiederaufbau dieses kriegszerstörtenLandes.Das Beispiel zeigt, dass es Leute und Länderbraucht, deren Internationalismus und Humanitarismussich nicht an materiellen undmilitärischen Interessen orientieren, sondernan denen der Menschen. In unserem Landgibt es diese Leute. Und die <strong>Schweiz</strong> ist dazuberufen, ein solches Land zu sein.


10 JAHRE ZIVILDIENST11GSoA-Zitig September 2006 Nr. 127MILITÄRDIENSTVERWEIGERER«Der Parasit will einfach nicht»Militärdienstverweigerer machten vorden Divisionsgerichten die unterschiedlichstenMotive geltend. Die Lizentiatsarbeitvon Samuel Burri* untersucht dieGerichtsprozesse gegen Militärdienstverweigererzu Beginn der 1970er Jahre.Von Reto MoosmannSamuel Burri untersuchte in s<strong>eine</strong>r Lizentiatsarbeit75 Militärstrafprozesse gegen Dienstverweigerer<strong>im</strong> Zeitraum zwischen 1969 und1973 (bei total 1’339 Verweigerungen indiesen fünf Jahren). Durch die quellennaheArbeitsweise gibt Burri den Verweigerern einGesicht und betont die soziokulturellen Unterschiededer Verweigerer: «Einzige wirklicheGemeinsamkeit aller Militärdienstverweigererwar ihr Denken und Handeln nachzivilen Normen und Werten.» Diese wurdenaber höchst unterschiedlich begründet.Motivationen der MilitärdienstverweigererDie Militärjustiz versuchte, die Motivationder Verweigerer und damit die Verweigererselbst zu kategorisieren. Sie kannte Verweigereraus «religiösen», «ethischen», «politischweltanschaulichen»oder aus «anderen» Gründen.Allerdings war die Abgrenzung – unddas arbeitet Burri gut heraus – <strong>im</strong> Einzelfallnicht <strong>im</strong>mer eindeutig. So führten beispielsweiseauch «ethische Verweigerer» teilweisepolitische Gründe an – oder umgekehrt. Eingewisser B.K. schrieb in <strong>eine</strong>m Brief an dieMilitärdirektion: «Es genügt nicht, <strong>im</strong> täglichenLeben tolerant und mit allen in gutemEinvernehmen zu sein, man muss die Funda-mente des Friedens aufbauen helfen.» Da ersich aber «<strong>eine</strong> <strong>Schweiz</strong> nach sozialistischemMuster» wünschte, wurde er als politischweltanschaulicherVerweigerer klassiert.Unterschiedliche StrafmasseDiese Einteilung aller Verweigerer in verschiedeneKategorien hatte handfeste Konsequenzen.Seit 1950 wurden religiöse und ab1967 auch ethische Verweigerer milder beurteiltals die politisch-weltanschaulichen Verweigerer,die mit Gefängnisstrafen zwischen5 und 8 Monaten rechnen mussten. Ein<strong>Schweiz</strong>er Waffenplatzpsychiater teilte dieVerweigerer auf Grund s<strong>eine</strong>r Erfahrungendenn auch wie folgt ein: «Der Prophet hatGewissensprobleme, der Patient ist krankoder psychisch abnorm und der Parasit willeinfach nicht.» Die Abstufung des Strafmassesnach der Motivation, mit welcher die Verweigerungbegründet wurde, war natürlich Teildes in jener Zeit äusserst virulenten, bis weitin die Linke hinein getragenen Anitkommunismus.So verurteilte ein Militärgericht denbekennenden Marxisten (der <strong>im</strong> übrigenauch dem Staatsschutz bekannt war und vondiesem überwacht wurde) zu sieben MonatenGefängnis, weil s<strong>eine</strong> «Tat» (die Verweigerung)als «Ausfluss s<strong>eine</strong>r marxistisch-leninistischenStaatsauffassung und Ideologie zuwerten» sei und er trotz gutem Leumundwegen s<strong>eine</strong>s angeblich «besonders intensivendeliktischen Willens» auffiel.Militärischer