SOLL UND HABEN - Lindner Group
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db deutsche bauzeitung 08.2011<br />
TRENDS : ENERGIE<br />
7<br />
4<br />
[7] Die schematische Gegenüberstellung<br />
der Energieer -<br />
zeugung vor und nach Sanierung<br />
verweist auf ein heute<br />
wesentlich komplexeres, aber<br />
auch effizienteres System<br />
[8] Kernsanierung: Bis auf<br />
den nackten Beton wurden die<br />
Büros rückgebaut<br />
[9] Blick in den heutigen<br />
»Open Space«-Bereich. Durch<br />
die Umorganisation der Ge -<br />
bäudetechnik und die neue<br />
Deckenkonstruktion wurde<br />
Raumhöhe gewonnen<br />
› nach unten auf die Arbeitsplätze und stellen<br />
eine blendfreie, helle Allgemeinbeleuchtung<br />
her. Sie ist zentral gesteuert, lässt sich aber auch manuell<br />
nach Bürozonen von jedem Mitarbeiter –<br />
ebenso wie das Raumklima – über einen in die<br />
Wand eingebauten Touchscreen bedienen. So fühlen<br />
sich die »Banker« trotz zentraler Hightech weniger<br />
fremdbestimmt. Grundsätzlich aber müssen<br />
sich die Angestellten an einen anderen Umgang mit<br />
Büro- und Gebäudetechnik gewöhnen. Z. B. zentrierte<br />
die Bank ihr Rechnersystem, so dass sich unter<br />
den Bürotischen statt eines PCs nur noch kleine<br />
Verbindungsboxen mit Kabel zum Hauptrechner<br />
befinden. Der Mitarbeiter arbeitet also nicht mehr<br />
an einem persön lichen PC, sondern loggt sich mit<br />
seiner Chipkarte direkt auf dem Zentralrechner ein.<br />
Das reduziert die Wärmelasten im Büro und spart<br />
Platz. Ein anderes Beispiel sind die Aufzüge: Sie erfassen<br />
über einen Rechner die Zielgeschosse und<br />
sortieren die Aufzugsfahrten nach den sinnvollsten<br />
Geschossverbindungen. Das spart laut Bauherrn im<br />
Vergleich zu früher rund 54 % der Energie für die<br />
Aufzüge und reduziere den Energieaufwand für den<br />
Transport im Gebäude auf rund 160 MWh/a. Allerdings<br />
muss sich der Mitarbeiter dafür mit seiner<br />
Chipkarte beim Aufzugssystem anmelden; und so<br />
werden seine täglichen Wege im Büro gespeichert.<br />
Der Clou an dem Aufzugssystem liegt<br />
aber an anderer Stelle: Seine Elektromotoren<br />
erzeugen Strom, die sie<br />
dem eigenen System wieder zuführen.<br />
Auch diese Technik ist eine Sonderanfertigung.<br />
Rechnerisch entspricht der gewonnene Strom in<br />
etwa dem Strombedarf der zwei hauseigenen Elektrotankstellen<br />
am Gebäude.<br />
KÜHLEN <strong>UND</strong> HEIZEN:<br />
GEWINN STATT VERLUST<br />
Am meisten Energie spart die Umstellung von Luft-<br />
auf Körperheizung/-kühlung: Die Büroräume werden<br />
nun von Aluminium-Deckensegeln mit einem<br />
wärmespeichernden Grafitkern temperiert. Aluminiumwinkel<br />
schließen die Segel an die Betondecke<br />
an, laut TGA-Planer überträgt das Metall die Kälte/<br />
Wärme an das massive Bauteil – die Rohdecke als<br />
latenter Wärmespeicher.<br />
Die Temperaturkreisläufe funktionieren je nach<br />
Jahreszeit unterschiedlich: Das im Heiz-/Kühl -<br />
system zirkulierende Wasser wird in zwei Kreisläufen<br />
einer Wärme-Kälte-Kopplung zugeführt und<br />
produziert mit der überschüssigen Wärme- bzw.<br />
Kälteenergie die für den jeweiligen Gegenkreislauf<br />
benötigte Energie. In den Übergangszeiten reicht<br />
eine zusätzliche Wärmerückgewinnung bzw. eine<br />
Kühlung mit Eis und eine freie Kühlung mit einem<br />
Hybridkühler auf dem Gebäudedach, um das<br />
Wasser für die Wärme-Kälte-Kopplung vorzutemperieren.<br />
Im Sommer gibt der Kühler die überschüssige<br />
Energie des Wärmekreislaufs an die Außenluft<br />
ab, im Winter deckt zusätzlich Fernwärme<br />
den Heiz bedarf. Insgesamt benötigt das neue Kli-<br />
8<br />
9<br />
masystem rechnerisch rund 67 % des alten Heiz-<br />
und Kühl aufwands, der Energiebedarf für die Temperierung<br />
der Büroräume liegt voraussichtlich bei<br />
40-60 W/m². Dabei sind die Wärme- und Kältequellen<br />
weitestgehend im Gebäude selbst produziert.<br />
Gleiches gilt für das Warmwasser. Ohne -<br />
hin verzichtet das Unternehmen in den Sanitär -<br />
räumen auf Warmwasser, lediglich in der Großküche<br />
