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Der «boomende Sektor - Vereinigung Basler Ökonomen

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id999<br />

Leidet die Schweiz an der Holländischen<br />

Krankheit?<br />

<strong>Vereinigung</strong> <strong>Basler</strong> <strong>Ökonomen</strong>, VBÖ<br />

Basel, 20. September 2012<br />

Boris Zürcher<br />

Direktor und Chefökonom BAK Basel Economics AG


id999/ 2<br />

BAKBASEL<br />

� Seit über 30 Jahren, unabhängiges, sich am Markt finanzierendes<br />

Wirtschaftsforschungsinstitut, das volkswirtschaftliche Prognosen und<br />

Analysen erstellt und Beratungsdienstleistungen auf empirischer und<br />

quantitativer Ebene erbringt.<br />

� Kunden sind öffentliche und private Institutionen auf nationaler, regionaler<br />

und internationaler Ebene.<br />

� Unser Claim: «economics is our business»


id999/ 3<br />

Plan<br />

� Hypothese der Holländischen Krankheit, Motivation<br />

� Zweckmässiger Erklärungsansatz<br />

� Deindustrialisierungsdebatte, Outsourcing, Offshoring<br />

� Laufende Höherbewertung des CHF<br />

� Status des Finanzsektors<br />

� Was ist die Holländische Krankheit?<br />

� <strong>Der</strong> fundamentale „Mecano“<br />

� Das 3-<strong>Sektor</strong>en-Modell<br />

� Evidenzen für die Holländische Krankheit in der Schweiz<br />

� Grösse und Bedeutung des Finanzsektors<br />

� CHF-Aufwertung<br />

� Deindustrialisierung<br />

� Ist die Holländische Krankheit schlimm? Pathologische Effekte?<br />

� Effekte auf Wachstum und Beschäftigung<br />

� Weitere Symptome<br />

� Welche Konsequenzen für die Wirtschaftspolitik?


id999/ 4<br />

Hypothese der Holländischen Krankheit<br />

� Zweckmässiges Modell, um die Situation der Schweiz zu analysieren<br />

� Scheinbare oder effektive Anomalien<br />

� Empirische Regelmässigkeiten<br />

� Befürchtungen Deindustrialisierung (Outsourcing, Offshoring)<br />

� Frage der Wettbewerbsfähigkeit und Höherbewertung des Frankens<br />

� Grösse und Bedeutung des Finanzsektors (Fluch oder Segen?)<br />

� Das Modell der Holländischen Krankheit, bzw. das 3-<strong>Sektor</strong>en-Modell kann<br />

helfen, gewisse Beobachtungen und Regelmässigkeiten zu ordnen und zu<br />

bewerten<br />

� Literatur: Corden & Neary (1982), Corden (1984)


id999/ 5<br />

Was ist die Holländische Krankheit?<br />

� Kürzesterklärung: ein „extremer“ oder verstärkter Balassa-Samuelson-Effekt<br />

� Was ist der Balassa-Samuelson-Effekt?<br />

� 2-<strong>Sektor</strong>en-Ökonomie:<br />

� Exportorientierter <strong>Sektor</strong> steht in internationalen Wettbewerb oder ist<br />

der Importkonkurrenz ausgesetzt, stellt international handelbare Güter<br />

und Dienstleistungen her (bspw. Uhren, Automobile, Maschinen, …)<br />

� Binnenorientierter <strong>Sektor</strong>, stellt international nicht handelbare Güter<br />

und Dienstleistungen her (personenbezogene und ortsgebundene DL wie<br />

bspw. Haarschnitte, verderbliche Ware, …)


id999/ 6<br />

„Mecano“ B-S-Effekt<br />

� Asymmetrische Produktivitätsentwicklung zwischen binnen- und<br />

exportorientiertem <strong>Sektor</strong> aufgrund internationaler Konkurrenz<br />

� Veränderung der relativen Preise zu Lasten des exportorientierten bzw. des<br />

der Importkonkurrenz ausgesetzten <strong>Sektor</strong>s, realer Aufwertungsdruck<br />

� Zunehmende Ausdehnung des binnenorientierten <strong>Sektor</strong>s (stärkere<br />

Beschäftigungszunahme und Absorption von Einkommen)<br />

� Aufblähung des Staates


id999/ 7<br />

Balassa-Samuelson plus <strong>«boomende</strong>r <strong>Sektor</strong>»<br />

