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Rainer Rodewald - Netzwerk Regionale Ausbildungsverbünde Berlin

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Qualität<br />

der<br />

Berufsausbildung<br />

Fachtagung<br />

28. Juni 2001<br />

<strong>Berlin</strong><br />

D o k u m e n t a t i o n


Qualität<br />

der<br />

Berufsausbildung<br />

Fachtagung<br />

28. Juni 2001<br />

<strong>Berlin</strong>


Dokumentation der<br />

Fachtagung der<br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

28. Juni 2001<br />

im AVZ Logenhaus <strong>Berlin</strong><br />

Herausgeber:<br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Boppstraße 10<br />

10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 698 076 0<br />

Layout: Kerstin Dowidat<br />

Herstellung und Druck: MarkeThing


Begrüßung/Eröffnung<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Rodewald</strong><br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Ist das Berufsbildungssystem den Anforderungen der Zukunft<br />

gewappnet?<br />

Impulsreferat 1<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen van Buer<br />

Humboldt Universität <strong>Berlin</strong><br />

Grußwort der Senatsverwaltung<br />

Staatssekretär Dr. Friedrich-Wilhelm Dopatka<br />

Welche ausbildungsrelevanten strukturellen Entwicklungen und<br />

Herausforderungen lassen sich für den Wirtschaftsraum <strong>Berlin</strong>-<br />

Brandenburg erkennen?<br />

Impulsreferat 2<br />

Sebastian Fischer<br />

Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen<br />

Workshop 1<br />

Wo liegt die Zukunft der Qualitätssicherung in der Berufsbildung?<br />

Thesen<br />

Dr. Susan Seeber<br />

Humboldt Universität <strong>Berlin</strong><br />

Workshop 2<br />

Was muß die allgemeinbildende Schule leisten und wie muß sie sich<br />

entwickeln, um Jugendliche auf den Prozeß der<br />

Ausbildung vorzubereiten?<br />

Thesen<br />

Ulrich Thöne<br />

Gewerkschaft Erziehung u. Wissenschaften<br />

Prof. Dr. <strong>Rainer</strong> H. Lehmann<br />

Humboldt Universität <strong>Berlin</strong><br />

Workshop 3<br />

Welche Anforderungen erwachsen aus der Informationsgesellschaft<br />

an das Berufsbildungssystem aus Sicht der Wirtschaft?<br />

Thesen<br />

Prof. Dr. Diepold<br />

Göttingen<br />

Friedhelm Rennhak<br />

Bereichsleiter der IHK zu <strong>Berlin</strong><br />

Wolfgang Krüger<br />

Schulleiter Werkberufsschule Siemens AG<br />

Inhalt<br />

Seite 1<br />

Seite 2<br />

Seite 36<br />

Seite 43<br />

Seite 56<br />

Seite 58<br />

Seite 61


Workshop 4<br />

Sind Ausbildung im Verbund, regionale<br />

<strong>Ausbildungsverbünde</strong> und <strong>Netzwerk</strong>e die Konzepte der<br />

Zukunft?<br />

Thesen<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Rodewald</strong><br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Norbert Bücker<br />

Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen<br />

Reinhard Selka<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung<br />

Plenum<br />

Präsentation der Workshop-Ergebnisse<br />

Workshop 1<br />

Rolf Heger<br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Workshop 2<br />

Heide Dendl<br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Workshop 3<br />

<strong>Rainer</strong> Hölmer<br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Prof. Dr. Diepold<br />

Göttingen<br />

Workshop 4<br />

Sylvia Runge<br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Abschlußreferat<br />

”Wohin die Reise geht?”<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen van Buer<br />

Humboldt Universität <strong>Berlin</strong><br />

Schlusswort<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Rodewald</strong><br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Experten<br />

Teinehmer<br />

Ablaufplan<br />

Seite 66<br />

Seite 76<br />

Seite 78<br />

Seite 80<br />

Seite 81<br />

Seite 83<br />

Seite 83<br />

Seite 94<br />

Seite 98<br />

Seite 108<br />

Seite 118


Vorwort<br />

Das Duale System der Berufsausbildung in der Bundesrepublik Deutschland<br />

hat sich in den letzten Jahrzehnten, auch im europäischen Vergleich,<br />

als erfolgreiches System der Berufsausbildung bewährt. Es wird jedoch<br />

zunehmend mit neuen Herausforderungen konfrontiert, und die Frage nach<br />

der Zukunftsfähigkeit des dualen Systems wird lauter.<br />

Wie innovationsfähig ist das Bildungssystem angesichts der rasanten Entwicklungen<br />

im Arbeits- und Wirtschaftsprozess? Reicht die immer schnellere<br />

Entwicklung von neuen, immer differenzierteren Berufsbildern aus?<br />

Wie müssen sich die Ausbildungsinhalte und Rahmenpläne den veränderten<br />

Bedarfen anpassen? Sind Modularisierung und Zertifizierung tragfähige<br />

Reformansätze? Wie gelingt die notwendige Verzahnung von<br />

Ausbildung und Weiterbildung?<br />

Wenn das System der dualen Berufsausbildung auch zukünftig die tragende<br />

Säule zur Rekrutierung des Fachkräftenachwuchses bilden soll, sind<br />

grundlegende Reformen erforderlich. Eine zentrale Fragestellung in diesem<br />

Veränderungsprozess wird sein: Wie kann die Qualität der Berufsbildung<br />

gesichert werden?<br />

Dabei sind nicht nur die Ausbildungsinhalte und Rahmenpläne vor dem Hintergrund<br />

der veränderten Anforderungen zu betrachten, sondern auch der<br />

Prozeß der beruflichen Ausbildung, die angewandten Lehr- und Lernkonzepte,<br />

die Dauer der Ausbildung sowie die Durchlässigkeit zu anderen Bildungssystemen.<br />

Zudem werden die jeweils regionalen Bedingungen in die<br />

Diskussion mit einzubeziehen sein.<br />

Die SPI ServiceGesellschaft mbH ist seit 1997 als Dienstleister und Treuhänder<br />

in dem Bereich der Ausbildungsförderung tätig und organisiert im<br />

Auftrage des Landes <strong>Berlin</strong> zusätzliche Ausbildungsplätze. Hierbei kommt<br />

im besonderem Maße der konzeptionelle Ansatz der Ausbildung im Verbund<br />

zum Tragen.<br />

Darüber hinaus koordiniert die SPI ServiceGesellschaft mbH die Aktivitäten<br />

der regionalen <strong>Ausbildungsverbünde</strong> in <strong>Berlin</strong> und führt eine Reihe von Modellprojekten<br />

im Bereich der beruflichen Ausbildung durch.<br />

Mit unserer Veranstaltung „Qualität in der Berufsausbildung“ wollen wir den<br />

aktuellen Stand der Reformdiskussion in der beruflichen Bildung aufzeigen<br />

und gemeinsam mit Experten aus der Bildungsforschung, Ausbildungspraxis,<br />

Politik und Wirtschaft notwendige Handlungsansätze aufzeigen.<br />

Raimund Rilling<br />

SPI ServiceGesellschaft mbH


Einen schönen guten Morgen, meine<br />

Damen und Herren, ich möchte sie alle herzlich<br />

willkommen heißen zu unserer Fachtagung<br />

Begrüßung/<br />

Eröffnung<br />

„Qualität der Berufsausbildung“<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Rodewald</strong><br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Meine Damen und Herren, jede Tagung ist<br />

ein Abenteuer, von der Planung bis zur Umsetzung<br />

verändert sich dann letztendlich doch alles ein wenig, so auch unsere<br />

Tagung heute. Geplant war, dass unser Staatssekretär, Herr Dopatka,<br />

die Veranstaltung eröffnet, bisher ist er jedoch noch nicht erschienen. Ich<br />

hoffe, dass der Staatssekretär noch eintreffen wird, um dann, vielleicht etwas<br />

später, ein entsprechendes Grußwort zu halten.<br />

Ich denke mir, meine Damen und Herren, Ihnen zu Ehren sollten wir jedoch<br />

jetzt einfach anfangen.<br />

Vorab möchte ich Ihnen kurz noch einmal den Tagesablauf darstellen. Sie<br />

finden ihn zum Nachlesen aber auch in den entsprechenden Tagungsunterlagen<br />

wieder.<br />

Wir werden, sofern der Staatssekretär nicht rechtzeitig eintrifft, zunächst<br />

starten mit einem Input-Referat von Herrn Professor van Buer:<br />

„Ist das Berufsbildungssystem den Anforderungen der Zukunft<br />

gewappnet?“<br />

Dann, nach einer kleinen Pause, hören wir ein zweites Referat von Herrn<br />

Sebastian Fischer, der diesen Vortrag in Vertretung für Herrn Schulz-Hofen<br />

halten wird:<br />

„Welche ausbildungsrelevanten strukturellen Entwicklungen und<br />

Herausforderungen lassen sich für den Wirtschaftsraum<br />

<strong>Berlin</strong>-Brandenburg erkennen?“<br />

Im Anschluss daran werde ich dann die Essentials dieser beiden Referate,<br />

die wesentlichen Aspekte, zusammenfassen und versuchen, Sie zu motivieren,<br />

mit uns gemeinsam die zweite Hälfte der Veranstaltung zu gestalten.<br />

Dazu möchte ich sie einladen, in 4 parallel laufenden Arbeitsgruppen konkret<br />

mitzuarbeiten. Wir haben uns für diese Veranstaltung vorgenommen, in<br />

jeder Arbeitsgruppe, zu jedem Themenschwerpunkt, 5 Thesen zu erarbeiten,<br />

5 <strong>Berlin</strong>er Thesen zur Berufsbildungspolitik.<br />

Für den Zeitraum von 12.00 bis 13.00 Uhr haben wir eine kleine Mittagspause<br />

vorgesehen.<br />

Nach der Mittagspause werden Sie dann meine Kolleginnen und Kollegen<br />

in die Workshops begleiten und mit Ihnen und den von uns eingeladenen<br />

Experten in den jeweiligen Workshops, zu den 4 Themenfeldern arbeiten.<br />

1


Wir wollen im Anschluss an die Workshops so gegen 15.30 Uhr, eine Kaffeepause<br />

machen. Anschließend werden wir Ihnen die Ergebnisse aus den<br />

Workshops präsentieren.<br />

Wir hoffen, dass die Technik funktioniert und Sie diese Ergebnisse in Form<br />

von Thesen auch gleich gedruckt mit nach Hause nehmen können. Darüber<br />

hinaus ist aber auch geplant, dass wir im Anschluß an diese Veranstaltung<br />

eine Tagungsdokumentation erstellen.<br />

Noch etwas Organisatorisches: Wir haben vorne ein kleines Kästchen aufgestellt,<br />

mit der Bitte, dass Sie dort Ihre Visitenkarten abgeben, so dass<br />

Ihnen dann auch die Dokumentation richtig zugesandt werden kann.<br />

Ja, wie ich sehe, ist der Staatssekretär bisher noch nicht erschienen, so<br />

dass wir dann nun tatsächlich mit dem Vortrag von Herr Professor van Buer<br />

starten.<br />

Meine Damen und Herren, ich darf sie recht herzlich einladen zu der Fragestellung:<br />

„Ist das Berufsbildungssystem den Anforderungen der Zukunft<br />

gewappnet?“<br />

Herr Professor van Buer, Sie haben das Wort.<br />

Impulsreferat<br />

Meine Damen und Herren,<br />

als ich das Referat angenommen<br />

habe, habe ich mir keine allzu großen<br />

Sorgen über das Thema und<br />

über die Beantwortung der dort<br />

formulierten Fragen gemacht; sie<br />

lautet: „Ist das Berufsbildungssystem<br />

den Anforderungen der Zukunft<br />

gewappnet?“ Doch als ich<br />

anfing, darüber nachzudenken,<br />

hat mich der mittlere Schrecken angefallen. Denn ich musste anfangen,<br />

darüber nachzudenken, was ich eigentlich alles wissen müsste, um die<br />

Frage überhaupt beantworten zu können.<br />

Ist das Berufsbildungssystem<br />

den Anforderungen der Zukunft<br />

gewappnet?<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen van Buer<br />

Humboldt Universität <strong>Berlin</strong><br />

Was ist mir bei all dem Schrecken eingefallen? Zumindest zwei Dinge:<br />

Erstens: Ich müsste wissen, was die Zukunft bringen wird. Manche glauben<br />

zwar, dies zu wissen. Aber die Frage nach deren Profession lautet „Sternendeuter“,<br />

