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Mitteilungen - Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg e. V.

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Archive – Speicher der Erinnerung<br />

<strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> Ulm e. V.<br />

– KZ-Gedenkstätte –<br />

<strong>Mitteilungen</strong><br />

Heft 55 / November 2011<br />

Neue Herausforderungen für NS-Archive<br />

Grünes Licht für Modellprojekt am DZOK<br />

Das Erbe der Zeitzeugen sichern<br />

Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte · So., 13. November 2011 · 11 Uhr


Vorwort<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

das <strong>Dokumentationszentrum</strong> <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> steht<br />

in den kommenden Jahren vor großen Aufgaben und<br />

hat ein ehrgeiziges Programm entwickelt, um diesen<br />

produktiv zu begegnen. Eine zentrale Herausforderung,<br />

die uns (gemeinsam mit vielen anderen Gedenkstätten)<br />

umtreibt, liegt darin, das materielle Erbe der Zeitzeugen<br />

für die Zukunft zu sichern und zum Sprechen zu bringen.<br />

Worum es dabei genau geht, wird im inhaltlichen Schwerpunktthema<br />

„Archive der Erinnerung“ aus verschiedenen<br />

Blickwinkeln beleuchtet.<br />

Als ausgewiesener Experte stellt Thomas Lutz (Topographie<br />

des Terrors) vor, wie aktuell und drängend die<br />

Arbeitsbereiche Archiv und Sammlung für die Gedenkstätten<br />

und deren Weiterentwicklung sind. Wie diese<br />

Arbeiten auch von kleineren, bürgerschaftlich getragenen<br />

Erinnerungsorten angegangen werden können, steht im<br />

Zentrum unseres neuen dreijährigen Bundesprojekts, dem<br />

ich einen eigenen Artikel widme. Das Projekt zielt unter<br />

anderem darauf ab, Angehörige von Verfolgten mit neu<br />

fundierten Informationen zu versorgen. Wie eine familienbiografische<br />

Recherche heute aussieht, schildert Gudrun<br />

Lambrecht-Rauscher im Interview. Sie war im Internet<br />

auf das KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> gestoßen und hat online den<br />

Namen ihres Großvaters entdeckt. Über den verantwortungsvollen<br />

Umgang mit Opferdaten im Internet schreibt<br />

Johannes Ibel (KZ-Gedenkstätte Flossenbürg). Schließlich<br />

verdeutlicht Silvester Lechner (ehemaliger Leiter) mit<br />

seinem persönlich gehaltenen Rückblick auf die Archivarbeit<br />

des DZOK, welch langen Weg das <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

hierbei bis zum Bundesprojekt gegangen ist.<br />

Im zweiten Teil der <strong>Mitteilungen</strong> berichten wir über unsere<br />

praktische Arbeit. Zu den besonderen Veranstaltungen<br />

und Projekten gehören die kommende Gedenkfeier und<br />

die Exkursionen. Einen kleinen eigenen Schwerpunkt<br />

bilden die Artikel rund um die Gedenkstättenpädagogik,<br />

in denen wir Neuerungen – etwa zur interkulturellen<br />

Arbeit – vorstellen. Nun ist aber auch am <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

nicht alles eitel Sonnenschein. Wegen des<br />

deutlichen Spendenrückgangs weist unser Vereinsvorsitzender<br />

Wolfgang Keck auf unsere Haushaltsituation hin<br />

und bittet Sie, liebe Leserin und Leser, um Unterstützung.<br />

Ebenso wichtig ist Ihre freiwillige Mitarbeit. Um Sie hierzu<br />

einzuladen, liegt ein Faltblatt bei. Dass wir in diesem Heft<br />

gleich drei Nachrufe aufnehmen mussten, ist ein trauriges<br />

Zeichen dafür, dass wir uns nun wirklich von der Generation<br />

der Miterlebenden verabschieden müssen, von hoch<br />

geschätzten Wegbegleitern und Zeitzeugen.<br />

Noch ein Wort in eigener Sache. Unser neues Redaktionsmitglied<br />

Thomas Vogel hat einige grafische Vereinheitlichungen<br />

und Innovationen angestoßen. Wir freuen uns<br />

diesmal also auf Rückmeldung nicht nur zu den Inhalten,<br />

sondern auch zur Gestaltung. Mein Dank geht an alle<br />

Autoren, Rezensenten und Redaktionsmitglieder sowie<br />

an die Fotografin Reintraud Semmler für die geleistete<br />

Arbeit – Dank auch an das scheidende Redaktionsmitglied<br />

Uli Klemm für seine über zweijährige Mithilfe.<br />

Zum Schluss möchte ich Sie noch einmal persönlich<br />

zu unserer Gedenkveranstaltung am Sonntag, den 13.<br />

November einladen. Mit den besten Wünschen für Weihnachten<br />

und das neue Jahr 2012 grüßt Sie herzlich<br />

2<br />

Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte<br />

für den Widerstand von 1933 bis 1945<br />

und die Opfer der<br />

nationalsozialistischen Gewaltherrschaft<br />

Sonntag, 13. November 2011, 11 Uhr<br />

Konzentrationslager<br />

im Gespräch von Wehrmachtsoldaten<br />

abgehört in amerikanischer<br />

Kriegsgefangenschaft 1940-1945<br />

Dr. Michaela Christ bietet neue Innensichten zu<br />

einem zentralen Thema unserer Erinnerungskultur<br />

Inhalt<br />

Nicola Wenge Titelbild: R. Semmler, A-DZOK.<br />

Ab 12.30 Uhr: Führung durch die Gedenkstätte<br />

Vorwort 2<br />

Archive der Erinnerung: Aktuelle<br />

Herausforderungen und Notwendigkeiten 3<br />

Das neue Archivprojekt am DZOK:<br />

Quellen der Zeitzeugen zugänglich machen 5<br />

Familienrecherche zu <strong>Kuhberg</strong>häftling<br />

Benno Fischer 7<br />

Opferdaten im Internet: Alles online? 8<br />

Archivalische Quellen – die Voraussetzung<br />

des Gedenkens: Kleiner Rückblick 10<br />

Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte 11<br />

Spurensuche im Zillertal:<br />

Jüdischer Alpinismus und Antisemitismus 12<br />

Impressum 13<br />

Exkursion ins Elsass 14<br />

„Ferienexpress“: Was Steine<br />

von Gefangenen erzählen 15<br />

Interkulturelle Arbeit am DZOK 16<br />

Zur Haushaltslage des DZOK 17<br />

Neuauflage der didaktischen Materialien 17<br />

Leserbriefe 18<br />

Nachruf auf Lotte Frenkel 19<br />

Nachruf auf Roman Sobkowiak 20<br />

Nachruf auf Johannes Heinzelmann 21<br />

Rückblick 2011 22<br />

Neues in Kürze 26<br />

Neue Bücher 30<br />

Veröffentlichungen des DZOK 34<br />

DZOK-Veranstaltungen<br />

Winter/Frühjahr 2011/2012 35<br />

Förderer dieser Nummer 36<br />

Beitrittserklärung 36


Archive der Erinnerung<br />

Aktuelle Herausforderungen und Notwendigkeiten<br />

Nach 1989 erhielten die Gedenkstätten<br />

zur NS-Geschichte neuen<br />

Auftrieb, das historische Wissen ist<br />

seither stark angestiegen. Besonders<br />

kleinere Einrichtungen aber<br />

brachte die deutliche Zunahme<br />

an archivalischen Quellen deutlich<br />

an ihre Kapazitätsgrenzen.<br />

Ein Modellprojekt am DZOK soll<br />

Lösungen erarbeiten.<br />

Thomas Lutz<br />

Zum Verständnis wie aktuell und<br />

drängend die Arbeitsbereiche Archiv<br />

und Sammlung für die Gedenkstätten<br />

für NS-Opfer und deren Weiterentwicklung<br />

sind, soll ein kurzer<br />

Rückblick auf die Entwicklung in den<br />

letzten zwei bis drei Jahrzehnten<br />

dienen.<br />

Die kleinen westdeutschen Institutionen,<br />

die in den 1980er Jahren<br />

aus zivilgesellschaftlichen Initiativen<br />

hervor gingen, legten ihren Schwerpunkt<br />

auf die Aufklärung über die<br />

Geschichte des historischen Ortes.<br />

Die Etablierung der neuen Institutionen<br />

vor allem durch Bildungsarbeit<br />

und das Sich-Einmischen in aktuelle<br />

erinnerungspolitische Debatten<br />

machten einen Großteil des<br />

Arbeitsalltags aus.<br />

Die in den Anfangsjahren geschaffenen<br />

zeithistorischen Ausstellungen<br />

als Grundlage für die Bildungsarbeit<br />

entstanden im Angesicht verschiedener<br />

Schwierigkeiten. Das Wissen<br />

über die historischen Tatorte konnte<br />

erst allmählich erarbeitet werden<br />

und die verschiedenen Gruppen<br />

der Opfer wurden häufig nur holzschnittartig<br />

präsentiert. Den ersten<br />

Ausstellungen mangelte es zudem<br />

an Objekten. Die Dokumentationen<br />

mussten einfach gestaltet werden,<br />

da wenig Geld zur Verfügung stand.<br />

Weder waren die Gedenkstätten in<br />

der Lage, eigene Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter für das Anlegen<br />

von Archiven und Sammlungen<br />

anzustellen, noch hatten diese Aufgaben<br />

eine hohe Priorität. So fehlte<br />

es häufig an Fachpersonal und Zeit,<br />

um die materiellen Zeugnisse in den<br />

Gedenkstättenarchiven fachgerecht<br />

zu ordnen und zu sammeln sowie<br />

digital zu verzeichnen.<br />

Mit der deutschen Einheit erhielt<br />

die Entwicklung der Gedenkstätten<br />

in Gesamtdeutschland dann einen<br />

neuen Schub: Die nationalen<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Eine Auswahl noch nicht veröffentlichter Dokumente aus dem Archiv des DZOK.<br />

Foto: R. Semmler, A-DZOK.<br />

Mahn- und Gedenkstätten in der<br />

DDR wurden neu konzipiert und sie<br />

wurden zu Stiftungen in Landes- und<br />

Bundesträgerschaft umgewandelt.<br />

Sie hatten den strukturellen Vorteil,<br />

dass sie von Beginn an als zeithistorische<br />

Museen mit verschiedenen<br />

Abteilungen aufgebaut worden<br />

waren und über entsprechendes<br />

Personal verfügten.<br />

Dank des Bundesgedenkstättenkonzeptes<br />

konnten Gedenkstätten in<br />

den alten Bundesländern im letzten<br />

Jahrzehnt eine Projektförderung<br />

erhalten, die vor allem zur Neugestaltung<br />

der Ausstellungen und<br />

für Gebäudesanierungen genutzt<br />

werden konnte. Der Dauerbetrieb<br />

muss jedoch angesichts des Kulturpluralismus<br />

von den Körperschaften<br />

in den Bundesländern getragen<br />

werden, die hier zumeist sehr<br />

knauserig sind. Immerhin ist 2008<br />

ein zehn Jahre alter Bundestagsbeschluss<br />

umgesetzt worden, nach<br />

dem die Gedenkstätten in den ehemaligen<br />

selbständigen KZ Bergen-<br />

Belsen, Dachau, Flossenbürg und<br />

Neuengamme auch institutionelle<br />

Bundeszuschüsse erhalten.<br />

Für die Orte von NS-Massenverbrechen<br />

fehlen Förderstrukturen völlig,<br />

wie sie im Bereich der sowjetischen<br />

Besatzungszeit und DDR-Diktatur mit<br />

der Stiftung Aufarbeitung geschaffen<br />

wurden.<br />

Seither sind bei der fortschreitenden<br />

Etablierung der Gedenkstätten vier<br />

wichtige Entwicklungen zu beobachten:<br />

1. Die Quellenbasis für die Gedenkstättenarbeit<br />

ist in großem Umfang<br />

angewachsen. Nach dem Systemwechsel<br />

in Mittel- und Osteuropa<br />

waren neue Einsichten in Archive,<br />

vor allem in der (ehemaligen) Sowjetunion<br />

möglich. Umfangreiche Dokumentensammlungen<br />

sind erhoben<br />

und Kopien in den Gedenkstätten<br />

gesammelt worden.<br />

2. In den letzten eineinhalb Jahrzehnten<br />

wurden verstärkt biographische<br />

Interviews mit Überlebenden<br />

des NS-Terrors geführt und zumeist<br />

auf Video aufgezeichnet. Überlebende<br />

oder deren Angehörige haben<br />

außerdem in den letzten Jahren verstärkt<br />

Artefakte, die im Zusammenhang<br />

mit der Verfolgung stehen, an<br />

die Gedenkstätten abgegeben.<br />

3. Das Wissen um die historischen<br />

Stätten ist dank archäologischer und<br />

bauhistorischer Untersuchungen, die<br />

auch Funde mit sich gebracht haben,<br />

stark gewachsen.<br />

4. Darüber hinaus hat eine professionelle<br />

Sensibilisierung für die Art<br />

und Weise der Präsentation von<br />

Dokumenten, Fotos und Artefakten<br />

stark zugenommen. Die im letzten<br />

Jahrzehnt entstandenen neuen<br />

musealen Ausstellungen (insgesamt<br />

3


Dr. Thomas Lutz. Foto: T. Lutz.<br />

21, in Baden-Württemberg u. a.<br />

Grafeneck und Ulm) haben in der<br />

Zwischenzeit ein Niveau erreicht,<br />

das sich mit anderen Museumsgattungen<br />

messen kann. Die verschiedenen<br />

Opfergruppen werden in den<br />

aktuellen Ausstellungen differenziert<br />

mit ihrer Verfolgungsgeschichte<br />

während der NS-Zeit dargestellt.<br />

Dank des Zusammentragens vieler<br />

biographischer Zugänge können<br />

die Auswirkungen dieser Gruppenschicksale<br />

auf einzelne Menschen<br />

– auch lebensgeschichtlich – gut<br />

nachvollziehbar beschrieben werden.<br />

In Folge der besseren Finanzierung<br />

für neue Ausstellungsvorhaben<br />

konnte das Design mit mehr Aufwand<br />

erstellt und den Inhalten adäquat<br />

gestaltet werden.<br />

Derzeit können vor allem die kleineren<br />

Einrichtungen ihre vielfältigen<br />

und tendenziell zunehmenden Aufgaben<br />

aber nur durch das kolossale<br />

Engagement der wenigen haupt- und<br />

vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter<br />

bewältigen. Die alltägliche Arbeit ist<br />

so umfangreich, dass keine Zeit mehr<br />

bleibt, die – auch in den kleineren<br />

Einrichtungen – in der Zwischenzeit<br />

erworbenen Dokumente und Objekte<br />

ordnungsgemäß zu verzeichnen.<br />

Viele Gedenkstätten beschreiben<br />

das Manko, dass auch sie in den<br />

letzten Jahren wichtige Quellen und<br />

Artefakte erhalten haben, diese aber<br />

noch im „Giftraum“ liegen und nicht<br />

für das Publikum zugänglich gemacht<br />

werden können.<br />

Aus drei Gründen ist es notwendig,<br />

rasch eine Veränderung herbeizuführen,<br />

um dieses Manko zu<br />

beheben:<br />

4<br />

Zum ersten wird es allmählich auch<br />

in den Gedenkstätten einen Generationswechsel<br />

geben. Wenn die<br />

Menschen, die das „biologische<br />

Gedächtnis“ der Einrichtungen darstellen,<br />

nicht mehr ansprechbar sein<br />

werden, kann ihr Wissen – gerade<br />

über die Herkunft der Quellen<br />

und Materialien – nicht mehr aufgezeichnet<br />

werden. Daher ist es<br />

wichtig, so schnell wie möglich das<br />

bei den Mitarbeitern vorhandene<br />

Wissen festzuhalten – die biologische<br />

in die elektronische Datenspeicherung<br />

zu überführen.<br />

Zum zweiten müssen die digitalen<br />

Verzeichnisse in Formen entwickelt<br />

werden, die den Bedürfnissen der<br />

Gedenkstätten gerecht werden. Sie<br />

müssen den inhaltlichen Standards<br />

von Archiven und Dokumentationen<br />

entsprechen. Es macht jedoch keinen<br />

Sinn, hierfür Programme zu nutzen,<br />

die zu kompliziert und umfangreich<br />

sind und die Möglichkeiten der<br />

Gedenkstätten überfordern.<br />

Zum dritten ergibt sich gerade aus<br />

dieser Dichotomie zwischen den<br />

wenigen zur Verfügung stehenden<br />

Mitteln und der Dringlichkeit, für<br />

die Erstellung von Verzeichnissen<br />

der Archive und Sammlungen der<br />

Gedenkstätten adäquate Lösungen<br />

zu finden, die Notwendigkeit, bei der<br />

Erarbeitung sowie Implementierung<br />

und dem kontinuierlichen Gebrauch<br />

zusammen zu arbeiten.<br />

Ich halte es vor dieser skizzierten<br />

Gesamtentwicklung für eine wichtige<br />

Entscheidung, dass die Bundesgedenkstättenförderung<br />

das <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> mit<br />

einem Modellprojekt befähigt, seine<br />

Archivarbeit zu professionalisieren<br />

– und zwar in enger Kooperation mit<br />

den anderen Gedenkstätten. Noch<br />

ist die Gedenkstättenlandschaft in<br />

Deutschland erfreulich vielfältig.<br />

Es ist kein Widerspruch zu dieser<br />

Dezentralität, sondern hilft sie zu<br />

erhalten, wenn die Institutionen auf<br />

unterschiedlichem Niveau bei dem<br />

Aufbau elektronisch erfasster Sammlungen<br />

von Artefakten, Abbildungen<br />

und Dokumenten weiträumig<br />

zusammen arbeiten. Das hilft die<br />

inhaltlichen Fragen zu klären, ermöglicht<br />

einen Austausch in der Zukunft<br />

und spart Mittel.<br />

Kurzum: Die Gedenkstätten für<br />

Opfer des Nationalsozialismus<br />

können heute das Schicksal der NS-<br />

Opfer mit viel größerem historischen<br />

Wissen, umfangreichen Zeugnissen<br />

der Überlebenden und einer hohen<br />

professionellen Sensibilität darstellen.<br />

Hierfür ist aber eine exakte Quellenkunde<br />

und die lückenlose Dokumentation<br />

der Materialien von der<br />

Entstehung bis zur Übergabe an die<br />

Gedenkstätte erforderlich. Für die<br />

zukünftige Entwicklung der Gedenkstätten<br />

ist die Bewahrung dieser<br />

Quellen und ihre exakte, lückenlose<br />

Beschreibung eine zentrale Aufgabe.<br />

Wenn es nicht gelingt, diese Quellen<br />

mit den hohen Standards von Sammlungs-<br />

und Archivverzeichnissen zu<br />

erfassen, werden sie in Zukunft nicht<br />

mehr genutzt werden können.<br />

In diesem Sinne wünsche ich dem<br />

Archivprojekt des DZOK ein erfolgreiches<br />

Gelingen.<br />

INFO<br />

Dr. Thomas Lutz ist seit fast dreißig<br />

Jahren in der bundesdeutschen Gedenkstättenarbeit<br />

aktiv und einer der erfahrensten<br />

und bekanntesten Experten in<br />

Deutschland. Er organisiert die bundesweiten<br />

Gedenkstätten-Tagungen, gibt<br />

den „Gedenkstätten-Rundbrief“ heraus<br />

und ist u. a. Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft<br />

der KZ-Gedenkstätten.<br />

Seit 1993 arbeitet Thomas Lutz für die<br />

Stiftung Topographie des Terrors.


Das neue Archivprojekt des DZOK / KZ-Gedenkstätte<br />

Quellen der Zeitzeugen zugänglich machen<br />

Thomas Lutz brachte es in seinem<br />

Beitrag auf den Punkt: Wir müssen<br />

unsere Archivarbeit professionalisieren,<br />

um die wertvollen privaten<br />

Nachlässe, Zeitzeugeninterviews<br />

und historischen Dokumente, die<br />

heute in vielen Gedenkstätten<br />

noch als ungehobene Schätze in<br />

Kartons verborgen sind, für die<br />

Zukunft zu sichern.<br />

Nicola Wenge<br />

Dies ist umso dringlicher, als die<br />

Zeitzeugen bald ganz verstummt<br />

sind und ein Generationswechsel<br />

in den Gedenkstätten ansteht. Viele<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />

die in den 1980er Jahren ihre Einrichtungen<br />

aufgebaut und denen die<br />

Quellen von den Überlebenden der<br />

NS-Zeit anvertraut wurden, ziehen<br />

sich altersbedingt aus der Arbeit<br />

zurück. Sie können bald nicht mehr<br />

Auskunft geben über die Herkunft<br />

und Hintergründe dieser wertvollen<br />

Dokumente. Es droht damit ein nicht<br />

wieder gut zu machender Aderlass<br />

der Erinnerung.<br />

Diese besorgniserregende Bestandsaufnahme<br />

war Ausgangspunkt für<br />

mich als Leiterin des <strong>Dokumentationszentrum</strong>s<br />

gemeinsam mit der<br />

die Landeszentrale für politische<br />

Bildung BW, im Herbst 2010 einen<br />

Antrag bei der Bundesgedenkstättenförderung<br />

einzureichen. Der Titel<br />

lautet: „Quellen und Dokumente der<br />

Zeitzeugen des Nationalsozialismus<br />

zugänglich machen. Ein Modell-<br />

Archivprojekt für bürgerschaftlich<br />

organisierte KZ-Gedenkstätten“.<br />

Der Modellcharakter des Projekts<br />

besteht darin, exemplarisch<br />

moderne, kostengünstige und<br />

nachhaltige Mittel für die Professionalisierung<br />

unserer Archivarbeit zu<br />

erproben und dabei Wege zu finden,<br />

die auch für andere bürgerschaftlich<br />

getragene Einrichtungen mit einem<br />

hohen Anteil ehrenamtlicher Mitarbeiter<br />

realisierbar sind. Dabei soll<br />

gezielt auf den Erfahrungsschatz<br />

anderer Gedenkstätten (und Archive)<br />

zurückgegriffen werden. Das im<br />

Projekt gewonnene Wissen soll<br />

exemplarisch an die Anforderungen<br />

und Überlieferungssituation bürgerschaftlich<br />

getragener Gedenkstätten<br />

zur NS-Zeit angepasst und das<br />

erworbene KnowHow an interessierte<br />

Einrichtungen weiter gegeben<br />

werden. Im Kern besteht das Projekt<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Auch Alltagsgegenstände sind wertvolle Erinnerungsträger. Einige Objekte aus dem Archiv des DZOK.<br />

Foto: R. Semmler, A-DZOK.<br />

aus vier Hauptaufgabenfeldern, von<br />

denen drei eng mit dem Ist-Zustand<br />

unseres Archivs zusammenhängen.<br />

Deshalb will ich zunächst kurz auf<br />

diesen Zustand eingehen, bevor ich<br />

die Projektaufgaben vorstelle.<br />

Das <strong>Dokumentationszentrum</strong> hat in<br />

jahrzehntelanger, umfangreicher und<br />

tiefgreifender Sammlungstätigkeit<br />

ein wertvolles Spezialarchiv zur Vor-,<br />

Verlaufs- und Nachgeschichte des<br />

Nationalsozialismus in der Region<br />

Ulm/Neu-Ulm aufgebaut. Das Archiv<br />

verfügt über eine einzigartige biografische<br />

Sammlung mit Zeugnissen<br />

württembergischer KZ-Häftlinge<br />

sowie über eine breit angelegte<br />

Materialsammlung zur NS-Zeit in der<br />

Region und in Württemberg/Hohen-<br />

zollern. Trotz der großen Bedeutung<br />

dieser Sammlung ist es seit Bestehen<br />

des DZOK nicht gelungen, eine kontinuierliche<br />

Archiv-/Dokumentarstelle<br />

einzurichten, so dass bis in die 1990er<br />

Jahre hinein die sehr heterogenen<br />

Quellen in keiner Weise katalogisiert<br />

oder auch nur geordnet waren. Dank<br />

der Förderung der Stiftung Kulturgut<br />

Baden-Württemberg konnte hier<br />

in zwei gesonderten Archivprojekten<br />

(1993-1995 und 1998-2000)<br />

Abhilfe geschaffen werden. Die<br />

Archivbestände wurden von Myrah<br />

Adams auf dem damaligen Stand<br />

der Technik sachgerecht geordnet,<br />

gelagert und edv-basiert verzeichnet.<br />

Zur Vorbereitung der Dauerausstellung<br />

in der KZ-Gedenkstätte 2001<br />

erarbeitete sie gemeinsam mit Christian<br />

Loyal auch eine Häftlingsdatei.<br />

Doch seit 2000 ist die Stelle eines<br />

Archivars bzw. einer Dokumentarin<br />

wieder verwaist. Die seitdem erworbenen<br />

Quellen und durchgeführten<br />

Zeitzeugeninterviews konnten nur<br />

noch provisorisch abgelegt, jedoch<br />

nicht mehr erschlossen werden. Die<br />

in den 1990er Jahren angelegten<br />

Datenbanken wurden nicht weitergeführt,<br />

so dass sie heute als veraltet<br />

gelten müssen. Dies gilt nicht nur für<br />

die Foto- und Sammlungsdatenbank,<br />

sondern auch für die Häftlingsdatei.<br />

An bestandserhaltende Digitalisierungs-Projekte<br />

oder eine Online-Stellung<br />

der Dateien war unter diesen<br />

Bedingungen erst recht nicht zu<br />

denken. Wir stehen damit vor Defiziten,<br />

die wir mit vielen bürgerschaftlichen<br />

Gedenkstätten teilen.<br />

Mit dem Archivprojekt, das im August<br />

2011 offiziell bewilligt wurde, sollen<br />

diese Defizite nun in vier Schritten<br />

gezielt angegangen werden:<br />

Zunächst gilt es, das Problem der<br />

veralteten Datenbanken zu lösen.<br />

5


Nicola Wenge an den geordneten Beständen des DZOK. Foto: M. Stohrer, A-DZOK.<br />

Zu diesem Zweck soll eine moderne,<br />

leistungsfähige, aber nicht zu teure<br />

Archivsoftware eingeführt und<br />

(unter Berücksichtigung der alten<br />

Struktur) ein neues Datenbanksystem<br />

angelegt werden, in das die<br />

alten Daten zu importieren sind. Die<br />

neue Datenbank soll es zukünftig<br />

auch ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen<br />

ermöglichen, Quellen einfach<br />

und sachgerecht zu verzeichnen.<br />

Um dies zu gewährleisten, wird ein<br />

Handbuch für die Benutzung der<br />

Datenbank erstellt.<br />

In einem zweiten Arbeitsschritt<br />

sollen die ungehobenen Schätze<br />

des Archivs geborgen werden. Die<br />

noch nicht verzeichneten Bestände<br />

werden geordnet, in der neuen<br />

Datenbank erfasst und fachgerecht<br />

gelagert; eine Auswahl von Fotos<br />

6<br />

und Ton-/Videobänder exemplarisch<br />

digitalisiert.<br />

Das dritte Aufgabengebiet widmet<br />

sich dem Kernbestand und Herzstück<br />

des Archivs: Der biografischen<br />

Sammlung der <strong>Kuhberg</strong>-Häftlinge.<br />

Diese Sammlung soll durch gezielte<br />

Recherchen neu zugänglicher<br />

Quellengruppen beispielhaft für<br />

einzelne Häftlingsgruppen erweitert<br />

werden. Zu diesem Zweck werden<br />

vertiefende lebensgeschichtliche<br />

Informationen und historische<br />

Zusatzdokumente in die Häftlingsdatei<br />

eingegeben und Kurzbiografien<br />

verfasst. Zusätzlich zum Handbuch<br />

ist die Online-Stellung der Datei auf<br />

unserer Website das zweite geplante<br />

Projektergebnis.<br />

Das vierte und letzte Aufgabengebiet<br />

besteht darin, interessierten Gedenk-<br />

stätten die im Projekt gewonnenen<br />

Erkenntnisse durch Handbuch,<br />

Presseartikel und Fachvorträge zur<br />

Verfügung zu stellen.<br />

Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt<br />

– auf die Zeit zwischen Januar<br />

2012 und Dezember 2014. Die<br />

beschriebenen Projektinhalte werden<br />

in dieser Zeit von einer vollen hauptamtlichen<br />

Stelle aus geleistet bzw.<br />

koordiniert, unter Betreuung der<br />

wissenschaftlichen Leitung und mit<br />

Unterstützung des übrigen haupt-<br />

und ehrenamtlichen Personals. Voraussetzung<br />

ist eine Fachausbildung<br />

zum Archivar/Dokumentarin oder<br />

eine vergleichbare Qualifikation, z. B.<br />

Historiker/-in mit Erfahrung in der<br />

praktischen Archivarbeit. Nach einem<br />

bundesweiten Ausschreibungsverfahren<br />

wird eine Findungsgruppe<br />

des DZOK (bestehend aus Wolfgang<br />

Keck, Annette Lein, Michael<br />

Wettengel, Leiter des Ulmer Stadtarchivs,<br />

und mir) die neue Kolleg/in<br />

auswählen. Zur Drucklegung dieses<br />

Hefts läuft das Verfahren noch.<br />

Möglich wird dieses Projekt nur dank<br />

der finanziellen Förderung von Bund<br />

und Land, auch dank der Stiftung<br />

Erinnerung Ulm und einem großzügigen<br />

anonymen Spender, die uns<br />

dazu verhelfen, die erforderlichen<br />

Eigenmittel einzubringen. Herzlicher<br />

Dank geht an dieser Stelle auch an<br />

die KollegInnen, mit denen ich mich<br />

für die Antragstellung inhaltlich austauschen<br />

konnte und die meinen<br />

Blick für das Wesentliche schärften.<br />

Dazu gehören aus dem Gedenkstättennetzwerk<br />

Thomas Lutz (Topografie<br />

des Terrors), Nina Matuszewski (NS-<br />

<strong>Dokumentationszentrum</strong> der Stadt<br />

Köln), Detlef Garbe (KZ-Gedenkstätte<br />

Neuengamme) und Matthias Buchholz<br />

(Bundesstiftung Aufarbeitung<br />

SED-Diktatur) sowie als Experten vor<br />

Ort Michael Wettengel und Ulrich<br />

Seemüller, Silvester Lechner und<br />

Konrad Pflug.<br />

Schon bei der Beantragung wurde<br />

mir rasch klar, dass dieses Projekt<br />

nicht ohne viele Unterstützer und<br />

in einem breiten Netzwerk gelingen<br />

könnte und so will ich auch Sie, liebe<br />

Leser/-in, dazu einladen, unser Projekt<br />

zu begleiten. Geplant ist, nach<br />

Projektbeginn eine Informationsveranstaltung<br />

durchführen, um das<br />

hier Angerissene nachvollziehbarer<br />

zu machen und konkrete Unterstützungsangebote<br />

für Vereinsmitglieder<br />

und Freunde aufzuzeigen. Wir halten<br />

Sie auf dem Laufenden!


