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Im Burstel entsteht ein Bijou der Ofenbaukunst<br />
Ja nichts verkacheln<br />
Im Burstel hat der 75-jährige Hafner<br />
Max Nydegger in aufwändiger<br />
Handarbeit einen rund 200-jährigen<br />
Kachelofen neu gesetzt. Ein<br />
Bijou des Hafnerhandwerks, das<br />
fortan in der winterlichen Stube<br />
für warme Füsse und Ohren sorgt<br />
und bei dessen Anblick es den<br />
Liebhabern traditioneller Handwerkskunst<br />
auch warm ums Herz<br />
wird.<br />
von Arthur Schäppi<br />
Bei den Freunden alter Handwerkskunst<br />
gilt das über 300jährige<br />
denkmalgeschützte<br />
Burstel-Gehöft im Wädenswiler Berg<br />
als Geheimtipp: Hausherr André<br />
Greil lässt dort jeweils vor den<br />
Augen von Besuchergruppen die mit<br />
Wasserkraft und Turbine angetriebene<br />
alte Gattersäge rattern oder<br />
setzt die restaurierte Getreidemühle<br />
des Hofs in Gang. In einer Mietwohnung,<br />
die er im Dachgeschoss seines<br />
Riegelhauses einbauen liess, steht<br />
seit kurzem auch ein Meisterstück<br />
der Hafnerkunst, ein rund 200-jähriger<br />
Kachelofen, dessen Kacheln der<br />
75-jährige Wädenswiler Hafner Max<br />
Nydegger vor rund 25 Jahren bei der<br />
Renovation eines früheren Bauern-<br />
Auf einer Bildkachel wärmt sich auch ein französischer<br />
Soldat an der Ofenglut im Burstel<br />
hauses im Weiler Herrlisberg vor der<br />
Zerstörung und dem Schutthaufen<br />
gerettet und bei sich eingelagert<br />
hatte. Der nun am neuen Standort im<br />
Burstel restaurierte Ofen ist ein Werk<br />
der einstigen Horgner Ofenbauer-<br />
Dynastie Kölliker (1639 bis 1850).<br />
Eine besondere Augenweide sind<br />
die Eck- und Simskacheln mit feinen<br />
Handbemalungen in blauer Farbe<br />
auf weisser Glasur. Umrankt von<br />
kunstvollen Ornamenten zeigen die<br />
Sujets etwa Jagdszenen mit Weidmann<br />
und Hase, einen Flötenspieler,<br />
einen Soldaten oder eine junge Frau<br />
mit Enten.<br />
Aufwändige Restauration<br />
In aufwändiger, sorgfältiger Handarbeit<br />
hat Nydegger den ganzen<br />
Dezember über die Kacheln neu<br />
zusammengefügt und den mit den<br />
Schamottsteinen fast zwei Tonnen<br />
schweren Kölliker-Ofen wieder<br />
auferstehen lassen. Auf dass das<br />
fl aschengrüne Edelstück mit seinen<br />
blau-weissen Bildkacheln und den<br />
goldigen Messingnägeln fortan – als<br />
Ergänzung zur Zentralheizung – für<br />
wohlige Wärme in der winterlichen<br />
Stube sorge.<br />
Bei unserem Besuch im Burstel Mitte<br />
Dezember ist der 170 Zentimeter<br />
hohe Ofen bereits bis auf Brusthöhe<br />
erstellt. «Mit Ausnahme der Fundamentplatte<br />
aus Sandstein, den<br />
Schamottsteinen im Ofeninnern,<br />
der Ofentüre und der Abdeckung<br />
verwende ich ausschliesslich Originalteile»,<br />
versichert Nydegger.<br />
Mit Kieselsteinen und<br />
Schamotterde<br />
Eben hat der erfahrene Hafner<br />
eine neue Kachelreihe gesetzt und<br />
mit Metallklammern fi xiert. Jetzt<br />
beginnt er die Hohlschalen der<br />
Kacheln mit baumnussgrossen Kieselsteinen<br />
und mit einem mörtelähnlichen<br />
Gemisch aus Lehmpulver und<br />
Schamotterde aufzufüllen. «So kann<br />
die Hitze in den Kacheln wirkungs-<br />
voll gespeichert werden», erklärt der<br />
gebürtige Berneroberländer, der 1949<br />
als junger Mann zur Hafnerei Gebr.<br />
Gisler nach Wädenswil gekommen<br />
war, sich 1964 als Hafner und Plattenleger<br />
selbständig machte und sein<br />
Metier bis weit übers Pensionsalter<br />
hinaus ausübte. Manche der von Nydegger<br />
aufbewahrten, handgefertigten<br />
Kacheln waren etwas verzogen<br />
oder wiesen am Rand winzige Absplitterungen<br />
auf. Mit einer Schneidmaschine<br />
begradigt der erfahrene<br />
Berufsmann bei unserem Augenschein<br />
deshalb gerade die Kanten<br />
oder er schleift sie zurecht, indem er<br />
sie von Hand über einen Schleifstein<br />
zieht. Mit grosser Konzentration ist<br />
der Ofenbauspezialist dabei bedacht,<br />
nur ja nichts zu «verkacheln»: ein<br />
diffi ziles Handwerk, das ausgeprägtes<br />
manuelles Geschick und höchste<br />
Präzision erfordert. «Kachelöfen und<br />
ganz allgemein traditionelle Handwerkskunst<br />
haben mich seit je her<br />
fasziniert», sagt Auftraggeber André<br />
Greil, der sich nach dem nun kürzlich<br />
erfolgten Abschluss der Arbeiten<br />
über den prächtigen Kachelofen<br />
freuen darf.<br />
23<br />
Mitte Dezember<br />
hatte Max Nydegger<br />
(rechts) den prächtigen<br />
Kachelofen für<br />
André Greil bereits<br />
bis auf Brusthöhe<br />
aufgemauert<br />
Fotos: Arthur Schäppi<br />
<strong>wädi</strong>-<strong>magazin</strong> | jan05