� Erweiterung des Balassa-Samuelson-Modell um einen boomenden <strong>Sektor</strong> � 3-<br />

<strong>Sektor</strong>en-Modell:<br />

� Binnenorientierter <strong>Sektor</strong>:<br />

� Stellt internationale nicht handelbare Güter und Dienstleistungen her (non<br />

tradeables)<br />

� Bspw. Viele landwirtschaftliche Güter, Bauwirtschaft, persönliche Dienstleistungen,<br />

Teile des Gesundheitswesen, staatsnahe Unternehmen, vom internationalen Markt<br />

abgeschottete Bereiche, …<br />

� Exportorientierter <strong>Sektor</strong> (Industriesektor):<br />

� Stellt internationale handelbare Güter und Dienstleistungen her, ist der<br />

Importkonkurrenz ausgesetzt (tradeables)<br />

� Bspw. MEM, Chemie/ Pharma, verarbeitendes Gewerbe, Uhren/<br />

Präzisionsinstrumente, Teile des Tourismusgewerbes, …<br />

� Boomender <strong>Sektor</strong>:<br />

� Stellt ebenfalls international handelbare Güter und Dienstleistungen her<br />

� Bspw: konventionell Rohstoffe oder Energieträger, im Fall der CH oder GB<br />

Finanzdienstleistungen …


id999/ 8<br />

„Mecano“ Holländische Krankheit<br />

� Zwei Effekte:<br />

� Ressourcenverlagerungseffekt (resource movement effect, direct<br />

deindustrialisation)<br />

� Ausgabeneffekt (spending effect, indirect deindustrialisation)<br />

� Verdrängungseffekt durch Expansion des boomenden <strong>Sektor</strong>s, Absorption<br />

Investitionen, Humankapital<br />

� bedingt eine gewisse Grösse des boomenden <strong>Sektor</strong>s<br />

� Konkurrenz auf den Faktormärkten<br />

� Effekt auf Profitabilität der <strong>Sektor</strong>en<br />

� Ausgabeneffekt durch den Windfall Gain aus dem boomenden <strong>Sektor</strong><br />

� Wer profitiert von zusätzlichem Einkommen?<br />

� Binnenorientierter <strong>Sektor</strong> plus Staat<br />

� Veränderung der relativen Preise gemäss B-S-Effekt wird abermals akzentuiert (reale<br />

Aufwertung zulasten exportorientiertem <strong>Sektor</strong>)


id999/ 9<br />

<strong>Der</strong> <strong>«boomende</strong> <strong>Sektor</strong>»<br />

� Anforderungen, damit Effekt relevant<br />

� Grösse und Bedeutung<br />

� Hohes Wachstum, dynamische Entwicklung<br />

� Generiert zusätzliches Einkommen<br />

� Generiert signifikanten Kapitalzufluss und dadurch Aufwertungsdruck auf<br />

einheimische Währung<br />

� Holländische Krankheit: Erdgas (Groningen Erdgasfeld) oder natürliche Ressourcen,<br />

heute im Kontext mit Industrialisierung in Schwellenländern (Diamantvorkommen,<br />

Erdölvorkommen, seltene Rohstoffe usw.)<br />

� «Anglo Disease» oder «britische Krankheit»: Irland mit Ansiedlung von Unternehmen<br />

und entsprechendem FDI-Zufluss, UK mit City und Finanzdienstleistungen, CH mit<br />

Finanzdienstleistungen und Vermögensverwaltung (Analogie Gas und Geldzuflüsse<br />

(;-), Steuerparadiese, Bankgeheimnis, …)


id999/ 10<br />

<strong>Der</strong> <strong>«boomende</strong> <strong>Sektor</strong>» in der Schweiz<br />