Eine Familienrecherche zum <strong>Kuhberg</strong>-Häftling Benno Fischer<br />

Das ist so eine Lawine, die ins Rollen kommt<br />

Seit Herbst 2010 recherchiert<br />

Gudrun Lambrecht-Rauscher, ihre<br />

Töchter Tabea und Anna-Lena in<br />

ihre Suche mit einbeziehend, die<br />

Lebensgeschichte ihres Großvaters<br />

Benno Fischer, der von<br />

Dezember 1933 bis Juni 1934 Häftling<br />

am <strong>Kuhberg</strong> war. Im Gespräch<br />

mit Nicola Wenge berichtet sie<br />

über ihre Spurensuche.<br />

Können Sie sich unseren Lesern<br />

kurz vorstellen?<br />

Lambrecht-Rauscher: Wir wohnen<br />

als vierköpfige Familie in einem<br />

kleinen katholisch-konservativen<br />

Dorf mit etwa 1600 Einwohnern<br />

in der Nähe von Rottenburg. Hier<br />

hatten schon die Eltern meines<br />

Großvaters einen Bauernhof, hierher<br />

kehrte Benno bereits in Kriegszeiten,<br />

dann noch einmal 1946 nach seiner<br />

Kriegsgefangenschaft zurück. Mein<br />

Mann und ich führen heute hier<br />

einen Installationsbetrieb.<br />

Was hat den Anstoß für Ihre Suche<br />

gegeben?<br />

Lambrecht-Rauscher: Obwohl meine<br />

Mutter nie über die Verfolgungsgeschichte<br />

ihres Vaters gesprochen<br />

hat, dachte ich, ich könnte sie jetzt<br />

vielleicht doch noch dazu bewegen,<br />

solange sie noch lebt, einfach was<br />

erfragen und ein paar Daten aufschreiben.<br />

Denn über Jahrzehnte<br />

gab es ja dieses große Schweigen in<br />

der Familie und im Dorf.<br />

Tabea und Anna-Lena bringen sich<br />

ins Gespräch ein.<br />

Tabea: Die Oma sagt selbst: „Ich<br />

wurde erzogen zur Schweigsamkeit“.<br />

In der Nazizeit war sie wohl<br />

vom BDM ziemlich begeistert und<br />

sie hat auch erzählt, dass sie an<br />

Großveranstaltungen der Nazis<br />

teilgenommen hat, was ihr Vater<br />

auf keinen Fall wissen durfte. Und<br />

nach 1945 hat sie nur noch über die<br />

Nazizeit geschwiegen und war total<br />

unpolitisch. Ich finde das schwierig<br />

mit Oma zu reden, weil ich mehr von<br />

ihr wissen will.<br />

Anna-Lena: Heute ist sie total traurig,<br />

weil sie sich überlegt hat, ob sie<br />

mitkommen soll zum <strong>Dokumentationszentrum</strong>,<br />

aber sie hat es nicht<br />

geschafft. Das tut mir leid, dass sie<br />

so viel verdrängt.<br />

Wie haben Sie überhaupt erfahren,<br />

dass Ihr Großvater im März 1933<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Von links nach rechts: Tabea Rauscher, Gudrun Lambrecht-Rauscher und Anna-Lena Rauscher bei<br />

ihrem Besuch im <strong>Dokumentationszentrum</strong> am 29.9.2011. Foto: N. Wenge, A-DZOK.<br />

von der Gestapo verhaftet und<br />

über das KZ-Heuberg zum <strong>Kuhberg</strong><br />

kam?<br />

Lambrecht-Rauscher: Kurz vor<br />

seinem Tod hat er mit mir darüber<br />

geredet. Durch die Pflegesituation<br />

in seinem letzten Lebensjahr, die<br />

ich übernommen hatte, sind wir uns<br />

näher gekommen und dann hat er<br />

darüber gesprochen, aber nur ganz<br />

wenig, ganz rudimentär. Ich wusste<br />

auch nur, dass er am Heuberg war.<br />

Das war der Ausgangspunkt meiner<br />

Recherche, da mal im Internet nachzuschauen,<br />

was ich dazu finde.<br />

Wie sind Sie bei Ihrer Suche auf<br />

das <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> gestoßen?<br />

Lambrecht-Rauscher: Ich bin dann<br />

bei meiner Heuberg-Recherche ganz<br />

schnell auf den <strong>Kuhberg</strong> gekommen<br />

(über Wikipedia nur zwei Mausklicks)<br />

und habe auf Ihrer Website den<br />

Namen Benno Fischer entdeckt,<br />

was ich einerseits gehofft hatte,<br />

aber dann auch wieder nicht. Als<br />

ich seinen Namen gesehen habe,<br />

hat mich echt der Schlag getroffen.<br />

Ich brauchte erst mal ein paar Tage<br />

Bedenkzeit, bevor ich Ihnen mailen<br />

konnte und um weitere Informationen<br />

bat. Ich war von Ihrer schnellen<br />

Antwort sehr gerührt. Mir kamen<br />

die Tränen, als ich las, dass da noch<br />

Hand geschriebene Briefe und ein<br />

von ihm geschnitztes Schachspiel<br />

existieren. Das war plötzlich so nah,<br />

da brauchte ich wieder Zeit um das<br />

zu verarbeiten.<br />

Welche Rolle spielt denn der Großvater<br />

für Sie?<br />

Lambrecht-Rauscher: Für mich war<br />

er immer ein wichtiges Korrektiv,<br />

wenn die Leute im Dorf oder die<br />

Lehrer in der Schule gesagt haben:<br />

„Wir haben nichts gewusst.“ Er hat<br />

immer gesagt. „Die Leute wussten<br />

alles.“ Er hat mir dann zum Beispiel<br />

erzählt, dass die Zwangsarbeiter nicht<br />

in den Luftschutzkeller durften und<br />

man im Keller die Schreie von oben<br />

gehört habe, auch die Leichen nach<br />

den Luftangriffen gesehen hätte. Das<br />

hat bei mir bewirkt, dass ich mich als<br />

„späte“ 1968erin in gewisser Weise<br />

in seinen Fußstapfen bewege. Für<br />

mich war er ein großes Vorbild darin,<br />

eine eigene Meinung zu haben, zu<br />

hinterfragen und nachzudenken.<br />

Wie reagiert Ihr Umfeld in Seebronn<br />

auf Ihre Spurensuche?<br />

Lambrecht-Rauscher: Leider stoße<br />

ich im Dorf immer noch auf große<br />

Widerstände und die Leute sprechen<br />

mich immer noch auf den alten Kommunisten<br />

an - und zwar abschätzig.<br />

Als mein Großvater 1946 zurück nach<br />

7


Seebronn kam, war er gesellschaftlich<br />

stark isoliert. Er hat noch nicht<br />

einmal im Dorf Mittag gegessen und<br />

ist immer nach Hause gekommen,<br />

weil er sich so unwohl gefühlt hat.<br />

Nur im Schützenverein hatte er eine<br />

Nische gefunden. Und diese Verachtung<br />

gegenüber meinem Opa hat sich<br />

auch auf mich übertragen. Ich gelte<br />

hier ein bisschen als Querulantin. Als<br />

ich neulich zur Anti-AKW-Demo nach<br />

Ulm gefahren bin (und erstmalig im<br />

<strong>Dokumentationszentrum</strong> war), sagte<br />

mir ein Nachbar: Ganz die Enkelin<br />

ihres Opas... Mich hat das lange<br />

belastet, aber jetzt nicht mehr.<br />

Was hat Ihnen die Suche persönlich<br />

gebracht?<br />

Anna-Lena: Zufälligerweise haben<br />

wir in der Schule das Thema<br />

„Machtübernahme“ gehabt, als die<br />

Mama mit der Suche begonnen hat.<br />

Eigentlich habe ich mich nicht so für<br />

Geschichte interessiert, aber das<br />

wurde dann auf einmal total spannend<br />

auch für mich. Und jetzt will ich<br />

auch mehr wissen.<br />

Lambrecht-Rauscher: Als ich mit<br />

der Suche begonnen habe, war ich<br />

sehr verunsichert. Aber jetzt merke<br />

ich, das ist eine Spirale, die einen<br />

immer weiter zieht, eine Lawine,<br />

die ins Rollen kommt. Über meinen<br />

Großvater werden für mich auch<br />

die allgemeinen politischen Themen<br />

8<br />

unseres Jahrhunderts lebendig<br />

und diese Suche hat mich auch in<br />

meinem Verhältnis zu meiner Mutter<br />

entspannt: Ich suche jetzt meinen<br />

Weg allein bzw. mit meinen Töchtern.<br />

Jetzt sind eben die anderen<br />

Generationen dran.<br />

Nachwort von Nicola Wenge<br />

Noch immer erreichen uns Anfragen<br />

hoch betagter Opfer des NS-<br />

Regimes, z. B. von Zwangsarbeiterinnen<br />

und Zwangsarbeitern sowie<br />

von ehemaligen jüdischen Bürgern<br />

aus der Region, die um Hilfe bei der<br />

Klärung ihrer eigenen Biografie und<br />

Familiengeschichte bitten. Verstärkt<br />

bekommen wir aber Anfragen aus<br />

der Enkel- und Urenkelgeneration,<br />

nicht zuletzt von Nachfahren ehemaliger<br />

Heuberg- und <strong>Kuhberg</strong>häftlinge.<br />

Viele – wie Frau Lambrecht-Rauscher<br />

– kennen die Verfolgungsgeschichte<br />

ihrer (Ur-)Großväter nur nebulös,<br />

weil in der Familie nicht oder kaum<br />

darüber gesprochen wurde. Ein<br />

wichtiges Ziel unserer Archivarbeit<br />

ist es, diese Angehörigen präzise<br />

und umfassend zu informieren<br />

und sie bei ihrer Spurensuche zu<br />

unterstützen. Wenn wir dabei neue<br />

Materialien (wie das Foto von Benno<br />

Fischer) für das Archiv erhalten oder<br />

neue Vereinsmitglieder (wie Frau<br />

Lambrecht-Rauscher) gewinnen, ist<br />

das ein wunderbarer Rückkopplungseffekt,<br />

für den wir dankbar sind.<br />

Über den verantwortungsvollen Umgang mit Opferdaten im Internet<br />

Alles online?<br />

Sollen die Namen der NS-Opfer<br />

vollständig im Internet publik<br />

gemacht werden? Eine Frage, die<br />

auch unter den Gedenkstätten fortlaufend<br />

diskutiert wird. Entsprechende<br />

Datenbanken müssen die<br />

Würde der Verfolgten bewahren.<br />

Johannes Ibel<br />

Noch vor zehn Jahren waren KZ-<br />

Gedenkstätten und andere Einrichtungen,<br />

die sich mit umfangreichen<br />

Namenslisten von NS-Opfern zu<br />

befassen hatten, sehr stolz auf<br />

ihre ersten Datenbanken. Sekundenschnelle<br />

Recherchen am<br />

Schreibtisch traten an die Stelle<br />

des mühseligen Durchblätterns<br />

von Karteikarten oder Listen in den<br />

Archiven. Manchmal konnten sogar<br />

schon digitale Bilder der Dokumente<br />

am Monitor angezeigt werden. Und<br />

die Qualität der Ergebnisse stieg<br />

ernorm, war man nun endlich befreit<br />

von der rein alphabetischen oder<br />

numerischen Suche. Was damals<br />

eine Besonderheit war, ist heute<br />

auf vielen Gebieten eine Selbstverständlichkeit.<br />

Die digitale Bilder- und<br />

Datenflut ist jederzeit an jedem<br />

Ort verfügbar und wirft nun immer<br />

drängender die Frage auf, warum die<br />

Namen der NS-Opfer noch nicht vollständig<br />

publik gemacht wurden. Eine<br />

Frage, die auch unter den Gedenk-<br />

Benno Fischer mit seinem Sohn Benno, ca.<br />

1946 in Seebronn. Hier war er 1905 geboren<br />

und aufgewachsen, bevor er um 1920 arbeitssuchend<br />

nach Stuttgart zog. Als gelernter<br />

Wagner fand er Arbeit in einer Kugellagerwarenfabrik,<br />

wurde Mitglied in der KPD und im<br />

Kampfbund gegen den Faschismus. Wegen<br />

des Verteilens kommunistischer Flugblätter<br />

wurde Fischer im Sommer 1931 4 Monate<br />

in Ulm inhaftiert. Erneute Verhaftung am<br />

11.3.1933, Verlegung am 25.3.1933 von der<br />

Strafanstalt Ludwigsburg zum KZ Heuberg, am<br />

8.12.1933 zum <strong>Kuhberg</strong>. Entlassung am 8. Juni<br />

1934. Benno Fischer überlebte den Krieg und<br />

kehrte 1946 aus frz. Kriegsgefangenschaft nach<br />

Seebronn zurück, wo er den Hof seines Schwiegervaters<br />

übernahm und bis zu seinem Tod im<br />

September 1981 lebte.<br />

stätten fortlaufend diskutiert wird.<br />

Regelmäßig treffen sich Experten<br />

aus der ganzen Welt auf dem<br />

„Workshop zur Digitalisierung von<br />

Opferdaten der NS-Zeit“, um sich<br />

über Quellen, Dokumentenerschließung,<br />

Datenerfassung, laufende<br />

Projekte und die Zugänglichkeit und<br />

das Öffentlichmachen von Informationen<br />

über die Opfer auszutauschen.<br />

Resultate ihrer Arbeit sind nicht nur<br />

sehr umfangreiche Datenbanken<br />

für Recherchezwecke, sondern<br />

auch Namens- und Totenbücher, die<br />

auch digital in Ausstellungen und im<br />

Internet präsentiert werden. Hierbei<br />

steht häufig der Gedenkcharakter im<br />

Vordergrund. Die dann nur sehr rudi-


mentären Recherchemöglichkeiten –<br />

meist nach den Personenbasisdaten:<br />

Name, Vorname, Geburtsdatum und<br />

-ort – können aber über eine Anfrage<br />

an die Gedenkstätten zu näheren<br />

Informationen führen.<br />

Entscheidende Voraussetzung für<br />

eine Publikation ist natürlich der Nachweis,<br />

aus welchem Dokument und<br />

welchem Archiv die Informationen<br />

stammen und welche archivrechtlichen<br />

Auflagen damit verbunden<br />

sind. Doch immer mehr Einrichtungen<br />

stellen ganze Archivbestände<br />

für das Internet zur Verfügung. Kommerzielle<br />

und nicht-kommerzielle<br />

Online-Angebote haben in kürzester<br />

Zeit umfangreiche Datenbanken mit<br />

hinterlegten Dokumenten aufgebaut,<br />

die kopiert, gespeichert, gedruckt<br />

und versandt werden können<br />

(etwa die Holocaust Collection auf<br />

www.fold3.com – bis vor Kurzem<br />

unter dem label „footnote“ zu finden<br />

– oder die überaus umfangreichen<br />

Unterlagen zu sowjetischen Soldaten<br />

auf www.obd-memorial.ru). Diese<br />

rasante Vervielfachung auf digitaler<br />

Ebene in Form von Bilddateien<br />

und Datensätzen kann sich auch<br />

problematisch potenzieren, wenn<br />

der Bezug zur zugrundeliegenden<br />

originalen Quelle verlorengeht und<br />

unerkannte Dubletten die Abfrageergebnisse<br />

verfälschen. Bereits<br />

ohne diese künstliche Vermehrung<br />

stellt die schiere Masse an Daten die<br />

Bearbeiter vor eine gewaltige Aufgabe.<br />

Soll nicht nur eine möglichst<br />

hohe Anzahl an Datensätzen erzielt<br />

werden, sondern qualitativ hochwertige<br />

Daten aufbereitet werden,<br />

so sind aufwändige Verifizierungen<br />

der Informationen nötig. Allein z. B.<br />

Ortsnamen, die als Geburts-, Wohn-,<br />

Haft- oder Todesorte erscheinen,<br />

müssen mühselig lokalisiert werden,<br />

um falsche Angaben zu vermeiden.<br />

Dies kann zwar zunehmend automatisiert<br />

geschehen, die Arbeit ist<br />

dennoch enorm.<br />

Eines der großen Schlagwörter bei<br />

den Diskussionen über das Öffentlichmachen<br />

von Opfernamen war<br />

und ist der Datenschutz. Nicht ohne<br />

Grund hat der Gesetzgeber eine<br />

ganze Reihe datenschutzrechtlicher<br />

Normen auf Länder-, Bundes- und<br />

europäischer Ebene erlassen, um die<br />

– berechtigten – Interessen betroffener<br />

Menschen – Überlebender und<br />

Familienangehöriger – zu wahren. So<br />

gestattet das Bundesarchivgesetz<br />

die volle Namensnennung aus den<br />

Patientenakten von Euthanasieopfern<br />

nur mit Zustimmung der nächsten<br />

lebenden Verwandten. Nicht immer<br />

sind die Regeln so eindeutig zu<br />

interpretieren. Überwiegend sind in<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Besucher der Ausstellung „Das Konzentrationslager Flossenbürg 1938-1945“ am Namensbuch der<br />

Häftlinge. Foto: P. Wentzler.<br />

Europa Personen geschützt, deren<br />

Verbleib unbekannt ist und die vor<br />

weniger als 90 Jahren (in Berlin<br />

sind es 110 Jahre) geboren wurden.<br />

Außerhalb Europas sind die Normen<br />

sehr viel weniger streng. Hierzulande<br />

aber bilden diese 90 Jahre, aktuell<br />

also der Geburtsjahrgang 1921, in<br />

den meisten Fällen die juristisch festgelegte<br />

Grenze zur Öffentlichkeit; es<br />

sei denn, der Tod vor über 30 Jahren<br />

ist bekannt, die Person ist mit einer<br />

Veröffentlichung ihrer Daten einverstanden<br />

oder die Informationen sind<br />

bereits öffentlich – was im Internet<br />

sehr häufig der Fall ist (und weitere<br />

Ausnahmeregelungen). Auch sensible<br />

Daten, etwa Häftlingskategorien<br />

wie Zigeuner, Homosexueller oder<br />

Berufsverbrecher, sind dann nicht<br />

mehr geschützt, müssen deswegen<br />

aber nicht notwendigerweise öffentlich<br />

gemacht werden. Die Vorgaben<br />

des Gesetzgebers lassen einen doch<br />

recht großen Handlungsspielraum,<br />

der im Einzelfall aus Rücksicht auf<br />

die Familien auch nicht ausgeschöpft<br />

werden muss. In diesen Fällen ist<br />

persönliches Verantwortungsgefühl<br />

gefordert. In der Praxis kommt es<br />

nur äußerst selten zu Konflikten<br />

wegen des Datenschutzes, dagegen<br />

häufig zu Beschwerden, wenn ein<br />

NS-Opfer nicht in einer öffentlichen<br />

Liste zu finden ist.<br />

Äußerst positiv ist das Feedback<br />

der Angehörigen auf die Veröffentlichung<br />

der Daten. Für eine Korrektur<br />

und Ergänzung von Informationen<br />

durch enge Verwandte ist eine<br />

vorhergehende Kontaktaufnahme<br />

durch eine Anfrage an eine Gedenk-<br />

stätte bzw. an ein Archiv nötig. Die<br />

Hemmschwelle hierzu wird offenbar<br />

deutlich niedriger, wenn die Namen<br />

im öffentlichen Raum – etwa in einer<br />

Ausstellung – präsentiert werden.<br />

Die Hürde ist natürlich noch wesentlich<br />

niedriger, wenn die Opfernamen<br />

im Internet öffentlich zugänglich sind<br />

und jederzeit an jedem Ort eingesehen<br />

werden können. Insofern ist<br />

dies nur zu begrüßen, nicht nur im<br />

Interesse der Angehörigen; auch<br />

der wissenschaftlichen Forschung<br />

wird mit Online-Archiven ein großer<br />

Dienst erwiesen. Doch die besonders<br />

sensiblen Informationen über<br />

Opfer des NS-Regimes sollten im<br />

Internet nur in eingeschränkten<br />

Namensdatenbanken erscheinen,<br />

bei denen der Gedenkcharakter im<br />

Vordergrund steht. So können die<br />

Würde der Opfer und die Interessen<br />

der Angehörigen berücksichtigt<br />

werden.<br />

INFO<br />

Johannes Ibel M.A., geb. 1966, Leiter<br />

der historischen Abteilung der KZ-<br />

Gedenkstätte Flossenbürg. Seit 2000<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter der KZ-<br />

Gedenkstätte Flossenbürg. Aufbau der<br />

Häftlingsdatenbank, Digitalisierung der<br />

Häftlingskartei des Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes,<br />

Ausstellung „Konzentrationslager<br />

Flossenbürg 1938 - 1945“<br />

(eröffnet 2007), Ausstellung „was bleibt<br />

– Nachwirkungen des Konzentrationslagers<br />

Flossenbürg“ (eröffnet 2010).<br />

9


Archivalische Quellen – die Voraussetzung des Gedenkens<br />

Kleiner Rückblick auf die Archivarbeit des DZOK<br />

Als ich vor gut 35 Jahren, in den<br />

frühen 1970ern, als junger Historiker<br />

in Ulm eintraf und mein<br />

Berufsleben begann, wusste ich<br />

zwar einiges über den Nationalsozialismus,<br />

sein Entstehen und<br />

seine Folgen, aber nichts über die<br />

Region Ulm in dieser Zeit. Mich<br />

diesem Thema über die lokalen<br />

Erscheinungen der „Weißen Rose“<br />

und des KZ auf dem Oberen <strong>Kuhberg</strong><br />

annähernd, wurde mir bald<br />

bewusst, was ich hier in drei Stichworten<br />

zusammenfassen möchte.<br />

Silvester Lechner<br />

„Schweigen und Beschweigen“<br />

Die große Mehrheit der Stadtgesellschaft<br />

und ihrer Institutionen konnte<br />

und wollte das konkrete Erinnern<br />

(noch) nicht zulassen, wiewohl fast<br />

überall die Präsenz des Vergangenen<br />

spürbar war.<br />

„Material des Erinnerns“<br />

Die übrig gebliebenen Zeugen<br />

dieser Zeit waren lebendig und<br />

aktiv, in jedem Haushalt lagen zahllose<br />

persönliche Erinnerungsstücke<br />

und in den öffentlichen Archiven<br />

ruhten – ziemlich verborgen – die<br />

Dokumente staatlichen Handelns.<br />

Die Bereitschaft, zu berichten und<br />

das Berichtete mit Dokumenten zu<br />

unterfüttern, war freilich – mit dem<br />

moralisch-politischen Appell des<br />

„Nie wieder!“ – auch schon da; sie<br />

kam aus dem Kreis der ehemals<br />

Widerständigen und Verfolgten.<br />

„Sammeln und Bewahren“<br />

So war für alles weitere Befassen<br />

mit dieser Zeit und ihren Folgen - vor<br />

allem durch die fragende Generation<br />

der Nachgeborenen – grundlegend<br />

das Aufspüren mündlicher und materieller<br />

Überlieferung und deren systematisches<br />

Sammeln, Bewahren und<br />

schließlich Öffentlich-Zugänglich-<br />

Machen.<br />

Zur regionalen Institution, an der<br />

diese Aufgaben bis heute gültiges<br />

Programm wurden, entwickelte<br />

sich das in den 1970er Jahren aufgebaute<br />

<strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>. Ausgehend von<br />

den Zeugnissen der Häftlinge des<br />

frühen Landes-KZ von Württemberg<br />

auf dem „Oberen <strong>Kuhberg</strong>“,<br />

wurden zunehmend alle Formen und<br />

10<br />

Silvester Lechner und Roman Sobkowiak im Archiv des DZOK in der König-Wilhelm-Straße. Mai 2006.<br />

Foto: L. Sobkowiak.<br />

Personen von Widerstand und Verfolgung<br />

zum Gegenstand des Sammelns<br />

und Dokumentierens, bald<br />

ebenso die Belege vom alltäglichen<br />

„Funktionieren“ der Bevölkerung<br />

und schließlich der Machtausübung<br />

bzw. der Täter.<br />

Die Methoden des Sammelns,<br />

Bewahrens und Zugänglichmachens<br />

haben sich freilich von Entwicklungsschritt<br />

zu Entwicklungsschritt<br />

in unvorstellbarer Weise fortentwickelt:<br />

von den Schuhschachteln im<br />

feuchten Gemäuer des Fort <strong>Oberer</strong><br />

<strong>Kuhberg</strong> bis zur digitalen Aufbereitung<br />

im Internet.<br />

Fazit<br />

Soll das Ulmer <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

ein ernsthafter Ort der<br />

fundierten Auseinandersetzung<br />

mit dem Nationalsozialismus und<br />

seinem Erbe für eine demokratische<br />

Gesellschaft bleiben, ist eine kontinuierliche,<br />

professionelle Archivarbeit<br />

die Voraussetzung dafür. Was<br />

jetzt im Januar 2012 beginnt, ist ein<br />

viel versprechender neuer Anfang,<br />

bedeutsames Vergangenes für die<br />

Generationen nach uns begreiflich<br />

zu machen.<br />

Einige Beispiele von Materialien,<br />

die im letzten Jahrzehnt zu den<br />

Beständen dazu gekommen sind:<br />

• Dokumente zu Häftlingen und<br />

Verantwortlichen der KZ Heuberg<br />

und <strong>Kuhberg</strong> und ihres<br />

politischen Umfeldes;<br />

• Erinnerungen und Dokumente<br />

zu Angehörigen der jüdischen<br />

Ulmer Gemeinde und der als<br />

Juden Verfolgten, sowie zu<br />

anderen Gruppen rassistisch<br />

Verfolgter;<br />

• Gespräche, Erinnerungen,<br />

Nachlässe zu den Geschwistern<br />

Scholl und ihrem Umfeld;<br />

• Erinnerungen und Dokumente<br />

zur „Hitlerjugend“, also der zwischen<br />

1915 und 1930 geborenen<br />

Generation;<br />

• Gedruckte Publikationen aus der<br />

Zeit des NS;<br />

• Materialien aus diversen Forschungsprojekten,<br />

u. a. von<br />

Walter Wuttke und Markus<br />

Kienle;<br />

• Korrespondenzen zum Entstehen<br />

und zum Fortgang der<br />

Ulmer Erinnerungsarbeit von<br />

den Anfängen bis heute.


