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Wochenendhaus von Familie Strauß müsste man sein. Dann würde ...

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IN TREUEN<br />

HÄNDEN<br />

<strong>Wochenendhaus</strong> <strong>von</strong> <strong>Familie</strong> <strong>Strauß</strong> <strong>müsste</strong><br />

<strong>man</strong> <strong>sein</strong>. <strong>Dann</strong> <strong>würde</strong> <strong>man</strong> gehegt und<br />

gepflegt wie ein Schatz. Ein Besuch in Klein<br />

Thurow nahe dem Schaalsee<br />

Fotos Hauke Dressler text anne Zuber<br />

architektur Fachwerk mit originalen<br />

Lehmdecken. Ein typisches Tagelöhnerhaus,<br />

gebaut um 1900, aber mit<br />

Baustoffen, die wesentlich älter sind<br />

LaGe Klein Thurow (32 Einwohner)<br />

nahe der ehemaligen innerdeutschen<br />

Grenze in Nordwestmecklenburg<br />

beWohner Jutta und Frank <strong>Strauß</strong><br />

mit den Kindern E<strong>man</strong>uel und Simon<br />

interior Flohmarktfunde, alte Öfen<br />

aus der Region, Gesammeltes. Die<br />

Altersspuren, Farbreste und Macken<br />

der Einrichtung sind Programm,<br />

Teil ihrer Geschichte und erwünscht<br />

116 sCHOener-WOHnen.De 4|2011<br />

Leben auF dem Land<br />

Grünes Zimmer eins Im Winter wird<br />

dieser Raum nur als großer Kühlschrank<br />

genutzt, im Sommer ist er unverzichtbar<br />

Grünes Zimmer zwei Frank <strong>Strauß</strong><br />

bereitet das Abendessen vor, das bei<br />

gutem Wetter draußen eingenommen<br />

wird. Als Gartenmöbel dienen Bierbänke<br />

und -tisch, zum Shirt passend lackiert


118 sCHOener-WOHnen.De 4|2011<br />

küchenhexe Per Kleinanzeige in<br />

der Lokalzeitung gefunden und für 50 Euro<br />

überlassen bekommen. „Der Vorbesitzer<br />

wollte ihn loswerden und fand uns sympathisch...“<br />

rhabarber vorher Frische Ernte<br />

aus dem Vorgarten ausfahrt Der Goldensee<br />

ist fünf Fahrradminuten entfernt. Wenn<br />

<strong>man</strong> schnell genug radelt, reicht die Rück-<br />

fahrt, um das Handtuch wieder zu trocknen<br />

Leckerei Sommer, Sonne, Melone – der<br />

perfekte Dreiklang dachbodenfund Das<br />

kleine „Güter<strong>man</strong>n“-Bild hat Frank <strong>Strauß</strong><br />

auf dem Speicher des Hauses gefunden.<br />

Jetzt hat es einen Ehrenplatz in der Stube<br />

Wiesenstrauß Alle Blumen stammen vom<br />

Grundstück, Ehrensache sonnenseite An<br />

solch einem Häuschen emporzuwachsen<br />

gefällt den alten englischen Kletterrosen<br />

brotzeit Der Weizenlaib wurde in einem<br />

Lehmbackofen aus alten Baumaterialien<br />

gebacken. Dass Lotta und Minna, die bei-<br />

den Hausschafe, die Milch für den Käse dazu<br />

liefern, klappt bislang leider noch nicht<br />

maßanfertigung Warum der neue Zaun<br />

so aussieht, als sei er immer da gewesen?<br />

Weil Frank <strong>Strauß</strong> bei einem alten Exemplar<br />

penibel nachgemessen hat, bevor er ihn<br />

so bauen ließ barfuß Der Dresscode an einem<br />

Sommertag: Statt Schuhen gehören die<br />

