Mitteilungen - Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg e. V.
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Archive – Speicher der Erinnerung<br />
<strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> Ulm e. V.<br />
– KZ-Gedenkstätte –<br />
<strong>Mitteilungen</strong><br />
Heft 55 / November 2011<br />
Neue Herausforderungen für NS-Archive<br />
Grünes Licht für Modellprojekt am DZOK<br />
Das Erbe der Zeitzeugen sichern<br />
Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte · So., 13. November 2011 · 11 Uhr
Vorwort<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
das <strong>Dokumentationszentrum</strong> <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> steht<br />
in den kommenden Jahren vor großen Aufgaben und<br />
hat ein ehrgeiziges Programm entwickelt, um diesen<br />
produktiv zu begegnen. Eine zentrale Herausforderung,<br />
die uns (gemeinsam mit vielen anderen Gedenkstätten)<br />
umtreibt, liegt darin, das materielle Erbe der Zeitzeugen<br />
für die Zukunft zu sichern und zum Sprechen zu bringen.<br />
Worum es dabei genau geht, wird im inhaltlichen Schwerpunktthema<br />
„Archive der Erinnerung“ aus verschiedenen<br />
Blickwinkeln beleuchtet.<br />
Als ausgewiesener Experte stellt Thomas Lutz (Topographie<br />
des Terrors) vor, wie aktuell und drängend die<br />
Arbeitsbereiche Archiv und Sammlung für die Gedenkstätten<br />
und deren Weiterentwicklung sind. Wie diese<br />
Arbeiten auch von kleineren, bürgerschaftlich getragenen<br />
Erinnerungsorten angegangen werden können, steht im<br />
Zentrum unseres neuen dreijährigen Bundesprojekts, dem<br />
ich einen eigenen Artikel widme. Das Projekt zielt unter<br />
anderem darauf ab, Angehörige von Verfolgten mit neu<br />
fundierten Informationen zu versorgen. Wie eine familienbiografische<br />
Recherche heute aussieht, schildert Gudrun<br />
Lambrecht-Rauscher im Interview. Sie war im Internet<br />
auf das KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> gestoßen und hat online den<br />
Namen ihres Großvaters entdeckt. Über den verantwortungsvollen<br />
Umgang mit Opferdaten im Internet schreibt<br />
Johannes Ibel (KZ-Gedenkstätte Flossenbürg). Schließlich<br />
verdeutlicht Silvester Lechner (ehemaliger Leiter) mit<br />
seinem persönlich gehaltenen Rückblick auf die Archivarbeit<br />
des DZOK, welch langen Weg das <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
hierbei bis zum Bundesprojekt gegangen ist.<br />
Im zweiten Teil der <strong>Mitteilungen</strong> berichten wir über unsere<br />
praktische Arbeit. Zu den besonderen Veranstaltungen<br />
und Projekten gehören die kommende Gedenkfeier und<br />
die Exkursionen. Einen kleinen eigenen Schwerpunkt<br />
bilden die Artikel rund um die Gedenkstättenpädagogik,<br />
in denen wir Neuerungen – etwa zur interkulturellen<br />
Arbeit – vorstellen. Nun ist aber auch am <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
nicht alles eitel Sonnenschein. Wegen des<br />
deutlichen Spendenrückgangs weist unser Vereinsvorsitzender<br />
Wolfgang Keck auf unsere Haushaltsituation hin<br />
und bittet Sie, liebe Leserin und Leser, um Unterstützung.<br />
Ebenso wichtig ist Ihre freiwillige Mitarbeit. Um Sie hierzu<br />
einzuladen, liegt ein Faltblatt bei. Dass wir in diesem Heft<br />
gleich drei Nachrufe aufnehmen mussten, ist ein trauriges<br />
Zeichen dafür, dass wir uns nun wirklich von der Generation<br />
der Miterlebenden verabschieden müssen, von hoch<br />
geschätzten Wegbegleitern und Zeitzeugen.<br />
Noch ein Wort in eigener Sache. Unser neues Redaktionsmitglied<br />
Thomas Vogel hat einige grafische Vereinheitlichungen<br />
und Innovationen angestoßen. Wir freuen uns<br />
diesmal also auf Rückmeldung nicht nur zu den Inhalten,<br />
sondern auch zur Gestaltung. Mein Dank geht an alle<br />
Autoren, Rezensenten und Redaktionsmitglieder sowie<br />
an die Fotografin Reintraud Semmler für die geleistete<br />
Arbeit – Dank auch an das scheidende Redaktionsmitglied<br />
Uli Klemm für seine über zweijährige Mithilfe.<br />
Zum Schluss möchte ich Sie noch einmal persönlich<br />
zu unserer Gedenkveranstaltung am Sonntag, den 13.<br />
November einladen. Mit den besten Wünschen für Weihnachten<br />
und das neue Jahr 2012 grüßt Sie herzlich<br />
2<br />
Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte<br />
für den Widerstand von 1933 bis 1945<br />
und die Opfer der<br />
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft<br />
Sonntag, 13. November 2011, 11 Uhr<br />
Konzentrationslager<br />
im Gespräch von Wehrmachtsoldaten<br />
abgehört in amerikanischer<br />
Kriegsgefangenschaft 1940-1945<br />
Dr. Michaela Christ bietet neue Innensichten zu<br />
einem zentralen Thema unserer Erinnerungskultur<br />
Inhalt<br />
Nicola Wenge Titelbild: R. Semmler, A-DZOK.<br />
Ab 12.30 Uhr: Führung durch die Gedenkstätte<br />
Vorwort 2<br />
Archive der Erinnerung: Aktuelle<br />
Herausforderungen und Notwendigkeiten 3<br />
Das neue Archivprojekt am DZOK:<br />
Quellen der Zeitzeugen zugänglich machen 5<br />
Familienrecherche zu <strong>Kuhberg</strong>häftling<br />
Benno Fischer 7<br />
Opferdaten im Internet: Alles online? 8<br />
Archivalische Quellen – die Voraussetzung<br />
des Gedenkens: Kleiner Rückblick 10<br />
Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte 11<br />
Spurensuche im Zillertal:<br />
Jüdischer Alpinismus und Antisemitismus 12<br />
Impressum 13<br />
Exkursion ins Elsass 14<br />
„Ferienexpress“: Was Steine<br />
von Gefangenen erzählen 15<br />
Interkulturelle Arbeit am DZOK 16<br />
Zur Haushaltslage des DZOK 17<br />
Neuauflage der didaktischen Materialien 17<br />
Leserbriefe 18<br />
Nachruf auf Lotte Frenkel 19<br />
Nachruf auf Roman Sobkowiak 20<br />
Nachruf auf Johannes Heinzelmann 21<br />
Rückblick 2011 22<br />
Neues in Kürze 26<br />
Neue Bücher 30<br />
Veröffentlichungen des DZOK 34<br />
DZOK-Veranstaltungen<br />
Winter/Frühjahr 2011/2012 35<br />
Förderer dieser Nummer 36<br />
Beitrittserklärung 36
Archive der Erinnerung<br />
Aktuelle Herausforderungen und Notwendigkeiten<br />
Nach 1989 erhielten die Gedenkstätten<br />
zur NS-Geschichte neuen<br />
Auftrieb, das historische Wissen ist<br />
seither stark angestiegen. Besonders<br />
kleinere Einrichtungen aber<br />
brachte die deutliche Zunahme<br />
an archivalischen Quellen deutlich<br />
an ihre Kapazitätsgrenzen.<br />
Ein Modellprojekt am DZOK soll<br />
Lösungen erarbeiten.<br />
Thomas Lutz<br />
Zum Verständnis wie aktuell und<br />
drängend die Arbeitsbereiche Archiv<br />
und Sammlung für die Gedenkstätten<br />
für NS-Opfer und deren Weiterentwicklung<br />
sind, soll ein kurzer<br />
Rückblick auf die Entwicklung in den<br />
letzten zwei bis drei Jahrzehnten<br />
dienen.<br />
Die kleinen westdeutschen Institutionen,<br />
die in den 1980er Jahren<br />
aus zivilgesellschaftlichen Initiativen<br />
hervor gingen, legten ihren Schwerpunkt<br />
auf die Aufklärung über die<br />
Geschichte des historischen Ortes.<br />
Die Etablierung der neuen Institutionen<br />
vor allem durch Bildungsarbeit<br />
und das Sich-Einmischen in aktuelle<br />
erinnerungspolitische Debatten<br />
machten einen Großteil des<br />
Arbeitsalltags aus.<br />
Die in den Anfangsjahren geschaffenen<br />
zeithistorischen Ausstellungen<br />
als Grundlage für die Bildungsarbeit<br />
entstanden im Angesicht verschiedener<br />
Schwierigkeiten. Das Wissen<br />
über die historischen Tatorte konnte<br />
erst allmählich erarbeitet werden<br />
und die verschiedenen Gruppen<br />
der Opfer wurden häufig nur holzschnittartig<br />
präsentiert. Den ersten<br />
Ausstellungen mangelte es zudem<br />
an Objekten. Die Dokumentationen<br />
mussten einfach gestaltet werden,<br />
da wenig Geld zur Verfügung stand.<br />
Weder waren die Gedenkstätten in<br />
der Lage, eigene Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter für das Anlegen<br />
von Archiven und Sammlungen<br />
anzustellen, noch hatten diese Aufgaben<br />
eine hohe Priorität. So fehlte<br />
es häufig an Fachpersonal und Zeit,<br />
um die materiellen Zeugnisse in den<br />
Gedenkstättenarchiven fachgerecht<br />
zu ordnen und zu sammeln sowie<br />
digital zu verzeichnen.<br />
Mit der deutschen Einheit erhielt<br />
die Entwicklung der Gedenkstätten<br />
in Gesamtdeutschland dann einen<br />
neuen Schub: Die nationalen<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Eine Auswahl noch nicht veröffentlichter Dokumente aus dem Archiv des DZOK.<br />
Foto: R. Semmler, A-DZOK.<br />
Mahn- und Gedenkstätten in der<br />
DDR wurden neu konzipiert und sie<br />
wurden zu Stiftungen in Landes- und<br />
Bundesträgerschaft umgewandelt.<br />
Sie hatten den strukturellen Vorteil,<br />
dass sie von Beginn an als zeithistorische<br />
Museen mit verschiedenen<br />
Abteilungen aufgebaut worden<br />
waren und über entsprechendes<br />
Personal verfügten.<br />
Dank des Bundesgedenkstättenkonzeptes<br />
konnten Gedenkstätten in<br />
den alten Bundesländern im letzten<br />
Jahrzehnt eine Projektförderung<br />
erhalten, die vor allem zur Neugestaltung<br />
der Ausstellungen und<br />
für Gebäudesanierungen genutzt<br />
werden konnte. Der Dauerbetrieb<br />
muss jedoch angesichts des Kulturpluralismus<br />
von den Körperschaften<br />
in den Bundesländern getragen<br />
werden, die hier zumeist sehr<br />
knauserig sind. Immerhin ist 2008<br />
ein zehn Jahre alter Bundestagsbeschluss<br />
umgesetzt worden, nach<br />
dem die Gedenkstätten in den ehemaligen<br />
selbständigen KZ Bergen-<br />
Belsen, Dachau, Flossenbürg und<br />
Neuengamme auch institutionelle<br />
Bundeszuschüsse erhalten.<br />
Für die Orte von NS-Massenverbrechen<br />
fehlen Förderstrukturen völlig,<br />
wie sie im Bereich der sowjetischen<br />
Besatzungszeit und DDR-Diktatur mit<br />
der Stiftung Aufarbeitung geschaffen<br />
wurden.<br />
Seither sind bei der fortschreitenden<br />
Etablierung der Gedenkstätten vier<br />
wichtige Entwicklungen zu beobachten:<br />
1. Die Quellenbasis für die Gedenkstättenarbeit<br />
ist in großem Umfang<br />
angewachsen. Nach dem Systemwechsel<br />
in Mittel- und Osteuropa<br />
waren neue Einsichten in Archive,<br />
vor allem in der (ehemaligen) Sowjetunion<br />
möglich. Umfangreiche Dokumentensammlungen<br />
sind erhoben<br />
und Kopien in den Gedenkstätten<br />
gesammelt worden.<br />
2. In den letzten eineinhalb Jahrzehnten<br />
wurden verstärkt biographische<br />
Interviews mit Überlebenden<br />
des NS-Terrors geführt und zumeist<br />
auf Video aufgezeichnet. Überlebende<br />
oder deren Angehörige haben<br />
außerdem in den letzten Jahren verstärkt<br />
Artefakte, die im Zusammenhang<br />
mit der Verfolgung stehen, an<br />
die Gedenkstätten abgegeben.<br />
3. Das Wissen um die historischen<br />
Stätten ist dank archäologischer und<br />
bauhistorischer Untersuchungen, die<br />
auch Funde mit sich gebracht haben,<br />
stark gewachsen.<br />
4. Darüber hinaus hat eine professionelle<br />
Sensibilisierung für die Art<br />
und Weise der Präsentation von<br />
Dokumenten, Fotos und Artefakten<br />
stark zugenommen. Die im letzten<br />
Jahrzehnt entstandenen neuen<br />
musealen Ausstellungen (insgesamt<br />
3
Dr. Thomas Lutz. Foto: T. Lutz.<br />
21, in Baden-Württemberg u. a.<br />
Grafeneck und Ulm) haben in der<br />
Zwischenzeit ein Niveau erreicht,<br />
das sich mit anderen Museumsgattungen<br />
messen kann. Die verschiedenen<br />
Opfergruppen werden in den<br />
aktuellen Ausstellungen differenziert<br />
mit ihrer Verfolgungsgeschichte<br />
während der NS-Zeit dargestellt.<br />
Dank des Zusammentragens vieler<br />
biographischer Zugänge können<br />
die Auswirkungen dieser Gruppenschicksale<br />
auf einzelne Menschen<br />
– auch lebensgeschichtlich – gut<br />
nachvollziehbar beschrieben werden.<br />
In Folge der besseren Finanzierung<br />
für neue Ausstellungsvorhaben<br />
konnte das Design mit mehr Aufwand<br />
erstellt und den Inhalten adäquat<br />
gestaltet werden.<br />
Derzeit können vor allem die kleineren<br />
Einrichtungen ihre vielfältigen<br />
und tendenziell zunehmenden Aufgaben<br />
aber nur durch das kolossale<br />
Engagement der wenigen haupt- und<br />
vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter<br />
bewältigen. Die alltägliche Arbeit ist<br />
so umfangreich, dass keine Zeit mehr<br />
bleibt, die – auch in den kleineren<br />
Einrichtungen – in der Zwischenzeit<br />
erworbenen Dokumente und Objekte<br />
ordnungsgemäß zu verzeichnen.<br />
Viele Gedenkstätten beschreiben<br />
das Manko, dass auch sie in den<br />
letzten Jahren wichtige Quellen und<br />
Artefakte erhalten haben, diese aber<br />
noch im „Giftraum“ liegen und nicht<br />
für das Publikum zugänglich gemacht<br />
werden können.<br />
Aus drei Gründen ist es notwendig,<br />
rasch eine Veränderung herbeizuführen,<br />
um dieses Manko zu<br />
beheben:<br />
4<br />
Zum ersten wird es allmählich auch<br />
in den Gedenkstätten einen Generationswechsel<br />
geben. Wenn die<br />
Menschen, die das „biologische<br />
Gedächtnis“ der Einrichtungen darstellen,<br />
nicht mehr ansprechbar sein<br />
werden, kann ihr Wissen – gerade<br />
über die Herkunft der Quellen<br />
und Materialien – nicht mehr aufgezeichnet<br />
werden. Daher ist es<br />
wichtig, so schnell wie möglich das<br />
bei den Mitarbeitern vorhandene<br />
Wissen festzuhalten – die biologische<br />
in die elektronische Datenspeicherung<br />
zu überführen.<br />
Zum zweiten müssen die digitalen<br />
Verzeichnisse in Formen entwickelt<br />
werden, die den Bedürfnissen der<br />
Gedenkstätten gerecht werden. Sie<br />
müssen den inhaltlichen Standards<br />
von Archiven und Dokumentationen<br />
entsprechen. Es macht jedoch keinen<br />
Sinn, hierfür Programme zu nutzen,<br />
die zu kompliziert und umfangreich<br />
sind und die Möglichkeiten der<br />
Gedenkstätten überfordern.<br />
Zum dritten ergibt sich gerade aus<br />
dieser Dichotomie zwischen den<br />
wenigen zur Verfügung stehenden<br />
Mitteln und der Dringlichkeit, für<br />
die Erstellung von Verzeichnissen<br />
der Archive und Sammlungen der<br />
Gedenkstätten adäquate Lösungen<br />
zu finden, die Notwendigkeit, bei der<br />
Erarbeitung sowie Implementierung<br />
und dem kontinuierlichen Gebrauch<br />
zusammen zu arbeiten.<br />
Ich halte es vor dieser skizzierten<br />
Gesamtentwicklung für eine wichtige<br />
Entscheidung, dass die Bundesgedenkstättenförderung<br />
das <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> mit<br />
einem Modellprojekt befähigt, seine<br />
Archivarbeit zu professionalisieren<br />
– und zwar in enger Kooperation mit<br />
den anderen Gedenkstätten. Noch<br />
ist die Gedenkstättenlandschaft in<br />
Deutschland erfreulich vielfältig.<br />
Es ist kein Widerspruch zu dieser<br />
Dezentralität, sondern hilft sie zu<br />
erhalten, wenn die Institutionen auf<br />
unterschiedlichem Niveau bei dem<br />
Aufbau elektronisch erfasster Sammlungen<br />
von Artefakten, Abbildungen<br />
und Dokumenten weiträumig<br />
zusammen arbeiten. Das hilft die<br />
inhaltlichen Fragen zu klären, ermöglicht<br />
einen Austausch in der Zukunft<br />
und spart Mittel.<br />
Kurzum: Die Gedenkstätten für<br />
Opfer des Nationalsozialismus<br />
können heute das Schicksal der NS-<br />
Opfer mit viel größerem historischen<br />
Wissen, umfangreichen Zeugnissen<br />
der Überlebenden und einer hohen<br />
professionellen Sensibilität darstellen.<br />
Hierfür ist aber eine exakte Quellenkunde<br />
und die lückenlose Dokumentation<br />
der Materialien von der<br />
Entstehung bis zur Übergabe an die<br />
Gedenkstätte erforderlich. Für die<br />
zukünftige Entwicklung der Gedenkstätten<br />
ist die Bewahrung dieser<br />
Quellen und ihre exakte, lückenlose<br />
Beschreibung eine zentrale Aufgabe.<br />
Wenn es nicht gelingt, diese Quellen<br />
mit den hohen Standards von Sammlungs-<br />
und Archivverzeichnissen zu<br />
erfassen, werden sie in Zukunft nicht<br />
mehr genutzt werden können.<br />
In diesem Sinne wünsche ich dem<br />
Archivprojekt des DZOK ein erfolgreiches<br />
Gelingen.<br />
INFO<br />
Dr. Thomas Lutz ist seit fast dreißig<br />
Jahren in der bundesdeutschen Gedenkstättenarbeit<br />
aktiv und einer der erfahrensten<br />
und bekanntesten Experten in<br />
Deutschland. Er organisiert die bundesweiten<br />
Gedenkstätten-Tagungen, gibt<br />
den „Gedenkstätten-Rundbrief“ heraus<br />
und ist u. a. Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft<br />
der KZ-Gedenkstätten.<br />
Seit 1993 arbeitet Thomas Lutz für die<br />
Stiftung Topographie des Terrors.
Das neue Archivprojekt des DZOK / KZ-Gedenkstätte<br />
Quellen der Zeitzeugen zugänglich machen<br />
Thomas Lutz brachte es in seinem<br />
Beitrag auf den Punkt: Wir müssen<br />
unsere Archivarbeit professionalisieren,<br />
um die wertvollen privaten<br />
Nachlässe, Zeitzeugeninterviews<br />
und historischen Dokumente, die<br />
heute in vielen Gedenkstätten<br />
noch als ungehobene Schätze in<br />
Kartons verborgen sind, für die<br />
Zukunft zu sichern.<br />
Nicola Wenge<br />
Dies ist umso dringlicher, als die<br />
Zeitzeugen bald ganz verstummt<br />
sind und ein Generationswechsel<br />
in den Gedenkstätten ansteht. Viele<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />
die in den 1980er Jahren ihre Einrichtungen<br />
aufgebaut und denen die<br />
Quellen von den Überlebenden der<br />
NS-Zeit anvertraut wurden, ziehen<br />
sich altersbedingt aus der Arbeit<br />
zurück. Sie können bald nicht mehr<br />
Auskunft geben über die Herkunft<br />
und Hintergründe dieser wertvollen<br />
Dokumente. Es droht damit ein nicht<br />
wieder gut zu machender Aderlass<br />
der Erinnerung.<br />
Diese besorgniserregende Bestandsaufnahme<br />
war Ausgangspunkt für<br />
mich als Leiterin des <strong>Dokumentationszentrum</strong>s<br />
gemeinsam mit der<br />
die Landeszentrale für politische<br />
Bildung BW, im Herbst 2010 einen<br />
Antrag bei der Bundesgedenkstättenförderung<br />
einzureichen. Der Titel<br />
lautet: „Quellen und Dokumente der<br />
Zeitzeugen des Nationalsozialismus<br />
zugänglich machen. Ein Modell-<br />
Archivprojekt für bürgerschaftlich<br />
organisierte KZ-Gedenkstätten“.<br />
Der Modellcharakter des Projekts<br />
besteht darin, exemplarisch<br />
moderne, kostengünstige und<br />
nachhaltige Mittel für die Professionalisierung<br />
unserer Archivarbeit zu<br />
erproben und dabei Wege zu finden,<br />
die auch für andere bürgerschaftlich<br />
getragene Einrichtungen mit einem<br />
hohen Anteil ehrenamtlicher Mitarbeiter<br />
realisierbar sind. Dabei soll<br />
gezielt auf den Erfahrungsschatz<br />
anderer Gedenkstätten (und Archive)<br />
zurückgegriffen werden. Das im<br />
Projekt gewonnene Wissen soll<br />
exemplarisch an die Anforderungen<br />
und Überlieferungssituation bürgerschaftlich<br />
getragener Gedenkstätten<br />
zur NS-Zeit angepasst und das<br />
erworbene KnowHow an interessierte<br />
Einrichtungen weiter gegeben<br />
werden. Im Kern besteht das Projekt<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Auch Alltagsgegenstände sind wertvolle Erinnerungsträger. Einige Objekte aus dem Archiv des DZOK.<br />
Foto: R. Semmler, A-DZOK.<br />
aus vier Hauptaufgabenfeldern, von<br />
denen drei eng mit dem Ist-Zustand<br />
unseres Archivs zusammenhängen.<br />
Deshalb will ich zunächst kurz auf<br />
diesen Zustand eingehen, bevor ich<br />
die Projektaufgaben vorstelle.<br />
Das <strong>Dokumentationszentrum</strong> hat in<br />
jahrzehntelanger, umfangreicher und<br />
tiefgreifender Sammlungstätigkeit<br />
ein wertvolles Spezialarchiv zur Vor-,<br />
Verlaufs- und Nachgeschichte des<br />
Nationalsozialismus in der Region<br />
Ulm/Neu-Ulm aufgebaut. Das Archiv<br />
verfügt über eine einzigartige biografische<br />
Sammlung mit Zeugnissen<br />
württembergischer KZ-Häftlinge<br />
sowie über eine breit angelegte<br />
Materialsammlung zur NS-Zeit in der<br />
Region und in Württemberg/Hohen-<br />
zollern. Trotz der großen Bedeutung<br />
dieser Sammlung ist es seit Bestehen<br />
des DZOK nicht gelungen, eine kontinuierliche<br />
Archiv-/Dokumentarstelle<br />
einzurichten, so dass bis in die 1990er<br />
Jahre hinein die sehr heterogenen<br />
Quellen in keiner Weise katalogisiert<br />
oder auch nur geordnet waren. Dank<br />
der Förderung der Stiftung Kulturgut<br />
Baden-Württemberg konnte hier<br />
in zwei gesonderten Archivprojekten<br />
(1993-1995 und 1998-2000)<br />
Abhilfe geschaffen werden. Die<br />
Archivbestände wurden von Myrah<br />
Adams auf dem damaligen Stand<br />
der Technik sachgerecht geordnet,<br />
gelagert und edv-basiert verzeichnet.<br />
Zur Vorbereitung der Dauerausstellung<br />
in der KZ-Gedenkstätte 2001<br />
erarbeitete sie gemeinsam mit Christian<br />
Loyal auch eine Häftlingsdatei.<br />
Doch seit 2000 ist die Stelle eines<br />
Archivars bzw. einer Dokumentarin<br />
wieder verwaist. Die seitdem erworbenen<br />
Quellen und durchgeführten<br />
Zeitzeugeninterviews konnten nur<br />
noch provisorisch abgelegt, jedoch<br />
nicht mehr erschlossen werden. Die<br />
in den 1990er Jahren angelegten<br />
Datenbanken wurden nicht weitergeführt,<br />
so dass sie heute als veraltet<br />
gelten müssen. Dies gilt nicht nur für<br />
die Foto- und Sammlungsdatenbank,<br />
sondern auch für die Häftlingsdatei.<br />
An bestandserhaltende Digitalisierungs-Projekte<br />
oder eine Online-Stellung<br />
der Dateien war unter diesen<br />
Bedingungen erst recht nicht zu<br />
denken. Wir stehen damit vor Defiziten,<br />
die wir mit vielen bürgerschaftlichen<br />
Gedenkstätten teilen.<br />
Mit dem Archivprojekt, das im August<br />
2011 offiziell bewilligt wurde, sollen<br />
diese Defizite nun in vier Schritten<br />
gezielt angegangen werden:<br />
Zunächst gilt es, das Problem der<br />
veralteten Datenbanken zu lösen.<br />
5
Nicola Wenge an den geordneten Beständen des DZOK. Foto: M. Stohrer, A-DZOK.<br />
Zu diesem Zweck soll eine moderne,<br />
leistungsfähige, aber nicht zu teure<br />
Archivsoftware eingeführt und<br />
(unter Berücksichtigung der alten<br />
Struktur) ein neues Datenbanksystem<br />
angelegt werden, in das die<br />
alten Daten zu importieren sind. Die<br />
neue Datenbank soll es zukünftig<br />
auch ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen<br />
ermöglichen, Quellen einfach<br />
und sachgerecht zu verzeichnen.<br />
Um dies zu gewährleisten, wird ein<br />
Handbuch für die Benutzung der<br />
Datenbank erstellt.<br />
In einem zweiten Arbeitsschritt<br />
sollen die ungehobenen Schätze<br />
des Archivs geborgen werden. Die<br />
noch nicht verzeichneten Bestände<br />
werden geordnet, in der neuen<br />
Datenbank erfasst und fachgerecht<br />
gelagert; eine Auswahl von Fotos<br />
6<br />
und Ton-/Videobänder exemplarisch<br />
digitalisiert.<br />
Das dritte Aufgabengebiet widmet<br />
sich dem Kernbestand und Herzstück<br />
des Archivs: Der biografischen<br />
Sammlung der <strong>Kuhberg</strong>-Häftlinge.<br />
Diese Sammlung soll durch gezielte<br />
Recherchen neu zugänglicher<br />
Quellengruppen beispielhaft für<br />
einzelne Häftlingsgruppen erweitert<br />
werden. Zu diesem Zweck werden<br />
vertiefende lebensgeschichtliche<br />
Informationen und historische<br />
Zusatzdokumente in die Häftlingsdatei<br />
eingegeben und Kurzbiografien<br />
verfasst. Zusätzlich zum Handbuch<br />
ist die Online-Stellung der Datei auf<br />
unserer Website das zweite geplante<br />
Projektergebnis.<br />
Das vierte und letzte Aufgabengebiet<br />
besteht darin, interessierten Gedenk-<br />
stätten die im Projekt gewonnenen<br />
Erkenntnisse durch Handbuch,<br />
Presseartikel und Fachvorträge zur<br />
Verfügung zu stellen.<br />
Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt<br />
– auf die Zeit zwischen Januar<br />
2012 und Dezember 2014. Die<br />
beschriebenen Projektinhalte werden<br />
in dieser Zeit von einer vollen hauptamtlichen<br />
Stelle aus geleistet bzw.<br />
koordiniert, unter Betreuung der<br />
wissenschaftlichen Leitung und mit<br />
Unterstützung des übrigen haupt-<br />
und ehrenamtlichen Personals. Voraussetzung<br />
ist eine Fachausbildung<br />
zum Archivar/Dokumentarin oder<br />
eine vergleichbare Qualifikation, z. B.<br />
Historiker/-in mit Erfahrung in der<br />
praktischen Archivarbeit. Nach einem<br />
bundesweiten Ausschreibungsverfahren<br />
wird eine Findungsgruppe<br />
des DZOK (bestehend aus Wolfgang<br />
Keck, Annette Lein, Michael<br />
Wettengel, Leiter des Ulmer Stadtarchivs,<br />
und mir) die neue Kolleg/in<br />
auswählen. Zur Drucklegung dieses<br />
Hefts läuft das Verfahren noch.<br />
Möglich wird dieses Projekt nur dank<br />
der finanziellen Förderung von Bund<br />
und Land, auch dank der Stiftung<br />
Erinnerung Ulm und einem großzügigen<br />
anonymen Spender, die uns<br />
dazu verhelfen, die erforderlichen<br />
Eigenmittel einzubringen. Herzlicher<br />
Dank geht an dieser Stelle auch an<br />
die KollegInnen, mit denen ich mich<br />
für die Antragstellung inhaltlich austauschen<br />
konnte und die meinen<br />
Blick für das Wesentliche schärften.<br />
Dazu gehören aus dem Gedenkstättennetzwerk<br />
Thomas Lutz (Topografie<br />
des Terrors), Nina Matuszewski (NS-<br />
<strong>Dokumentationszentrum</strong> der Stadt<br />
Köln), Detlef Garbe (KZ-Gedenkstätte<br />
Neuengamme) und Matthias Buchholz<br />
(Bundesstiftung Aufarbeitung<br />
SED-Diktatur) sowie als Experten vor<br />
Ort Michael Wettengel und Ulrich<br />
Seemüller, Silvester Lechner und<br />
Konrad Pflug.<br />
Schon bei der Beantragung wurde<br />
mir rasch klar, dass dieses Projekt<br />
nicht ohne viele Unterstützer und<br />
in einem breiten Netzwerk gelingen<br />
könnte und so will ich auch Sie, liebe<br />
Leser/-in, dazu einladen, unser Projekt<br />
zu begleiten. Geplant ist, nach<br />
Projektbeginn eine Informationsveranstaltung<br />
durchführen, um das<br />
hier Angerissene nachvollziehbarer<br />
zu machen und konkrete Unterstützungsangebote<br />
für Vereinsmitglieder<br />
und Freunde aufzuzeigen. Wir halten<br />
Sie auf dem Laufenden!
