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Workshop<br />

Neue Bauherren braucht das Land..!<br />

FACILITY MANAGEMENT-Workshop zum Thema<br />

„Building Life Cycle Management“<br />

„Building Life Cycle Management“, oder für einige auch der „Immobilienlebenszyklus“,<br />

bietet Chancen, die Lebenszykluskosten und die nachhaltige<br />

Qualität schon in der Produktentwicklung und Gebäudeplanung zu<br />

berücksichtigen.<br />

(von l. n. r.) Dr. Bernhard Fischer, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung; Peter Jüngling, Key<br />

Account Manager und Mohamed Alami Produktmanager, beide GEZE GmbH, sowie Adolf Wagner,<br />

Leiter Infrastruktur bei der DB Station & Service AG<br />

Ob die Zeit dafür reif ist und wie die<br />

unterschiedlichen Marktteil nehmer<br />

– von Produktmanagern inter nationaler<br />

Unternehmen bis hin zum<br />

„Betreiber Bauherren“ – diese Entwicklung<br />

bewerten oder selber damit umgehen<br />

und wo zukünftige Chancen liegen,<br />

das wollten wir in unserem aktuellen<br />

Workshop vor einigen Wochen in<br />

Frankfurt/M. erfahren. Zusammen mit<br />

Prof. Henning Balck vom Institut für<br />

Projektmethodik und Systemdienstleistungen,<br />

Heidelberg, und neun weiteren<br />

Fachleuten haben wir das veränderte<br />

Investitionsdenken ausgerichtet<br />

an den Lebenszykluskosten und -qualitäten<br />

diskutiert.<br />

Fröhlich: Der Arbeitstitel der heutigen<br />

Veranstaltung „Building Life Cycle<br />

Mana gement – neue Bauherren braucht<br />

das Land“ ist sicherlich provokant.<br />

Doch die Kommunikation aller am Bau<br />

Beteiligten, also der Planer und der<br />

Architekten, der Planer im Sinne von<br />

Fachingenieuren sowie natürlich auch<br />

der Ausführenden bzw. Betreiber unter-<br />

einander, das scheint immer noch nicht<br />

zu funktionieren. Dabei müssten Sie<br />

alle den Bauprozess, also das Planen,<br />

Bauen und Betreiben optimal beherrschen.<br />

I ch sag’ ganz bewusst „müssten“,<br />

denn, weil genau das bisher nur in Teilbereichen<br />

funktioniert, darum sitzen<br />

wir heute hier zusammen. Und derzeit<br />

ist viel in Bewegung, es geht dabei gar<br />

nicht nur um die Inno vation, es geht<br />

schlicht um Prozesse, um die Optimierungs-<br />

und Entscheidungsprozesse.<br />

Daraus ergibt sich die Frage, wer beeinflusst<br />

eigentlich welche Entscheidungspro<br />

zesse, und wie beeinflusst man die,<br />

die entscheiden?<br />

Parker: Ich beschäftige mich seit rund<br />

zwei Jahren mit dem Thema Facility<br />

Management/Life Cycle Costs und habe<br />

schon viele Lehrgänge und Vorträge<br />

besucht. Ich behaupte im Moment noch<br />

– hoffentlich ändert es sich bald –, dass<br />

Lebenszykluskosten ausschließlich von<br />

Besitzern und Betreibern für Finanzierungsfragen<br />

genutzt werden. Das Problem<br />

steckt für uns als Materialhersteller<br />

darin, dass alle Dis kussionen um<br />

die Folgekosten viel zu spät beginnen.<br />

Wir werden erst gefragt, wenn nur noch<br />

die reinen Preisun ter schiede eine Rolle<br />

spielen.<br />

Galenza: Getreu dem Motto „Der Preis<br />

ist heiß“ und bloß nicht an die Folgekosten<br />

denken. Denn zunächst gilt ja<br />

erstmal der Anschaffungspreis, und die<br />

Langzeitkosten von Bauteilen interessieren<br />

nicht.<br />

Parker: Erschwerend sind bei Langzeitgarantien<br />

für Baustoffe die Nachweise.<br />

Dafür fehlen bislang standardisierte<br />

Prüf- und Messverfahren.<br />

Herhold: Unser Problem ist, dass der<br />