Einladung zur Gedenkfeier 2011<br />

Konzentrationslager im Gespräch von Wehrmachtsoldaten<br />

Dr. Michaela Christ bietet neue<br />

Innensichten zu einem zentralen<br />

Thema unserer Erinnerungskultur.<br />

Nicola Wenge<br />

Dr. Michaela Christ. Foto: privat.<br />

Zur Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen<br />

Gewaltherrschaft<br />

findet am Sonntag, 13. November<br />

um 11 Uhr wieder die traditionelle<br />

Gedenkstunde statt.<br />

In diesem Jahr wird die Soziologin Dr.<br />

Michaela Christ – auf der Grundlage<br />

eines herausragenden Quellenfunds<br />

– neue Einblicke darin geben, was<br />

in der deutschen Bevölkerung vor<br />

Kriegsende über die Konzentrations-<br />

und Vernichtungslager bekannt war<br />

und wie Wehrmachtsoldaten über<br />

die Verbrechen sprachen. Dabei<br />

geht es nicht nur um Wissen vom<br />

Hörensagen. Die Gastrednerin wird<br />

vielmehr auch Berichte über KZ-<br />

Erfahrungen von Tätern und Opfern<br />

mit einbeziehen.<br />

Für ihren Vortrag wertet sie gezielt<br />

Gespräche von Wehrmachtangehörigen<br />

aus, die 1940-1945 in amerikanischer<br />

Kriegsgefangenschaft heimlich<br />

abgehört wurden. Die Abhörprotokolle<br />

fristeten über Jahrzehnte in den<br />

National Archives in Washington ein<br />

Schattendasein, bevor sie von dem<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Historiker Sönke Neitzel entdeckt<br />

wurden. Das Besondere an den<br />

Soldatenerzählungen: Sie sind ungefiltert<br />

und zeitnah am Geschehen<br />

– sehr offen, ohne historische Distanz<br />

oder politische Vorsicht, ohne<br />

moralische Bedenken, ungehindert<br />

von äußerer Zensur oder adressatenbezogener<br />

Rücksichtnahme. Der<br />

Wert der Quellen wird noch dadurch<br />

gesteigert, dass es sich nicht um Einzelaussagen,<br />

sondern um massenhaft<br />

überlieferte Dokumente handelt.<br />

Insgesamt wurden im geheimen<br />

amerikanischen Verhörlager Fort<br />

Hunt Gespräche von über 3.300<br />

deutschen Soldaten aufgezeichnet,<br />

die in mehr als 100.000 Schriftseiten<br />

festgehalten sind.<br />

Propagandafoto aus: „Mit uns im Osten. Eine<br />

Bildfolge vom Einsatz der Ulmer Infanterie-<br />

Division“. Bearbeitet von Rittmeister Köstlin,<br />

Stuttgart 1942, S. 14.<br />

Michaela Christ kennt diese Quellen<br />

sehr genau, weil sie zu dem Forschungsteam<br />

gehört, das unter der<br />

Leitung von Sönke Neitzel und dem<br />

Sozialpsychologen Harald Welzer<br />

die Abhörprotokolle sichtete und<br />

wissenschaftlich aufbereitete. Erste<br />

Ergebnisse veröffentlichten Neitzel<br />

und Welzer im Frühjahr 2011 in dem<br />

Buch: „Soldaten. Protokolle vom<br />

Kämpfen, Töten und Sterben“, das<br />

ungeheure öffentliche Aufmerksamkeit<br />

erhielt. Im Fokus standen dabei<br />

vor allem die Gewalterzählungen der<br />

Soldaten im Krieg – das Kämpfen,<br />

Töten und Sterben an und hinter der<br />

Front –, die das Leiden der Opfer<br />

ausblendeten. Bei der Gedenkfeier<br />

am <strong>Kuhberg</strong> stehen diese nun mit im<br />

Mittelpunkt, wenn es um die Fragen<br />

geht: Wer hat was gewusst? Wie<br />

wurde über die Verbrechen in den<br />

Lagern gesprochen? Wie sprachen<br />

die Täter? Und wie die aus der KZ-<br />

Haft entlassenen Soldaten?<br />

Wer kennt ihn nicht, diesen Satz, der<br />

früher oder später in den Gesprächen<br />

mit unseren Eltern oder Großeltern<br />

fiel: „Davon haben wir nichts<br />

gewusst!“ Ein Satz, mit dem sich<br />

eine ganze Generation ent-schuldete<br />

und der die Häftlinge in einem<br />

Vakuum der Gleichgültigkeit und<br />

Missachtung zurückließ. Der Vortrag<br />

von Michaela Christ bietet eine hochaktuelle<br />

Gelegenheit, die Legende<br />

von der Ahnungslosigkeit kritisch<br />

zu hinterfragen, wissenschaftliche<br />

Forschung und Erinnerungskultur zu<br />

verknüpfen und damit das Andenken<br />

an die Opfer neu zu unterlegen.<br />

INFO<br />

Dr. Michaela Christ war nach<br />

einem Studium der Soziologie,<br />

Politikwissenschaft und Pädagogik<br />

seit 2000 in der historisch-politischen<br />

Bildungsarbeit<br />

für Gewerkschaften und freie<br />

Bildungsträger tätig. Themenschwerpunkte:<br />

Antisemitismus,<br />

Nationalsozialismus und Antirassismus.<br />

Im Jahr 2009 promovierte<br />

sie zum Thema: Die<br />

Dynamik des Tötens. Die Ermordung<br />

der Juden von Berditschew.<br />

Ukraine 1941-1944. Seit<br />

2010 ist sie Research Fellow<br />

am Center for Interdisciplinary<br />

Memory Research, Essen und<br />

Stipendiatin der Fritz Thyssen<br />

Stiftung im Forschungsprojekt<br />

Referenzrahmen von Kriegsverbrechen.<br />

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DZOK-Projekt auf Spurensuche im Zillertal<br />

Authentisches Zeugnis des jüdischen Alpinismus<br />

Das „alpinistische Gefühl“ und<br />

eine historische Spurensuche zum<br />

Thema „Juden und Alpinismus“,<br />

dies verknüpfte Anfang Juli eine<br />

Exkursion des DZOK zum Friesenberghaus<br />

in den Zillertaler Alpen.<br />

Eine 13-köpfige Gruppe brachte<br />

von den drei erlebnisreichen<br />

Tagen eine Fülle an Eindrücken<br />

und neuen Erkenntnissen mit.<br />

Thomas Vogel<br />

Zuvorderst: Die Alpen sind eine heroische<br />

Gebirgslandschaft, vor deren<br />

Hintergrund sich ab den 1920ern und<br />

in der darauffolgenden NS-Zeit eine<br />

erbittert geführte rassenideologische<br />

Auseinandersetzung abgespielt hat.<br />

Institutioneller Hauptprotagonist war<br />

der damals grenzüberschreitende<br />

„Deutsche und Österreichische<br />

Alpenverein“ („DÖAV“), der, ausgehend<br />

von seinen österreichischen<br />

Sektionen, schon wenige Jahre<br />

nach dem Ersten Weltkrieg den<br />

Antisemitismus als Vereinslinie und<br />

nachfolgend den Ausschluss seiner<br />

jüdischen Mitglieder qua „Arierparagraph“<br />

aus dem Gros seiner Sektionen<br />

durchgesetzt hat.<br />

Das Friesenberghaus hängt<br />

unmittelbar mit den dramatischen<br />

ideologischen Entwicklungen im<br />

organisierten rechtsbürgerlichen<br />

Alpinismus zusammen. Als es 1932<br />

nach vierjähriger Bauzeit eröffnet<br />

wurde, war es ein einsamer Hort<br />

der Toleranz inmitten der bereits<br />

tiefbraunen Alpen. Bauherr war der<br />

1924 vom Hauptverein abgespaltene<br />

„Deutsche Alpenverein Berlin e. V.“,<br />

der nach seinem antisemitischen<br />

Ausschluss bei diesem Kraftakt<br />

Unterstützung fand bei der Sektion<br />

„Donauland“, die sich 1921 in<br />

Reaktion auf den Ausschlusses der<br />

jüdischen Mitglieder aus der Wiener<br />

Sektion „Austria“ gegründet hatte.<br />

1938, kurz nach ihrem Einmarsch in<br />

Österreich, konfiszierte die Wehrmacht<br />

das für damalige Verhältnisse<br />

recht kommod ausgestattete Haus,<br />

das als gebautes Zeugnis von der<br />

Niedertracht und Borniertheit des<br />

Antisemitismus, aber gleichermaßen<br />

auch von der Begeisterung maßgeblich<br />

der großstädtischen Jüdinnen<br />

und Juden für die Bergwelt kündet.<br />

Alpinistisch geleitet wurde die auch<br />

altersmäßig buntgemischte und<br />

wohlbehalten zurückgekehrte Ulmer<br />

Gruppe von Wolfgang Schmidtner,<br />

Fachübungsleiter bei der DAV-Sektion<br />

12<br />

Die Teilnehmer der Exkursion vor dem Friesenberghaus. Thomas Vogel, neues Redaktionsmitglied der<br />

<strong>Mitteilungen</strong>, in der ersten Reihe sitzend links. A-DZOK.<br />

im SSV Ulm 1846. Inhaltlich hatten<br />

sich insbesondere DZOK-Leiterin<br />

Nicola Wenge und Silvester Lechner,<br />

ihr Vorgänger, ins Thema vertieft, so<br />

dass die beiden Diskussionsabende<br />

auf 2.500 Metern Höhe an diesem<br />

sehr authentischen Ort eines „jüdischen<br />

Alpinismus“ einen profunden<br />

fachlichen Rahmen hatten.<br />

Hüttenwirt Hubert Fritzenwallner<br />

(„Ich bin der Hubert“) kam der<br />

Gruppe nicht nur sehr entgegen in<br />

Raumfragen. Der 60-Jährige erwies<br />

sich dazu als historisch hellhöriger<br />

Gastgeber, dem die Vermittlung der<br />

sehr besonderen Geschichte seines<br />

Hauses Herzensangelegenheit<br />

ist und der auch einen aufgeklärtfortschrittlichen<br />

Standpunkt dazu<br />

einnimmt – beides keine Selbstverständlichkeiten.<br />

Obwohl der Deutsche Alpenverein<br />

dieses trübe Vereinskapitel vor 10, 15<br />

Jahren vorbildlich aufgearbeitet hat,<br />

und obwohl das heute der Sektion<br />

Berlin gehörende Friesenberghaus<br />

seit Abschluss einer grundlegenden<br />

Sanierung 2003 zur „Begegnungsstätte<br />

gegen Vorurteile“ erklärt<br />

wurde, hält sich das Interesse von<br />

Besuchern am dazugehörenden<br />

geschichtlichen Hintergrund in<br />

Grenzen. Und obwohl mit über<br />

4.000 Übernachtungen in der kurzen<br />

Sommersaison sehr gut frequentiert,<br />

kann der Hüttenwirt Gästegruppen,<br />

die das historische Interesse in sein<br />

Haus führt, bislang noch an einer<br />

Hand abzählen. Sehr zum Bedauern<br />

der Tourteilnehmer war zudem die<br />

Resonanz der Ulm/Neu-Ulmer Alpenvereinssektionen<br />

auf das Projekt bis<br />

dahin sehr überschaubar, obwohl sie<br />

Mitveranstalter der Unternehmung<br />

waren. Die Bergwelt zu lieben, alpinistischen<br />

Herausforderungen zu<br />

frönen, sich aber ebenso den hässlichen<br />

Flecken in der eigenen Vereinshistorie<br />

zu stellen, fiel aber offenbar<br />

noch immer etwas schwer.<br />

Der Buchpublikation „125 Jahre Sektion<br />

Ulm“ von Uwe Schmidt nach zu<br />

schließen, zählten die drei örtlichen<br />

Sektionen zu den eher unauffälligen<br />

in den Jahren der antisemitischen<br />

Hetze. „Dennoch“, fand Historiker<br />

Schmidt heraus, „kann auch in der<br />

Ulmer Sektion“ – welche zugleich die<br />

elitärste der drei lokalen Sektionen<br />

war – „das im Gesamtverband weit<br />

verbreitete völkische Gedankengut<br />

nachgewiesen werden“.<br />

Als Fritzenwallner vor 16 Jahren<br />

die Regie im Friesenberghaus übernahm,<br />

musste er nach Spuren dieser<br />

kontaminierten Geschichte nicht<br />

lange suchen. In Geschirrtüchern,<br />

auf dem Geschirr und sogar an einem<br />

Fenster entdeckte er Hakenkreuze,


die aus dem Wehrmachts-Interim<br />

stammten. Nach einer späten „Entnazifizierung“<br />

huldigt das Haus heute<br />

verdienten Persönlichkeiten des<br />

jüdischen Alpinismus, etwa in einer<br />

kleinen Fotogalerie.<br />

Profund eingeführt in die Thematik<br />

durch einen Vortrag von<br />

Hanno Loewy, Leiter des jüdischen<br />

Museums in Hohenems, wenige<br />

Tage vor der Exkursion, war allen<br />

Teilnehmern klar, dass viele Spuren<br />

zu verfolgen sind, wenn es um die<br />

vielschichtige Beziehungsgeschichte<br />

des Judentums zu den Alpen geht.<br />

Silvester, gewappnet mit einem<br />

dicht beschriebenen „Spickzettel“,<br />

verwies auf die religiösen Schichten<br />

ebenso wie auf die zahlreichen jüdischen<br />

Pioniere im Alpinismus. Wurzeln<br />

des Antisemitismus gerade der<br />

österreichischen Ausprägung fand er<br />

im „abergläubisch geprägten katholischen<br />

Antijudaismus, von Jugend<br />

an eingetrichtert“, ebenso wie in<br />

der Stadt-Land-Konkurrenz. Obwohl<br />

Tirol kaum jüdische Bevölkerung<br />

hatte, gedieh der Antisemitismus<br />

hier besonders heftig. Missgünstig<br />

und misstrauisch blickte man von<br />

hier aus gen Wien, dem „Großstadt-<br />

Moloch“, der auch noch das Ziel der<br />

Zuwanderung zahlreicher verarmter<br />

Ostjuden gewesen war.<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> Ulm e. V.;<br />

Postfach 2066, 89010 Ulm;<br />

info@dzok-ulm.de<br />

www.dzok-ulm.de<br />

(dort Infos zur Mitgliedschaft)<br />

DZOK-Büro mit Archiv, Bibliothek:<br />

Büchsengasse 13, 89073 Ulm,<br />

Tel.: 0731 / 2 13 12, Fax: 9 21 40 56<br />

Redaktion:<br />

Dr. Nicola Wenge (verantwortlich),<br />

Annette Lein, Thomas Vogel,<br />

Ilona Walosczyk<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Gleichzeitig aber waren die Alpen<br />

gerade bei der großstädtischen jüdischen<br />

Bevölkerung bis weit hinein<br />

in intellektuelle und künstlerische<br />

Kreise Projektionsfläche einer romantischen<br />

Stadtflucht. In Folge konnten<br />

sich in Davos, St. Moritz oder Meran<br />

Destinationen für ein betuchtes jüdisches<br />

Klientel herausbilden.<br />

Mit praktizierter oder lediglich prospektiver<br />

Berg-Begeisterung erhoffte<br />

dieses, das antisemitische Klischeebild<br />

als „entwurzelte Städter“<br />

entkräften zu können. „Juden und<br />

Tracht“ ist ein weiterer Aspekt in<br />

ihrem Bestreben, ihre Zugehörigkeit<br />

zu Land und Leuten auszudrücken.<br />

1938 verbot das NS-Regime Juden<br />

das Tragen von Tracht. Der hochalpine<br />

Bereich war nun längst Austragungsort<br />

eines „Nationenkampfes“,<br />

zu dem im damaligen Deutschland<br />

der Wettlauf um Erstbesteigungen<br />

(vor allem mit Engländern und im<br />

Himalaya geführt), ideologisch stilisiert<br />

wurde.<br />

Weiterführende Literatur:<br />

„Hast du meine Alpen gesehen. Eine<br />

jüdische Beziehungsgeschichte“<br />

(Ausstellungskatalog), Hohenems<br />

2009, 29,80 ∑.<br />

Einige Hinweise enthält das Buch<br />

von Uwe Schmidt: „125 Jahre Sektion<br />

Ulm“, Ulm 2003.<br />

Druck:<br />

Offsetdruck Martin, Blaustein<br />

Auflage: 1 500<br />

Mitarbeiterinnen:<br />

Dr. Nicola Wenge (Leiterin),<br />

Annette Lein, Ilona Walosczyk<br />

Bürozeiten:<br />

Mo-Do 9 – 16 Uhr, Fr 9 – 12 Uhr<br />

Öffnungszeiten der KZ-Gedenkstätte:<br />

So 14 - 17 Uhr.<br />

Führungen sonntags um 14:30 Uhr,<br />

für Gruppen nach Vereinbarung auch werktags<br />

(mind. zwei Wochen vorher anmelden).<br />

Details unter www.dzok-ulm.de<br />

Hinweis<br />

Das Friesenberghaus, gelegen auf 2478<br />

Meter Höhe in einer Scharte unter<br />

dem Hohen Riffler (3.231 M.), ist als<br />

ganz normale Berghütte in Funktion. 32<br />

Matratzen gibt es im Lager, 24 Betten<br />

in Zimmern. Der Aufstieg ab dem<br />

Schlegeisspeichersee dauert knapp<br />

drei Stunden. Es wird von Anfang Juni<br />

bis Ende September bewirtschaftet.<br />

Kontakt: 0043/67 67 49 7550.<br />

13.07.-15.07.2012 Alpenverein<br />

bietet Folgeprojekt an<br />

Ermutigt durch den Erfolg der Unternehmung<br />

werden die Ulmer/Neu-Ulmer<br />

Alpenvereinssektionen im kommenden<br />

Sommer eine Dreitages-Tour zum<br />

Thema „Jüdischer Alpinismus und Antisemitismus<br />

im Alpenverein“ anbieten.<br />

Dieses Mal soll es zwar wieder ins Zillertal,<br />

aber über den Berliner Höhenweg<br />

gehen, mit je einer Übernachtung in der<br />

Berliner Hütte und im Friesenberghaus.<br />

Das DZOK ist Mitveranstalter und<br />

richtet erneut das inhaltliche Programm<br />

aus.Wolfgang Schmidtner übernimmt<br />

die organisatorische Vorbereitung und<br />

Tourenführung. Nähere Informationen<br />

folgen.<br />

Eintritt: 2 ∑ / 0,50 ∑<br />

Führung: 40 ∑ / Gruppe<br />

Spendenkonto: 764 90 62<br />

Sonderkonto „Stiftung“: 272 07 04<br />

beide bei der Sparkasse Ulm (BLZ 630 500<br />

00)<br />

<strong>Mitteilungen</strong> des DZOK: 1 ∑ / Heft<br />

Beachten Sie bitte das beiliegende Spendenformular!<br />

Unser Haushalt kann nur durch Spenden gedeckt werden, jeder Euro zählt!<br />

Zur Haushaltslage vgl. auch den Artikel von W. Keck in diesem Heft!<br />

13


Exkursion ins Elsass vom 11. bis 13. Mai 2012<br />

Geschichtliche Verbindungslinien knüpfen<br />

Am Wochenende vom 11. bis 13.<br />

Mai 2012 wird das DZOK für Vereinsmitglieder<br />

eine Elsass-Exkursion<br />

mit historischen Erkundungen<br />

anbieten, die zentrale Bezüge<br />

zwischen Ulmer NS-Geschichte<br />

und französisch/europäischer<br />

Geschichte des 20. Jahrhunderts<br />

herstellt.<br />

Annette Lein, Hansjörg Greimel und<br />

Martin König<br />

Das Verbindungsglied dieser<br />

Geschichte liegt in der Person des<br />

KZ-Kommandanten Karl Buck, der<br />

nicht nur das Ulmer KZ am <strong>Kuhberg</strong><br />

(1933-1935) leitete, sondern auch ein<br />

so genanntes „Umerziehungs- und<br />

Sicherungslager“ in Schirmeck-Vorbruck<br />

(1940-1944) kommandierte.<br />

Ziel dieses Lagers war es, im<br />

besetzten Elsass die nationalsozialistische<br />

Politik der „Zwangsgermanisierung“<br />

zu forcieren und der Bevölkerung<br />

die NS-Ideologie mit Terror<br />

aufzuzwingen. In dem Lager wurden<br />

Widerständige oder als widerständig<br />

angesehene Einwohner aus dem<br />

Elsass interniert und sollten in<br />

ihrem politischen Willen gebrochen<br />

werden.<br />

Als Kommandant des KZ <strong>Oberer</strong><br />

<strong>Kuhberg</strong> Ulm und des Polizeigefängnisses<br />

Welzheim (1935-1940)<br />

ist Buck in den Erinnerungen der<br />

württembergischen Häftlinge als<br />

besonders zynischer und kalter Täter<br />

beschrieben, der in Leidenszeugnissen<br />

der Häftlinge eine zentrale<br />

Rolle spielt. Aus den Berichten<br />

französischer Häftlinge über ihre<br />

(Gewalt-)Erfahrungen in Schirmeck<br />

entsteht das Bild eines Mannes, der<br />

konsequent der NS-Ideologie folgte,<br />

z. B. was die Verfolgung Homosexueller<br />

durch das NS-Regime angeht.<br />

Hierfür stehen insbesondere die<br />

Erinnerungen des ehemaligen Schirmeck-Häftlings<br />

Pierre Seels an Karl<br />

Buck. Eine kleine Lesung aus diesem<br />

Buch bereiten wir für die Exkursion<br />

vor.<br />

Im kollektiven Bewusstsein der zwischen<br />

Frankreich und Deutschland<br />

seit 1871 hin- und hergerissenen<br />

Provinz haben die Haftstätten für<br />

politische Häftlinge und ihr Kommandant<br />

tiefe Spuren hinterlassen,<br />

die wir thematisieren wollen. Ein<br />

spannender Höhepunkt wird die<br />

Begegnung und der Austausch mit<br />

14<br />

KZ-Kommandant Karl Buck in Uniform hinter dem Steuer eines Automobils; Kommandant der KZ<br />

Heuberg, <strong>Kuhberg</strong> und Welzheim und Inspekteur mehrerer KZ im Elsass, u. a. Schirmeck; 1945 als<br />

Kriegsverbrecher wegen der Tötung französischer Häftlinge in Frankreich zum Tode verurteilt, später<br />

begnadigt und nach Deutschland entlassen. A-DZOK.<br />

Zeitzeugen und Mitgliedern des<br />

Geschichtsvereins Schirmeck über<br />

die konkrete (Erinnerungs-)arbeit in<br />

der Region sein.<br />

Ein zweiter Schwerpunkt mit NS-<br />

Bezug bildet der Besuch der KZ-<br />

Gedenkstätte Natzweiler-Struthof in<br />

unmittelbarer Nähe Schirmecks, der<br />

wir uns auf dem 6 Kilometer langen<br />

„Weg der Erinnerung und der Menschenrechte“<br />

annähern werden. In<br />

den Jahren 1941 bis 1945 ließ das<br />

NS-Regime etwa 52.000 Häftlinge<br />

aus allen Teilen Europas hierher<br />

deportieren. Sie sollten im nahebei<br />

gelegenen Steinbruch und in den<br />

angegliederten Außenlagern auf<br />

beiden Seiten des Rheins Zwangsarbeit<br />

leisten. Im Laufe seines Bestehens<br />

entwickelte sich Struthof von<br />

einem Arbeits- zu einem Todeslager.<br />

Die Häftlinge wurden von deutschen<br />

Unternehmen, insbesondere<br />

in Baden-Württemberg und dem<br />

Elsass, erbarmungslos ausgebeutet.<br />

Doch auch über die engere NS-<br />

Geschichte hinaus bietet die Exkursion<br />

Gelegenheit sich mit der spannungsreichen<br />

deutsch-französischen<br />

Geschichte des 20. Jahrhunderts im<br />

Grenzgebiet auseinanderzusetzen.<br />

Hervorragende Möglichkeiten dazu<br />

bieten das neu eröffnete regionalhistorische<br />

Museum in Schirmeck und<br />

die Besichtigung militärischhistori-<br />

scher Baudenkmäler aus der Zeit des<br />

Ersten und Zweiten Weltkriegs, die<br />

die ungeheure Dimension der Kriegsführung<br />

im Jahrhundert der Extreme<br />

vor Ort greifbar macht.<br />

Bisherige Reiseplanung<br />

Freitag, 11. Mai 2012: Ab Ulm<br />

in Fahrgemeinschaften zur „Ferme<br />

Auberge Belle Fosse“, gemeinsames<br />

Abendessen.<br />

Samstag, 12. Mai: Stadtrundgang<br />

in Schirmeck, Spurensuche zum<br />

ehemaligen „Sicherungslager“. Von<br />

dort „Weg der Erinnerung und der<br />

Menschenrechte“ zur KZ-Gedenkstätte<br />

Natzweiler-Struthof mit anschließender<br />

Führung.(www.struthof.fr)<br />

Begegnungsabend mit Mitgliedern des<br />

Geschichtsvereins Schirmeck.<br />

Sonntag, 13. Mai: Besuch des<br />

neuen Regionalmuseums in Schirmeck<br />

(www.memorial-alsace-moselle.com)<br />

mit Schwerpunkt der Zeit von 1870 bis<br />

1945. Erkundungen zur elsässischen<br />

Geschichte auf einem „Bunkerweg“<br />

durch Schützengräben des Ersten<br />

Weltkrieges und auf einem „Weg der<br />

Fluchthelfer“ zum Dorf Moussey.<br />

Kosten: ca. 150 ∑ mit Übernachtung,<br />

HP, Führungen und Fahrtkostenbeteiligung.<br />

(Unverbindliche Schätzung)<br />

Anmeldungen bis Dienstag,<br />

15.12.2011, im DZOK-Büro.


„Ferienexpress“: Grundschüler in der KZ-Gedenkstätte<br />

Was Steine von Gefangenen erzählen<br />

Gute Erfahrungen hat das <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

einmal mehr<br />

mit seinem „Ferienexpress“<br />

gemacht. Auf kindgerechte Weise<br />

werden dabei Grundschüler mit<br />

dem Themenfeld „Nationalsozialismus“<br />

in Berührung gebracht<br />

- wobei diese immer wieder durch<br />

ihre Detailkenntnisse verblüffen.<br />

Edeltraud Aubele und Annette Lein<br />

Die Debatte, ob sich Nationalsozialismus<br />

und Holocaust überhaupt als<br />

Themen für Kinder eignen, wird in<br />

Deutschland – anders als in den Niederlanden<br />

oder in Israel – eher zaghaft<br />

geführt: Wenige Gedenkstätten<br />

haben bisher entsprechende Angebote<br />

entwickelt. Lange Erfahrung in<br />

der Arbeit mit Kindern bringen wohl<br />

vor allem die Mitarbeiter/-innen der<br />

Euthanasie-Gedenkstätte Hadamar<br />

sowie Pädagog/-innen am Fritz-<br />

Bauer-Institut und dem Jüdischen<br />

Museum Frankfurt am Main mit ein.<br />

Sie haben für ihre Arbeit wichtige<br />

Maximen für einen verantwortungsvollen<br />

und kindgemäßen Zugang zu<br />

so schwierigen Themen wie „Euthanasie“<br />

und Holocaust entwickelt.<br />

Bei allen berechtigten Ängsten und<br />

Zweifeln, warum Kinder in dem<br />

Alter sich überhaupt an Themen<br />

über die Zeit des Nationalsozialismus<br />

annähern sollten, spricht<br />

doch auch einiges dafür, solche<br />

Angebote zu gestalten. In der neueren<br />

Holocaust Education wird etwa<br />

auf entwicklungspsychologische<br />

Gründe hingewiesen, dass Kinder<br />

gerade in diesem Alter ein soziales<br />

Gewissen bilden und der Besuch in<br />

einer Gedenkstätte hierfür hilfreich<br />

sein könnte. Außerdem haben viele<br />

Kinder schon im Grundschulalter Versatzstücke<br />

vom Nationalsozialismus<br />

im Kopf, dazu gehören Krieg, Hitler<br />

und Judenmord und sie haben ein<br />

starkes Bedürfnis sich mit Fragen<br />

von Gerechtigkeit im Zusammenleben<br />

von Menschen auseinander zu<br />

setzen. Gedenkstättenpädagog/innen<br />

können diese kindlichen Denkbilder<br />

und Bedürfnisse verantwortungsvoll<br />

aufgreifen und in eine behutsame<br />

Auseinandersetzung lenken, wenn<br />

sie sorgsam mit der Vorstellungskraft<br />

der Kinder, ihrer grundsätzlichen<br />

Neugier und ihrem kreativen Ausdruckswillen<br />

am authentischen Ort<br />

umgehen.<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Gemäß diesen Überlegungen bietet<br />

das DZOK seit drei Jahren ein Ferienangebot<br />

für Kinder zwischen 6-12<br />

Jahren an, im Rahmen eines gemeinsamen<br />

Ferienprogramms der Neu-<br />

Ulmer und Ulmer Museen. Im Folgenden<br />

möchten wir von unserem<br />

diesjährigen „Ferienexpress“<br />

berichten. Einige Kinder nahmen<br />

bereits das dritte Mal an Programm<br />

teil. Sie haben sich wieder – ebenso<br />

wie die Neuankömmlinge – mit<br />

großem Interesse eingebracht. Wir<br />

bemühten uns zunächst, die Kinder<br />

auf ihrem jeweiligen Wissenstand<br />

abzuholen und sie in die Thematik<br />

einzuführen. Für diesen ersten<br />

Schritt fragten wir unsere kleinen<br />

Besucher, was sie über den Ort<br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> wissen. Die Resonanz<br />

war groß. Die Kinder liebten<br />

es sich mitzuteilen und zu zeigen,<br />

was sie schon alles wussten. Es galt<br />

lediglich das Gesagte in eine Ordnung<br />

zu bringen.<br />

Als Leitobjekt wählten wir in diesem<br />

Jahr einen Stein und besprachen<br />

mit den Kindern, warum Menschen<br />

Steine, Muscheln und dergleichen<br />

sammeln. Wir fragten, ob sie selber<br />

auch schon mal einen Stein von<br />

einem Ausflug mitgebracht hätten,<br />

um z. B. der Mutter von dem<br />

Erlebten zu berichten. So wurden<br />

die Steine allgemein zu Erinnerungsträgern<br />

für die Kinder. Die nächste<br />

Aufgabe bestand darin in den<br />

Ausstellungsräumen nach einem<br />

ausgestellten Stein zu suchen.<br />

Schnell fanden die Kinder die „Heubergsteine“<br />

(Erinnerungsobjekte von<br />

Häftlingen) und entdeckten, dass sie<br />

bemalt und beschrieben waren. Nun<br />

galt es die Bedeutung dieser Steine<br />

herauszufinden. Was erzählen die<br />

Steine? Wer wollte, dass was erinnert<br />

wurde? Auf diese Weise lernten<br />

die Kinder die Gefangenen kennen<br />

und erfuhren dass es bei uns nicht<br />

immer rechtsstaatliche Verhältnisse<br />

gab. Erstaunlicherweise brachten<br />

einige Kinder sehr detaillierte Kenntnisse<br />

des gegenwärtigen politischen<br />

Systems mit. Die Kinder erfassten<br />

den Unterschied von Diktatur und<br />

Demokratie und erkannten, warum<br />

die Häftlinge inhaftiert waren.<br />

Im dritten Teil unseres Lernangebots<br />

gingen wir mit den Kindern in die<br />

Kasematten. Dort hatten wir bereits<br />

vereinfachte Zitate und Steine auf<br />

den Zitattafeln ausgelegt. Jedes<br />

Kind durfte ein Zitat lesen, eine<br />

Kerze anzünden und einen Stein mit-<br />

Ulmer Kinder im Alter von acht bis elf Jahren<br />

lernen im Rahmen des „Ferienexpresses“<br />

am 4. August 2011 zum ersten Mal eine KZ-<br />

Gedenkstätte kennen. A-DZOK.<br />

nehmen. Die Kinder erfuhren in ausführlichen<br />

Gesprächen vom Alltag<br />

der Häftlinge. Der letzte Arbeitsauftrag<br />

war, auf dem mitgenommenen<br />

Stein oder auf Papier zeichnerisch<br />

darzustellen, was der Stein ihnen<br />

erzählte. Selbstverständlich durften<br />

sie ihre Werke dann ihren Eltern<br />

zeigen und die Steine zur Erinnerung<br />

mit nach Hause nehmen.<br />

Zusammenfassend kann festgestellt<br />

werden, dass Grundschulkinder<br />

grundsätzlich an der Thematik interessiert<br />

sind, ja geradezu begierig<br />

sind zu lernen. Sie nehmen alles<br />

auf, erkunden auch selber die Ausstellung<br />

und stellen viele Fragen.<br />

Grundsätzlich gilt, dass die Kinder<br />

ein tiefgreifendes Verständnis von<br />

Recht und Unrecht mitbringen und<br />

nicht von der Thematik überfordert<br />

sind. Es bleibt jedoch anzumerken,<br />

dass bei uns im Gegensatz zu der<br />

eingangs thematisierten Holocaust<br />

Education das Augenmerk nicht auf<br />

die Vermittlung von Massenmord<br />

gerichtet ist, sondern auf die politischen<br />

Häftlinge und die frühen<br />

Konzentrationslager. Politische<br />

Bildungsarbeit und Demokratieerziehung<br />

kann dieser Altersgruppe<br />

angeboten werden, sie muss jedoch<br />

gewissen Anforderungen gerecht<br />

werden. Wichtigste Voraussetzung<br />

einer kindgerechten Annäherung<br />

sind kleine Gruppen, in denen auf die<br />

Bedürfnisse der Kleinen individuell<br />

eingegangen werden kann.<br />

15


Paul-Lechler-Stiftung und das Land fördern interkulturelle Arbeit am DZOK<br />

Multiperspektivischer Zugang zur<br />

NS-Geschichte für Hauptschüler<br />

Gute Nachricht: Die Paul-Lechler-<br />

Stiftung wird von Januar 2012 bis<br />

Dezember 2014 – gemeinsam mit<br />

dem Land die interkulturelle Arbeit<br />

des DZOK großzügig unterstützen.<br />

Ein Pilotprojekt am DZOK für<br />

Hauptschüler kann somit Früchte<br />

tragen.<br />

Nicola Wenge und Annette Lein<br />

Im November 2009 präsentierten<br />

Ulmer HauptschülerInnen in der<br />

KZ-Gedenkstätte im Rahmen der<br />

jährlichen Gedenkfeier einen selbst<br />

produzierten Film und zwei Hip-<br />

Hop-Stücke zum Thema „Was geht<br />

mich Eure Geschichte an?“. Die<br />

Vorführung bildete den Höhepunkt<br />

eines dreitägigen Projekts, das in<br />

Kooperation mit der Adalbert-Stifter-<br />

Schule und dem Stadtjugendring<br />

Ulm durchgeführt und in Heft 52 der<br />

<strong>Mitteilungen</strong> ausführlich mit Hintergründen,<br />

Zielen, positivem Verlauf<br />

und erstem Resümee vorgestellt<br />

wurde.<br />

Das Pilotprojekt wurde zwar sehr<br />

aufmerksam wahrgenommen und<br />

fand in Baden-Württemberg auch<br />

viel Anerkennung, war aber hinsichtlich<br />

der interkulturellen Öffnung der<br />

Gedenkstättenarbeit in Ulm und auch<br />

landesweit nur ein erster wichtiger<br />

Schritt. Für eine nachhaltige Weiterentwicklung<br />

und Verstetigung am<br />

DZOK war eine finanzielle Förderung<br />

zwingend erforderlich. Und so haben<br />

wir – nach einem internen Abstimmungsprozess<br />

über Ziele und Wege<br />

der weiteren Arbeit – einen Antrag<br />

bei der Paul-Lechler-Stiftung gestellt,<br />

weil diese uns von ihrem Profil her<br />

als potenzieller Partner und Förderer<br />

passend erschien. Im August kam die<br />

Nachricht, dass die Stiftung das Projekt<br />

für besonders förderungswürdig<br />

hält und die beantragten Mittel in<br />

vollem Umfang zur Verfügung stellen<br />

wird. Sie wird von Januar 2012 bis<br />

Dezember 2014 – gemeinsam mit<br />

dem Land – die interkulturelle Arbeit<br />

des DZOK großzügig unterstützen.<br />

Die Stiftung selbst wurde 1928 von<br />

dem Sozialreformer Dr. Paul Lechler<br />

16<br />

Pilotprojekt 2009 – die Schüler mit den Coaches bei der Erarbeitung der Hip-Hop-Texte.<br />

