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Grenzen endodontischer Zahnerhaltung<br />
Zahntraumen bei Jugendlichen mit unvollständigem Wurzelwachstum sowie multimorbide Zähnen mit einer apikalen Parodontitis<br />
stellen große Herausforderungen für den Behandler dar. Meist haben diese Zähne schon einige Behandlungen<br />
hinter sich und weisen eine parodontale oder endodontische Problematik auf. Hier stellt sich oft die Frage einer adäquaten<br />
Durchführbarkeit der Wurzelkanalbehandlung.<br />
Univ.-Ass. Dr. Dr. Johannes Klimscha<br />
Univ.-Ass. Dr. Matthias Holly // Wien<br />
Im ersten Fall liegt die Schwierigkeit<br />
darin, die Apexogenese fortlaufen zu<br />
lassen oder einen Verschluss der offenen<br />
Wurzelspitze durchzuführen. Im anderen<br />
Fall liegt das Hauptaugenmerk auf<br />
Kontraindikation für die WKB<br />
laut Konsenspapier der Europäischen<br />
Gesellschaft für Endodontie<br />
(2.4.2):<br />
a) Zähne, die nicht funktionell wiederhergestellt<br />
oder restauriert werden<br />
können<br />
b) Zähne mit ungenügendem parodontalen<br />
Halt<br />
c) Zähne mit schlechter Prognose,<br />
nichtkooperative Patienten oder<br />
Patienten, bei denen eine zahnärztliche<br />
Behandlung ausgeschlossen ist<br />
d) Zähne von Patienten mit einem<br />
mangelhaften Mundgesundheitszustand,<br />
der innerhalb eines adäquaten<br />
Zeitraums nicht verbessert werden<br />
kann<br />
Quelle: Konsenspapier d. Europ. Ges. f. Endodontie<br />
(2.4.2.); Int Endod J 1994; 3: 263-276<br />
Tabelle 1<br />
einer adäquaten Desinfektion des meist<br />
sehr schwierig zu instrumentierenden<br />
Kanalsystems. In beiden Fällen werden<br />
häufig die Grenzen der Zahnerhaltung<br />
durch eine endodontische Therapie<br />
a<br />
b<br />
Fall 1 // a 46 Primär endodontische<br />
Läsion mit Beteiligung des Parodonts,<br />
Beweglichkeit Grad 2, interradikuläre<br />
Aufhellung. b Zustand 18 Monate nach<br />
adäquater Reinigung und Füllung der<br />
Kanäle<br />
a<br />
b<br />
Fall 2 // a 12 Perforation bukkal, sklerosierter<br />
Kanal. b Instrumentierung und<br />
Füllung des Kanals bis zum Apex und<br />
Verschluss der Perforation mit MTA<br />
erreicht. Um eine klare Entscheidungsfindung<br />
zu erleichtern, gibt es festgesetzte<br />
Kontraindikationen für eine Wurzelkanalbehandlung<br />
(Tabelle 1).<br />
Kontraindikationen in der Praxis<br />
Betrachtet man diese Kontraindikationen<br />
anhand der beiden Fälle 1 und 2,<br />
wäre bei jedem nach dem Punkt 2.4.2<br />
des Konsenspapiers der European<br />
Society of Endodontology (ESE) eine<br />
Fall 3 // Instrumententfernung. a Unter<br />
dem Operationsmikroskop zeigt sich<br />
eine Längsfraktur am Zahn 16. Nach<br />
Rücksprache mit Kollegen der oralchirurgischen<br />
Abteilung wäre eine<br />
Implantation nur in Kombination mit<br />
einer Knochenaugmentation durchführbar,<br />
die jedoch vom Patienten nicht<br />
gewünscht wird. Am Zahn 17 sind der<br />
p- und db-Kanal durch ein fakturiertes<br />
Instrument blockiert; der mb-Kanal<br />
erscheint im Röntgen sklerosiert. b<br />
Situation nach Extraktion von Zahn 16,<br />
begonnener Wurzelbehandlung (WB) 17<br />
