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Max Kerner / Klaus Herbers<br />

Die Päpstin Johanna. Biographie einer Legende<br />

Herder Spektrum 6332<br />

Freiburg u.a.: Verlag Herder. 2011<br />

176 Seiten<br />

9,99 €<br />

ISBN 978-3-451-06332-9<br />

Die „Päpstin“ Johanna – oder wie auch immer sie<br />

geheißen haben mag: Jutta, Gilberta, Agnes – führt<br />

ein unverwüstliches Eigenleben, jedoch nicht im<br />

10., 11. oder 12. Jahrhundert. Sie geistert seit dem<br />

Mittelalter als Legende durch historiographische,<br />

theologische, polemische und apologetische Werke<br />

jener Zeitgenossen, die wohl ein bestimmtes Interesse<br />

gehabt haben mussten oder sich durch die<br />

Tradition gebunden fühlten, über sie zu berichten.<br />

Seit der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts belebt sie<br />

die Phantasie eines Publikums, das über das Medium<br />

„Roman“ Bildung zu erlangen hofft. Neuerdings<br />

schleicht sich jedoch der Aufklärungsteufel in historische<br />

Romane. „Was hier berichtet wird, ist nicht<br />

reine Fiktion, es beschreibt auch historische Wahrheit“<br />

– so sein Mantra, das, einmal als irritierendes<br />

Virus ins eigene Denken gepflanzt, die Skepsis des<br />

Verdachts als Geschwür generiert: „Haben wir nicht<br />

immer schon geahnt, dass ganze Heerscharen kurialer<br />

Inquisitoren europaweit kirchenkritische Dokumente<br />

aufspür(t)en und deren Wissen vernichten?“<br />

Oder im O-Ton: „Im siebzehnten Jahrhundert jedoch<br />

unternahmen verschiedene Einrichtungen der katholischen<br />

Kirche … einen gemeinschaftlichen Versuch,<br />

die peinlichen historischen Unterlagen über<br />

Johanna zu vernichten … Wie wirkungsvoll diese<br />

Maßnahmen waren, wird schon dadurch ersichtlich,<br />

daß Johanna aus dem heutigen Bewußtsein praktisch<br />

verschwunden ist“ (Donna W. Cross, Die Päpstin,<br />

Berlin 2011, 560). Doch eine „Päpstin“ lässt sich<br />

so leicht nicht unterkriegen! Von daher war ihre Biographie<br />

überfällig – nicht jedoch die Biographie einer<br />

Person, sondern die „Biographie einer Legende“.<br />

Den Mediävisten Max Kerner und Klaus Herbers –<br />

beide überragende Kenner der Materie, der Zeitkontexte<br />

und für den Bereich historischer Mythen – ist<br />

mit dieser Biographie ein allgemeinverständliches<br />

18<br />

Meisterwerk gelungen. Sie gehen von einer kurzen<br />

kritischen Sichtung der Argumente von Cross gleich<br />

zu den bahnbrechenden Untersuchungen Döllingers<br />

von 1863 über, der die Motive der „Sage“ um eine<br />

„Päpstin“ historisch rekonstruiert hat. Anschließend<br />

nehmen die Autoren das 9. Jahrhundert in den Blick,<br />

in dem Johanna nach Meinung der meisten Textbelege<br />

gelebt haben soll. „Die zeitgenössischen Quellen<br />

selbst ergeben jedoch keinen konkreten Hinweis<br />

auf eine Päpstin, lassen auch in der Chronologie keinen<br />

Spielraum für sie, handschriftliche Besonderheiten<br />

sind ohne die Figur eines weiblichen Papstes<br />

erklärbar.“ Allerdings machte es Sinn, ihr Phantom<br />

in jene Zeit zu platzieren. Seit dem 13. Jahrhundert<br />

finden sich die ersten Textquellen, die über eine<br />

„Päpstin“ berichten. Fortschreitend wird deren „Biographie“<br />

ausgeschmückt. Fazit für diese Zeit: „Als<br />

eine zunächst vornehmlich stadtrömische Lokalsage<br />

ist sie ab etwa 1250 vor allem im Umkreis der<br />

Bettelorden … als eine papst- und kirchenkritische<br />

Fabel geschaffen worden, die dann in ihrer weiteren<br />

Wirkung und Ausgestaltung als eine vielgestaltige

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