Eine Familienrecherche zum <strong>Kuhberg</strong>-Häftling Benno Fischer<br />
Das ist so eine Lawine, die ins Rollen kommt<br />
Seit Herbst 2010 recherchiert<br />
Gudrun Lambrecht-Rauscher, ihre<br />
Töchter Tabea und Anna-Lena in<br />
ihre Suche mit einbeziehend, die<br />
Lebensgeschichte ihres Großvaters<br />
Benno Fischer, der von<br />
Dezember 1933 bis Juni 1934 Häftling<br />
am <strong>Kuhberg</strong> war. Im Gespräch<br />
mit Nicola Wenge berichtet sie<br />
über ihre Spurensuche.<br />
Können Sie sich unseren Lesern<br />
kurz vorstellen?<br />
Lambrecht-Rauscher: Wir wohnen<br />
als vierköpfige Familie in einem<br />
kleinen katholisch-konservativen<br />
Dorf mit etwa 1600 Einwohnern<br />
in der Nähe von Rottenburg. Hier<br />
hatten schon die Eltern meines<br />
Großvaters einen Bauernhof, hierher<br />
kehrte Benno bereits in Kriegszeiten,<br />
dann noch einmal 1946 nach seiner<br />
Kriegsgefangenschaft zurück. Mein<br />
Mann und ich führen heute hier<br />
einen Installationsbetrieb.<br />
Was hat den Anstoß für Ihre Suche<br />
gegeben?<br />
Lambrecht-Rauscher: Obwohl meine<br />
Mutter nie über die Verfolgungsgeschichte<br />
ihres Vaters gesprochen<br />
hat, dachte ich, ich könnte sie jetzt<br />
vielleicht doch noch dazu bewegen,<br />
solange sie noch lebt, einfach was<br />
erfragen und ein paar Daten aufschreiben.<br />
Denn über Jahrzehnte<br />
gab es ja dieses große Schweigen in<br />
der Familie und im Dorf.<br />
Tabea und Anna-Lena bringen sich<br />
ins Gespräch ein.<br />
Tabea: Die Oma sagt selbst: „Ich<br />
wurde erzogen zur Schweigsamkeit“.<br />
In der Nazizeit war sie wohl<br />
vom BDM ziemlich begeistert und<br />
sie hat auch erzählt, dass sie an<br />
Großveranstaltungen der Nazis<br />
teilgenommen hat, was ihr Vater<br />
auf keinen Fall wissen durfte. Und<br />
nach 1945 hat sie nur noch über die<br />
Nazizeit geschwiegen und war total<br />
unpolitisch. Ich finde das schwierig<br />
mit Oma zu reden, weil ich mehr von<br />
ihr wissen will.<br />
Anna-Lena: Heute ist sie total traurig,<br />
weil sie sich überlegt hat, ob sie<br />
mitkommen soll zum <strong>Dokumentationszentrum</strong>,<br />
aber sie hat es nicht<br />
geschafft. Das tut mir leid, dass sie<br />
so viel verdrängt.<br />
Wie haben Sie überhaupt erfahren,<br />
dass Ihr Großvater im März 1933<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Von links nach rechts: Tabea Rauscher, Gudrun Lambrecht-Rauscher und Anna-Lena Rauscher bei<br />
ihrem Besuch im <strong>Dokumentationszentrum</strong> am 29.9.2011. Foto: N. Wenge, A-DZOK.<br />
von der Gestapo verhaftet und<br />
über das KZ-Heuberg zum <strong>Kuhberg</strong><br />
kam?<br />
Lambrecht-Rauscher: Kurz vor<br />
seinem Tod hat er mit mir darüber<br />
geredet. Durch die Pflegesituation<br />
in seinem letzten Lebensjahr, die<br />
ich übernommen hatte, sind wir uns<br />
näher gekommen und dann hat er<br />
darüber gesprochen, aber nur ganz<br />
wenig, ganz rudimentär. Ich wusste<br />
auch nur, dass er am Heuberg war.<br />
Das war der Ausgangspunkt meiner<br />
Recherche, da mal im Internet nachzuschauen,<br />
was ich dazu finde.<br />
Wie sind Sie bei Ihrer Suche auf<br />
das <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> gestoßen?<br />
Lambrecht-Rauscher: Ich bin dann<br />
bei meiner Heuberg-Recherche ganz<br />
schnell auf den <strong>Kuhberg</strong> gekommen<br />
(über Wikipedia nur zwei Mausklicks)<br />
und habe auf Ihrer Website den<br />
Namen Benno Fischer entdeckt,<br />
was ich einerseits gehofft hatte,<br />
aber dann auch wieder nicht. Als<br />
ich seinen Namen gesehen habe,<br />
hat mich echt der Schlag getroffen.<br />
Ich brauchte erst mal ein paar Tage<br />
Bedenkzeit, bevor ich Ihnen mailen<br />
konnte und um weitere Informationen<br />
bat. Ich war von Ihrer schnellen<br />
Antwort sehr gerührt. Mir kamen<br />
die Tränen, als ich las, dass da noch<br />
Hand geschriebene Briefe und ein<br />
von ihm geschnitztes Schachspiel<br />
existieren. Das war plötzlich so nah,<br />
da brauchte ich wieder Zeit um das<br />
zu verarbeiten.<br />
Welche Rolle spielt denn der Großvater<br />
für Sie?<br />
Lambrecht-Rauscher: Für mich war<br />
er immer ein wichtiges Korrektiv,<br />
wenn die Leute im Dorf oder die<br />
Lehrer in der Schule gesagt haben:<br />
„Wir haben nichts gewusst.“ Er hat<br />
immer gesagt. „Die Leute wussten<br />
alles.“ Er hat mir dann zum Beispiel<br />
erzählt, dass die Zwangsarbeiter nicht<br />
in den Luftschutzkeller durften und<br />
man im Keller die Schreie von oben<br />
gehört habe, auch die Leichen nach<br />
den Luftangriffen gesehen hätte. Das<br />
hat bei mir bewirkt, dass ich mich als<br />
„späte“ 1968erin in gewisser Weise<br />
in seinen Fußstapfen bewege. Für<br />
mich war er ein großes Vorbild darin,<br />
eine eigene Meinung zu haben, zu<br />
hinterfragen und nachzudenken.<br />
Wie reagiert Ihr Umfeld in Seebronn<br />
auf Ihre Spurensuche?<br />
Lambrecht-Rauscher: Leider stoße<br />
ich im Dorf immer noch auf große<br />
Widerstände und die Leute sprechen<br />
mich immer noch auf den alten Kommunisten<br />
an - und zwar abschätzig.<br />
Als mein Großvater 1946 zurück nach<br />
7
Seebronn kam, war er gesellschaftlich<br />
stark isoliert. Er hat noch nicht<br />
einmal im Dorf Mittag gegessen und<br />
ist immer nach Hause gekommen,<br />
weil er sich so unwohl gefühlt hat.<br />
Nur im Schützenverein hatte er eine<br />
Nische gefunden. Und diese Verachtung<br />
gegenüber meinem Opa hat sich<br />
auch auf mich übertragen. Ich gelte<br />
hier ein bisschen als Querulantin. Als<br />
ich neulich zur Anti-AKW-Demo nach<br />
Ulm gefahren bin (und erstmalig im<br />
<strong>Dokumentationszentrum</strong> war), sagte<br />
mir ein Nachbar: Ganz die Enkelin<br />
ihres Opas... Mich hat das lange<br />
belastet, aber jetzt nicht mehr.<br />
Was hat Ihnen die Suche persönlich<br />
gebracht?<br />
Anna-Lena: Zufälligerweise haben<br />
wir in der Schule das Thema<br />
„Machtübernahme“ gehabt, als die<br />
Mama mit der Suche begonnen hat.<br />
Eigentlich habe ich mich nicht so für<br />
Geschichte interessiert, aber das<br />
wurde dann auf einmal total spannend<br />
auch für mich. Und jetzt will ich<br />
auch mehr wissen.<br />
Lambrecht-Rauscher: Als ich mit<br />
der Suche begonnen habe, war ich<br />
sehr verunsichert. Aber jetzt merke<br />
ich, das ist eine Spirale, die einen<br />
immer weiter zieht, eine Lawine,<br />
die ins Rollen kommt. Über meinen<br />
Großvater werden für mich auch<br />
die allgemeinen politischen Themen<br />
8<br />
unseres Jahrhunderts lebendig<br />
und diese Suche hat mich auch in<br />
meinem Verhältnis zu meiner Mutter<br />
entspannt: Ich suche jetzt meinen<br />
Weg allein bzw. mit meinen Töchtern.<br />
Jetzt sind eben die anderen<br />
Generationen dran.<br />
Nachwort von Nicola Wenge<br />
Noch immer erreichen uns Anfragen<br />
hoch betagter Opfer des NS-<br />
Regimes, z. B. von Zwangsarbeiterinnen<br />
und Zwangsarbeitern sowie<br />
von ehemaligen jüdischen Bürgern<br />
aus der Region, die um Hilfe bei der<br />
Klärung ihrer eigenen Biografie und<br />
Familiengeschichte bitten. Verstärkt<br />
bekommen wir aber Anfragen aus<br />
der Enkel- und Urenkelgeneration,<br />
nicht zuletzt von Nachfahren ehemaliger<br />
Heuberg- und <strong>Kuhberg</strong>häftlinge.<br />
Viele – wie Frau Lambrecht-Rauscher<br />
– kennen die Verfolgungsgeschichte<br />
ihrer (Ur-)Großväter nur nebulös,<br />
weil in der Familie nicht oder kaum<br />
darüber gesprochen wurde. Ein<br />
wichtiges Ziel unserer Archivarbeit<br />
ist es, diese Angehörigen präzise<br />
und umfassend zu informieren<br />
und sie bei ihrer Spurensuche zu<br />
unterstützen. Wenn wir dabei neue<br />
Materialien (wie das Foto von Benno<br />
Fischer) für das Archiv erhalten oder<br />
neue Vereinsmitglieder (wie Frau<br />
Lambrecht-Rauscher) gewinnen, ist<br />
das ein wunderbarer Rückkopplungseffekt,<br />
für den wir dankbar sind.<br />
Über den verantwortungsvollen Umgang mit Opferdaten im Internet<br />
Alles online?<br />
Sollen die Namen der NS-Opfer<br />
vollständig im Internet publik<br />
gemacht werden? Eine Frage, die<br />
auch unter den Gedenkstätten fortlaufend<br />
diskutiert wird. Entsprechende<br />
Datenbanken müssen die<br />
Würde der Verfolgten bewahren.<br />
Johannes Ibel<br />
Noch vor zehn Jahren waren KZ-<br />
Gedenkstätten und andere Einrichtungen,<br />
die sich mit umfangreichen<br />
Namenslisten von NS-Opfern zu<br />
befassen hatten, sehr stolz auf<br />
ihre ersten Datenbanken. Sekundenschnelle<br />
Recherchen am<br />
Schreibtisch traten an die Stelle<br />
des mühseligen Durchblätterns<br />
von Karteikarten oder Listen in den<br />
Archiven. Manchmal konnten sogar<br />
schon digitale Bilder der Dokumente<br />
am Monitor angezeigt werden. Und<br />
die Qualität der Ergebnisse stieg<br />
ernorm, war man nun endlich befreit<br />
von der rein alphabetischen oder<br />
numerischen Suche. Was damals<br />
eine Besonderheit war, ist heute<br />
auf vielen Gebieten eine Selbstverständlichkeit.<br />
Die digitale Bilder- und<br />
Datenflut ist jederzeit an jedem<br />
Ort verfügbar und wirft nun immer<br />
drängender die Frage auf, warum die<br />
Namen der NS-Opfer noch nicht vollständig<br />
publik gemacht wurden. Eine<br />
Frage, die auch unter den Gedenk-<br />
Benno Fischer mit seinem Sohn Benno, ca.<br />
1946 in Seebronn. Hier war er 1905 geboren<br />
und aufgewachsen, bevor er um 1920 arbeitssuchend<br />
nach Stuttgart zog. Als gelernter<br />
Wagner fand er Arbeit in einer Kugellagerwarenfabrik,<br />
wurde Mitglied in der KPD und im<br />
Kampfbund gegen den Faschismus. Wegen<br />
des Verteilens kommunistischer Flugblätter<br />
wurde Fischer im Sommer 1931 4 Monate<br />
in Ulm inhaftiert. Erneute Verhaftung am<br />
11.3.1933, Verlegung am 25.3.1933 von der<br />
Strafanstalt Ludwigsburg zum KZ Heuberg, am<br />
8.12.1933 zum <strong>Kuhberg</strong>. Entlassung am 8. Juni<br />
1934. Benno Fischer überlebte den Krieg und<br />
kehrte 1946 aus frz. Kriegsgefangenschaft nach<br />
Seebronn zurück, wo er den Hof seines Schwiegervaters<br />
übernahm und bis zu seinem Tod im<br />
September 1981 lebte.<br />
stätten fortlaufend diskutiert wird.<br />
Regelmäßig treffen sich Experten<br />
aus der ganzen Welt auf dem<br />
„Workshop zur Digitalisierung von<br />
Opferdaten der NS-Zeit“, um sich<br />
über Quellen, Dokumentenerschließung,<br />
Datenerfassung, laufende<br />
Projekte und die Zugänglichkeit und<br />
das Öffentlichmachen von Informationen<br />
über die Opfer auszutauschen.<br />
Resultate ihrer Arbeit sind nicht nur<br />
sehr umfangreiche Datenbanken<br />
für Recherchezwecke, sondern<br />
auch Namens- und Totenbücher, die<br />
auch digital in Ausstellungen und im<br />
Internet präsentiert werden. Hierbei<br />
steht häufig der Gedenkcharakter im<br />
Vordergrund. Die dann nur sehr rudi-
mentären Recherchemöglichkeiten –<br />
meist nach den Personenbasisdaten:<br />
Name, Vorname, Geburtsdatum und<br />
-ort – können aber über eine Anfrage<br />
an die Gedenkstätten zu näheren<br />
Informationen führen.<br />
Entscheidende Voraussetzung für<br />
eine Publikation ist natürlich der Nachweis,<br />
aus welchem Dokument und<br />
welchem Archiv die Informationen<br />
stammen und welche archivrechtlichen<br />
Auflagen damit verbunden<br />
sind. Doch immer mehr Einrichtungen<br />
stellen ganze Archivbestände<br />
für das Internet zur Verfügung. Kommerzielle<br />
und nicht-kommerzielle<br />
Online-Angebote haben in kürzester<br />
Zeit umfangreiche Datenbanken mit<br />
hinterlegten Dokumenten aufgebaut,<br />
die kopiert, gespeichert, gedruckt<br />
und versandt werden können<br />
(etwa die Holocaust Collection auf<br />
www.fold3.com – bis vor Kurzem<br />
unter dem label „footnote“ zu finden<br />
– oder die überaus umfangreichen<br />
Unterlagen zu sowjetischen Soldaten<br />
auf www.obd-memorial.ru). Diese<br />
rasante Vervielfachung auf digitaler<br />
Ebene in Form von Bilddateien<br />
und Datensätzen kann sich auch<br />
problematisch potenzieren, wenn<br />
der Bezug zur zugrundeliegenden<br />
originalen Quelle verlorengeht und<br />
unerkannte Dubletten die Abfrageergebnisse<br />
verfälschen. Bereits<br />
ohne diese künstliche Vermehrung<br />
stellt die schiere Masse an Daten die<br />
Bearbeiter vor eine gewaltige Aufgabe.<br />
Soll nicht nur eine möglichst<br />
hohe Anzahl an Datensätzen erzielt<br />
werden, sondern qualitativ hochwertige<br />
Daten aufbereitet werden,<br />
so sind aufwändige Verifizierungen<br />
der Informationen nötig. Allein z. B.<br />
Ortsnamen, die als Geburts-, Wohn-,<br />
Haft- oder Todesorte erscheinen,<br />
müssen mühselig lokalisiert werden,<br />
um falsche Angaben zu vermeiden.<br />
Dies kann zwar zunehmend automatisiert<br />
geschehen, die Arbeit ist<br />
dennoch enorm.<br />
Eines der großen Schlagwörter bei<br />
den Diskussionen über das Öffentlichmachen<br />
von Opfernamen war<br />
und ist der Datenschutz. Nicht ohne<br />
Grund hat der Gesetzgeber eine<br />
ganze Reihe datenschutzrechtlicher<br />
Normen auf Länder-, Bundes- und<br />
europäischer Ebene erlassen, um die<br />
– berechtigten – Interessen betroffener<br />
Menschen – Überlebender und<br />
Familienangehöriger – zu wahren. So<br />
gestattet das Bundesarchivgesetz<br />
die volle Namensnennung aus den<br />
Patientenakten von Euthanasieopfern<br />
nur mit Zustimmung der nächsten<br />
lebenden Verwandten. Nicht immer<br />
sind die Regeln so eindeutig zu<br />
interpretieren. Überwiegend sind in<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Besucher der Ausstellung „Das Konzentrationslager Flossenbürg 1938-1945“ am Namensbuch der<br />
Häftlinge. Foto: P. Wentzler.<br />
Europa Personen geschützt, deren<br />
Verbleib unbekannt ist und die vor<br />
weniger als 90 Jahren (in Berlin<br />
sind es 110 Jahre) geboren wurden.<br />
Außerhalb Europas sind die Normen<br />
sehr viel weniger streng. Hierzulande<br />
aber bilden diese 90 Jahre, aktuell<br />
also der Geburtsjahrgang 1921, in<br />
den meisten Fällen die juristisch festgelegte<br />
Grenze zur Öffentlichkeit; es<br />
sei denn, der Tod vor über 30 Jahren<br />
ist bekannt, die Person ist mit einer<br />
Veröffentlichung ihrer Daten einverstanden<br />
oder die Informationen sind<br />
bereits öffentlich – was im Internet<br />
sehr häufig der Fall ist (und weitere<br />
Ausnahmeregelungen). Auch sensible<br />
Daten, etwa Häftlingskategorien<br />
wie Zigeuner, Homosexueller oder<br />
Berufsverbrecher, sind dann nicht<br />
mehr geschützt, müssen deswegen<br />
aber nicht notwendigerweise öffentlich<br />
gemacht werden. Die Vorgaben<br />
des Gesetzgebers lassen einen doch<br />
recht großen Handlungsspielraum,<br />
der im Einzelfall aus Rücksicht auf<br />
die Familien auch nicht ausgeschöpft<br />
werden muss. In diesen Fällen ist<br />
persönliches Verantwortungsgefühl<br />
gefordert. In der Praxis kommt es<br />
nur äußerst selten zu Konflikten<br />
wegen des Datenschutzes, dagegen<br />
häufig zu Beschwerden, wenn ein<br />
NS-Opfer nicht in einer öffentlichen<br />
Liste zu finden ist.<br />
Äußerst positiv ist das Feedback<br />
der Angehörigen auf die Veröffentlichung<br />
der Daten. Für eine Korrektur<br />
und Ergänzung von Informationen<br />
durch enge Verwandte ist eine<br />
vorhergehende Kontaktaufnahme<br />
durch eine Anfrage an eine Gedenk-<br />
stätte bzw. an ein Archiv nötig. Die<br />
Hemmschwelle hierzu wird offenbar<br />
deutlich niedriger, wenn die Namen<br />
im öffentlichen Raum – etwa in einer<br />
Ausstellung – präsentiert werden.<br />
Die Hürde ist natürlich noch wesentlich<br />
niedriger, wenn die Opfernamen<br />
im Internet öffentlich zugänglich sind<br />
und jederzeit an jedem Ort eingesehen<br />
werden können. Insofern ist<br />
dies nur zu begrüßen, nicht nur im<br />
Interesse der Angehörigen; auch<br />
der wissenschaftlichen Forschung<br />
wird mit Online-Archiven ein großer<br />
Dienst erwiesen. Doch die besonders<br />
sensiblen Informationen über<br />
Opfer des NS-Regimes sollten im<br />
Internet nur in eingeschränkten<br />
Namensdatenbanken erscheinen,<br />
bei denen der Gedenkcharakter im<br />
Vordergrund steht. So können die<br />
Würde der Opfer und die Interessen<br />
der Angehörigen berücksichtigt<br />
werden.<br />
INFO<br />
Johannes Ibel M.A., geb. 1966, Leiter<br />
der historischen Abteilung der KZ-<br />
Gedenkstätte Flossenbürg. Seit 2000<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter der KZ-<br />
Gedenkstätte Flossenbürg. Aufbau der<br />
Häftlingsdatenbank, Digitalisierung der<br />
Häftlingskartei des Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes,<br />
Ausstellung „Konzentrationslager<br />
Flossenbürg 1938 - 1945“<br />
(eröffnet 2007), Ausstellung „was bleibt<br />
– Nachwirkungen des Konzentrationslagers<br />
Flossenbürg“ (eröffnet 2010).<br />
9
Archivalische Quellen – die Voraussetzung des Gedenkens<br />
Kleiner Rückblick auf die Archivarbeit des DZOK<br />
Als ich vor gut 35 Jahren, in den<br />
frühen 1970ern, als junger Historiker<br />
in Ulm eintraf und mein<br />
Berufsleben begann, wusste ich<br />
zwar einiges über den Nationalsozialismus,<br />
sein Entstehen und<br />
seine Folgen, aber nichts über die<br />
Region Ulm in dieser Zeit. Mich<br />
diesem Thema über die lokalen<br />
Erscheinungen der „Weißen Rose“<br />
und des KZ auf dem Oberen <strong>Kuhberg</strong><br />
annähernd, wurde mir bald<br />
bewusst, was ich hier in drei Stichworten<br />
zusammenfassen möchte.<br />
Silvester Lechner<br />
„Schweigen und Beschweigen“<br />
Die große Mehrheit der Stadtgesellschaft<br />
und ihrer Institutionen konnte<br />
und wollte das konkrete Erinnern<br />
(noch) nicht zulassen, wiewohl fast<br />
überall die Präsenz des Vergangenen<br />
spürbar war.<br />
„Material des Erinnerns“<br />
Die übrig gebliebenen Zeugen<br />
dieser Zeit waren lebendig und<br />
aktiv, in jedem Haushalt lagen zahllose<br />
persönliche Erinnerungsstücke<br />
und in den öffentlichen Archiven<br />
ruhten – ziemlich verborgen – die<br />
Dokumente staatlichen Handelns.<br />
Die Bereitschaft, zu berichten und<br />
das Berichtete mit Dokumenten zu<br />
unterfüttern, war freilich – mit dem<br />
moralisch-politischen Appell des<br />
„Nie wieder!“ – auch schon da; sie<br />
kam aus dem Kreis der ehemals<br />
Widerständigen und Verfolgten.<br />
„Sammeln und Bewahren“<br />
So war für alles weitere Befassen<br />
mit dieser Zeit und ihren Folgen - vor<br />
allem durch die fragende Generation<br />
der Nachgeborenen – grundlegend<br />
das Aufspüren mündlicher und materieller<br />
Überlieferung und deren systematisches<br />
Sammeln, Bewahren und<br />
schließlich Öffentlich-Zugänglich-<br />
Machen.<br />
Zur regionalen Institution, an der<br />
diese Aufgaben bis heute gültiges<br />
Programm wurden, entwickelte<br />
sich das in den 1970er Jahren aufgebaute<br />
<strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>. Ausgehend von<br />
den Zeugnissen der Häftlinge des<br />
frühen Landes-KZ von Württemberg<br />
auf dem „Oberen <strong>Kuhberg</strong>“,<br />
wurden zunehmend alle Formen und<br />
10<br />
Silvester Lechner und Roman Sobkowiak im Archiv des DZOK in der König-Wilhelm-Straße. Mai 2006.<br />
Foto: L. Sobkowiak.<br />
Personen von Widerstand und Verfolgung<br />
zum Gegenstand des Sammelns<br />
und Dokumentierens, bald<br />
ebenso die Belege vom alltäglichen<br />
„Funktionieren“ der Bevölkerung<br />
und schließlich der Machtausübung<br />
bzw. der Täter.<br />
Die Methoden des Sammelns,<br />
Bewahrens und Zugänglichmachens<br />
haben sich freilich von Entwicklungsschritt<br />
zu Entwicklungsschritt<br />
in unvorstellbarer Weise fortentwickelt:<br />
von den Schuhschachteln im<br />
feuchten Gemäuer des Fort <strong>Oberer</strong><br />
<strong>Kuhberg</strong> bis zur digitalen Aufbereitung<br />
im Internet.<br />
Fazit<br />
Soll das Ulmer <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
ein ernsthafter Ort der<br />
fundierten Auseinandersetzung<br />
mit dem Nationalsozialismus und<br />
seinem Erbe für eine demokratische<br />
Gesellschaft bleiben, ist eine kontinuierliche,<br />
professionelle Archivarbeit<br />
die Voraussetzung dafür. Was<br />
jetzt im Januar 2012 beginnt, ist ein<br />
viel versprechender neuer Anfang,<br />
bedeutsames Vergangenes für die<br />
Generationen nach uns begreiflich<br />
zu machen.<br />
Einige Beispiele von Materialien,<br />
die im letzten Jahrzehnt zu den<br />
Beständen dazu gekommen sind:<br />
• Dokumente zu Häftlingen und<br />
Verantwortlichen der KZ Heuberg<br />
und <strong>Kuhberg</strong> und ihres<br />
politischen Umfeldes;<br />
• Erinnerungen und Dokumente<br />
zu Angehörigen der jüdischen<br />
Ulmer Gemeinde und der als<br />
Juden Verfolgten, sowie zu<br />
anderen Gruppen rassistisch<br />
Verfolgter;<br />
• Gespräche, Erinnerungen,<br />
Nachlässe zu den Geschwistern<br />
Scholl und ihrem Umfeld;<br />
• Erinnerungen und Dokumente<br />
zur „Hitlerjugend“, also der zwischen<br />
1915 und 1930 geborenen<br />
Generation;<br />
• Gedruckte Publikationen aus der<br />
Zeit des NS;<br />
• Materialien aus diversen Forschungsprojekten,<br />
u. a. von<br />
Walter Wuttke und Markus<br />
Kienle;<br />
• Korrespondenzen zum Entstehen<br />
und zum Fortgang der<br />
Ulmer Erinnerungsarbeit von<br />
den Anfängen bis heute.