� Finanzsektor<br />

� Grösse, Bedeutung und Wachstum hinsichtlich Wertschöpfung und<br />

Beschäftigung<br />

� Vermögensverwaltung, Vermögen werden im Ausland angelegt<br />

� Profit-Share bzw. Profitabilität<br />

� Mögliche Gründe für Boom des Finanzsektors:<br />

� <strong>Der</strong>egulierung<br />

� Aufhebung Kapitalverkehrskontrollen im Zuge Zusammenbruch BW<br />

� Financial Globalization


id999/ 11<br />

Boomende Finanzdienstleistungen in der Schweiz<br />

Entwicklung der Wertschöpfung, Index 1980 = 100, 1980 - 2011<br />

230<br />

210<br />

190<br />

170<br />

150<br />

130<br />

110<br />

90<br />

70<br />

50<br />

1980<br />

BIP<br />

1982<br />

Landw irtschaft (NOGA 01-05)<br />

Industrie (NOGA 10-41)<br />

Bau (NOGA 45)<br />

Handel (NOGA 50-64)<br />

Finanzsektor (NOGA 65-74)<br />

Staat (NOGA 75-97)<br />

1984<br />

1986<br />

Source: seco, BAKBASEL<br />

1988<br />

1990<br />

1992<br />

1994<br />

1996<br />

1998<br />

2000<br />

2002<br />

2004<br />

2006<br />

2008<br />

2010


id999/ 12<br />

Boomende Finanzdienstleistungen in der Schweiz<br />

Entwicklung der Wertschöpfung, Wachstumsraten, 1980 - 2011<br />

Note: durchschnittliche, jährliche Wachstumsraten in %<br />

Source: seco, BAKBASEL


id999/ 13<br />

Entwicklung des Finanzsektors in der Schweiz<br />

Anteile Wertschöpfung FIRE (NOGA 64-82) am Total in %, 1980 - 2008<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

1980<br />

3.5%<br />

3.2%<br />

1982<br />

4.1%<br />

4.6%<br />

4.6%<br />

1984<br />

4.4%<br />

Source: seco, BAKBASEL<br />

Real Estate, informatics, rental, R&D<br />

Insurance and Pension Funds<br />

Financial Intermediation<br />

4.6%<br />

1986<br />

4.8%<br />

5.1%<br />

1988<br />

4.6%<br />

3.7%<br />

1990<br />

4.0%<br />

1992<br />

4.2%<br />

5.9%<br />

5.7%<br />

1994<br />

5.2%<br />

6.4%<br />

1996<br />

7.7%<br />

8.2%<br />

1998<br />

8.3%<br />

9.0%<br />

2000<br />

7.7%<br />

7.4%<br />

2002<br />

7.7%<br />

2004<br />

7.7%<br />

8.1%<br />

8.4%<br />

2006<br />

8.7%<br />

7.6%<br />

2008


id999/ 14<br />

Finanzsektor der Schweiz im internationalen Vergleich<br />

Anteile Wertschöpfung und Beschäftigung am Total in %<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

2.9<br />

Finland<br />

Anteil Finanzsektor an der Bruttowertschöpfung<br />

Anteil der Beschäftigten im Finanzsektor<br />

Norway<br />

3.6 3.6<br />

Sweden<br />

4.2<br />

Germany<br />

France<br />

4.7 5.1 5.2 5.4 5.4 5.6<br />

Italy<br />

Source: un.data.org, BAKBASEL<br />

Spain<br />

Austria<br />

Denmark<br />

Belgium<br />

Netherlands<br />

6.0 6.1<br />

Canada<br />

6.5<br />

Japan<br />

7.0<br />

Korea<br />

7.8<br />

Australia<br />

8.4<br />

United Kingdom<br />

8.5<br />

United States<br />

9.8<br />

Iceland<br />

10.6<br />

Ireland<br />

12.5<br />

Switzerland<br />

27.2<br />

Luxembourg


id999/ 15<br />

Das Vermögensverwaltungsgeschäft<br />

Insgesamt in der Schweiz verwaltete Vermögen per 31. Dezember 2011 in Mrd. CHF<br />

Source: SNB, BAKBASEL


id999/ 16<br />

Zwischenbemerkung<br />

� Conundrum: Hoher Kapitalexport der Schweiz gemäss Zahlungsbilanz vs. Aufwertung<br />

des CHF (!)<br />

� Zahlungsbilanz und auch Finanzierungsrechnung der Schweiz suggeriert, dass S > I<br />

und Sparüberschuss exportiert wird<br />

� Aufwertungsdruck impliziert demgegenüber, dass hohe Nachfrage nach CHF existiert<br />

� Off-balance sheet Verbuchung heisst nicht, dass es keine realen Effekte hat<br />