KonservatismusIn der härteren Beurteilung von politischmotivierten Verweigerern zeigt sich aberauch der konservative, den gesellschaftlichenWandel nicht mitvollziehende, Charakter dermilitärischen Kaste. Die Militärverweigerung«unterhöhle die Wehrkraft unseres Staatesund gefährde somit die Existenz unseres Landes».Wennder «Parasit, der nicht will» – umes in den Worten des oben zitierten Waffenplatzpsychiatersauszudrücken – <strong>ohne</strong> zwingendenGrund den Dienst verweigerte, danngalt dies als weit gefährlicher für die Wehr-50 Jahre Kampf für den Zivildienstfähigkeit und den Staat als ganzen, als wenndie «Propheten» den Dienst nicht leistenkonnten.* Samuel Burri: „Im Willen zum Frieden sind wir unseinig – Eine Untersuchung der Prozesse gegen Militärdienstverweigererin der Deutschschweiz zu Beginn der1970er Jahre, Bern 2005 (unveröffentlichte Lizentiatsarbeitam Historischen Institut der Universität Bern). Dievollständige Lizentiatsarbeit ist auf der Website der GSoAgreifbar: www.gsoa.ch/armee/politik.Im Oktober wird der Zivildienst 10 jährig. S<strong>eine</strong>r Einführung ging einunsäglicher, zäher Kampf voraus.Die Geschichte des Zivildienstes ist die Geschichte der Militärdienstverweigerer.Während des 2. Weltkrieges gab es erstmals politischeVorstösse, welche die Einführung <strong>eine</strong>s Zivildienstes zum Ziel hatten.Seit den frühen 60er Jahren nahmen die Dienstverweigerungen allmählichzu, in den 70er Jahren kam es zu <strong>eine</strong>m gewaltigen Anstieg der Verweigerungen– 1984 wurde dann die Höchstzahl von 788 Verweigerungenerreicht. Der Druck auf die Politik stieg.Zwei Initiativen für die Einführung <strong>eine</strong>s zivilen Ersatzdienstes wurden1974 und 1984 abgelehnt. 1989 hatte SP-Nationalrat Helmut Hubachermit <strong>eine</strong>r Eingabe die Einführung des Zivildienstes erneut angeregt. Beider Abst<strong>im</strong>mung von 1992 st<strong>im</strong>mte das Wahlvolk dem Zivildienst nunendlich zu – und dies äusserst deutlich: 82,5 Prozent der St<strong>im</strong>mbürgerInnenund sämtliche Stände befürworteten die Vorlage. Damit wurdeein langer Kampf der Ant<strong>im</strong>ilitaristen endlich belohnt. Die <strong>Schweiz</strong> waraber einmal mehr bei den letzten. Bereits um 1970 hatten praktisch alleeuropäischen Länder <strong>eine</strong>n zivilen Ersatzdienst eingeführt.BUCHEMPFEHLUNGWas ist Zivildienst? Ein Buch als AntwortStephan Meier präsentiert Auszüge aus<strong>eine</strong>m Text von Pascal Riesen.«Guten Tag! Es freut mich, dass Sie sich entschiedenhaben, an m<strong>eine</strong>m Zivi-Quiz teilzunehmen......Sinn und Zweck? Lassen Sie sich überraschen!1. Haben Sie sich schon einmal auf drei Stellenbeworben und drei Zusagen erhalten?2. Wissen Sie, wie man Erdrutsch-Verbauungenbaut?3. Wissen Sie, wie man <strong>eine</strong>n Presslufthammerbedient? Wie unglaublich schwer so ein Dingist? Und haben Sie solch <strong>eine</strong>n Hammerschon einmal <strong>im</strong> Tiefschnee <strong>eine</strong>n Abhanghinaufgeschleppt?4. Können Sie sich vorstellen, dass man mit<strong>eine</strong>m «Küderschüfeli» kubikmeterweise Erdeaus der Berner Altstadt schaufelt, um –unter anderem – das Gründungsjahr derBundeshauptstadt zu verifizieren?5. Haben Sie schon mal anderen Menschenbe<strong>im</strong> Stuhlgang geholfen?»Zivildienst, was ist das? Irgendwo schwebtuns