Einladung zur Gedenkfeier 2011<br />
Konzentrationslager im Gespräch von Wehrmachtsoldaten<br />
Dr. Michaela Christ bietet neue<br />
Innensichten zu einem zentralen<br />
Thema unserer Erinnerungskultur.<br />
Nicola Wenge<br />
Dr. Michaela Christ. Foto: privat.<br />
Zur Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen<br />
Gewaltherrschaft<br />
findet am Sonntag, 13. November<br />
um 11 Uhr wieder die traditionelle<br />
Gedenkstunde statt.<br />
In diesem Jahr wird die Soziologin Dr.<br />
Michaela Christ – auf der Grundlage<br />
eines herausragenden Quellenfunds<br />
– neue Einblicke darin geben, was<br />
in der deutschen Bevölkerung vor<br />
Kriegsende über die Konzentrations-<br />
und Vernichtungslager bekannt war<br />
und wie Wehrmachtsoldaten über<br />
die Verbrechen sprachen. Dabei<br />
geht es nicht nur um Wissen vom<br />
Hörensagen. Die Gastrednerin wird<br />
vielmehr auch Berichte über KZ-<br />
Erfahrungen von Tätern und Opfern<br />
mit einbeziehen.<br />
Für ihren Vortrag wertet sie gezielt<br />
Gespräche von Wehrmachtangehörigen<br />
aus, die 1940-1945 in amerikanischer<br />
Kriegsgefangenschaft heimlich<br />
abgehört wurden. Die Abhörprotokolle<br />
fristeten über Jahrzehnte in den<br />
National Archives in Washington ein<br />
Schattendasein, bevor sie von dem<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Historiker Sönke Neitzel entdeckt<br />
wurden. Das Besondere an den<br />
Soldatenerzählungen: Sie sind ungefiltert<br />
und zeitnah am Geschehen<br />
– sehr offen, ohne historische Distanz<br />
oder politische Vorsicht, ohne<br />
moralische Bedenken, ungehindert<br />
von äußerer Zensur oder adressatenbezogener<br />
Rücksichtnahme. Der<br />
Wert der Quellen wird noch dadurch<br />
gesteigert, dass es sich nicht um Einzelaussagen,<br />
sondern um massenhaft<br />
überlieferte Dokumente handelt.<br />
Insgesamt wurden im geheimen<br />
amerikanischen Verhörlager Fort<br />
Hunt Gespräche von über 3.300<br />
deutschen Soldaten aufgezeichnet,<br />
die in mehr als 100.000 Schriftseiten<br />
festgehalten sind.<br />
Propagandafoto aus: „Mit uns im Osten. Eine<br />
Bildfolge vom Einsatz der Ulmer Infanterie-<br />
Division“. Bearbeitet von Rittmeister Köstlin,<br />
Stuttgart 1942, S. 14.<br />
Michaela Christ kennt diese Quellen<br />
sehr genau, weil sie zu dem Forschungsteam<br />
gehört, das unter der<br />
Leitung von Sönke Neitzel und dem<br />
Sozialpsychologen Harald Welzer<br />
die Abhörprotokolle sichtete und<br />
wissenschaftlich aufbereitete. Erste<br />
Ergebnisse veröffentlichten Neitzel<br />
und Welzer im Frühjahr 2011 in dem<br />
Buch: „Soldaten. Protokolle vom<br />
Kämpfen, Töten und Sterben“, das<br />
ungeheure öffentliche Aufmerksamkeit<br />
erhielt. Im Fokus standen dabei<br />
vor allem die Gewalterzählungen der<br />
Soldaten im Krieg – das Kämpfen,<br />
Töten und Sterben an und hinter der<br />
Front –, die das Leiden der Opfer<br />
ausblendeten. Bei der Gedenkfeier<br />
am <strong>Kuhberg</strong> stehen diese nun mit im<br />
Mittelpunkt, wenn es um die Fragen<br />
geht: Wer hat was gewusst? Wie<br />
wurde über die Verbrechen in den<br />
Lagern gesprochen? Wie sprachen<br />
die Täter? Und wie die aus der KZ-<br />
Haft entlassenen Soldaten?<br />
Wer kennt ihn nicht, diesen Satz, der<br />
früher oder später in den Gesprächen<br />
mit unseren Eltern oder Großeltern<br />
fiel: „Davon haben wir nichts<br />
gewusst!“ Ein Satz, mit dem sich<br />
eine ganze Generation ent-schuldete<br />
und der die Häftlinge in einem<br />
Vakuum der Gleichgültigkeit und<br />
Missachtung zurückließ. Der Vortrag<br />
von Michaela Christ bietet eine hochaktuelle<br />
Gelegenheit, die Legende<br />
von der Ahnungslosigkeit kritisch<br />
zu hinterfragen, wissenschaftliche<br />
Forschung und Erinnerungskultur zu<br />
verknüpfen und damit das Andenken<br />
an die Opfer neu zu unterlegen.<br />
INFO<br />
Dr. Michaela Christ war nach<br />
einem Studium der Soziologie,<br />
Politikwissenschaft und Pädagogik<br />
seit 2000 in der historisch-politischen<br />
Bildungsarbeit<br />
für Gewerkschaften und freie<br />
Bildungsträger tätig. Themenschwerpunkte:<br />
Antisemitismus,<br />
Nationalsozialismus und Antirassismus.<br />
Im Jahr 2009 promovierte<br />
sie zum Thema: Die<br />
Dynamik des Tötens. Die Ermordung<br />
der Juden von Berditschew.<br />
Ukraine 1941-1944. Seit<br />
2010 ist sie Research Fellow<br />
am Center for Interdisciplinary<br />
Memory Research, Essen und<br />
Stipendiatin der Fritz Thyssen<br />
Stiftung im Forschungsprojekt<br />
Referenzrahmen von Kriegsverbrechen.<br />
11
DZOK-Projekt auf Spurensuche im Zillertal<br />
Authentisches Zeugnis des jüdischen Alpinismus<br />
Das „alpinistische Gefühl“ und<br />
eine historische Spurensuche zum<br />
Thema „Juden und Alpinismus“,<br />
dies verknüpfte Anfang Juli eine<br />
Exkursion des DZOK zum Friesenberghaus<br />
in den Zillertaler Alpen.<br />
Eine 13-köpfige Gruppe brachte<br />
von den drei erlebnisreichen<br />
Tagen eine Fülle an Eindrücken<br />
und neuen Erkenntnissen mit.<br />
Thomas Vogel<br />
Zuvorderst: Die Alpen sind eine heroische<br />
Gebirgslandschaft, vor deren<br />
Hintergrund sich ab den 1920ern und<br />
in der darauffolgenden NS-Zeit eine<br />
erbittert geführte rassenideologische<br />
Auseinandersetzung abgespielt hat.<br />
Institutioneller Hauptprotagonist war<br />
der damals grenzüberschreitende<br />
„Deutsche und Österreichische<br />
Alpenverein“ („DÖAV“), der, ausgehend<br />
von seinen österreichischen<br />
Sektionen, schon wenige Jahre<br />
nach dem Ersten Weltkrieg den<br />
Antisemitismus als Vereinslinie und<br />
nachfolgend den Ausschluss seiner<br />
jüdischen Mitglieder qua „Arierparagraph“<br />
aus dem Gros seiner Sektionen<br />
durchgesetzt hat.<br />
Das Friesenberghaus hängt<br />
unmittelbar mit den dramatischen<br />
ideologischen Entwicklungen im<br />
organisierten rechtsbürgerlichen<br />
Alpinismus zusammen. Als es 1932<br />
nach vierjähriger Bauzeit eröffnet<br />
wurde, war es ein einsamer Hort<br />
der Toleranz inmitten der bereits<br />
tiefbraunen Alpen. Bauherr war der<br />
1924 vom Hauptverein abgespaltene<br />
„Deutsche Alpenverein Berlin e. V.“,<br />
der nach seinem antisemitischen<br />
Ausschluss bei diesem Kraftakt<br />
Unterstützung fand bei der Sektion<br />
„Donauland“, die sich 1921 in<br />
Reaktion auf den Ausschlusses der<br />
jüdischen Mitglieder aus der Wiener<br />
Sektion „Austria“ gegründet hatte.<br />
1938, kurz nach ihrem Einmarsch in<br />
Österreich, konfiszierte die Wehrmacht<br />
das für damalige Verhältnisse<br />
recht kommod ausgestattete Haus,<br />
das als gebautes Zeugnis von der<br />
Niedertracht und Borniertheit des<br />
Antisemitismus, aber gleichermaßen<br />
auch von der Begeisterung maßgeblich<br />
der großstädtischen Jüdinnen<br />
und Juden für die Bergwelt kündet.<br />
Alpinistisch geleitet wurde die auch<br />
altersmäßig buntgemischte und<br />
wohlbehalten zurückgekehrte Ulmer<br />
Gruppe von Wolfgang Schmidtner,<br />
Fachübungsleiter bei der DAV-Sektion<br />
12<br />
Die Teilnehmer der Exkursion vor dem Friesenberghaus. Thomas Vogel, neues Redaktionsmitglied der<br />
<strong>Mitteilungen</strong>, in der ersten Reihe sitzend links. A-DZOK.<br />
im SSV Ulm 1846. Inhaltlich hatten<br />
sich insbesondere DZOK-Leiterin<br />
Nicola Wenge und Silvester Lechner,<br />
ihr Vorgänger, ins Thema vertieft, so<br />
dass die beiden Diskussionsabende<br />
auf 2.500 Metern Höhe an diesem<br />
sehr authentischen Ort eines „jüdischen<br />
Alpinismus“ einen profunden<br />
fachlichen Rahmen hatten.<br />
Hüttenwirt Hubert Fritzenwallner<br />
(„Ich bin der Hubert“) kam der<br />
Gruppe nicht nur sehr entgegen in<br />
Raumfragen. Der 60-Jährige erwies<br />
sich dazu als historisch hellhöriger<br />
Gastgeber, dem die Vermittlung der<br />
sehr besonderen Geschichte seines<br />
Hauses Herzensangelegenheit<br />
ist und der auch einen aufgeklärtfortschrittlichen<br />
Standpunkt dazu<br />
einnimmt – beides keine Selbstverständlichkeiten.<br />
Obwohl der Deutsche Alpenverein<br />
dieses trübe Vereinskapitel vor 10, 15<br />
Jahren vorbildlich aufgearbeitet hat,<br />
und obwohl das heute der Sektion<br />
Berlin gehörende Friesenberghaus<br />
seit Abschluss einer grundlegenden<br />
Sanierung 2003 zur „Begegnungsstätte<br />
gegen Vorurteile“ erklärt<br />
wurde, hält sich das Interesse von<br />
Besuchern am dazugehörenden<br />
geschichtlichen Hintergrund in<br />
Grenzen. Und obwohl mit über<br />
4.000 Übernachtungen in der kurzen<br />
Sommersaison sehr gut frequentiert,<br />
kann der Hüttenwirt Gästegruppen,<br />
die das historische Interesse in sein<br />
Haus führt, bislang noch an einer<br />
Hand abzählen. Sehr zum Bedauern<br />
der Tourteilnehmer war zudem die<br />
Resonanz der Ulm/Neu-Ulmer Alpenvereinssektionen<br />
auf das Projekt bis<br />
dahin sehr überschaubar, obwohl sie<br />
Mitveranstalter der Unternehmung<br />
waren. Die Bergwelt zu lieben, alpinistischen<br />
Herausforderungen zu<br />
frönen, sich aber ebenso den hässlichen<br />
Flecken in der eigenen Vereinshistorie<br />
zu stellen, fiel aber offenbar<br />
noch immer etwas schwer.<br />
Der Buchpublikation „125 Jahre Sektion<br />
Ulm“ von Uwe Schmidt nach zu<br />
schließen, zählten die drei örtlichen<br />
Sektionen zu den eher unauffälligen<br />
in den Jahren der antisemitischen<br />
Hetze. „Dennoch“, fand Historiker<br />
Schmidt heraus, „kann auch in der<br />
Ulmer Sektion“ – welche zugleich die<br />
elitärste der drei lokalen Sektionen<br />
war – „das im Gesamtverband weit<br />
verbreitete völkische Gedankengut<br />
nachgewiesen werden“.<br />
Als Fritzenwallner vor 16 Jahren<br />
die Regie im Friesenberghaus übernahm,<br />
musste er nach Spuren dieser<br />
kontaminierten Geschichte nicht<br />
lange suchen. In Geschirrtüchern,<br />
auf dem Geschirr und sogar an einem<br />
Fenster entdeckte er Hakenkreuze,
die aus dem Wehrmachts-Interim<br />
stammten. Nach einer späten „Entnazifizierung“<br />
huldigt das Haus heute<br />
verdienten Persönlichkeiten des<br />
jüdischen Alpinismus, etwa in einer<br />
kleinen Fotogalerie.<br />
Profund eingeführt in die Thematik<br />
durch einen Vortrag von<br />
Hanno Loewy, Leiter des jüdischen<br />
Museums in Hohenems, wenige<br />
Tage vor der Exkursion, war allen<br />
Teilnehmern klar, dass viele Spuren<br />
zu verfolgen sind, wenn es um die<br />
vielschichtige Beziehungsgeschichte<br />
des Judentums zu den Alpen geht.<br />
Silvester, gewappnet mit einem<br />
dicht beschriebenen „Spickzettel“,<br />
verwies auf die religiösen Schichten<br />
ebenso wie auf die zahlreichen jüdischen<br />
Pioniere im Alpinismus. Wurzeln<br />
des Antisemitismus gerade der<br />
österreichischen Ausprägung fand er<br />
im „abergläubisch geprägten katholischen<br />
Antijudaismus, von Jugend<br />
an eingetrichtert“, ebenso wie in<br />
der Stadt-Land-Konkurrenz. Obwohl<br />
Tirol kaum jüdische Bevölkerung<br />
hatte, gedieh der Antisemitismus<br />
hier besonders heftig. Missgünstig<br />
und misstrauisch blickte man von<br />
hier aus gen Wien, dem „Großstadt-<br />
Moloch“, der auch noch das Ziel der<br />
Zuwanderung zahlreicher verarmter<br />
Ostjuden gewesen war.<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> Ulm e. V.;<br />
Postfach 2066, 89010 Ulm;<br />
info@dzok-ulm.de<br />
www.dzok-ulm.de<br />
(dort Infos zur Mitgliedschaft)<br />
DZOK-Büro mit Archiv, Bibliothek:<br />
Büchsengasse 13, 89073 Ulm,<br />
Tel.: 0731 / 2 13 12, Fax: 9 21 40 56<br />
Redaktion:<br />
Dr. Nicola Wenge (verantwortlich),<br />
Annette Lein, Thomas Vogel,<br />
Ilona Walosczyk<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Gleichzeitig aber waren die Alpen<br />
gerade bei der großstädtischen jüdischen<br />
Bevölkerung bis weit hinein<br />
in intellektuelle und künstlerische<br />
Kreise Projektionsfläche einer romantischen<br />
Stadtflucht. In Folge konnten<br />
sich in Davos, St. Moritz oder Meran<br />
Destinationen für ein betuchtes jüdisches<br />
Klientel herausbilden.<br />
Mit praktizierter oder lediglich prospektiver<br />
Berg-Begeisterung erhoffte<br />
dieses, das antisemitische Klischeebild<br />
als „entwurzelte Städter“<br />
entkräften zu können. „Juden und<br />
Tracht“ ist ein weiterer Aspekt in<br />
ihrem Bestreben, ihre Zugehörigkeit<br />
zu Land und Leuten auszudrücken.<br />
1938 verbot das NS-Regime Juden<br />
das Tragen von Tracht. Der hochalpine<br />
Bereich war nun längst Austragungsort<br />
eines „Nationenkampfes“,<br />
zu dem im damaligen Deutschland<br />
der Wettlauf um Erstbesteigungen<br />
(vor allem mit Engländern und im<br />
Himalaya geführt), ideologisch stilisiert<br />
wurde.<br />
Weiterführende Literatur:<br />
„Hast du meine Alpen gesehen. Eine<br />
jüdische Beziehungsgeschichte“<br />
(Ausstellungskatalog), Hohenems<br />
2009, 29,80 ∑.<br />
Einige Hinweise enthält das Buch<br />
von Uwe Schmidt: „125 Jahre Sektion<br />
Ulm“, Ulm 2003.<br />
Druck:<br />
Offsetdruck Martin, Blaustein<br />
Auflage: 1 500<br />
Mitarbeiterinnen:<br />
Dr. Nicola Wenge (Leiterin),<br />
Annette Lein, Ilona Walosczyk<br />
Bürozeiten:<br />
Mo-Do 9 – 16 Uhr, Fr 9 – 12 Uhr<br />
Öffnungszeiten der KZ-Gedenkstätte:<br />
So 14 - 17 Uhr.<br />
Führungen sonntags um 14:30 Uhr,<br />
für Gruppen nach Vereinbarung auch werktags<br />
(mind. zwei Wochen vorher anmelden).<br />
Details unter www.dzok-ulm.de<br />
Hinweis<br />
Das Friesenberghaus, gelegen auf 2478<br />
Meter Höhe in einer Scharte unter<br />
dem Hohen Riffler (3.231 M.), ist als<br />
ganz normale Berghütte in Funktion. 32<br />
Matratzen gibt es im Lager, 24 Betten<br />
in Zimmern. Der Aufstieg ab dem<br />
Schlegeisspeichersee dauert knapp<br />
drei Stunden. Es wird von Anfang Juni<br />
bis Ende September bewirtschaftet.<br />
Kontakt: 0043/67 67 49 7550.<br />
13.07.-15.07.2012 Alpenverein<br />
bietet Folgeprojekt an<br />
Ermutigt durch den Erfolg der Unternehmung<br />
werden die Ulmer/Neu-Ulmer<br />
Alpenvereinssektionen im kommenden<br />
Sommer eine Dreitages-Tour zum<br />
Thema „Jüdischer Alpinismus und Antisemitismus<br />
im Alpenverein“ anbieten.<br />
Dieses Mal soll es zwar wieder ins Zillertal,<br />
aber über den Berliner Höhenweg<br />
gehen, mit je einer Übernachtung in der<br />
Berliner Hütte und im Friesenberghaus.<br />
Das DZOK ist Mitveranstalter und<br />
richtet erneut das inhaltliche Programm<br />
aus.Wolfgang Schmidtner übernimmt<br />
die organisatorische Vorbereitung und<br />
Tourenführung. Nähere Informationen<br />
folgen.<br />
Eintritt: 2 ∑ / 0,50 ∑<br />
Führung: 40 ∑ / Gruppe<br />
Spendenkonto: 764 90 62<br />
Sonderkonto „Stiftung“: 272 07 04<br />
beide bei der Sparkasse Ulm (BLZ 630 500<br />
00)<br />
<strong>Mitteilungen</strong> des DZOK: 1 ∑ / Heft<br />
Beachten Sie bitte das beiliegende Spendenformular!<br />
Unser Haushalt kann nur durch Spenden gedeckt werden, jeder Euro zählt!<br />
Zur Haushaltslage vgl. auch den Artikel von W. Keck in diesem Heft!<br />
13
Exkursion ins Elsass vom 11. bis 13. Mai 2012<br />
Geschichtliche Verbindungslinien knüpfen<br />
Am Wochenende vom 11. bis 13.<br />
Mai 2012 wird das DZOK für Vereinsmitglieder<br />
eine Elsass-Exkursion<br />
mit historischen Erkundungen<br />
anbieten, die zentrale Bezüge<br />
zwischen Ulmer NS-Geschichte<br />
und französisch/europäischer<br />
Geschichte des 20. Jahrhunderts<br />
herstellt.<br />
Annette Lein, Hansjörg Greimel und<br />
Martin König<br />
Das Verbindungsglied dieser<br />
Geschichte liegt in der Person des<br />
KZ-Kommandanten Karl Buck, der<br />
nicht nur das Ulmer KZ am <strong>Kuhberg</strong><br />
(1933-1935) leitete, sondern auch ein<br />
so genanntes „Umerziehungs- und<br />
Sicherungslager“ in Schirmeck-Vorbruck<br />
(1940-1944) kommandierte.<br />
Ziel dieses Lagers war es, im<br />
besetzten Elsass die nationalsozialistische<br />
Politik der „Zwangsgermanisierung“<br />
zu forcieren und der Bevölkerung<br />
die NS-Ideologie mit Terror<br />
aufzuzwingen. In dem Lager wurden<br />
Widerständige oder als widerständig<br />
angesehene Einwohner aus dem<br />
Elsass interniert und sollten in<br />
ihrem politischen Willen gebrochen<br />
werden.<br />
Als Kommandant des KZ <strong>Oberer</strong><br />
<strong>Kuhberg</strong> Ulm und des Polizeigefängnisses<br />
Welzheim (1935-1940)<br />
ist Buck in den Erinnerungen der<br />
württembergischen Häftlinge als<br />
besonders zynischer und kalter Täter<br />
beschrieben, der in Leidenszeugnissen<br />
der Häftlinge eine zentrale<br />
Rolle spielt. Aus den Berichten<br />
französischer Häftlinge über ihre<br />
(Gewalt-)Erfahrungen in Schirmeck<br />
entsteht das Bild eines Mannes, der<br />
konsequent der NS-Ideologie folgte,<br />
z. B. was die Verfolgung Homosexueller<br />
durch das NS-Regime angeht.<br />
Hierfür stehen insbesondere die<br />
Erinnerungen des ehemaligen Schirmeck-Häftlings<br />
Pierre Seels an Karl<br />
Buck. Eine kleine Lesung aus diesem<br />
Buch bereiten wir für die Exkursion<br />
vor.<br />
Im kollektiven Bewusstsein der zwischen<br />
Frankreich und Deutschland<br />
seit 1871 hin- und hergerissenen<br />
Provinz haben die Haftstätten für<br />
politische Häftlinge und ihr Kommandant<br />
tiefe Spuren hinterlassen,<br />
die wir thematisieren wollen. Ein<br />
spannender Höhepunkt wird die<br />
Begegnung und der Austausch mit<br />
14<br />
KZ-Kommandant Karl Buck in Uniform hinter dem Steuer eines Automobils; Kommandant der KZ<br />
Heuberg, <strong>Kuhberg</strong> und Welzheim und Inspekteur mehrerer KZ im Elsass, u. a. Schirmeck; 1945 als<br />
Kriegsverbrecher wegen der Tötung französischer Häftlinge in Frankreich zum Tode verurteilt, später<br />
begnadigt und nach Deutschland entlassen. A-DZOK.<br />
Zeitzeugen und Mitgliedern des<br />
Geschichtsvereins Schirmeck über<br />
die konkrete (Erinnerungs-)arbeit in<br />
der Region sein.<br />
Ein zweiter Schwerpunkt mit NS-<br />
Bezug bildet der Besuch der KZ-<br />
Gedenkstätte Natzweiler-Struthof in<br />
unmittelbarer Nähe Schirmecks, der<br />
wir uns auf dem 6 Kilometer langen<br />
„Weg der Erinnerung und der Menschenrechte“<br />
annähern werden. In<br />
den Jahren 1941 bis 1945 ließ das<br />
NS-Regime etwa 52.000 Häftlinge<br />
aus allen Teilen Europas hierher<br />
deportieren. Sie sollten im nahebei<br />
gelegenen Steinbruch und in den<br />
angegliederten Außenlagern auf<br />
beiden Seiten des Rheins Zwangsarbeit<br />
leisten. Im Laufe seines Bestehens<br />
entwickelte sich Struthof von<br />
einem Arbeits- zu einem Todeslager.<br />
Die Häftlinge wurden von deutschen<br />
Unternehmen, insbesondere<br />
in Baden-Württemberg und dem<br />
Elsass, erbarmungslos ausgebeutet.<br />
Doch auch über die engere NS-<br />
Geschichte hinaus bietet die Exkursion<br />
Gelegenheit sich mit der spannungsreichen<br />
deutsch-französischen<br />
Geschichte des 20. Jahrhunderts im<br />
Grenzgebiet auseinanderzusetzen.<br />
Hervorragende Möglichkeiten dazu<br />
bieten das neu eröffnete regionalhistorische<br />
Museum in Schirmeck und<br />
die Besichtigung militärischhistori-<br />
scher Baudenkmäler aus der Zeit des<br />
Ersten und Zweiten Weltkriegs, die<br />
die ungeheure Dimension der Kriegsführung<br />
im Jahrhundert der Extreme<br />
vor Ort greifbar macht.<br />
Bisherige Reiseplanung<br />
Freitag, 11. Mai 2012: Ab Ulm<br />
in Fahrgemeinschaften zur „Ferme<br />
Auberge Belle Fosse“, gemeinsames<br />
Abendessen.<br />
Samstag, 12. Mai: Stadtrundgang<br />
in Schirmeck, Spurensuche zum<br />
ehemaligen „Sicherungslager“. Von<br />
dort „Weg der Erinnerung und der<br />
Menschenrechte“ zur KZ-Gedenkstätte<br />
Natzweiler-Struthof mit anschließender<br />
Führung.(www.struthof.fr)<br />
Begegnungsabend mit Mitgliedern des<br />
Geschichtsvereins Schirmeck.<br />
Sonntag, 13. Mai: Besuch des<br />
neuen Regionalmuseums in Schirmeck<br />
(www.memorial-alsace-moselle.com)<br />
mit Schwerpunkt der Zeit von 1870 bis<br />
1945. Erkundungen zur elsässischen<br />
Geschichte auf einem „Bunkerweg“<br />
durch Schützengräben des Ersten<br />
Weltkrieges und auf einem „Weg der<br />
Fluchthelfer“ zum Dorf Moussey.<br />
Kosten: ca. 150 ∑ mit Übernachtung,<br />
HP, Führungen und Fahrtkostenbeteiligung.<br />
(Unverbindliche Schätzung)<br />
Anmeldungen bis Dienstag,<br />
15.12.2011, im DZOK-Büro.
„Ferienexpress“: Grundschüler in der KZ-Gedenkstätte<br />
Was Steine von Gefangenen erzählen<br />
Gute Erfahrungen hat das <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
einmal mehr<br />
mit seinem „Ferienexpress“<br />
gemacht. Auf kindgerechte Weise<br />
werden dabei Grundschüler mit<br />
dem Themenfeld „Nationalsozialismus“<br />
in Berührung gebracht<br />
- wobei diese immer wieder durch<br />
ihre Detailkenntnisse verblüffen.<br />
Edeltraud Aubele und Annette Lein<br />
Die Debatte, ob sich Nationalsozialismus<br />
und Holocaust überhaupt als<br />
Themen für Kinder eignen, wird in<br />
Deutschland – anders als in den Niederlanden<br />
oder in Israel – eher zaghaft<br />
geführt: Wenige Gedenkstätten<br />
haben bisher entsprechende Angebote<br />
entwickelt. Lange Erfahrung in<br />
der Arbeit mit Kindern bringen wohl<br />
vor allem die Mitarbeiter/-innen der<br />
Euthanasie-Gedenkstätte Hadamar<br />
sowie Pädagog/-innen am Fritz-<br />
Bauer-Institut und dem Jüdischen<br />
Museum Frankfurt am Main mit ein.<br />
Sie haben für ihre Arbeit wichtige<br />
Maximen für einen verantwortungsvollen<br />
und kindgemäßen Zugang zu<br />
so schwierigen Themen wie „Euthanasie“<br />
und Holocaust entwickelt.<br />
Bei allen berechtigten Ängsten und<br />
Zweifeln, warum Kinder in dem<br />
Alter sich überhaupt an Themen<br />
über die Zeit des Nationalsozialismus<br />
annähern sollten, spricht<br />
doch auch einiges dafür, solche<br />
Angebote zu gestalten. In der neueren<br />
Holocaust Education wird etwa<br />
auf entwicklungspsychologische<br />
Gründe hingewiesen, dass Kinder<br />
gerade in diesem Alter ein soziales<br />
Gewissen bilden und der Besuch in<br />
einer Gedenkstätte hierfür hilfreich<br />
sein könnte. Außerdem haben viele<br />
Kinder schon im Grundschulalter Versatzstücke<br />
vom Nationalsozialismus<br />
im Kopf, dazu gehören Krieg, Hitler<br />
und Judenmord und sie haben ein<br />
starkes Bedürfnis sich mit Fragen<br />
von Gerechtigkeit im Zusammenleben<br />
von Menschen auseinander zu<br />
setzen. Gedenkstättenpädagog/innen<br />
können diese kindlichen Denkbilder<br />
und Bedürfnisse verantwortungsvoll<br />
aufgreifen und in eine behutsame<br />
Auseinandersetzung lenken, wenn<br />
sie sorgsam mit der Vorstellungskraft<br />
der Kinder, ihrer grundsätzlichen<br />
Neugier und ihrem kreativen Ausdruckswillen<br />
am authentischen Ort<br />
umgehen.<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Gemäß diesen Überlegungen bietet<br />
das DZOK seit drei Jahren ein Ferienangebot<br />
für Kinder zwischen 6-12<br />
Jahren an, im Rahmen eines gemeinsamen<br />
Ferienprogramms der Neu-<br />
Ulmer und Ulmer Museen. Im Folgenden<br />
möchten wir von unserem<br />
diesjährigen „Ferienexpress“<br />
berichten. Einige Kinder nahmen<br />
bereits das dritte Mal an Programm<br />
teil. Sie haben sich wieder – ebenso<br />
wie die Neuankömmlinge – mit<br />
großem Interesse eingebracht. Wir<br />
bemühten uns zunächst, die Kinder<br />
auf ihrem jeweiligen Wissenstand<br />
abzuholen und sie in die Thematik<br />
einzuführen. Für diesen ersten<br />
Schritt fragten wir unsere kleinen<br />
Besucher, was sie über den Ort<br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> wissen. Die Resonanz<br />
war groß. Die Kinder liebten<br />
es sich mitzuteilen und zu zeigen,<br />
was sie schon alles wussten. Es galt<br />
lediglich das Gesagte in eine Ordnung<br />
zu bringen.<br />
Als Leitobjekt wählten wir in diesem<br />
Jahr einen Stein und besprachen<br />
mit den Kindern, warum Menschen<br />
Steine, Muscheln und dergleichen<br />
sammeln. Wir fragten, ob sie selber<br />
auch schon mal einen Stein von<br />
einem Ausflug mitgebracht hätten,<br />
um z. B. der Mutter von dem<br />
Erlebten zu berichten. So wurden<br />
die Steine allgemein zu Erinnerungsträgern<br />
für die Kinder. Die nächste<br />
Aufgabe bestand darin in den<br />
Ausstellungsräumen nach einem<br />
ausgestellten Stein zu suchen.<br />
Schnell fanden die Kinder die „Heubergsteine“<br />
(Erinnerungsobjekte von<br />
Häftlingen) und entdeckten, dass sie<br />
bemalt und beschrieben waren. Nun<br />
galt es die Bedeutung dieser Steine<br />
herauszufinden. Was erzählen die<br />
Steine? Wer wollte, dass was erinnert<br />
wurde? Auf diese Weise lernten<br />
die Kinder die Gefangenen kennen<br />
und erfuhren dass es bei uns nicht<br />
immer rechtsstaatliche Verhältnisse<br />
gab. Erstaunlicherweise brachten<br />
einige Kinder sehr detaillierte Kenntnisse<br />
des gegenwärtigen politischen<br />
Systems mit. Die Kinder erfassten<br />
den Unterschied von Diktatur und<br />
Demokratie und erkannten, warum<br />
die Häftlinge inhaftiert waren.<br />
Im dritten Teil unseres Lernangebots<br />
gingen wir mit den Kindern in die<br />
Kasematten. Dort hatten wir bereits<br />
vereinfachte Zitate und Steine auf<br />
den Zitattafeln ausgelegt. Jedes<br />
Kind durfte ein Zitat lesen, eine<br />
Kerze anzünden und einen Stein mit-<br />
Ulmer Kinder im Alter von acht bis elf Jahren<br />
lernen im Rahmen des „Ferienexpresses“<br />
am 4. August 2011 zum ersten Mal eine KZ-<br />
Gedenkstätte kennen. A-DZOK.<br />
nehmen. Die Kinder erfuhren in ausführlichen<br />
Gesprächen vom Alltag<br />
der Häftlinge. Der letzte Arbeitsauftrag<br />
war, auf dem mitgenommenen<br />
Stein oder auf Papier zeichnerisch<br />
darzustellen, was der Stein ihnen<br />
erzählte. Selbstverständlich durften<br />
sie ihre Werke dann ihren Eltern<br />
zeigen und die Steine zur Erinnerung<br />
mit nach Hause nehmen.<br />
Zusammenfassend kann festgestellt<br />
werden, dass Grundschulkinder<br />
grundsätzlich an der Thematik interessiert<br />
sind, ja geradezu begierig<br />
sind zu lernen. Sie nehmen alles<br />
auf, erkunden auch selber die Ausstellung<br />
und stellen viele Fragen.<br />
Grundsätzlich gilt, dass die Kinder<br />
ein tiefgreifendes Verständnis von<br />
Recht und Unrecht mitbringen und<br />
nicht von der Thematik überfordert<br />
sind. Es bleibt jedoch anzumerken,<br />
dass bei uns im Gegensatz zu der<br />
eingangs thematisierten Holocaust<br />
Education das Augenmerk nicht auf<br />
die Vermittlung von Massenmord<br />
gerichtet ist, sondern auf die politischen<br />
Häftlinge und die frühen<br />
Konzentrationslager. Politische<br />
Bildungsarbeit und Demokratieerziehung<br />
kann dieser Altersgruppe<br />
angeboten werden, sie muss jedoch<br />
gewissen Anforderungen gerecht<br />
werden. Wichtigste Voraussetzung<br />
einer kindgerechten Annäherung<br />
sind kleine Gruppen, in denen auf die<br />
Bedürfnisse der Kleinen individuell<br />
eingegangen werden kann.<br />
15
Paul-Lechler-Stiftung und das Land fördern interkulturelle Arbeit am DZOK<br />
Multiperspektivischer Zugang zur<br />
NS-Geschichte für Hauptschüler<br />
Gute Nachricht: Die Paul-Lechler-<br />
Stiftung wird von Januar 2012 bis<br />
Dezember 2014 – gemeinsam mit<br />
dem Land die interkulturelle Arbeit<br />
des DZOK großzügig unterstützen.<br />
Ein Pilotprojekt am DZOK für<br />
Hauptschüler kann somit Früchte<br />
tragen.<br />
Nicola Wenge und Annette Lein<br />
Im November 2009 präsentierten<br />
Ulmer HauptschülerInnen in der<br />
KZ-Gedenkstätte im Rahmen der<br />
jährlichen Gedenkfeier einen selbst<br />
produzierten Film und zwei Hip-<br />
Hop-Stücke zum Thema „Was geht<br />
mich Eure Geschichte an?“. Die<br />
Vorführung bildete den Höhepunkt<br />
eines dreitägigen Projekts, das in<br />
Kooperation mit der Adalbert-Stifter-<br />
Schule und dem Stadtjugendring<br />
Ulm durchgeführt und in Heft 52 der<br />
<strong>Mitteilungen</strong> ausführlich mit Hintergründen,<br />
Zielen, positivem Verlauf<br />
und erstem Resümee vorgestellt<br />
wurde.<br />
Das Pilotprojekt wurde zwar sehr<br />
aufmerksam wahrgenommen und<br />
fand in Baden-Württemberg auch<br />
viel Anerkennung, war aber hinsichtlich<br />
der interkulturellen Öffnung der<br />
Gedenkstättenarbeit in Ulm und auch<br />
landesweit nur ein erster wichtiger<br />
Schritt. Für eine nachhaltige Weiterentwicklung<br />
und Verstetigung am<br />
DZOK war eine finanzielle Förderung<br />
zwingend erforderlich. Und so haben<br />
wir – nach einem internen Abstimmungsprozess<br />
über Ziele und Wege<br />
der weiteren Arbeit – einen Antrag<br />
bei der Paul-Lechler-Stiftung gestellt,<br />
weil diese uns von ihrem Profil her<br />
als potenzieller Partner und Förderer<br />
passend erschien. Im August kam die<br />
Nachricht, dass die Stiftung das Projekt<br />
für besonders förderungswürdig<br />
hält und die beantragten Mittel in<br />
vollem Umfang zur Verfügung stellen<br />
wird. Sie wird von Januar 2012 bis<br />
Dezember 2014 – gemeinsam mit<br />
dem Land – die interkulturelle Arbeit<br />
des DZOK großzügig unterstützen.<br />
Die Stiftung selbst wurde 1928 von<br />
dem Sozialreformer Dr. Paul Lechler<br />
16<br />
Pilotprojekt 2009 – die Schüler mit den Coaches bei der Erarbeitung der Hip-Hop-Texte.<br />
Foto: D. Fumy. A-DZOK.<br />
in Stuttgart gegründet und hat heute<br />
ihren Sitz in Ludwigsburg. Sie fördert<br />
ausschließlich Projekte und<br />
Modellversuche gemeinnütziger und<br />
kirchlicher Einrichtungen, vorrangig<br />
Bildungs- und Inklusionsprojekte für<br />
Kinder, Jugendliche und Erwachsene<br />
in Baden-Württemberg.<br />
Was ist nun für die nächsten drei<br />
Jahre am DZOK geplant? Wir wollen<br />
am außerschulischen Lernort <strong>Oberer</strong><br />
<strong>Kuhberg</strong> für Hauptschülerinnen und<br />
-schüler einen multiperspektivischen<br />
Zugang zur NS-Geschichte entwickeln,<br />
der ihre unterschiedliche Familiengeschichten<br />
und Zuschreibungen<br />
auf- und ernst nimmt. Hierzu sollen<br />
geeignete Angebote entwickelt<br />
werden, die den Schülerinnen das<br />
historische und gegenwartsbezogene<br />
Lernen erleichtern, z. B. durch<br />
den Einsatz von Handykameras oder<br />
Musik. Diese Angebote sollen teils<br />
in Projektform stattfinden, teils als<br />
Bausteine in Führungen und pädagogische<br />
Basisangebote integriert<br />
werden. Auch die Produktion didaktischer<br />
Materialien ist geplant. Das<br />
Projekt richtet sich natürlich in erster<br />
Linie an die Hauptschüler aus Ulm<br />
und anderen Städten sowie an ihre<br />
Lehrer und Sozialarbeiter, aber auch<br />
an ihre Familien und Freunde sowie<br />
externe Partner, z. B. Migrantenvereine.<br />
Für uns ist das Projekt weit mehr<br />
als nur ein gedenkstättenpädagogischer<br />
Griff in die Methodenkiste.<br />
Die Arbeit mit Jugendlichen, die aus<br />
vielen gesellschaftlichen Bereichen<br />
schon ausgeschlossen sind oder nur<br />
sehr wenig Zugangschancen haben,<br />
ist auch ein politisches und gesellschaftliches<br />
Emanzipationsangebot.<br />
Es soll Mut machen zur gesellschaftlichen<br />
Teilhabe, zur Suche nach den<br />
eigenen Wurzeln und dem Platz in<br />
dieser Stadt und in diesem Land. In<br />
diesem Sinne ist das interkulturelle<br />
Projekt vielleicht die folgerichtige<br />
Fortsetzung der Graswurzelprojekte<br />
aus den 1970er und 1980er Jahren.