� Kapitalzufluss übt Druck auf Zinsen aus und wirkt tendenziell inflationär, daher Anlage<br />

im Ausland<br />

� Ist möglicherweise Kapitalexport effektiv ein Kapitalimport?<br />

� Auch Headquarters, die Gewinne repatriieren


id999/ 17<br />

Gewinnanteil des Finanzsektors<br />

Entwicklung des Nettobetriebsüberschusses für gesamte Wirtschaft und Anteil der<br />

Finanziellen Kapitalgesellschaften (FKG) 1990 - 2010<br />

30.0%<br />

25.0%<br />

20.0%<br />

15.0%<br />

10.0%<br />

5.0%<br />

0.0%<br />

1990<br />

68 Mrd. ~ x 2<br />

115 Mrd.<br />

3.2 Mrd.<br />

1991<br />

1992<br />

1993<br />

1994<br />

1995<br />

1996<br />

1997<br />

1998<br />

1999<br />

~ x 6<br />

Note: Anteile in %, absolute Zahlen nominal, FK Zentralbanken, Kreditinstitute, Versicherungen, PK’s<br />

Source: Kontensequenz, BFS, BAKBASEL<br />

2000<br />

2001<br />

2002<br />

Nettobetriebsüberschuss/Nettoinlandprodukt<br />

Nettobetriebsüberschuss<br />

FKG/Nettobetriebsüberschuss<br />

2003<br />

2004<br />

2005<br />

2006<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

20.8 Mrd.<br />

2010


id999/ 18<br />

Löhne nach Branchen und Wirtschaftsabschnitten<br />

Medianlöhne nach Branchen und Wirtschaftssektoren, 2010, nominal in CHF<br />

Sonst. wirtschaftliche<br />

Dienstleistungen<br />

Handel; Instandhaltung u. Rep.<br />

von Motorfahrz.<br />

Verkehr u. Lagerei<br />

Erbringung v. sonst.<br />

Dienstleistungen<br />

SEKTOR 3 DIENSTLEISTUNGEN<br />

Source: BfS, BAKBASEL<br />

TOTAL<br />

SEKTOR 2 PRODUKTION<br />

Verarbeitendes Gewerbe/Herst.<br />

v. Waren<br />

Freiberufliche, wissenschaftliche<br />

und technische Dienstl.<br />

Information und Kommunikation<br />

Finanz- u.<br />

Versicherungsdienstleistungen<br />

5 000<br />

5 195<br />

5 471<br />

5 571<br />

5 830<br />

5 928<br />

6 048<br />

6 157<br />

7 323<br />

8 133<br />

8 794<br />

0 1 000 2 000 3 000 4 000 5 000 6 000 7 000 8 000 9 000 10 000


id999/ 19<br />

Reale Aufwertung seit 1950er-Jahre<br />

Preisindex von handelbaren (tradeables) zu nicht handelbaren (non tradeables) Gütern,<br />

Index 2000 = 100, 1850 - 2010<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

1850<br />

1855<br />

1860<br />

Note: Grosshandelspreise und BIP-Deflator<br />

Source: seco, BfS, BAKBASEL<br />

1865<br />

1870<br />

1875<br />

1880<br />

1885<br />

1890<br />

1895<br />

1900<br />

1905<br />

1910<br />

1915<br />

1920<br />

1925<br />

1930<br />

1935<br />

1940<br />

1945<br />

1950<br />

1955<br />

1960<br />

1965<br />

1970<br />

1975<br />

1980<br />

1985<br />

1990<br />

1995<br />

2000<br />

2005<br />

2010


id999/ 20<br />

Wechselkurs kennt langfristig nur eine Richtung …<br />

Realer, effektiver Wechselkurs, jährlich, 1973:1 – 2012:7<br />

ln(realer, effektiver WK)<br />

4.9<br />

4.8<br />

4.7<br />

4.6<br />

4.5<br />

4.4<br />

4.3<br />

4.2<br />

4.1<br />

1973<br />

y = 0.0055x + 4.0558<br />

1975<br />

1977<br />

Source: SNB, BAKBASEL<br />

1979<br />

1981<br />

1983<br />

1985<br />

1987<br />

1989<br />

1991<br />

1993<br />

1995<br />

1997<br />

1999<br />

2001<br />

2003<br />

2005<br />

2007<br />

2009<br />

2011


id999/ 21<br />

Potentielle Betroffenheit durch CHF-Aufwertung<br />

Anteil Exporte/Gesamtnachfrage dividiert durch Anteil Importe an Gesamtkosten<br />

