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cher Handlungsbedarf“. Es müsse mehr Hilfe geben, um<br />
Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung vereinbaren zu<br />
können. Dazu gehörten der bedarfsgerechte Ausbau von<br />
Betreuungsangeboten, aber auch familienfreundliche<br />
Arbeitsbedingungen bei den Unternehmen. Und Frauen<br />
müssten einkommensmäßig endlich gerecht behandelt<br />
werden: Bislang verdienen sie im Schnitt 22 Prozent<br />
weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Opposition im<br />
Landtag konnte in diesem Punkt nur zustimmen – warf<br />
allerdings die Frage auf, warum die Mehrheitspartei in der<br />
Vergangenheit nicht mehr getan habe, um die Missstände<br />
erst gar nicht so auflaufen zu lassen.<br />
Denn Armut pflanzt sich fort: So haben Kinder aus ärmeren<br />
Familien weniger Chancen auf eine bessere Zukunft. Wie<br />
der Sozialbericht belegt, stammen nur 12,2 Prozent der<br />
Studenten im Freistaat aus einem ärmeren Elternhaus.<br />
Das sei das Ergebnis einer verfehlten Bildungspolitik,<br />
kritisierte Christa Steiger, die sozialpolitische Sprecherin<br />
der SPD-Fraktion. Früh gegensteuern heißt da die Devise:<br />
Steiger schlägt vor, das Landeserziehungsgeld abzuschaffen<br />
und stattdessen eine kostenfreie Kinderbetreuung<br />
einzuführen.<br />
Wohlstandsschere öffnet sich weiter<br />
Zu denken gibt, wie ungleich der Wohlstand in Bayern<br />
inzwischen verteilt ist. Laut Sozialbericht besitzen diejenigen,<br />
denen es ohnehin wirtschaftlich gut geht, mehr<br />
als je zuvor: Die Vermögenswerte sind im Berichtszeitraum<br />
angewachsen, die Reallöhne gesunken. Oder anders ausgedrückt:<br />
Die in Bayern überdurchschnittlich vorhandenen<br />
Geld-und Vermögenswerte gehören zu zwei Dritteln,<br />
also einem Großteil, einem kleinen Teil der Bevölkerung,<br />
nämlich einem Fünftel. Hingegen müssen 30 Prozent der<br />
Haushalte mit einem Prozent des Gesamtvermögens auskommen.<br />
Eine der Ursachen für die wachsende Ungleichverteilung:<br />
Immer mehr Vollzeitbeschäftigte arbeiten für<br />
einen Niedriglohn, der eigentlich nicht zum Leben reicht.<br />
Ein sorgloser Lebensabend ist nicht jedem beschieden:<br />
18 Prozent der bayerischen Rentner sind laut Sozialbericht<br />
der Staatsregierung von Armut bedroht. (Fotos: Bilderbox)<br />
Migrantenkinder<br />
müssten besser<br />
unterstützt werden.<br />
Sonst haben sie kaum<br />
Chancen auf einen<br />
höheren Abschluss.<br />
Insgesamt liegt die<br />
Armutsrisikoquote<br />
bei Menschen mit<br />
Migrationshintergrund<br />
bei 25,4 Prozent.<br />
Gäbe es die staatlichen Transferleistungen nicht, müssten<br />
in Bayern noch wesentlich mehr Menschen mit dem<br />
ständigen Gefühl leben, von Armut bedroht zu sein. „Ein<br />
Mindestlohn ist hier das Gebot der Stunde“, sagte Christa<br />
Steiger im Landtag. Ungleich verteilt ist der Wohlstand auch<br />
zwischen städtischem und ländlichem Lebensraum. So<br />
verdienen Menschen in Oberbayern im Schnitt 20 Prozent<br />
mehr als Menschen in Niederbayern. Wo der Arbeitsmarkt<br />
ohnehin schwieriger, die Einkommen niedriger sind,<br />
leiden die Kommunen zudem unter der Schließung von<br />
Hauptschulen, die in den vergangenen Jahren Politik der<br />
Staatsregierung war.<br />
Sozialbericht ließ auf sich warten<br />
Ganze zehn Jahre hat es gedauert, bis die Staatsregierung<br />
nach dem ersten Sozialbericht im Jahr 1998 die fast 800<br />
Seiten starke zweite Ausgabe präsentieren konnte. Dabei<br />
hatte der Landtag schon 1996 beschlossen, dass es jede<br />
Legislaturperiode eine Aktualisierung geben solle. Doch die<br />
frühere Sozialministerin Christa Stewens blieb den Bericht<br />
trotz unermüdlicher Mahnungen von Oppositionsparteien<br />
und Sozialverbänden jahrelang schuldig. Begründung:<br />
Die Auswirkungen der Sozialreformen („Hartz IV“) unter<br />
der rot-grünen Bundesregierung müssten erst abgewartet<br />
werden. Dann wiederum hieß es, der Landtag habe das<br />
Geld nicht bereitgestellt.<br />
Kritiker vermuten indes, man habe den Bericht zurückgehalten,<br />
weil die Missstände im reichen Bayern zu<br />
beschämend seien. Renate Ackermann von den Grünen:<br />
„Sie haben einfach nicht wissen wollen, was in Bayern<br />
los ist.“ Dabei könnte die halbe Million Euro, die der von<br />
acht Instituten erstellte Bericht gekostet hat, gut angelegt<br />
sein: Schließlich liefert er den Sozialpolitikern belastbare<br />
Argumente für ihr Handeln. Nun soll der Bericht in den<br />
Ausschüssen diskutiert werden, zudem versprach Haderthauer<br />
eine jährliche Fortschreibung.