Zuschusskürzungen, Spendenrückgänge<br />
Zur Haushaltslage des DZOK<br />
Unsere aktuelle Situation ist<br />
paradox: Besucherzahlen, Vernetzung<br />
in Stadt und Land und inhaltliche<br />
Arbeit sind sehr gut, finanziell<br />
könnten wir aber mittelfristig einen<br />
Rettungsschirm brauchen, wenn<br />
nichts geschieht.<br />
Wolfgang Keck, Vereinsvorsitzender<br />
Die Gründe hierfür liegen im Wegfall<br />
von Projektgeldern (Pädagogikprojekt<br />
2007-2010), Kürzungen des städtischen<br />
Zuschusses um 3 Prozent<br />
(2011 und wohl auch 2012) sowie<br />
einem massiven Spendenrückgang.<br />
Der Haushalt des DZOK wird deshalb<br />
dieses Jahr, wie auch im Kassenbericht<br />
auf der Mitgliederversammlung<br />
dargestellt, mit einem Verlust von<br />
ca. 15.000 ∑ abgeschlossen. Dieser<br />
Verlust kann noch aus dem Kassenbestand<br />
ausgeglichen werden.<br />
Allerdings beträgt dann der Bestand<br />
lediglich noch 9.000 ∑. Das ist das<br />
absolut notwendige Minimum, da wir<br />
monatliche Zahlungsverpflichtungen<br />
wie Gehälter und Miete haben.<br />
Auch bei sparsamster Haushaltsführung<br />
durch die haupt- und ehrenamtlichen<br />
Mitarbeiter benötigt das DZOK<br />
ca. 200.000 ∑ jährlich für die Bezahlung<br />
der laufenden Verpflichtungen.<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Etwa 15 Prozent davon müssen<br />
durch Spenden finanziert werden:<br />
Bei dem aktuellen Spendenrückgang<br />
klafft hier im Haushalt eine Lücke<br />
von 15.000 ∑, die bald geschlossen<br />
werden muss.<br />
Angesichts der angespannten finanziellen<br />
Situation beschlossen Vorstand<br />
und Geschäftsführerin im Juli, sich<br />
verstärkt um die Einwerbung von<br />
Spenden und Drittmitteln zu kümmern.<br />
Es ist uns zwar gelungen, für<br />
die Unterstützung der pädagogischen<br />
Arbeit von der Paul-Lechler-Stiftung<br />
eine großzügige Förderung für ein<br />
interkulturelles Pädagogikprojekt zu<br />
erhalten, aber die Spendenlage hat<br />
sich trotz unserer bisherigen Bemühungen<br />
nicht verbessert.<br />
Auch hier stehen wir also wieder vor<br />
einer paradoxen Situation: Einerseits<br />
ist die erfolgreiche Einwerbung von<br />
Projektmitteln sehr erfreulich und<br />
wir sehen darin auch eine Anerkennung<br />
der Arbeit des DZOK. Auf der<br />
anderen Seite muss das DZOK bei<br />
beiden Projekten neben der stärkeren<br />
Arbeitsbelastung für die Mitarbeiterinnen<br />
auch erhebliche finanzielle<br />
Eigenleistungen aufbringen.<br />
Diese sind für das Archivprojekt<br />
durch eine sehr großzügige Spende<br />
von insgesamt 90.000 ∑ abgedeckt,<br />
die Mittel für das Pädagogikprojekt<br />
müssen jedoch aus dem Haushalt<br />
finanziert werden.<br />
Neben den geschilderten laufenden<br />
Ausgaben stehen dringende Investitionen<br />
an: Der Servicevertrag für<br />
den Fotokopierer wurde von der<br />
Firma zum November gekündigt, da<br />
das Gerät älter als 12 Jahre ist. Es<br />
muss also Ersatz beschafft werden.<br />
Die Computer sind über 7 Jahre alt,<br />
der erste Rechner ist bereits irreparabel<br />
ausgefallen. Auch da ist in<br />
Kürze mit notwendigen Ausgaben<br />
zu rechnen. Dringend benötigt wird<br />
eine zumindest elementare Ausstattung<br />
mit Geräten für die modernen<br />
Medien (Fotoapparat, Videokamera<br />
und Beamer). Für keine dieser Investitionen<br />
haben wir derzeit die dafür<br />
notwendigen Mittel.<br />
Meine dringende Bitte an alle Leserinnen<br />
und Leser dieser Zeilen ist,<br />
dass Sie auch in diesen wirtschaftlich<br />
angespannten Zeiten prüfen,<br />
ob Sie nicht mit einer kleinen oder<br />
größeren Spende die finanzielle<br />
Situation des DZOK verbessern und<br />
damit unsere gerade in dieser Zeit<br />
notwendige politische Bildungsarbeit<br />
unterstützen wollen.<br />
„Württembergisches Schutzhaftlager Ulm“: Ein frühes KZ im Nationalsozialismus (1933-1935)<br />
Neuauflage der didaktischen Materialien<br />
Die 1995 erschienene und 2004<br />
neu bearbeitete Handreichung<br />
über das KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> wird<br />
derzeit überarbeitet. Die Neuauflage<br />
soll im Frühsommer 2012 in<br />
Druck gehen.<br />
Stephan Podes<br />
Viele Jahre hat das frühere Oberschulamt<br />
Tübingen in unregelmäßiger<br />
Folge die Reihe „Materialien zur Landeskunde<br />
und Landesgeschichte“<br />
herausgegeben. Es handelte sich<br />
um Handreichungen für den landeskundlich-historischen<br />
Unterricht im<br />
Regierungsbezirk Tübingen. Sie sind<br />
sehr begehrt gewesen und so sind<br />
die meisten dieser Publikationen, vor<br />
allem diejenigen jüngeren Datums,<br />
längst vergriffen. Das gilt auch für die<br />
Handreichung „Württembergisches<br />
Schutzhaftlager Ulm“.<br />
Die Aktivitäten zur Unterstützung der<br />
Unterrichtspraxis, die seinerzeit in<br />
diese Publikationsreihe mündeten,<br />
sind inzwischen in die „Arbeitskreise<br />
Landeskunde/Landesgeschichte im<br />
Unterricht“ der Regierungspräsidien<br />
integriert. Neben Fortbildungen<br />
werden die Ergebnisse dieser<br />
Arbeitskreise für die einzelne Lehrkraft<br />
in erster Linie durch die zahlreichen,<br />
im Internet verfügbaren<br />
Unterrichtsmodule fruchtbar (Landesbildungsserver:www.landeskundebw.de),<br />
nicht jedoch durch gedruckte<br />
Publikationen.<br />
Gleichwohl besteht nach wie vor<br />
das verständliche Bedürfnis, vor<br />
Ort – aber nicht nur dort – etwas<br />
Gedrucktes zum besuchten Lernort<br />
erwerben zu können beziehungsweise<br />
in der Hand zu haben. Und<br />
so freut es mich ganz besonders,<br />
dass es dem <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> und dem<br />
Regierungspräsidium Tübingen nach<br />
gemeinsamen, immer äußerst kooperativen<br />
Anstrengungen im Vorfeld,<br />
vor allem zur Frage der Finanzierung,<br />
gelungen ist, eine Neubearbeitung<br />
der Handreichung „Württembergisches<br />
Schutzhaftlager Ulm“ nunmehr<br />
in Angriff zu nehmen.<br />
Frau Dr. Ruep, damals Präsidentin<br />
des Oberschulamts Tübingen und<br />
17
heute Ministerialdirektorin im Kultusministerium,<br />
schreibt 2004 im<br />
Vorwort: „Gedenkstätten wie die<br />
auf dem Ulmer <strong>Kuhberg</strong> können<br />
kein Mittel direkter Bekämpfung von<br />
demokratiefeindlichem Radikalismus<br />
und Neonazismus sein, aber sie<br />
können vor allem jungen Menschen<br />
die Bedeutung von Humanität und<br />
Toleranz für einen demokratischen<br />
Rechtsstaat aufzeigen. Die Desorientierung<br />
vieler junger Deutscher zeigt<br />
noch heute, wie wenig bei manchen<br />
das nationalsozialistische Erbe verstanden<br />
oder kritisch verarbeitet ist.“<br />
Diese Einschätzung halte ich auch<br />
heute noch für voll gültig, so dass<br />
diese Publikation nach wie vor ihre<br />
uneingeschränkte Berechtigung hat.<br />
Diese Handreichung bietet Lehrer/<br />
-innen und Schüler/innen Informations-<br />
und Arbeitshilfen für den<br />
Besuch in der KZ-Gedenkstätte. Die<br />
ausgewählten Hintergrundinformationen<br />
dienen der gezielten Vor- und<br />
Nachbereitung des Besuchs. Die<br />
Handreichung informiert zudem<br />
18<br />
über unterschiedliche Möglichkeiten,<br />
den Besuch in der Gedenkstätte zu<br />
gestalten. Sie eröffnet ein Spektrum<br />
analytischer und kreativer Lernangebote,<br />
die auf Jugendliche der verschiedenen<br />
Alters- und Schulstufen<br />
zugeschnitten sind. Damit ist die<br />
Handreichung für Multiplikatoren<br />
als Arbeitsunterstützung unentbehrlich<br />
und zugleich eine unerlässliche<br />
Grundlage für einen aktiven, selbst<br />
erkundenden Zugang zur Gedenkstätte.<br />
Sie hat sich im gedenkstättenpädagogischen<br />
Alltag – in ihrem<br />
bisherigen Umfang und als Printmedium<br />
– außerordentlich bewährt.<br />
Der sehr ambitionierte Zeitplan hat<br />
für die Drucklegung der Neuauflage<br />
den Frühsommer 2012 ins Auge<br />
gefasst. Ich wünsche allen, die daran<br />
beteiligt sind, die Handreichung zu<br />
aktualisieren, eine glückliche Hand<br />
und würde mich freuen, wenn ich<br />
Frau Dr. Wenge persönlich das erste<br />
druckfrische Exemplar in Ulm überreichen<br />
könnte.<br />
Die 2. Auflage der Handreichung<br />
soll in leicht überarbeiteter Fassung<br />
erscheinen. Bei gleichem Umfang sollen<br />
manche Passagen des alten Hefts entfallen,<br />
viele übernommen, einige leicht,<br />
andere komplett neu bearbeitet werden.<br />
Ein besonderer Neuakzent liegt auf der<br />
Entwicklung von Arbeitsbögen, die zum<br />
selbst erkundenden Lernen mit den<br />
Biografiealben einladen. Die Redaktion<br />
für die zweite Auflage setzt sich aus<br />
nebenamtlich an der Gedenkstätte<br />
arbeitenden Lehrern, dem hauptamtlichen<br />
Team und einigen Freiwilligen<br />
zusammen. Die Finanzierung wird vom<br />
Regierungspräsidium und der Stiftung<br />
Erinnerung Ulm getragen.<br />
serbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+Leserbriefe+++Leser<br />
„Eigentlich alles lesenswert“<br />
Ich fand mehrere für mich höchst<br />
interessante Texte, alles gut<br />
geschrieben, klar, verständlich,<br />
ohne Fehler! eigentlich alles lesenswert,<br />
soweit ich beim Überfliegen<br />
erkannte. Sehr gut fand ich das<br />
Interview zum Thema „Justiz in Ulm<br />
während des Nationalsozialismus“.<br />
Die Interviewerin hatte wohl die<br />
offenherzigsten unter den möglichen<br />
Befragbaren aufgetan, wobei sogar<br />
diese nicht völlig frei von apologetischen<br />
Tendenzen sind … Vielen<br />
Dank auch für den Text von Oliver<br />
Thron über seine Nachforschungen<br />
und sein Buch. Beschämt muss ich<br />
immer neu erkennen, wie wenig ich<br />
noch immer von jener Zeit weiß und<br />
wie wenig viele meiner Zeitgenossen<br />
wissen wollen. Auch die Kurznachrichten<br />
und die Rezensionen sind<br />
durchweg lesenswert – für mich also<br />
noch mehr als genug Lese-Arbeit bis<br />
zum nächsten Heft!<br />
Euch allen: DANKESCHÖN!<br />
Veit Feger, Ehingen<br />
„Immer noch besser“<br />
Danke für die Zusendung der Nachrichten<br />
aus dem DZOK. Daraus<br />
habe ich erfahren, dass ihr wieder<br />
eine Praktikantin der Frauenakademie<br />
genommen habt. Das finde<br />
ich klasse. Zum Mitteilungsheft Juli<br />
2011: ich habe das Gefühl, dass das<br />
Mitteilungsheft immer noch besser<br />
wird. Das Schwerpunktthema Ulmer<br />
Justiz ist hoch interessant, ebenso<br />
gefallen mir die wunderbaren Buchbesprechungen.<br />
Elke Ruff, Ulm<br />
Von Naumburg nach Ulm überstellt<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
mit großem Interesse habe ich in<br />
Ihren neuesten <strong>Mitteilungen</strong> (Heft<br />
54/Juli 2011) die Vorstellung des<br />
Buches Deserteure und „Wehrkraftzersetzer“<br />
in Ulm – Ein Gedenkbuch<br />
für die Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm<br />
(Oliver Thron) gelesen. (…)<br />
Hintergrund meines besonderen<br />
Interesses an dem Gedenkbuch ist<br />
zunächst der Sachverhalt, dass im<br />
„Roten Ochsen“ 275 Todesurteile<br />
von Wehrmachtgerichten vollstreckt<br />
wurden und wir intensiv darüber<br />
forschen. Darüber hinaus bringen<br />
Sie in dem o. g. Artikel als eines<br />
der Einzelbeispiele den 30-jährigen<br />
Soldaten Kurt Henne. Ich kenne Teile<br />
seiner Fahnenfluchtgeschichte. Er<br />
INFO<br />
Dr. Stephan Podes arbeitet am Regierungspräsidium<br />
Tübingen als Fachreferent<br />
in der Abteilung Schule und<br />
Bildung.<br />
wurde meines Wissens gemeinsam<br />
mit seiner schwangeren Freundin in<br />
Naumburg festgenommen. Während<br />
Henne nach Ulm überstellt wurde,<br />
saß sie in Halle in Untersuchungshaft.<br />
Bei einem Bombenangriff, der<br />
einige Gebäude des Gerichtsgefängnisses<br />
zerstörte, wurde sie zunächst<br />
verschüttet, am Nachmittag des<br />
Angriffstages (Ostersamstag, 31.<br />
März 1945) jedoch „ausgegraben“, in<br />
den „Roten Ochsen“ überstellt und<br />
hat drei Tage später hier entbunden.<br />
In unserer Ausstellung befindet<br />
sich ein Foto der Frau gemeinsam<br />
mit ihrer Tochter. Das Foto wurde<br />
am 17. April 1945 von einem der<br />
berühmtesten amerikanischen<br />
Frontfotografen aufgenommen, von<br />
Johnny Florea. Ich habe die Frau<br />
noch kennen gelernt. Die 1945 geborene<br />
Tochter ist bereits Ende der<br />
1980er Jahre verstorben, hat aber<br />
einen Sohn hinterlassen, der somit<br />
Kurt Hennes Enkel ist. Er ist jetzt 41<br />
Jahre alt und weiß nichts von seinem<br />
Großvater. Mit der Übersendung<br />
der Publikation würden Sie mir sehr<br />
helfen, wichtige Informationen zu<br />
bekommen. Für Ihre Unterstützung<br />
herzlichen Dank.<br />
Michael, Viebig, Gedenkstätte Roter<br />
Ochse Halle (Saale)
Lotte Frenkel, Tochter eines jüdischen Ulmer Bankiers, 102-jährig verstorben<br />
Von Ulm nach Palästina und dann nach New York<br />
Im hohen Alter von 102 Jahren<br />
ist vergangenen Januar in New<br />
York die in Ulm geborene Jüdin<br />
Lotte Frenkel verstorben. Die ausgebildete<br />
Krankenschwester war<br />
Tochter eines Bankiers, der sein<br />
Institut am Weinhof hatte.<br />
Silvester Lechner<br />
Am Ulmer Weinhof, wo sich bis<br />
November 1938 die Synagoge der<br />
jüdischen Gemeinde befand und an<br />
deren Stelle heute ein Gebäude der<br />
größten Ulmer Bank, der Sparkasse,<br />
steht, gab es von 1901 bis in die Nazi-<br />
Zeit hinein auch einmal eine kleine<br />
Privatbank, die jüdische Besitzer<br />
hatte. Die Adresse war Weinhof 6<br />
(nordwestlicher Teil des Weinhofs,<br />
zwischen Schwörhaus und Weinhofberg)<br />
und der Eigentümer hieß<br />
Emil Mayer, geboren 1871 in Ulm<br />
und dort 1937 gestorben. Verheiratet<br />
war er mit Julie Kiefe, geboren 1881<br />
in Baisingen. Das Ehepaar hatte drei<br />
Kinder: Fritz, Marie und Lotte.<br />
Die jüngste Tochter der Mayers,<br />
Lotte, ist im vergangenen Januar im<br />
Alter von 102 Jahren in Manhattan/<br />
New York verstorben. Geboren<br />
wurde sie am 16. Dezember 1908<br />
in Ulm. Sie war ausgebildete „Fürsorgerin“<br />
bzw. Krankenschwester<br />
(„nurse“) und arbeitete bis zu ihrem<br />
Ruhestand in diesem Beruf; u .a. in<br />
Ulm, und nach der „Machtergreifung“<br />
der Nazis in Bagdad, in Tel<br />
Aviv und schließlich ab den 1950er<br />
Jahren in New York. In Palästina traf<br />
sie ihren Ulmer Jugendfreund, Willi<br />
Frenkel (1908-1991), dessen Vater<br />
Jakob und später dessen älterer<br />
Bruder Abraham/ Adolf in Ulm mehrere<br />
Zigarrenläden besaßen. Lotte<br />
Mayer und Willi Frenkel heirateten in<br />
Tel Aviv 1936 und gingen im Sommer<br />
1950 in die USA. Frenkel hatte seine<br />
kaufmännische Ausbildung im Ulmer<br />
„Kaufhaus Brüder Landauer“, in der<br />
Donaustraße 4, gemacht und ging<br />
später zum berühmten Kaufhaus<br />
Schocken nach Frankfurt. 1934<br />
schickte ihn Schocken nach Palästina,<br />
wo er an der heute noch bestehenden<br />
damaligen Schocken-Zeitung<br />
Haaretz in der Geschäftsführung tätig<br />
war. In den USA arbeitete Frenkel bis<br />
zum Ruhestand als Börsenmakler an<br />
der Wall-Street.<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Das Foto von 1992 zeigt ganz links Lotte Frenkel mit Teilen ihrer Familie, darunter hinten rechts ihr<br />
Neffe Henry Frankel (geb. 1933 in Ulm) und seine Frau Helene. Foto: S. Lechner, A-DZOK.<br />
Lottes ältere Schwester Marie (geb.<br />
7. Januar 1908) war auch von Beruf<br />
Krankenschwester und blieb nach<br />
dem Krieg bis zu ihrem Tod 1980 in<br />
Israel.<br />
Das älteste Kind der Mayers war<br />
Friedrich, ein Leben lang Fritz<br />
genannt. Er wurde am 20. Januar<br />
1906 in Ulm geboren. Er starb mit<br />
33 Jahren. Friedrich Mayer hatte<br />
eine Banklehre gemacht und hatte<br />
1937 zusammen mit seiner Mutter<br />
die Leitung des Ulmer Bankhauses<br />
übernommen, das freilich zu dieser<br />
Zeit infolge des Boykotts jüdischer<br />
Geschäfte im Niedergang begriffen<br />
war.<br />
In der Ulmer „Kristallnacht“ (9.<br />
November 1938) wurde Fritz Mayer<br />
aus dem Bett geholt, schwer misshandelt<br />
und mit ca. 52 anderen<br />
männlichen Juden aus Laupheim,<br />
Buttenhausen und Ulm ins KZ<br />
Dachau verschleppt. In Dachau<br />
wurde er nicht nur weiter misshandelt,<br />
sondern es wurde ihm, der seit<br />
Jahren an Leukämie erkrankt war,<br />
jedes lebensnotwendige Medikament<br />
verweigert. Infolge dieser Torturen<br />
starb er wenige Wochen nach<br />
der Rückkehr aus dem KZ im März<br />
1939 in Ulm.<br />
Nachbemerkung: Wenn in den<br />
nächsten Jahren am Weinhof eine<br />
neue Synagoge der gegenwärtigen<br />
jüdischen Gemeinde Ulms entstehen<br />
wird, ist auch des Schicksals der jüdischen<br />
Familie Mayer zu gedenken,<br />
die ihr Geschäft und ihre Wohnung<br />
keinen Steinwurf weit von der neuen<br />
Synagoge entfernt hatte.<br />
Die Daten sind entnommen:<br />
Ingo Bergmann: Und erinnere dich<br />
immer an mich. Gedenkbuch für die<br />
Ulmer Opfer des Holocaust. Ulm<br />
2009, S. 109.<br />
Ingo Bergmann, Silvester Lechner:<br />
Lodz – Ulm – New Jersey. Die<br />
Geschichte der jüdischen Familie<br />
Frenkel, die 1938 aus Ulm vertrieben<br />
wurde. Manuskript, Ulm 2006,<br />
S. 28 f<br />
Heinz Keil: Dokumentation über die<br />
verfolgten jüdischen Bürger von<br />
Ulm. Manuskript, Ulm 1961, u. a.<br />
S. 161, 329.<br />
Zu danken ist Henry Frankel und<br />
seinem Sohn Alan für weitere Informationen.<br />
19
Nachruf auf Roman Sobkowiak<br />
Ein besonderer Zeitzeuge ist verstummt<br />
Roman Sobkowiak ist tot. Seine<br />
Lebensgeschichte ist nicht nur eine<br />
bewegende polnisch-deutsche<br />
Biografie. Von 1942 an war sie eng<br />
mit der Region Ulm verflochten.<br />
Seit zwei Jahrzehnten bestanden<br />
enge Bande mit dem <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>.<br />
Silvester Lechner und Nicola Wenge<br />
Am 11. August 1923 im Städtchen<br />
Szkaradowo, im deutsch-polnischen<br />
Grenzbereich der ehemaligen preußischen,<br />
damals polnischen Provinz<br />
Posen (heute Woiwodschaft Poznan)<br />
geboren, änderte sich sein Leben<br />
und das seiner Familie radikal mit<br />
dem Einmarsch der Wehrmacht<br />
am 1. September 1939 und der folgenden<br />
Besetzung Polens. Da die<br />
Deutschen alle polnischen Schulen<br />
schlossen, war auch Romans Schulzeit<br />
als Gymnasiast beendet.<br />
Die Sobkowiaks wurden 1941 „ausgesiedelt“,<br />
d. h. vertrieben, vorher<br />
aber noch bekamen sie in Lodz, in<br />
der Außenstelle des „Rasse- und<br />
Siedlungshauptamtes“ (Berlin), von<br />
deutschen „Rasseexperten“ eine<br />
„Sippennummer“ und mit ihr das<br />
Etikett „eindeutschungsfähig“, d. h.<br />
für die nationalsozialistische Gesellschaft<br />
brauchbar und nützlich zu<br />
sein.<br />
Dieses Wort „eindeutschungsfähig“<br />
weist auf den besonderen, für die<br />
Region Ulm einzigartigen Charakter<br />
von Romans lebendiger Zeitzeugenschaft<br />
hin; eine Zeitzeugenschaft<br />
für eine – neben Antisemitismus,<br />
Antiziganismus und Erbhygiene<br />
– zentrale Dimension des nationalsozialistischen<br />
Rassismus. Denn in der<br />
angemaßten Machtvollkommenheit<br />
der „deutschen Herrenrasse“ wurde<br />
Polen nicht nur als Staat aufgelöst<br />
und als Land zerstört, sondern es<br />
wurde auch die gesamte polnische<br />
Gesellschaft in Kategorien eingeteilt<br />
und danach aus-, um- und angesiedelt<br />
und zu einem großen Teil<br />
ermordet oder versklavt.<br />
So wurde Roman mit Teilen seiner<br />
Familie fast 1 000 km südwestlich<br />
deportiert, in das SS-„Umsiedlungslager“<br />
im Schelklinger Konradihaus<br />
und dort unter Zwang „eingedeutscht“.<br />
In Ulm arbeitete er ab<br />
20<br />
Roman Sobkowiak. A-DZOK.<br />
April 1942 im Musikhaus Reisser<br />
am ehemaligen Hauptwachplatz als<br />
Radiomechaniker. Hier erlebte er<br />
Nationalsozialismus, Bombenkrieg<br />
und Nachkriegszeit unmittelbar. Nach<br />
dem Krieg wurde er Mitarbeiter der<br />
alliierten Verwaltung und Mitgründer<br />
der ersten Ulmer Kinos. Von 1951<br />
bis zur Rente 1983 war er im ehemaligen<br />
Telefunken- Röhrenwerk in<br />
Ulm, zunächst als „Radiomeister“,<br />
schließlich in der Forschungsabteilung<br />
von AEG-Telefunken, u.a. bei<br />
der Entwicklung der Laser-Übertragungstechnik,<br />
angestellt.<br />
Vor allem die Liebe und Ehe mit einer<br />
Schelklingerin und seine Familie, die<br />
bis heute in Schelklingen lebt, halfen<br />
ihm dabei, vom „heimatlosen Ausländer“<br />
zum deutschen Staatsbürger<br />
zu werden und in der Region Ulm<br />
eine neue Heimat zu finden.<br />
Roman Sobkowiak begann im Ruhestand<br />
seine Lebenserinnerungen<br />
aufzuschreiben, die unter dem<br />
Titel „Eindeutschungsfähig?!“ im<br />
Jahr 2009 vom <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> im Verlag<br />