Foto: D. Fumy. A-DZOK.<br />

in Stuttgart gegründet und hat heute<br />

ihren Sitz in Ludwigsburg. Sie fördert<br />

ausschließlich Projekte und<br />

Modellversuche gemeinnütziger und<br />

kirchlicher Einrichtungen, vorrangig<br />

Bildungs- und Inklusionsprojekte für<br />

Kinder, Jugendliche und Erwachsene<br />

in Baden-Württemberg.<br />

Was ist nun für die nächsten drei<br />

Jahre am DZOK geplant? Wir wollen<br />

am außerschulischen Lernort <strong>Oberer</strong><br />

<strong>Kuhberg</strong> für Hauptschülerinnen und<br />

-schüler einen multiperspektivischen<br />

Zugang zur NS-Geschichte entwickeln,<br />

der ihre unterschiedliche Familiengeschichten<br />

und Zuschreibungen<br />

auf- und ernst nimmt. Hierzu sollen<br />

geeignete Angebote entwickelt<br />

werden, die den Schülerinnen das<br />

historische und gegenwartsbezogene<br />

Lernen erleichtern, z. B. durch<br />

den Einsatz von Handykameras oder<br />

Musik. Diese Angebote sollen teils<br />

in Projektform stattfinden, teils als<br />

Bausteine in Führungen und pädagogische<br />

Basisangebote integriert<br />

werden. Auch die Produktion didaktischer<br />

Materialien ist geplant. Das<br />

Projekt richtet sich natürlich in erster<br />

Linie an die Hauptschüler aus Ulm<br />

und anderen Städten sowie an ihre<br />

Lehrer und Sozialarbeiter, aber auch<br />

an ihre Familien und Freunde sowie<br />

externe Partner, z. B. Migrantenvereine.<br />

Für uns ist das Projekt weit mehr<br />

als nur ein gedenkstättenpädagogischer<br />

Griff in die Methodenkiste.<br />

Die Arbeit mit Jugendlichen, die aus<br />

vielen gesellschaftlichen Bereichen<br />

schon ausgeschlossen sind oder nur<br />

sehr wenig Zugangschancen haben,<br />

ist auch ein politisches und gesellschaftliches<br />

Emanzipationsangebot.<br />

Es soll Mut machen zur gesellschaftlichen<br />

Teilhabe, zur Suche nach den<br />

eigenen Wurzeln und dem Platz in<br />

dieser Stadt und in diesem Land. In<br />

diesem Sinne ist das interkulturelle<br />

Projekt vielleicht die folgerichtige<br />

Fortsetzung der Graswurzelprojekte<br />

aus den 1970er und 1980er Jahren.


Zuschusskürzungen, Spendenrückgänge<br />

Zur Haushaltslage des DZOK<br />

Unsere aktuelle Situation ist<br />

paradox: Besucherzahlen, Vernetzung<br />

in Stadt und Land und inhaltliche<br />

Arbeit sind sehr gut, finanziell<br />

könnten wir aber mittelfristig einen<br />

Rettungsschirm brauchen, wenn<br />

nichts geschieht.<br />

Wolfgang Keck, Vereinsvorsitzender<br />

Die Gründe hierfür liegen im Wegfall<br />

von Projektgeldern (Pädagogikprojekt<br />

2007-2010), Kürzungen des städtischen<br />

Zuschusses um 3 Prozent<br />

(2011 und wohl auch 2012) sowie<br />

einem massiven Spendenrückgang.<br />

Der Haushalt des DZOK wird deshalb<br />

dieses Jahr, wie auch im Kassenbericht<br />

auf der Mitgliederversammlung<br />

dargestellt, mit einem Verlust von<br />

ca. 15.000 ∑ abgeschlossen. Dieser<br />

Verlust kann noch aus dem Kassenbestand<br />

ausgeglichen werden.<br />

Allerdings beträgt dann der Bestand<br />

lediglich noch 9.000 ∑. Das ist das<br />

absolut notwendige Minimum, da wir<br />

monatliche Zahlungsverpflichtungen<br />

wie Gehälter und Miete haben.<br />

Auch bei sparsamster Haushaltsführung<br />

durch die haupt- und ehrenamtlichen<br />

Mitarbeiter benötigt das DZOK<br />

ca. 200.000 ∑ jährlich für die Bezahlung<br />

der laufenden Verpflichtungen.<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Etwa 15 Prozent davon müssen<br />

durch Spenden finanziert werden:<br />

Bei dem aktuellen Spendenrückgang<br />

klafft hier im Haushalt eine Lücke<br />

von 15.000 ∑, die bald geschlossen<br />

werden muss.<br />

Angesichts der angespannten finanziellen<br />

Situation beschlossen Vorstand<br />

und Geschäftsführerin im Juli, sich<br />

verstärkt um die Einwerbung von<br />

Spenden und Drittmitteln zu kümmern.<br />

Es ist uns zwar gelungen, für<br />

die Unterstützung der pädagogischen<br />

Arbeit von der Paul-Lechler-Stiftung<br />

eine großzügige Förderung für ein<br />

interkulturelles Pädagogikprojekt zu<br />

erhalten, aber die Spendenlage hat<br />

sich trotz unserer bisherigen Bemühungen<br />

nicht verbessert.<br />

Auch hier stehen wir also wieder vor<br />

einer paradoxen Situation: Einerseits<br />

ist die erfolgreiche Einwerbung von<br />

Projektmitteln sehr erfreulich und<br />

wir sehen darin auch eine Anerkennung<br />

der Arbeit des DZOK. Auf der<br />

anderen Seite muss das DZOK bei<br />

beiden Projekten neben der stärkeren<br />

Arbeitsbelastung für die Mitarbeiterinnen<br />

auch erhebliche finanzielle<br />

Eigenleistungen aufbringen.<br />

Diese sind für das Archivprojekt<br />

durch eine sehr großzügige Spende<br />

von insgesamt 90.000 ∑ abgedeckt,<br />

die Mittel für das Pädagogikprojekt<br />

müssen jedoch aus dem Haushalt<br />

finanziert werden.<br />

Neben den geschilderten laufenden<br />

Ausgaben stehen dringende Investitionen<br />

an: Der Servicevertrag für<br />

den Fotokopierer wurde von der<br />

Firma zum November gekündigt, da<br />

das Gerät älter als 12 Jahre ist. Es<br />

muss also Ersatz beschafft werden.<br />

Die Computer sind über 7 Jahre alt,<br />

der erste Rechner ist bereits irreparabel<br />

ausgefallen. Auch da ist in<br />

Kürze mit notwendigen Ausgaben<br />

zu rechnen. Dringend benötigt wird<br />

eine zumindest elementare Ausstattung<br />

mit Geräten für die modernen<br />

Medien (Fotoapparat, Videokamera<br />

und Beamer). Für keine dieser Investitionen<br />

haben wir derzeit die dafür<br />

notwendigen Mittel.<br />

Meine dringende Bitte an alle Leserinnen<br />

und Leser dieser Zeilen ist,<br />

dass Sie auch in diesen wirtschaftlich<br />

angespannten Zeiten prüfen,<br />

ob Sie nicht mit einer kleinen oder<br />

größeren Spende die finanzielle<br />

Situation des DZOK verbessern und<br />

damit unsere gerade in dieser Zeit<br />

notwendige politische Bildungsarbeit<br />

unterstützen wollen.<br />

„Württembergisches Schutzhaftlager Ulm“: Ein frühes KZ im Nationalsozialismus (1933-1935)<br />

Neuauflage der didaktischen Materialien<br />

Die 1995 erschienene und 2004<br />

neu bearbeitete Handreichung<br />

über das KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> wird<br />

derzeit überarbeitet. Die Neuauflage<br />

soll im Frühsommer 2012 in<br />

Druck gehen.<br />

Stephan Podes<br />

Viele Jahre hat das frühere Oberschulamt<br />

Tübingen in unregelmäßiger<br />

Folge die Reihe „Materialien zur Landeskunde<br />

und Landesgeschichte“<br />

herausgegeben. Es handelte sich<br />

um Handreichungen für den landeskundlich-historischen<br />

Unterricht im<br />

Regierungsbezirk Tübingen. Sie sind<br />

sehr begehrt gewesen und so sind<br />

die meisten dieser Publikationen, vor<br />

allem diejenigen jüngeren Datums,<br />

längst vergriffen. Das gilt auch für die<br />

Handreichung „Württembergisches<br />

Schutzhaftlager Ulm“.<br />

Die Aktivitäten zur Unterstützung der<br />

Unterrichtspraxis, die seinerzeit in<br />

diese Publikationsreihe mündeten,<br />

sind inzwischen in die „Arbeitskreise<br />

Landeskunde/Landesgeschichte im<br />

Unterricht“ der Regierungspräsidien<br />

integriert. Neben Fortbildungen<br />

werden die Ergebnisse dieser<br />

Arbeitskreise für die einzelne Lehrkraft<br />

in erster Linie durch die zahlreichen,<br />

im Internet verfügbaren<br />

Unterrichtsmodule fruchtbar (Landesbildungsserver:www.landeskundebw.de),<br />

nicht jedoch durch gedruckte<br />

Publikationen.<br />

Gleichwohl besteht nach wie vor<br />

das verständliche Bedürfnis, vor<br />

Ort – aber nicht nur dort – etwas<br />

Gedrucktes zum besuchten Lernort<br />

erwerben zu können beziehungsweise<br />

in der Hand zu haben. Und<br />

so freut es mich ganz besonders,<br />

dass es dem <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> und dem<br />

Regierungspräsidium Tübingen nach<br />

gemeinsamen, immer äußerst kooperativen<br />

Anstrengungen im Vorfeld,<br />

vor allem zur Frage der Finanzierung,<br />

gelungen ist, eine Neubearbeitung<br />

der Handreichung „Württembergisches<br />

Schutzhaftlager Ulm“ nunmehr<br />

in Angriff zu nehmen.<br />

Frau Dr. Ruep, damals Präsidentin<br />

des Oberschulamts Tübingen und<br />

17


heute Ministerialdirektorin im Kultusministerium,<br />

schreibt 2004 im<br />

Vorwort: „Gedenkstätten wie die<br />

auf dem Ulmer <strong>Kuhberg</strong> können<br />

kein Mittel direkter Bekämpfung von<br />

demokratiefeindlichem Radikalismus<br />

und Neonazismus sein, aber sie<br />

können vor allem jungen Menschen<br />

die Bedeutung von Humanität und<br />

Toleranz für einen demokratischen<br />

Rechtsstaat aufzeigen. Die Desorientierung<br />

vieler junger Deutscher zeigt<br />

noch heute, wie wenig bei manchen<br />

das nationalsozialistische Erbe verstanden<br />

oder kritisch verarbeitet ist.“<br />

Diese Einschätzung halte ich auch<br />

heute noch für voll gültig, so dass<br />

diese Publikation nach wie vor ihre<br />

uneingeschränkte Berechtigung hat.<br />

Diese Handreichung bietet Lehrer/<br />

-innen und Schüler/innen Informations-<br />

und Arbeitshilfen für den<br />

Besuch in der KZ-Gedenkstätte. Die<br />

ausgewählten Hintergrundinformationen<br />

dienen der gezielten Vor- und<br />

Nachbereitung des Besuchs. Die<br />

Handreichung informiert zudem<br />

18<br />

über unterschiedliche Möglichkeiten,<br />

den Besuch in der Gedenkstätte zu<br />

gestalten. Sie eröffnet ein Spektrum<br />

analytischer und kreativer Lernangebote,<br />

die auf Jugendliche der verschiedenen<br />

Alters- und Schulstufen<br />

zugeschnitten sind. Damit ist die<br />

Handreichung für Multiplikatoren<br />

als Arbeitsunterstützung unentbehrlich<br />

und zugleich eine unerlässliche<br />

Grundlage für einen aktiven, selbst<br />

erkundenden Zugang zur Gedenkstätte.<br />

Sie hat sich im gedenkstättenpädagogischen<br />

Alltag – in ihrem<br />

bisherigen Umfang und als Printmedium<br />

– außerordentlich bewährt.<br />

Der sehr ambitionierte Zeitplan hat<br />

für die Drucklegung der Neuauflage<br />

den Frühsommer 2012 ins Auge<br />

gefasst. Ich wünsche allen, die daran<br />

beteiligt sind, die Handreichung zu<br />

aktualisieren, eine glückliche Hand<br />

und würde mich freuen, wenn ich<br />

Frau Dr. Wenge persönlich das erste<br />

druckfrische Exemplar in Ulm überreichen<br />

könnte.<br />

Die 2. Auflage der Handreichung<br />

soll in leicht überarbeiteter Fassung<br />

erscheinen. Bei gleichem Umfang sollen<br />

manche Passagen des alten Hefts entfallen,<br />

viele übernommen, einige leicht,<br />

andere komplett neu bearbeitet werden.<br />

Ein besonderer Neuakzent liegt auf der<br />

Entwicklung von Arbeitsbögen, die zum<br />

selbst erkundenden Lernen mit den<br />

Biografiealben einladen. Die Redaktion<br />

für die zweite Auflage setzt sich aus<br />

nebenamtlich an der Gedenkstätte<br />

arbeitenden Lehrern, dem hauptamtlichen<br />

Team und einigen Freiwilligen<br />

zusammen. Die Finanzierung wird vom<br />

Regierungspräsidium und der Stiftung<br />

Erinnerung Ulm getragen.<br />

serbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+++Leserbriefe+Leserbriefe+++Leser<br />

„Eigentlich alles lesenswert“<br />

Ich fand mehrere für mich höchst<br />

interessante Texte, alles gut<br />

geschrieben, klar, verständlich,<br />

ohne Fehler! eigentlich alles lesenswert,<br />

soweit ich beim Überfliegen<br />

erkannte. Sehr gut fand ich das<br />

Interview zum Thema „Justiz in Ulm<br />

während des Nationalsozialismus“.<br />

Die Interviewerin hatte wohl die<br />

offenherzigsten unter den möglichen<br />

Befragbaren aufgetan, wobei sogar<br />

diese nicht völlig frei von apologetischen<br />

Tendenzen sind … Vielen<br />

Dank auch für den Text von Oliver<br />

Thron über seine Nachforschungen<br />

und sein Buch. Beschämt muss ich<br />

immer neu erkennen, wie wenig ich<br />

noch immer von jener Zeit weiß und<br />

wie wenig viele meiner Zeitgenossen<br />

wissen wollen. Auch die Kurznachrichten<br />

und die Rezensionen sind<br />

durchweg lesenswert – für mich also<br />

noch mehr als genug Lese-Arbeit bis<br />

zum nächsten Heft!<br />

Euch allen: DANKESCHÖN!<br />

Veit Feger, Ehingen<br />

„Immer noch besser“<br />

Danke für die Zusendung der Nachrichten<br />

aus dem DZOK. Daraus<br />

habe ich erfahren, dass ihr wieder<br />

eine Praktikantin der Frauenakademie<br />

genommen habt. Das finde<br />

ich klasse. Zum Mitteilungsheft Juli<br />

2011: ich habe das Gefühl, dass das<br />

Mitteilungsheft immer noch besser<br />

wird. Das Schwerpunktthema Ulmer<br />

Justiz ist hoch interessant, ebenso<br />

gefallen mir die wunderbaren Buchbesprechungen.<br />

Elke Ruff, Ulm<br />

Von Naumburg nach Ulm überstellt<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

mit großem Interesse habe ich in<br />

Ihren neuesten <strong>Mitteilungen</strong> (Heft<br />

54/Juli 2011) die Vorstellung des<br />

Buches Deserteure und „Wehrkraftzersetzer“<br />

in Ulm – Ein Gedenkbuch<br />

für die Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm<br />

(Oliver Thron) gelesen. (…)<br />

Hintergrund meines besonderen<br />

Interesses an dem Gedenkbuch ist<br />

zunächst der Sachverhalt, dass im<br />

„Roten Ochsen“ 275 Todesurteile<br />

von Wehrmachtgerichten vollstreckt<br />

wurden und wir intensiv darüber<br />

forschen. Darüber hinaus bringen<br />

Sie in dem o. g. Artikel als eines<br />

der Einzelbeispiele den 30-jährigen<br />

Soldaten Kurt Henne. Ich kenne Teile<br />

seiner Fahnenfluchtgeschichte. Er<br />

INFO<br />

Dr. Stephan Podes arbeitet am Regierungspräsidium<br />

Tübingen als Fachreferent<br />

in der Abteilung Schule und<br />

Bildung.<br />

wurde meines Wissens gemeinsam<br />

mit seiner schwangeren Freundin in<br />

Naumburg festgenommen. Während<br />

Henne nach Ulm überstellt wurde,<br />

saß sie in Halle in Untersuchungshaft.<br />

Bei einem Bombenangriff, der<br />

einige Gebäude des Gerichtsgefängnisses<br />

zerstörte, wurde sie zunächst<br />

verschüttet, am Nachmittag des<br />

Angriffstages (Ostersamstag, 31.<br />

März 1945) jedoch „ausgegraben“, in<br />

den „Roten Ochsen“ überstellt und<br />

hat drei Tage später hier entbunden.<br />

In unserer Ausstellung befindet<br />

sich ein Foto der Frau gemeinsam<br />

mit ihrer Tochter. Das Foto wurde<br />

am 17. April 1945 von einem der<br />

berühmtesten amerikanischen<br />

Frontfotografen aufgenommen, von<br />

Johnny Florea. Ich habe die Frau<br />

noch kennen gelernt. Die 1945 geborene<br />

Tochter ist bereits Ende der<br />

1980er Jahre verstorben, hat aber<br />

einen Sohn hinterlassen, der somit<br />

Kurt Hennes Enkel ist. Er ist jetzt 41<br />

Jahre alt und weiß nichts von seinem<br />

Großvater. Mit der Übersendung<br />

der Publikation würden Sie mir sehr<br />

helfen, wichtige Informationen zu<br />

bekommen. Für Ihre Unterstützung<br />

herzlichen Dank.<br />

Michael, Viebig, Gedenkstätte Roter<br />

Ochse Halle (Saale)


Lotte Frenkel, Tochter eines jüdischen Ulmer Bankiers, 102-jährig verstorben<br />

Von Ulm nach Palästina und dann nach New York<br />

Im hohen Alter von 102 Jahren<br />

ist vergangenen Januar in New<br />

York die in Ulm geborene Jüdin<br />

Lotte Frenkel verstorben. Die ausgebildete<br />

Krankenschwester war<br />

Tochter eines Bankiers, der sein<br />

Institut am Weinhof hatte.<br />

Silvester Lechner<br />

Am Ulmer Weinhof, wo sich bis<br />

November 1938 die Synagoge der<br />

jüdischen Gemeinde befand und an<br />

deren Stelle heute ein Gebäude der<br />

größten Ulmer Bank, der Sparkasse,<br />

steht, gab es von 1901 bis in die Nazi-<br />

Zeit hinein auch einmal eine kleine<br />

Privatbank, die jüdische Besitzer<br />

hatte. Die Adresse war Weinhof 6<br />

(nordwestlicher Teil des Weinhofs,<br />

zwischen Schwörhaus und Weinhofberg)<br />

und der Eigentümer hieß<br />

Emil Mayer, geboren 1871 in Ulm<br />

und dort 1937 gestorben. Verheiratet<br />

war er mit Julie Kiefe, geboren 1881<br />

in Baisingen. Das Ehepaar hatte drei<br />

Kinder: Fritz, Marie und Lotte.<br />

Die jüngste Tochter der Mayers,<br />

Lotte, ist im vergangenen Januar im<br />

Alter von 102 Jahren in Manhattan/<br />

New York verstorben. Geboren<br />

wurde sie am 16. Dezember 1908<br />

in Ulm. Sie war ausgebildete „Fürsorgerin“<br />

bzw. Krankenschwester<br />

(„nurse“) und arbeitete bis zu ihrem<br />

Ruhestand in diesem Beruf; u .a. in<br />

Ulm, und nach der „Machtergreifung“<br />

der Nazis in Bagdad, in Tel<br />

Aviv und schließlich ab den 1950er<br />

Jahren in New York. In Palästina traf<br />

sie ihren Ulmer Jugendfreund, Willi<br />

Frenkel (1908-1991), dessen Vater<br />

Jakob und später dessen älterer<br />

Bruder Abraham/ Adolf in Ulm mehrere<br />

Zigarrenläden besaßen. Lotte<br />

Mayer und Willi Frenkel heirateten in<br />

Tel Aviv 1936 und gingen im Sommer<br />

1950 in die USA. Frenkel hatte seine<br />

kaufmännische Ausbildung im Ulmer<br />

„Kaufhaus Brüder Landauer“, in der<br />

Donaustraße 4, gemacht und ging<br />

später zum berühmten Kaufhaus<br />

Schocken nach Frankfurt. 1934<br />

schickte ihn Schocken nach Palästina,<br />

wo er an der heute noch bestehenden<br />

damaligen Schocken-Zeitung<br />

Haaretz in der Geschäftsführung tätig<br />

war. In den USA arbeitete Frenkel bis<br />

zum Ruhestand als Börsenmakler an<br />

der Wall-Street.<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Das Foto von 1992 zeigt ganz links Lotte Frenkel mit Teilen ihrer Familie, darunter hinten rechts ihr<br />

Neffe Henry Frankel (geb. 1933 in Ulm) und seine Frau Helene. Foto: S. Lechner, A-DZOK.<br />

Lottes ältere Schwester Marie (geb.<br />

7. Januar 1908) war auch von Beruf<br />

Krankenschwester und blieb nach<br />

dem Krieg bis zu ihrem Tod 1980 in<br />

Israel.<br />

Das älteste Kind der Mayers war<br />

Friedrich, ein Leben lang Fritz<br />

genannt. Er wurde am 20. Januar<br />

1906 in Ulm geboren. Er starb mit<br />

33 Jahren. Friedrich Mayer hatte<br />

eine Banklehre gemacht und hatte<br />

1937 zusammen mit seiner Mutter<br />

die Leitung des Ulmer Bankhauses<br />

übernommen, das freilich zu dieser<br />

Zeit infolge des Boykotts jüdischer<br />

Geschäfte im Niedergang begriffen<br />

war.<br />

In der Ulmer „Kristallnacht“ (9.<br />

November 1938) wurde Fritz Mayer<br />

aus dem Bett geholt, schwer misshandelt<br />

und mit ca. 52 anderen<br />

männlichen Juden aus Laupheim,<br />

Buttenhausen und Ulm ins KZ<br />

Dachau verschleppt. In Dachau<br />

wurde er nicht nur weiter misshandelt,<br />

sondern es wurde ihm, der seit<br />

Jahren an Leukämie erkrankt war,<br />

jedes lebensnotwendige Medikament<br />

verweigert. Infolge dieser Torturen<br />

starb er wenige Wochen nach<br />

der Rückkehr aus dem KZ im März<br />

1939 in Ulm.<br />

Nachbemerkung: Wenn in den<br />

nächsten Jahren am Weinhof eine<br />

neue Synagoge der gegenwärtigen<br />

jüdischen Gemeinde Ulms entstehen<br />

wird, ist auch des Schicksals der jüdischen<br />

Familie Mayer zu gedenken,<br />

die ihr Geschäft und ihre Wohnung<br />

keinen Steinwurf weit von der neuen<br />

Synagoge entfernt hatte.<br />

Die Daten sind entnommen:<br />

Ingo Bergmann: Und erinnere dich<br />

immer an mich. Gedenkbuch für die<br />

Ulmer Opfer des Holocaust. Ulm<br />

2009, S. 109.<br />

Ingo Bergmann, Silvester Lechner:<br />

Lodz – Ulm – New Jersey. Die<br />

Geschichte der jüdischen Familie<br />

Frenkel, die 1938 aus Ulm vertrieben<br />

wurde. Manuskript, Ulm 2006,<br />

S. 28 f<br />

Heinz Keil: Dokumentation über die<br />

verfolgten jüdischen Bürger von<br />

Ulm. Manuskript, Ulm 1961, u. a.<br />

S. 161, 329.<br />

Zu danken ist Henry Frankel und<br />

seinem Sohn Alan für weitere Informationen.<br />

19


Nachruf auf Roman Sobkowiak<br />

Ein besonderer Zeitzeuge ist verstummt<br />

Roman Sobkowiak ist tot. Seine<br />

Lebensgeschichte ist nicht nur eine<br />

bewegende polnisch-deutsche<br />

Biografie. Von 1942 an war sie eng<br />

mit der Region Ulm verflochten.<br />

Seit zwei Jahrzehnten bestanden<br />

enge Bande mit dem <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>.<br />

Silvester Lechner und Nicola Wenge<br />

Am 11. August 1923 im Städtchen<br />

Szkaradowo, im deutsch-polnischen<br />

Grenzbereich der ehemaligen preußischen,<br />

damals polnischen Provinz<br />

Posen (heute Woiwodschaft Poznan)<br />

geboren, änderte sich sein Leben<br />

und das seiner Familie radikal mit<br />

dem Einmarsch der Wehrmacht<br />

am 1. September 1939 und der folgenden<br />

Besetzung Polens. Da die<br />

Deutschen alle polnischen Schulen<br />

schlossen, war auch Romans Schulzeit<br />

als Gymnasiast beendet.<br />

Die Sobkowiaks wurden 1941 „ausgesiedelt“,<br />

d. h. vertrieben, vorher<br />

aber noch bekamen sie in Lodz, in<br />

der Außenstelle des „Rasse- und<br />

Siedlungshauptamtes“ (Berlin), von<br />

deutschen „Rasseexperten“ eine<br />

„Sippennummer“ und mit ihr das<br />

Etikett „eindeutschungsfähig“, d. h.<br />

für die nationalsozialistische Gesellschaft<br />

brauchbar und nützlich zu<br />

sein.<br />

Dieses Wort „eindeutschungsfähig“<br />

weist auf den besonderen, für die<br />

Region Ulm einzigartigen Charakter<br />

von Romans lebendiger Zeitzeugenschaft<br />

hin; eine Zeitzeugenschaft<br />

für eine – neben Antisemitismus,<br />

Antiziganismus und Erbhygiene<br />

– zentrale Dimension des nationalsozialistischen<br />

Rassismus. Denn in der<br />

angemaßten Machtvollkommenheit<br />

der „deutschen Herrenrasse“ wurde<br />

Polen nicht nur als Staat aufgelöst<br />

und als Land zerstört, sondern es<br />

wurde auch die gesamte polnische<br />

Gesellschaft in Kategorien eingeteilt<br />

und danach aus-, um- und angesiedelt<br />

und zu einem großen Teil<br />

ermordet oder versklavt.<br />

So wurde Roman mit Teilen seiner<br />

Familie fast 1 000 km südwestlich<br />

deportiert, in das SS-„Umsiedlungslager“<br />

im Schelklinger Konradihaus<br />

und dort unter Zwang „eingedeutscht“.<br />

In Ulm arbeitete er ab<br />

20<br />

Roman Sobkowiak. A-DZOK.<br />

April 1942 im Musikhaus Reisser<br />

am ehemaligen Hauptwachplatz als<br />

Radiomechaniker. Hier erlebte er<br />

Nationalsozialismus, Bombenkrieg<br />

und Nachkriegszeit unmittelbar. Nach<br />

dem Krieg wurde er Mitarbeiter der<br />

alliierten Verwaltung und Mitgründer<br />

der ersten Ulmer Kinos. Von 1951<br />

bis zur Rente 1983 war er im ehemaligen<br />

Telefunken- Röhrenwerk in<br />

Ulm, zunächst als „Radiomeister“,<br />

schließlich in der Forschungsabteilung<br />

von AEG-Telefunken, u.a. bei<br />

der Entwicklung der Laser-Übertragungstechnik,<br />

angestellt.<br />

Vor allem die Liebe und Ehe mit einer<br />

Schelklingerin und seine Familie, die<br />

bis heute in Schelklingen lebt, halfen<br />

ihm dabei, vom „heimatlosen Ausländer“<br />

zum deutschen Staatsbürger<br />

zu werden und in der Region Ulm<br />

eine neue Heimat zu finden.<br />

Roman Sobkowiak begann im Ruhestand<br />

seine Lebenserinnerungen<br />

aufzuschreiben, die unter dem<br />

Titel „Eindeutschungsfähig?!“ im<br />

Jahr 2009 vom <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> im Verlag<br />