Anteil der Installationskosten innerhalb<br />

der Lebenszykluskosten – gemessen an<br />

den Betriebskosten – relativ gering ist.<br />

Ca. 15 und 20 % sind die Anschaf fungskosten.<br />

Die restlichen 80 % beziehen<br />

sich überwiegend auf Betriebskosten.<br />

Im Bereich der Wohnungswirtschaft<br />

sind diese Kosten ein ganz wichtiges<br />

Thema geworden. Im bundesweiten<br />

Durchschnitt liegen die Betriebskosten<br />

zwischen 2,44 € und 3,00 € pro m2. Die<br />

entsprechende Nettokaltmiete liegt bei<br />

4,50 € pro m2. Die Betriebskosten haben<br />

also die gleiche Größenordnung –<br />

diese „zweite Miete“ ist unser Thema.<br />

Wir wollen daran intensiv mitarbeiten.<br />

Fischer: Ich möchte die These „Neue<br />

Bauherren braucht das Land“ noch ergänzen:<br />

Denn als Bauherrenvertreter<br />

möchte ich die Frage stellen, braucht<br />

das Land nicht auch neue Planer. Ich<br />

bin der Meinung, dass wir häufig vor<br />

Unver ständnis, vor Unwissenheit stehen<br />

und nicht die Gesprächs<strong>partner</strong><br />

finden, die wir suchen. Deswegen meine<br />

Frage: Sind die Planer auf die neuen<br />

Heraus forderungen eingestellt und ausgerichtet?<br />

Fischer: Wir haben zwei Frage stellungen,<br />

die wir in diesem Jahr angehen:<br />

1. Wie bekommt man den Gedanken<br />

der Nachhaltigkeit in die Architekturwettbewerbe<br />

herein? und<br />

2. Wie werden Qualitätsmerkmale festlegt,<br />

die einheitlich für alle Baumaßnahmen<br />

des Bundes gelten?<br />

38 2/2007 www.facility-management.de


Jüngling: Da es in der Ausgangsthese<br />

(siehe Kasten „Acht Thesen...“) im<br />

Grunde um „Strategische Bauteile“<br />

geht, müssen wir schon bei der Produktentwicklung<br />

beginnen. Was müssen wir<br />

als GEZE tun, damit unsere Produkte<br />

eingesetzt werden? Wie kommt man als<br />

Produkthersteller mit den Pla nern und<br />

Architekten ins Gespräch, um schon im<br />

Vorfeld der Planung alle Vor teile darlegen<br />

zu können. Und gibt es für uns hier<br />

Chancen im Lebenszyk lusansatz, also<br />

in der Entwicklung und im Verkauf?<br />

Alami: Ein Ansatz ist sicherlich die<br />

Energieeffizienz. Doch die Kernfrage<br />

lautet: Wie können wir die Betreiber,<br />

die heute kaum in den Entscheidungsprozess<br />

für solche Bauteile involviert<br />

sind, mit einbeziehen? Das letzte Wort<br />

hat immer noch der Verarbeiter. Er<br />

trifft die endgültige Entscheidung, welches<br />

Fabrikat eingesetzt wird, wenn der<br />

Ausgangspreis stimmt. Also, wie kann<br />

der Einkäufer in die Lage versetzt werden,<br />

nicht nur die Anschaffungskosten,<br />

sondern auch die Unterhaltskosten der<br />

Produkte zu beachten? Ich kann zwar<br />

einem Investor oder einem Betreiber<br />

meine Life Cycle Costs offen legen -<br />

und wie transparent und überprüfbar<br />

sind dann diese Kosten? Uns fehlen allgemein<br />

gültige Definitio nen und Messver<br />

fah ren für Life Cycle Costs, die als<br />

Spielre geln des Wett be werbs für jeden<br />

Her steller gelten und nach denen<br />

Produkte bewertet werden können.<br />

Fröhlich: Jetzt wird das Thema richtig<br />

interessant. Wie geht man mit diesem<br />

Ansatz um?<br />

Alami: Unsere Antwort ist eine Tochtergesellschaft,<br />

die ausschließlich Service<br />

anbietet und im Feedback das<br />

Produktmanagement über die Anforderungen<br />

und Probleme der Kunden<br />

informiert. Dadurch entsteht ein ständiger<br />

Verbesserungsprozess, der für ein<br />

übergreifendes Life Cycle Management<br />