Halme frisch gemähten Grases an die Füße<br />

bombe Jeder nach <strong>sein</strong>er Fasson. Wie Jutta<br />

<strong>Strauß</strong> in den Goldensee taucht, konnten<br />

Sie auf Seite 115 bewundern rhabarber<br />

nachher Die Ausbeute vom Vormittag nach<br />

der Verarbeitung und kurz vor dem Verzehr<br />

ernte Simon reckt und streckt sich, damit<br />

es morgen einen Kirschkuchen gibt besitzerstolz<br />

Jutta und Frank <strong>Strauß</strong> lassen den<br />

Blick übers Land schweifen Lotta Sie wurde<br />

mit der Flasche aufgezogen und sei sich,<br />

sagt Frank <strong>Strauß</strong>, noch nicht ganz sicher, ob<br />

sie Schaf oder Mensch ist Frühstück Zu<br />

jeder Tageszeit gibt es den einen perfekten<br />

Platz zum Draußensitzen – morgens ist das<br />

am Vordereingang mit Blick auf den Garten


120 sCHOener-WOHnen.De 4|2011<br />

Ab Juni<br />

vermietet <strong>Familie</strong><br />

<strong>Strauß</strong> eine<br />

Haushälfte als<br />

Ferienwohnung:<br />

www.bauernkate-<br />

klein-thurow.de<br />

drei <strong>man</strong>n in einem boot Der Teich<br />

vorm Haus war früher eher eine Pfütze.<br />

Dank eines Förderprogramms des<br />

Biosphärenreservats Schaalsee konnten<br />

die <strong>Strauß</strong>ens ihn ausbaggern lassen<br />

3|2011 sCHOener-WOHnen.De 121


Es war einmal ein kleines Haus in Nordwestmecklenburg,<br />

gebaut aus Lehm und Fachwerk. Lange hatten Tagelöhner<br />

darin gewohnt, drei Generationen in drei Räumen, jetzt<br />

stand es leer. Das Gut Dutzow, dem es ursprünglich angehörte,<br />

war schon in den 70er Jahren, zu Zeiten der DDR, abgerissen,<br />

der Rest mehr oder weniger in den Schaalsee geschoben worden.<br />

Das kleine Haus wusste, dass ihm ein ähnliches Schicksal blühte,<br />

wenn es nicht bald wieder bewohnt werden <strong>würde</strong>. Da tauchte<br />

eines Tages im Frühjahr 2000 ein cremefarbener 2CV mit Hamburger<br />

Kennzeichen am Horizont auf, juckelte die Straße entlang<br />

und hielt vor dem Haus. Darin: Frank und Jutta <strong>Strauß</strong>,<br />

zwei kleine Jungs, eins und drei, auf dem Rücksitz. Seit einem<br />

Jahr durchkämmten sie an den Wochenenden die Gegend auf<br />

der Suche nach einem bezahlbaren Häuschen, das <strong>von</strong> Hamburg<br />

aus in nicht viel mehr als einer Stunde zu erreichen wäre.<br />

Dieses hier wurde <strong>von</strong> der Treuhand, so hieß sie damals noch,<br />

angeboten, als Doppelhaushälfte. „Das war unser Glück“, sagt<br />

Frank <strong>Strauß</strong>. Was nämlich nie<strong>man</strong>d wusste: Auch die andere<br />

Hälfte stand leer und sollte privat verkauft werden. Die <strong>Strauß</strong>ens<br />

griffen zu, zahlten 60 000 Mark, und das Häuschen war gerettet.<br />

Dachte es. Doch bald wurde ihm klar: Es war viel mehr. Es sollte<br />

eine neue Glanzzeit erleben. Denn zwar hatten die <strong>Strauß</strong>ens<br />

jetzt nur noch Kleingeld im Portemonnaie, waren aber erfüllt<br />

<strong>von</strong> umso mehr Arbeitswut, Leidenschaft für diesen ganz speziellen<br />