Klemm + Oelschläger als Buch<br />

herausgegeben wurden. In den<br />

letzten beiden Jahrzehnten seines<br />

Lebens gab er seine schmerzhaften<br />

Erinnerungen in zahlreichen Zeitzeugengesprächen<br />

und Veranstaltungen<br />

weiter, um das erlittene Unrecht<br />

nicht vergessen zu lassen und sich<br />

zugleich für eine deutsch-polnische<br />

Versöhnung einzusetzen. In Ulm<br />

war er ein wichtiger Partner und<br />

gefragter Referent des <strong>Dokumentationszentrum</strong>s<br />

und der Ulmer Volkshochschule.<br />

Seine Biografie ist im<br />

EinsteinHaus im Rahmen der Dauerausstellung<br />

zum Ulmer Jugendwiderstand<br />

im Zweiten Weltkrieg<br />

vorgestellt.<br />

Dafür dass Roman nicht geschwiegen<br />

hat, sondern mit Leidenschaft und<br />

Ausdauer, mit Geduld und großer<br />

Menschenfreundlichkeit durch seine<br />

persönliche Geschichte die große<br />

Geschichte des 20. Jahrhunderts verstehbarer<br />

gemacht hat, sind wir ihm<br />

dankbar. Er hat das in einer Gesellschaft<br />

getan, die „ von einem Polen“<br />

wahrhaft anderes hören wollte als<br />

„die alten Nazigeschichten“.<br />

Am 15. September ist Roman Sobkowiak<br />

88-jährig in einem Ulmer Krankenhaus<br />

verstorben, Vor Monaten<br />

hat er zugestimmt, dass große Teile<br />

seines wertvollen Nachlasses in das<br />

Archiv des <strong>Dokumentationszentrum</strong>s<br />

aufgenommen werden.<br />

Roman bleibt somit unvergessen: in<br />

hunderten von Dokumenten, aber<br />

vor allem in den Herzen derjenigen,<br />

die ihn erleben durften.<br />

Roman Sobkowiak: Eindeutschungsfähig?!<br />

Eine polnisch-deutsche Biografie im NS-Staat<br />

und in der jungen Bundesrepublik. Ulm, 2007,<br />

116 S. 19,80 ∑.


Nachruf auf Johannes Heinzelmann<br />

Das KZ am Oberen <strong>Kuhberg</strong> und der Bub mit den<br />

Schneeglöckchen<br />

Am 29. September ist Johannes<br />

Heinzelmann mit 84 Jahren in<br />

seiner Geburtsstadt Leutkirch<br />

im Allgäu gestorben. Er war tief<br />

geprägt von der Ulmer KZ-Haft<br />

seines Vaters und großzügiger<br />

Förderer des DZOK, zu dem er<br />

nach anfänglicher Skepsis großes<br />

Vertrauen gewonnen hatte.<br />

Silvester Lechner<br />

Vor etwa 20 Jahren waren wir vom<br />

DZOK in Kontakt zu ihm gekommen.<br />

Er hat uns damals seine Geschichte<br />

und die seiner Familie erzählt -<br />

anvertraut, muss man besser sagen;<br />

zunächst durchaus mit Misstrauen<br />

demgegenüber, was wir damit<br />

anfangen würden. Denn was er uns<br />

sagte, hatte sein Leben tief geprägt.<br />

Demütigungen, Ängste und Aggressionen<br />

gegenüber wirklichen und<br />

imaginären Feinden waren eigentlich<br />

unverarbeitet präsent bis in seine<br />

letzten Tage. Daneben aber gewann<br />

er Vertrauen zu uns, war liebenswürdig,<br />

anhänglich und großzügig.<br />

Er besuchte uns regelmäßig, brachte<br />

Pralinen, lud uns zum Essen ein,<br />

spendete immer wieder Geldbeträge<br />

fürs DZOK, förderte regelmäßig<br />

unsere Freiwilligen der Aktion Sühnezeichen<br />

Friedensdienst und nahm an<br />

allen Veranstaltungen, insbesondere<br />

an den Gedenkveranstaltungen am<br />

Volkstrauertag in der Gedenkstätte<br />

am Oberen <strong>Kuhberg</strong> teil.<br />

Denn dort hat kurz nach seinem<br />

7. Geburtstag, im Jahr 1934, die<br />

zentrale Geschichte seines Lebens<br />

begonnen. Sein Vater, er hieß ebenfalls<br />

Johannes, hatte in den frühen<br />

1920er-Jahren eine freikirchliche<br />

Gemeinde gegründet, wurde Prediger<br />

und führte in Leutkirch ein<br />

christliches Erholungsheim. Als die<br />

Nazis an die Macht kamen, ignorierte<br />

er deren Embleme und Rituale und<br />

verweigerte den „Hitlergruß“ mit der<br />

Begründung, „das Heil kommt nur<br />

von Gott“. Er wurde von der Gestapo<br />

verhaftet und ins Ulmer KZ auf dem<br />

Oberen <strong>Kuhberg</strong> gebracht. Erst drei<br />

Tage später erfuhr die Familie, wo<br />

der Vater sich befand. Die Mutter<br />

packte einen kleinen Koffer mit den<br />

wichtigsten Utensilien, nahm den<br />

Sohn Johannes an der Hand, fuhr<br />

mit dem Zug nach Ulm und ging vom<br />

Bahnhof auf den Oberen <strong>Kuhberg</strong>.<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Johannes Heinzelmann. A-DZOK.<br />

Am Wachhäuschen vor dem KZ<br />

wurden sie angehalten, der Wachmann<br />

riss die Sachen aus dem Koffer<br />

und sagte bei jedem Stück, ehe er es<br />

auf den Boden warf:, „braucht er it<br />

(nicht)“. Der kleine Johannes aber<br />

streckte dem Uniformierten einen<br />

Strauß mit Schneeglöckchen, die er<br />

daheim im Garten gepflückt hatte,<br />

entgegen mit den Worten, „für den<br />

Vater“. Der Wachmann wiederholte,<br />

„braucht er it“, ergriff sie, warf sie<br />

auf den Boden und trampelte drauf<br />

herum. Mutter und Sohn mussten<br />

gehen, ohne den Vater, der erst<br />

einige Wochen später entlassen<br />

wurde.<br />

Im Rückblick kann man fast sagen:<br />

von diesem Tag an war ein großer<br />

Teil der Welt unbegreiflich und böse<br />

für den kleinen Johannes geworden.<br />

Die Familienmitglieder (es gab noch<br />

zwei ältere Geschwister) wurden<br />

in Leutkirch fortan wie Aussätzige<br />

behandelt, das Erholungsheim wurde<br />

beschlagnahmt und alle zusammen<br />

flohen noch 1934 ins Herzogtum<br />

Liechtenstein, wo sie bis Kriegsende<br />

blieben. Der Vater starb bald und<br />

für den kleinen Johannes begann<br />

ein schwieriges, unstetes Leben. Er<br />

blieb unverheiratet. Den Satz des<br />

Wachmanns aber wiederholte er bei<br />

fast jeder Begegnung mit ihm bis<br />

ins letzte Lebensjahr und man hatte<br />

den Eindruck, diese Botschaft des<br />

„Nicht-Gebraucht-Werdens“ behielt<br />

Bedeutung für ihn ein Leben lang.<br />

Vielleicht waren wir vom DZOK in<br />

seinem Ruhestand ein Stück Ersatzfamilie<br />

für ihn. Für uns jedenfalls war<br />

er Freund und Begleiter über viele<br />

Jahre hin. Und mit seiner Geschichte,<br />

die ergreifend wie kaum eine andere<br />

die KZ-Realität spiegelt, wurde er ein<br />

Stück <strong>Kuhberg</strong>-Geschichte. Und das<br />

bleibt sie und auch der, der sie erlebt<br />

und uns erzählt hat.<br />

21


Rückblick auf Veranstaltungen und Ereignisse<br />

des Ulmer <strong>Dokumentationszentrum</strong>s und der Stiftung Erinnerung Ulm, im Jahr 2011<br />

Unsere Arbeit in Zahlen<br />

- ca. 355 begleitete pädagogische<br />

Angebote (270 Führungen, 44<br />

pädagogische Projekte zusätzlich<br />

zum Basisangebot, 41<br />

Schülerpräsentationen in der<br />

KZ-Gedenkstätte und über die<br />

Themen der Gedenkstätte und<br />

des DZOK in Schulen, mit intensiver<br />

und individueller Betreuung<br />

durch ehren- und hauptamtliche<br />

Mitarbeiter (35 GFS als Führung<br />

durch die Gedenkstätte, 6 Abiturpräsentationen)<br />

- ca. 8.000 Besucher in der<br />

Gedenkstätte, darunter 6.200<br />

Jugendliche<br />

- regelmäßige Öffnungszeiten für<br />

Einzelbesucher: sonntags 14-<br />

17 Uhr, Führungen 14.30 Uhr<br />

- Durchführung von ca. 40 Seminaren,<br />

Vorträgen, Gesprächsgruppen,<br />

Veranstaltungen etc.<br />

zur Geschichte des Nationalsozialismus<br />

in der Region Ulm/<br />

Neu-Ulm und zur Gewalt- und<br />

Rechtsradikalismus-Prävention<br />

für ca. 2.500 Personen<br />

- ca. 1.300 Anfragen von Institutionen<br />

und Einzelpersonen des<br />

In-und Auslands, vor allem von<br />

Forschern, Studenten, Schülern,<br />

Opfer-Angehörigen, interessierten<br />

Bürgern, Journalisten<br />

sowie KollegInnen aus anderen<br />

Gedenkstätten<br />

Eine Auswahl wichtiger Aktivitäten<br />

7. Januar: Neujahrstreffen des<br />

Gedenkstättenteams.<br />

11. Januar: Ein Vorstandsmitglied<br />

des Lernorts Synagoge Hainsfarth<br />

e.V. besucht das DZOK, um sich über<br />

zeitgemäße Bildungsangebote zu<br />

informieren.<br />

14. Januar: Günther Merkle<br />

(„Protel-Medien“) macht Filmaufnahmen<br />

für die neue Medienstation<br />

in der Gedenkstätte. Einer von 6<br />

Drehtagen, begleitet von redaktionellen<br />

Treffen.<br />

17. Januar: Die erste von zwei<br />

Jahressitzungen der „Stiftung Erinnerung<br />

Ulm“.<br />

18. Januar: Die erste von zehn Vorstandssitzungen<br />

des Trägervereins<br />

im Jahr 2011.<br />

22<br />

14. Januar: Günther Merkle bei den Dreharbeiten<br />

in der KZ-Gedenkstätte. Foto: M. Stohrer,<br />

A-DZOK.<br />

18. Januar: Gerhard Mayer und<br />

Nicola Wenge zu Gast bei der SWP-<br />

Veranstaltung „Wir lesen“ im Stadthaus.<br />

G. Mayer hatte ein Förderabo<br />

des DZOK für die Berblinger Hauptschule<br />

gestiftet.<br />

19. Januar: Verleihung des Bundesverdienstkreuzes<br />

an Sibylle<br />

Goldmann, wichtige Mitarbeiterin<br />

der Gedenkstätte KZ Auschwitz-Birkenau<br />

und langjähriges DZOK-Vereinsmitglied.<br />

20. Januar: Das erste von fünfzehn<br />

Treffen der Jugendgruppe des<br />

DZOK.<br />

24. Januar: Verleihung des „Obermayer-German<br />

Jewish History<br />

Award“ in Berlin an Filmemacherin<br />

Sibylle Tiedemann, deren Arbeit das<br />

Doku-Zentrum und die Stiftung Erinnerung<br />

Ulm seit Jahren begleiten<br />

und fördern.<br />

24. Januar: Arbeitstreffen von Nicola<br />

Wenge mit Dr. Thomas Lutz, Topographie<br />

des Terrors in Berlin sowie<br />

mit Dr. Matthias Buchholz, Archivar<br />

der Stiftung zu Aufarbeitung der<br />

SED-Diktatur und K. Pflug, LpB-BW,<br />

zur Vorbereitung des Archivprojekts<br />

des DZOK.<br />

27. Januar: Nationaler Gedenktag,<br />

in Ulm mit einer Gedenkstunde am<br />

Nachmittag in der KZ-Gedenkstätte<br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> und am Abend mit<br />

einer Veranstaltung im Stadthaus<br />

Ulm:„Der nationalsozialistische Völkermord<br />

an den Sinti und Roma“<br />

mit Dr. Karola Fings, NS-<strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

der Stadt Köln, Daniel<br />

Strauß, Vorsitzender des Landesverbandes<br />

der Sinti und Roma in BW,<br />

u. a.<br />

30. Januar: Die Gedenkstätte öffnet<br />

wieder nach der Winterpause.<br />

31. Januar: Studientag in der<br />

Gedenkstätte für Studierende der PH<br />

Heidelberg mit Dr. A. Hettinger.<br />

2. Februar: Präsentation der revidierten<br />

Dauerausstellung und des<br />

Leitfadens zu „Jugendarbeit und<br />

Demokratieerziehung an KZ-Gedenkstätten<br />

Baden-Württemberg“ für die<br />

Presse und interessierte Öffentlichkeit.<br />

2. Februar: Blick in die revidierte Dauerausstellung<br />

mit neuer Medienstation im Eingangsbereich.<br />

Foto: G. Braun.<br />

11. Februar: Projekttag in der<br />

Gedenkstätte für Studierende zur<br />

Bildungsarbeit an NS-Gedenkorten<br />

der Universität Augsburg mit Dr. A.<br />

Eberle.<br />

14. Februar: 8. Jahrestag der Stiftung<br />

Erinnerung Ulm im Stadthaus:<br />

„Demokratie und Freiheit in Südosteuropa<br />

noch immer gefährdet“<br />

mit Klaus Prömpers und Jürgen<br />

Dieringer.<br />

14. Februar: Klaus Prömpers (links) und Jürgen<br />

Dieringer (dritter von links) bei der Podiumsdiskussion<br />

mit Ivo Gönner und Wilhelm<br />

Hölkemeier/SWP. Foto: D. Nülle, A-DZOK.<br />

17. Februar: Vernissage der Ausstellung<br />

„Bilder aus dem Exil“ und<br />

Filmvorführung „Briefe aus Chicago“<br />

von und mit Sibylle Tiedemann im<br />

Donauschwäbischen Zentralmuseum,<br />

gefördert von der Stiftung<br />

Erinnerung Ulm.


19. Februar: Ehrenamtliche<br />

Mitarbeiter/-innen vertreten das<br />

DZOK auf der 3. Ulmer Freiwilligenmesse<br />

in der vh.<br />

24. Februar: „Die Nacht ist des<br />

Freien Freund“. Thematischer Stadtrundgang<br />

zur Weißen Rose mit Julian<br />

Aicher und Nicola Wenge.<br />

17. Februar: Besuch der dzokkis in<br />

der städtischen Kontaktstelle „Migration“,<br />

um sich über die Lebenswirklichkeit<br />

Ulmer Migrantinnen und<br />

-migranten zu informieren.<br />

28. Februar - 4. März: Martin B.<br />

absolviert ein 1-wöchiges Sozialpraktikum<br />

im Doku-Zentrum.<br />

28. Februar - 4. März: Ein Doktorand<br />

der Universität Jena (Prof. Norbert<br />

Frey) recherchiert im DZOK-Archiv<br />

zum Thema Gedenkstättenbewegung<br />

in den 1980er Jahren.<br />

3. März: Das Eberhardt-Gymnasium<br />

Bad Urach besucht die Gedenkstätte<br />

mit vier Schulklassen. Immer mehr<br />

Schulen kommen mit mehreren<br />

Gruppen gleichzeitig. Ein Trend, der<br />

die Besucherzahlen steigen lässt,<br />

aber auch schwierigere Vermittlungssituationen<br />

schafft.<br />

11. März: M. Kienle ergänzt unsere<br />

Materialsammlung zum KZ Heuberg<br />

und zu Gotteszell durch die Übergabe<br />

seiner Forschungsdokumente.<br />

14. März: Besuch von Bürgermeisterin<br />

Mayer-Dölle in der Geschäftsstelle.<br />

16. März: Das Anna-Essinger-<br />

Schulzentrum in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft der KZ-Gedenkstätte:<br />

Eine besondere Verbindung für die<br />

Zukunft. Erstes Kooperationsgespräch<br />

mit dem Schulleiter Bernd<br />

Weinkauf.<br />

16. März: Ortstermin von N. Wenge<br />

mit Journalistin Dagmar Hub auf dem<br />

Gelände des ehemaligen Dachauer<br />

KZ-Außenlagers Unterfahlheim.<br />

17. März: Büchse 13: „Mädchen<br />

und Frauen in der rechten Szene.“<br />

Vortrag von Ellen Esen, Politikwissenschaftlerin<br />

aus Karlsruhe.<br />

17. März: Spatenstich für die neue<br />

Synagoge am Weinhof unter Teilnahme<br />

auch der Jugendgruppe des<br />

DZOK und vieler Vereinsmitglieder.<br />

21. März: Angehörige eines ehemaligen<br />

Wehrmachtsoldaten übergeben<br />

einen umfangreichen Bestand von<br />

Feldpostbriefen, Fotos und persönlichen<br />

Dokumenten an das Archiv des<br />

DZOK.<br />

27. März: „Vor aller Augen. Fotodokumente<br />

des nationalsozialistischen<br />

Terrors in der Provinz“. Ausstellungsbesuch<br />

des Gedenkstättenteams im<br />

Ludwigsburger Staatsarchiv mit Führung<br />

durch Archivleiter Dr. Müller.<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

27. März: Die DZOK-Gruppe erhielt eine profunde<br />

Führung durch Dr. Roland Müller (3. v.<br />

rechts). A-DZOK.<br />

28. März: „Innere Bilder wird man<br />

nicht los. Die Frauen in KZ-Außenlager<br />

Daimler-Benz Genshagen“.<br />

Buchpräsentation mit Helmuth Bauer<br />

in der vh.<br />

29. März: Eines von acht Treffen des<br />

Arbeitskreises „Gedenken an die<br />

Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm“<br />

im DZOK.<br />

30.-31. März: Ilona Walosczyk nimmt<br />

an der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft<br />

der Gedenkstättenbibliotheken<br />

in Köln teil.<br />

30. März: Kooperationsgespräch mit<br />

Prof. Fangerau, Direktor des Instituts<br />

für Geschichte, Theorie und Ethik der<br />

Medizin an der Uni Ulm.<br />

30. März: Nicola Wenge führt im<br />

Rahmen der Frühlingsakademie des<br />

ZAWiW / Universität Ulm durch die<br />

KZ-Gedenkstätte.<br />

2. April: Gleiselstetten: (Garten-)<br />

Arbeitstag mit Freiwilligen und den<br />

Nutzergruppen.<br />

2. April: Zwei Freiwillige bei der Arbeit. A-<br />

DZOK.<br />

3. April: Eröffnung des Film- und<br />

Ausstellungsprojekts „Briefe aus<br />

Chicago - Bilder aus dem Exil“ von<br />

Sibylle Tiedemann in der Kreissparkasse<br />

in Bad Buchau. Mit einer Einführung<br />

von Silvester Lechner.<br />

5. April: Vorstandsitzung zum Thema<br />

Spendenrückgang beim DZOK.<br />

7.-8. April: „Das KZ <strong>Kuhberg</strong>: Tatort<br />

und Gedenkstätte“. Landesweites<br />

Seminar für Lehrer aller Schultypen<br />

mit der Landeszentrale für politische<br />

Bildung, zum ersten Mal auch im<br />

Anna-Essinger-Gymnasium.<br />

9.-10. April: Jahrestagung der<br />

Gedenkstätten des Landes in Bad<br />

Urach. Verabschiedung von Konrad<br />

Pflug in den Ruhestand.<br />

14. April: Büchse 13: „KZ-Außenlager<br />

Horgau – Zwangsarbeit nahe<br />

der Reichsautobahn Ulm-Augsburg<br />

1944/45.“ Wolfgang Kucera stellt ein<br />

aktuelles Geschichtsprojekt zur NS-<br />

Rüstungsproduktion vor.<br />

14. April: Historiker und DZOK-Vereinsmitglied<br />

Wolfgang Kucera. A-DZOK.<br />

16. April: Sonderführung von N.<br />

Wenge für die Mitglieder des Förderkreises<br />

Bundesfestung Ulm zur KZ-<br />

Dimension im Fort <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>.<br />

18. April: Mitglieder der Stuttgarter<br />

Initiative „Hotel Silber“ wollen vor<br />

Ort mehr über die konkrete Arbeit<br />

des DZOK erfahren.<br />

1. Mai: Das DZOK ist auf dem Münsterplatz<br />

mit einem Stand vertreten.<br />

1. Mai: Von links nach rechts: Nicola Wenge,<br />

Anna Eble, Annette Lein und Fritz Glauninger.<br />

A-DZOK<br />

4. Mai: „Verlorene Jugendzeit. Als<br />

Luftwaffenhelfer.“ Ein Zeitzeugengespräch<br />

mit Wolfgang Finkbeiner und<br />

Manfred Eger in der vh.<br />

8. Mai: Sonderführung in der KZ-<br />

Gedenkstätte zum Kriegsende.<br />

23


15. Mai: „Museen und Gedenkstätten<br />

– unser Gedächtnis!“ Sonderführung<br />

zum Internationalen<br />

Museumstag.<br />

18. Mai: „Täter - Helfer - Trittbrettfahrer.<br />

NS-Belastete von der Ostalb.“<br />

Buchpräsentation mit H. Wenz und<br />

Dr. W. Proske in der KZ-Gedenkstätte.<br />

18. Mai: Zweite „Infobörse Netzwerk<br />

kulturelle Bildung“ im Roxy,<br />

Austausch im Rahmen des Netzwerkes.<br />

21. Mai: Sonderführung für Ulmer<br />

Jugendliche und Ulmer Presse durch<br />

die Gedenkstätte.<br />

24. Mai: „Es gibt keine Gerechtigkeit<br />

auf Erden – Zeitzeugenbericht von<br />

Oldrich Stránsky über seine Verfolgungsgeschichte<br />

als tschechischer<br />

Jude (im Rahmen der tschechischen<br />

Kulturtage 2011).<br />

24. Mai: Annette Lein und Laszlo Kelemen<br />

(Mitglied der Jugendgruppe des DZOK) im<br />

Gespräch mit Oldrich Stransky. A-DZOK.<br />

26. Mai: Annette Meyer zur Bexten<br />

beginnt ihre Einarbeitung als „Deputatslehrerin“<br />

am DZOK.<br />

28. Mai: Besuch der Enkelin des<br />

<strong>Kuhberg</strong>häftlings Benno Fischer am<br />

<strong>Dokumentationszentrum</strong>.<br />

30. Mai-17. Juni: F. Folli beginnt ein<br />

zweiwöchiges Praktikum am DZOK<br />

im Rahmen der Weiterbildung „Frau<br />

und Beruf“ der vh.<br />

31. Mai: Vortrag von Klaus Beer:<br />

„Der Menschenzüchtungswahn in<br />

der Vergangenheit der Deutschen“<br />

in der vh.<br />

5. Juni: „Tag der Festung“ mit<br />

hunderten von Besuchern in der<br />

Gedenkstätte.<br />

5. Juni: Präsentation des Gedenkbuchs<br />

für die Opfer der NS-Militärjustiz<br />

in Ulm mit Autor Oliver Thron,<br />

Zeitzeugen, Bürgermeisterin Mayer-<br />

Dölle und Landgerichtspräsident<br />

von Au.<br />

8. Juni: Prof. Michael Wettengel,<br />

Leiter des Ulmer Stadtarchivs, und<br />

Nicola Wenge stellen im Gemeinderat<br />

das Projekt „Erinnern in Ulm.<br />

Nationalsozialismus, Krieg und<br />

demokratischer Neubeginn“ vor.<br />

24<br />

10. Juni: „Das Gelände zum Sprechen<br />

bringen: Führungen im Außengelände“.<br />

Eine von 12 Guideschulungen<br />

im Jahr 2011.<br />

15. Juni: Vortrag von Nicola Wenge<br />

am Institut für Geschichte und Ethik<br />

der Medizin an der Uni Ulm zum<br />

frühen KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> und den<br />

heutigen Arbeitsschwerpunkten des<br />

DZOK.<br />

23.-25. Juni: Täterforschung ist das<br />

Schwerpunktthema des 55. bundesweiten<br />

Gedenkstättenseminars<br />

in der Wewelsburg, Teilnahme der<br />

DZOK-Leiterin.<br />

7. Juli: „Hast du meine Alpen<br />

gesehen? Eine jüdische Beziehungsgeschichte“<br />

Vortrag von Dr. Hanno<br />

Loewy, Direktor des Jüdischen<br />

Museum Hohenems im Ulmer<br />

Museum.<br />

7. Juli: 2. Studientag des Seminars<br />

Weingarten mit Referendaren und<br />

Fachleiter Christian Schulz in der<br />

Gedenkstätte.<br />

8.-10. Juli: Historisch-thematische<br />

Bergtour im Zillertal zum jüdischen<br />

Alpinismus und zum Antisemitismus<br />

des Alpenvereins.<br />

Bergtour im Zillertal. Foto: M. Nogherom<br />

A.DZOK.<br />

12. Juli: Präsentation der interkulturellen<br />

Arbeit des DZOK vor dem<br />

Internationalen Ausschuss der Stadt<br />

Ulm.<br />

14. Juli: Gedenkstättenbesuch von<br />

Mitarbeitern des Kultusministeriums<br />

Ba-Wü.<br />

20. Juli: Jahrestag des Stauffenberg-<br />

Attentats: Hochrangige Vertreter der<br />

Bundeswehr am Ulmer Standort<br />

(auch der Standortälteste Konteradmiral<br />

von Dambrowski) zu Besuch in<br />

der Gedenkstätte.<br />

22. Juli: Arbeitstreffen mit Thomas<br />

Heldt, Aktion Sühnezeichen Friedensdienste<br />

Berlin in der Büchsengasse,<br />

zugleich Abschlussgespräch<br />

mit dem Zivildienstleistenden<br />

Markus Stohrer.<br />

20. Juli: Nicola Wenge führt die Besucher der<br />

Bundeswehr durch Ausstellung und Gelände.<br />

A-DZOK.<br />

22. Juli: Mitgliederversammlung mit<br />

Vorstandswahlen.<br />

22.-26. Juli: Projekttage des Gymnasiums<br />

Wiblingen in der Ulmer<br />

Gedenkstätte.<br />

25. Juli: N. Matuszewski, Dokumentarin<br />

des NS-Doku-Zentrums Köln,<br />

kommt zur Beratung für das neue<br />

Archivprojekt des DZOK nach Ulm.<br />

28. Juli: Markus Stohrer lädt seinen<br />

Ulmer Förderkreis zum Abschied in<br />

die Geschäftsstelle ein.<br />

3. August: Der offizielle Bewilligungsbescheid<br />

für das Archivprojekt<br />

erreicht das DZOK.<br />

3. August: Sibylle Thelen, neue<br />

Leiterin des Gedenkstättenreferats<br />

der LpB in Ulm, besucht die Gedenkstätte<br />

und kommt zu einem Kennenlerngespräch<br />

mit Wolfgang Keck und<br />

Nicola Wenge in die Büchsengasse.<br />

4. August: „Wo unschuldige Menschen<br />

eingesperrt waren. Eine Spurensuche<br />

für Kinder im Alter von 8-12<br />

Jahren.“ im Rahmen des Ferienexpress<br />

Ulm/Neu-Ulm. In bewährter<br />

Zusammenarbeit von Annette Lein<br />

und Adel Aubele.<br />

23. August: Paul-Lechler-Stiftung<br />

sagt Förderung für das interkulturelle<br />

Projekt „Was geht mich Eure<br />

Geschichte an?“ zu.<br />

4. September: Stadtführung von<br />

Nicola Wenge und Ingo Bergmann<br />

„Jüdisches Ulm vom Mittelalter bis<br />

zur Gegenwart“ im Rahmen des<br />

Europäischen Tags der jüdischen<br />

Kultur.<br />

14. September: Exkursion der Mitarbeiter<br />

des Instituts für Geschichte<br />

und Ethik der Medizin der Uni<br />

Ulm in die Gedenkstätte. Schwerpunktthema<br />

der Führung von Nicola<br />

Wenge: Medizin im KZ-System: Die<br />

frühen Lager.<br />

14. September: Treffen des AK<br />

Ulmer Menschenrechtsbildung in<br />

der Büchsengasse zur Vorbereitung<br />

der 2. Auflage ihrer Broschüre.