eine gute Grundlage ist.<br />

Wagner: Wir als DB Station & Service<br />

AG sind ein bundesweit tätiger Betreiber:<br />

Wir haben 5400 Stationen und etwa<br />

2500 Empfangsbahnhöfe. Unser<br />

jährliches Instandhaltungs-, Reinigungsvolumen<br />

liegt bei rund 250 Mio. €. Und<br />

etwa 50 Mio. €, die wir jährlich sparen<br />

können. Vor dem Hintergrund haben<br />

wir auch vor einigen Jahren angefangen,<br />

unsere Investitionsent schei dungen<br />

www.facility-management.de<br />

nach dem Life Cycle-Ansatz in Zusammenarbeit<br />

mit Prof. Balck zu überprüfen.<br />

Ein erstes Pilotprojekt haben wir<br />

jetzt abgeschlossen: Im Frankfurter<br />

Hauptbahn hof ging es um die Erneuerung<br />

des Bodenbelags. Also ein „Strategisches<br />

Bauteil“, dessen Folgekosten in<br />

einem Zeitraum von 30 bis 50 Jahren<br />

die Investitionskosten um ein Vielfaches<br />

übersteigen.<br />

Matthias Panther, Fachbereichsleiter Betriebs -<br />

technik /Servicecenter Versorgung und Technik<br />

am Klinikum Stuttgart; Uwe Hornik (vorne im<br />

Bild) Department Manager Construc tion /Corporate<br />

Real Estate & Engineering bei der METRO<br />

Cash & Carry International GmbH, Düsseldorf<br />

Acht Thesen von Prof. Henning Balck:<br />

Es geht eben nicht so sehr um die Erstinvestition,<br />

sondern um die Gesamtwirtschaftlichkeit.<br />

Wir müssen weg von<br />

den fallbezogenen Einzelsichten hin zu<br />

einer Sicht für den gesamten Lebenszyklus.<br />

Tatsächlich haben wir massive<br />

Probleme in dem Betreiben von Anlagen,<br />

weil die projektbeteiligten Auftragnehmer<br />

nicht konsequent unsere Interessen<br />

verfolgen. Als Bauherrn müssen<br />

wir mit der inzwischen eingebürgerten<br />

Unart zurechtkommen, dass man in<br />

Projekten und auch danach mit Rechtsanwälten<br />

zu tun hat. Aus diesem Teufelskreis<br />

müssen wir raus. Nur in einem<br />

integrierten Prozess werden wir die<br />

erforderliche Sicht für den gesamten<br />

Le benszyklus entwickeln können.<br />

Panther: Ich bin der Meinung, das<br />

Land braucht vor allem neue Archi tekten<br />

bzw. die Ausbildung an den Hochschulen<br />

muss sich ändern. Wenn die<br />

Öffentliche Hand baut, sind wir angehalten,<br />

größere Investition durch Architektenwettbewerbe<br />

vorzubereiten. Die<br />

Preisgerichte sind aber sehr von Architekten<br />

bestimmt. Meist sind wenige bis<br />

gar keine Ingenieure vertreten. Die<br />

Energie- oder Gebäudebetriebskosten<br />

gehen so gut wie überhaupt nicht ein in<br />

die Bewer tung der Entwürfe. Und ein<br />

These 1: Die Neudefinition der Bauherrenrolle.<br />

Das Projektmanagement in Bauinvestitionen wird zunehmend mitbestimmt durch<br />

Verantwortungsträger auf der Betreiberseite (Betreiber-Bauherren).<br />

These 2: Der Lebenszyklusansatz verändert die Kostenziele der Investition.<br />

These 3: Der Lebenszyklusansatz verändert die Qualitätsziele.<br />

These 4: Neue Erfolgsdefinition für Bauinvestitionen.<br />

(dies beinhaltet regelmäßige Performance-Messungen im Hinblick auf Lebenszykluskosten<br />

und -qualitäten --> ein Life Cycle Controlling für die Bestandteile<br />

der Inves tition)<br />

These 5: Strategische Bauteile als Kosten- und Werttreiber.<br />

Die im Lebenszyklus erfolgskritischen Investitionsbestandteile sind i.d.R. auch erfolgkritisch<br />

für nachhaltige Qualität für Nutzer und Betreiber)<br />

These 6: Performance-Wettbewerb erweitert den Preis-Wettbewerb.<br />

Die Produktauswahl erfolgt nicht nur nach einem Preisvergleich, sondern auch nach<br />