ein Bild von <strong>eine</strong>m sinnvollen Einsatzvor, vom Arbeiten in Altershe<strong>im</strong>en, in derLandschaftspflege, <strong>im</strong> Asylwesen oder in derEntwicklungszusammenarbeit. Aber habenSie schon mal <strong>eine</strong>n Zeugenbericht gelesen,wissen Sie, welche Herausforderungen datäglich bewältigt werden?Pascal Riesen zum Beispiel ist Informatiker.Er hat als Ausgrabungshelfer be<strong>im</strong> ArchäologischenDienst des Kantons Bern, als Betreuerin <strong>eine</strong>r Wohngruppe für geistig undpsychisch behinderte Menschen und <strong>im</strong>Rahmen von Aufräumarbeiten für die GemeindeEntlebuch, Zivildienst geleistet.Zum 10. Geburtstag des <strong>Schweiz</strong>er Zivildiensteswird diesen Oktober ein Buch veröffentlichtmit 45 weiteren Berichten inForm von Drama und Lyrik, aber vor allemin Erzählform, welche eins zu eins Einblickin die Zivi-Welt geben.Wir hoffen mit demBuch das Interesse der Öffentlichkeit weckenzu können.Das Buch kann auf der Homepage der GSZ(www.civil.ch) oder per Post bestellt werden(mit Absenderadresse und der Anzahl bestellterBücher bei: Stephan Meier, 49 rue deLyon, 1203 Genève)


12GSoA-Zitig September 2006 Nr. 127Sammeln helfenNeue GSoA-Regionalgruppe in St.GallenDie Unterschriftensammlung für die Initiative«für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten»hat sich in die Ostschweiz ausgedehnt.Die neue GSoA-Regionalgruppe St.Gallensucht UnterschriftensammlerInnen und HelferInnenfür ihre Aktionen. Bist du bereitdich für die Initiative zu engagieren und anSammelaktionen teilzunehmen? So meldedich einfach bei: st.gallen@gsoa.chKontakte zu bestehenden RegionalgruppenMöchtest du in <strong>eine</strong>r GSoA-Regionalgruppebe<strong>im</strong> Sammeln mithelfen? Folgende Regionalgruppenkönnen per Email kontaktiertwerden:basel@gsoa.chbern@gsoa.chgssa@gsoa.ch (Westschweiz)luzern@gsoa.chwinterthur@gsoa.chzuerich@gsoa.chDie Sammeltermine der Regionalgruppensind ersichtlich unter www.kriegsmaterial.ch.Argumentarium und UnterschriftenbogenDie wichtigsten Fakten und Argumente zurInitiative «für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten» wurden in <strong>eine</strong>r 16-seitigen Broschürezusammengestellt. Diese kann mituntenstehendem Talon kostenlos bei uns bezogenwerden, genauso wie Unterschriftenbogenund Faltprospekte zum Sammeln.Der Unterschriftenbogen kann auch unterwww.gsoa.ch oder www.kriegsmaterial.chheruntergeladen werden.BuchempfehlungBarbara Bleisch/Jean Daniel Strub (Hrsg.):Pazifismus – Ideengeschichte, Theorieund Praxis. Haupt Verlag.Der zweisprachigeSammelband(deutschenglisch)gehtdem Pazifismusin 16 Originalbeiträgenauf den Grund:Was charakterisiertden Pazifismus als theoretische Position?Kann der Pazifismus angesichts der aktuellensicherheitspolitischen Herausforderungen nochplausibel sein? Ist <strong>eine</strong> pazifistische Haltungmoralisch zu legit<strong>im</strong>ieren, oder ist die kategorischeAblehnung militärischer Gewalt unverantwortlichoder gar selbstwidersprüchlich?Bleibt der Pazifismus letztlich gar <strong>ohne</strong> Alternativen,wenn nach der Begründung <strong>eine</strong>rzeitgemässen Friedenspolitik gesucht wird?Der Sammelband bietet dem Leser <strong>eine</strong>nguten Überblick über verschiedene Definitionenvon Pazifismus und die daraus folgendensicherheitspolitischen Strategien.Wissenschaftler,wie