Ort und Liebe zum Detail. Sie besserten die Lehmdecken<br />

aus, sie sammelten Findlinge am Rand der umliegenden Felder<br />

auf und pflasterten damit den Platz hinter dem Haus, sie bauten<br />

einen Backhäuschen, sie ließen den Teich ausbaggern, sie<br />

Gute stube Im Sommer liegt das Wohnzimmer vor dem Haus,<br />

aber im Winter heizt hier der Kachelofen, sodass <strong>man</strong> sich<br />

nach dem Spaziergang die Füße daran wärmen kann kein<br />

stubenhase E<strong>man</strong>uel mit Otto. Otto repräsentiert den mobilen<br />

Streichelzoo der <strong>Familie</strong>. Der hat <strong>sein</strong>en festen Platz im<br />

Auto nichts für stubenhocker Eigentlich verlangt der Teich<br />

nicht nach solch einem großen Boot. Aber hübsch ist es<br />

122 sCHOener-WOHnen.De 4|2011<br />

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deckten das Dach neu mit den originalen Biberschwanzziegeln.<br />

Sie legten auch eine Streuobstwiese an und besorgten zwei<br />

Rasenpflegekräfte, Lotta und Minna. Die beiden Schafsdamen<br />

sind quasi die Alternative zum Sitzrasenmäher, welcher <strong>Familie</strong><br />

<strong>Strauß</strong> aus Gründen der Ästhetik niemals aufs Grundstück<br />

gekommen wäre. Aber dass 3700 Quadratmeter mit einer Sense<br />

nur schwer in den Griff zu bekommen sind, sah <strong>man</strong> relativ<br />

schnell ein. Die Möbel ertrödelten sie bei umliegenden Händlern<br />

oder auf Flohmärkten, und statt dann die Gebrauchsspuren<br />

zu tilgen, achtete <strong>Familie</strong> <strong>Strauß</strong> peinlich genau darauf, die<br />

Macken, Flecken und Kerben, die die Zeit den Stücken eingeschrieben<br />

hatte, auch zu erhalten. „Ich finde es immer wieder<br />

spannend“, sagt Frank Strauss, „etwa beim Aufarbeiten einer<br />

alten Tür, genau den Moment zu treffen, an dem <strong>man</strong> aufhören<br />

muss, an dem ein Rest Farbe bleiben darf.“ Nichts in dem Haus<br />

wirkt achtlos oder leichtfertig entschieden, auch wenn Frank<br />

<strong>Strauß</strong> an dieser Stelle sofort die Lichtschalter ins Spiel bringt:<br />

„Die sitzen für so ein altes Haus viel zu niedrig. Auf deutscher<br />

Normhöhe eben. Da haben wir nicht aufgepasst.“ Dem kleinen<br />

Häuschen ist dieses Detail schnuppe. Dazu stimmen zu viele<br />

andere. Es sieht so schmuck aus, wie es da in der Abendsonne<br />

steht, eingerahmt <strong>von</strong> der dichten Buchenhecke vorn und der<br />

Natursteinmauer auf der Rückseite. Allerdings haben die Besitzer<br />

gerade kein Auge dafür. Sie sind gar nicht da. Nachdem sie<br />

draußen zu Abend gegessen haben und dabei Lotta mehrmals<br />

geduldig erklären mussten, dass für sie kein Platz mehr am<br />

Tisch sei, sind sie auf die Räder gestiegen und noch einmal<br />

zum Spätbaden an den nahen Goldensee gefahren.<br />

straußen-<strong>Familie</strong> Jutta und Frank mit Simon und E<strong>man</strong>uel<br />

mikrokosmos Auch das Anlegen der Natursteinmauer ist<br />

vom Förderprogramm des Biosphärenreservats Schaalsee<br />

unterstützt worden. Weil eine solche das Lieblingszuhause<br />

<strong>von</strong> allerlei Kleinstlebewesen ist Futter Die Winternahrung<br />

für Lotta und Minna wird gesichert. Gut, dass Frank <strong>Strauß</strong><br />

gerade die passende Rollwinde auf dem Speicher entdeckt hat<br />

124 sCHOener-WOHnen.De 4|2011

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