Berücksichtigung der geringsten Lebenszykluskosten auf Basis einesPerformance<br />

Measurement-Systems.<br />

These 7: Einkauf nach Lebenszykluskriterien.<br />

Unternehmen mit regelmäßigem Baubedarf und großem Einkaufsvolumen definieren<br />

Produktstandards nach Lebenszykluskriterien.<br />

These 8: Wertschöpfungsketten in der Immobilien- und Bauwirtschaft verändern die<br />

Rolle aller Beteiligten – besonders die von Bauherren und Industrie<strong>partner</strong>n.<br />

2/2007<br />

Workshop<br />

39


Workshop<br />

weiterer Aspekt: Durch die duale Finanzierung<br />

im Kran kenhausbereich zahlt<br />

das Land die Inves titionen, die Krankenkassen<br />

und der Betreiber anschließend<br />

die laufen den Kosten. Daher ist<br />

das Land meist überhaupt nicht daran<br />

interessiert, nachhaltig zu bauen. Auch<br />

die Projektsteuerung ist fast immer kontraproduktiv,<br />

weil Sie die entstehenden<br />

Investitionskosten nach li mitierten Vorgaben<br />

verfolgt und nur sel ten der Regel<br />

folgt, sie auch einzuhalten – Life Cycle<br />

Management findet hier nicht statt.<br />

Peter Herold, Key Account Manager<br />

(für den Bereich Wohnungswirtschaft)<br />

bei der WILO AG<br />

Hornik: Ich bin weltweit mit dem Bau<br />

von Großhandelsmärkten und Selbstbediendungsgroßhandelsmärkten<br />

unseres<br />

Unternehmens betraut. Ich musste immer<br />

wieder feststellen, dass in verschiedenen<br />

Ländern verschiedene Qualitäten,<br />

Produkte usw. zur Verfügung<br />

ste hen. Wenn ich jetzt nur für Deutschland<br />

spreche, komme ich da ganz schnell<br />

an meine Grenze durch all die Normen<br />

und Richtlinien. Ich bin der Meinung,<br />

dass unsere Pla ner nicht den Bruchteil<br />

dessen repräsentieren, was im internationalen<br />

Markt üblich sein könnte. Wenn<br />

Sie sich einen „Metro Cash & Carry<br />

Markt“ vorstellen, dann wird Ihnen<br />

wahrschein lich nicht besonders viel<br />

Schönheit in den Sinn kommen. Wir<br />

bezeichnen das deshalb auch als Box.<br />

Für diese Gebäu de investieren wir im<br />

Jahr 1,4 Mrd. €.Un sere Bauaufgabe<br />

heißt Bauen für den Wandel. Viele<br />

Bereiche werden etwa alle vier Jahre<br />

umgebaut, weil der Verbrau cher seinen<br />

Geschmack verändert oder weil neueste<br />

Hygiene vorschrif ten An passungen verlangen.<br />

D. h., wir bauen nicht für Jahrhunderte,<br />

sondern für immer kürzere<br />

Marktzyklen. Mein Wunsch für lebenszyklusgerechte<br />

Produkte am Beispiel<br />

Türsysteme ist: Wir brauchen keine<br />

langlebigen Türen, sondern schlicht<br />

z. B. 200 000 zuverlässige Öff nungszyklen.<br />

Nach vier Jahren benötigen wir<br />

eventuell neue Türen, wenn das Ge bäude<br />

verändert wird – und dann gibt es<br />

keinen 20-Jahre-Zyklus!<br />

Alami: Dem kann ich nur zustimmen.<br />

Wir denken in Deutschland zu langfristig,<br />

wir haben hohe Standards, viele Nor -<br />

men, viele Regelungen, Und im internationalen<br />

Wettbewerb ist es schwierig,<br />

diese Standards irgendwo in die Köpfe<br />

zu kriegen.<br />

Galenza: Ja, z. B. haben in Asien die Gebäude<br />