Klemm + Oelschläger als Buch<br />
herausgegeben wurden. In den<br />
letzten beiden Jahrzehnten seines<br />
Lebens gab er seine schmerzhaften<br />
Erinnerungen in zahlreichen Zeitzeugengesprächen<br />
und Veranstaltungen<br />
weiter, um das erlittene Unrecht<br />
nicht vergessen zu lassen und sich<br />
zugleich für eine deutsch-polnische<br />
Versöhnung einzusetzen. In Ulm<br />
war er ein wichtiger Partner und<br />
gefragter Referent des <strong>Dokumentationszentrum</strong>s<br />
und der Ulmer Volkshochschule.<br />
Seine Biografie ist im<br />
EinsteinHaus im Rahmen der Dauerausstellung<br />
zum Ulmer Jugendwiderstand<br />
im Zweiten Weltkrieg<br />
vorgestellt.<br />
Dafür dass Roman nicht geschwiegen<br />
hat, sondern mit Leidenschaft und<br />
Ausdauer, mit Geduld und großer<br />
Menschenfreundlichkeit durch seine<br />
persönliche Geschichte die große<br />
Geschichte des 20. Jahrhunderts verstehbarer<br />
gemacht hat, sind wir ihm<br />
dankbar. Er hat das in einer Gesellschaft<br />
getan, die „ von einem Polen“<br />
wahrhaft anderes hören wollte als<br />
„die alten Nazigeschichten“.<br />
Am 15. September ist Roman Sobkowiak<br />
88-jährig in einem Ulmer Krankenhaus<br />
verstorben, Vor Monaten<br />
hat er zugestimmt, dass große Teile<br />
seines wertvollen Nachlasses in das<br />
Archiv des <strong>Dokumentationszentrum</strong>s<br />
aufgenommen werden.<br />
Roman bleibt somit unvergessen: in<br />
hunderten von Dokumenten, aber<br />
vor allem in den Herzen derjenigen,<br />
die ihn erleben durften.<br />
Roman Sobkowiak: Eindeutschungsfähig?!<br />
Eine polnisch-deutsche Biografie im NS-Staat<br />
und in der jungen Bundesrepublik. Ulm, 2007,<br />
116 S. 19,80 ∑.
Nachruf auf Johannes Heinzelmann<br />
Das KZ am Oberen <strong>Kuhberg</strong> und der Bub mit den<br />
Schneeglöckchen<br />
Am 29. September ist Johannes<br />
Heinzelmann mit 84 Jahren in<br />
seiner Geburtsstadt Leutkirch<br />
im Allgäu gestorben. Er war tief<br />
geprägt von der Ulmer KZ-Haft<br />
seines Vaters und großzügiger<br />
Förderer des DZOK, zu dem er<br />
nach anfänglicher Skepsis großes<br />
Vertrauen gewonnen hatte.<br />
Silvester Lechner<br />
Vor etwa 20 Jahren waren wir vom<br />
DZOK in Kontakt zu ihm gekommen.<br />
Er hat uns damals seine Geschichte<br />
und die seiner Familie erzählt -<br />
anvertraut, muss man besser sagen;<br />
zunächst durchaus mit Misstrauen<br />
demgegenüber, was wir damit<br />
anfangen würden. Denn was er uns<br />
sagte, hatte sein Leben tief geprägt.<br />
Demütigungen, Ängste und Aggressionen<br />
gegenüber wirklichen und<br />
imaginären Feinden waren eigentlich<br />
unverarbeitet präsent bis in seine<br />
letzten Tage. Daneben aber gewann<br />
er Vertrauen zu uns, war liebenswürdig,<br />
anhänglich und großzügig.<br />
Er besuchte uns regelmäßig, brachte<br />
Pralinen, lud uns zum Essen ein,<br />
spendete immer wieder Geldbeträge<br />
fürs DZOK, förderte regelmäßig<br />
unsere Freiwilligen der Aktion Sühnezeichen<br />
Friedensdienst und nahm an<br />
allen Veranstaltungen, insbesondere<br />
an den Gedenkveranstaltungen am<br />
Volkstrauertag in der Gedenkstätte<br />
am Oberen <strong>Kuhberg</strong> teil.<br />
Denn dort hat kurz nach seinem<br />
7. Geburtstag, im Jahr 1934, die<br />
zentrale Geschichte seines Lebens<br />
begonnen. Sein Vater, er hieß ebenfalls<br />
Johannes, hatte in den frühen<br />
1920er-Jahren eine freikirchliche<br />
Gemeinde gegründet, wurde Prediger<br />
und führte in Leutkirch ein<br />
christliches Erholungsheim. Als die<br />
Nazis an die Macht kamen, ignorierte<br />
er deren Embleme und Rituale und<br />
verweigerte den „Hitlergruß“ mit der<br />
Begründung, „das Heil kommt nur<br />
von Gott“. Er wurde von der Gestapo<br />
verhaftet und ins Ulmer KZ auf dem<br />
Oberen <strong>Kuhberg</strong> gebracht. Erst drei<br />
Tage später erfuhr die Familie, wo<br />
der Vater sich befand. Die Mutter<br />
packte einen kleinen Koffer mit den<br />
wichtigsten Utensilien, nahm den<br />
Sohn Johannes an der Hand, fuhr<br />
mit dem Zug nach Ulm und ging vom<br />
Bahnhof auf den Oberen <strong>Kuhberg</strong>.<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Johannes Heinzelmann. A-DZOK.<br />
Am Wachhäuschen vor dem KZ<br />
wurden sie angehalten, der Wachmann<br />
riss die Sachen aus dem Koffer<br />
und sagte bei jedem Stück, ehe er es<br />
auf den Boden warf:, „braucht er it<br />
(nicht)“. Der kleine Johannes aber<br />
streckte dem Uniformierten einen<br />
Strauß mit Schneeglöckchen, die er<br />
daheim im Garten gepflückt hatte,<br />
entgegen mit den Worten, „für den<br />
Vater“. Der Wachmann wiederholte,<br />
„braucht er it“, ergriff sie, warf sie<br />
auf den Boden und trampelte drauf<br />
herum. Mutter und Sohn mussten<br />
gehen, ohne den Vater, der erst<br />
einige Wochen später entlassen<br />
wurde.<br />
Im Rückblick kann man fast sagen:<br />
von diesem Tag an war ein großer<br />
Teil der Welt unbegreiflich und böse<br />
für den kleinen Johannes geworden.<br />
Die Familienmitglieder (es gab noch<br />
zwei ältere Geschwister) wurden<br />
in Leutkirch fortan wie Aussätzige<br />
behandelt, das Erholungsheim wurde<br />
beschlagnahmt und alle zusammen<br />
flohen noch 1934 ins Herzogtum<br />
Liechtenstein, wo sie bis Kriegsende<br />
blieben. Der Vater starb bald und<br />
für den kleinen Johannes begann<br />
ein schwieriges, unstetes Leben. Er<br />
blieb unverheiratet. Den Satz des<br />
Wachmanns aber wiederholte er bei<br />
fast jeder Begegnung mit ihm bis<br />
ins letzte Lebensjahr und man hatte<br />
den Eindruck, diese Botschaft des<br />
„Nicht-Gebraucht-Werdens“ behielt<br />
Bedeutung für ihn ein Leben lang.<br />
Vielleicht waren wir vom DZOK in<br />
seinem Ruhestand ein Stück Ersatzfamilie<br />
für ihn. Für uns jedenfalls war<br />
er Freund und Begleiter über viele<br />
Jahre hin. Und mit seiner Geschichte,<br />
die ergreifend wie kaum eine andere<br />
die KZ-Realität spiegelt, wurde er ein<br />
Stück <strong>Kuhberg</strong>-Geschichte. Und das<br />
bleibt sie und auch der, der sie erlebt<br />
und uns erzählt hat.<br />
21
Rückblick auf Veranstaltungen und Ereignisse<br />
des Ulmer <strong>Dokumentationszentrum</strong>s und der Stiftung Erinnerung Ulm, im Jahr 2011<br />
Unsere Arbeit in Zahlen<br />
- ca. 355 begleitete pädagogische<br />
Angebote (270 Führungen, 44<br />
pädagogische Projekte zusätzlich<br />
zum Basisangebot, 41<br />
Schülerpräsentationen in der<br />
KZ-Gedenkstätte und über die<br />
Themen der Gedenkstätte und<br />
des DZOK in Schulen, mit intensiver<br />
und individueller Betreuung<br />
durch ehren- und hauptamtliche<br />
Mitarbeiter (35 GFS als Führung<br />
durch die Gedenkstätte, 6 Abiturpräsentationen)<br />
- ca. 8.000 Besucher in der<br />
Gedenkstätte, darunter 6.200<br />
Jugendliche<br />
- regelmäßige Öffnungszeiten für<br />
Einzelbesucher: sonntags 14-<br />
17 Uhr, Führungen 14.30 Uhr<br />
- Durchführung von ca. 40 Seminaren,<br />
Vorträgen, Gesprächsgruppen,<br />
Veranstaltungen etc.<br />
zur Geschichte des Nationalsozialismus<br />
in der Region Ulm/<br />
Neu-Ulm und zur Gewalt- und<br />
Rechtsradikalismus-Prävention<br />
für ca. 2.500 Personen<br />
- ca. 1.300 Anfragen von Institutionen<br />
und Einzelpersonen des<br />
In-und Auslands, vor allem von<br />
Forschern, Studenten, Schülern,<br />
Opfer-Angehörigen, interessierten<br />
Bürgern, Journalisten<br />
sowie KollegInnen aus anderen<br />
Gedenkstätten<br />
Eine Auswahl wichtiger Aktivitäten<br />
7. Januar: Neujahrstreffen des<br />
Gedenkstättenteams.<br />
11. Januar: Ein Vorstandsmitglied<br />
des Lernorts Synagoge Hainsfarth<br />
e.V. besucht das DZOK, um sich über<br />
zeitgemäße Bildungsangebote zu<br />
informieren.<br />
14. Januar: Günther Merkle<br />
(„Protel-Medien“) macht Filmaufnahmen<br />
für die neue Medienstation<br />
in der Gedenkstätte. Einer von 6<br />
Drehtagen, begleitet von redaktionellen<br />
Treffen.<br />
17. Januar: Die erste von zwei<br />
Jahressitzungen der „Stiftung Erinnerung<br />
Ulm“.<br />
18. Januar: Die erste von zehn Vorstandssitzungen<br />
des Trägervereins<br />
im Jahr 2011.<br />
22<br />
14. Januar: Günther Merkle bei den Dreharbeiten<br />
in der KZ-Gedenkstätte. Foto: M. Stohrer,<br />
A-DZOK.<br />
18. Januar: Gerhard Mayer und<br />
Nicola Wenge zu Gast bei der SWP-<br />
Veranstaltung „Wir lesen“ im Stadthaus.<br />
G. Mayer hatte ein Förderabo<br />
des DZOK für die Berblinger Hauptschule<br />
gestiftet.<br />
19. Januar: Verleihung des Bundesverdienstkreuzes<br />
an Sibylle<br />
Goldmann, wichtige Mitarbeiterin<br />
der Gedenkstätte KZ Auschwitz-Birkenau<br />
und langjähriges DZOK-Vereinsmitglied.<br />
20. Januar: Das erste von fünfzehn<br />
Treffen der Jugendgruppe des<br />
DZOK.<br />
24. Januar: Verleihung des „Obermayer-German<br />
Jewish History<br />
Award“ in Berlin an Filmemacherin<br />
Sibylle Tiedemann, deren Arbeit das<br />
Doku-Zentrum und die Stiftung Erinnerung<br />
Ulm seit Jahren begleiten<br />
und fördern.<br />
24. Januar: Arbeitstreffen von Nicola<br />
Wenge mit Dr. Thomas Lutz, Topographie<br />
des Terrors in Berlin sowie<br />
mit Dr. Matthias Buchholz, Archivar<br />
der Stiftung zu Aufarbeitung der<br />
SED-Diktatur und K. Pflug, LpB-BW,<br />
zur Vorbereitung des Archivprojekts<br />
des DZOK.<br />
27. Januar: Nationaler Gedenktag,<br />
in Ulm mit einer Gedenkstunde am<br />
Nachmittag in der KZ-Gedenkstätte<br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> und am Abend mit<br />
einer Veranstaltung im Stadthaus<br />
Ulm:„Der nationalsozialistische Völkermord<br />
an den Sinti und Roma“<br />
mit Dr. Karola Fings, NS-<strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
der Stadt Köln, Daniel<br />
Strauß, Vorsitzender des Landesverbandes<br />
der Sinti und Roma in BW,<br />
u. a.<br />
30. Januar: Die Gedenkstätte öffnet<br />
wieder nach der Winterpause.<br />
31. Januar: Studientag in der<br />
Gedenkstätte für Studierende der PH<br />
Heidelberg mit Dr. A. Hettinger.<br />
2. Februar: Präsentation der revidierten<br />
Dauerausstellung und des<br />
Leitfadens zu „Jugendarbeit und<br />
Demokratieerziehung an KZ-Gedenkstätten<br />
Baden-Württemberg“ für die<br />
Presse und interessierte Öffentlichkeit.<br />
2. Februar: Blick in die revidierte Dauerausstellung<br />
mit neuer Medienstation im Eingangsbereich.<br />
Foto: G. Braun.<br />
11. Februar: Projekttag in der<br />
Gedenkstätte für Studierende zur<br />
Bildungsarbeit an NS-Gedenkorten<br />
der Universität Augsburg mit Dr. A.<br />
Eberle.<br />
14. Februar: 8. Jahrestag der Stiftung<br />
Erinnerung Ulm im Stadthaus:<br />
„Demokratie und Freiheit in Südosteuropa<br />
noch immer gefährdet“<br />
mit Klaus Prömpers und Jürgen<br />
Dieringer.<br />
14. Februar: Klaus Prömpers (links) und Jürgen<br />
Dieringer (dritter von links) bei der Podiumsdiskussion<br />
mit Ivo Gönner und Wilhelm<br />
Hölkemeier/SWP. Foto: D. Nülle, A-DZOK.<br />
17. Februar: Vernissage der Ausstellung<br />
„Bilder aus dem Exil“ und<br />
Filmvorführung „Briefe aus Chicago“<br />
von und mit Sibylle Tiedemann im<br />
Donauschwäbischen Zentralmuseum,<br />
gefördert von der Stiftung<br />
Erinnerung Ulm.
19. Februar: Ehrenamtliche<br />
Mitarbeiter/-innen vertreten das<br />
DZOK auf der 3. Ulmer Freiwilligenmesse<br />
in der vh.<br />
24. Februar: „Die Nacht ist des<br />
Freien Freund“. Thematischer Stadtrundgang<br />
zur Weißen Rose mit Julian<br />
Aicher und Nicola Wenge.<br />
17. Februar: Besuch der dzokkis in<br />
der städtischen Kontaktstelle „Migration“,<br />
um sich über die Lebenswirklichkeit<br />
Ulmer Migrantinnen und<br />
-migranten zu informieren.<br />
28. Februar - 4. März: Martin B.<br />
absolviert ein 1-wöchiges Sozialpraktikum<br />
im Doku-Zentrum.<br />
28. Februar - 4. März: Ein Doktorand<br />
der Universität Jena (Prof. Norbert<br />
Frey) recherchiert im DZOK-Archiv<br />
zum Thema Gedenkstättenbewegung<br />
in den 1980er Jahren.<br />
3. März: Das Eberhardt-Gymnasium<br />
Bad Urach besucht die Gedenkstätte<br />
mit vier Schulklassen. Immer mehr<br />
Schulen kommen mit mehreren<br />
Gruppen gleichzeitig. Ein Trend, der<br />
die Besucherzahlen steigen lässt,<br />
aber auch schwierigere Vermittlungssituationen<br />
schafft.<br />
11. März: M. Kienle ergänzt unsere<br />
Materialsammlung zum KZ Heuberg<br />
und zu Gotteszell durch die Übergabe<br />
seiner Forschungsdokumente.<br />
14. März: Besuch von Bürgermeisterin<br />
Mayer-Dölle in der Geschäftsstelle.<br />
16. März: Das Anna-Essinger-<br />
Schulzentrum in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft der KZ-Gedenkstätte:<br />
Eine besondere Verbindung für die<br />
Zukunft. Erstes Kooperationsgespräch<br />
mit dem Schulleiter Bernd<br />
Weinkauf.<br />
16. März: Ortstermin von N. Wenge<br />
mit Journalistin Dagmar Hub auf dem<br />
Gelände des ehemaligen Dachauer<br />
KZ-Außenlagers Unterfahlheim.<br />
17. März: Büchse 13: „Mädchen<br />
und Frauen in der rechten Szene.“<br />
Vortrag von Ellen Esen, Politikwissenschaftlerin<br />
aus Karlsruhe.<br />
17. März: Spatenstich für die neue<br />
Synagoge am Weinhof unter Teilnahme<br />
auch der Jugendgruppe des<br />
DZOK und vieler Vereinsmitglieder.<br />
21. März: Angehörige eines ehemaligen<br />
Wehrmachtsoldaten übergeben<br />
einen umfangreichen Bestand von<br />
Feldpostbriefen, Fotos und persönlichen<br />
Dokumenten an das Archiv des<br />
DZOK.<br />
27. März: „Vor aller Augen. Fotodokumente<br />
des nationalsozialistischen<br />
Terrors in der Provinz“. Ausstellungsbesuch<br />
des Gedenkstättenteams im<br />
Ludwigsburger Staatsarchiv mit Führung<br />
durch Archivleiter Dr. Müller.<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
27. März: Die DZOK-Gruppe erhielt eine profunde<br />
Führung durch Dr. Roland Müller (3. v.<br />
rechts). A-DZOK.<br />
28. März: „Innere Bilder wird man<br />
nicht los. Die Frauen in KZ-Außenlager<br />
Daimler-Benz Genshagen“.<br />
Buchpräsentation mit Helmuth Bauer<br />
in der vh.<br />
29. März: Eines von acht Treffen des<br />
Arbeitskreises „Gedenken an die<br />
Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm“<br />
im DZOK.<br />
30.-31. März: Ilona Walosczyk nimmt<br />
an der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft<br />
der Gedenkstättenbibliotheken<br />
in Köln teil.<br />
30. März: Kooperationsgespräch mit<br />
Prof. Fangerau, Direktor des Instituts<br />
für Geschichte, Theorie und Ethik der<br />
Medizin an der Uni Ulm.<br />
30. März: Nicola Wenge führt im<br />
Rahmen der Frühlingsakademie des<br />
ZAWiW / Universität Ulm durch die<br />
KZ-Gedenkstätte.<br />
2. April: Gleiselstetten: (Garten-)<br />
Arbeitstag mit Freiwilligen und den<br />
Nutzergruppen.<br />
2. April: Zwei Freiwillige bei der Arbeit. A-<br />
DZOK.<br />
3. April: Eröffnung des Film- und<br />
Ausstellungsprojekts „Briefe aus<br />
Chicago - Bilder aus dem Exil“ von<br />
Sibylle Tiedemann in der Kreissparkasse<br />
in Bad Buchau. Mit einer Einführung<br />
von Silvester Lechner.<br />
5. April: Vorstandsitzung zum Thema<br />
Spendenrückgang beim DZOK.<br />
7.-8. April: „Das KZ <strong>Kuhberg</strong>: Tatort<br />
und Gedenkstätte“. Landesweites<br />
Seminar für Lehrer aller Schultypen<br />
mit der Landeszentrale für politische<br />
Bildung, zum ersten Mal auch im<br />
Anna-Essinger-Gymnasium.<br />
9.-10. April: Jahrestagung der<br />
Gedenkstätten des Landes in Bad<br />
Urach. Verabschiedung von Konrad<br />
Pflug in den Ruhestand.<br />
14. April: Büchse 13: „KZ-Außenlager<br />
Horgau – Zwangsarbeit nahe<br />
der Reichsautobahn Ulm-Augsburg<br />
1944/45.“ Wolfgang Kucera stellt ein<br />
aktuelles Geschichtsprojekt zur NS-<br />
Rüstungsproduktion vor.<br />
14. April: Historiker und DZOK-Vereinsmitglied<br />
Wolfgang Kucera. A-DZOK.<br />
16. April: Sonderführung von N.<br />
Wenge für die Mitglieder des Förderkreises<br />
Bundesfestung Ulm zur KZ-<br />
Dimension im Fort <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>.<br />
18. April: Mitglieder der Stuttgarter<br />
Initiative „Hotel Silber“ wollen vor<br />
Ort mehr über die konkrete Arbeit<br />
des DZOK erfahren.<br />
1. Mai: Das DZOK ist auf dem Münsterplatz<br />
mit einem Stand vertreten.<br />
1. Mai: Von links nach rechts: Nicola Wenge,<br />
Anna Eble, Annette Lein und Fritz Glauninger.<br />
A-DZOK<br />
4. Mai: „Verlorene Jugendzeit. Als<br />
Luftwaffenhelfer.“ Ein Zeitzeugengespräch<br />
mit Wolfgang Finkbeiner und<br />
Manfred Eger in der vh.<br />
8. Mai: Sonderführung in der KZ-<br />
Gedenkstätte zum Kriegsende.<br />
23
15. Mai: „Museen und Gedenkstätten<br />
– unser Gedächtnis!“ Sonderführung<br />
zum Internationalen<br />
Museumstag.<br />
18. Mai: „Täter - Helfer - Trittbrettfahrer.<br />
NS-Belastete von der Ostalb.“<br />
Buchpräsentation mit H. Wenz und<br />
Dr. W. Proske in der KZ-Gedenkstätte.<br />
18. Mai: Zweite „Infobörse Netzwerk<br />
kulturelle Bildung“ im Roxy,<br />
Austausch im Rahmen des Netzwerkes.<br />
21. Mai: Sonderführung für Ulmer<br />
Jugendliche und Ulmer Presse durch<br />
die Gedenkstätte.<br />
24. Mai: „Es gibt keine Gerechtigkeit<br />
auf Erden – Zeitzeugenbericht von<br />
Oldrich Stránsky über seine Verfolgungsgeschichte<br />
als tschechischer<br />
Jude (im Rahmen der tschechischen<br />
Kulturtage 2011).<br />
24. Mai: Annette Lein und Laszlo Kelemen<br />
(Mitglied der Jugendgruppe des DZOK) im<br />
Gespräch mit Oldrich Stransky. A-DZOK.<br />
26. Mai: Annette Meyer zur Bexten<br />
beginnt ihre Einarbeitung als „Deputatslehrerin“<br />
am DZOK.<br />
28. Mai: Besuch der Enkelin des<br />
<strong>Kuhberg</strong>häftlings Benno Fischer am<br />
<strong>Dokumentationszentrum</strong>.<br />
30. Mai-17. Juni: F. Folli beginnt ein<br />
zweiwöchiges Praktikum am DZOK<br />
im Rahmen der Weiterbildung „Frau<br />
und Beruf“ der vh.<br />
31. Mai: Vortrag von Klaus Beer:<br />
„Der Menschenzüchtungswahn in<br />
der Vergangenheit der Deutschen“<br />
in der vh.<br />
5. Juni: „Tag der Festung“ mit<br />
hunderten von Besuchern in der<br />
Gedenkstätte.<br />
5. Juni: Präsentation des Gedenkbuchs<br />
für die Opfer der NS-Militärjustiz<br />
in Ulm mit Autor Oliver Thron,<br />
Zeitzeugen, Bürgermeisterin Mayer-<br />
Dölle und Landgerichtspräsident<br />
von Au.<br />
8. Juni: Prof. Michael Wettengel,<br />
Leiter des Ulmer Stadtarchivs, und<br />
Nicola Wenge stellen im Gemeinderat<br />
das Projekt „Erinnern in Ulm.<br />
Nationalsozialismus, Krieg und<br />
demokratischer Neubeginn“ vor.<br />
24<br />
10. Juni: „Das Gelände zum Sprechen<br />
bringen: Führungen im Außengelände“.<br />
Eine von 12 Guideschulungen<br />
im Jahr 2011.<br />
15. Juni: Vortrag von Nicola Wenge<br />
am Institut für Geschichte und Ethik<br />
der Medizin an der Uni Ulm zum<br />
frühen KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> und den<br />
heutigen Arbeitsschwerpunkten des<br />
DZOK.<br />
23.-25. Juni: Täterforschung ist das<br />
Schwerpunktthema des 55. bundesweiten<br />
Gedenkstättenseminars<br />
in der Wewelsburg, Teilnahme der<br />
DZOK-Leiterin.<br />
7. Juli: „Hast du meine Alpen<br />
gesehen? Eine jüdische Beziehungsgeschichte“<br />
Vortrag von Dr. Hanno<br />
Loewy, Direktor des Jüdischen<br />
Museum Hohenems im Ulmer<br />
Museum.<br />
7. Juli: 2. Studientag des Seminars<br />
Weingarten mit Referendaren und<br />
Fachleiter Christian Schulz in der<br />
Gedenkstätte.<br />
8.-10. Juli: Historisch-thematische<br />
Bergtour im Zillertal zum jüdischen<br />
Alpinismus und zum Antisemitismus<br />
des Alpenvereins.<br />
Bergtour im Zillertal. Foto: M. Nogherom<br />
A.DZOK.<br />
12. Juli: Präsentation der interkulturellen<br />
Arbeit des DZOK vor dem<br />
Internationalen Ausschuss der Stadt<br />
Ulm.<br />
14. Juli: Gedenkstättenbesuch von<br />
Mitarbeitern des Kultusministeriums<br />
Ba-Wü.<br />
20. Juli: Jahrestag des Stauffenberg-<br />
Attentats: Hochrangige Vertreter der<br />
Bundeswehr am Ulmer Standort<br />
(auch der Standortälteste Konteradmiral<br />
von Dambrowski) zu Besuch in<br />
der Gedenkstätte.<br />
22. Juli: Arbeitstreffen mit Thomas<br />
Heldt, Aktion Sühnezeichen Friedensdienste<br />
Berlin in der Büchsengasse,<br />
zugleich Abschlussgespräch<br />
mit dem Zivildienstleistenden<br />
Markus Stohrer.<br />
20. Juli: Nicola Wenge führt die Besucher der<br />
Bundeswehr durch Ausstellung und Gelände.<br />
A-DZOK.<br />
22. Juli: Mitgliederversammlung mit<br />
Vorstandswahlen.<br />
22.-26. Juli: Projekttage des Gymnasiums<br />
Wiblingen in der Ulmer<br />
Gedenkstätte.<br />
25. Juli: N. Matuszewski, Dokumentarin<br />
des NS-Doku-Zentrums Köln,<br />
kommt zur Beratung für das neue<br />
Archivprojekt des DZOK nach Ulm.<br />
28. Juli: Markus Stohrer lädt seinen<br />
Ulmer Förderkreis zum Abschied in<br />
die Geschäftsstelle ein.<br />
3. August: Der offizielle Bewilligungsbescheid<br />
für das Archivprojekt<br />
erreicht das DZOK.<br />
3. August: Sibylle Thelen, neue<br />
Leiterin des Gedenkstättenreferats<br />
der LpB in Ulm, besucht die Gedenkstätte<br />
und kommt zu einem Kennenlerngespräch<br />
mit Wolfgang Keck und<br />
Nicola Wenge in die Büchsengasse.<br />
4. August: „Wo unschuldige Menschen<br />
eingesperrt waren. Eine Spurensuche<br />
für Kinder im Alter von 8-12<br />
Jahren.“ im Rahmen des Ferienexpress<br />
Ulm/Neu-Ulm. In bewährter<br />
Zusammenarbeit von Annette Lein<br />
und Adel Aubele.<br />
23. August: Paul-Lechler-Stiftung<br />
sagt Förderung für das interkulturelle<br />
Projekt „Was geht mich Eure<br />
Geschichte an?“ zu.<br />
4. September: Stadtführung von<br />
Nicola Wenge und Ingo Bergmann<br />
„Jüdisches Ulm vom Mittelalter bis<br />
zur Gegenwart“ im Rahmen des<br />
Europäischen Tags der jüdischen<br />
Kultur.<br />
14. September: Exkursion der Mitarbeiter<br />
des Instituts für Geschichte<br />
und Ethik der Medizin der Uni<br />
Ulm in die Gedenkstätte. Schwerpunktthema<br />
der Führung von Nicola<br />
Wenge: Medizin im KZ-System: Die<br />
frühen Lager.<br />
14. September: Treffen des AK<br />
Ulmer Menschenrechtsbildung in<br />
der Büchsengasse zur Vorbereitung<br />
der 2. Auflage ihrer Broschüre.