15. September: „Was damals Recht<br />

war …“ Soldaten und Zivilisten vor<br />

Gerichten der Wehrmacht. Vertreter<br />

des Ulmer AK „Gedenken an die<br />

Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm“<br />

prüfen die Wanderausstellung im<br />

Armee-Museum Ingolstadt auf ihre<br />

Eignung für Ulm.<br />

17. September: „Die Bilderwelten<br />

des Jan Svankmajer.“ Kurzfilmperfomance<br />

in der Gedenkstätte mit<br />

Texten und Livemusik von Thomas<br />

Grieser, dramaturgisches Konzept:<br />

Hilde Steinfurth. Im Rahmen der<br />

Ulmer Kulturnacht.<br />

17. September. Filmperformance zur Kulturnacht<br />

in der KZ-Gedenkstätte. Foto: T. Walter,<br />

A-DZOK.<br />

18. September: Der katholische<br />

Arbeitnehmerverband Biberach<br />

informiert sich in der Gedenkstätte<br />

über die Häftlingsgruppen und den<br />

Haftalltag im KZ.<br />

21. September: Trauerfeier für<br />

Roman Sobkowiak in Schelklingen.<br />

Silvester Lechner hält eine Trauerrede<br />

für den 1923 geborenen Zeitzeugen<br />

und langjährigen Freund des<br />

DZOK.<br />

23.-24. September: Annette Lein<br />

nimmt an der Fortbildung „Verunsichernde<br />

Orte“ des Fritz Bauer Instituts<br />

in Stuttgart teil.<br />

23. September: Mitglieder des Vereins<br />

„Rosige Zeiten. Ulm/Neu-Ulm“<br />

besuchen eine Sonderführung zum<br />

Thema Verfolgung Homosexueller<br />

im NS (Martin König) in der Gedenkstätte.<br />

24. September: Fest der Kulturen<br />

auf dem Ulmer Marktplatz. Das<br />

DZOK ist mit dem Arbeitskreis Menschenrechtsbildung<br />

Ulm vertreten.<br />

29. September: „Fritz Bauer – Tod<br />

auf Raten.“ Dokumentarfilm mit<br />

Zeitzeugengespräch (Klaus Beer) im<br />

Rahmen des Filmfestivals ÜberMut.<br />

30. September: Bewerbungsschluss<br />

für die wiss. Mitarbeiterstelle im<br />

Rahmen des Archivprojekts.<br />

5. Oktober: Stille Andacht und Lieder<br />

in der Gedenkstätte mit M. Weiler.<br />

Einführung durch Annette Lein.<br />

6. Oktober: „Fliegen heißt Siegen.“<br />

Die verdrängte Geschichte der Deutschen<br />

Lufthansa. Filmvorführung<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

und Gespräch von Nicola Wenge mit<br />

Regisseur Christoph Weber in der<br />

Lichtburg.<br />

8. Oktober: Trauerfeier für den<br />

1927 geb. Johannes Heinzelmann<br />

in Leutkirch, der das DZOK als Sohn<br />

eines <strong>Kuhberg</strong>häftlings langjährig<br />

begleitete.<br />

9. Oktober: Englischsprachige Sonderführung<br />

durch die Gedenkstätte<br />

von Christian Renner im Rahmen<br />

der Ulm/Neu-Ulmer Tage der Begegnung.<br />

15. Oktober: Guide-Fortbildung von<br />

M. Burger, Förderkreis Bundesfestung<br />

Ulm, zur Baugeschichte und<br />

Anlage des Forts <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>.<br />

13. November: Filmvorführung<br />

„Briefe aus Chicago“ im Rahmen der<br />

Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht<br />

in der ehemaligen Synagoge<br />

Ichenhausen.<br />

19. November: Ganztägige Klausur<br />

der Redaktion für die Neuauflage<br />

der pädagogischen Handreichung.<br />

Erstmalig trat die Redaktion Anfang<br />

Juli zusammen.<br />

28. November: „Vor 70 Jahren.<br />

Nachbarn von nebenan – verschollen<br />

in Riga.“ Vortrag anlässlich der<br />

ersten Deportation von Ulmer Juden<br />

über Stuttgart nach Riga. Eine Veranstaltung<br />

des Ulmer/Neu-Ulmer AK<br />

27. Januar.<br />

Nachfragen zur Führung: Das Gedenkstättenteam mit Matthias Burger (2. v. l.). Foto: K. Jasbar.<br />

17. Oktober: Schulung von<br />

Mitarbeiter/-innen der Ulmer Tourismus-Zentrale<br />

in der KZ-Gedenkstätte<br />

und in der Büchsengasse zu<br />

Angeboten des DZOK..<br />

30./31. Oktober: „Der Holocaust in<br />

der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft.<br />

Bilanz und Perspektiven.“<br />

Karin Jasbar vertritt das DZOK<br />

beim 12. Dachauer Symposium zur<br />

Zeitgeschichte.<br />

6. November: Vernissage der Ausstellung<br />

„Bilder aus dem Exil“ von<br />

und mit Sibylle Tiedemann im Bayerischen<br />

Schulmuseum Ichenhausen,<br />

Schlossplatz 3-5. Einführung: Dr.<br />

Silvester Lechner.<br />

10. November: Büchse 13: Zeitzeugengespräch<br />

mit Dr. Irmgard<br />

Schmidt-Sommer über ihr Zusammenleben<br />

mit den jüdischen Nachbarn<br />

in der Neutorstraße 15 und<br />

deren Verfolgungsgeschichte.<br />

13. November: Gedenkstunde zur<br />

Erinnerung an die Opfer der NS-<br />

Gewaltherrschaft und an die Widerstandskämpfer<br />

1933-1945.<br />

1. Dezember: Gedenkaktion am<br />

Stuttgarter Nordbahnhof anlässlich<br />

der ersten Deportation der württembergischen<br />

Juden von dort nach<br />

Riga. Auch die dzokkis nehmen an<br />

dieser Aktion teil.<br />

2. Dezember: „Zeitgemäße Bildungskonzepte<br />

zum Nationalsozialismus“.<br />

Fachtag der LpB und der Stuttgarter<br />

Jugendhaus-Gesellschaft, u. a. mit<br />

dem Gedenkstättenteam des Ulmer<br />

Doku-Zentrums.<br />

4. Dezember: Letzte Sonntagsführung<br />

für Einzelbesucher vor der Winterpause.<br />

Die Gedenkstätte öffnet<br />

sonntags wieder am 29.1.2012.<br />

9. Dezember: Tag der Menschenrechte<br />

in der KZ-Gedenkstätte.<br />

15. Dezember: Büchse 13: „Vom<br />

Wissen der Bilder – KZ-Zeichnungen<br />

am Beispiel von Karel Kasak“. M.<br />

Haibl, Universität Wien, stellt ihr<br />

Habilitationsvorhaben vor und geht<br />

besonders auf unseren Archivbestand<br />

zu Kasak ein.<br />

20. Dezember: Jahresausklang für<br />

Mitarbeiter und Freunde des DZOK.<br />

25


+Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kü<br />

Vor 70 Jahren – Deportationen Riga ·<br />

DZOK-Vorstandswahlen · Jan Peters (†)<br />

· Theater Ulm und DZOK · AK Gedenken<br />

Wehrmachtdeserteure · Bundesverdienstkreuz<br />

S. Goldmann · 20 Jahre<br />

Klemm & Oelschläger · Führung „Rosige<br />

Zeiten“ · Verunsichernde Orte · Eröffnung<br />

KZ-Gedenkstätte Neckarelz · Fund jüdischer<br />

Steuerakten · Gedenkstättenförderung<br />

im Koalitionsvertrag · Interfraktionelle<br />

Anfrage und Stellungnahme des<br />

Staatsministeriums · Neue KZ-Gedenkstätte<br />

Esterwegen · Nachrichten aus<br />

Polen · Sinti und Roma<br />

Vorstandswahlen beim DZOK: Wolfgang<br />

Keck bleibt Erster Vorsitzender<br />

Am 22. Juli fand in der Ulmer vh die<br />

Mitgliederversammlung des DZOK<br />

statt, in diesem Jahr wieder mit<br />

Vorstandswahlen. Einstimmig wurde<br />

dabei der erste Vorsitzende, Prof.<br />

Wolfgang Keck, im Amt bestätigt.<br />

Mit großer Mehrheit wieder gewählt<br />

wurden auch die bisherigen Stellvertreter<br />

Martin König und Hansjörg<br />

Greimel, die Kassiererin Elke Reuther<br />

und die Beisitzer Uli Klemm und<br />

Wolfgang Traub. Als Beisitzerinnen<br />

verzichteten Myrah Adams, Dagmar<br />

Orths und Ingrid Siegl auf eine<br />

erneute Kandidatur. Die beiden erst<br />

genannten zogen aus Ulm fort. Ingrid<br />

Siegl ließ ihr Amt aus gesundheitlichen<br />

Gründen ruhen. Wir danken<br />

den dreien für ihre jahrelange, wichtige<br />

Mitarbeit und schicken Ingrid<br />

Siegl auf diesem Weg beste Genesungswünsche.<br />

NW<br />

Der neue Vorstand: von links: Wolfgang Keck,<br />

Nicola Wenge (Leiterin), Wolfgang Traub,<br />

Hansjörg Greimel, Martin König, Elke Reuther.<br />

Vorstandsmitglied Uli Klemm ist nicht auf dem<br />

Bild. A-DZOK.<br />

Glückwünsche: 20 Jahre Verlag Klemm +<br />

Oelschläger, ein Dank und Weiter so an<br />

unseren Verleger Uli Klemm<br />

Seit seiner Gründung im September<br />

1991 hat der Verlag Klemm und<br />

Ölschläger über 100 Buchtitel<br />

26<br />

Vor 70 Jahren: Beginn der Deportationen<br />

von Juden aus Ulm<br />

und Württemberg nach Riga –<br />

Gedenken in Ulm und Stuttgart<br />

28.11.2011.-2.12.2012<br />

Vor 70 Jahren, am 1. Dezember<br />

1941, verließ der erste Deportationszug<br />

den Stuttgarter Inneren<br />

Nordbahnhof. Rund 1000 Menschen<br />

wurden in das Lager Jungfernhof<br />

bei Riga verschleppt, ein<br />

Großteil von ihnen wurde im März<br />

1942 ermordet. Mit dem Transport<br />

begann auch für die Juden in<br />

Württemberg und Hohenzollern der<br />

Holocaust. Wir wollen der Opfer<br />

dieses Verbrechens gedenken – in<br />

Ulm und Stuttgart. (Gedenkveranstaltungen<br />

finden natürlich auch in<br />

den fast 50 übrigen württembergischen<br />

Orten statt, aus denen Juden<br />

deportiert wurden).<br />

„Nachbarn von Nebenan – verschollen<br />

in Riga. Gedenkabend des AK 27.<br />

Januar in Ulm/Neu-Ulm mit Winfried<br />

Nachtwei, MdB a. D., Schwörhaus,<br />

18.30 Uhr<br />

Am frühen Morgen des 28.<br />

November mussten sich die für den<br />

ersten Transport nach Riga vorgesehenen<br />

Ulmer Jüdinnen und Juden<br />

unter Bewachung der Gestapo im<br />

Schwörhaus melden. Sie wurden<br />

von hier aus nach Stuttgart in das<br />

Sammellager Killesberg verschleppt<br />

und von dort mit dem Zug nach<br />

Riga deportiert. Am Abend des 28.<br />

November geht Winfried Nachtwei<br />

den Spuren der Verschleppten nach<br />

und beschreibt den Beginn des<br />

Massenmords an den deutschen<br />

und österreichischen Juden im<br />

Baltikum.<br />

herausgegeben. Er bietet ein<br />

anspruchsvolles Sachbuchprogramm<br />

in den Bereichen Geschichte, Kultur<br />

und Gesellschaft, insbesondere<br />

der Region Ulm/Neu-Ulm bzw.<br />

Süddeutschlands. Die Zusammenarbeit<br />

mit der KZ-Gedenkstätte/<br />

<strong>Dokumentationszentrum</strong> <strong>Oberer</strong><br />

<strong>Kuhberg</strong> begann 1998 und ist auch<br />

im Jahr 2011 von konstruktiver<br />

Zusammenarbeit geprägt. Wir wünschen<br />

den Verlegern und dem Verlag<br />

alles Gute für die kommenden 20<br />

Jahre. NW<br />

Erinnerungsveranstaltungen in Stuttgart<br />

am 1. Dezember<br />

Unter Mitwirkung der Landesregierung<br />

wird in Stuttgart am Abend<br />

des 1. Dezember 2011 eine zentrale<br />

Gedenkfeier auf dem Stuttgarter<br />

Killesberg und am „Zeichen der<br />

Erinnerung“, der Gedenkstätte am<br />

Nordbahnhof, stattfinden. Jugendliche<br />

aus ganz Württemberg sind<br />

tagsüber vom Lernort Gedenkstätte<br />

eingeladen, an Führungen zu dieser<br />

ersten Deportation der Juden teilzunehmen.<br />

Die dzokkis, die sich<br />

derzeit mit den Biografien einzelner<br />

Ulmer Deportierter beschäftigen,<br />

werden dieses Angebot wahrnehmen.<br />

Fachtag Zeitgemäße Bildungskonzepte<br />

zum Nationalsozialismus, 2. Dezember<br />

Nach den Gedenkfeierlichkeiten<br />

schließt sich ein Fachtag für Lehrer/<br />

innen und Pädagog/innen mit Vorträgen,<br />

Fachforen und Diskussionen<br />

an. Auch das Gedenkstättenteam<br />

des DZOK nimmt an diesem<br />

Fachtag teil. Weitere Interessierte<br />

können sich im Büro des Dokuzentrums<br />

melden.<br />

Der Fachtag stellt Vermittlungskonzepte<br />

zur NS-Geschichte in Museen,<br />

Gedenkstätten und Archiven vor.<br />

Zeitzeugengespräch in der Büchsengasse,<br />

10. November, 18.00 Uhr<br />

Bereits am 10. November findet<br />

am Doku-Zentrum jenseits der<br />

offiziellen Gedenkveranstaltungen<br />

ein Gespräch mit der Zeitzeugin Dr.<br />

Irmgard Schmidt-Sommer statt. Sie<br />

wird über ihr Zusammenleben den<br />

jüdischen Nachbarn in der Ulmer<br />

Neutorstr. 15 und deren Verfolgungsgeschichte<br />

(auch der Deportation<br />

nach Riga) erzählen.<br />

Schwule und Lesben besuchen die KZ-<br />

Gedenkstätte <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong><br />

Der Verein „Rosige Zeiten Ulm/<br />

Neu-Ulm“ feierte Ende September<br />

sein 10-jähriges Bestehen mit einer<br />

„Kulturwoche“. Mit auf dem Programm<br />

stand eine Führung durch<br />

die KZ-Gedenkstätte <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>.<br />

Die dreißig Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer – alle zum ersten<br />

Mal auf dem <strong>Kuhberg</strong> – waren eine<br />

sehr interessierte und nachdenkliche<br />

Besuchergruppe. Auch für mich als<br />

Guide konnte die Vorbereitung auf


es in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+<br />

das Thema „Verfolgung von Homosexuellen“<br />

im Nationalsozialismus<br />

inhaltlich neue, wichtige Aspekt<br />

unserer Arbeit öffnen, auch wenn<br />

am <strong>Kuhberg</strong> niemand wegen seiner<br />

sexuellen Orientierung inhaftiert<br />

war. So stammen die wenigen<br />

Informationen, die wir zum Lageralltag<br />

im „Sicherungslager“ Schirmeck-Vorbruck<br />

im Elsass unter dem<br />

Kommando des ehemaligen Ulmer<br />

KZ-Kommandanten Buck haben, aus<br />

Schriften von Pierre Seel, der wegen<br />

seiner Homosexualität dort inhaftiert<br />

war. Beim Abschluss der Führung<br />

wurde die Hoffnung ausgesprochen,<br />

dass beide Vereine künftig enger<br />

zusammenarbeiten. Hierfür war<br />

dieser Abend ganz sicher ein guter<br />

Anstoß.<br />

MKö<br />

Zum Gedenken an DZOK-Vereinsmitglied<br />

Jan Peters<br />

Im August dieses Jahres ist unser<br />

aktives und hochgeschätztes Vereinsmitglied<br />

Jan Peters im Alter von<br />

38 Jahren nach schwerer Krankheit<br />

in Erlangen verstorben, wo er aufwuchs<br />

und wo seine Eltern noch<br />

heute wohnen. Jan war bei vielen<br />

Veranstaltungen der letzten Jahre<br />

durch seine Herzlichkeit und Großzügigkeit,<br />

durch seine klugen Kommentare<br />

und umfassende Hilfsbereitschaft<br />

präsent. Wir haben mit ihm<br />

einen Menschen verloren, der sich<br />

klug und uneitel für die Belange des<br />

Dokuzentrums und für eine gerechtere<br />

Gesellschaft der Gegenwart einsetzte.<br />

Ein politischer Mensch, der<br />

Geschichte und Gegenwart zusammendachte.<br />

Wir vermissen ihn. NW<br />

links: Jan Peters. Foto: privat<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Theater Ulm und DZOK: Begleitprogramm<br />

zu ROMMEL/HOMBURG/TOD/TRAUM<br />

Das Theater Ulm plant am<br />

26.01.2012 die Uraufführung eines<br />

eigens geschriebenen Schauspiels<br />

über die letzten 24 Stunden im Leben<br />

des Feldmarschall Erwin Rommel,<br />

R O M M E L / H O M B U R G / T O D /<br />

TRAUM. Erarbeitet wird das Stück<br />

gemeinsam von Stephan Suschke,<br />

Regisseur, und Michael Sommer,<br />

Leitender Schauspieldramaturg. Die<br />

Begleitveranstaltungen werden als<br />

Kooperationen von Theater Ulm und<br />

DZOK geplant und umgesetzt. Ziel<br />

ist es, interessierten Bürgerinnen<br />

und Bürgern eine kritische Auseinandersetzung<br />

mit der historischen<br />

Person Erwin Rommels und dem bis<br />

heute wirksamen Rommel-Mythos<br />

zu ermöglichen. Dabei setzten wir<br />

auf offene, dialogische und kreative<br />

Formen und gehen auch räumlich auf<br />

Spurensuche. Das Begleitprogramm<br />

im Februar / März 2012 setzt sich<br />

aus Lesung, Exkursion nach Herrlingen<br />

(in Kooperation mit dem Haus<br />

der Stadtgeschichte Ulm) Podiumsdiskussion<br />

und Filmvorführungen<br />

zusammen. Näheres folgt. NW<br />

Arbeitskreis zum Gedenken der Opfer<br />

der NS-Militärjustiz in Ulm<br />

Bei der Präsentation des Gedenkbuchs<br />

für die Opfer der NS-Militärjustiz<br />

in Ulm im Juli dieses Jahres<br />

war es bereits angekündigt worden.<br />

Es soll nicht bei einer papiernen<br />

Ehrung der Opfer bleiben. Vielmehr<br />

bemüht sich ein Arbeitskreis darum,<br />

dass an der ehemaligen Haftstätte<br />

der Deserteure und der Hinrichtungsstätte<br />

am Lehrer Tal erläuternde<br />

Hinweise und Erinnerungsstelen<br />

angebracht werden, damit Tatorte<br />

und Opfer nicht in Vergessenheit<br />

geraten. Angedacht ist auch, auf der<br />

Grundlage der neuen Erkenntnisse<br />

eine kleine Ausstellung zum Thema<br />

zu entwickeln und die vergessene<br />

Opfergruppe in Form didaktischer<br />

Materialien bzw. in Form eines Stadtrundgangs<br />

auch jüngeren Menschen<br />

nahe zu bringen. Sobald sich die<br />

Pläne konkretisieren, wird der AK<br />

an die Öffentlichkeit gehen, auch<br />

um dringend erforderliche finanzielle<br />

Unterstützung einzuwerben. NW<br />

Bundesverdienstkreuz für DZOK-Vereinsmitglied<br />

Sibylle Goldmann<br />

Über Jahrzehnte und mit großer<br />

Energie trieb Sybille Goldmann die<br />

gesellschaftliche Beschäftigung<br />

mit dem Nationalsozialismus und<br />

seinen Verbrechen voran - in Ulm<br />

ebenso wie an der Gedenkstätte<br />

KZ-Auschwitz-Birkenau, wo sie u. a.<br />

am Gedenkbuch für die in Auschwitz<br />

ermordeten Sinti und Roma mitarbeitete.<br />

Am 19. Januar 2011 erhielt sie<br />

für ihr Engagement im Ulmer Rathaus<br />

das Bundesverdienstkreuz. Unter<br />

den vielen Publikationen, Zeitzeugenprojekten<br />

und Dokumentationen, die<br />

sie anstieß und realisierte, verdient<br />

ein Projekt besondere Erwähnung:<br />

Gemeinsam mit Myrah Adams -<br />

langjährige Mitarbeiterin am DZOK<br />

- entwickelte sie die Ausstellung<br />

„Kunst zum Überleben - gezeichnet<br />

in Auschwitz“, die zuerst in Ulm zu<br />

sehen war und von dort durch ganz<br />

Europa zog. Sibylle Goldmann gehört<br />

seit Jahrzehnten zu den kritisch-solidarischen<br />

Freunden des <strong>Dokumentationszentrum</strong>s.<br />

Wir gratulieren noch<br />

einmal von Herzen! NW<br />

Landesministerin Dr. Monika Stolz verleiht<br />

Sibylle Goldmann das Bundesverdienstkreuz.<br />

Foto: S. Goldmann.<br />

Verunsichernde Orte …<br />

… ist der Titel eines Weiterbildungsangebots,<br />

das im Rahmen des<br />

Bundesprojektes „Gedenkstättenpädagogik<br />

und Gegenwartsbezug<br />

– Selbstverständigung und Konzeptentwicklung“<br />

(2007-2010) in Zusammenarbeit<br />

mit zwölf Gedenk- und<br />

Bildungsstätten aus Deutschland,<br />

Österreich und Polen entwickelt<br />

wurde. Träger des Projekts sind das<br />

Fritz Bauer Institut, das Jüdische<br />

Museum Frankfurt sowie das Max<br />

Mannheimer Studienzentrum/ Internationales<br />

Jugendgästehaus Dachau.<br />

Ziel des Weiterbildungsangebots<br />

ist es, einen konstruktiven Verständigungsprozess<br />

zwischen GedenkstättenmitarbeiterInnen<br />

anzustoßen.<br />

Am 23. und 24. September 2011<br />

fand in Stuttgart auf Einladung von<br />

„lernort gedenkstätte“ eine solche<br />

27


+Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kü<br />

Weiterbildung statt, an der auch die<br />

Gedenkstättenpädagogin der Ulmer<br />

KZ-Gedenkstätte teilnahm. Es war<br />

eine intensive Möglichkeit, das<br />

eigene Selbstverständnis und den<br />

Umgang mit den Teilnehmenden zu<br />

reflektieren. Wer mehr über das Projekt<br />

erfahren möchte: 2010 erschien<br />

ein Sammelband mit dem Titel Verunsichernde<br />

Orte, herausgegeben von<br />

B. Timm in der Schriftenreihe des<br />

Fritz-Bauer-Instituts. Auch in unserer<br />

Bibliothek einsehbar. AL<br />

Über die Eröffnung der neuen KZ-<br />

Gedenkstätte Neckarelz …<br />

… hatten wir schon in unserem<br />

letzten Mitteilungsheft berichtet.<br />

Am Sonntag, den 16. Oktober, war<br />

es dann soweit. Im Mittelpunkt<br />

der Eröffnungsfeier um 11 Uhr in<br />

der Turnhalle der Clemens-Brentano-Grundschule<br />

standen die<br />

internationalen Gäste. Es hatten<br />

sich insgesamt zwölf hoch betagte<br />

Überlebende der »Neckarlager«<br />

oder anderer Außenkommandos<br />

von Natzweiler-Struthof angemeldet,<br />

außerdem viele Familienangehörige<br />

der zweiten und der dritten Generation.<br />

Diese internationale Gruppe<br />

aus Polen, Frankreich, der Ukraine,<br />

Italien, Slowenien und Luxembourg<br />

zählte allein bereits über 60 Personen.<br />

Darüber hinaus begrüßte<br />

die Stadt Mosbach und der Verein<br />

KZ-Gedenkstätte die unmittelbar am<br />

Bau Beteiligten und die vielen Förderer<br />

und Unterstützer des Projekts.<br />

Natürlich gab es auch Ehrengäste<br />

aus Politik, Gesellschaft, dem Bildungsbereich,<br />

der Wissenschaft und<br />

dem Netzwerk der Gedenkstätten in<br />

Baden-Württemberg. Ein würdiger<br />

Start für eine Ausstellung, die viele<br />

Besucher verdient hat. Wie angekündigt<br />

wollen wir im kommenden<br />

Jahr eine Exkursion nach Neckarelz<br />

anbieten. NW<br />

Jüdische Steuerakten entdeckt – sensationeller<br />

Fund im Finanzamt Bad Mergentheim<br />

Auf dem Dachboden des Finanzamts<br />

Bad Mergentheim entdeckte ein<br />

Heimathistoriker im September die<br />

Akten von mehr als 100 jüdischen<br />

Gewerbebetrieben oder steuerpflichtigen<br />

jüdischen Bewohnern<br />

des ehemaligen Oberamtes bzw.<br />

Kreises Mergentheim. Sie stammen<br />

überwiegend aus der Zeit der Weimarer<br />

Republik und des National-<br />

28<br />

sozialismus und enden 1941/42 als<br />

die jüdische Bevölkerung deportiert<br />

wurde. Jüdische Steuerakten aus<br />

der NS-Zeit haben sich – nach bisherigem<br />

Kenntnisstand – nur bei ganz<br />

wenigen Finanzämtern erhalten. Der<br />

überwiegende Teil wurde vernichtet.<br />

Das Staatsarchiv Ludwigsburg, das<br />

den Bestand übernahm, verwahrt<br />

bislang nur zwei kleinere Bestände<br />

aus den Finanzämtern Heilbronn und<br />

Schwäbisch-Gmünd. Insofern besitzt<br />

der Aktenfund große Bedeutung<br />

nicht nur für die lokale Forschung.<br />

Was den Fund noch aussagekräftiger<br />

macht sind Dokumente, die es sonst<br />

in Nordwürttemberg anscheinend<br />

nicht mehr gibt: Er zeigt, dass und auf<br />

welche Weise in manchen Orten der<br />

Besitz der Deportierten versteigert<br />

wurde. Und er zeigt, dass auch heute<br />

noch wertvolle Quellen zur NS-Zeit<br />

auf ihre Entdeckung warten. NW<br />

Quelle: www.landesarchiv-bw.de/<br />

web/52895<br />

Würdigung der Gedenkstättenarbeit im<br />

Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung<br />

Der Koalitionsvertrag von 2011<br />

würdigt die dezentrale Struktur und<br />

die Vielfalt der Gedenkstätten. „Die<br />

Erinnerungskultur, die in zahlreichen<br />

lokalen und regionalen Initiativen<br />

in den vergangenen Jahren einen<br />

neuen und gewichtigen Stellenwert<br />

im öffentlichen Leben bekommen<br />

hat, braucht Verstetigung und Verlässlichkeit“.<br />

In welcher Form diese<br />

Verstetigung auch finanziell gestützt<br />

würde, war Gegenstand einer …<br />

… interfraktionellen Anfrage zur<br />

Gedenkstättenförderung in Ba-Wü und<br />

Stellungnahme des Staatsministeriums<br />

Am 27. Juli 2011 stellten die Fraktionen<br />

von CDU, Grünen, SPD<br />

und FDP/DVP eine Anfrage an die<br />

Landesregierung mit der Bitte zu<br />

berichten, in welchem Umfang das<br />

Land die Gedenkstätten finanziell<br />

unterstützen will und ob die Regierung<br />

eine Ausweitung ihrer Förderung<br />

in Betracht zieht.<br />

Am 1. Juli antwortete das Staatsministerium:<br />

„Es bedarf einer<br />

angemessenen und auskömmlichen<br />

Förderung dieser Bürgerprojekte<br />

durch das Land, die Landkreise und<br />

Kommunen. … In den letzten Jahren<br />

hat die finanzielle Ausstattung der<br />

Gedenkstätten mit ihrer wachsenden<br />

Bedeutung als politischer und historischer<br />

Lernort nicht Schritt gehalten.<br />

Dies wirkt sich bremsend auf die<br />

Arbeit der Gedenkstätten aus. Die<br />

Folge ist, dass notwendige Innovationen<br />

etwa in der pädagogischen<br />

Vermittlung lediglich unzureichend<br />

umgesetzt, zeitlich aufgeschoben<br />

oder womöglich gar nicht auf den<br />

Weg gebracht werden. … Die Landesregierung<br />

wird sich im Rahmen<br />

ihrer finanziellen Möglichkeiten entsprechenden<br />

Überlegungen nicht<br />

verschließen.“ NW<br />

Neue KZ-Gedenkstätte Esterwegen …<br />

… wurde am 21. Oktober eröffnet.<br />

Auf diese Nachricht haben die<br />

wenigen noch lebenden „Moorsoldaten“<br />

und all diejenigen gewartet,<br />

die sich in den vergangenen Jahrzehnten<br />

für eine Erinnerungsstätte<br />

an diesem Ort eingesetzt haben.<br />

Nach dreijähriger Vorbereitungszeit<br />

wurde nun auf dem Gelände des<br />

ehemaligen Konzentrations- und<br />

Strafgefangenenlagers Esterwegen<br />

in Niedersachsen ein moderner<br />

Gedenkort errichtet, der an die<br />

Geschichte der insgesamt 15 Emslandlager<br />

von 1933-1945 und an<br />

ihre Opfer erinnert. Tausende von<br />

Menschen wurden in den Lagern<br />

gefangen gehalten, darunter zahlreiche<br />

„politische Gefangene“,<br />

die den Nationalsozialisten bei der<br />

Durchsetzung ihrer Herrschaft im<br />

Wege waren. Zu den prominenten<br />

Häftlingen in Esterwegen gehörte<br />

der Friedensnobelpreisträger Carl<br />

von Ossietzky, der am 4. Mai 1938 an<br />

den Folgen der „Schutzhaft“ starb.<br />

Weitere Infos: www.gedenkstaetteesterwegen.de<br />

NW<br />

Carl von Ossietzky<br />

Ob wir überleben, ist weder<br />

sicher noch die Hauptsache.<br />

Wie man später von uns denken<br />

wird ist so wichtig wie dass man<br />

an uns denken wird.<br />

Darin liegt auch unsere Zukunft.<br />

Danach müssen wir leben,<br />

solange wir atmen.<br />

Ein Deutschland, das an uns<br />

denkt, wird auch ein besseres<br />

Deutschland sein.<br />

Nachrichten aus Polen …<br />

… bekamen wir im Februar 2011<br />

durch einen Brief von Frau Irena<br />

Pilawska aus Brzozow in Ostpolen.<br />

Frau Pilawska, die mit 13 Jahren in<br />

Telefunken-Werken in Lodz (damals<br />

Litzmannstadt) arbeiten musste,


es in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+++Neues in Kürze+<br />

war die jüngste in ihrer Gruppe. Im<br />

Sommer 1944 hat man sie nach<br />

Ulm verschleppt. Ihre Erinnerungen<br />

aus dieser düsteren Zeit sind im<br />

Buch „Schönes schreckliches Ulm“.<br />

DZOK, 1996 zu lesen. Irena Pilawska<br />

war auch die Teilnehmerin des Aussöhnungstreffen<br />

in Ulm 1996:<br />

„Meine lieben Freunde,<br />

ich freue mich sehr über jede Nachricht<br />

von Euch, und entschuldigt<br />

bitte, dass ich nicht jeden Eurer<br />

Briefe beantwortet habe. Aber ich<br />

hoffe, jetzt wird es besser, da sich<br />

mein Sehvermögen nach zwei<br />

Augenbehandlungen verbessert hat<br />

und ich wieder gut lesen und auch<br />

schreiben kann. (...) Das Schicksal<br />

von Frau Gabriela Turant [ihre<br />

Geschichte wurde in den <strong>Mitteilungen</strong><br />

53 vorgestellt] hat mich sehr<br />

interessiert, weil ich sie aus der Zeit<br />

bei Telefunken in Ulm kenne. Sie hat<br />

in der Aufbau-Abteilung gearbeitet.<br />

Man kann uns auf einem Gruppenfoto<br />

aus Ludwigsburg sehen. Ich<br />

weiß noch, dass Gabriela sehr schön<br />

malen konnte. Ich hätte gern mehr<br />

über sie erfahren.<br />

Eine sehr traurige Nachricht hat mich<br />

erreicht. Meine Freundin Jadzia Krolik<br />

ist gestorben. Sie war auch Teilnehmerin<br />

des Ulm-Besuchs 1996. Ihr<br />

Sohn hat sie damals begleitet. Leider<br />

wurde er zwei Jahre später in Polen<br />

ermordet.<br />

Ich bitte Euch sehr, vergesst mich<br />

nicht.<br />

Herzliche Grüße Irena Pilawska mit<br />

Mann<br />

IW<br />

Irena Pilawska (erste links sitzend) mit der<br />

Tochter Marysia (erste links stehend) bei der<br />

Familie Lechner 1996. Neben Irena sitzt der<br />

vor kurzem verstorbene Roman Sobkowiak.<br />

A-DZOK.<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Sinti und Roma<br />