einen ganz anderen Stellenwert<br />

als bei uns. Dort wird nur für einen bestimmten<br />

Zeitraum von vielleicht zehn<br />

bis 30 Jahren gebaut, dann kommt der<br />

Abriss und Neubau. Unsere Normierungen<br />

und unser gesamtes System sind<br />

auf völlig überzogene Lebenszyklen hin<br />

ausgerichtet.<br />

Kuder: Ich bin jetzt gut 30 Jahre mit<br />

Planung und Ausführung von technischen<br />

Anlagen und Gebäuden beschäftigt,<br />

also einer der viel gescholtenen<br />

Planer. Ich kann aus eigener Erfahrung<br />

sagen, dass die Planer das Problem haben,<br />

dass die Anforderungen zum Teil<br />

nicht umgesetzt werden können, weil<br />

z. B. die Projektsteuerer den Kostendruck<br />

weitergeben. Wir haben Fälle<br />

gehabt, wo Energiesparmaßnah men<br />

gar nicht genehmigt wurden, weil der<br />

Investor nicht für die „Energie“ zuständig<br />

war. Doch seit die 2. Miete im<br />

Mietver hält nis oder auch im Investitions<br />

bau plötzlich in den Vordergrund<br />

gerückt ist, nimmt das Interesse an<br />

Betriebskosten zu. Aber in der Ausbildung<br />

der Inge nieure und Architekten<br />

spielt das immer noch keine große<br />

Rolle. Selbst die normale Kostenrechnung<br />

wird in der Ausbildung der Ingenieure<br />

und Archi tekten nicht gelehrt,<br />

ganz zu schweigen von der Berechnung<br />

von Lebenszyklus kosten.<br />

Hecker: Ich glaube, dass 90 % aller<br />

Produkte, die aufgrund des jetzigen<br />

Ausschreibungsverfahrens verwendet<br />

werden, ökologisch und ökonomisch<br />

eigentlich sofort saniert werden müss-<br />

ten. Nehmen wir das Beispiel Motoren,<br />

die heute neu eingesetzt werden. Sie<br />

müssten eigentlich sofort ausgewechselt<br />

werden, weil sich am Markt verfügbare<br />

effizientere Motoren schon in zwei<br />

Jahren amortisieren würden.<br />

Balck: Relevant ist der Be zug zwischen<br />

„Dauerhaf tigkeit“ und „Kostener sparnis“.<br />

Aus diesem Grund haben wir<br />

heute einerseits Bauherren eingeladen,<br />

die sehr viel Be treiberver antwortung<br />

haben, und auf der anderen Seite diejenigen,<br />

die gar nicht unmittelbar projektbeteiligt<br />

sind, nämlich industrielle<br />

Pro duktanbieter. Moderne Bauten sind<br />

Kom binationen aus langlebigen und<br />

kurzlebigen Bestandteilen. Besonders<br />

technische Anlagen bestehen aus Tei len<br />

mit zunehmend kürzeren Innov a tionsund<br />

Produktzyklen. Und für eben diese<br />

Lebenszykluskosten sind diejenigen<br />

Komponenten eines Bauwerkes interessant,<br />

die notwendige Folgekosten nach<br />

sich ziehen und in der Regel auch im<br />

Nutzungsprozess wichtige Qualitätsvorteile<br />

haben. Sol che Bestandteile nenne<br />

ich „Strate gische Bauteile“. Das sind<br />

nach unseren Ermittlungen max. 20 %<br />

der gesamten Investitionskosten eines<br />

Gebäudes.<br />

Fröhlich: Aber müsste sich nicht auch<br />

das Umfeld der Messen ändern? Wer<br />

kommt denn z. B. auf die BAU nach<br />

München? Sie ist für den Baustoff handel,<br />

die Verarbeiter, die Architekten und<br />

Planer ausgerichtet. Aber die Themen,<br />

die wir heute diskutieren, die Themen<br />