„Wahrsager“ oder Ähnliches. Wenn man in die einschlägige<br />

wissenschaftliche Literatur hineinsieht - etwa zur Beantwortung der Frage,<br />

wie sich in Europa die Bildungssysteme entwickeln werden - , wird schnell<br />

sichtbar: Die Experten sprechen bewusst von Projektionen, nicht einmal von<br />

Prognosen. Das Einzige, was vergleichsweise sicher prognostiziert werden<br />

kann, ist die demographische Entwicklung in den Ländern, denn die<br />

Personen, die bis 2007 in das Bildungssystem eintreten werden, leben jetzt<br />

schon. Aber auch diese relativ sicheren demographischen Prognosen<br />

gelten nur unter der Voraussetzung, dass das eintritt, dass das bestehen<br />

2


leibt, was wir alle hoffen - Frieden; unter dieser Voraussetzung sind die<br />

demographischen Entwicklungen das Sicherste, was wir als Blick in die<br />

Zukunft haben. Alles Andere - <strong>Berlin</strong> erlebt es ja in letzter Zeit sehr deutlich<br />

- ist deutlich mehr von Unsicherheit, Unkalkulierbarkeit, - positiv formuliert -<br />

von Flexibilität und Entwicklung geprägt. Gerade deshalb ist vielleicht der<br />

Wunsch so stark, die Kalkulierbarkeit und damit die langfristige Steuerbarkeit<br />

gesellschaftlicher Realität zu erhöhen bzw. auch nur subjektiv zurückzugewinnen.<br />

Zweitens: Selbst wenn ich beschreibend wüsste, was die Zukunft - vermutlich<br />

- bringen wird, könnte man daraus nicht folgerichtig ableiten, welche<br />

Anforderungen an ein Berufsbildungssystem oder an ein anderes gesellschaftliches<br />

Subsystem wie den Arbeitsmarkt oder das Beschäftigungssystem<br />

abzuleiten seien. Denn dazu müsste ich wissen, was wir von der Zukunft<br />

erwarten, von ihr fordern, unter welcher Perspektive wir mögliche Entwicklungen<br />

betrachten und steuern wollen.<br />

Betrachte ich diese beiden Punkte ernsthaft, spricht vieles dafür, Ihnen zu<br />

sagen, dass ich die oben gestellte Frage nicht beantworten kann, und Sie<br />

schon jetzt in die - noch nicht verdiente - Kaffeepause zu schicken. Ich<br />

glaube, das würde mir zumindest der Veranstalter übel nehmen. Und so<br />

werde ich trotzdem den Versuch starten, Sie mit einigen Informationen zu<br />

konfrontieren, die aus meiner Sicht wichtig und nachdenkenswert sind,<br />

wenn man sich mit der obigen Frage beschäftigt.<br />

Bevor ich dies tue, bin ich gezwungen, einige weitere verunsichernde Vorbemerkungen<br />

zu machen.<br />

Die Beschäftigung mit der Titelfrage dieses Beitrages setzt eine Reihe von<br />

Annahmen voraus; und selbst dann ist nicht gesichert, dass ich diese Frage<br />

zumindest so weit beantworten kann, wie ich dies eingangs angedeutet<br />

habe - ganz unabhängig davon, ob man mit der Art, diese Frage zu beantworten,<br />

übereinstimmt und ob man der dann gegebenen Antwort folgt.<br />

Die Beschäftigung mit der Titelfrage setzt zunächst voraus zu verdeutlichen,<br />

von welchem Standpunkt und unter welcher Perspektive man auf<br />

diese Frage blickt, z. B.:<br />

● aus der Sicht der Bedürfnisse, die von den Anbietern an bezahlter<br />

Arbeit formuliert werden,<br />

● von den Bedürfnissen, die von den Individuen formuliert werden,<br />

die nach bezahlter Arbeit nachsuchen,<br />

● von der Bedürfnissen, die von der politischen Sphäre aus präzisiert<br />

werden etc.<br />

In meinem Beitrag gehe ich als theoretischem Hintergrund von dem Konzept<br />

der beruflichen Bildung aus, wie es im <strong>Berlin</strong>er Berufsbildungsbericht<br />

1999 beschrieben ist 1 .<br />

Weiterhin setzt die Beschäftigung mit der Titelfrage voraus, dass man weiß<br />

– oder besser zu wissen glaubt – , welche Anforderungen die Zukunft an<br />

1 Vgl. VAN BUER, WAHSE u.a. (1999, 52ff.).<br />

3<br />

Zur Einleitung<br />

einige<br />

verunsichernde<br />

Vorüberlegungen


das Berufsbildungssystem stellen wird. Dies setzt wiederum voraus, dass<br />

man zu wissen glaubt, was die Zukunft von Gesellschaft, von Arbeit und Beruf<br />

in dieser Gesellschaft sein wird und wie die Individuen darauf reagieren<br />

werden.<br />

Angesichts dieser Wissenserfordernisse ist es nicht verwunderlich: In ihrer<br />

bildungspolitischen Analyse spricht die OECD (2001) für die erwartbaren<br />

Entwicklungen der ersten Dekade dieses neuen Jahrhunderts statt von<br />

„Prognosen“ bevorzugt von „Projektionen“; damit macht sie ganz bewusst<br />

den hohen Anteil der Subjektivität in den Urteilen der Experten sichtbar.<br />

Hinsichtlich der projizierten Zukunft für die nationalen Bildungssysteme entwickelt<br />

sie insgesamt sechs Szenarien: Diese reichen<br />

● von der Zementierung des strukturellen Status Quo,<br />

● über starke Veränderungen hinsichtlich Funktion dieser Bildungssysteme<br />

für Gesellschaft und Individuum,<br />

● bis hin zur fast vollständigen Demontage dieser Systeme (133ff.).<br />

Fast könnte man meinen, die Experten kommen zu dem Schluss: Alles ist<br />

möglich, und so genau wissen tun wir es auch nicht.<br />

Betrachtet man die einschlägige berufs- und wirtschaftspädagogische Diskussion<br />

zur Frage, ob und wenn ja, in welchem Zustand das deutsche Berufsbildungssystem<br />

die von außen an es herantretenden Einwirkungen<br />

überstehen wird, lauten die Antworten nicht nur unterschiedlich; sie reichen<br />

auch fast kontradiktorisch<br />

● von der Projektion, das Duale System der Berufsausbildung als<br />

zentraler Pfeiler werde die „Stürme der Zeit“ überstehen 2 ,<br />

● bis hin zu der gegenteiligen Prognose, es werde sich vor allem<br />

quantitativ extrem stark zurückentwickeln und nach und nach zu<br />

einem historischen Relikt werden 3 .<br />

Nun ist das Duale System nicht mit dem deutschen Berufsbildungssystem<br />

als Gesamtsystem gleichzusetzen; dies wird besonders deutlich wenn man<br />

mit Berufsbildung nicht - historisch bedingt quasi automatisch 4 – nur die<br />

nichtakademische Berufsausbildung meint, sondern das in den Hochschulen<br />

und Universitäten vermittelte Wissen und die dort aufgebauten Kompetenzen<br />

als akademische Berufsausbildung interpretiert. Zwar lernt derzeit<br />

etwas mehr als die Hälfte eines Jahrgangs im Dualen System – dies sind<br />

ca. drei Viertel derjenigen Gruppe eines Jahrgangs, die die nichtakademische<br />

Berufsausbildung durchläuft 5 . Allerdings hat sich die Struktur des<br />

„klassischen“ Dualen Systems stark differenziert, und auch die Finanzierungsmodalitäten<br />

sind ebenfalls stark unterschiedlich ausgeprägt 6 .<br />

Angesichts der angedeuteten Komplexität und der damit verknüpften Bandbreite<br />

möglicher Entwicklungslinien könnte ich jetzt meinen Beitrag schon<br />

schließen. Ich konfrontiere Sie mit einer kurzen, stark subjektiv gefärbten<br />

Stellungnahme und schließe mit der folgenden Aussage:<br />

2 Vgl. z. B. LEMPERT (1995).<br />

3 Vgl. z. B. die Diskussion in GREINERT (1998).<br />

4 Vgl. z. B. CZYCHOLL (1995).<br />

5 Vgl. z. B. BERUFSBILDUNGSBERICHT (2000).<br />

6 Vgl. z. B. BERUFSBILDUNGSBERICHT (2000, 119 ff.); für <strong>Berlin</strong> VAN BUER, WAHSE u.a. (1999, 274ff).<br />

4


Dies sei zwar meine Meinung. Allerdings – vorausgesetzt Sie akzeptierten<br />

mich als Experten. Genau wissen tue ich es auch nicht, und kommen könne<br />

dann doch alles anders.<br />

Wenn ich dies im Folgenden dann doch nicht so tue, bleibt angesichts der<br />

bisherigen Überlegungen trotzdem die Frage, ob meine Ausführungen der<br />

nächsten ca. 40 Minuten viel mehr seien als ‚das Lesen im Kaffeesatz‘.<br />

Dieses Urteil überlasse ich Ihnen. Ich hoffe, dass die Diskussionen in den<br />

vier Workshops diesen Zustand astrologischer Projektion nicht nur vollständig<br />

überwinden, sondern ihn erst gar nicht ansteuern. Und eigentlich<br />

bin ich sehr sicher: Der mit dieser Fachtagung gewollte Blick in die mögliche<br />

Zukunft der beruflichen Bildung - besonders der Art und Weise, wie sie<br />

in der hiesigen Region <strong>Berlin</strong>-Brandenburg (weiter-)entwickelt werden soll –<br />

verbreitert die Diskussionen über mögliche Alternativen und damit über<br />

Strategien zur Konstruktion gesellschaftlich konsensfähiger Zukunft, die<br />

den Individuen die Perspektiven und Chancen zu ihrer Entwicklung zwischen<br />

ihren individuellen Bedürfnissen und ihrer gesellschaftlichen Integration<br />

öffnen.<br />

Die Beschäftigung mit der Titelfrage meines Beitrages, ob das deutsche<br />

Berufsbildungssystem den Anforderungen der Zukunft gewappnet sei, versuche<br />

ich entlang der folgenden vier Thesen:<br />

These 1:<br />

Der Umfang der Einflüsse auf die nationalen Berufsbildungssysteme sowie<br />

deren jeweilige Stärke und damit auf dessen Entwicklung nimmt insgesamt<br />

stark zu. Dies betrifft<br />

● sowohl die Einflüsse von außerhalb des Geltungsbereichs dieses<br />

Berufsbildungssystems - dort vor allem diejenigen aus der EU und<br />

deren angrenzenden Staaten –,<br />

● als auch von innerhalb Deutschlands - dort vor allem aus dem<br />

Arbeitsmarkt und Beschäftigungssystem, aber auch aus dem<br />

soziobiographischen Kontext der Jugendlichen.<br />

Dies führt dazu, dass der Transformationsdruck sich nicht nur teils dramatisch<br />

erhöht, sondern dass die eingeforderten Veränderungszyklen ebenfalls<br />

deutlich kürzer werden.<br />

Gleichzeitig ist allerdings auch zu beobachten: Bildungssysteme und damit<br />

auch das deutsche Berufsbildungssystem zeichnen sich tendenziell durch<br />

Änderungsresistenzen und damit nicht zuletzt durch zumindest Transformationsschwerfälligkeiten<br />

aus.<br />

Dies wiederum kann dazu führen: Die Differenz und damit auch die Separation<br />

zwischen der Transformationsgeschwindigkeit z. B. auf dem Arbeitsmarkt<br />

und im Beschäftigungssystem einerseits und der Änderungsferne<br />

des Berufsbildungssystems auf der anderen Seite führen zu einem<br />

schleichenden Bedeutungsverlust des Berufsbildungssystems im Gesamtkontext<br />

der Qualifizierung der (späteren) Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin-<br />

5<br />

Vier<br />

argumentationsleitende<br />

Thesen


nen für die bezahlte Arbeit sowie in der individuellen Lebensplanung der Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen.<br />

These 2:<br />

Die Trends und Megatrends auf dem Arbeitsmarkt, aber auch die Veränderung<br />

der Nachfrager nach bezahlter Arbeit, führen zu einer derzeit noch<br />

eher schleichenden, in der nächsten und näheren Zukunft allerdings starken<br />

Veränderung in der Struktur der individuellen Biographien – zunehmend<br />

weg von eher stabilen Berufs- und eher instabile und auch zeitlich stark<br />

segmentierte Erwerbsbiographien.<br />

Dies betrifft nicht nur den Aspekt der Berufseinmündung und damit die direkte<br />