MedTech, Uhren, Präzisionsinstrumente<br />

Source: BfS, BAKBASEL<br />

Chemie/Pharma<br />

Maschinenbau<br />

Finanzsektor<br />

Handel<br />

Energie<br />

Gummi/Kunstoffindustrie<br />

Elektrotechnik<br />

Durchschnitt<br />

Gastgewerbe<br />

Textil/Bekleidung<br />

Verkehr<br />

Metallindustrie<br />

Nahrungsmittel<br />

Kommunikation<br />

Bau<br />

-20% -10% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%


id999/ 22<br />

Zusammenfassung Wirkungen CH<br />

� Hoher Liquiditätszufluss<br />

� Tiefe Zinsen (Zinsinsel Schweiz); CH lebt nicht von Zinsen, sondern von<br />

Aufwertung<br />

� Reale Aufwertung und Höherbewertung des Frankens<br />

� Verringerung der (preislichen) Wettbewerbsfähigkeit<br />

� Reduziert Profitabilität der exportorientierten <strong>Sektor</strong>en, Deindustrialisierung<br />

� Verdrängungseffekte am Arbeitsmarkt insbesondere für gut und hoch<br />

qualifizierte Arbeitskräfte<br />

� Beanspruchung eines überproportionalen Anteils der gesamtwirtschaftlichen<br />

Gewinne<br />

� Wachstum der staatsnahen <strong>Sektor</strong>en (Gesundheit, Bildung, usw.)<br />

Hauptsymptome der Holländischen Krankheit:<br />

� Deindustrialisierung<br />

� Höherbewertung des Frankens


id999/ 23<br />

Ist die Holländische Krankheit schlimm?<br />

� Was heisst „schlimm“?<br />

� Schlimm dann, wenn Holländische Krankheit der Schweiz Wachstum<br />

(Wertschöpfung und Beschäftigung) kostet<br />

� Deindustrialisierung per se ist nicht negativ und Höherbewertung des CHF<br />

kann auch eine Gleichgewichts-Reaktion sein<br />

� Pathologische Formen: Rentier-Gesellschaft in einigen Oelförderländern,<br />

exzessives Rentseeking bis hin zu offenen Konflikten (politökonomische<br />

Aspekte)


id999/ 24<br />

Prima vista: grosser Finanzsektor kostet Wachstum?<br />

� Stephen G. Cecchetti et al (July 2012): Reassessing the impact of finance on<br />

growth, BIS Working Paper<br />

� Ergebnis: Financial development, bzw. Zusammenhang zwischen Grösse des<br />

Finanzsektors und Wirtschaftswachstum ist umgekehrt u-förmig. Somit gibt<br />

es eine optimale Grösse des Finanzsektors<br />

� Wenn der Finanzsektor der Schweiz auf das „optimale Niveau“ schrumpfen<br />

würde, könnte das Produktivitätswachstum rund 0.7 Prozentpunkte p.a.<br />

höher sein (!)


id999/ 25<br />

Deindustrialisierung<br />

� Holländische Krankheit ≠ Deindustrialisierung (tradeables ≠ manufacturung<br />

products)<br />

� Holländische Krankheit � Erosion der Exportbasis (exportorientierte und der<br />

Importkonkurrenz ausgesetzte Branchen, <strong>Sektor</strong>en und Unternehmen sind<br />

nicht zwingend Industrie bzw. MEM)<br />

� Ist Deindustrialisierung per se schlecht?<br />

� Frage Strukturwandel: Strukturwandel ist die Kehrseite der Medaille zum<br />

Wachstum


id999/ 26<br />

Wachstum und Strukturwandel<br />

Wirtschaftswachstum Stagnation<br />

Strukturwandel<br />

Flexibilität<br />

Strukturerhaltung<br />

Rigidität


id999/ 27<br />

Deindustrialisierung<br />

� Holländische Krankheit ≠ Deindustrialisierung<br />

� Holländische Krankheit � Erosion der Exportbasis (exportorientierte und der<br />

Importkonkurrenz ausgesetzte Branchen, <strong>Sektor</strong>en und Unternehmen sind<br />

nicht zwingend Industrie bzw. MEM)<br />

� Ist Deindustrialisierung per se schlecht?<br />

� Frage Strukturwandel: Strukturwandel ist die Kehrseite der Medaille zum<br />

Wachstum<br />

� Deindustrialisierung wäre dann problematisch, wenn Industrie speziell ist<br />