Lebenszykluskosten, das Betreiben einer<br />

Immobilie, das Facility Manage ment an<br />

sich, findet so auf einer Baumesse überhaupt<br />

nicht statt. Es geht immer nur um<br />

das Planen und Bauen. Das Thema Betreiben<br />

wird ausgelassen, in den meisten<br />

Fällen vom Thema Life Cycle Costs<br />

ganz zu schweigen. Und da müssen wir<br />

umdenken, auch Baumessen müssen<br />

die Gesamtprozesse in allen Einzelheiten<br />

darstellen.<br />

Dr. Fischer: Ich denke, das ist ein sehr<br />

steiniger Weg, wenn die Produkt hersteller<br />

den direkten Weg zum Bauherrn<br />

gehen wollen. Sie müssen den Bauherren<br />

überzeugen, mehr Geld auszugeben.<br />

Der einfachere Weg ist, dass der<br />

Bauherr zum fachkundigen Bau herren<br />

wird – mit Anfor derungs wissen über<br />

Nach haltigkeit und Nut zerbelange, die<br />

er bedarfsorientiert formuliert. Eine<br />

40 2/2007 www.facility-management.de


Konsequenz ist die Veränderung der Ausbildung. Wir werden<br />

dazu ein Pro jekt starten – mit Lehr modulen für das zukunftsgerechte<br />

Planen, Bauen und Bewirt schaften. Viele Lan desbauver<br />

waltungen sind inzwischen Bau- und Betriebs gesellschaf<br />

ten. Auch der Bund wird sich neu aufstellen. Er wird<br />

weiter die traditionell getrennten Be reiche Bauen und Betreiben<br />

zusammenführen. Dort wird dann unter ei nem Gesamtbudget<br />

die gesamte Leis tungskette vom Errichten bis zum Be -<br />

treiben verantwortet.<br />

Parker: Doch gerade hier steht die In dustrie vor einer großen<br />

Heraus for de rung. Bei vielen Bauprodukten, z. B. Industrie böden,<br />

verlangt jedes Bau vorhaben immer wieder veränderte<br />

Spezifikationen – für je andere Nutzun gen mit je anderen<br />

Belastungen und Rei ni gungszyklen. Jetzt sollen die Her steller<br />

zusätzlich Lebenszyklusprü fun gen durchführen – darauf ist<br />

die Industrie nicht vorbereitet.<br />

Wagner: Nachhaltigkeit ist aber nur ein Schwer punkt. Auch<br />

die Kommu nikation muss stattfinden. Wir haben unsere eigene<br />

Baulandschaft mit vielen Baubeteiligten (allein 1400 Ingenieur<br />

büros bundesweit). Trotz dieser breiten Erfahrungsbasis<br />

werden gleiche Fehler immer wieder neu gemacht – weil wir<br />

zu wenig darüber reden. Hilfreich wäre eine Plattform für alle<br />

Baubeteiligten, um kritisches Wissen einfach auszutauschen.<br />

Bauherrn könnten Planern die Information geben, was für ihre<br />

Be treiber und Nutzer nachhaltig und lebenszyklusgerecht<br />

gebraucht wird.<br />

Balck: Der Bauherr muss sagen, was er will. Aber zu wissen,<br />

was man will, setzt voraus, etwas zu kennen. Und woher kommen<br />

diese Informationen für Bau her ren und Planer? Nach<br />

meiner Beob ach tung in erster Linie von den indus tri el len<br />

Produktanbietern. Deswegen ist diese Gesprächsrunde so<br />

wichtig. Es existiert ein Kommunika tionsproblem – und da<br />

müssen wir ansetzten. Der „fachkundige Bauherr“ fällt nicht<br />

vom Himmel – und er ist nicht ablösbar vom fachkundigen<br />

Planer – und beide sind Lern<strong>partner</strong> der innovativen Industrie.<br />