Funktionalität der beruflichen Erstausbildung für die individuelle Lebensplanung;<br />

es trifft auch das Verhältnis von Erstausbildung – möglicher<br />

Weise der daran anschließenden Zweitausbildung – und des weiteren beruflichen<br />

bzw. berufsbezogenen Lernens im Rahmen der bildungspolitisch<br />

betonten Konzepte des lebensbegleitenden oder lebenslangen Lernens.<br />

These 3:<br />

Die Nachfrager und Nachfragerinnen nach beruflicher Bildung, hier besonders<br />

nach beruflicher Erstausbildung, ändern sich: Sie ändern sich in ihrem<br />

demographischen Verhältnis zur Gesamtbevölkerung, sie ändern sich in ihrer<br />

nationalen Zusammensetzung, sie ändern sich hinsichtlich ihrer Lernerfahrungen,<br />

die sie aus den verschiedenen gesellschaftlichen Subsystemen<br />

mitbringen, und sie ändern sich hinsichtlich der Lerneinstellungen und ihren<br />

Vorstellungen hinsichtlich dessen, wie sie die Lernangebote des beruflichen<br />

Regelsystems nutzen wollen bzw. werden.<br />

These 4:<br />

Aus den Veränderungen, die ich in den Thesen 1 - 3 angesprochen habe,<br />

vor allem auch aus den Interaktionen zwischen diesen Änderungen, ergibt<br />

sich eine Vielzahl von Anforderungen an das Berufsbildungssystem,<br />

● strukturelle<br />

● institutionell-organisatorische<br />

● curriculare und<br />

● lehr-lern- und ausbildungsmethodische<br />

Veränderungen und diese schnell und nachhaltig zu realisieren. Eine ist dabei<br />

von zentraler Bedeutung:<br />

Die Forderungen an die Qualität der Lern- und Entwicklungsangebote steigen,<br />

und der Druck auf den empirischen Nachweis steigt, dass die Qualitätsbehauptung<br />

realitätsangemessen sei. Gleichzeitig wird der Druck auf<br />

das Verhältnis von Preis und Leistung bei zuverlässiger Qualitätssicherung,<br />

starker ‚Kundenorientierung‘ und hoher Fristigkeit wachsen.<br />

Dies trifft nicht nur die privatwirtschaftlich agierenden Anbieter auf dem zunehmend<br />

vernetzten Aus- und Weiterbildungsmarkt, sondern auch die beruflichen<br />

Schulen, die in ihrer Funktion als auch privatwirtschaftlich agierende<br />

Kompetenzzentren verstärkt als neue Konkurrenten auf diesem Markt<br />

auftreten werden.<br />

6


Mit diesen vier Thesen erhebe ich nicht den Anspruch, die Veränderungslandschaft,<br />

in der das deutsche Berufsbildungssystem sich befindet und<br />

möglicher Weise sich auch neu platzieren muss, und deren mögliche Weiterentwicklung<br />

umfänglich abzubilden. Statt dessen sollten Sie diese Thesen<br />

als Leitlinien verstehen: Einerseits verweisen diese auf die vier Workshops<br />

dieser Fachtagung, anderseits folgen sie zwei generellen Hintergrundmustern,<br />

das jedes für sich allein bereits eine kaum noch zu überblickende<br />

Komplexität aufweist:<br />

● Die eine Leitlinie zielt auf den komplexen Zusammenhang<br />

zwischen Europa, den einzelnen Staaten, den dortigen Regionen<br />

und lokalen Einflüssen.<br />

● Die andere Leitlinie markiert das Verhältnis der verschiedenen<br />

systemischen Ebenen innerhalb einer Gesellschaft, in die das<br />

jeweilige Berufsbildungssystem eingebettet ist 7 .<br />

In der These 1 behaupte ich, dass der quantitative Umfang und Intensität<br />

der Einflüsse auf die nationalen Berufsbildungssysteme stark zunehme. Auf<br />

drei dieser Einflussbündel gehe ich im Folgenden kurz ein.<br />

Faktorenbündel 1<br />

„Trends und Megatrends auf dem Arbeitsmarkt und im<br />

Beschäftigungssystem“<br />

Bereits für die 90er Jahre und mit zunehmendem Druck für die erste Dekade<br />

dieses neuen Jahrhunderts wird in der Mehrzahl der wissenschaftlichen<br />

Analysen eine ganze Reihe von allgemeinen Trends und Megatrends hervorgehoben,<br />

die für den Arbeitsmarkt und das Beschäftigungssystem bestimmend<br />

sind bzw. zunehmend determinierend sein werden 8 . Diese<br />

Trends und Megatrends werden in dem Sinne als „allgemeine“ bezeichnet,<br />

als sie nicht nur nationale, sondern für die Industriestaaten weltweit beobachtbare<br />

Entwicklungslinien darstellen. Allerdings ist ebenfalls festzuhalten,<br />

dass sie von regionalen bzw. auch von lokalen Entwicklungen überlagert<br />

bzw. in Teilen sogar noch dynamisiert werden können 9 .<br />

7 Mit Bezug auf BRONFENBRENNER (1981) können für die folgenden Ausführungen vor allem die<br />

7 Exosystemebene als Ebene des Zusammenspiels der verschiedenen gesellschaftlichen<br />

7 Subsysteme, die Mesosystemebene als Ebene der institutionell-organisatorischen Konstruktion beruf-<br />

7 licher Bildung und Qualifizierung sowie die Mikrosystemebene als Ebene der Gestaltung der Lehr-<br />

7 und Ausbildungsumgebungen mit den dort stattfindenden Lehr- und Lernprozessen unterschieden<br />

7 werden (vgl. auch VAN BUER, WAHSE u.a. 1999, 55ff.).<br />

8 Vgl. z. B. ACHTENHAGEN (1995); VAN BUER, WAHSE u.a. (1999, 95ff.).<br />

9<br />

Für <strong>Berlin</strong> mit seiner spezifischen Bedingungsstruktur zu Beginn der 90er Jahre vgl. z. B. VAN BUER,<br />

WAHSE u. a. (1999, 107).<br />

7<br />

Das deutsche<br />

Berufsbildungssystem<br />

im Netz<br />

von exogenen<br />

internetionalen<br />

und nationalen<br />

Systemeinflüssen


Trends und Megatrends auf dem Arbeitsmarkt<br />

(in Anlehnung an und Erweiterung von ACHTENHAGEN 1995, 117)<br />

Exogene Faktoren:<br />

■ Demografische<br />

Trends:<br />

Brüche in der<br />

Alterspyramide<br />

■ Wachsende<br />

Heterogenität in<br />

■ Schulabschlüssen<br />

■ Alter<br />

■ Nationalität<br />

■ Individuation in den<br />

individuellen<br />

Wertemustern<br />

8<br />

Endogene Faktoren:<br />

■ Internationalisierung<br />

der Wirtschaft<br />

■ Wachsende Anzahl<br />

von Forschungsbefunden<br />

und<br />

deren Transformation<br />

in Technologien<br />

■ Wachsende<br />

Verwendung<br />

neuer Informations-<br />

und Kommunikationstechnologien<br />

■ Weltweite<br />

Verwendung von<br />

Ressourcen und<br />

Umweltbedingungen<br />

Konsequenzen:<br />

■ Systemische<br />

Rationalisierung<br />

■ Herunterbrechen der<br />

hierarchischen<br />

Produktions- und<br />

Verwaltungssysteme<br />

im Sinne von “lean<br />

management” und<br />

“lean production”<br />

■ Wandel von der<br />

funktionalen in die<br />

prozessorientierte<br />

Arbeitsorganisation<br />

■ Anwachsen des<br />

tertiären Sektors und<br />

des Dienstleistungssektors<br />

und der<br />

Teilerwerbstätigkeit<br />

in allen Sektoren<br />

des Arbeitsmarktes<br />

■ Diskontinuität in der<br />

individuellen Berufs-<br />

und Erwerbstätigkeit


Im Folgenden gehe ich kurz nur auf einige ausgewählte Faktoren ein; dies<br />

sind diejenigen, die ich zur Beschäftigung mit der Titelfrage meines Vortrages<br />

besonders benötige.<br />

(a) Zu den exogenen Faktoren<br />

Als exogene Faktoren für die Entwicklung des Arbeitsmarktes werden vor<br />

allem die demografischen Entwicklungen sowie der zunehmende Bedeutungsverlust<br />

individuenübergreifender persönlicher Wertemuster angeführt.<br />

Hinsichtlich der demografischen Entwicklung ist besonders auf die Veränderung<br />

der Alterspyramiden zuungunsten der nachfolgenden Generation zu<br />

verweisen. Hinsichtlich der Entwicklung der Nachfrage nach bezahlter Arbeit<br />

wird diese Entwicklung die Bundesrepublik ab ca. 2007, spätestens ab<br />

2010 stärker treffen 10 . Dabei werden die neuen Bundesländer von diesem<br />

Rückgang an Angebot von qualifizierten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen<br />

sowie von Auszubildenden besonders stark betroffen: So verweist<br />

das Gutachten von SEITZ (2001) zur demografischen Entwicklung und zum<br />

Infrastrukturaufbau in <strong>Berlin</strong>-Brandenburg auf zum Teil dramatische<br />

Entwicklungen: Diese werden in einigen Regionen Brandenburgs nicht nur<br />

zur Schließung von bis zu 60% der Schulen und beruflichen Oberstufenzentren<br />

führen; zudem werden sie auch die derzeit schon beobachtbare starke<br />

Migration der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Richtung des Strukturzentrums<br />

<strong>Berlin</strong> noch weiter verstärken.<br />

Damit verändern sich in dieser Region innerhalb der nächsten 10 Jahre, im<br />

Land Brandenburg spätestens nach 2006/2007, nicht nur die Bedingungen<br />

für die Rekrutierung von jungen Menschen für die berufliche Erstausbildung,<br />

sondern auch diejenigen für die Rekrutierung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen<br />

aus dem Arbeitsmarkt heraus. Inwiefern durch regionale Mobilität -<br />

dieses auch über den nationalen Arbeitsmarkt hinaus - hier Entlastungen geschaffen<br />

werden können, ist derzeit kaum hinreichend präzise abschätzbar 11 .<br />

Zudem macht das durchaus nicht nur ironisch zu verstehende Schlagwort<br />

von der „Vergreisung der Gesellschaft“ auf die folgende Gefahr aufmerksam:<br />

Mit der quantitativen Veränderung der Altersgruppen ist nicht nur eine<br />

Verschiebung der politischen Repräsentanzen verknüpft. Im politischen<br />

Handeln wird sie vermutlich auch zu einer Bedeutsamkeitsverschiebung<br />

solcher Bereiche gesellschaftlichen und individuellen Handelns führen, die<br />

besonders die sich verkleinernde Gruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />

betreffen - z. B. Jugendpolitik, Familienpolitik etc. Neben diesen<br />

erwartbaren Umorientierungen hinsichtlich der besonderen „Pflege“ der angesprochenen<br />

gesellschaftlichen Gruppen durch die Politik verändert sich<br />

zunehmend auch die Altersstruktur der Arbeitnehmer; in Verstärkung der<br />

Trends zum lebenslangen / lebensbegleitenden Lernen ergibt sich dadurch<br />

eine verstärkte Bedeutung des sog. Alterslernen nicht nur aus gesamtgesellschaftlicher<br />

Perspektive, sondern auch aus der Perspektive der einzelbetrieblichen<br />

Pflege des Humankapitals mit ihren besonderen Problemen<br />

des Return of Investments 12 . Im Gesamtkontext der Nachfrage nach beruf-<br />

10 Vgl. z. B. ROLOFF (2000).<br />

11 Vgl. z. B. DIW (2000).<br />

12 Vgl. z. B. WEIß (1999).<br />

9


licher Bildung und Qualifizierung wird sich damit der Anteil der Nachfrage<br />

nach beruflicher Erstausbildung im Regelsystem stark zugunsten der Nachfrage<br />

nach beruflicher Fort- und Weiterbildung verschieben.<br />

Darüber hinaus verdeutlichen die nationalen und internationalen Jugendstudien,<br />

die auch den Altersbereich der jungen Erwachsenen umfassen,<br />

einen massiven Wechsel in den Wertemustern und Einstellungen. Darauf<br />

gehe ich später im Abschnitt 5 nochmals etwas genauer ein.<br />

(b) Zu den endogenen Faktoren<br />

Unter den endogenen Faktoren stelle ich in dem hier diskutierten Kontext<br />

den Aspekt der Globalisierung der Märkte sowie die Reaktion der unterschiedlichen<br />