� Learning by doing<br />

� Externalitäten<br />

� Innovationsbasis …


id999/ 28<br />

CH mit effektiv höchstem Industrialisierungsgrad p.K.<br />

Industrielle Wertschöpfung (Manufacturing) pro Kopf der Bevölkerung in Euro, 2010<br />

10'000<br />

9'000<br />

8'000<br />

7'000<br />

6'000<br />

5'000<br />

4'000<br />

3'000<br />

2'000<br />

1'000<br />

0<br />

1'415<br />

Kroatien<br />

Polen<br />

Ungarn<br />

Griechenland<br />

Source: BAKBASEL<br />

1'445<br />

1'668<br />

1'870<br />

1'928<br />

1'996<br />

2'018 2'393<br />

3'965<br />

4'073<br />

4'378<br />

4'443<br />

4'485 5'230 5'696 6'237<br />

6'387 7'054 7'767<br />

2'692<br />

Portugal<br />

3'036<br />

UK<br />

3'068 3'852<br />

Slowakei<br />

3'927<br />

Slowenien<br />

3'933<br />

Spanien<br />

Tschechische Republik<br />

Frankreich<br />

EU15<br />

Nederlande<br />

Italien<br />

Belgien<br />

USA<br />

Schweden<br />

Luxemburg<br />

Dänemark<br />

Norwegen<br />

Österreich<br />

Deutschland<br />

Japan<br />

Finnland<br />

Irland<br />

Schweiz<br />

9'226


id999/ 29<br />

Ist Höherbewertung des Frankens schlimm?<br />

� Im Rahmen des Modells zur Erklärung der Holländischen Krankheit ist<br />

Höherbewertung ≠ Überbewertung! Vielmehr Gleichgewichtsreaktion auf<br />

günstige Entwicklung von Fundamentals (gestiegenen Reichtum oder<br />

Wohlstand).<br />

� Zentrale Frage: Ist gegebenenfalls Überbewertung strukturell oder temporär<br />

� differenzierte Reaktion der GP<br />

� Temporär: Überbewertung bewirkt ineffizienten (überschiessenden)<br />

Strukturwandel, kann Wachstum kosten; GP kann beitragen langfristig ein<br />

besseres Resultat zu erzielen<br />

� Strukturell: Anpassungsprozesse laufen über Preisanpassungen<br />

(Wechselkursanpassungen), Gleichgewichtsreaktionen, sollte kein Wachstum<br />

kosten; GP kann langfristig Resultat nicht verbessern


id999/ 30<br />

Wirtschaftspolitische Empfehlungen<br />

� Oberste Maxime: Strukturwandel zulassen<br />

� Rahmenbedingungen gestalten<br />

� Flexible und offene Faktormärkte<br />

� Flexibler Arbeitsmarkt<br />

� Offener Arbeitsmarkt (PFZ, Nachfrage nach qualifizierten AK,<br />

Innovationsressource, …)<br />

� Keine Industriepolitik (symmetrisch bspw. Finanzen und Industrie)<br />

� Innovations- vs. Kosten- und Preiswettbewerb<br />

� Humankapital vs. Rentier-Gesellschaft, Investitionen<br />

� Eindämmung Staatstätigkeit, konservative Ausgabenpolitik, Besteuerung,<br />

Schuldenbremse<br />

� Pragmatische Geldpolitik<br />

� Frage eines Staatsfonds


id999/ 31<br />

Schluss<br />

� 3-<strong>Sektor</strong>en-Modell zur Erklärung der Holländischen Krankheit ist nicht perfekt<br />

� Ziel eines Modells: Zweckmässigkeit<br />

� Letztlich erlaubt es eine gewisse Strukturierung teilweise widersprüchlicher<br />

Beobachtungen<br />

� Holländische Krankheit stellte sich im Laufe der 1970er-Jahre in den<br />

Niederlanden als nicht pathologische Entwicklung heraus, indem nämlich<br />

Industrieanteil an den Exporten stark stiegen.<br />

� Modell, das sich für das Verständnis des Strukturwandels eignet.


id999/ 32<br />

BAK BASEL ECONOMICS AG<br />

Güterstrasse 83<br />

CH-4053 Basel<br />

www.bakbasel.com<br />

boris.zuercher@bakbasel.com<br />

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