Das ist der Weg zur Wertschöp fungs<strong>partner</strong>schaft.<br />

Herhold: Ja, und reelle Markt<strong>partner</strong> müssen dabei ihre<br />

Prozesse transparenter machen. Ganz entscheidend für die<br />

www.facility-management.de<br />

Workshop<br />

Gerhard Kuder, Geschäftsführer Balck+Partner, verantwortlich für den<br />

Bereich Facility Engineering; Prof. Henning Balck, Institut für Projektmethodik<br />

und Systemdienstleistungen<br />

2/2007<br />

41


Workshop<br />

Axel Parker, Verkaufsleiter (Süddeutschland)<br />

bei Sika Deutschland GmbH<br />

Lebenszykluskosten sind nicht die<br />

Anschaffungs-, sondern die Instand haltungs-<br />

und Wartungskosten mit allen<br />

Bauteilen, die dazu benötigt werden. Es<br />

gibt Bauteile, die sind wartungsfrei, aber<br />

letztendlich, zum Beispiel im Bereich<br />

der Haus tech nik, gibt es Bauteile, die<br />

müssen gewartet werden, und das sind<br />

ganz große unterschiedliche Kostenfaktoren.<br />

Balck: Seit den 70er Jah ren hat man in<br />

energiesparendes Bauen und damit verbunden<br />

in integrale Pla nung investiert<br />

Über die Teilnehmer<br />

– in jüngster Zeit mit einer erfreulichen<br />

Renaissance. Leider hat man dabei die<br />

Wartungen, Ins pek tionen, Entstö rungen<br />

und In stand setzungen nicht beachtet.<br />

Die so genannte Integrale Planung<br />

war nicht integral – die wird erst im<br />

Lebens zy k lusansatz Wirklichkeit.<br />

Galenza: Grundgedanke dieser Integralen<br />

Planung ist aber, dass der Betreiber<br />

schon mit im Boot sitzt, weil gerade<br />

der die Erfahrungen mit den unterschied<br />

lichen Technologien oder Materialien<br />

hat.<br />

Hecker: Der Betreiber muss seine<br />

Bedürfnisse kommunizieren. Und der<br />

braucht nicht die Lösung im Detail<br />

sagen, sondern er muss erklären, wie<br />

er die Lösung bewertet. Wir brauchen<br />

eine Alternative zu Ausschreibungsverfahren,<br />

wo Bau teile nach Typ und<br />

Menge festgelegt sind. Wer den geringsten<br />

Preis nennt, hat den Auftrag. Das<br />

führt immer dazu, dass der Industrie<br />

die Chance genommen wird, das wirklich<br />

Attraktive zu entwickeln.<br />

Der Planer ist ein Teil dieses Problems<br />

– und kann es nicht lösen, weil die<br />

Komplexität zu groß ist. Er wird in<br />

Zu kunft eine andere Aufgabe haben,<br />

nämlich die Bauaufgabe in der Ge -<br />

schäfts perspektive seines Auftraggebers<br />

zu durchdenken. Er muss sich folgen-<br />

den Fragen stellen: Wie verdient sein<br />

Bau herr Geld und welchen Beitrag liefern<br />

dazu die planerischen Lösungen?<br />

Panther: Die Idee ist ja an sich bestechend<br />

und ich würde das auch so machen,<br />

wenn das ginge. Nur in Projekten,<br />

die gerade bei uns laufen, ist der Zeitgeist<br />

gegen uns. Es muss heute alles<br />

extrem schnell gebaut werden. Es ist<br />

überhaupt keine Zeit mehr da, um<br />

in novative Schritte einzuführen und<br />

abzuwickeln. Der Planer hat nicht<br />

die Zeit, uns Betreiber zu fragen,<br />

was braucht ihr eigentlich? Der Planer<br />

kennt nicht die Anforderungen und<br />

handelt ohne uns.<br />

Wagner: Wir haben durchaus die<br />

Mög lichkeit, in die Leistungsbeschreibungen<br />

der Öffentlichen Auftraggeber<br />

– nach Vergabeverfahren der VOB –<br />

auch das Thema Lebenszykluskosten<br />

mit einfließen zu lassen. Das ist dann<br />

Vergabeent scheidungskriterium. Wichtige<br />

Punkt sind bei der Produktentscheidung<br />

die Themen Garantie,<br />

Produkt ge währleis tung und Haftung,<br />

die wir stärker kultivieren und verallgemeinern<br />

müssen, einfach um hier die<br />

Nachhaltigkeit zu erzeugen – und letztlich<br />

auch beim Hersteller einfordern<br />

zu können.<br />

Kuder: Und dafür brauchen wir eine<br />

Axel Parker: Verkaufsleiter (Süddeutschland) bei Sika Deutschland GmbH, Stuttgart, www.sika.com<br />