Baden-Württemberg hat Abschiebungen<br />

von Roma ins Kosovo gestoppt<br />

Eine wichtige und erfreuliche<br />

Nachricht: Nach Medienberichten<br />

setzte Baden-Württemberg im<br />

August 2011 die Abschiebungen<br />

von Roma ins Kosovo und Serbien<br />

aus; es wurden aber kein konkreter<br />

Zeitraum und auch keine Ausschlussgründe<br />

genannt. Einzelne<br />

Bundesländer können Abschiebungsstopps<br />

einmalig für längstens<br />

sechs Monate anordnen. Zur<br />

Begründung der Entscheidung hier<br />

die Südwestpresse nach DPA am<br />

4.8.2011: „Baden-Württembergs<br />

Innenminister Reinhold Gall (SPD)<br />

hat die Abschiebung von Roma<br />

in das Kosovo und nach Serbien<br />

gestoppt. Sein Sprecher sagte<br />

am Donnerstag auf Anfrage, dass<br />

wegen des wieder aufgeflammten<br />

Kosovo-Konflikts Roma nicht mehr<br />

abgeschoben werden. ‚Die Lage<br />

dort ist besonders für Roma unsicher‘,<br />

sagte der Sprecher von Gall.<br />

Eine Delegation des Petitionsausschusses<br />

wolle sich bei einer Reise<br />

in die Region über die Lebenssituation<br />

von Minderheiten informieren.<br />

Nach abschließender Bewertung<br />

der für den Herbst geplanten Reise<br />

solle über den weiteren Aufenthalt<br />

der Roma-Flüchtlinge entschieden<br />

werden. In Baden-Württemberg<br />

leben nach Angaben des Innenministeriums<br />

derzeit rund 1200<br />

geduldete Roma.“ Wir hatten in<br />

Heft 52 über die prekäre Situation<br />

der Roma im Kosovo berichtet und<br />

über die Bemühungen des Ulmer<br />

Flüchtlingsrats die Abschiebung<br />

einer jungen Roma-Familie dorthin<br />

zu verhindern. NW<br />

Die Studie zur aktuellen Bildungssituation<br />

deutscher Sinti und Roma …<br />

… die Daniel Strauß, Verband deutscher<br />

Sinti und Roma, auf dem<br />

Balkansalon in Um im November<br />

2010 vorstellte, ist nun erschienen.<br />

Sie wurde am 8. September im Kulturhaus<br />

Romno Kher (in Mannheim)<br />

der Öffentlichkeit vorgestellt und<br />

ist einsehbar auf der Website der<br />

Stiftung Erinnerung Verantwortung<br />

Zukunft (www.stiftung-evz.de/w/<br />

files/roma/2011_strauss_studie_<br />

sinti_bildung.pdf) Nach einleitenden<br />

methodischen Vorbemerkungen<br />

und einer Auswertung der quantitativen<br />

Daten kommen die<br />

Autoren in der Zusammenfassung<br />

der Ergebnisse zu dramatischen<br />

Schlussfolgerungen. Sie diagnostizieren<br />

eine „desolate Bildungslage“<br />

der deutschen Sinti und Roma und<br />

stellen fest, dass das deutsche<br />

Bildungssystem gravierend versagt<br />

habe. Dringend empfohlen wird<br />

ein „nationaler Aktionsplan für<br />

eine generationenübergreifende<br />

Bildungsförderung für Sinti und<br />

Roma“. (S. 103) NW<br />

Gewalt gegen Roma in Tschechien und<br />

Bulgarien eskaliert<br />

Wie unglaublich brisant die Situation<br />

der Sinti und Roma in Europa<br />

ist, zeigen Besorgnis erregende<br />

Nachrichten aus Tschechien und<br />

Bulgarien. Seit Wochen sind Roma<br />

in Bulgarien und Tschechien nationalistischen<br />

und rechtsextremistischen<br />

Übergriffen ausgesetzt. Im<br />

Oktober eskalierte die Situation<br />

weiter mit Brandschatzungen<br />

von Roma-Häusern. Politologen<br />

bringen die rassistischen Exzesse<br />

in Bulgarien in Zusammenhang<br />

mit den Präsidentschafts- und<br />

Kommunalwahlen, am 23. Oktober<br />

stattfanden. Die nationalistischen<br />

Parteien, die immer mehr Zulauf<br />

erhalten, würden den Konflikt<br />

bewusst instrumentalisieren. Auch<br />

in Tschechien sind Roma-Familien<br />

Opfer von Gewalttaten. In der Stadt<br />

Varnsdorf an der der deutschen<br />

Grenze marschieren Rechtsextreme<br />

Wochenende für Wochenende mit<br />

Roma-feindlichen Parolen durchs<br />

Dorf. Sie skandieren „Tschechien<br />

den Tschechen, Zigeuner ins Gas!“<br />

Die erschütternden Darstellungen<br />

zeigt die elementare Bedrohung<br />

dieser Minderheit.<br />

Quelle:www.nachrichten.at<br />

29


++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Büc<br />

Samuel Salzborn:<br />

Antisemitismus als negative Leitidee<br />

der Moderne. Frankfurt a. M<br />

2010; 380 Seiten, 29,90 ∑<br />

Einführungswerke zum Thema Antisemitismus<br />

sind zahlreich. So existiert<br />

eine schier unendliche Menge<br />

an historischen Darlegungen, aktuell<br />

beispielsweise der bei Reclam verlegte<br />

Einführungstext Steven Bellers<br />

unter dem Titel „Antisemitismus“<br />

aus dem Jahr 2010.<br />

Das Phänomen Antisemitismus<br />

ist aber nicht nur historisch zu verstehen:<br />

Auch SoziologInnen und<br />

PsychoanalytikerInnen haben auf<br />

verschiedene Weise versucht, Antisemitismus<br />

bzw. die AntisemitInnen<br />

theoretisch fassbar zu machen.<br />

Ebenso gibt es kontinuierliche empirische<br />

Untersuchungen, wie die<br />

des Bielefelder Soziologen Wilhelm<br />

Heitmeyer, der mit der Langzeitstudie<br />

„Deutsche Zustände“ über<br />

zehn Jahre das Ausmaß u. a. von<br />

Rassismus, Nationalismus und eben<br />

auch Antisemitismus in der Bundesrepublik<br />

ermittelte. Was hingegen<br />

bisher fehlte, war eine Darstellung,<br />

die versuchte, die soziologische bzw.<br />

psychoanalytische Theorie mit der<br />

soziologischen Empirie zu verbinden.<br />

Genau diesen Versuch tritt Samuel<br />

Salzborn mit seiner Habilitationsschrift<br />

„Antisemitismus als negative<br />

Leitidee der Moderne“ an, die 2010<br />

im Campus-Verlag erschienen ist. Die<br />

Monographie besteht aus drei Teilen:<br />

Zu Beginn der Arbeit stellt Salzborn<br />

die Kernpunkte elf zentraler Antisemitismus-Theorien<br />

von Hannah<br />

Arendt über den Psychoanalytiker<br />

Ernst Simmel bis hin zu dem marxistischen<br />

Theoretiker Moishe Postone<br />

zusammen, stellt deren Rezeption in<br />

der bisherigen Forschung dar und<br />

versucht Kernthesen zu formulieren,<br />

die im zweiten Teil der Darstellung<br />

mittels qualitativer Interviews überprüft<br />

werden. Zum Ende wird eine<br />

Synthese der beiden vorherigen Teile<br />

hergestellt, um skizzenhaft eine politische<br />

Theorie des Antisemitismus<br />

zu formulieren.<br />

Insbesondere im ersten Teil gelingt<br />

es Salzborn, die teilweise recht<br />

komplexen Theorien sehr gut nachvollziehbar<br />

darzulegen, ganz gleich ob<br />

es sich hierbei um eine Darstellung<br />

der Texte von Jean Peaul Sartre, Zygmunt<br />

Bauman oder der „Elemente<br />

des Antisemitismus“ von Adorno und<br />

Horkheimer handelt. Ebenfalls viele<br />

interessante Ideen zum Weiterlesen<br />

lassen sich aus der Darstellung der<br />

Rezeptionsgeschichte gewinnen.<br />

30<br />

Im zweiten Teil der Darstellung<br />

wertet Salzborn - nach intensiven<br />

Darlegungen zu seinem empirischen<br />

Forschungsdesign – systematisch<br />

Interviews aus, die im Rahmen des<br />

DFG-Graduiertenkollegs „Gruppenbezogene<br />

Menschenfeindlichkeit“<br />

unter Leitung von Ulrich Wagner und<br />

Wilhelm Heitmeyer geführt wurden<br />

und ergänzt diese um vertiefende<br />

Interviews mit bereits befragten Personen,<br />

die mittlere und hohe Werte<br />

bzgl. antisemitischer Äußerungen<br />

zeigten. Dabei weist Salzborn auch<br />

gegenwärtig noch den längst tot<br />

geglaubten religiös-grundierten Antijudaismus<br />

nach. Ebenso konstatiert<br />

er den Drang von AntisemitInnen,<br />

komplexe Herrschafts- und Wirtschaftsverhältnisse<br />

zu konkretisieren<br />

und zu personalisieren.<br />

Es gelingt Salzborn also für den<br />

projektiven Charakter des Antisemitismus<br />

auch in der Empirie Belege<br />

zu finden. Damit bestätigt er eine<br />

Grundannahme der Antisemitismusforschung<br />

und verdeutlicht auf der<br />

Basis des empirischen Materials,<br />

dass der Antisemitismus mit dem<br />

Verhalten von Jüdinnen und Juden<br />

nichts zu tun hat, sondern mit dem<br />

Denken und der Bildproduktion der<br />

AntisemitInnen – und zwar nicht nur<br />

bei Neonazis, sondern auch in der<br />

Mitte der Gesellschaft. Die Formulierung<br />

einer politischen Theorie des<br />

Antisemitismus, die auf interessante<br />

Weise die zuvor empirisch überprüften<br />

Thesen der verschiedenen<br />

Antisemitismus-Theorien im dritten<br />

Teil miteinander verbindet, beschließt<br />

nun die Überlegungen Salzborns.<br />

Durch die Verbindung von soziologischen<br />

mit psychoanalytischen<br />

Ansätzen gelingt es dem Autor, den<br />

Antisemitismus in der politischen<br />

Theorie „nicht nur als einen Aspekt<br />

bürgerlicher Vergesellschaftung zu<br />

begreifen, sondern als Theorie der<br />

bürgerlichen Gesellschaft selbst“<br />

(S. 317).<br />

Für eine fundierte Auseinandersetzung<br />

mit dem Verständnis von Antisemitismus<br />

als negativer Leitidee<br />

der (westlichen) Moderne sei die<br />

Lektüre des Bandes dringend empfohlen.<br />

Wer nicht das ganze Buch<br />

lesen mag, sollte sich besonderes<br />

dem ersten Teil widmen, da eine<br />

kompakte und verständliche Darstellung<br />

soziologischer und psychoanalytischer<br />

Antisemitismustheorien<br />

bisher fehlte.<br />

Tobias Edling<br />

KZ-Gedenkstätte Dachau (Hrsg.):<br />

Gedenkbuch für die Toten des<br />

Konzentrationslagers Dachau.<br />

Redaktion: Albert Knoll. Dachau<br />

2011, 1.312 Seiten (Das Buch wurde<br />

zunächst in einer Auflage von 150<br />

Stück gedruckt, die unter anderem<br />

an Präsenzbibliotheken gehen sollen;<br />

es ist nicht im Handel erhältlich.)<br />

33.205 Menschen sind in diesem<br />

Buch auf weit über tausend engst<br />

bedruckten Seiten aufgelistet, mit<br />

Namen und Vornamen, Geburts- und<br />

Sterbedatum, Beruf, Nationalität<br />

und Wohnort, sofern diese Daten zu<br />

eruieren waren. Es handelt sich um<br />

Menschen, die im Zusammenhang<br />

mit dem Konzentrationslager Dachau,<br />

dieser europäischen „Drehscheibe“<br />

(S. 10) des Nazi-Terrors, systematisch<br />

ermordet wurden oder im Elend der<br />

Verhältnisse zugrunde gingen. Insgesamt<br />

starben in Dachau und seinen<br />

140 Außenlagern wohl 41.000 Menschen,<br />

aber im absoluten Chaos<br />

des letzten Jahres vor der Befreiung<br />

wurden viele Neuankömmlinge und<br />

Tote nicht mehr registriert. Insgesamt<br />

waren im KZ-Komplex Dachau,<br />

der zwischen dem 22. März 1933<br />

und dem 29. April 1945 bestand, ca.<br />

200.000 Häftlinge gefangen. Nicht<br />

erwähnt in diesem Buch sind Häftlinge,<br />

die auf Transporten aus oder<br />

nach Dachau ums Leben kamen,<br />

wie z.B. jene Menschen, die im April<br />

1945 auf einem 21 Tage währenden<br />

Transport von Buchenwald nach<br />

Dachau zugrunde gingen: von 5080<br />

Häftlingen erreichten einen Tag vor<br />

der Befreiung nur noch 861 lebend<br />

Dachau.<br />

Die Dachau-Häftlinge kamen aus<br />

fast allen europäischen Ländern,<br />

allein etwa je ein Viertel aus Polen<br />

und dem „Deutschen Reich“ in den<br />

Grenzen von 1939. 51.300 Häftlinge<br />

sind als Juden verschiedener Nationalität<br />

registriert, wovon in Dachau<br />

nachweislich 11.474 gestorben sind.<br />

Etwas bedauerlich erscheint an<br />

dieser Edition, dass weder ein<br />

Verzeichnis zur wichtigsten weiter<br />

führenden Literatur, noch ein Ortsregister<br />

zur Herkunft der Häftlinge enthalten<br />

ist. Deshalb sind auch die aus<br />

Ulm und seiner Region stammenden<br />

Häftlinge nicht heraus zu finden. Ein<br />

Hinweis auf den einführenden Seiten<br />

ist freilich für Ulm und seine KZ-<br />

Gedenkstätte von Bedeutung: allein<br />

27.313 Tote im KZ Dachau wurden als<br />

„Schutzhäftlinge“ registriert (S. 23).<br />

Dies ist für viele Ulmer Zeitgenossen<br />

von Interesse, von denen bis heute


cher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neu<br />

die Nazi-Bezeichnung „Schutzhaft“<br />

und „Schutzhaftlager“ für das ehemalige<br />

KZ auf dem <strong>Kuhberg</strong> mit<br />

der Bemerkung verharmlost wird:<br />

„das war ja kein KZ., sondern nur ein<br />

Schutzhaftlager“.<br />

Zusammenfassend ist zu sagen:<br />

Das Dachauer Totenbuch, das nun<br />

66 Jahre nach der Befreiung - nach<br />

jahrzehntelangen Vorarbeiten zu<br />

verschiedenen Nationalitäten und<br />

Häftlingskategorien - vorliegt, ist<br />

ein Denkmal, das verstummen<br />

lässt. Jedenfalls erscheint eine<br />

Beschreibung mit nackten Zahlen<br />

völlig unangemessen. Alle Leser/innen<br />

dieser Zeilen sind deshalb<br />

aufgefordert, einmal im Ulmer Doku-<br />

Zentrum in der Büchsengasse vorbei<br />

zu kommen und ein paar Seiten zu<br />

lesen, Name für Name …<br />

Silvester Lechner<br />

Christiane Moll (Hrsg.):<br />

Alexander Schmorell, Christoph<br />

Probst. Gesammelte Briefe. Berlin<br />

2011, 944 Seiten, 34,80 ∑<br />

(Schriftenreihe der Gedenkstätte<br />

Deutscher Widerstand, Reihe B:<br />

Quellen und Berichte, Bd. 3)<br />

„Unsere höchsten Führer – alle<br />

– haben in ihren Gesichtern eher<br />

den Ausdruck wilder Tiere als von<br />

Menschen.“ Diese Äußerung vom<br />

1. Mai 1937 zu seinen ersten Arbeitsdiensterfahrungen<br />

markiert definitiv<br />

den Abschied Alexander Schmorells<br />

von seiner jugendlichen Begeisterung<br />

für das System der Hitlerjugend<br />

und sie markiert den Beginn einer<br />

radikalen Abkehr von aller Nazi-Ideologie<br />

und -Praxis. Er schrieb das<br />

an seine Freundin Angelika Probst,<br />

kurz nachdem er Abitur gemacht<br />

und seinen Arbeitsdienst begonnen<br />

hatte.<br />

Alexander Schmorell und Christoph<br />

Probst bildeten zusammen mit Hans<br />

und Sophie Scholl sowie Willi Graf<br />

den engsten Kreis der studentischen<br />

Widerstandsgruppe „Weiße Rose“.<br />

Die fünf haben 1942/43 vor allem<br />

mit Flugblättern von München aus<br />

das nationalsozialistische Regime<br />

bekämpft und sind deshalb 1943,<br />

zusammen mit dem eine Generation<br />

älteren Kurt Huber, der das sechste<br />

und damit letzte Flugblatt verfasst<br />

hatte, hingerichtet worden.<br />

Die Münchener Historikerin Christiane<br />

Moll hat jetzt nach jahrzehntelangen<br />

Recherchen in einem Werk<br />

von fast tausend Seiten 300 Briefe<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