15. September: „Was damals Recht<br />
war …“ Soldaten und Zivilisten vor<br />
Gerichten der Wehrmacht. Vertreter<br />
des Ulmer AK „Gedenken an die<br />
Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm“<br />
prüfen die Wanderausstellung im<br />
Armee-Museum Ingolstadt auf ihre<br />
Eignung für Ulm.<br />
17. September: „Die Bilderwelten<br />
des Jan Svankmajer.“ Kurzfilmperfomance<br />
in der Gedenkstätte mit<br />
Texten und Livemusik von Thomas<br />
Grieser, dramaturgisches Konzept:<br />
Hilde Steinfurth. Im Rahmen der<br />
Ulmer Kulturnacht.<br />
17. September. Filmperformance zur Kulturnacht<br />
in der KZ-Gedenkstätte. Foto: T. Walter,<br />
A-DZOK.<br />
18. September: Der katholische<br />
Arbeitnehmerverband Biberach<br />
informiert sich in der Gedenkstätte<br />
über die Häftlingsgruppen und den<br />
Haftalltag im KZ.<br />
21. September: Trauerfeier für<br />
Roman Sobkowiak in Schelklingen.<br />
Silvester Lechner hält eine Trauerrede<br />
für den 1923 geborenen Zeitzeugen<br />
und langjährigen Freund des<br />
DZOK.<br />
23.-24. September: Annette Lein<br />
nimmt an der Fortbildung „Verunsichernde<br />
Orte“ des Fritz Bauer Instituts<br />
in Stuttgart teil.<br />
23. September: Mitglieder des Vereins<br />
„Rosige Zeiten. Ulm/Neu-Ulm“<br />
besuchen eine Sonderführung zum<br />
Thema Verfolgung Homosexueller<br />
im NS (Martin König) in der Gedenkstätte.<br />
24. September: Fest der Kulturen<br />
auf dem Ulmer Marktplatz. Das<br />
DZOK ist mit dem Arbeitskreis Menschenrechtsbildung<br />
Ulm vertreten.<br />
29. September: „Fritz Bauer – Tod<br />
auf Raten.“ Dokumentarfilm mit<br />
Zeitzeugengespräch (Klaus Beer) im<br />
Rahmen des Filmfestivals ÜberMut.<br />
30. September: Bewerbungsschluss<br />
für die wiss. Mitarbeiterstelle im<br />
Rahmen des Archivprojekts.<br />
5. Oktober: Stille Andacht und Lieder<br />
in der Gedenkstätte mit M. Weiler.<br />
Einführung durch Annette Lein.<br />
6. Oktober: „Fliegen heißt Siegen.“<br />
Die verdrängte Geschichte der Deutschen<br />
Lufthansa. Filmvorführung<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
und Gespräch von Nicola Wenge mit<br />
Regisseur Christoph Weber in der<br />
Lichtburg.<br />
8. Oktober: Trauerfeier für den<br />
1927 geb. Johannes Heinzelmann<br />
in Leutkirch, der das DZOK als Sohn<br />
eines <strong>Kuhberg</strong>häftlings langjährig<br />
begleitete.<br />
9. Oktober: Englischsprachige Sonderführung<br />
durch die Gedenkstätte<br />
von Christian Renner im Rahmen<br />
der Ulm/Neu-Ulmer Tage der Begegnung.<br />
15. Oktober: Guide-Fortbildung von<br />
M. Burger, Förderkreis Bundesfestung<br />
Ulm, zur Baugeschichte und<br />
Anlage des Forts <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>.<br />
13. November: Filmvorführung<br />
„Briefe aus Chicago“ im Rahmen der<br />
Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht<br />
in der ehemaligen Synagoge<br />
Ichenhausen.<br />
19. November: Ganztägige Klausur<br />
der Redaktion für die Neuauflage<br />
der pädagogischen Handreichung.<br />
Erstmalig trat die Redaktion Anfang<br />
Juli zusammen.<br />
28. November: „Vor 70 Jahren.<br />
Nachbarn von nebenan – verschollen<br />
in Riga.“ Vortrag anlässlich der<br />
ersten Deportation von Ulmer Juden<br />
über Stuttgart nach Riga. Eine Veranstaltung<br />
des Ulmer/Neu-Ulmer AK<br />
27. Januar.<br />
Nachfragen zur Führung: Das Gedenkstättenteam mit Matthias Burger (2. v. l.). Foto: K. Jasbar.<br />
17. Oktober: Schulung von<br />
Mitarbeiter/-innen der Ulmer Tourismus-Zentrale<br />
in der KZ-Gedenkstätte<br />
und in der Büchsengasse zu<br />
Angeboten des DZOK..<br />
30./31. Oktober: „Der Holocaust in<br />
der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft.<br />
Bilanz und Perspektiven.“<br />
Karin Jasbar vertritt das DZOK<br />
beim 12. Dachauer Symposium zur<br />
Zeitgeschichte.<br />
6. November: Vernissage der Ausstellung<br />
„Bilder aus dem Exil“ von<br />
und mit Sibylle Tiedemann im Bayerischen<br />
Schulmuseum Ichenhausen,<br />
Schlossplatz 3-5. Einführung: Dr.<br />
Silvester Lechner.<br />
10. November: Büchse 13: Zeitzeugengespräch<br />
mit Dr. Irmgard<br />
Schmidt-Sommer über ihr Zusammenleben<br />
mit den jüdischen Nachbarn<br />
in der Neutorstraße 15 und<br />
deren Verfolgungsgeschichte.<br />
13. November: Gedenkstunde zur<br />
Erinnerung an die Opfer der NS-<br />
Gewaltherrschaft und an die Widerstandskämpfer<br />
1933-1945.<br />
1. Dezember: Gedenkaktion am<br />
Stuttgarter Nordbahnhof anlässlich<br />
der ersten Deportation der württembergischen<br />
Juden von dort nach<br />
Riga. Auch die dzokkis nehmen an<br />
dieser Aktion teil.<br />
2. Dezember: „Zeitgemäße Bildungskonzepte<br />
zum Nationalsozialismus“.<br />
Fachtag der LpB und der Stuttgarter<br />
Jugendhaus-Gesellschaft, u. a. mit<br />
dem Gedenkstättenteam des Ulmer<br />
Doku-Zentrums.<br />
4. Dezember: Letzte Sonntagsführung<br />
für Einzelbesucher vor der Winterpause.<br />
Die Gedenkstätte öffnet<br />
sonntags wieder am 29.1.2012.<br />
9. Dezember: Tag der Menschenrechte<br />
in der KZ-Gedenkstätte.<br />
15. Dezember: Büchse 13: „Vom<br />
Wissen der Bilder – KZ-Zeichnungen<br />
am Beispiel von Karel Kasak“. M.<br />
Haibl, Universität Wien, stellt ihr<br />
Habilitationsvorhaben vor und geht<br />
besonders auf unseren Archivbestand<br />
zu Kasak ein.<br />
20. Dezember: Jahresausklang für<br />
Mitarbeiter und Freunde des DZOK.<br />
25
+Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kü<br />
Vor 70 Jahren – Deportationen Riga ·<br />
DZOK-Vorstandswahlen · Jan Peters (†)<br />
· Theater Ulm und DZOK · AK Gedenken<br />
Wehrmachtdeserteure · Bundesverdienstkreuz<br />
S. Goldmann · 20 Jahre<br />
Klemm & Oelschläger · Führung „Rosige<br />
Zeiten“ · Verunsichernde Orte · Eröffnung<br />
KZ-Gedenkstätte Neckarelz · Fund jüdischer<br />
Steuerakten · Gedenkstättenförderung<br />
im Koalitionsvertrag · Interfraktionelle<br />
Anfrage und Stellungnahme des<br />
Staatsministeriums · Neue KZ-Gedenkstätte<br />
Esterwegen · Nachrichten aus<br />
Polen · Sinti und Roma<br />
Vorstandswahlen beim DZOK: Wolfgang<br />
Keck bleibt Erster Vorsitzender<br />
Am 22. Juli fand in der Ulmer vh die<br />
Mitgliederversammlung des DZOK<br />
statt, in diesem Jahr wieder mit<br />
Vorstandswahlen. Einstimmig wurde<br />
dabei der erste Vorsitzende, Prof.<br />
Wolfgang Keck, im Amt bestätigt.<br />
Mit großer Mehrheit wieder gewählt<br />
wurden auch die bisherigen Stellvertreter<br />
Martin König und Hansjörg<br />
Greimel, die Kassiererin Elke Reuther<br />
und die Beisitzer Uli Klemm und<br />
Wolfgang Traub. Als Beisitzerinnen<br />
verzichteten Myrah Adams, Dagmar<br />
Orths und Ingrid Siegl auf eine<br />
erneute Kandidatur. Die beiden erst<br />
genannten zogen aus Ulm fort. Ingrid<br />
Siegl ließ ihr Amt aus gesundheitlichen<br />
Gründen ruhen. Wir danken<br />
den dreien für ihre jahrelange, wichtige<br />
Mitarbeit und schicken Ingrid<br />
Siegl auf diesem Weg beste Genesungswünsche.<br />
NW<br />
Der neue Vorstand: von links: Wolfgang Keck,<br />
Nicola Wenge (Leiterin), Wolfgang Traub,<br />
Hansjörg Greimel, Martin König, Elke Reuther.<br />
Vorstandsmitglied Uli Klemm ist nicht auf dem<br />
Bild. A-DZOK.<br />
Glückwünsche: 20 Jahre Verlag Klemm +<br />
Oelschläger, ein Dank und Weiter so an<br />
unseren Verleger Uli Klemm<br />
Seit seiner Gründung im September<br />
1991 hat der Verlag Klemm und<br />
Ölschläger über 100 Buchtitel<br />
26<br />
Vor 70 Jahren: Beginn der Deportationen<br />
von Juden aus Ulm<br />
und Württemberg nach Riga –<br />
Gedenken in Ulm und Stuttgart<br />
28.11.2011.-2.12.2012<br />
Vor 70 Jahren, am 1. Dezember<br />
1941, verließ der erste Deportationszug<br />
den Stuttgarter Inneren<br />
Nordbahnhof. Rund 1000 Menschen<br />
wurden in das Lager Jungfernhof<br />
bei Riga verschleppt, ein<br />
Großteil von ihnen wurde im März<br />
1942 ermordet. Mit dem Transport<br />
begann auch für die Juden in<br />
Württemberg und Hohenzollern der<br />
Holocaust. Wir wollen der Opfer<br />
dieses Verbrechens gedenken – in<br />
Ulm und Stuttgart. (Gedenkveranstaltungen<br />
finden natürlich auch in<br />
den fast 50 übrigen württembergischen<br />
Orten statt, aus denen Juden<br />
deportiert wurden).<br />
„Nachbarn von Nebenan – verschollen<br />
in Riga. Gedenkabend des AK 27.<br />
Januar in Ulm/Neu-Ulm mit Winfried<br />
Nachtwei, MdB a. D., Schwörhaus,<br />
18.30 Uhr<br />
Am frühen Morgen des 28.<br />
November mussten sich die für den<br />
ersten Transport nach Riga vorgesehenen<br />
Ulmer Jüdinnen und Juden<br />
unter Bewachung der Gestapo im<br />
Schwörhaus melden. Sie wurden<br />
von hier aus nach Stuttgart in das<br />
Sammellager Killesberg verschleppt<br />
und von dort mit dem Zug nach<br />
Riga deportiert. Am Abend des 28.<br />
November geht Winfried Nachtwei<br />
den Spuren der Verschleppten nach<br />
und beschreibt den Beginn des<br />
Massenmords an den deutschen<br />
und österreichischen Juden im<br />
Baltikum.<br />
herausgegeben. Er bietet ein<br />
anspruchsvolles Sachbuchprogramm<br />
in den Bereichen Geschichte, Kultur<br />
und Gesellschaft, insbesondere<br />
der Region Ulm/Neu-Ulm bzw.<br />
Süddeutschlands. Die Zusammenarbeit<br />
mit der KZ-Gedenkstätte/<br />
<strong>Dokumentationszentrum</strong> <strong>Oberer</strong><br />
<strong>Kuhberg</strong> begann 1998 und ist auch<br />
im Jahr 2011 von konstruktiver<br />
Zusammenarbeit geprägt. Wir wünschen<br />
den Verlegern und dem Verlag<br />
alles Gute für die kommenden 20<br />
Jahre. NW<br />
Erinnerungsveranstaltungen in Stuttgart<br />
am 1. Dezember<br />
Unter Mitwirkung der Landesregierung<br />
wird in Stuttgart am Abend<br />
des 1. Dezember 2011 eine zentrale<br />
Gedenkfeier auf dem Stuttgarter<br />
Killesberg und am „Zeichen der<br />
Erinnerung“, der Gedenkstätte am<br />
Nordbahnhof, stattfinden. Jugendliche<br />
aus ganz Württemberg sind<br />
tagsüber vom Lernort Gedenkstätte<br />
eingeladen, an Führungen zu dieser<br />
ersten Deportation der Juden teilzunehmen.<br />
Die dzokkis, die sich<br />
derzeit mit den Biografien einzelner<br />
Ulmer Deportierter beschäftigen,<br />
werden dieses Angebot wahrnehmen.<br />
Fachtag Zeitgemäße Bildungskonzepte<br />
zum Nationalsozialismus, 2. Dezember<br />
Nach den Gedenkfeierlichkeiten<br />
schließt sich ein Fachtag für Lehrer/<br />
innen und Pädagog/innen mit Vorträgen,<br />
Fachforen und Diskussionen<br />
an. Auch das Gedenkstättenteam<br />
des DZOK nimmt an diesem<br />
Fachtag teil. Weitere Interessierte<br />
können sich im Büro des Dokuzentrums<br />
melden.<br />
Der Fachtag stellt Vermittlungskonzepte<br />
zur NS-Geschichte in Museen,<br />
Gedenkstätten und Archiven vor.<br />
Zeitzeugengespräch in der Büchsengasse,<br />
10. November, 18.00 Uhr<br />
Bereits am 10. November findet<br />
am Doku-Zentrum jenseits der<br />
offiziellen Gedenkveranstaltungen<br />
ein Gespräch mit der Zeitzeugin Dr.<br />
Irmgard Schmidt-Sommer statt. Sie<br />
wird über ihr Zusammenleben den<br />
jüdischen Nachbarn in der Ulmer<br />
Neutorstr. 15 und deren Verfolgungsgeschichte<br />
(auch der Deportation<br />
nach Riga) erzählen.<br />
Schwule und Lesben besuchen die KZ-<br />
Gedenkstätte <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong><br />
Der Verein „Rosige Zeiten Ulm/<br />
Neu-Ulm“ feierte Ende September<br />
sein 10-jähriges Bestehen mit einer<br />
„Kulturwoche“. Mit auf dem Programm<br />
stand eine Führung durch<br />
die KZ-Gedenkstätte <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>.<br />
Die dreißig Teilnehmerinnen<br />
und Teilnehmer – alle zum ersten<br />
Mal auf dem <strong>Kuhberg</strong> – waren eine<br />
sehr interessierte und nachdenkliche<br />
Besuchergruppe. Auch für mich als<br />
Guide konnte die Vorbereitung auf
es in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+<br />
das Thema „Verfolgung von Homosexuellen“<br />
im Nationalsozialismus<br />
inhaltlich neue, wichtige Aspekt<br />
unserer Arbeit öffnen, auch wenn<br />
am <strong>Kuhberg</strong> niemand wegen seiner<br />
sexuellen Orientierung inhaftiert<br />
war. So stammen die wenigen<br />
Informationen, die wir zum Lageralltag<br />
im „Sicherungslager“ Schirmeck-Vorbruck<br />
im Elsass unter dem<br />
Kommando des ehemaligen Ulmer<br />
KZ-Kommandanten Buck haben, aus<br />
Schriften von Pierre Seel, der wegen<br />
seiner Homosexualität dort inhaftiert<br />
war. Beim Abschluss der Führung<br />
wurde die Hoffnung ausgesprochen,<br />
dass beide Vereine künftig enger<br />
zusammenarbeiten. Hierfür war<br />
dieser Abend ganz sicher ein guter<br />
Anstoß.<br />
MKö<br />
Zum Gedenken an DZOK-Vereinsmitglied<br />
Jan Peters<br />
Im August dieses Jahres ist unser<br />
aktives und hochgeschätztes Vereinsmitglied<br />
Jan Peters im Alter von<br />
38 Jahren nach schwerer Krankheit<br />
in Erlangen verstorben, wo er aufwuchs<br />
und wo seine Eltern noch<br />
heute wohnen. Jan war bei vielen<br />
Veranstaltungen der letzten Jahre<br />
durch seine Herzlichkeit und Großzügigkeit,<br />
durch seine klugen Kommentare<br />
und umfassende Hilfsbereitschaft<br />
präsent. Wir haben mit ihm<br />
einen Menschen verloren, der sich<br />
klug und uneitel für die Belange des<br />
Dokuzentrums und für eine gerechtere<br />
Gesellschaft der Gegenwart einsetzte.<br />
Ein politischer Mensch, der<br />
Geschichte und Gegenwart zusammendachte.<br />
Wir vermissen ihn. NW<br />
links: Jan Peters. Foto: privat<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Theater Ulm und DZOK: Begleitprogramm<br />
zu ROMMEL/HOMBURG/TOD/TRAUM<br />
Das Theater Ulm plant am<br />
26.01.2012 die Uraufführung eines<br />
eigens geschriebenen Schauspiels<br />
über die letzten 24 Stunden im Leben<br />
des Feldmarschall Erwin Rommel,<br />
R O M M E L / H O M B U R G / T O D /<br />
TRAUM. Erarbeitet wird das Stück<br />
gemeinsam von Stephan Suschke,<br />
Regisseur, und Michael Sommer,<br />
Leitender Schauspieldramaturg. Die<br />
Begleitveranstaltungen werden als<br />
Kooperationen von Theater Ulm und<br />
DZOK geplant und umgesetzt. Ziel<br />
ist es, interessierten Bürgerinnen<br />
und Bürgern eine kritische Auseinandersetzung<br />
mit der historischen<br />
Person Erwin Rommels und dem bis<br />
heute wirksamen Rommel-Mythos<br />
zu ermöglichen. Dabei setzten wir<br />
auf offene, dialogische und kreative<br />
Formen und gehen auch räumlich auf<br />
Spurensuche. Das Begleitprogramm<br />
im Februar / März 2012 setzt sich<br />
aus Lesung, Exkursion nach Herrlingen<br />
(in Kooperation mit dem Haus<br />
der Stadtgeschichte Ulm) Podiumsdiskussion<br />
und Filmvorführungen<br />
zusammen. Näheres folgt. NW<br />
Arbeitskreis zum Gedenken der Opfer<br />
der NS-Militärjustiz in Ulm<br />
Bei der Präsentation des Gedenkbuchs<br />
für die Opfer der NS-Militärjustiz<br />
in Ulm im Juli dieses Jahres<br />
war es bereits angekündigt worden.<br />
Es soll nicht bei einer papiernen<br />
Ehrung der Opfer bleiben. Vielmehr<br />
bemüht sich ein Arbeitskreis darum,<br />
dass an der ehemaligen Haftstätte<br />
der Deserteure und der Hinrichtungsstätte<br />
am Lehrer Tal erläuternde<br />
Hinweise und Erinnerungsstelen<br />
angebracht werden, damit Tatorte<br />
und Opfer nicht in Vergessenheit<br />
geraten. Angedacht ist auch, auf der<br />
Grundlage der neuen Erkenntnisse<br />
eine kleine Ausstellung zum Thema<br />
zu entwickeln und die vergessene<br />
Opfergruppe in Form didaktischer<br />
Materialien bzw. in Form eines Stadtrundgangs<br />
auch jüngeren Menschen<br />
nahe zu bringen. Sobald sich die<br />
Pläne konkretisieren, wird der AK<br />
an die Öffentlichkeit gehen, auch<br />
um dringend erforderliche finanzielle<br />
Unterstützung einzuwerben. NW<br />
Bundesverdienstkreuz für DZOK-Vereinsmitglied<br />
Sibylle Goldmann<br />
Über Jahrzehnte und mit großer<br />
Energie trieb Sybille Goldmann die<br />
gesellschaftliche Beschäftigung<br />
mit dem Nationalsozialismus und<br />
seinen Verbrechen voran - in Ulm<br />
ebenso wie an der Gedenkstätte<br />
KZ-Auschwitz-Birkenau, wo sie u. a.<br />
am Gedenkbuch für die in Auschwitz<br />
ermordeten Sinti und Roma mitarbeitete.<br />
Am 19. Januar 2011 erhielt sie<br />
für ihr Engagement im Ulmer Rathaus<br />
das Bundesverdienstkreuz. Unter<br />
den vielen Publikationen, Zeitzeugenprojekten<br />
und Dokumentationen, die<br />
sie anstieß und realisierte, verdient<br />
ein Projekt besondere Erwähnung:<br />
Gemeinsam mit Myrah Adams -<br />
langjährige Mitarbeiterin am DZOK<br />
- entwickelte sie die Ausstellung<br />
„Kunst zum Überleben - gezeichnet<br />
in Auschwitz“, die zuerst in Ulm zu<br />
sehen war und von dort durch ganz<br />
Europa zog. Sibylle Goldmann gehört<br />
seit Jahrzehnten zu den kritisch-solidarischen<br />
Freunden des <strong>Dokumentationszentrum</strong>s.<br />
Wir gratulieren noch<br />
einmal von Herzen! NW<br />
Landesministerin Dr. Monika Stolz verleiht<br />
Sibylle Goldmann das Bundesverdienstkreuz.<br />
Foto: S. Goldmann.<br />
Verunsichernde Orte …<br />
… ist der Titel eines Weiterbildungsangebots,<br />
das im Rahmen des<br />
Bundesprojektes „Gedenkstättenpädagogik<br />
und Gegenwartsbezug<br />
– Selbstverständigung und Konzeptentwicklung“<br />
(2007-2010) in Zusammenarbeit<br />
mit zwölf Gedenk- und<br />
Bildungsstätten aus Deutschland,<br />
Österreich und Polen entwickelt<br />
wurde. Träger des Projekts sind das<br />
Fritz Bauer Institut, das Jüdische<br />
Museum Frankfurt sowie das Max<br />
Mannheimer Studienzentrum/ Internationales<br />
Jugendgästehaus Dachau.<br />
Ziel des Weiterbildungsangebots<br />
ist es, einen konstruktiven Verständigungsprozess<br />
zwischen GedenkstättenmitarbeiterInnen<br />
anzustoßen.<br />
Am 23. und 24. September 2011<br />
fand in Stuttgart auf Einladung von<br />
„lernort gedenkstätte“ eine solche<br />
27
+Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kü<br />
Weiterbildung statt, an der auch die<br />
Gedenkstättenpädagogin der Ulmer<br />
KZ-Gedenkstätte teilnahm. Es war<br />
eine intensive Möglichkeit, das<br />
eigene Selbstverständnis und den<br />
Umgang mit den Teilnehmenden zu<br />
reflektieren. Wer mehr über das Projekt<br />
erfahren möchte: 2010 erschien<br />
ein Sammelband mit dem Titel Verunsichernde<br />
Orte, herausgegeben von<br />
B. Timm in der Schriftenreihe des<br />
Fritz-Bauer-Instituts. Auch in unserer<br />
Bibliothek einsehbar. AL<br />
Über die Eröffnung der neuen KZ-<br />
Gedenkstätte Neckarelz …<br />
… hatten wir schon in unserem<br />
letzten Mitteilungsheft berichtet.<br />
Am Sonntag, den 16. Oktober, war<br />
es dann soweit. Im Mittelpunkt<br />
der Eröffnungsfeier um 11 Uhr in<br />
der Turnhalle der Clemens-Brentano-Grundschule<br />
standen die<br />
internationalen Gäste. Es hatten<br />
sich insgesamt zwölf hoch betagte<br />
Überlebende der »Neckarlager«<br />
oder anderer Außenkommandos<br />
von Natzweiler-Struthof angemeldet,<br />
außerdem viele Familienangehörige<br />
der zweiten und der dritten Generation.<br />
Diese internationale Gruppe<br />
aus Polen, Frankreich, der Ukraine,<br />
Italien, Slowenien und Luxembourg<br />
zählte allein bereits über 60 Personen.<br />
Darüber hinaus begrüßte<br />
die Stadt Mosbach und der Verein<br />
KZ-Gedenkstätte die unmittelbar am<br />
Bau Beteiligten und die vielen Förderer<br />
und Unterstützer des Projekts.<br />
Natürlich gab es auch Ehrengäste<br />
aus Politik, Gesellschaft, dem Bildungsbereich,<br />
der Wissenschaft und<br />
dem Netzwerk der Gedenkstätten in<br />
Baden-Württemberg. Ein würdiger<br />
Start für eine Ausstellung, die viele<br />
Besucher verdient hat. Wie angekündigt<br />
wollen wir im kommenden<br />
Jahr eine Exkursion nach Neckarelz<br />
anbieten. NW<br />
Jüdische Steuerakten entdeckt – sensationeller<br />
Fund im Finanzamt Bad Mergentheim<br />
Auf dem Dachboden des Finanzamts<br />
Bad Mergentheim entdeckte ein<br />
Heimathistoriker im September die<br />
Akten von mehr als 100 jüdischen<br />
Gewerbebetrieben oder steuerpflichtigen<br />
jüdischen Bewohnern<br />
des ehemaligen Oberamtes bzw.<br />
Kreises Mergentheim. Sie stammen<br />
überwiegend aus der Zeit der Weimarer<br />
Republik und des National-<br />
28<br />
sozialismus und enden 1941/42 als<br />
die jüdische Bevölkerung deportiert<br />
wurde. Jüdische Steuerakten aus<br />
der NS-Zeit haben sich – nach bisherigem<br />
Kenntnisstand – nur bei ganz<br />
wenigen Finanzämtern erhalten. Der<br />
überwiegende Teil wurde vernichtet.<br />
Das Staatsarchiv Ludwigsburg, das<br />
den Bestand übernahm, verwahrt<br />
bislang nur zwei kleinere Bestände<br />
aus den Finanzämtern Heilbronn und<br />
Schwäbisch-Gmünd. Insofern besitzt<br />
der Aktenfund große Bedeutung<br />
nicht nur für die lokale Forschung.<br />
Was den Fund noch aussagekräftiger<br />
macht sind Dokumente, die es sonst<br />
in Nordwürttemberg anscheinend<br />
nicht mehr gibt: Er zeigt, dass und auf<br />
welche Weise in manchen Orten der<br />
Besitz der Deportierten versteigert<br />
wurde. Und er zeigt, dass auch heute<br />
noch wertvolle Quellen zur NS-Zeit<br />
auf ihre Entdeckung warten. NW<br />
Quelle: www.landesarchiv-bw.de/<br />
web/52895<br />
Würdigung der Gedenkstättenarbeit im<br />
Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung<br />
Der Koalitionsvertrag von 2011<br />
würdigt die dezentrale Struktur und<br />
die Vielfalt der Gedenkstätten. „Die<br />
Erinnerungskultur, die in zahlreichen<br />
lokalen und regionalen Initiativen<br />
in den vergangenen Jahren einen<br />
neuen und gewichtigen Stellenwert<br />
im öffentlichen Leben bekommen<br />
hat, braucht Verstetigung und Verlässlichkeit“.<br />
In welcher Form diese<br />
Verstetigung auch finanziell gestützt<br />
würde, war Gegenstand einer …<br />
… interfraktionellen Anfrage zur<br />
Gedenkstättenförderung in Ba-Wü und<br />
Stellungnahme des Staatsministeriums<br />
Am 27. Juli 2011 stellten die Fraktionen<br />
von CDU, Grünen, SPD<br />
und FDP/DVP eine Anfrage an die<br />
Landesregierung mit der Bitte zu<br />
berichten, in welchem Umfang das<br />
Land die Gedenkstätten finanziell<br />
unterstützen will und ob die Regierung<br />
eine Ausweitung ihrer Förderung<br />
in Betracht zieht.<br />
Am 1. Juli antwortete das Staatsministerium:<br />
„Es bedarf einer<br />
angemessenen und auskömmlichen<br />
Förderung dieser Bürgerprojekte<br />
durch das Land, die Landkreise und<br />
Kommunen. … In den letzten Jahren<br />
hat die finanzielle Ausstattung der<br />
Gedenkstätten mit ihrer wachsenden<br />
Bedeutung als politischer und historischer<br />
Lernort nicht Schritt gehalten.<br />
Dies wirkt sich bremsend auf die<br />
Arbeit der Gedenkstätten aus. Die<br />
Folge ist, dass notwendige Innovationen<br />
etwa in der pädagogischen<br />
Vermittlung lediglich unzureichend<br />
umgesetzt, zeitlich aufgeschoben<br />
oder womöglich gar nicht auf den<br />
Weg gebracht werden. … Die Landesregierung<br />
wird sich im Rahmen<br />
ihrer finanziellen Möglichkeiten entsprechenden<br />
Überlegungen nicht<br />
verschließen.“ NW<br />
Neue KZ-Gedenkstätte Esterwegen …<br />
… wurde am 21. Oktober eröffnet.<br />
Auf diese Nachricht haben die<br />
wenigen noch lebenden „Moorsoldaten“<br />
und all diejenigen gewartet,<br />
die sich in den vergangenen Jahrzehnten<br />
für eine Erinnerungsstätte<br />
an diesem Ort eingesetzt haben.<br />
Nach dreijähriger Vorbereitungszeit<br />
wurde nun auf dem Gelände des<br />
ehemaligen Konzentrations- und<br />
Strafgefangenenlagers Esterwegen<br />
in Niedersachsen ein moderner<br />
Gedenkort errichtet, der an die<br />