Kundengruppen darauf besonders heraus: Wie stark dies auch<br />

auf den sog. „Bildungsmarkt“ zutrifft, wird nicht zuletzt von den (bildungs-)<br />

politischen Entscheidungen hinsichtlich der Europäisierung der Bildungsund<br />

Weiterbildungslandschaft abhängen. Besonders der Trend zur Modularisierung<br />

von Bildungsgängen und zu gesonderten Zertifizierung von Teilkompetenzen,<br />

internalisierten Wissenssegmenten (vgl. unten die Ausführungen<br />

zum Faktorenbündel 3) - vor allem auch derjenigen, die im Bereich<br />

des sog. informellen Lernens erworben wurden - werden zumindest zur Entregionalisierung<br />

dieser Bildungsmärkte und dort nicht nur im Bereich der<br />

Weiterbildung beitragen.<br />

Generell folgt aus diesen endogenen Faktoren zumindest zweierlei:<br />

● ein zunehmender Wandel von arbeits- in kapitalintensive<br />

Produktionsformen sowie<br />

● die massive Verschärfung des Wettbewerbs.<br />

In der Konsequenz ergeben sich für diesen Bereich daraus u. a. Trends zu<br />

spezifischer Profilbildung in der Palette der angebotenen Produkte und<br />

Dienstleistungen einerseits und gleichzeitig Entwicklungen hin zur systematischen<br />

Verknüpfung von Produkt- und Dienstleistungsangebot andererseits.<br />

Diese Konkurrenzverschärfung gilt nicht zuletzt auch für den Bereich<br />

der Anbieter von Bildung und Qualifizierung; denn nicht nur treten neue<br />

Agenten auf den Markt – z. B. die beruflichen Schulen, aber auch überregional<br />

agierende Anbieter – ; auch die Zyklen für das jeweilige spezielle Produkt-<br />

und Dienstleistungsangebot werden zeitlich kürzer; und der Druck auf<br />

die schnelle Implementation neuer Angebote wird größer.<br />

Insgesamt sind die Folgen für die berufliche Bildung und Weiterbildung und<br />

damit für das Berufsbildungssystem derzeit nur schwer überschaubar. Dies<br />

macht die Beschäftigung mit meiner Titelfrage nicht leichter. Trotzdem seien<br />

an dieser Stelle einige mögliche Konsequenzen bereits angedeutet, die sich<br />

besonders auf die Entwicklung neuer Curricula beziehen: In den letzten<br />

Jahren erhöhte sich einerseits der Druck auf eine schnellere Neuordnung<br />

der bestehenden Ausbildungsberufe, zum anderen auf die Schaffung neuer<br />

Ausbildungsberufe bzw. der Kombination bisheriger Ausbildungsberufe, die<br />

der Qualifizierung der Auszubildenden auf die neuen Tätigkeitsstrukturen<br />

besser gerecht werden 13 . Dieser Druck wird sich in den nächsten Jahren<br />

voraussichtlich eher verschärfen.<br />

13 Für <strong>Berlin</strong> vgl. Z. B. VAN BUER, Wahse u.a. (1999, 259); BERUFSBIL-DUNGSBERICHT (2000, 90ff.).<br />

10


Insgesamt zeichnet sich sowohl für die Ausbildungsberufe als auch für die<br />

berufliche Weiterbildung eine starke Erhöhung der curricularen Anforderungen<br />

ab – bei verstärkter Betonung der Markt- und Kundenorientierung in<br />

praktisch allen Ausbildungsberufen. Bei gleichzeitiger Erhöhung der zu<br />

erwerbenden Wissensqualitäten im beruflichen Bereich führt dies zu Forderungen<br />

nach systematischer Verstärkung<br />

● der Metakognitionen sowie<br />

● der Sozial- und Humankompetenzen 14 .<br />

(c) Zu den Konsequenzen aus den Trends und Megatrends<br />

Als Konsequenzen aus den angesprochenen Trends und Megatrends zeigt<br />

sich besonders die systemische Rationalisierung sowohl im Bereich der einzelbetrieblichen<br />

Entwicklung als auch im Bereich der Strukturierung der Arbeitsplätze<br />

selbst und der dort definierten Arbeits- und Tätigkeitsstrukturen.<br />

Zu beobachten ist vor allem eine stärkere Vernetzung der bisherigen getrennt<br />

organisierten innerbetrieblichen Funktionsbereiche und ein zunehmender<br />

Wechsel von der funktionsorientierten hin zur prozessorientierten<br />

Arbeitsorganisation; darauf komme ich im Abschnitt 3.2 noch zurück.<br />

Für das arbeitende Individuum führt diese Veränderung zur erhöhten Forderung<br />

an seine Bereitschaft zu lebenslangem bzw. lebensbegleitendem<br />

Lernen. Dabei stellen diese Investitionen für das Individuum zur Zeit allerdings<br />

– noch – in hohem Maße ‚Risiko’-Investitionen dar: Denn mit der individuellen<br />

Investition in berufliche Fort- und Weiterbildung geht nicht immer<br />

eine erhöhte Sicherung der individuellen Berufs- und Erwerbsbiographien<br />

einher 15 .<br />

Die systemischen Rationalisierungsstrategien durch die Betriebe blenden<br />

mehr und mehr die Frage nach der individuellen Sicherheit von Beruf und<br />

Erwerb als betriebswirtschaftliches Entscheidungskriterium aus. So ist es<br />

nicht verwunderlich: Die oben genannte Studie des Deutschen Instituts für<br />

Wirtschaftsforschung (DIW) von 1996 zu Weiterbildungserwartungen und<br />

faktischem individuellen Nutzen von Weiterbildung legt eine bemerkenswerte<br />

Paradoxie offen: Zwar hegt der überwiegende Teil der Fortbildungsteilnehmer<br />

subjektiv eine hohe individuelle Nutzenerwartung; allerdings findet<br />

diese nur für den kleineren Kreis dieser Teilnehmer ihre Entsprechung in objektiven<br />

Kriterien wie beruflichem Aufstieg, Einkommenszuwachs etc.<br />

Neben der systemischen Rationalisierung in den Betrieben wird auch das<br />

Niederbrechen hierarchisch gegliederter Produktions-, Dienstleistungs- und<br />

Verwaltungssysteme deutlich. Neben der daraus folgenden Umstellung von<br />

funktions- in prozessorientierte Arbeitsorganisationsformen geht auch der<br />

Verlust an innerbetrieblichen Aufstiegsmöglichkeiten für das arbeitende Individuum<br />

einher. Eine individuelle Strategie ist, diesem Verlust an Möglichkeiten<br />

durch eine erhöhte Teilnahme an beruflicher Weiterbildung zu be-<br />

14 In den letzten Jahren wurden diese auch als „Schlüsselqualifikationen“ bezeichnet - mögen sie nun<br />

14 der „falsche Glanz des goldenen Schlüssels“ sein, wie GEIßLER es bereits 1990 formuliert, oder das<br />

14 leistungssteigernde Breitbandanabolikum zur Öffnung der Zukunft, wie es vor allem in den<br />

14 Stellungnahmen der Anbieter von bezahlter Arbeit formuliert wird (zur dieser komplexen Diskussion<br />

14 vgl. z. B. die Beiträge in WITTMANN & VAN BUER 1998).<br />

15 Vgl. z. B. die Befunde der Studie von BEHRINGER (1996).<br />

11


Exkurs<br />

gegnen, um im verschärften Konkurrenzkampf um die verknappten beruflichen<br />

Aufstiegsplätze z. B. ein breiter gefächertes oder ‚modernisiertes‘<br />

Kompetenzprofil anbieten zu können. In diesem spielen die Kompetenzen<br />

im Umgang mit den modernen Informations- und Kommunikationstechniken<br />

eine zunehmend größere Rolle. Vor diesem Hintergrund wird die Bedeutung<br />

des Workshops 3 dieser Fachtagung sichtbar.<br />

Faktorenbündel 2 „Arbeitsorganisation“<br />

Aus den im Abschnitt 3.1 skizzierten Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt<br />

und im Beschäftigungssystem entstehen zwar durchaus Chancen, die Humanisierung<br />

bezahlter Arbeit und damit auch das Verhältnis von bezahlter<br />

Arbeit, berufsbezogenem Lernen und individueller Entwicklung im Sinne<br />

von Humanisierung weiter voranzutreiben. Allerdings ist auch ein erhöhter<br />

Druck auf die Ökonomisierung von bezahlter Arbeit und der Entwicklung<br />

des Humankapitals zu verzeichnen; dieser wirkt sich nicht notwendiger Weise<br />

zugunsten der Arbeit-neh-mer und Arbeitnehmerinnen aus.<br />

Bevor ich auf die Veränderung von der funktions- in die prozessorientierte Arbeitsorganisation<br />

eingehe, sei mir an dieser Stelle ein kleiner Exkurs erlaubt:<br />

Der angesprochene Druck verschärft vor allem den Zeitrhythmus dieser Arbeit<br />

und die angestrebte Wertschöpfung aus dem Humankapital. Mit<br />

BAETHGE & OBERBECK (1986, 15) ist insgesamt festzuhalten: Diese Entwicklungen<br />

basieren - um ein schon geflügeltes Wort zu verwenden - auf<br />

„säkularen, irreversiblen Vergesellschaftungsprozessen der<br />

Arbeits- und Verkehrsformen“.<br />

Sie werden die zukünftige Entwicklung auch weiterhin in hohem Maße<br />

bestimmen. Zwar sind die Entwicklungen in den verschiedenen Segmenten<br />

des Arbeitsmarktes durchaus unterschiedlich. Insgesamt ist jedoch segmentübergreifend<br />

ein rapide steigender Einsatz der neuen Informationsund<br />

Kommunikationstechniken zu verzeichnen und damit eine massive<br />

Veränderung der auf dem Arbeitsmarkt eingeforderten Wissens- und Kompetenzprofile.<br />

Die hier nur angedeuteten Veränderungen sind keineswegs<br />

abgeschlossen; eher kann sogar mit Dynamisierungen gerechnet werden.<br />

Bei aller Differenziertheit der Trends sei hier kurz auf eine Entwicklung verwiesen,<br />

die sich über die verschiedenen Arbeitsmarktsegmente hinweg<br />

andeutet und die gut erkennbare Auswirkungen auf die berufliche (Aus-)<br />

Bildung haben wird:<br />

● Insgesamt wird sich die inhaltliche Komplexität der beruflichen<br />

Tätigkeiten für die Mehrheit der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen<br />

vergrößern; dies gilt besonders für den Beratungs- und<br />

Betreuungsbereich 16 .<br />

● Einfache Handlungssequenzen werden zunehmend automatisiert.<br />

In der Folge werden sie entweder zunehmend von den EDV-Tech-<br />

Ausniken übernommen, oder sie werden von den Kunden mit der<br />

sicht auf renditesteigernde Kosteneinsparungen selbst über<br />

nommen.<br />

16 Z. B. für den Bankenbereich vgl. WITTMANN (2000, 93ff.).<br />

12


● Weiterhin werden die Modelle, die diesen Tätigkeitsstrukturen<br />

hinterliegen und diese auch steuern, zunehmend abstrakter und<br />

erfahrungsentfernter. Sie nehmen selbst immer stärker wissensförmige<br />

Strukturen an; diese erfordern sowohl differenzierte<br />

Kenntnisse über die Merkmale dieses Wissens als auch ausgearbeitete<br />

Strategien im rationalen Umgang mit Wissen<br />

(sog. Metawissen 17 ).<br />

Diese Entwicklungen führen u. a. zu einer Komprimierung vieler beruflicher<br />

Tätigkeiten auf kompliziertere Entscheidungsfälle und sind mit einer - teils<br />

massiven - Verdichtung der Zeitstruktur verknüpft. Gleichzeitig steigt der Zugang<br />

zu entscheidungsrelevanten Informationen und damit auch der Druck<br />

auf schnelle Informationsverarbeitung und Entscheidungsfindung. Insgesamt<br />

erhöhen sich damit zum einen die Transparenz und zum anderen auch<br />

die Kontrolle des individuellen Arbeitshandelns - dies vor allem unter der<br />

Perspektive nachweisbar gesteigerter Produktivität, Effektivität und Effizienz.<br />

Neben der „Renaissance der Fachqualifikation“ im Sinne stark verbreiterter<br />

und intern hoch vernetzter individueller Kompetenzprofile ist ebenfalls die<br />

Nachfrage nach berufsübergreifenden Fähigkeiten stark gestiegen. Diese<br />

werden vor allem unter dem Begriff der „Schlüsselqualifikationen“ diskutiert 18 .<br />