Peter Herold: Key Account Manager (für den Bereich Wohnungswirtschaft) bei der WILO AG, Dortmund, www.wilo.de<br />

Dr. Bernhard Fischer: Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung – dort für den Bereich nachhaltiges bauen und Umweltschutz<br />

verantwortlich – Bonn, www.bbr.bund.de<br />

Peter Jüngling: Key Account Manager bei der GEZE GmbH, Leonberg, www.geze.com<br />

Mohamed Alami: Produktmanager „Automatische Türen“ bei der GEZE GmbH, Leonberg, www.geze.com<br />

Adolf Wagner: Leiter Infrastruktur bei der DB Station&Service AG, Frankfurt/Berlin, www.bahn.de<br />

Matthias Panther: Fachbereichsleiter Betreibstechnik / Servicecenter Versorgung und Technik am Klinikum Stuttgart,<br />

Stuttgart, www.klinikum-stuttgart.de<br />

Uwe Hornik: Department Manager Construction / Corporate Real Estate & Engineering bei der METRO Cash&Carry<br />

International GmbH, Düsseldorf, www.metro-cc.com<br />

Gerhard Kuder: Geschäftsführer bei Balck+Partner, verantwortlich für den Bereich Facility Engineering, Heidelberg,<br />

www.<strong>balck</strong>-<strong>partner</strong>.de<br />

Prof. Henning Balck: IPS – Institut für Projektmethodik und Systemdienstleistungen, Heidelberg, www.<strong>balck</strong>-<strong>partner</strong>.de<br />

Moderiert wurde die Veranstaltung von Kerstin Galenza und Burkhard Fröhlich, Redaktion FACILITY MANAGEMENT,<br />

www.facility-management.de<br />

42 2/2007 www.facility-management.de


AVA-Software (Ausschreibungs-, Vergabe-,<br />

Abrechnungssystem), die auch<br />

den Life Cycle Costs (LCC) gerecht<br />

wird. Seit Jahrzehnten machen wir mit<br />

den bestehenden AVA-Systemen nur einen<br />

Investitionskostenvergleich in Form<br />

eines Preisspiegels. Für die Ermittlung<br />

der LCC sind Zusatzberechnungen in<br />

Excel oder in fremder Software erforderlich.<br />

Das ist eine Entwicklungs aufgabe<br />

für die Softwareindustrie.<br />

Balck: So eine Gesamtsicht ins Projekt<br />

zu holen, heißt für uns "System führerschaft".<br />

Wir reden über andere Prozesse<br />

in den Projekten. Bauprojekte sind Teilpro<br />

zesse in übergreifenden Wertschöpfungsketten.<br />

Am Anfang stehen die Produktanbieter,<br />

am Ende die Nutzer und Betreiber –<br />

und dazwischen sind die Planer und<br />

ausführenden Firmen. Diese Mitte<br />

braucht eiine grundlegende Neuaus-<br />

www.facility-management.de<br />

Nachhaltigkeit im Bauprozess ist nur ein<br />

Schwerpunkt – auch die Kommunikation<br />

muss stafinden!<br />

richtung. Dazu kommen wichtige<br />

Impulse aus der Industrie und von<br />

„Betreiber-Bauherren“.<br />

Fröhlich: Das Ziel dieser ersten Veranstaltung<br />

sollte es sein, das Thema<br />

Buil ding Life Cycle Management mit<br />

Fach leuten zu diskutieren, Erfah rungen<br />

einzubringen und Schwach stel len sowie<br />

mögliche Wege zur Verände rung aufzuzeigen.<br />

Das ist auf dieser Veranstaltung mehr<br />

als gelungen. Die Probleme sind bekannt<br />

und erkannt, jetzt heißt es, den<br />

Kreis der Beteiligten in dieser Prozesskette<br />

deutlich zu vergrößern und mit<br />

einzubinden. Die Teilnehmer dieser<br />

Veranstaltung sind auf dem bestem<br />

Weg…<br />

Moderiert wurde die Veranstaltung von<br />

Kerstin Galenza und Burkhard Fröhlich,<br />

Redaktion FACILITY MANAGEMENT.<br />

2/2007<br />

Workshop<br />

43

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