Geschichte der insgesamt 15 Emslandlager<br />
von 1933-1945 und an<br />
ihre Opfer erinnert. Tausende von<br />
Menschen wurden in den Lagern<br />
gefangen gehalten, darunter zahlreiche<br />
„politische Gefangene“,<br />
die den Nationalsozialisten bei der<br />
Durchsetzung ihrer Herrschaft im<br />
Wege waren. Zu den prominenten<br />
Häftlingen in Esterwegen gehörte<br />
der Friedensnobelpreisträger Carl<br />
von Ossietzky, der am 4. Mai 1938 an<br />
den Folgen der „Schutzhaft“ starb.<br />
Weitere Infos: www.gedenkstaetteesterwegen.de<br />
NW<br />
Carl von Ossietzky<br />
Ob wir überleben, ist weder<br />
sicher noch die Hauptsache.<br />
Wie man später von uns denken<br />
wird ist so wichtig wie dass man<br />
an uns denken wird.<br />
Darin liegt auch unsere Zukunft.<br />
Danach müssen wir leben,<br />
solange wir atmen.<br />
Ein Deutschland, das an uns<br />
denkt, wird auch ein besseres<br />
Deutschland sein.<br />
Nachrichten aus Polen …<br />
… bekamen wir im Februar 2011<br />
durch einen Brief von Frau Irena<br />
Pilawska aus Brzozow in Ostpolen.<br />
Frau Pilawska, die mit 13 Jahren in<br />
Telefunken-Werken in Lodz (damals<br />
Litzmannstadt) arbeiten musste,
es in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+<br />
war die jüngste in ihrer Gruppe. Im<br />
Sommer 1944 hat man sie nach<br />
Ulm verschleppt. Ihre Erinnerungen<br />
aus dieser düsteren Zeit sind im<br />
Buch „Schönes schreckliches Ulm“.<br />
DZOK, 1996 zu lesen. Irena Pilawska<br />
war auch die Teilnehmerin des Aussöhnungstreffen<br />
in Ulm 1996:<br />
„Meine lieben Freunde,<br />
ich freue mich sehr über jede Nachricht<br />
von Euch, und entschuldigt<br />
bitte, dass ich nicht jeden Eurer<br />
Briefe beantwortet habe. Aber ich<br />
hoffe, jetzt wird es besser, da sich<br />
mein Sehvermögen nach zwei<br />
Augenbehandlungen verbessert hat<br />
und ich wieder gut lesen und auch<br />
schreiben kann. (...) Das Schicksal<br />
von Frau Gabriela Turant [ihre<br />
Geschichte wurde in den <strong>Mitteilungen</strong><br />
53 vorgestellt] hat mich sehr<br />
interessiert, weil ich sie aus der Zeit<br />
bei Telefunken in Ulm kenne. Sie hat<br />
in der Aufbau-Abteilung gearbeitet.<br />
Man kann uns auf einem Gruppenfoto<br />
aus Ludwigsburg sehen. Ich<br />
weiß noch, dass Gabriela sehr schön<br />
malen konnte. Ich hätte gern mehr<br />
über sie erfahren.<br />
Eine sehr traurige Nachricht hat mich<br />
erreicht. Meine Freundin Jadzia Krolik<br />
ist gestorben. Sie war auch Teilnehmerin<br />
des Ulm-Besuchs 1996. Ihr<br />
Sohn hat sie damals begleitet. Leider<br />
wurde er zwei Jahre später in Polen<br />
ermordet.<br />
Ich bitte Euch sehr, vergesst mich<br />
nicht.<br />
Herzliche Grüße Irena Pilawska mit<br />
Mann<br />
IW<br />
Irena Pilawska (erste links sitzend) mit der<br />
Tochter Marysia (erste links stehend) bei der<br />
Familie Lechner 1996. Neben Irena sitzt der<br />
vor kurzem verstorbene Roman Sobkowiak.<br />
A-DZOK.<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Sinti und Roma<br />
Baden-Württemberg hat Abschiebungen<br />
von Roma ins Kosovo gestoppt<br />
Eine wichtige und erfreuliche<br />
Nachricht: Nach Medienberichten<br />
setzte Baden-Württemberg im<br />
August 2011 die Abschiebungen<br />
von Roma ins Kosovo und Serbien<br />
aus; es wurden aber kein konkreter<br />
Zeitraum und auch keine Ausschlussgründe<br />
genannt. Einzelne<br />
Bundesländer können Abschiebungsstopps<br />
einmalig für längstens<br />
sechs Monate anordnen. Zur<br />
Begründung der Entscheidung hier<br />
die Südwestpresse nach DPA am<br />
4.8.2011: „Baden-Württembergs<br />
Innenminister Reinhold Gall (SPD)<br />
hat die Abschiebung von Roma<br />
in das Kosovo und nach Serbien<br />
gestoppt. Sein Sprecher sagte<br />
am Donnerstag auf Anfrage, dass<br />
wegen des wieder aufgeflammten<br />
Kosovo-Konflikts Roma nicht mehr<br />
abgeschoben werden. ‚Die Lage<br />
dort ist besonders für Roma unsicher‘,<br />
sagte der Sprecher von Gall.<br />
Eine Delegation des Petitionsausschusses<br />
wolle sich bei einer Reise<br />
in die Region über die Lebenssituation<br />
von Minderheiten informieren.<br />
Nach abschließender Bewertung<br />
der für den Herbst geplanten Reise<br />
solle über den weiteren Aufenthalt<br />
der Roma-Flüchtlinge entschieden<br />
werden. In Baden-Württemberg<br />
leben nach Angaben des Innenministeriums<br />
derzeit rund 1200<br />
geduldete Roma.“ Wir hatten in<br />
Heft 52 über die prekäre Situation<br />
der Roma im Kosovo berichtet und<br />
über die Bemühungen des Ulmer<br />
Flüchtlingsrats die Abschiebung<br />
einer jungen Roma-Familie dorthin<br />
zu verhindern. NW<br />
Die Studie zur aktuellen Bildungssituation<br />
deutscher Sinti und Roma …<br />
… die Daniel Strauß, Verband deutscher<br />
Sinti und Roma, auf dem<br />
Balkansalon in Um im November<br />
2010 vorstellte, ist nun erschienen.<br />
Sie wurde am 8. September im Kulturhaus<br />
Romno Kher (in Mannheim)<br />
der Öffentlichkeit vorgestellt und<br />
ist einsehbar auf der Website der<br />
Stiftung Erinnerung Verantwortung<br />
Zukunft (www.stiftung-evz.de/w/<br />
files/roma/2011_strauss_studie_<br />
sinti_bildung.pdf) Nach einleitenden<br />
methodischen Vorbemerkungen<br />
und einer Auswertung der quantitativen<br />
Daten kommen die<br />
Autoren in der Zusammenfassung<br />
der Ergebnisse zu dramatischen<br />
Schlussfolgerungen. Sie diagnostizieren<br />
eine „desolate Bildungslage“<br />
der deutschen Sinti und Roma und<br />
stellen fest, dass das deutsche<br />
Bildungssystem gravierend versagt<br />
habe. Dringend empfohlen wird<br />
ein „nationaler Aktionsplan für<br />
eine generationenübergreifende<br />
Bildungsförderung für Sinti und<br />
Roma“. (S. 103) NW<br />
Gewalt gegen Roma in Tschechien und<br />
Bulgarien eskaliert<br />
Wie unglaublich brisant die Situation<br />
der Sinti und Roma in Europa<br />
ist, zeigen Besorgnis erregende<br />
Nachrichten aus Tschechien und<br />
Bulgarien. Seit Wochen sind Roma<br />
in Bulgarien und Tschechien nationalistischen<br />
und rechtsextremistischen<br />
Übergriffen ausgesetzt. Im<br />
Oktober eskalierte die Situation<br />
weiter mit Brandschatzungen<br />
von Roma-Häusern. Politologen<br />
bringen die rassistischen Exzesse<br />
in Bulgarien in Zusammenhang<br />
mit den Präsidentschafts- und<br />
Kommunalwahlen, am 23. Oktober<br />
stattfanden. Die nationalistischen<br />
Parteien, die immer mehr Zulauf<br />
erhalten, würden den Konflikt<br />
bewusst instrumentalisieren. Auch<br />
in Tschechien sind Roma-Familien<br />
Opfer von Gewalttaten. In der Stadt<br />
Varnsdorf an der der deutschen<br />
Grenze marschieren Rechtsextreme<br />
Wochenende für Wochenende mit<br />
Roma-feindlichen Parolen durchs<br />
Dorf. Sie skandieren „Tschechien<br />
den Tschechen, Zigeuner ins Gas!“<br />
Die erschütternden Darstellungen<br />
zeigt die elementare Bedrohung<br />
dieser Minderheit.<br />
Quelle:www.nachrichten.at<br />
29
++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Büc<br />
Samuel Salzborn:<br />
Antisemitismus als negative Leitidee<br />
der Moderne. Frankfurt a. M<br />
2010; 380 Seiten, 29,90 ∑<br />
Einführungswerke zum Thema Antisemitismus<br />
sind zahlreich. So existiert<br />
eine schier unendliche Menge<br />
an historischen Darlegungen, aktuell<br />
beispielsweise der bei Reclam verlegte<br />
Einführungstext Steven Bellers<br />
unter dem Titel „Antisemitismus“<br />
aus dem Jahr 2010.<br />
Das Phänomen Antisemitismus<br />
ist aber nicht nur historisch zu verstehen:<br />
Auch SoziologInnen und<br />
PsychoanalytikerInnen haben auf<br />
verschiedene Weise versucht, Antisemitismus<br />
bzw. die AntisemitInnen<br />
theoretisch fassbar zu machen.<br />
Ebenso gibt es kontinuierliche empirische<br />
Untersuchungen, wie die<br />
des Bielefelder Soziologen Wilhelm<br />
Heitmeyer, der mit der Langzeitstudie<br />
„Deutsche Zustände“ über<br />
zehn Jahre das Ausmaß u. a. von<br />
Rassismus, Nationalismus und eben<br />
auch Antisemitismus in der Bundesrepublik<br />
ermittelte. Was hingegen<br />
bisher fehlte, war eine Darstellung,<br />
die versuchte, die soziologische bzw.<br />
psychoanalytische Theorie mit der<br />
soziologischen Empirie zu verbinden.<br />
Genau diesen Versuch tritt Samuel<br />
Salzborn mit seiner Habilitationsschrift<br />
„Antisemitismus als negative<br />
Leitidee der Moderne“ an, die 2010<br />
im Campus-Verlag erschienen ist. Die<br />
Monographie besteht aus drei Teilen:<br />
Zu Beginn der Arbeit stellt Salzborn<br />
die Kernpunkte elf zentraler Antisemitismus-Theorien<br />
von Hannah<br />
Arendt über den Psychoanalytiker<br />
Ernst Simmel bis hin zu dem marxistischen<br />
Theoretiker Moishe Postone<br />
zusammen, stellt deren Rezeption in<br />
der bisherigen Forschung dar und<br />
versucht Kernthesen zu formulieren,<br />
die im zweiten Teil der Darstellung<br />
mittels qualitativer Interviews überprüft<br />
werden. Zum Ende wird eine<br />
Synthese der beiden vorherigen Teile<br />
hergestellt, um skizzenhaft eine politische<br />
Theorie des Antisemitismus<br />
zu formulieren.<br />
Insbesondere im ersten Teil gelingt<br />
es Salzborn, die teilweise recht<br />
komplexen Theorien sehr gut nachvollziehbar<br />
darzulegen, ganz gleich ob<br />
es sich hierbei um eine Darstellung<br />
der Texte von Jean Peaul Sartre, Zygmunt<br />
Bauman oder der „Elemente<br />
des Antisemitismus“ von Adorno und<br />
Horkheimer handelt. Ebenfalls viele<br />
interessante Ideen zum Weiterlesen<br />
lassen sich aus der Darstellung der<br />
Rezeptionsgeschichte gewinnen.<br />
30<br />
Im zweiten Teil der Darstellung<br />
wertet Salzborn - nach intensiven<br />
Darlegungen zu seinem empirischen<br />
Forschungsdesign – systematisch<br />
Interviews aus, die im Rahmen des<br />
DFG-Graduiertenkollegs „Gruppenbezogene<br />
Menschenfeindlichkeit“<br />
unter Leitung von Ulrich Wagner und<br />
Wilhelm Heitmeyer geführt wurden<br />
und ergänzt diese um vertiefende<br />
Interviews mit bereits befragten Personen,<br />
die mittlere und hohe Werte<br />
bzgl. antisemitischer Äußerungen<br />
zeigten. Dabei weist Salzborn auch<br />
gegenwärtig noch den längst tot<br />
geglaubten religiös-grundierten Antijudaismus<br />
nach. Ebenso konstatiert<br />
er den Drang von AntisemitInnen,<br />
komplexe Herrschafts- und Wirtschaftsverhältnisse<br />
zu konkretisieren<br />
und zu personalisieren.<br />
Es gelingt Salzborn also für den<br />
projektiven Charakter des Antisemitismus<br />
auch in der Empirie Belege<br />
zu finden. Damit bestätigt er eine<br />
Grundannahme der Antisemitismusforschung<br />
und verdeutlicht auf der<br />
Basis des empirischen Materials,<br />
dass der Antisemitismus mit dem<br />
Verhalten von Jüdinnen und Juden<br />
nichts zu tun hat, sondern mit dem<br />
Denken und der Bildproduktion der<br />
AntisemitInnen – und zwar nicht nur<br />
bei Neonazis, sondern auch in der<br />
Mitte der Gesellschaft. Die Formulierung<br />
einer politischen Theorie des<br />
Antisemitismus, die auf interessante<br />
Weise die zuvor empirisch überprüften<br />
Thesen der verschiedenen<br />
Antisemitismus-Theorien im dritten<br />
Teil miteinander verbindet, beschließt<br />
nun die Überlegungen Salzborns.<br />
Durch die Verbindung von soziologischen<br />
mit psychoanalytischen<br />
Ansätzen gelingt es dem Autor, den<br />
Antisemitismus in der politischen<br />
Theorie „nicht nur als einen Aspekt<br />
bürgerlicher Vergesellschaftung zu<br />
begreifen, sondern als Theorie der<br />
bürgerlichen Gesellschaft selbst“<br />
(S. 317).<br />
Für eine fundierte Auseinandersetzung<br />
mit dem Verständnis von Antisemitismus<br />
als negativer Leitidee<br />
der (westlichen) Moderne sei die<br />
Lektüre des Bandes dringend empfohlen.<br />
Wer nicht das ganze Buch<br />
lesen mag, sollte sich besonderes<br />
dem ersten Teil widmen, da eine<br />
kompakte und verständliche Darstellung<br />
soziologischer und psychoanalytischer<br />
Antisemitismustheorien<br />
bisher fehlte.<br />
Tobias Edling<br />
KZ-Gedenkstätte Dachau (Hrsg.):<br />
Gedenkbuch für die Toten des<br />
Konzentrationslagers Dachau.<br />
Redaktion: Albert Knoll. Dachau<br />
2011, 1.312 Seiten (Das Buch wurde<br />
zunächst in einer Auflage von 150<br />
Stück gedruckt, die unter anderem<br />
an Präsenzbibliotheken gehen sollen;<br />
es ist nicht im Handel erhältlich.)<br />
33.205 Menschen sind in diesem<br />
Buch auf weit über tausend engst<br />
bedruckten Seiten aufgelistet, mit<br />
Namen und Vornamen, Geburts- und<br />
Sterbedatum, Beruf, Nationalität<br />
und Wohnort, sofern diese Daten zu<br />
eruieren waren. Es handelt sich um<br />
Menschen, die im Zusammenhang<br />
mit dem Konzentrationslager Dachau,<br />
dieser europäischen „Drehscheibe“<br />
(S. 10) des Nazi-Terrors, systematisch<br />
ermordet wurden oder im Elend der<br />
Verhältnisse zugrunde gingen. Insgesamt<br />
starben in Dachau und seinen<br />
140 Außenlagern wohl 41.000 Menschen,<br />
aber im absoluten Chaos<br />
des letzten Jahres vor der Befreiung<br />
wurden viele Neuankömmlinge und<br />
Tote nicht mehr registriert. Insgesamt<br />
waren im KZ-Komplex Dachau,<br />
der zwischen dem 22. März 1933<br />
und dem 29. April 1945 bestand, ca.<br />
200.000 Häftlinge gefangen. Nicht<br />
erwähnt in diesem Buch sind Häftlinge,<br />
die auf Transporten aus oder<br />
nach Dachau ums Leben kamen,<br />
wie z.B. jene Menschen, die im April<br />
1945 auf einem 21 Tage währenden<br />
Transport von Buchenwald nach<br />
Dachau zugrunde gingen: von 5080<br />
Häftlingen erreichten einen Tag vor<br />
der Befreiung nur noch 861 lebend<br />
Dachau.<br />
Die Dachau-Häftlinge kamen aus<br />
fast allen europäischen Ländern,<br />
allein etwa je ein Viertel aus Polen<br />
und dem „Deutschen Reich“ in den<br />
Grenzen von 1939. 51.300 Häftlinge<br />
sind als Juden verschiedener Nationalität<br />
registriert, wovon in Dachau<br />
nachweislich 11.474 gestorben sind.<br />
Etwas bedauerlich erscheint an<br />
dieser Edition, dass weder ein<br />
Verzeichnis zur wichtigsten weiter<br />
führenden Literatur, noch ein Ortsregister<br />
zur Herkunft der Häftlinge enthalten<br />
ist. Deshalb sind auch die aus<br />
Ulm und seiner Region stammenden<br />
Häftlinge nicht heraus zu finden. Ein<br />
Hinweis auf den einführenden Seiten<br />
ist freilich für Ulm und seine KZ-<br />
Gedenkstätte von Bedeutung: allein<br />
27.313 Tote im KZ Dachau wurden als<br />
„Schutzhäftlinge“ registriert (S. 23).<br />
Dies ist für viele Ulmer Zeitgenossen<br />
von Interesse, von denen bis heute
cher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neu<br />
die Nazi-Bezeichnung „Schutzhaft“<br />
und „Schutzhaftlager“ für das ehemalige<br />
KZ auf dem <strong>Kuhberg</strong> mit<br />
der Bemerkung verharmlost wird:<br />
„das war ja kein KZ., sondern nur ein<br />
Schutzhaftlager“.<br />
Zusammenfassend ist zu sagen:<br />
Das Dachauer Totenbuch, das nun<br />
66 Jahre nach der Befreiung - nach<br />
jahrzehntelangen Vorarbeiten zu<br />
verschiedenen Nationalitäten und<br />
Häftlingskategorien - vorliegt, ist<br />
ein Denkmal, das verstummen<br />
lässt. Jedenfalls erscheint eine<br />
Beschreibung mit nackten Zahlen<br />
völlig unangemessen. Alle Leser/innen<br />
dieser Zeilen sind deshalb<br />
aufgefordert, einmal im Ulmer Doku-<br />
Zentrum in der Büchsengasse vorbei<br />
zu kommen und ein paar Seiten zu<br />
lesen, Name für Name …<br />
Silvester Lechner<br />
Christiane Moll (Hrsg.):<br />
Alexander Schmorell, Christoph<br />
Probst. Gesammelte Briefe. Berlin<br />
2011, 944 Seiten, 34,80 ∑<br />
(Schriftenreihe der Gedenkstätte<br />
Deutscher Widerstand, Reihe B:<br />
Quellen und Berichte, Bd. 3)<br />
„Unsere höchsten Führer – alle<br />
– haben in ihren Gesichtern eher<br />
den Ausdruck wilder Tiere als von<br />
Menschen.“ Diese Äußerung vom<br />
1. Mai 1937 zu seinen ersten Arbeitsdiensterfahrungen<br />
markiert definitiv<br />
den Abschied Alexander Schmorells<br />
von seiner jugendlichen Begeisterung<br />
für das System der Hitlerjugend<br />
und sie markiert den Beginn einer<br />
radikalen Abkehr von aller Nazi-Ideologie<br />
und -Praxis. Er schrieb das<br />
an seine Freundin Angelika Probst,<br />
kurz nachdem er Abitur gemacht<br />
und seinen Arbeitsdienst begonnen<br />
hatte.<br />
Alexander Schmorell und Christoph<br />
Probst bildeten zusammen mit Hans<br />
und Sophie Scholl sowie Willi Graf<br />
den engsten Kreis der studentischen<br />
Widerstandsgruppe „Weiße Rose“.<br />
Die fünf haben 1942/43 vor allem<br />
mit Flugblättern von München aus<br />
das nationalsozialistische Regime<br />
bekämpft und sind deshalb 1943,<br />
zusammen mit dem eine Generation<br />
älteren Kurt Huber, der das sechste<br />
und damit letzte Flugblatt verfasst<br />
hatte, hingerichtet worden.<br />
Die Münchener Historikerin Christiane<br />
Moll hat jetzt nach jahrzehntelangen<br />
Recherchen in einem Werk<br />
von fast tausend Seiten 300 Briefe<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
an und von Schmorell und Probst<br />
heraus gegeben. Da die Briefe<br />
auf den ersten und zweiten Blick<br />
sehr „privat“, manchmal intim und<br />
wenig politisch wirken, hat sich<br />
die Herausgeberin der Mühe unterzogen,<br />
sie historisch und politisch<br />
zum Sprechen zu bringen. So hat<br />
sie die einzelnen Dokumente nicht<br />
nur ausführlich kommentiert, sondern<br />
sie hat auch die ganze Edition<br />
mit Biografien von Schmorell und<br />
Probst versehen, wie es sie in dieser<br />
Genauigkeit bisher nicht gab. Damit<br />
ist es möglich geworden, auch diese<br />
beiden zentralen Repräsentanten der<br />
„Weißen Rose“, die bisher in der<br />
einschlägigen Literatur im Schatten<br />
der Geschwister Scholl standen, in<br />
ihren Persönlichkeiten und Motiven<br />
besser verstehen und würdigen zu<br />
können.<br />
Alexander Schmorell wurde am<br />
16. September 1917, nur wenige<br />
Tage vor der Oktober-Revolution, in<br />
der russischen Stadt Orenburg am<br />
Ural geboren. Seine Mutter, die ein<br />
Jahr nach seiner Geburt starb, war<br />
Russin. Der Vater stammte aus einer<br />
deutschen Familie, deren Vorfahren<br />
im 19. Jahrhundert ins Land gerufen<br />
worden waren. Die Familie musste in<br />
Folge der Revolution 1921 das Land<br />
verlassen und siedelte sich danach<br />
in München an. Dennoch blieben<br />
in ihr die russische Sprache und die<br />
bürgerliche Kultur des vorrevolutionären<br />
Russland lebendig. Obwohl<br />
Alexander Schmorell in Russland nur<br />
in seinen ersten vier Lebensjahren<br />
und dann erst wieder 1942 für drei<br />
Monate als Soldat gewesen war,<br />
lebte „das alte Russland“ in ihm als<br />
Mythos und romantische Sehnsucht<br />
fort. Dieses Russland war für ihn das<br />
absolute Gegenbild zum westlichen<br />
Materialismus und vor allem auch<br />
zum Nazi-Staat.<br />
Christoph Probst (geboren am 6.<br />
November 1919 in Murnau in Oberbayern)<br />
und Schmorell gingen ab<br />
dem Schuljahr 1935/36 in die gleiche<br />
Klasse des Münchener „Neuen<br />
Realgymnasiums“ und wurden enge<br />
Freunde. Zu dieser Freundschaftsbeziehung<br />
gehörte auch Probsts ältere<br />
Schwester Angelika, in die sich<br />
Schmorell leidenschaftlich verliebte.<br />
Der Briefwechsel zwischen den<br />
beiden bildet ein Kernstück der Edition.<br />
Auch die Probst-Geschwister<br />
stammten aus einer bildungsbürgerlichen<br />
Familie, deren Lebensstil<br />
und Prägungen weitgehend Gegenwelten<br />
zum NS-Staat darstellten.<br />
Aus den widerständigen Gefühlen<br />
wurden ab 1942 politische Taten, und<br />
zwar im engen Freundschaftsbund<br />
mit Hans und Sophie Scholl. Schmorell<br />
war mit Hans Scholl Verfasser der<br />
ersten vier Flugblätter der „Weißen<br />
Rose“, die Ende Juni/ Anfang Juli<br />
1942 in der elterlichen Wohnung<br />
von Schmorell hergestellt und an je<br />
etwa 100 Adressaten verteilt bzw.<br />
verschickt wurden. Das fünfte Flugblatt<br />
verfasste Hans Scholl allein,<br />
das sechste Kurt Huber. Nachdem<br />
die Geschwister Scholl ohne Wissen<br />
von Probst und Schmorell am 18.<br />
Februar 1943 in der Münchener<br />
Universität das letzte Flugblatt verteilt<br />
hatten, wurden sie verhaftet,<br />
bald danach auch Schmorell und<br />
Probst. Die Scholls und Probst,<br />
dessen jüngstes von insgesamt drei<br />
Kindern 14 Tage vor der Hinrichtung<br />
geboren worden war, wurden am 22.<br />
Februar, Alexander Schmorell am 13.<br />
Juli 1943 hingerichtet. Probsts Frau<br />
Herta, geb. Dohrn, lebt heute noch,<br />
scheint sich aber an dieser Edition<br />
nicht beteiligt zu haben.<br />
Zwei Anmerkungen:<br />
Um als Leser den Überblick zur<br />
zeitlichen Abfolge der Weiße-Rose-<br />
Geschehnisse bzw. zu den Biografien<br />
der Protagonisten nicht zu<br />
verlieren, wäre eine Zeittafel hilfreich<br />
gewesen.<br />
Im Gegensatz zu den Materialien<br />
rund um die Geschwister Scholl<br />
aus dem Nachlass von Inge Aicher-<br />
Scholl, die im Münchener „Institut<br />
für Zeitgeschichte“ liegen und im<br />
Internet zugänglich sind, waren und<br />
sind weitgehend die biografischen<br />
Materialien zu Probst und Schmorell<br />
noch nicht zugänglich. Vieles liegt<br />
heute im Münchener „Weiße-Rose-<br />
Institut“ (nicht zu verwechseln mit<br />
der „Weiße-Rose-Stiftung“) und<br />
soll demnächst über das Bayerische<br />
Hauptstaatsarchiv in München<br />
zugänglich gemacht werden.<br />
Silvester Lechner<br />
Gabriele Zander (Hrsg.):<br />
„Meine Seele sucht Dich!“<br />
Liebesbriefe aus dem Zweiten<br />
Weltkrieg zwischen Heimat und<br />
Ostfront<br />
Baden-Baden, 2010, 296 Seiten,<br />
14,80 ∑<br />
Von der Kassette unter dem Ehebett<br />
der Eltern wusste Gabriele Zander<br />
immer; dass sie Teile eines Briefwechsels<br />
ihrer Eltern während des<br />
Zweiten Weltkriegs enthielt, daraus<br />
hatten ihre Eltern kein Geheimnis<br />
31
++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Büc<br />
gemacht. Der Vater, der die Briefe<br />
irgendwann „wenn Frieden ist“<br />
in eine feinere Form hatte bringen<br />
wollen, starb früh. Nach dem Tod<br />
der Mutter fasste Gabriele Zander<br />
Mut und las die Briefe in der Kassette.<br />
Die acht erhaltenen Monate<br />
eines oftmals täglichen Briefwechsels<br />
während der Jahre der durch<br />
den Krieg erzwungenen Trennung<br />
konfrontierten die Lehrerin aus dem<br />
baden-württembergischen Upfingen,<br />
1954 als viertes und letztes Kind<br />
ihrer Eltern Alois und Clara geboren,<br />
mit der Intensität einer Liebe, die<br />
sie beim Lesen überwältigte. Die<br />
ergreifenden Briefe sind getragen<br />
von inniger Nähe und von Verstehen.<br />
Gabriele Zander entschloss sich<br />
bewusst, die Sammlung der Liebesbriefe<br />
herauszugeben, einerseits<br />
ermutigt durch den geäußerten<br />
Willen des Vaters, den Briefen eine<br />
Form zu geben, andererseits, weil<br />
jene Schriftstücke authentische<br />
Zeitdokumente sind. So entstand<br />
„Meine Seele sucht Dich!“, betitelt<br />
nach einem Satz aus einem der<br />
Briefe gegen Kriegsende, als weder<br />
Alois noch Clara wussten, ob der<br />
geliebte Adressat noch am Leben ist.<br />
Von Ängsten und Nöten berichten die<br />
Briefe, vom Tod naher Menschen,<br />
vom behinderten zweiten Sohn<br />
Manfred, der 1940 als Frühgeburt zur<br />
Welt gekommen war. Die Umstände<br />
seines Todes in einem Kinderheim<br />
bleiben im Ungewissen. Das, was<br />
die Briefe von Alois und Clara aber<br />
eigentlich trägt, ist die Sehnsucht,<br />
die beide unter aller Bedrohung am<br />