Politiker (unter anderem GSoA-Vorstand Jo Lang) nehmen Stellung und fordernden Leser dazu heraus, sein eigenes Bildvon Krieg und Frieden zu hinterfragen.Palästina unter neuer RegierungWas verändert sich für die Frauen?Mit der Regierungsübernahme durch Hamas stellen sich den säkularausgerichteten Frauenorganisationen in Palästina neue Fragen: Könnenfeministisch-politische Anliegen noch in die offiziellen Struktureneingebracht werden, oder muss in der Frauenrechts-Politik wiedervermehrt informell agiert werden? Wie werden sich die Institutionenverändern? Kann und will die neue Führung ihre konservative sozialeAgenda flächendeckend durchsetzen?Die Veranstaltung findet <strong>im</strong> Rahmen der cfd-Veranstaltungsreihe 2006statt, welche Gelegenheit bietet, Fragen nach Handlungsspielräumenund Bündnissen zu Gunsten von Frauenrechten mit Vertreterinnenvon cfd-Partnerorganisationen zu diskutieren.Mit Suheir Farraj, Leiterin der Organisation TAM – Women, Media andDevelopment und Filmemacherin, und Amal Khreishe, Direktorin derPalestinian Working Women Society for Development und Politikerin,erwarten Sie zwei besonders interessante Gesprächspartnerinnen.Montag 4. Dezember 2006 / 19.30 / Romerohaus LuzernDienstag 5. Dezember 2006/ 18.30 / Universität ZürichMittwoch 7. Dezember 2006 / 18.15 / Universität Bern /Hauptgebäude Zi 331GSoA-Material…PanzerknackerDie RS-Broschüre der GSoA kostenlos«Etwas Sinnvolles tun»Handbuch zum Zivildienst Fr. 32.–FriedensfahnenPace, Peace Fr. 10.–GSoA-Sackmesser8-teilig Fr. 25.–GSoA-T-ShirtMit dem Spruch «If waris the answer, the questionmust be fucking stupid»S, M, L, XL Fr. 28.–Bestelltalon (Bei Bestellungen aus dem Militär bitte auch Privatadresse angeben)Name/VornameStrasse/NummerPLZ, WohnortTel./E-MailAnzahl Bezeichnung Grösse Einzelpreis TotalT-Shirt «If war is…» S M L XL Fr. 28.–GSoA-Sackmesser Fr. 25.–Friedensfahne eng. it. Fr. 10.–PanzerknackerkostenlosFaltprospekt zur InitiativekostenlosBroschüre mit Fakten und ArgumentenkostenlosUnterschriftenbogenkostenlosSpende Fr. 50.– Fr. 20.– Fr. 10.–Versandkostenanteil Fr. 4.80RechnungsbetragEinsenden an: GSoA, Postfach, 8031 Zürich, Tel. 044 273 01 00, Fax 044 273 02 12Auch Ruag-Boss Toni Wicki freut sich über das GSoA-T-ShirtImpressumRedaktion:Patrick Angele (pa), Daniel Bachofen (dba),Felix Birchler (fb, verantwortlich)David Buchmann (db),Andreas Cassee (ac),Tom Cassee (tc),Ayres Freitas (af),Barbara Heer (bah), Josef Lang (jl),Stefan Luzi (sl), Stephan Marti (sm),Reto Moosmann (rm), Christian Mueller (mue),Martin Parpan (mp), Julian Reich (jr),Rahel Ruch (rr), Christine Scheidegger (cs),Tobia Schnebli (ts),Andreas Weibel (aw)Gestaltung: Christina Meili, ZürichDruck:ROPRESS ZürichAuflage:20000, mindestens viermal jährlichMitgliederbeitrag (inkl. Zitigs-Abo)Verdienende Fr. 100.– / Nichtverdienende Fr. 50.–Jahresabonnement GSoA-Zitig:Fr. 20.– / 10.–PC-Konto: PC 40-37315-5Verlag: GSoA, Postfach, 8031 ZürichTelefon 044 273 01 00, Fax 044 273 02 12E-Mail: gsoa@gsoa.ch, Internet: www.gsoa.chDie Artikel dieser <strong>Zeitung</strong> unterstehen <strong>eine</strong>rCreativeCommons Lizenz. Für nicht-kommerzielleZwecke können sie mit Quellenangabe freiverwendet werden.LeserInnenbriefe, Lob und Kritik sind willkommen.Bitte melden Sie uns Adressänderungen, falscheund/oder doppelte Adressen.

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