und Entfernung der fakturierten Instrumente.<br />
c Situation ein Jahr nach WB 17,<br />
15 und definitiver Versorgung mittels<br />
Verblend-Metall-Keramik(VMK)-Brücke<br />
Wurzelkanalbehandlung argumentativ<br />
kontraindiziert. Alle Fälle hatten<br />
nach Punkt c eine schlechte Prognose.<br />
Der Fall 1 hatte nach Punkt b zusätzlich<br />
einen eingeschränkten parodontalen<br />
Halt. Der Fall 2 mit Perforation<br />
des Wurzelkanals wäre eigentlich nach<br />
Punkt a funktionell ohne Mikroskop<br />
und technisches Know-how nicht zu<br />
restaurieren.<br />
Prüfen wir nun den Punkt 2.4.2 des<br />
Konsensuspapiers der ESE genauer<br />
(Tabelle 1) und bezeichnen die Kontraindikation<br />
zur Wurzelbehandlung als<br />
Grenze der Durchführbarkeit der endodontischen<br />
Therapie, so müssen wir feststellen,<br />
dass die Punkte c und d genau<br />
genommen auch eine Kontraindikation<br />
für jegliche andere Behandlung, wie die<br />
Implantation und Prothetik, darstellen.<br />
Die Bezeichnung „schlechte Prognose“<br />
ist relativ und eigentlich erst nach<br />
gesetzter endodontischer Therapie zu<br />
stellen. Wie erwähnt, hatten die gezeigten<br />
Fälle eine schlechte Prognose, die<br />
jedoch nach gesetzter Therapie verworfen<br />
wurde.<br />
Absolute Kontraindikation<br />
Nur die Punkte a und b stellen eine Kontraindikation<br />
und damit eine Grenze<br />
der Möglichkeit einer endodontischen<br />
Therapie dar. Als absolute Kontraindikation<br />
der Endodontie sind anzusehen:<br />
← Wurzelfrakturen,<br />
← tief subgingival zerstörte Zähne,<br />
← Zähne mit einer geringen<br />
Restdentinstärke,<br />
← sklerosierte Kanäle mit apikaler<br />
Aufhellung,<br />
← Perforationen ohne Verschlussmöglichkeit<br />
mit „mineral trioxide<br />
aggregate“ (MTA) sowie<br />
← frakturierte Instrumente bei Vorliegen<br />
einer apikalen Aufhellung ohne<br />
Möglichkeit der orthograden oder<br />
chirurgischen Entfernung.<br />
Bei Vorliegen einer Beweglichkeit<br />
Klasse 3 ist aus endodontischer Sicht<br />
eine Wurzelkanalbehandlung ebenfalls<br />
absolut kontraindiziert. Auf diese<br />
Punkte wollen wir aber gar nicht näher<br />
eingehen, da die Grenzen einer endodontischen<br />
Therapie durch eine Missachtung<br />
der biologischen Kriterien viel<br />
eher erreicht werden.<br />
Einhaltung der biologischen<br />
Kriterien<br />
Um dem Ziel der Endodontie, der Prävention<br />
beziehungsweise der Heilung<br />
einer apikalen Parodontitis, gerecht zu<br />
werden, sollte zuallererst eine aseptische<br />
Arbeitsweise eingehalten werden. Dazu<br />
b<br />
d<br />
Fall 4 // Stiftentfernung und komplexe Kanalanatomie. a Überweisung zur Revision<br />
und Stiftentfernung an Zahn 16. Die Zähne 16, 17 zeigen insuffiziente WB, Zahn 15<br />
Resorption. b Unter dem OP-Mikroskop: Stift schonend entfernt, Fraktur ausgeschlossen,<br />
fünf Kanäle aufbereitet, gereinigt und gefüllt. c Füllröntgen. d Kontrollröntgen<br />
mit gesetztem Glasfaserstift zur weiteren definitiven Versorgung beim Überweiser<br />
S | 10 S | 11<br />
a<br />
b<br />
c<br />
a c<br />
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