Leben festhalten ließ. Die Hoffnung,<br />
die Zärtlichkeit leben zu dürfen, die<br />
Leidenschaft, von der sie einander<br />
in ihren Briefen erzählen, gab beiden<br />
Kraft zum Überleben. Es ist vor allem<br />
eine innere Wirklichkeit, die das Paar<br />
einander erzählt: Als der Kontakt<br />
über die Feldpostbriefe zum Kriegsende<br />
hin immer schwieriger wird<br />
und Alois nicht weiß, wohin sich sein<br />
Clärle flüchten würde, beginnt er in<br />
den Briefen, die Geschichte ihrer<br />
Liebe aufzuschreiben, von der ersten<br />
Begegnung zu Lichtmess 1929 an,<br />
als Clara 16 und er selbst 19 Jahre<br />
alt war. Umstände trennten das noch<br />
sehr junge Paar, das sich so stark<br />
zueinander hingezogen gefühlt hatte,<br />
dass die Liebe nach einem Briefkontakt<br />
drei Jahre später sofort wieder<br />
aufflammte. Im Sommer 1936 heiraten<br />
beide, sie genießen die Freiheit<br />
einer von den Eltern unabhängigen<br />
Wohnung, die ihnen zum Nest ihres<br />
Glückes wird. In den Tagen des<br />
Überfalls auf Polen wird der erste<br />
32<br />
Sohn Werner geboren - und für<br />
beide beginnen Jahre, in denen sie<br />
nur noch auf Alois Urlaube hin leben,<br />
in denen Werner zum Unterpfand<br />
dieser Liebe wird. „Ich, meine ganze<br />
Seele sucht Dich, und möchte Dich in<br />
Liebe umarmen, um Dich nie, gar nie<br />
mehr zu lassen“, schreibt Clara im<br />
Februar 1945 an Alois. Alois kehrte<br />
zurück im Sommer 1945. Mitten auf<br />
der Straße, vor einem französischen<br />
Soldaten, begegnete sich das Paar<br />
am 15. August 1945 wieder. „Ich<br />
konnte es kaum fassen, so ein Glück,<br />
so ein unsagbar großes Glück! Nein,<br />
Gottes Segen und Gnade! Endlich<br />
zusammen! Kein Fortgehen, kein<br />
Krieg, keine Angst um sein Leben!“,<br />
notierte Clara in ihrem Tagebuch.<br />
Ein Kriegsbuch fast ohne Erwähnung<br />
des Kriegsgeschehens: Dies aber ist<br />
wohl symptomatisch für Feldpostbriefe.<br />
Ein Briefwechsel mit sehr<br />
persönlichen und gefühlvollen <strong>Mitteilungen</strong><br />
war durchaus im Sinne<br />
des Regimes, bedeuteten diese<br />
doch enge Bande zwischen Front<br />
und Heimatfront, was der Aufrechterhaltung<br />
der Moral auf beiden<br />
Seiten förderlich war. Bisher wenig<br />
beschrieben, gelang es dem Regime,<br />
die Feldpost fast bis Kriegsende<br />
verlässlich zuzustellen; auch dieses<br />
zeigt, dass das Regime in diesen<br />
Briefkontakten einen Stabilisierungsfaktor<br />
sah, ebenso wie im Paket-<br />
Verkehr zwischen Front und Heimat.<br />
Soldaten kamen durch solche<br />
Sendungen an Dinge und Waren,<br />
die sie vermissten, und umgekehrt<br />
besaßen ihre Sendungen, oft Gegenstände<br />
aus der „anderen Welt“ der<br />
besetzten Länder enthaltend, eine<br />
Wertigkeit als Statussymbol.<br />
Dagmar Hub<br />
Zdenek Zofka:<br />
„… und hätten manchen zu KZ<br />
verhelfen können.“ Günzburg in<br />
der NS-Zeit, Historischer Verein<br />
Günzburg e. V. (Hrsg.).Bd.2. Günzburg<br />
2010, 280 Seiten, 10 ∑.<br />
Zu beziehen über: Historischer<br />
Verein Günzburg, Bergstr. 13, 89312<br />
Günzburg<br />
Dass das NS-Regime nicht allein<br />
für seine politischen Gegner eine<br />
tödliche Gefahr war, dies erhellt der<br />
Autor in seiner akribischen Nachzeichnung<br />
von Vorgängen im schwäbischen<br />
Günzburg, die sich in der<br />
Frühphase des Regimes zugetragen<br />
haben. In einem sich über viele<br />
Monate hinziehenden und äußerst<br />
erbittert geführten innerparteilichen<br />
Machtkampf bedrohte die örtliche<br />
Kreisleitung opponente „Pg“ schließlich<br />
sogar mit „Schutzhaft“ als Mittel<br />
der innerparteilichen Disziplinierung.<br />
Hauptgegner waren der Kreisleiter<br />
und der Ortsgruppenführer, letzterer<br />
ein Vertreter der „alten Kämpfer“,<br />
ersterer ein forscher Karrierist, der<br />
in seinem Bestreben, seine Machtbasis<br />
auf- und auszubauen, keine<br />
Rücksicht auf die „Verdienste“ der<br />
örtlichen Funktionärselite nahm.<br />
Beide hatten sie ihre Verbündeten,<br />
beide waren sie überörtlich vernetzt<br />
im Gefüge der Partei. Das<br />
erschwerte dem einen den kurzen<br />
„Durchgriff“ auf die sich seinem<br />
Machtanspruch widersetzende Ortsgruppe,<br />
und bot dem anderen einen<br />
gewissen Schutz, den er aber selbst<br />
als unsicher erachtete, seit ihm mit<br />
„Schutzhaft“ gedroht wurde. Die<br />
Kreisleitung unterhielt ein innerparteiliches<br />
Spitzelsystem, durch das<br />
sie gut im Bilde über das Vorgehen<br />
ihrer Gegner war.<br />
Ebenso zeigt der Autor, wie die<br />
Kreisleitung ihre Macht zur systematischen<br />
Erpressung von Geld<br />
einzusetzen verstand. Ins Getriebe<br />
geraten konnten nicht allein durch<br />
vermeintlich politische „Vergehen“<br />
aufgefallene Personen, denen<br />
nicht selten mit „Schutzhaft“ und<br />
„Dachau“ gedroht wurde, sollten sie<br />
zu keinem „Bussgeld“ bereit sein.<br />
Betroffen konnte im Grunde jeder<br />
sein, der mit einem Anliegen an die<br />
Kreisleitung verwiesen war. Diese<br />
war durch und durch korrupt. Die<br />
mit System eingetriebenen Gelder<br />
wurden in keiner Kasse verbucht,<br />
sondern sie wanderten in schwarze<br />
Kassen von SA und SS - oder direkt in<br />
die privaten Taschen des Kreisleiters<br />
und Konsorten.<br />
Die „Günzburger Vorgänge“ waren<br />
schließlich so gravierend, dass sie<br />
auf höherer Parteiebene nicht länger<br />
ignoriert werden konnten, worauf<br />
ein „Reichsrevisor“ zur Untersuchung<br />
entsandt wurde. „Betrug“,<br />
„Untreue“, „Missbrauch der Amtsgewalt“,<br />
„Erpressung“, „Freiheitsberaubung“<br />
und „Meineid“ wurde<br />
einem „inner circle“ um den Kreisleiter<br />
in dessen Abschlussbericht<br />
schlussendlich vorgehalten. Die Vorgänge<br />
schienen so gravierend, dass<br />
sie vors „Oberste Parteigericht“ in<br />
München kamen. Anhand der überkommenen<br />
„Gerichts“-akten entlarvt<br />
Zofka den „Prozess“ als reine<br />
Farce. Sein Ziel sei alles andere als<br />
die Wahrheitsfindung und die Her-
cher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neu<br />
stellung von Gerechtigkeit gewesen,<br />
sondern das Austarieren des innerparteilichen<br />
Machtgefüges.<br />
Dem heutigen Leser führt die Studie<br />
die kriminelle Energie der NSDAP<br />
im Alltag vor Augen, ihre Korruption,<br />
ihre Willkür, die im Grunde alle<br />
treffen konnte und die keineswegs<br />
auf Günzburg beschränkt war.<br />
Zofka führt weit hinein ins Geäst des<br />
örtlichen Parteigefüges. In der Veröffentlichung<br />
begegnen dem Leser so<br />
viele Personen und Ereignisse, dass<br />
es stellenweise aber etwas mühsam<br />
ist, den Überblick auf die Hauptlinien<br />
zu behalten. Besser wäre es<br />
gewesen, die oft sehr langen Zitate<br />
und Paraphrasen aus den Quellen<br />
zusammenzufassen und die Quellentexte<br />
dafür in einem Anhang zu<br />
dokumentieren. Vermisst werden<br />
Angaben zum Autor. Am Fazit, eine<br />
profunde und sehr gründliche Lokalstudie<br />
mit verallgemeinerbarem Aussagewert<br />
in den Händen zu halten,<br />
ändern die kleinen Schwächen freilich<br />
nichts.<br />
Thomas Vogel<br />
Günter Randecker, Michael Horlacher<br />
(Hrsg.):<br />
„Behalten Sie es lieb für mich“<br />
100 Jahre Gertrud Lutz, geb.<br />
Schlotterbeck. Briefe - Dokumente<br />
- Bilder. 2. Aufl.<br />
Stuttgart 2011, 135 Seiten, 25 �<br />
Zu bestellen per mail:<br />
GertrudL@gmx.de<br />
„Behalten Sie es lieb für mich.“<br />
Dies schrieb die 34-jährige Gertrud<br />
Lutz, geborene Schlotterbeck, am<br />
5. November 1944 aus der Untersuchungshaft<br />
im ehemaligen Polizei-<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
gefängnis Stuttgart-Bad Cannstatt.<br />
Gerichtet war der Brief an eine<br />
Familie in Grabenstetten bei Reutlingen,<br />
bei der ihre damals zweijährige<br />
Tochter Wilfriede in Pflege war.<br />
Gertrud Lutz war am 10. Juni 44 von<br />
der Gestapo verhaftet worden und<br />
wurde am 30.11.1944 zusammen<br />
mit acht weiteren Personen, darunter<br />
ihre Eltern Gotthilf und Maria<br />
Schlotterbeck, ohne voran gegangenen<br />
Strafprozess im KZ Dachau<br />
hingerichtet. Das Todesurteil war ein<br />
Terrorakt der Stuttgarter Gestapo,<br />
der Vorwand war die Denunziation<br />
eines vorgeblichen sowjetrussischen<br />
Spions. Die Schlotterbecks und ihre<br />
Freunde waren Arbeiter und schon<br />
in der Weimarer Zeit in der Gewerkschaft<br />
und der Kommunistischen<br />
Partei aktiv. Sie gaben Widerstand<br />
und Gesinnung auch in der NS-Zeit<br />
nicht auf und wurden zum Teil schon<br />
in den frühen württembergischen<br />
KZs Heuberg und <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong><br />
eingekerkert.<br />
Das damalige Kind Wilfriede<br />
(bewusst anklingend an den Ausruf<br />
„Will Friede“), auf das sich das Zitat<br />
bezieht, wurde am 2. August 1942<br />
geboren und lebt heute in Berlin.<br />
Im September 2009 übergab sie an<br />
Günter Randecker und Michael Horlacher<br />
ein großes Paket mit Briefen<br />
und Dokumenten zur Geschichte der<br />
Familie Schlotterbeck. Aus diesem<br />
Paket haben die beiden anlässlich<br />
des hundertsten Geburtstags von<br />
Gertrud Lutz am 17. September<br />
2010 circa 70 Briefe und Dokumente<br />
als Buch heraus gegeben, von dem<br />
jetzt eine zweite Auflage erschienen<br />
ist. Der Großteil der Briefe stammt<br />
von Gertrud Lutz und ist meist an<br />
deren Mutter Maria, später an ihren<br />
1938 geheirateten Mann Walter<br />
Lutz (der im Oktober 1942 an der<br />
„Ostfront“ gefallen ist) gerichtet. Die<br />
Briefe sind zwischen Oktober 1933<br />
und November 1944 entstanden<br />
und haben alle als Absende-Ort<br />
Haftstätten des Nazi-Regimes: Stuttgarter<br />
Gestapo-Gefängnisse (1933/<br />
34, 1939, 1944) das Frauengefängnis<br />
Gotteszell (1934 - 36) sowie das<br />
Frauen-KZ Moringen (1936).<br />
Es sind Briefe einer gefangenen<br />
„Staatsfeindin“, d.h. sie sind einer<br />
strengen Selbst- und Fremd-Zensur<br />
unterworfen und deshalb fast ohne<br />
jede politische Anspielung. Das<br />
Elend der Haftsituation freilich geht<br />
aus den hunderterlei Bitten ums<br />
Notwendigste, vom Flickzeug bis<br />
zu Lebensmitteln, hervor. Die Briefe<br />
sind dennoch tief berührend, spürt<br />
man doch, dass es Überlebens-<br />
Mittel einer kämpferisch-sensiblen<br />
Frau sind, die im Räderwerk der<br />
nationalsozialistischen Diktatur zerbrochen<br />
wurde.<br />
Da die Briefe nur sehr kursorisch von<br />
den Herausgebern erläutert sind,<br />
sei hier noch verwiesen auf viele<br />
weiter führende Erläuterungen bei<br />
Wikipedia sowie den Bericht von<br />
Friedrich Schlotterbeck (1909-1979),<br />
Gertruds Bruder, dem die Flucht<br />
in die Schweiz gelungen war: „Je<br />
dunkler die Nacht.... Erinnerungen<br />
eines deutschen Arbeiters 1933<br />
- 1945“, bisher letzte Auflage Stuttgart<br />
1986.<br />
Am 5.Oktober 2009 wurde vor<br />
Gertrud Lutz‘ einstiger Wohnung in<br />
Stuttgart-Degerloch eine Stolperstein-Tafel<br />
angebracht.<br />
Silvester Lechner<br />
33
Veröffentlichungen des DZOK<br />
DZOK-Manuskripte<br />
Bd. 1: Ulmer Geschichtswerkstatt<br />
zur NS-Zeit (Hrsg.),<br />
Die „Hitlerjugend“ am Beispiel der<br />
Region Ulm/Neu-Ulm. Ein Aspekt<br />
im Umfeld der „Weißen Rose“,<br />
1942/43. Eine kommentierte Dokumenten-<br />
und Materialien-Sammlung,<br />
6. Aufl., Ulm 2004, 170 S., 10 ∑<br />
Bd. 2: Claudia Dauerer,<br />
Alfred Moos, ein Ulmer Jude auf<br />
der Flucht vor dem NS-Staat. Ein<br />
Beitrag zur deutschen Emigration<br />
nach Palästina.<br />
2. Aufl.,Ulm 1995, 150 S., 8 ∑<br />
Bd. 3: Silvester Lechner (Hrsg.),<br />
Schönes, schreckliches Ulm.<br />
130 Berichte ehemaliger polnischer<br />
Zwangsarbeiterinnen und<br />
Zwangsarbeiter, die in den Jahren<br />
1940 bis 1945 in die Region Ulm/<br />
Neu-Ulm verschleppt worden waren,<br />
2. Aufl., Ulm 1997, 420 S., 20 ∑<br />
(zurzeit vergriffen!)<br />
Bd. 4: Silvester Lechner,<br />
Ulm im Nationalsozialismus. Stadtführer<br />
auf den Spuren des Regimes,<br />
der Verfolgten, des Widerstands.<br />
Ulm 1997, 120 S., 8 ∑<br />
(zurzeit vergriffen!)<br />
Bd. 5: Myrah Adams,<br />
Die Würde des Menschen ist unantastbar.<br />
Das KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> in<br />
Ulm, 1933 – 1935, Katalog zur Dauerausstellung<br />
2001.<br />
Ulm 2002, 64 S., 138 Abb., 10 ∑<br />
Bd. 6: Oberschulamt Tübingen,<br />
<strong>Dokumentationszentrum</strong> <strong>Oberer</strong><br />
<strong>Kuhberg</strong> (Hrsg.),<br />
„Württembergisches Schutzhaftlager<br />
Ulm“. Ein frühes Konzentrationslager<br />
im Nationalsozialismus<br />
(1933-1935). Materialien für den<br />
Besuch der Ulmer KZ-Gedenkstätte<br />
mit Schülern,<br />
Tübingen/Ulm 2004, 120 S.,<br />
15 Abbildungen, 8 ∑<br />
(zurzeit vergriffen!)<br />
34<br />
Sonderveröffentlichungen<br />
„… daß es so etwas gibt, wo man<br />
Menschen einsperrt …“.<br />
Das KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> bei Ulm.<br />
Ein Film von Bernhard Häusle und<br />
Siegi Jonas.<br />
DVD, Stuttgart 1995, 33 Min., 18 ∑<br />
„Ich bin ja jetzt der Letzte …“<br />
Arbeiterkultur – Jugendwiderstand<br />
– Konzentrationslager.<br />
Hans Gasparitsch, geboren 1918 in<br />
Stuttgart, erzählt.<br />
Ein Film von Silvester Lechner und<br />
Roland Barth. Ulm 1999,<br />
VHS-Video, 40 Min., 25 ∑<br />
Silvester Lechner (Hrsg.):<br />
Die Kraft, nein zu sagen. Zeitzeugenberichte,<br />
Dokumente, Materialien<br />
zu Kurt Schumachers 100.<br />
Geburtstag.<br />
Ulm (DZOK) 1995,<br />
80 S., 10 ∑ (zurzeit vergriffen!)<br />
Markus Kienle:<br />
Das Konzentrationslager Heuberg<br />
bei Stetten am kalten Markt.<br />
Ulm (Klemm & Oelschläger) 1998,<br />
220 S., 50 Abb., 10 ∑<br />
Markus Kienle:<br />
Gotteszell – das frühe Konzentrationslager<br />
für Frauen in Württemberg.<br />
Die Schutzhaftabteilung<br />
im Frauengefängnis Gotteszell in<br />
Schwäbisch Gmünd. Ulm (Klemm &<br />
Oelschläger) 2002, 90 S.,12 ∑<br />
(zurzeit vergriffen!)<br />
Vorstand Stiftung Erinnerung Ulm<br />
(Hrsg.):<br />
Die Stiftung Erinnerung Ulm –<br />
für Demokratie, Toleranz und Menschenwürde.<br />
Ihre Gründung, ihr Zweck, ihre Ziele.<br />
Ulm 2004, 64 S., 22 Abb., 10 ∑<br />
Ulm/Neu-Ulmer Arbeitskreis<br />
27. Januar (Hrsg.):<br />
Als der Sport in Ulm 1933 nationalsozialistisch<br />
wurde …<br />
Aufsätze und Dokumente.<br />
Manuskript; Ulm (DZOK) 2005,<br />
68 S., 8 ∑<br />
(zurzeit vergriffen!)<br />
Bestellung und Versand (zusätzlich Versandkosten)<br />
sind auch über das DZOK möglich!<br />
Ulm/Neu-Ulmer Arbeitskreis<br />
27. Januar (Hrsg.):<br />
Łódz – Ulm – New Jersey. Die<br />
Geschiche der jüdischen Familie<br />
Frenkel, die 1938 aus Ulm vertrieben<br />
wurde.<br />
Manuskript; Ulm (DZOK) 2006,<br />
72 S., 8 ∑<br />
Hans Lebrecht:<br />
Gekrümmte Wege, doch ein Ziel.<br />
Erinnerungen eines deutsch-israelischen<br />
Kommunisten. Herausgegeben<br />
von Silvester Lechner, Doku-<br />
Zentrum. Ulm (Klemm & Oelschläger)<br />
2007, 144 S., 30 Fotos, 19,80 ∑<br />
Roman Sobkowiak:<br />
Eindeutschungsfähig?! Eine<br />
polnisch-deutsche Biografie im<br />
NS-Staat und in der jungen Bundesrepublik.<br />
Herusgegeben von Silvester Lechner,<br />
Doku-Zentrum.<br />
Ulm (Klemm & Oelschläger) 2009,<br />
116 S., 60 Fotos, 19,80 ∑<br />
<strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> Ulm e. V. (Hrsg.):<br />
Ulm – die KZ-Gedenkstätte und<br />
der Nationalsozialismus. Festschrift<br />
zur Verabschiedung von Silvester<br />
Lechner in den Ruhestand.<br />
Ulm (Klemm & Oelschläger) 2009,<br />
184 S., 17,80 ∑<br />
Markus Heckmann:<br />
NS-Täter und Bürger der Bundesrepublik.<br />
Das Beispiel des Dr. Gerhard<br />
Klopfer.<br />
Herausgegeben von Silvester<br />
Lechner und Nicola Wenge, <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>.<br />
Ulm (Klemm & Oelschläger) 2010,<br />
120 S., 19,80 ∑<br />
Annette Lein/Nicola Wenge:<br />
Jugendarbeit und Demokratieerziehung<br />
an KZ-Gedenkstätten<br />
in Baden-Württemberg. Ein Leitfaden<br />
des <strong>Dokumentationszentrum</strong>s<br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> Ulm für bürgerschaftlich<br />
getragene Erinnerungsorte,<br />
Ulm 2010, 40 S., Versand über<br />
LpB oder DZOK<br />
Oliver Thron:<br />
Deserteure und „Wehrkraftzersetzer“.<br />
Ein Gedenkbuch für die<br />
Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm.<br />
Herausgegeben von Nicola Wenge,<br />
<strong>Dokumentationszentrum</strong> <strong>Oberer</strong><br />
<strong>Kuhberg</strong>. Ulm (Klemm & Oelschläger)<br />
2011, 84 S., 16,80 ∑
DZOK-Veranstaltungen Winter/Frühjahr 2011/2012<br />
Büchse 13<br />
Veranstaltungen zur kritischen<br />
Geschichtskultur<br />
in der Regel dritter Donnerstag im<br />
Monat, 20 Uhr<br />
Ort: Büchsengasse 13<br />
dzokki-Treff<br />
Monatl. Treffen der Jugendgruppe<br />
des <strong>Dokumentationszentrum</strong>s<br />
In der Regel zweiter und vierter<br />
Montag im Monat, 13.30 Uhr<br />
Ort: Büchsengasse 13<br />
Ulmer Geschichte<br />
zum Anfassen:<br />
Die KZ-Gedenkstätte im<br />
Fort <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong><br />
Öffnungszeiten der Gedenkstätte<br />
für Einzelbesucher:<br />
sonntags 14 - 17 Uhr<br />
Führung: sonntags 14.30 Uhr<br />
Winterschließung:<br />
Sonntag, 11. Dezember 2011 bis<br />
Sonntag, 22. Januar 2012<br />
Gruppen-/Klassen-Besuche sind<br />
nach Vereinbarung (mindestens<br />
zwei Woche vorher) jederzeit<br />
möglich;<br />
Gebühr für die Führung: 40 ∑<br />
Eintritt: 2 ∑ / 0,50 ∑<br />
Anmeldung über das<br />
<strong>Dokumentationszentrum</strong><br />
<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong><br />
Tel. 0731-21312<br />
Das Novemberpogrom 1938<br />
– auch in Ulm<br />
Mittwoch, 9. November 2011<br />
Weinhof, Ulm, 19 Uhr<br />
Gedenkfeier<br />
Haus der Gewerkschaft, 20 Uhr<br />
Vortrag von Sebastian Wertmüller:<br />
Jahrestag Reichspogromnacht<br />
1938 … Nicht nur Erinnerung.<br />
Zur Aktualität des Kampfes<br />
gegen den Antisemitismus<br />
heute“<br />
Eine Veranstaltung der Deutsch-<br />
Israelischen Gesellschaft (DIG),<br />
des DGB und des Bündnis<br />
gegen Rechts<br />
DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />
Donnerstag, 10. November 2011<br />
Büchse 13, 18 Uhr<br />
Zeitzeugengespräch mit Dr. Irmgard<br />
Schmidt-Sommer über ihr<br />
Zusammenleben mit den jüdischen<br />
Nachbarn in der Ulmer Neutorstraße<br />
15 und deren Verfolgungsgeschichte<br />
Sonntag, 13. November 2011<br />
KZ-Gedenkstätte, 11 Uhr<br />
Gedenkstunde für den Widerstand<br />
von 1933 bis 1945 und die Opfer<br />
der NS-Gewaltherrschaft mit Dr.<br />
Michaela Christ zum Thema: „Konzentrationslager<br />
im Gespräch von<br />
Wehrmachtsoldaten – abgehört in<br />
amerikanischer Kriegsgefangenschaft<br />
1940-1945.“<br />
12.30 Uhr: Führung<br />
Montag, 28. November 2011<br />
Schwörhaus (Gewölbekeller), 18.30 Uhr<br />
Vor 70 Jahren. Nachbarn von<br />
nebenan – verschollen in Riga<br />
Vortrag von Winfried Nachtwei<br />
anlässlich der ersten Deportation<br />
von Ulmer Juden über Stuttgart nach<br />
Riga. Eine Veranstaltung des Ulmer/<br />
Neu-Ulmer AK 27. Januar<br />
Freitag, 9. Dezember 2011<br />
KZ-Gedenkstätte <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>,<br />
9-14 Uhr<br />
Programm zum Tag der Menschenrechte<br />
Ein Angebot mit Workshops, Informationen<br />
und Gesprächen für<br />
Schulen. Ein Kooperationsprojekt<br />
des Arbeitskreises Ulmer Menschenrechtsbildung<br />
Donnerstag, 15. Dezember 2011<br />
Büchse 13, 20.00 Uhr<br />
Vom Wissen der Bilder – KZ-Zeichnungen<br />
am Beispiel Karel Kasaks<br />
Ein besonderer Bestand im Archiv<br />
des DZOK<br />
Dr. Michaela Haibl, Habilitandin an<br />
der Universität Wien<br />
Nationaler Gedenktag für<br />
die Opfer des Nationalsozialismus<br />
Freitag, 27. Januar 2012<br />
KZ-Gedenkstätte <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>,<br />
14.30 Uhr<br />
Was in Ulm am Oberen <strong>Kuhberg</strong><br />
begann … 67 Jahre nach<br />
der Befreiung von Auschwitz.<br />
Dr. Nicola Wenge<br />
Stadthaus, Ulm, 20 Uhr<br />
Die Ulmer Rabbinerfamilie<br />
Strassburger<br />
Eine Spurensuche<br />
- zum liberalen Judentum vor<br />
1933 (Prof. Michael Brenner,<br />
LMU München)<br />
- zu den lokalen Wurzeln der<br />
Familie und ihrer Verfolgungsgeschichte<br />
(Ingo Bergmann,<br />
Historiker Ulm)<br />
- zur Annäherung der israelischen<br />
Enkel an eine verschüttete<br />
Welt (Avner Kantor, Alfei<br />
Menashe, Israel)<br />
Dienstag, 14. Februar 2012<br />
Stadthaus Ulm, 19 Uhr<br />
9. Jahrestag der Stiftung Erinnerung<br />
Ulm<br />
Festvortrag der Theologin Margot<br />
Käßmann<br />
Februar-März 2012<br />
Begleitprogramm zum Theaterstück<br />
ROMMEL/HOMBURG/TOD/<br />
TRAUM<br />
Mit Lesung, Exkursion nach Herrlingen,<br />
Podiumsdiskussion und<br />
Filmvorführungen In Kooperation mit<br />
dem Theater Ulm<br />
Do./Fr., 29./30. März 2012<br />
KZ-Gedenkstätte <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong><br />
Lehrer-Fortbildung in Sachen<br />
KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>: Tatort und<br />
Gedenkstätte<br />
Anmeldung im DZOK oder bei der<br />
LpB:<br />
Claudia.Haebich@lpb.bwl.de<br />
Tel.: 07125-152 148<br />
Weitere Termine entnehmen Sie<br />
bitte der Tagespresse, unserem<br />
Newsletter oder der Website<br />
www.dzok-ulm.de!<br />
35
Diese Nummer der <strong>Mitteilungen</strong> wird mit unten<br />
stehenden Anzeigen gefördert von:<br />
36<br />
Braun Engels Gestaltung<br />
Judenhof 11, 89073 Ulm<br />
Tel. 0731 - 14 00 73-0<br />
www.braun-engels.de<br />
Café Omar<br />
König-Wilhelm-Straße 5, 89073 Ulm<br />
Tel. 0731 - 921 31 66<br />
CDU im Ulmer Gemeinderat<br />
Rathaus, Marktplatz 1, Tel. 0731 - 61 82 20<br />
www.cdu-fraktion-ulm.de, cdu.fraktion@ulm.de<br />
Engel-Apotheke Ulm<br />
Apotheker Timo Ried<br />
Hafengasse 9, Tel. 0731 - 6 38 84<br />
FDP-Fraktion<br />
im Ulmer Gemeinderat<br />
Rathaus, Marktplatz 1, Tel. 0731 - 161 10 94<br />
www.fdpfraktion-ulm.de<br />
FWG-Fraktion<br />
im Ulmer Gemeinderat<br />
0731 - 61 88 52, 0731 - 161 10 95<br />
www.fwg-ulm.de<br />
GRÜNE Fraktion Ulm<br />
Tel. 0731 - 161 - 1096, www.gruene-fraktion-ulm.de<br />
gruene-fraktion@ulm.de<br />
Unterstützen Sie das Ulmer <strong>Dokumentationszentrum</strong>! Werden Sie Mitglied!<br />
Hiermit beantrage ich die Mitgliedschaft im <strong>Dokumentationszentrum</strong> <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> Ulm e. V.<br />
– KZ Gedenkstätte –<br />
Postfach 20 66, 89010 Ulm; info@dzok-ulm.de<br />
Ich erkenne die Satzung an und werde einen Jahresbeitrag* von .................. € entrichten.<br />
Beitrittserklärung und Lastschrift-Einzugsermächtigung<br />
Name und Vorname: ................................................................................................................<br />
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Kulturbuchhandlung Jastram<br />
Am Judenhof, Tel. 0731 - 6 71 37<br />
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Münchner Straße 15, 89073 Ulm<br />
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Neue Straße 66, Tel. 0731 - 101 - 0<br />
SPD-Fraktion<br />
im Ulmer Gemeinderat<br />
Rathaus, Marktplatz 1, Tel. 921 77 00<br />
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Verlag Klemm + Oelschläger<br />
Pappelauer Weg 15, Tel. 0731 - 38 51 36<br />
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* Der Mindestbeitrag beträgt jährlich € 35, für Arbeitslose, Schüler, Studenten und Rentner jährlich € 15.