Als besonders wichtige Schlüsselqualifikationen werden z. B. Kommunikationsfähigkeit,<br />

Teamfähigkeit, Problemlösefähigkeit, vernetztes komplexes<br />

Denken etc. genannt. Sie markieren nicht primär die Entwertung berufsund<br />

tätigkeitsspezifischer Kompetenzen; statt dessen verweisen sie vor allem<br />

auf den bereits angesprochenen Aspekt des Umgangs mit Wissen und<br />

dessen Nutzung im Rahmen komplexer rationaler Planungs- und Evaluierungsmodelle<br />

durch die beruflich Tätigen selbst; dies gilt zunehmend nicht<br />

nur für die individuelle Einzelentscheidung, sondern besonders auch für das<br />

Ergebnis von Team- und Gruppenprozessen 19 .<br />

Vor diesem hier nur grob skizzierten Entwicklungshorizont stellt die Entwicklung<br />

und Pflege des Humankapitals in und mittels beruflicher Aus- und Weiterbildung<br />

nicht nur unter volkswirtschaftlicher Perspektive eine entscheidende<br />

Größe in der Sicherung Deutschlands als Wirtschaftsstandort dar;<br />

darüber hinaus sind Qualifizierung und (berufliche) Aus- und Weiterbildung<br />

in den Mittelpunkt einzelbetrieblicher strategischer Unternehmensplanungen<br />

gerückt 20 . Dabei wurde in den letzten Jahren das pädagogische Profil<br />

deutlich betont, vor allem in der Neubewertung des Verhältnisses von arbeitsplatz-,<br />

berufsspezifischen und berufsübergreifenden Qualifikationen<br />

und Kompetenzen 21 . Ihre Ursachen hat diese Umorientierung nicht zuletzt<br />

auch in den nur schwer prognostizierbaren Veränderungen der Arbeitsbedingungen<br />

bzw. in der Notwendigkeit, Rationalisierungsreserven disponibel<br />

zu halten. In diesem Kontext wird intensiv, teils auch kontrovers diskutiert,<br />

inwieweit Aspekte der vollen Entfaltung des menschlichen Arbeitsvermögens<br />

mit persönlichkeitsförderlicher Perspektive zur Zeit eine dominante<br />

17 Vgl. z. B. Analysen in BAETHGE & SCHIERSMANN (1998).<br />

18 Die einschlägigen Publikationen sind kaum noch überschaubar; vgl. z. B. die Beiträge in<br />

18 WITTMANN & VAN BUER (1998).<br />

19 Vgl. z. B. DÖRIG (1994); die Beiträge in WITTMANN & VAN BUER (1998).<br />

20 Vgl. z. B. WITTHAUS (1996); BODENHÖFER (1996).<br />

13


Rolle spielen (können) 22 . Durchaus im Gegensatz zu den optimistischen<br />

Prognosen im Rahmen von Modellen des lebenslangen / lebensbegleitenden<br />

Lernens 23 ist die Tendenz unübersehbar, gerade vor dem Hintergrund<br />

massiver Klagen seitens der Anbieter von bezahlter Arbeit angemessene<br />

Werthaltungen und Arbeitseinstellungen zunehmend als privates, marktfähiges<br />

Gut zu betrachten; diese habe der einzelne Nachfrager nach bezahlter<br />

Arbeit bereits bei seiner Berufseinmündung bzw. bei seinem Wiedereinstieg<br />

in das Beschäftigungssystem ‚mitzubringen‘. Berufliche, vor allem (inner-)<br />

betriebliche Weiterbildung als „Investition in Humankapital“ hat sich somit zu<br />

einem bevorzugten Instru-ment der Bewältigung und Neuorientierung sowie<br />

der Anpassung an veränderte Arbeitsbedingungen und zu einem Instrument<br />

der Umsetzung strategischer Unternehmensziele entwickelt 24 . Ihr wird eine<br />

Führungsrolle im technischen Wandel beigemessen 25 .<br />

Insgesamt ist festzuhalten: Vor allem aufgrund der Globalisierung der Märkte<br />

sowie aufgrund der Internationalisierung der Finanzströme sind die angesprochenen<br />

Megatrends und Trends im ganzen europäischen Raum wirksam.<br />

Dieser europäische Gesamtrahmen zeitigt zunehmend stärkere Wirkung<br />

auf die Entwicklung der einzelnen Regionen, da sich diese ihrerseits<br />

wiederum mehr und mehr vernetzen. Dabei sollten die regionalen Unterschiede<br />

in Entwicklung und Entwicklungsdynamik allerdings nicht unterschätzt<br />

werden; sie stellen neue Aufgaben und Herausforderungen<br />

● sowohl an die gesellschaftlichen Steuerungen,<br />

● an die Entwicklung von Wirtschaft und Industrie,<br />

● an die Weiterentwicklung des Berufsbildungssystems,<br />

● an die Entwicklung des Weiterbildungs’marktes‘<br />

● sowie an die Planungen der Individuen.<br />

Ein wichtiges Steuerungsinstrument stellt die Pflege der qualifikatorischen<br />

Infrastruktur und damit die Entwicklung regionaler Angebote zur beruflichen<br />

Bildung und Weiterbildung dar. Dabei kommt es darauf an, diese primär<br />

nicht als kurzfristige Reaktionsstrategie, sondern als rationale mittel- und<br />

langfristige aktive Steuerungs- und Entwicklungsperspektive zu begreifen.<br />

Im Folgenden versuche ich, die Tiefe des angesprochenen Transformationsprozesses<br />

in Wirtschaft und Industrie und deren Konsequenzen für den<br />

Bedarf an beruflicher Weiterbildung noch weiter zu präzisieren; dazu skizziere<br />

ich einige der Veränderungen, zu denen die Umstellung von der bisher<br />

vorherrschenden funktions- und berufsorientierten Organisation hin zur prozessorientierten<br />

Arbeitsorganisation gehört und in der nächsten Zukunft<br />

wohl in noch verstärkterem Maße gehören wird.<br />

Dabei verwende ich im Wesentlichen die auf empirischen Studien und die<br />

auf der Aufarbeitung einschlägiger Literatur basierenden Analysen, die am<br />

Wirtschaftsforschungsinstitut der Universität Göttingen von BAETHGE und<br />

seinen Mitarbeitern vorgelegt wurden 26 . Zwar ist auch hier auf weitreichen-<br />

21 Vgl. z. B. SEEBER (2000).<br />

22 Vgl. z. B. WITTHAUS (1996, 409, 413).<br />

23 Vgl. z. B. OECD (2001).<br />

24 Vgl. z. B. BODEN-HÖFER (1996, 233); auch die Beiträge in SEEBER, KREKEL & VAN BUER 2000).<br />

25 Vgl. z. B. die Beiträge in VON LANDSBERG & WEIß (1995).<br />

26 Vgl. z. B. BAETHGE & SCHIERSMANN (1998).<br />

14


de regionale, sektorale und betriebsgrößenspezifische Entwicklungen zu<br />

verweisen; trotzdem stellen diese Veränderungen gerade auch bei den<br />

größeren Unternehmungen im Bereich der Finanzdienstleistungen wichtige<br />

Entwicklungslinien dar.<br />

BAETHGE & SCHIERSMANN fassen die Veränderungen, die mit der Umstellung<br />

von funktions- in prozessorientierte Arbeitsorganisation einhergehen,<br />

in fünf großen Kategorien zusammen; diese gliedern sie nochmals in<br />

unterschiedliche Dimensionen, die an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt<br />

werden. Insgesamt verweisen der Autor und die Autorin auf fünfzehn gravierende<br />

Veränderungen, die die prozessorientierte Arbeitsorganisation in der<br />

Regel mit sich bringt. Die fünf Großkategorien sind: das Aufgabenprofil<br />

einer Unternehmung, sein Anforderungsprofil, die Arbeitsbedingungen, die<br />

Betriebsorganisation und die Arbeitsorganisation.<br />

In dem jetzigen Beitrag geht es speziell um die möglichen Auswirkungen<br />

dieser Entwicklungen auf die berufliche Bildung und deren institutionellorganisatorische<br />

Verfasstheit, mittels derer bei den Nachfragern für zumindest<br />

spezifische Aspekte der veränderten Aufgaben- und Anforderungsprofile im<br />

Bereich der finanzdienstleistenden Unternehmungen spezifische Wissensund<br />

Kompetenzprofile aufgebaut werden sollen. Darüber hinaus spreche<br />

ich noch Veränderungen in der Arbeitsorganisation an; denn hier ergeben<br />

sich möglicherweise Konsequenzen für steigende Desiderate nach berufsübergreifenden<br />

(Schlüssel-) Qualifikationen oder nach neuen Kombinationen<br />

und Vernetzungen für berufsspezifische und berufsunspezifische Kompetenzen<br />

des einzelnen Arbeitnehmers bzw. der einzelnen Arbeitnehmerin.<br />

Für den hier diskutierten Zusammenhang stelle ich besonders heraus:<br />

Veränderungen im betrieblichen Aufgabenprofil<br />

Nach BAETHGE & SCHIERSMANN tritt an die Stelle eines bisher eher begrenzten<br />

Bündels konkreter Arbeitsvorrichtungen zunehmend ein breit gefasstes<br />

Bündel bei zunehmend „offeneren“ Aufgabenstellungen mit nicht immer<br />

sofort erkennbaren, routinemäßig abarbeitbaren Problemlösungen. Für<br />

den einzelnen Arbeitnehmer bedeutet dies ausgedehntere Tätigkeitsfelder<br />

sowie breitere arbeitsbezogene Kontakte vor allem auch mit Personen, die<br />

er bisher nicht näher oder gar nicht kannte (Kollegen oder Kunden). Die<br />

zeitliche Struktur der Arbeit verändert sich von bisher eher kontinuierlichen<br />

Mustern mit wiederkehrenden Inhalten und bereichsspezifischer Abwicklung<br />

hin zu starker Diskontinuität mit dynamischer Veränderung der Inhalte<br />

und prozessorientierter Aufgabenabwicklung.<br />

Veränderungen im betrieblichen Anforderungsprofil<br />

Der bisher vorherrschende Kanon erprobter Handlungsvollzüge wird mehr<br />

und mehr erweitert durch neue Erfahrungsdimensionen in unterschiedlichen<br />

Kommunikations-, Organisations- und Marktbereichen. Für breite Arbeitsmarktsegmente<br />

ist eine systematische Ausdehnung von Produktpaletten<br />

und Dienstleistungen aus einer Hand deutlich erkennbar. Diese Entwicklung<br />

führt zu einem „offeneren“ Set an Handlungsvollzügen, die sich stark<br />

15


an Kundenwünschen, Sichtweisen von Kollegen etc. orientieren. Fachlich<br />

wird zusätzlich zur Qualifikation als „Spezialist“ ein breites Spektrum an<br />

technischen, kaufmännischen, kommunikativ-sozialen und nicht zuletzt<br />

auch an kulturellen Kompetenzen gefordert, das flexibel erweitert und verändert<br />

wird bzw. werden kann.<br />

Zumindest zwei Hintergrundtrends sind derzeit beobachtbar: Zum einen<br />

werden die Produkt- und Dienstleistungsangebote in vielen Aspekten immer<br />

stärker vergleichbar; zum anderen vergleichen (mögliche) Kunden nicht zuletzt<br />

über die neuen Informations- und Kommunikationssysteme die von<br />

ihnen nachgefragten Produkte und Dienstleistungen stärker hinsichtlich<br />

Struktur, Qualität und Preis.<br />

Insgesamt spricht alles dafür, dass sie ihre sozial-emotionale Bindung an<br />

eine spezifische Unternehmung mehr und mehr aufgeben bzw. verlieren<br />

und zunehmend nach einem rein ökonomischen Kalkül der (primär kurzfristigen)<br />

Renditeoptimierung agieren. Hinsichtlich der nach wie vor von der<br />

einzelnen Unternehmung gewünschten Kundenbindung spielen vor diesem<br />

Hintergrund neben der‚ selbstverständlich‘ eingeforderten hohen Fachkompetenz<br />

kommunikativ-soziale und kulturelle Kompetenzen der Arbeitnehmer<br />

besonders im Beratungs- und Betreuungsbereich eine herausragende Rolle 27 .<br />

Damit verändert sich auch die in vielen Tätigkeitsbereichen bisher eher<br />

begrenzte Bedeutung von reflexivem Denken und von Metakognitionen<br />

stark in Richtung auf deren zentrale Rolle bei der Steuerung der „offenen“<br />

Aufgabenstellungen und der Konstruktion komplexer Problemlösungen.<br />

Veränderungen in der Arbeitsorganisation<br />

Die bisherige fach- bzw. aufgabenzentrierte Spezialisierung entlang berufstypischer<br />