im 4. OG gibt es warmes Wasser. Dieses erzeugt<br />
eine solarthermische Anlage auf dem Dach<br />
des Sockelgebäudes.<br />
RESSOURCEN SPAREN<br />
Der Wasserverbrauch reduzierte sich nach dem<br />
Umbau um 55 % auf 16 000 m³ pro Jahr. Das ist v. a.<br />
zwei Maßnahmen zu verdanken: zum einen der<br />
Reduktion des Wasserdurchlaufs bei den lichtgesteuerten<br />
Waschtischarmaturen und den neu<br />
entwickelten 3 l-WCs, zum anderen der Nutzung<br />
von Regen- und Brauchwasser für die Toilettenspülung.<br />
Energetisch und für den Ressourcenverbrauch<br />
in Deutschland ist das nicht allzu entscheidend,<br />
aber sobald man von ressourcensparenden<br />
Gebäuden spricht, ist ein Wassermanagement nur<br />
konsequent – und einer Green-Building-Zertifizierung<br />
hilft diese Maßnahme ebenfalls.<br />
Ebenfalls eher von symbolischem Wert ist die Recyclingquote<br />
beim Umbau. Rund 98 % der Baumasse<br />
wurde einer Recyclinganlage zugeführt – der Hohlraumboden,<br />
die Trockenbauwände der alten Zellen-<br />
büros, der Abbruchbeton oder die Bau metalle hatten<br />
inzwischen entweder ihre Lebensdauer überschritten<br />
oder waren durch den Abbruch nicht mehr<br />
einsetzbar. Bei den neuen Materialien achtete man<br />
nun umso mehr auf deren Lebenszyklus; ein Fakt,<br />
der v. a. der Zertifizierung geschuldet ist, denn dort<br />
fließt die Ökobilanz einzelner Baukomponenten in<br />
die Bewertung ein. So erreichte das Gebäude nach<br />
dem Umbau das Zertifikat LEED Platin und das<br />
DGNB-Gütesiegel in Gold. Die Zertifizierung war<br />
»ein angenehmer Nebeneffekt«, so die Architekten,<br />
denn die dafür notwendigen Werte waren nach dem<br />
Umbau ohnehin leicht erreicht. Der Aufwand für<br />
die Zertifizierung scheint sich so also in Grenzen<br />
gehalten zu haben bzw. ist, gegenüber der Gesamtinvestition<br />
gesehen, ohnehin irrelevant – zugleich<br />
steigert es den Wert der Immobilie, die gleich nach<br />
dem Umbau wiederum an eine Tochter der Deutschen<br />
Bank verkauft wurde.<br />
Hauptargument für die energetische Sanierung waren<br />
aber die stetig steigenden Wasser-, Strom- und<br />
die damit verbundenen Betriebskosten. So schlug<br />
der Umbau zwar mit rund 200 Mio. Euro zu Buche,<br />
der Gesamtenergiebedarf jedoch wird von insgesamt<br />
36,2 GWh/a auf (vorausberechnet) ca. 15,8<br />
GWh/a sinken. Die Kostenersparnis pro Jahr läge so<br />
nach den derzeitigen Energiekosten im Millionenbereich.<br />
Das dürfte sich also recht schnell rechnen.<br />
In jedem Fall aber rechnet es sich auch für das Marketing<br />
und Image der Deutschen Bank und rückt<br />
diese in ein grüneres Licht. •<br />
{Standort: Taunusanlage 12, 60235 Frankfurt a. M.<br />
Bauherr: Deutsche Bank<br />
Architekten: Mario Bellini Architects (Entwurf);<br />
gmp (Ausführung), Partner: Volkwin Marg,<br />
Hubert Nienhoff, Projektleitung: Babette Kowalsky,<br />
Bernd Gossmann (Planung), Bernd Adolf<br />
(Bauleitung)<br />
Projektmanagement: Drees & Sommer, Frankfurt<br />
Energie und Klimaplanung, TGA: Peter Berchtold,<br />
Sarnen (Türme); Ebert-Ingenieure, Nürnberg<br />
(Sockelgeschosse/Bauphysik )<br />
Tragwerksplanung Sphere: Bollinger und<br />
Grohmann, Frankfurt a. M.<br />
Lichtplanung: a·g Licht, Bonn<br />
Elektroplanung: Dörflinger + Partner, Erfurt<br />
Energiebedarf: keine konkreten Angaben<br />
BGF: 122 m² (BRI: keine Angaben)<br />
Baukosten: ca. 200 Mio. Euro<br />
Bauzeit: Dezember 2007 bis November 2010<br />
{Beteiligte Firmen:<br />
Sonnenschutzglas: Interpane Glas Industrie,<br />
Lauenförde, www.interpane.com<br />
Fassade (Sonderkonstruktion mit automatisch<br />
öffenbaren Fenstern): Gartner, Gundelfingen,<br />
www.gartner.com; (PV-Elemente): SCHOTT<br />
Solar, Mainz, www.schottsolar.com<br />
Klimadecke: ATD-Systems, Hüttwilen,<br />
www.akustiktherm.ch, in Kooperation mit<br />
<strong>Lindner</strong>, Arnstorf, www.lindner-group.com,<br />
Aufzüge: Schindler, Berlin, www.schindler.de<br />
Beleuchtung (Sonderkonstruktion Schwertleuchten):<br />
Zumtobel, Dornbirn; www.zumtobel.com<br />
3 l-WCs: Villeroy & Boch, Mettlach,<br />
www.villeroy-boch.com