an und von Schmorell und Probst<br />

heraus gegeben. Da die Briefe<br />

auf den ersten und zweiten Blick<br />

sehr „privat“, manchmal intim und<br />

wenig politisch wirken, hat sich<br />

die Herausgeberin der Mühe unterzogen,<br />

sie historisch und politisch<br />

zum Sprechen zu bringen. So hat<br />

sie die einzelnen Dokumente nicht<br />

nur ausführlich kommentiert, sondern<br />

sie hat auch die ganze Edition<br />

mit Biografien von Schmorell und<br />

Probst versehen, wie es sie in dieser<br />

Genauigkeit bisher nicht gab. Damit<br />

ist es möglich geworden, auch diese<br />

beiden zentralen Repräsentanten der<br />

„Weißen Rose“, die bisher in der<br />

einschlägigen Literatur im Schatten<br />

der Geschwister Scholl standen, in<br />

ihren Persönlichkeiten und Motiven<br />

besser verstehen und würdigen zu<br />

können.<br />

Alexander Schmorell wurde am<br />

16. September 1917, nur wenige<br />

Tage vor der Oktober-Revolution, in<br />

der russischen Stadt Orenburg am<br />

Ural geboren. Seine Mutter, die ein<br />

Jahr nach seiner Geburt starb, war<br />

Russin. Der Vater stammte aus einer<br />

deutschen Familie, deren Vorfahren<br />

im 19. Jahrhundert ins Land gerufen<br />

worden waren. Die Familie musste in<br />

Folge der Revolution 1921 das Land<br />

verlassen und siedelte sich danach<br />

in München an. Dennoch blieben<br />

in ihr die russische Sprache und die<br />

bürgerliche Kultur des vorrevolutionären<br />

Russland lebendig. Obwohl<br />

Alexander Schmorell in Russland nur<br />

in seinen ersten vier Lebensjahren<br />

und dann erst wieder 1942 für drei<br />

Monate als Soldat gewesen war,<br />

lebte „das alte Russland“ in ihm als<br />

Mythos und romantische Sehnsucht<br />

fort. Dieses Russland war für ihn das<br />

absolute Gegenbild zum westlichen<br />

Materialismus und vor allem auch<br />

zum Nazi-Staat.<br />

Christoph Probst (geboren am 6.<br />

November 1919 in Murnau in Oberbayern)<br />

und Schmorell gingen ab<br />

dem Schuljahr 1935/36 in die gleiche<br />

Klasse des Münchener „Neuen<br />

Realgymnasiums“ und wurden enge<br />

Freunde. Zu dieser Freundschaftsbeziehung<br />

gehörte auch Probsts ältere<br />

Schwester Angelika, in die sich<br />

Schmorell leidenschaftlich verliebte.<br />

Der Briefwechsel zwischen den<br />

beiden bildet ein Kernstück der Edition.<br />

Auch die Probst-Geschwister<br />

stammten aus einer bildungsbürgerlichen<br />

Familie, deren Lebensstil<br />

und Prägungen weitgehend Gegenwelten<br />

zum NS-Staat darstellten.<br />

Aus den widerständigen Gefühlen<br />

wurden ab 1942 politische Taten, und<br />

zwar im engen Freundschaftsbund<br />

mit Hans und Sophie Scholl. Schmorell<br />

war mit Hans Scholl Verfasser der<br />

ersten vier Flugblätter der „Weißen<br />

Rose“, die Ende Juni/ Anfang Juli<br />

1942 in der elterlichen Wohnung<br />

von Schmorell hergestellt und an je<br />

etwa 100 Adressaten verteilt bzw.<br />

verschickt wurden. Das fünfte Flugblatt<br />

verfasste Hans Scholl allein,<br />

das sechste Kurt Huber. Nachdem<br />

die Geschwister Scholl ohne Wissen<br />

von Probst und Schmorell am 18.<br />

Februar 1943 in der Münchener<br />

Universität das letzte Flugblatt verteilt<br />

hatten, wurden sie verhaftet,<br />

bald danach auch Schmorell und<br />

Probst. Die Scholls und Probst,<br />

dessen jüngstes von insgesamt drei<br />

Kindern 14 Tage vor der Hinrichtung<br />

geboren worden war, wurden am 22.<br />

Februar, Alexander Schmorell am 13.<br />

Juli 1943 hingerichtet. Probsts Frau<br />

Herta, geb. Dohrn, lebt heute noch,<br />

scheint sich aber an dieser Edition<br />

nicht beteiligt zu haben.<br />

Zwei Anmerkungen:<br />

Um als Leser den Überblick zur<br />

zeitlichen Abfolge der Weiße-Rose-<br />

Geschehnisse bzw. zu den Biografien<br />

der Protagonisten nicht zu<br />

verlieren, wäre eine Zeittafel hilfreich<br />

gewesen.<br />

Im Gegensatz zu den Materialien<br />

rund um die Geschwister Scholl<br />

aus dem Nachlass von Inge Aicher-<br />

Scholl, die im Münchener „Institut<br />

für Zeitgeschichte“ liegen und im<br />

Internet zugänglich sind, waren und<br />

sind weitgehend die biografischen<br />

Materialien zu Probst und Schmorell<br />

noch nicht zugänglich. Vieles liegt<br />

heute im Münchener „Weiße-Rose-<br />

Institut“ (nicht zu verwechseln mit<br />

der „Weiße-Rose-Stiftung“) und<br />

soll demnächst über das Bayerische<br />

Hauptstaatsarchiv in München<br />

zugänglich gemacht werden.<br />

Silvester Lechner<br />

Gabriele Zander (Hrsg.):<br />

„Meine Seele sucht Dich!“<br />

Liebesbriefe aus dem Zweiten<br />

Weltkrieg zwischen Heimat und<br />

Ostfront<br />

Baden-Baden, 2010, 296 Seiten,<br />

14,80 ∑<br />

Von der Kassette unter dem Ehebett<br />

der Eltern wusste Gabriele Zander<br />

immer; dass sie Teile eines Briefwechsels<br />

ihrer Eltern während des<br />

Zweiten Weltkriegs enthielt, daraus<br />

hatten ihre Eltern kein Geheimnis<br />

31


++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Büc<br />

gemacht. Der Vater, der die Briefe<br />

irgendwann „wenn Frieden ist“<br />

in eine feinere Form hatte bringen<br />

wollen, starb früh. Nach dem Tod<br />

der Mutter fasste Gabriele Zander<br />

Mut und las die Briefe in der Kassette.<br />

Die acht erhaltenen Monate<br />

eines oftmals täglichen Briefwechsels<br />

während der Jahre der durch<br />

den Krieg erzwungenen Trennung<br />

konfrontierten die Lehrerin aus dem<br />

baden-württembergischen Upfingen,<br />

1954 als viertes und letztes Kind<br />

ihrer Eltern Alois und Clara geboren,<br />

mit der Intensität einer Liebe, die<br />

sie beim Lesen überwältigte. Die<br />

ergreifenden Briefe sind getragen<br />

von inniger Nähe und von Verstehen.<br />

Gabriele Zander entschloss sich<br />

bewusst, die Sammlung der Liebesbriefe<br />

herauszugeben, einerseits<br />

ermutigt durch den geäußerten<br />

Willen des Vaters, den Briefen eine<br />

Form zu geben, andererseits, weil<br />

jene Schriftstücke authentische<br />

Zeitdokumente sind. So entstand<br />

„Meine Seele sucht Dich!“, betitelt<br />

nach einem Satz aus einem der<br />

Briefe gegen Kriegsende, als weder<br />

Alois noch Clara wussten, ob der<br />

geliebte Adressat noch am Leben ist.<br />

Von Ängsten und Nöten berichten die<br />

Briefe, vom Tod naher Menschen,<br />

vom behinderten zweiten Sohn<br />

Manfred, der 1940 als Frühgeburt zur<br />

Welt gekommen war. Die Umstände<br />

seines Todes in einem Kinderheim<br />

bleiben im Ungewissen. Das, was<br />

die Briefe von Alois und Clara aber<br />

eigentlich trägt, ist die Sehnsucht,<br />

die beide unter aller Bedrohung am<br />

Leben festhalten ließ. Die Hoffnung,<br />

die Zärtlichkeit leben zu dürfen, die<br />

Leidenschaft, von der sie einander<br />

in ihren Briefen erzählen, gab beiden<br />

Kraft zum Überleben. Es ist vor allem<br />

eine innere Wirklichkeit, die das Paar<br />

einander erzählt: Als der Kontakt<br />

über die Feldpostbriefe zum Kriegsende<br />

hin immer schwieriger wird<br />

und Alois nicht weiß, wohin sich sein<br />

Clärle flüchten würde, beginnt er in<br />

den Briefen, die Geschichte ihrer<br />

Liebe aufzuschreiben, von der ersten<br />

Begegnung zu Lichtmess 1929 an,<br />

als Clara 16 und er selbst 19 Jahre<br />

alt war. Umstände trennten das noch<br />

sehr junge Paar, das sich so stark<br />

zueinander hingezogen gefühlt hatte,<br />

dass die Liebe nach einem Briefkontakt<br />

drei Jahre später sofort wieder<br />

aufflammte. Im Sommer 1936 heiraten<br />

beide, sie genießen die Freiheit<br />

einer von den Eltern unabhängigen<br />

Wohnung, die ihnen zum Nest ihres<br />

Glückes wird. In den Tagen des<br />

Überfalls auf Polen wird der erste<br />

32<br />

Sohn Werner geboren - und für<br />

beide beginnen Jahre, in denen sie<br />

nur noch auf Alois Urlaube hin leben,<br />

in denen Werner zum Unterpfand<br />

dieser Liebe wird. „Ich, meine ganze<br />

Seele sucht Dich, und möchte Dich in<br />

Liebe umarmen, um Dich nie, gar nie<br />

mehr zu lassen“, schreibt Clara im<br />

Februar 1945 an Alois. Alois kehrte<br />

zurück im Sommer 1945. Mitten auf<br />

der Straße, vor einem französischen<br />

Soldaten, begegnete sich das Paar<br />

am 15. August 1945 wieder. „Ich<br />

konnte es kaum fassen, so ein Glück,<br />

so ein unsagbar großes Glück! Nein,<br />

Gottes Segen und Gnade! Endlich<br />

zusammen! Kein Fortgehen, kein<br />

Krieg, keine Angst um sein Leben!“,<br />

notierte Clara in ihrem Tagebuch.<br />

Ein Kriegsbuch fast ohne Erwähnung<br />

des Kriegsgeschehens: Dies aber ist<br />

wohl symptomatisch für Feldpostbriefe.<br />

Ein Briefwechsel mit sehr<br />

persönlichen und gefühlvollen <strong>Mitteilungen</strong><br />

war durchaus im Sinne<br />

des Regimes, bedeuteten diese<br />

doch enge Bande zwischen Front<br />

und Heimatfront, was der Aufrechterhaltung<br />

der Moral auf beiden<br />

Seiten förderlich war. Bisher wenig<br />

beschrieben, gelang es dem Regime,<br />

die Feldpost fast bis Kriegsende<br />

verlässlich zuzustellen; auch dieses<br />

zeigt, dass das Regime in diesen<br />

Briefkontakten einen Stabilisierungsfaktor<br />

sah, ebenso wie im Paket-<br />

Verkehr zwischen Front und Heimat.<br />

Soldaten kamen durch solche<br />

Sendungen an Dinge und Waren,<br />

die sie vermissten, und umgekehrt<br />

besaßen ihre Sendungen, oft Gegenstände<br />

aus der „anderen Welt“ der<br />

besetzten Länder enthaltend, eine<br />

Wertigkeit als Statussymbol.<br />

Dagmar Hub<br />

Zdenek Zofka:<br />

„… und hätten manchen zu KZ<br />

verhelfen können.“ Günzburg in<br />

der NS-Zeit, Historischer Verein<br />

Günzburg e. V. (Hrsg.).Bd.2. Günzburg<br />

2010, 280 Seiten, 10 ∑.<br />

Zu beziehen über: Historischer<br />

Verein Günzburg, Bergstr. 13, 89312<br />

Günzburg<br />

Dass das NS-Regime nicht allein<br />

für seine politischen Gegner eine<br />

tödliche Gefahr war, dies erhellt der<br />

Autor in seiner akribischen Nachzeichnung<br />

von Vorgängen im schwäbischen<br />

Günzburg, die sich in der<br />

Frühphase des Regimes zugetragen<br />

haben. In einem sich über viele<br />

Monate hinziehenden und äußerst<br />

erbittert geführten innerparteilichen<br />

Machtkampf bedrohte die örtliche<br />

Kreisleitung opponente „Pg“ schließlich<br />

sogar mit „Schutzhaft“ als Mittel<br />

der innerparteilichen Disziplinierung.<br />

Hauptgegner waren der Kreisleiter<br />

und der Ortsgruppenführer, letzterer<br />

ein Vertreter der „alten Kämpfer“,<br />

ersterer ein forscher Karrierist, der<br />

in seinem Bestreben, seine Machtbasis<br />

auf- und auszubauen, keine<br />

Rücksicht auf die „Verdienste“ der<br />

örtlichen Funktionärselite nahm.<br />

Beide hatten sie ihre Verbündeten,<br />

beide waren sie überörtlich vernetzt<br />

im Gefüge der Partei. Das<br />

erschwerte dem einen den kurzen<br />

„Durchgriff“ auf die sich seinem<br />

Machtanspruch widersetzende Ortsgruppe,<br />

und bot dem anderen einen<br />

gewissen Schutz, den er aber selbst<br />

als unsicher erachtete, seit ihm mit<br />

„Schutzhaft“ gedroht wurde. Die<br />

Kreisleitung unterhielt ein innerparteiliches<br />

Spitzelsystem, durch das<br />

sie gut im Bilde über das Vorgehen<br />

ihrer Gegner war.<br />

Ebenso zeigt der Autor, wie die<br />

Kreisleitung ihre Macht zur systematischen<br />

Erpressung von Geld<br />

einzusetzen verstand. Ins Getriebe<br />

geraten konnten nicht allein durch<br />

vermeintlich politische „Vergehen“<br />

aufgefallene Personen, denen<br />

nicht selten mit „Schutzhaft“ und<br />

„Dachau“ gedroht wurde, sollten sie<br />

zu keinem „Bussgeld“ bereit sein.<br />

Betroffen konnte im Grunde jeder<br />

sein, der mit einem Anliegen an die<br />

Kreisleitung verwiesen war. Diese<br />

war durch und durch korrupt. Die<br />

mit System eingetriebenen Gelder<br />

wurden in keiner Kasse verbucht,<br />

sondern sie wanderten in schwarze<br />

Kassen von SA und SS - oder direkt in<br />

die privaten Taschen des Kreisleiters<br />

und Konsorten.<br />

Die „Günzburger Vorgänge“ waren<br />

schließlich so gravierend, dass sie<br />

auf höherer Parteiebene nicht länger<br />

ignoriert werden konnten, worauf<br />

ein „Reichsrevisor“ zur Untersuchung<br />

entsandt wurde. „Betrug“,<br />

„Untreue“, „Missbrauch der Amtsgewalt“,<br />

„Erpressung“, „Freiheitsberaubung“<br />

und „Meineid“ wurde<br />

einem „inner circle“ um den Kreisleiter<br />

in dessen Abschlussbericht<br />

schlussendlich vorgehalten. Die Vorgänge<br />

schienen so gravierend, dass<br />

sie vors „Oberste Parteigericht“ in<br />

München kamen. Anhand der überkommenen<br />

„Gerichts“-akten entlarvt<br />

Zofka den „Prozess“ als reine<br />

Farce. Sein Ziel sei alles andere als<br />

die Wahrheitsfindung und die Her-


cher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neue Bücher+++Neu<br />

stellung von Gerechtigkeit gewesen,<br />

sondern das Austarieren des innerparteilichen<br />

Machtgefüges.<br />

Dem heutigen Leser führt die Studie<br />

die kriminelle Energie der NSDAP<br />

im Alltag vor Augen, ihre Korruption,<br />

ihre Willkür, die im Grunde alle<br />

treffen konnte und die keineswegs<br />

auf Günzburg beschränkt war.<br />

Zofka führt weit hinein ins Geäst des<br />

örtlichen Parteigefüges. In der Veröffentlichung<br />

begegnen dem Leser so<br />

viele Personen und Ereignisse, dass<br />

es stellenweise aber etwas mühsam<br />

ist, den Überblick auf die Hauptlinien<br />

zu behalten. Besser wäre es<br />

gewesen, die oft sehr langen Zitate<br />

und Paraphrasen aus den Quellen<br />

zusammenzufassen und die Quellentexte<br />

dafür in einem Anhang zu<br />

dokumentieren. Vermisst werden<br />

Angaben zum Autor. Am Fazit, eine<br />

profunde und sehr gründliche Lokalstudie<br />

mit verallgemeinerbarem Aussagewert<br />

in den Händen zu halten,<br />

ändern die kleinen Schwächen freilich<br />

nichts.<br />

Thomas Vogel<br />

Günter Randecker, Michael Horlacher<br />

(Hrsg.):<br />

„Behalten Sie es lieb für mich“<br />

100 Jahre Gertrud Lutz, geb.<br />

Schlotterbeck. Briefe - Dokumente<br />

- Bilder. 2. Aufl.<br />

Stuttgart 2011, 135 Seiten, 25 �<br />

Zu bestellen per mail:<br />

GertrudL@gmx.de<br />

„Behalten Sie es lieb für mich.“<br />

Dies schrieb die 34-jährige Gertrud<br />

Lutz, geborene Schlotterbeck, am<br />

5. November 1944 aus der Untersuchungshaft<br />

im ehemaligen Polizei-<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

gefängnis Stuttgart-Bad Cannstatt.<br />

Gerichtet war der Brief an eine<br />

Familie in Grabenstetten bei Reutlingen,<br />

bei der ihre damals zweijährige<br />

Tochter Wilfriede in Pflege war.<br />

Gertrud Lutz war am 10. Juni 44 von<br />

der Gestapo verhaftet worden und<br />

wurde am 30.11.1944 zusammen<br />

mit acht weiteren Personen, darunter<br />

ihre Eltern Gotthilf und Maria<br />

Schlotterbeck, ohne voran gegangenen<br />

Strafprozess im KZ Dachau<br />

hingerichtet. Das Todesurteil war ein<br />

Terrorakt der Stuttgarter Gestapo,<br />

der Vorwand war die Denunziation<br />

eines vorgeblichen sowjetrussischen<br />

Spions. Die Schlotterbecks und ihre<br />

Freunde waren Arbeiter und schon<br />

in der Weimarer Zeit in der Gewerkschaft<br />

und der Kommunistischen<br />

Partei aktiv. Sie gaben Widerstand<br />

und Gesinnung auch in der NS-Zeit<br />

nicht auf und wurden zum Teil schon<br />

in den frühen württembergischen<br />

KZs Heuberg und <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong><br />

eingekerkert.<br />

Das damalige Kind Wilfriede<br />

(bewusst anklingend an den Ausruf<br />

„Will Friede“), auf das sich das Zitat<br />

bezieht, wurde am 2. August 1942<br />

geboren und lebt heute in Berlin.<br />

Im September 2009 übergab sie an<br />

Günter Randecker und Michael Horlacher<br />

ein großes Paket mit Briefen<br />

und Dokumenten zur Geschichte der<br />

Familie Schlotterbeck. Aus diesem<br />

Paket haben die beiden anlässlich<br />

des hundertsten Geburtstags von<br />

Gertrud Lutz am 17. September<br />

2010 circa 70 Briefe und Dokumente<br />

als Buch heraus gegeben, von dem<br />

jetzt eine zweite Auflage erschienen<br />

ist. Der Großteil der Briefe stammt<br />

von Gertrud Lutz und ist meist an<br />

deren Mutter Maria, später an ihren<br />

1938 geheirateten Mann Walter<br />

Lutz (der im Oktober 1942 an der<br />

„Ostfront“ gefallen ist) gerichtet. Die<br />

Briefe sind zwischen Oktober 1933<br />

und November 1944 entstanden<br />

und haben alle als Absende-Ort<br />

Haftstätten des Nazi-Regimes: Stuttgarter<br />

Gestapo-Gefängnisse (1933/<br />

34, 1939, 1944) das Frauengefängnis<br />

Gotteszell (1934 - 36) sowie das<br />

Frauen-KZ Moringen (1936).<br />

Es sind Briefe einer gefangenen<br />

„Staatsfeindin“, d.h. sie sind einer<br />

strengen Selbst- und Fremd-Zensur<br />

unterworfen und deshalb fast ohne<br />

jede politische Anspielung. Das<br />

Elend der Haftsituation freilich geht<br />

aus den hunderterlei Bitten ums<br />

Notwendigste, vom Flickzeug bis<br />

zu Lebensmitteln, hervor. Die Briefe<br />

sind dennoch tief berührend, spürt<br />

man doch, dass es Überlebens-<br />

Mittel einer kämpferisch-sensiblen<br />

Frau sind, die im Räderwerk der<br />

nationalsozialistischen Diktatur zerbrochen<br />

wurde.<br />

Da die Briefe nur sehr kursorisch von<br />

den Herausgebern erläutert sind,<br />

sei hier noch verwiesen auf viele<br />

weiter führende Erläuterungen bei<br />

Wikipedia sowie den Bericht von<br />

Friedrich Schlotterbeck (1909-1979),<br />

Gertruds Bruder, dem die Flucht<br />

in die Schweiz gelungen war: „Je<br />

dunkler die Nacht.... Erinnerungen<br />

eines deutschen Arbeiters 1933<br />

- 1945“, bisher letzte Auflage Stuttgart<br />

1986.<br />

Am 5.Oktober 2009 wurde vor<br />

Gertrud Lutz‘ einstiger Wohnung in<br />

Stuttgart-Degerloch eine Stolperstein-Tafel<br />

angebracht.<br />

Silvester Lechner<br />

33


Veröffentlichungen des DZOK<br />

DZOK-Manuskripte<br />

Bd. 1: Ulmer Geschichtswerkstatt<br />

zur NS-Zeit (Hrsg.),<br />

Die „Hitlerjugend“ am Beispiel der<br />

Region Ulm/Neu-Ulm. Ein Aspekt<br />

im Umfeld der „Weißen Rose“,<br />

1942/43. Eine kommentierte Dokumenten-<br />

und Materialien-Sammlung,<br />

6. Aufl., Ulm 2004, 170 S., 10 ∑<br />

Bd. 2: Claudia Dauerer,<br />

Alfred Moos, ein Ulmer Jude auf<br />

der Flucht vor dem NS-Staat. Ein<br />

Beitrag zur deutschen Emigration<br />

nach Palästina.<br />

2. Aufl.,Ulm 1995, 150 S., 8 ∑<br />

Bd. 3: Silvester Lechner (Hrsg.),<br />

Schönes, schreckliches Ulm.<br />

130 Berichte ehemaliger polnischer<br />

Zwangsarbeiterinnen und<br />

Zwangsarbeiter, die in den Jahren<br />

1940 bis 1945 in die Region Ulm/<br />

Neu-Ulm verschleppt worden waren,<br />

2. Aufl., Ulm 1997, 420 S., 20 ∑<br />

(zurzeit vergriffen!)<br />

Bd. 4: Silvester Lechner,<br />

Ulm im Nationalsozialismus. Stadtführer<br />

auf den Spuren des Regimes,<br />

der Verfolgten, des Widerstands.<br />

Ulm 1997, 120 S., 8 ∑<br />

(zurzeit vergriffen!)<br />

Bd. 5: Myrah Adams,<br />

Die Würde des Menschen ist unantastbar.<br />

Das KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> in<br />

Ulm, 1933 – 1935, Katalog zur Dauerausstellung<br />

2001.<br />

Ulm 2002, 64 S., 138 Abb., 10 ∑<br />

Bd. 6: Oberschulamt Tübingen,<br />

<strong>Dokumentationszentrum</strong> <strong>Oberer</strong><br />

<strong>Kuhberg</strong> (Hrsg.),<br />

„Württembergisches Schutzhaftlager<br />

Ulm“. Ein frühes Konzentrationslager<br />

im Nationalsozialismus<br />

(1933-1935). Materialien für den<br />

Besuch der Ulmer KZ-Gedenkstätte<br />

mit Schülern,<br />

Tübingen/Ulm 2004, 120 S.,<br />

15 Abbildungen, 8 ∑<br />

(zurzeit vergriffen!)<br />

34<br />

Sonderveröffentlichungen<br />

„… daß es so etwas gibt, wo man<br />

Menschen einsperrt …“.<br />

Das KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> bei Ulm.<br />

Ein Film von Bernhard Häusle und<br />

Siegi Jonas.<br />

DVD, Stuttgart 1995, 33 Min., 18 ∑<br />

„Ich bin ja jetzt der Letzte …“<br />

Arbeiterkultur – Jugendwiderstand<br />

– Konzentrationslager.<br />

Hans Gasparitsch, geboren 1918 in<br />

Stuttgart, erzählt.<br />

Ein Film von Silvester Lechner und<br />

Roland Barth. Ulm 1999,<br />

VHS-Video, 40 Min., 25 ∑<br />

Silvester Lechner (Hrsg.):<br />

Die Kraft, nein zu sagen. Zeitzeugenberichte,<br />

Dokumente, Materialien<br />

zu Kurt Schumachers 100.<br />

Geburtstag.<br />

Ulm (DZOK) 1995,<br />

80 S., 10 ∑ (zurzeit vergriffen!)<br />

Markus Kienle:<br />

Das Konzentrationslager Heuberg<br />

bei Stetten am kalten Markt.<br />

Ulm (Klemm & Oelschläger) 1998,<br />

220 S., 50 Abb., 10 ∑<br />

Markus Kienle:<br />

Gotteszell – das frühe Konzentrationslager<br />

für Frauen in Württemberg.<br />

Die Schutzhaftabteilung<br />

im Frauengefängnis Gotteszell in<br />

Schwäbisch Gmünd. Ulm (Klemm &<br />

Oelschläger) 2002, 90 S.,12 ∑<br />

(zurzeit vergriffen!)<br />

Vorstand Stiftung Erinnerung Ulm<br />

(Hrsg.):<br />

Die Stiftung Erinnerung Ulm –<br />

für Demokratie, Toleranz und Menschenwürde.<br />

Ihre Gründung, ihr Zweck, ihre Ziele.<br />

Ulm 2004, 64 S., 22 Abb., 10 ∑<br />

Ulm/Neu-Ulmer Arbeitskreis<br />

27. Januar (Hrsg.):<br />

Als der Sport in Ulm 1933 nationalsozialistisch<br />

wurde …<br />

Aufsätze und Dokumente.<br />

Manuskript; Ulm (DZOK) 2005,<br />

68 S., 8 ∑<br />

(zurzeit vergriffen!)<br />

Bestellung und Versand (zusätzlich Versandkosten)<br />

sind auch über das DZOK möglich!<br />

Ulm/Neu-Ulmer Arbeitskreis<br />

27. Januar (Hrsg.):<br />

Łódz – Ulm – New Jersey. Die<br />

Geschiche der jüdischen Familie<br />

Frenkel, die 1938 aus Ulm vertrieben<br />

wurde.<br />

Manuskript; Ulm (DZOK) 2006,<br />

72 S., 8 ∑<br />

Hans Lebrecht:<br />

Gekrümmte Wege, doch ein Ziel.<br />

Erinnerungen eines deutsch-israelischen<br />

Kommunisten. Herausgegeben<br />

von Silvester Lechner, Doku-<br />

Zentrum. Ulm (Klemm & Oelschläger)<br />

2007, 144 S., 30 Fotos, 19,80 ∑<br />

Roman Sobkowiak:<br />

Eindeutschungsfähig?! Eine<br />

polnisch-deutsche Biografie im<br />

NS-Staat und in der jungen Bundesrepublik.<br />

Herusgegeben von Silvester Lechner,<br />

Doku-Zentrum.<br />

Ulm (Klemm & Oelschläger) 2009,<br />

116 S., 60 Fotos, 19,80 ∑<br />

<strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> Ulm e. V. (Hrsg.):<br />

Ulm – die KZ-Gedenkstätte und<br />

der Nationalsozialismus. Festschrift<br />

zur Verabschiedung von Silvester<br />

Lechner in den Ruhestand.<br />

Ulm (Klemm & Oelschläger) 2009,<br />

184 S., 17,80 ∑<br />

Markus Heckmann:<br />

NS-Täter und Bürger der Bundesrepublik.<br />

Das Beispiel des Dr. Gerhard<br />

Klopfer.<br />

Herausgegeben von Silvester<br />

Lechner und Nicola Wenge, <strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>.<br />

Ulm (Klemm & Oelschläger) 2010,<br />

120 S., 19,80 ∑<br />

Annette Lein/Nicola Wenge:<br />

Jugendarbeit und Demokratieerziehung<br />

an KZ-Gedenkstätten<br />

in Baden-Württemberg. Ein Leitfaden<br />

des <strong>Dokumentationszentrum</strong>s<br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> Ulm für bürgerschaftlich<br />

getragene Erinnerungsorte,<br />

Ulm 2010, 40 S., Versand über<br />

LpB oder DZOK<br />

Oliver Thron:<br />

Deserteure und „Wehrkraftzersetzer“.<br />

Ein Gedenkbuch für die<br />

Opfer der NS-Militärjustiz in Ulm.<br />

Herausgegeben von Nicola Wenge,<br />

<strong>Dokumentationszentrum</strong> <strong>Oberer</strong><br />

<strong>Kuhberg</strong>. Ulm (Klemm & Oelschläger)<br />

2011, 84 S., 16,80 ∑


DZOK-Veranstaltungen Winter/Frühjahr 2011/2012<br />

Büchse 13<br />

Veranstaltungen zur kritischen<br />

Geschichtskultur<br />

in der Regel dritter Donnerstag im<br />

Monat, 20 Uhr<br />

Ort: Büchsengasse 13<br />

dzokki-Treff<br />

Monatl. Treffen der Jugendgruppe<br />

des <strong>Dokumentationszentrum</strong>s<br />

In der Regel zweiter und vierter<br />

Montag im Monat, 13.30 Uhr<br />

Ort: Büchsengasse 13<br />

Ulmer Geschichte<br />

zum Anfassen:<br />

Die KZ-Gedenkstätte im<br />

Fort <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong><br />

Öffnungszeiten der Gedenkstätte<br />

für Einzelbesucher:<br />

sonntags 14 - 17 Uhr<br />

Führung: sonntags 14.30 Uhr<br />

Winterschließung:<br />

Sonntag, 11. Dezember 2011 bis<br />

Sonntag, 22. Januar 2012<br />

Gruppen-/Klassen-Besuche sind<br />

nach Vereinbarung (mindestens<br />

zwei Woche vorher) jederzeit<br />

möglich;<br />

Gebühr für die Führung: 40 ∑<br />

Eintritt: 2 ∑ / 0,50 ∑<br />

Anmeldung über das<br />

<strong>Dokumentationszentrum</strong><br />

<strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong><br />

Tel. 0731-21312<br />

Das Novemberpogrom 1938<br />

– auch in Ulm<br />

Mittwoch, 9. November 2011<br />

Weinhof, Ulm, 19 Uhr<br />

Gedenkfeier<br />

Haus der Gewerkschaft, 20 Uhr<br />

Vortrag von Sebastian Wertmüller:<br />

Jahrestag Reichspogromnacht<br />

1938 … Nicht nur Erinnerung.<br />

Zur Aktualität des Kampfes<br />

gegen den Antisemitismus<br />

heute“<br />

Eine Veranstaltung der Deutsch-<br />

Israelischen Gesellschaft (DIG),<br />

des DGB und des Bündnis<br />

gegen Rechts<br />

DZOK-<strong>Mitteilungen</strong> Heft 55, 2011<br />

Donnerstag, 10. November 2011<br />

Büchse 13, 18 Uhr<br />

Zeitzeugengespräch mit Dr. Irmgard<br />

Schmidt-Sommer über ihr<br />

Zusammenleben mit den jüdischen<br />

Nachbarn in der Ulmer Neutorstraße<br />

15 und deren Verfolgungsgeschichte<br />

Sonntag, 13. November 2011<br />

KZ-Gedenkstätte, 11 Uhr<br />

Gedenkstunde für den Widerstand<br />

von 1933 bis 1945 und die Opfer<br />

der NS-Gewaltherrschaft mit Dr.<br />

Michaela Christ zum Thema: „Konzentrationslager<br />

im Gespräch von<br />

Wehrmachtsoldaten – abgehört in<br />

amerikanischer Kriegsgefangenschaft<br />

1940-1945.“<br />

12.30 Uhr: Führung<br />

Montag, 28. November 2011<br />

Schwörhaus (Gewölbekeller), 18.30 Uhr<br />

Vor 70 Jahren. Nachbarn von<br />

nebenan – verschollen in Riga<br />

Vortrag von Winfried Nachtwei<br />

anlässlich der ersten Deportation<br />

von Ulmer Juden über Stuttgart nach<br />

Riga. Eine Veranstaltung des Ulmer/<br />

Neu-Ulmer AK 27. Januar<br />

Freitag, 9. Dezember 2011<br />

KZ-Gedenkstätte <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>,<br />

9-14 Uhr<br />

Programm zum Tag der Menschenrechte<br />

Ein Angebot mit Workshops, Informationen<br />

und Gesprächen für<br />

Schulen. Ein Kooperationsprojekt<br />

des Arbeitskreises Ulmer Menschenrechtsbildung<br />

Donnerstag, 15. Dezember 2011<br />

Büchse 13, 20.00 Uhr<br />

Vom Wissen der Bilder – KZ-Zeichnungen<br />

am Beispiel Karel Kasaks<br />

Ein besonderer Bestand im Archiv<br />

des DZOK<br />

Dr. Michaela Haibl, Habilitandin an<br />

der Universität Wien<br />

Nationaler Gedenktag für<br />

die Opfer des Nationalsozialismus<br />

Freitag, 27. Januar 2012<br />

KZ-Gedenkstätte <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>,<br />

14.30 Uhr<br />

Was in Ulm am Oberen <strong>Kuhberg</strong><br />

begann … 67 Jahre nach<br />

der Befreiung von Auschwitz.<br />

Dr. Nicola Wenge<br />

Stadthaus, Ulm, 20 Uhr<br />

Die Ulmer Rabbinerfamilie<br />

Strassburger<br />

Eine Spurensuche<br />

- zum liberalen Judentum vor<br />

1933 (Prof. Michael Brenner,<br />

LMU München)<br />

- zu den lokalen Wurzeln der<br />

Familie und ihrer Verfolgungsgeschichte<br />

(Ingo Bergmann,<br />

Historiker Ulm)<br />

- zur Annäherung der israelischen<br />

Enkel an eine verschüttete<br />

Welt (Avner Kantor, Alfei<br />

Menashe, Israel)<br />

Dienstag, 14. Februar 2012<br />

Stadthaus Ulm, 19 Uhr<br />

9. Jahrestag der Stiftung Erinnerung<br />

Ulm<br />

Festvortrag der Theologin Margot<br />

Käßmann<br />

Februar-März 2012<br />

Begleitprogramm zum Theaterstück<br />

ROMMEL/HOMBURG/TOD/<br />

TRAUM<br />

Mit Lesung, Exkursion nach Herrlingen,<br />

Podiumsdiskussion und<br />

Filmvorführungen In Kooperation mit<br />

dem Theater Ulm<br />

Do./Fr., 29./30. März 2012<br />

KZ-Gedenkstätte <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong><br />

Lehrer-Fortbildung in Sachen<br />

KZ <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong>: Tatort und<br />

Gedenkstätte<br />

Anmeldung im DZOK oder bei der<br />

LpB:<br />

Claudia.Haebich@lpb.bwl.de<br />

Tel.: 07125-152 148<br />

Weitere Termine entnehmen Sie<br />

bitte der Tagespresse, unserem<br />

Newsletter oder der Website<br />

www.dzok-ulm.de!<br />

35


Diese Nummer der <strong>Mitteilungen</strong> wird mit unten<br />

stehenden Anzeigen gefördert von:<br />

36<br />

Braun Engels Gestaltung<br />

Judenhof 11, 89073 Ulm<br />

Tel. 0731 - 14 00 73-0<br />

www.braun-engels.de<br />

Café Omar<br />

König-Wilhelm-Straße 5, 89073 Ulm<br />

Tel. 0731 - 921 31 66<br />

CDU im Ulmer Gemeinderat<br />

Rathaus, Marktplatz 1, Tel. 0731 - 61 82 20<br />

www.cdu-fraktion-ulm.de, cdu.fraktion@ulm.de<br />

Engel-Apotheke Ulm<br />

Apotheker Timo Ried<br />

Hafengasse 9, Tel. 0731 - 6 38 84<br />

FDP-Fraktion<br />

im Ulmer Gemeinderat<br />

Rathaus, Marktplatz 1, Tel. 0731 - 161 10 94<br />

www.fdpfraktion-ulm.de<br />

FWG-Fraktion<br />

im Ulmer Gemeinderat<br />

0731 - 61 88 52, 0731 - 161 10 95<br />

www.fwg-ulm.de<br />

GRÜNE Fraktion Ulm<br />

Tel. 0731 - 161 - 1096, www.gruene-fraktion-ulm.de<br />

gruene-fraktion@ulm.de<br />

Unterstützen Sie das Ulmer <strong>Dokumentationszentrum</strong>! Werden Sie Mitglied!<br />

Hiermit beantrage ich die Mitgliedschaft im <strong>Dokumentationszentrum</strong> <strong>Oberer</strong> <strong>Kuhberg</strong> Ulm e. V.<br />

– KZ Gedenkstätte –<br />

Postfach 20 66, 89010 Ulm; info@dzok-ulm.de<br />

Ich erkenne die Satzung an und werde einen Jahresbeitrag* von .................. € entrichten.<br />

Beitrittserklärung und Lastschrift-Einzugsermächtigung<br />

Name und Vorname: ................................................................................................................<br />

Straße und Hausnummer: ................................................................................................................<br />

PLZ und Wohnort: ................................................................................................................<br />

eMail-Adresse (optional): ................................................................................................................<br />

Bank, BLZ, Kontonr.: ................................................................................................................<br />

Datum und Unterschrift: ................................................................................................................<br />

Mit der Abbuchung meines Mitgliedsbeitrages im ersten Quartal des Kalenderjahres<br />

in Höhe von .................. € /jährlich bin ich einverstanden.<br />

Kulturbuchhandlung Jastram<br />

Am Judenhof, Tel. 0731 - 6 71 37<br />

info@jastram-buecher.de<br />

OffsetDruck Martin<br />

Erhard-Grözinger-Straße 1, 89134 Blaustein<br />

Tel. 0731 - 954 02 11<br />

protel Film & Medien GmbH<br />

Münchner Straße 1, 89073 Ulm<br />

Tel. 0731 - 9 26 64 44<br />

info@protel-film.de, www.protel-film.de<br />

Rechtsanwälte<br />

Filius – Bodenmüller – Ruß<br />

Münchner Straße 15, 89073 Ulm<br />

Tel. 0731 - 9 66 42 - 0, Fax 0731 - 9 66 42 - 22<br />

info@kanzlei-filius.de<br />

Sparkasse Ulm<br />

Neue Straße 66, Tel. 0731 - 101 - 0<br />

SPD-Fraktion<br />

im Ulmer Gemeinderat<br />

Rathaus, Marktplatz 1, Tel. 921 77 00<br />

spdfraktion@ulm.de, www.spd-ulm.de<br />

steuer berater HIRSCHER<br />

Elke Reuther<br />

Virchowstraße 1, 89075 Ulm<br />

Tel. 0731 - 509 77 81<br />

Verlag Klemm + Oelschläger<br />

Pappelauer Weg 15, Tel. 0731 - 38 51 36<br />

www.klemm-oelschlaeger.de<br />

* Der Mindestbeitrag beträgt jährlich € 35, für Arbeitslose, Schüler, Studenten und Rentner jährlich € 15.

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