Qualifikationen und Kompetenzen wird zunehmend durch kundenbzw.<br />

durch prozessorientierte Arbeitsorganisation abgelöst. U. a. bedeutet<br />

dies: Die bisherigen berufstypischen Einsatzkonzepte und Aufgabenprofile<br />

werden zunehmend zumindest aufgelockert, wenn nicht immer stärker abgelöst<br />

durch flexible und offene, d. h. durch je Projekt neu definierte Aufgabenprofile.<br />

Waren bisher Verantwortungsbereiche weitgehend vertikal gestaffelt, z. B.<br />

mittels der sog. ‚Dienstwege‘, werden sie nunmehr zunehmend durch Kooperationen<br />

auf gleicher Ebene, also querfunktional, abgelöst. Dies führt<br />

auch dazu, dass die bisherige vertikale Hierarchisierung entlang formal zugewiesener<br />

Verantwortungsbereiche zumindest partiell durch Stauchungen<br />

dieser Hierarchisierung ersetzt wird.<br />

Insgesamt machen die Ausführungen in diesem Abschnitt auf eine Reihe<br />

durchaus widersprüchlicher Entwicklungen aufmerksam: Sie changieren<br />

zwischen Ansätzen zur Humanisierung bezahlter Arbeit auf der einen Seite<br />

und Verschärfung des Return of Investment in das einzelbetriebliche Humankapital<br />

auf der anderen.<br />

Für den Bereich der beruflichen Erstausbildung wird auch erkennbar: Dort<br />

27 Vgl. z. B. WITTMANN (2000).<br />

16


geht es zunehmend nicht mehr nur um die ‚Modernisierung‘ der beruflichen<br />

Curricula innerhalb der traditionellen Ausbildungsberufe; stattdessen geht<br />

es mehr und um mehr die Frage nach möglichen Kombinationen der bisher<br />

getrennten Curricula. Des Weiteren sind die Forderungen nach einer breit<br />

angelegten ‚Anreicherung‘ der fachspezifischen Kompetenzen mit den bereits<br />

ironisch als Breitbandanabolika angesprochenen Schlüsselqualifikationen<br />

sowie mit kulturellen Kompetenzen unübersehbar. Weiterhin steigt die<br />

Bedeutung von Metakognitionen sowie von Einstellungen lebenslangen<br />

Lernens.<br />

Faktorenbündel 3 „Europa“<br />

Eine ganze Reihe von Einflüssen, die aus dem europäischen Kontext auf<br />

die nationalen Bildungs- und Berufsbildungssysteme einwirken, habe ich<br />

oben in den Abschnitten 3.1 und 3.2 bereits angesprochen. Da die Frage<br />

nach den Wirkungen dieses Kontextes auf das deutsche Berufsbildungssystem<br />

ein eigenes komplexes Diskussionsfeld darstellt, mache ich an<br />

dieser Stelle auf die folgenden Aspekte nur skizzenhaft aufmerksam:<br />

Auch wenn diese in weiten Bereichen derzeit erst teilweise erkennbar sind,<br />

verstärken sich in der Folge der zunehmenden Verknüpfung der nationalen<br />

Arbeitsmärkte und der zumindest steigenden Option hinsichtlich der überregionalen<br />

Mobilität der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen 28 die Forderungen<br />

● nach transnationaler Standardisierung der Curricula bzw. von<br />

Teilcurricula sowie<br />

● nach übernational anerkannter Zertifizierung der von den<br />

Individuen erbrachten Leistungen gerade auch im Bereich der<br />

beruflichen Bildung und Qualifizierung 29 ;<br />

● darüber hinaus wachsen die Optionen hinsichtlich der Stärkung<br />

europäischer Komponenten in den beruflichen Curricula und<br />

hinsichtlich interkulturellen Kompetenzaufbaus 30 .<br />

Ein zentraler Aspekt in der Balance zwischen Standardisierung und Flexibilisierung<br />

der Curricula und Lehrangebote – sei es im beruflichen Regelsystem,<br />

sei es in den Weiterbildungsangeboten – ist deren Modularisierung 31 .Wie<br />

auch immer dieser Begriff präzisiert wird – vorherrschend ist dort eher die<br />

Uneinigkeit als Konsens 32 – , entscheidend für die in diesem Vortrag geführte<br />

Diskussion ist zumindest dreierlei:<br />

● Die inhaltlichen Lehrangebote, die vor allem im Bildungs- sowie im<br />

Berufsbildungs-Regelsystem bildungsgangsmäßig definiert sind<br />

und i. d. R. mit einer 0/1-Entscheidung am Ende dieser Bildungsgänge<br />

enden, müssen zwar ‚zerlegt‘ und hinsichtlich ihrer zeitlichen<br />

Sequenzierung sowie ihrer inhaltlichen Binnenstruktur möglichst<br />

präzise konstruiert werden. Gleichzeitig ist es jedoch auch<br />

erforderlich, sie in ihrer Verknüpfung untereinander genau auszulegen,<br />

um nicht im Aufbau deklarativen lexikalischen Wissens<br />

und stark segmentierter Wissensstrukturen verhaftet zu bleiben,<br />

28 Vgl. z. B. OECD (2001).<br />

29 Vgl. z. B. LAUR-ERNST (2000); BERUFSBILDUNGSBERICHT (2000, 201ff.).<br />

30 Vgl. z. B. BUSSE (1994); EUROPÄISCHE KOMMISSION (1997); WEBER (1998).<br />

31 Vgl. z. B. VAN CLEVE (1996); für das United Kingdom als Beispiel vgl. KUHLEE (2000).<br />

32 Vgl. die Ausführungen z. B. in SQUARRA & HÖPPNER (2001).<br />

17


sondern komplexe und flexible Wissens- und Kompetenzstrukturen<br />

zu erzeugen 33 .<br />

● Die Qualitätssicherung des curricular Gewollten erfolgt über die<br />

Realisierung der Lehr- und Ausbildungsumgebungen und über die<br />

dort implementierten Lehr-Lern-Prozesse. Diese didaktischmethodische<br />

Perspektive verweist auf die Bedeutung komplexer Lehr-<br />

Lern-Arrangements für das Erreichen gerade komplexer<br />

Wissensstrukturen sowie von Metakognitionen 34 .<br />

● Sollen die Ansätze der Modularisierung und vor allem ihrer Zertifizierung<br />

nicht bereits mittelfristig ein ähnliches Schicksal wie<br />

dasjenige von Schulabschlüssen und Zeugniszensuren des<br />

Regelsystems erleiden, ist es unabdingbar, den Output dieser Module<br />

mittels intersubjektiv überprüfbarer realitätsangemessener<br />

Messungen festzustellen und damit die Stufe der „bloßen<br />

Behauptung“ zu verlassen 35 .<br />

Insgesamt rückt damit die Frage nach der Qualitätssicherung in das Zentrum<br />

der einschlägigen Diskussionen - dies nicht nur unter den Aspekten<br />

der Effektivierung und Effizienzsteigerung im Rahmen des Bildungscontrollings<br />

und der Bestimmung des Return of Investment, sondern auch unter<br />

dem Gesichtspunkt der individuellen Verwendungssicherheiten des Gelernten<br />

für die Konstruktion der Berufs- und Erwerbsbiographie 36 .<br />

Derzeit sind in der europäischen Modularisierungsdiskussion die Tendenzen<br />

relativ stark ausgeprägt, zugunsten transnationaler Zertifizierung systematisch<br />

eine Separierung zwischen der Definition der Module im Sinne des<br />

dort erzielten Outputs auf der einen Seite und der Qualitätssicherung durch<br />

die Lehr-Lern-Prozesse herzustellen. Zunächst scheint dies die Chancen zu<br />

verstärken, mittels ‚Bildungspässen‘ oder ähnlichen Zertifizierungssystemen,<br />

die derzeit i. d. R. noch unterhalb der Ebene der Ordnungsmittel angesiedelt<br />

sind, Wissensbereiche, (Teil-) Kompetenzen, Fertigkeiten (skills)<br />

u. ä. zumindest überregional, möglicher Weise auch europaweit, anerkannt<br />

zu zertifizieren. Die Fragen nach der Qualitätssicherung durch die Lehr-<br />

Lern-Prozesse sowie nach der Messqualität des Zertifizierten bleiben jedoch<br />

auch weiterhin bestehen und stellen sich bei einer solchen Strategie<br />

für die Zukunft noch verschärft; beantwortet sind sie derzeit weder umfänglich<br />

noch zufriedenstellend.<br />

Allerdings scheint der Trend hin zur Modularisierung sowie zur Zertifizierung<br />

dieser Module und zusätzlich von arbeitsmarktrelevantem Gelernte, das<br />

nicht in institutionalisierten formellen Kontexten, sondern im Rahmen sog.<br />

informellen Lernens erworben wurde, politisch akzeptiert und weitgehend<br />

unumkehrbar zu sein. Für das deutsche Berufsbildungssystem sowie die<br />

Angebote an berufsbezogenem Lernen und beruflicher Qualifizierung zwischen<br />

Arbeitsamtsmaßnahmen und privaten Anbietern im Bereich der Um-<br />

33 Als Beispiele vgl. ACHTEN-HAGEN, TRAMM u.a. (1992); die Überlegungen in SQUARRA &<br />

32 HÖPPNER (2001).<br />

34 Als Übersicht zu den komplexen Lehr-Lern-Arrange-ments in der beruflichen Bildung vgl. z. B.<br />

32 ACHTENHAGEN (1995); auch VAN BUER, WAHSE u.a. (1999, 77ff.); zu den Metakognitionen vgl.<br />

32 z. B. WITT (1996).<br />

35 Zu dieser Frage vgl. z. B. WOTTAWA & THIERAU (1990).<br />

36 Vgl. z. B. die Beiträge in SEEBER, KREKEL & VAN BUER (2000).<br />

18


qualifizierung und Fort- und Weiterbildung stellt sich die drängende Frage,<br />

wie diese Institutionen und Agenten mit den für sie noch vergleichsweise<br />

ungewohnten Desideraten nach Modularisierung und verlässlicher Outputmessung<br />

umgehen.<br />

Der Blick auf die Funktionen des Berufsbildungssystems hinsichtlich seiner<br />

‚Transmission‘<br />

● zwischen den allgemeinen Schulen zum einen und<br />

● dem Beschäftigungssystem und den im Rahmen von bezahlter<br />

Arbeit bzw. zur Reintegration in bezahlte Arbeit stattfindenden<br />

öffentlich (teil-)finanzierten, einzelbetrieblichen und / oder<br />

individuellen beruflichen Weiterbildungsinvestitionen zum anderen<br />

macht auf eine ganze Reihe von Problemen und Disfunktionalitäten in der<br />

Anpassung der verschiedenen Teilsysteme aufeinander aufmerksam 37 . Vor<br />

allem die Probleme an der sog. 1. Schwelle – dem Eintritt der Jugendlichen<br />

in das Berufsbildungssystem – und an der 2. Schwelle – dem Übergang in<br />

das Beschäftigungssystem – werden seit Jahren intensiv diskutiert und<br />

auch in verschiedenen Berufsbildungsberichten der Bundesregierung bzw.<br />

der Bundesländer vor allem unter quantitativer Perspektive dargestellt 38 .<br />

Hinsichtlich der Selektionsprozesse an der 1. Schwelle ist sinnvoll, auch<br />

nach den ‚Leistungen‘ der allgemeinen Schule hinsichtlich der Voraussetzungen<br />

zu fragen, die für erfolgreiches Lernen unter stark restringierten<br />

Zeitkontingenten in der beruflichen Bildung benötigt werden. Hier haben z.<br />

B. die TIMSS-Studien in Deutschland zumindest zu überraschtem Erstaunen<br />

geführt 39 . Vor diesem Hintergrund gewinnt der Workshop 3 dieser<br />

Fachtagung seine besondere Bedeutung.<br />

Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, die Frage nach den Veränderungen<br />

in den individuellen Berufs- und Erwerbsbiographien zu beantworten –<br />

beginnend mit Befunden an der 2. Schwelle und darüber hinaus mit Ergebnissen<br />

aus berufsbiographischen sowie Panelstudien.<br />

An der 2. Schwelle, also am Übergang von der Berufsausbildung in das Beschäftigungssystem<br />

40 , weisen die entsprechenden Zahlen in den 90er Jahren<br />

bundesweit auf eine starke Verschlechterung der Situation hin: So hat<br />

sich insgesamt die Arbeitslosigkeit der erfolgreichen Absolventen des Dualen<br />

Systems stark erhöht 41 . Regional zwar sehr unterschiedlich, hat sich in<br />

der Bundesrepublik insgesamt ca. jeder vierte bis fünfte Jugendliche / junge<br />

Erwachsene nach seiner erfolgreich beendeten beruflichen Erstausbildung<br />

arbeitslos gemeldet 42 .<br />

Zwar liegen diese Zahlen im gesamteuropäischen Vergleich immer noch im<br />

unteren Drittel aller Staaten der Europäischen Union. Allerdings stabilisieren<br />

37 Vgl. z. B. GREINERT (1998).<br />

38 Vgl. z. B. BERUFSBILDUNGSBERICHT (2000); für <strong>Berlin</strong> VAN BUER, WAHSE u. a. (1999, vor<br />

37 allem 211ff. und 378ff.).<br />

39 Vgl. z. B. BAUMERT, BOS & LEHMANN (2000); für Brandenburg als regionale Studie vgl.<br />

39 LEHMANN, PEEK u.a. (2000).<br />

40 und in Teilen auch gleich in die berufliche Fort- und Weiterbildung sowie Umqualifizierung (quartärer<br />

39 Sektor des Bildungssystems)<br />

41 Vgl. auch BERUFSBILDUNGSBERICHT (2000, 152ff.).<br />

42 Vgl. die Berufsbildungsberichte der Bundesregierung der den letzten Jahre; für <strong>Berlin</strong> vgl. VAN 42<br />

BUER, WAHSE u. a. (1999, 378ff.).<br />

19<br />

Zum deutschen<br />

Berufsbildungssystem<br />

in<br />

Reaktion auf die<br />

Verände-rung von<br />

der Berufs- und die<br />

Erwerbsbiographie


sie sich vor allem in den neuen Bundesländern und in <strong>Berlin</strong> auf hohem Niveau,<br />

so dass für die 90er Jahre von einer mehr als unbefriedigenden Dauersituation<br />

gesprochen werden kann: In diesen Regionen spielen Aspekte<br />

zusätzlicher Bildungsinvestitionen statt Eintritt in das Beschäftigungssystem<br />

eine wichtige Rolle: So beginnen ca. 2% eine neue Lehre, ca. 8% gehen in<br />

die Fachhochschule und Universität, ca. 1.5% gehen in eine weitere (berufliche)<br />

Schule und ca. 4% treten sofort in eine Fortbildung oder Umschulung<br />

ein 43 .<br />

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der künftigen Entwicklung<br />

der für Deutschland bisher so ‚typischen‘ Berufsbiographien und nach deren<br />

möglicher Transformation in Erwerbsbiographien 44 .<br />

Exkurs: Zu den Begriffen der Berufs- bzw. der Erwerbsbiographie:<br />

Der Begriff der Berufsbiographie verweist vor allem auf zweierlei:<br />

● Zum einen verweist er auf relativ feste Berufskulturen und deren<br />

Identitätsfunktion für das arbeitende Individuum.<br />

● Zum anderen wird damit die folgende Situation bezeichnet: Der<br />

beruflichen Ausbildung kommt für die spätere Arbeitstätigkeit eine<br />

stark bestimmende Funktion zu. Diese Tätigkeit findet dann für die<br />

große Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung über das Arbeitsleben<br />

hinweg in demselben oder einem tätigkeitsaffinen Segment<br />

des Arbeitsmarktes statt. Die Frage, inwiefern die damit relativ<br />

starre Verknüpfung von Berufsbildungssystem und Beschäftigungssystem<br />

/ Arbeitsmarkt auch für die nächste Zukunft aufrecht<br />

erhalten werden kann, ist derzeit kaum mehr hinreichend präzise<br />

zu beantworten; denn diesbezüglich sind auch die gesellschaftlichen<br />

Positionen stark different.<br />

Der Begriff der Erwerbsbiographie hingegen verweist<br />

● auf das zunehmende Ersetzen der Berufskulturen durch Tätigkeitsstrukturen<br />

ohne entscheidende Identitätsbildung für den<br />

Einzelnen;<br />

● auf die Zunahme häufiger Wechsel von einer Tätigkeitsstruktur in<br />

eine deutlich veränderte über die gesamte Lebensspanne als<br />

Erwerbstätiger hinweg;<br />

● auf die zunehmende Unterbrechung der Erwerbstätigkeit durch<br />

Phasen von gewollter bzw. ungewollter Nichterwerbstätigkeit.<br />

Der Vergleich der wissenschaftlich-empirisch gesicherten Analysen und der<br />

öffentlich geführten Diskussionen zeigt eher geringe Übereinstimmungen<br />

auf; statt dessen werden eher große Differenzen in der Beurteilung der Entwicklung<br />

von der Berufs- in die Erwerbsbiographie in den 90er Jahren sichtbar:<br />

● Auf der einen Seite: Die wissenschaftlichen Analysen verweisen<br />

zwar auf bedeutsame Veränderungen in den Berufs- und Erwerbskarrieren<br />

in die angesprochene Richtung, markieren aber vor allem<br />

uneinheitliche Trends mit starken Unterschieden in den einzelnen<br />

Berufsgruppen und zudem geschlechtsspezifisch. Dabei betonen<br />

sie für Deutschland mehrheitlich die nach wie vor bisher relativ<br />

43 Zusätzlich gehen knapp 4% in den Wehr- bzw. Zivildienst, und knapp 5% werden Hausfrau / Haus-<br />

43 mann bzw. machen „Sonstiges“.<br />

44 Vgl. z. B. CORSTEN (2001).<br />

20


stabile Entwicklung von Berufsbiographien.<br />

● Auf der anderen Seite: Die öffentliche Diskussion in Deutschland<br />

neigt zu einer unübersehbaren Vergröberung und auch Dramatisierung<br />

der beobachtbaren Trends. In vielen Diskussionen wird der<br />

Umschlag von Berufs- in Erwerbsbiographien als bereits weitgehend<br />

vollzogen deklariert. Einschlägige wissenschaftliche<br />

Studien werten deutsche Verlaufsdaten über lange Zeiträume aus;<br />

darüber hinaus führen sie systematisch den Vergleich mit anderen<br />

Nationalökonomien durch. Hinsichtlich ihrer Perspektivität für die<br />

Investition in berufliche Weiterbildung können sie wie folgt<br />

zusammengefasst werden:<br />

Zum Blick in die jüngere Vergangenheit<br />

In einer groß angelegten Zeitreihenanalyse des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung<br />

in <strong>Berlin</strong> stellte sich heraus 45 : Vor allem für die Jahrgänge<br />

der zwischen 1949 und 1951 Geborenen, d.h. der jetzt ca. 50jährigen, ist<br />

über den individuellen Lebensverlauf in den ersten fünfzehn Jahren nach<br />

der beruflichen Erstausbildung eine bemerkenswerte Stabilität festzustellen.<br />

Der errechnete Stabilitätswert, der prinzipiell zwischen „0“ und „1“ variieren<br />

kann, liegt bei 0.70. Für die folgenden Jahrgänge sinkt er dann auf ca.<br />

0.65. Dieser Befund gilt nicht nur über die Gesamtheit des einzelnen Jahrganges<br />

hinweg, sondern auch für die individuellen Erwerbs- und Karrieremuster.<br />

Im Vergleich z. B. mit den Befunden aus den Vereinigten Staaten<br />

tritt diese besondere Stabilität für den deutschen Bereich noch deutlicher in<br />

den Vordergrund.<br />

Zum Blick in die Gegenwart<br />

Insgesamt liegt eine Vielzahl von soziologischen Analysen zur Funktion des<br />

Berufes bei der Konstruktion individueller Karrieren vor 46 . Zusammenfassend<br />

verweisen sie auf eine empirische Befundlage, die derzeit (noch) eher<br />

durch widersprüchliche als durch eindeutige generelle, arbeitsmarktsektoren-<br />

und branchenübergreifende und nicht zuletzt auch durch eindeutige geschlechtsunspezifische<br />

Trends geprägt ist. Die einschlägigen Studien legen<br />

insgesamt den folgenden Schluss nahe: Je nach Betonung unterschiedlicher<br />

Aspekte der erhobenen Daten kann stärker<br />

● auf den Wandel des Berufssystems und den gleitenden Übergang<br />

von lebenslangen Berufs- zu temporären Erwerbskarrieren oder<br />

● auf die Stabilität des erlernten Berufes für die weitere Biographie<br />

verwiesen werden.<br />

Auch zu Beginn dieses Jahrhunderts kann immer noch von dem „Paradox<br />

von Stabilität und Vielfalt“ gesprochen werden, wie es BERGER (1995)<br />

formuliert: Danach können als parallele Prozesse auf dem Arbeitsmarkt und<br />

im Beschäftigungssystem sowohl eine leicht wachsende Stabilität in einzelnen<br />

Berufsbiographien als auch eine leicht wachsende Zunahme an heterogenen<br />

Karrieren in Richtung auf Erwerbsbiographien festgestellt werden.<br />

Bedeutsam erscheint: Vor allem solche Gruppen von Erwerbspersonen,<br />

45 Vgl. MAYER (1996).<br />

46 Vgl. den ausführlichen Überblick über die einschlägige Literatur, den CORSTEN (2000) vorlegt.<br />

21


deren bisherige Ausbildungs- und Berufsbiographie durch Diskontinuität geprägt<br />

ist, werden auch in Zukunft verstärkt durch diese Diskontinuität und Irregularität<br />

bedroht sein. Gleichzeitig nimmt der Differenzierungsgrad der<br />

beruflichen Verlaufsmuster zu 47 . Mit einer Quote von mehr als 50% können<br />

die Übergänge von Auszubildenden aus dem wirtschaftsberuflichen Bereich<br />

in das Beschäftigungssystem als besonders stabil gelten; dies gilt besonders<br />

für den Bereich der sog. „Abiturientenberufe“, also auch dem Bereich<br />

der Finanzdienstleistungen 48 ; die Anteile eines diskontinuierlichen Übergangs<br />

lagen hier nur bei ca. 20% und damit am unteren Rand des Gesamtranges.<br />

Insgesamt lassen die vorliegenden, hier nur schlaglichtartig angesprochen<br />

wissenschaftlichen Befunde den Schluss zu: Für den Arbeitsmarkt und das<br />

Beschäftigungssystem in Deutschland stellt das Berufskonzept nach wie<br />

vor einen stark stabilisierenden Faktor bei der Konstruktion der individuellen<br />

Berufsverläufe dar. Gleichzeitig betonen sie die besondere Bedeutung des<br />

zielgerichteten ‚regulären‘ Einstiegs in die berufliche Ausbildung, dort besonders<br />

über das Duale System der Berufsausbildung. Damit wird der gesellschaftstragende<br />

Charakter des Berufskonzepts sowohl unter systemischer<br />

als auch unter individueller Perspektive sichtbar.<br />

Dies bedeutet nicht zuletzt auch: Wie auch immer z. Z. über das Verhältnis<br />

von beruflicher Erstausbildung und beruflicher Fort- und Weiter-bildung diskutiert<br />

und wie es in den nächsten Jahren bestimmt wird, die 1. Schwelle mit<br />

den dort stattfindenden Berufswahl- und Berufsfindungs- und -einmündungsprozessen<br />

verliert nicht, sondern sie gewinnt noch an Bedeutung. Im<br />

Rahmen dieser generellen erwartbaren Entwicklung nimmt auch die Bedeutung<br />

zu, die der empirisch nachgewiesenen Qualitätssicherung der Bildungsgänge<br />

im Berufsbildungssystem zukommt, dort vor allem auch der<br />

Varianten, in denen Bildungsträger als „Ersatz“ für die betriebliche Ausbildung<br />

oder als ein struktureller Bestandteil eines differenzierten kooperativen<br />

Systems wie in der Verbundausbildung fungieren. Diese Fragen werden<br />

im Workshop 1 und im Workshop 4 dieser Fachtagung besonders diskutiert.<br />

Gleichzeitig offenbart die berufliche Weiterbildung über die schon angesprochene<br />

individuell „trügerische“ Rendite hinaus einen weiteren ambivalenten<br />

Aspekt: Wenn sie die Funktion der Umschulung bzw. der Fortbildung an der<br />

Stelle einer nichtgelungenen Berufseinmündung tritt, kann ihr durchaus eine<br />

stigmatisierende Funktion zumindest in Richtung auf „Diskontinuität“ und<br />

„Irregularität“ zukommen.<br />

Die oben angesprochenen empirischen Befunde wurden mittels breit<br />

angelegter aufwendiger wissenschaftlicher Studien ge-wonnen. Diese<br />

lassen in nur begrenztem Ausmaß Analysen individueller Berufskarrieren<br />

zu. Die Befunde aus den Studien, die mit Daten aus der ersten Hälfte der<br />

90er Jahre arbeiten und den individuellen Übergang von der Ausbildung in<br />

die berufliche Tätigkeit thematisieren 49 , verweisen – zumindest für die 90er<br />

Jahre – ebenfalls auf einen vergleichsweise kontinuierlichen Übergang in<br />

47 Vgl. z. B. MÖNNICH & WITZEL (1994).<br />

48 Dies gilt besonders dann, wenn man die Zahl der Absolventen abrechnet, die nach der nichtaka-<br />

47 demischen Berufsausbildung eine akademische Ausbildung anschließen<br />

47 (vgl. auch die Ausführungen im Abschnitt 4.3 zur Rekrutierung im Bankenbereich).<br />

49 Vgl. z. B. STENDER (1997).<br />

22


das Beschäftigungssystem. In diesen Untersuchungen wird auch deutlich:<br />

<strong>Regionale</strong> Mobilität und hohe Weiterbildungsbereitschaft des Individuums<br />

helfen – dort allerdings nicht so sehr als Umschulung direkt nach der Berufsausbildung<br />

– , diesen Übergang zu optimieren. Wie stark diese Einstellungen<br />

ausgeprägt sind, hängt in hohem Maße von den Erfahrungen der Jugendlichen<br />

in ihrer Familie und nicht zuletzt auch in ihrer Ausbildung ab. Damit<br />

stellt sich die Frage, wie solche Grundeinstellungen auch durch gezielte<br />

Maßnahmen im Bildungssystem aufgebaut werden können, z. B. über Lehr-<br />

Lern- und Ausbildungsbedingungen, die besonders die Autonomie und<br />

Selbstverantwortlichkeit des Jugendlichen fordern und fördern.<br />

Zum Blick auf die mögliche nächste Zukunft<br />

Selbst wenn der Blick auf die Zukunft – vielleicht auch glücklicherweise -<br />

grundsätzlich verstellt ist und daher nur die Projektion auf eine möglicherweise<br />

eintretende Zukunft oder die gedankliche Konstruktion von denkbaren<br />

Alternativen möglicher Zukunft Sinn macht, so sei in diesem letzteren<br />

Sinn eine solche Formulierung gewagt:<br />

In Deutschland stellt der Beruf nach wie vor ein wichtiges Stabilitätskonzept<br />

für die Konstruktion individueller Karrieren dar. Da die Mehrzahl der verwendeten<br />

Daten aus den 80er Jahren bzw. aus dem Beginn der 90er Jahre<br />

stammen, ist derzeit nur schwer einschätzbar, ob sich seit etwa Mitte der<br />

90er Jahre die Situation deutlich ändert; denn dabei spielen nicht nur nationale,<br />

sondern auch europaweite Entwicklungen sowie (berufsbildungspolitische)<br />

Grundsatzentscheidungen in der EU eine nicht unbeträchtliche Rolle 50 .<br />

Viele Indikatoren zeigen auf einen eher gleitenden denn abrupten Übergang<br />

in Richtung auf erhöhte Instabilitäten und Diskontinuitäten in den individuellen<br />

Berufsbiographien hin. Dabei sind die Individuen, die auf eine nicht oder<br />

nur teilweise gelungene Berufseinmündung bzw. bereits auf einen diskontinuierlichen<br />

Berufsverlauf verweisen müssen, schon in den 90er Jahren<br />

stark von der Verlängerung dieses instabilen Zustandes betroffen.<br />

Insgesamt wird jedoch sichtbar: Derzeit ist wenig abzuschätzen, wie lange<br />

das Berufskonzept als grundlegende Philosophie vor allem des Dualen<br />

Systems der Berufsausbildung in Deutschland noch tragen wird; sichtbar<br />

wird dies vor allem<br />

● angesichts der Veränderungen in der Arbeitsorganisation und in<br />

den daraus folgenden Tätigkeitsstrukturen einerseits und<br />

● angesichts der sich abzeichnenden Einflüsse europäischer<br />

Konsensbildung auch in der beruflichen Bildung andererseits.<br />

Inwieweit das deutsche Berufsbildungssystem auf diese möglichen Entwicklungen<br />

vorbereitet ist bzw. diese auch ‚kontern‘ kann, ist derzeit ebenfalls<br />

kaum hinreichend präzise beantwortbar.<br />

In meiner These 3 habe ich die Vermutung formuliert, dass die Nachfrager<br />

und Nachfragerinnen nach beruflicher Bildung sich ändern; dies beträfe sowohl<br />

die Individuen als auch große Subgruppen.<br />

Auf einer eher globalen Ebene betrachtet, verdeutlichen die nationalen und<br />

50 Vgl. z. B. CEDEFOP (2000).<br />

23


Zum deutschen<br />

Berufsbildungssystem<br />

und zu<br />

den Veränderungen<br />

bei den Nachfragern<br />

und Nachfragerinnen<br />

nach<br />

beruflicher Bildung<br />

internationalen Jugendstudien, die auch den Altersbereich der jungen Erwachsenen<br />

umfassen, einen bedeutsamen Wechsel in den Wertemustern<br />

und Einstellungen. Hier zeigt sich besonders ein deutlicher Trend zur Individuation.<br />

Mit dem letzteren Begriff ist eine Entwicklung gekennzeichnet,<br />

nach der in einer Gesellschaft allgemein anerkannte Wertesysteme zunehmend<br />

in Frage gestellt und durch kleingruppenspezifische, häufig auch subkulturelle<br />

Systeme bzw. durch stark individuell geprägte Werthaltungen ersetzt<br />

werden. Wenn dies zutrifft, ist eine Konsequenz: Es wird zunehmend<br />

schwieriger, auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene Konsens über zentrale<br />

Fragen der Konstruktion von Gesellschaft zu finden. Dazu gehören auch<br />

die Fragen nach der individuellen Bedeutung von bezahlter Arbeit, der Konstruktion<br />

der individuellen Berufs- bzw. Erwerbsbiographie, deren Einpassung<br />

in die anderen Lebensbereiche und -aufgaben sowie die subjektiv<br />

wahrgenommenen Möglichkeiten und Erfordernisse der Teilnahme an beruflicher<br />

Weiterbildung sowie deren Realisierung im Rahmen individueller<br />

Belastungsstrukturen.<br />

Jenseits dieser sehr allgemeinen Entwicklung wird es schon schwieriger,<br />

etwas detaillierter betrachtet eindeutige inhaltliche Trends zu identifizieren,<br />

die über die Tatsache hinaus gelten,<br />

● dass sich die Einstellungen der Jugendlichen zu Arbeit und Beruf<br />

in den letzten zwei Dekaden gewandelt haben und<br />

● dass sich diese Einstellungen und Bewertungen in Abhängigkeit<br />

von Erfahrungen mit Arbeitslosigkeit in der Zeit nach Beendigung<br />

der beruflichen Ausbildung bzw. der Schulpflicht relativ schnell<br />

ändern können und kein zeitübergreifendes Merkmal mehr darstellen.<br />

Insgesamt deuten sich auf der einen Seite hohe Stabilitäten an; dies betrifft<br />

vor allem die nach wie vor hohe Favorisierung von beruflicher Ausbildung<br />

und beruflichen Tätigkeiten, in der primär konkrete Produkte erzeugt werden.<br />

Auf der anderen Seite werden aber auch starke Veränderungen sichtbar,<br />

die sich vor allem auf das zunehmend instrumentelle Verhältnis zur Arbeit<br />

im Rahmen der Lebensplanung beziehen.<br />

Auf zwei Phänomenbereiche gehe ich an dieser Stelle exemplarisch genauer<br />

ein:<br />

Bereich 1 „Werthaltungen von Jugendlichen gegenüber Beruf und<br />

Arbeit“<br />

In seinem Überblick über Befunde der Jugendforschung zu Arbeit und Beruf<br />

macht MERKENS (2001, 127ff.) zunächst auf methodologisch/methodische<br />

Probleme aufmerksam, die in diesem Forschungsbereich vorliegen. Diesem<br />

Autor zufolge sind sie neben statistischen Auswertungsproblemen vor allem<br />

auch in dem Umstand zu sehen,<br />

● dass viele der Studien nicht auf repräsentativen Stichproben<br />

basieren und<br />

● dass es nicht immer gelungen sei, die festgestellten Veränderungen<br />

von den veränderten Zusammensetzungen des jeweiligen<br />

Jahrgangs über die letzten drei Dekaden hinweg zu ‚bereinigen‘.<br />

24


So ist es nicht verwunderlich, dass der Autor in seiner Übersicht über die<br />

einschlägigen Befunde eher vorsichtig agiert und dabei häufig auf widersprüchliche<br />

Ergebnislagen aufmerksam macht. Trotzdem können einige<br />

Trends festgehalten werden 51 :<br />

● Wenn Jugendliche über Arbeit nachdenken, tun sie dies nach wie<br />

vor mehrheitlich in der Kategorie des Berufes 52 . Damit folgen sie<br />

zumindest derzeit nur langsam der im Beschäftigungssystem beobachtbaren<br />

Auflösung des Berufsbegriffs sowie der Berufsbilder<br />

zugunsten von Tätigkeitsstrukturen, die mit instabilen Erwerbsmustern<br />

verknüpft sind. Sichtbar wird hier besonders die nach wie<br />

vor identitätsstiftende Funktion des Berufskonzepts, auf die z. B.<br />

CORSTEN (2001) aufmerksam macht.<br />

● Jugendliche verbinden mit dem Begriff des Berufes, den sie für<br />

sich wählen, besonders die Merkmale einer interessanten und<br />

selbständigen Tätigkeit mit viel Freizeit und viel Kontakt mit<br />

anderen Menschen 53 . Demgegenüber scheinen Merkmale wie<br />

sichere Berufsstellung, hohes Einkommen, anerkannter und<br />

geachteter Beruf und viel Verantwortung in ihrer Bedeutung<br />

tendenziell zurückgesetzt. Insgesamt deutet vieles darauf hin, dass<br />

individuelle Zufriedenheit mit dem Beruf in das Zentrum der<br />

Planung der eigenen Berufs- bzw. Erwerbsbiographie gerückt ist.<br />

MERKENS (2001, 135) stellt in seiner Zusammenfassung der<br />

Befunde heraus:<br />

„Ergebnisse, wie diese, lassen erkennen, daß das mit der Arbeit konkret Erreichte<br />

für die Jugendlichen wichtig ist. Sie sind offensichtlich eher auf Produkte<br />

fixiert und an der Erstellung von Produkten aus Materialien interessiert.<br />

So bleibt für sie der Prozeßcharakter eher zweitrangig. Vor allem wirkt<br />

die Instrumentalisierung der Arbeit in dem Sinne, daß man arbeitet, um etwas<br />

anderes zu erreichen, für sie obsolet. Damit deutet sich gegenüber den<br />

Arbeitsformen, die heute in der Industrie sowohl im gewerblichen als auch<br />

im kaufmännischen Bereich vorherrschen, ein Defizit an. Weder die Arbeit<br />

unter den Bedingungen der industriellen Produktion, die Optimierung der<br />

Arbeitsabläufe und Erkennen der Gesamtzusammenhänge abverlangt,<br />

noch die in den modernen Dienstleistungsberufen, welche Serviceorientierung<br />

als wichtiges Kriterium hat, die beide wiederum relativ abstrakt als Anforderungsmuster<br />

gegenüber der konkreten Tätigkeit bleiben, werden von<br />

den Jugendlichen geschätzt“.<br />

● Insgesamt zieht die Mehrzahl der Jugendlichen Berufe, in denen<br />

konkrete Produkte erstellt werden, denjenigen vor, in denen die<br />

Wissensförmigkeit der Berufskompetenz zentral ist und eher‚<br />

abstrakte‘ Phänomene wie nicht oder nur bedingt nachvollziehbare<br />

Handlungsfolgen gefordert sind.<br />

● Leistungsbereitschaft als abstraktes Kriterium wird zunehmend<br />

abgelehnt. Dies bedeutet aber nicht, dass generell die Leistungsbereitschaft<br />

der Jugendlichen zurückgegangen ist; statt dessen<br />

zeigt sich, dass diese sich auf konkrete Handlungen in einem für<br />

sie überschaubaren Zeitrahmen und auf für sie individuell Sinnhaftes<br />

beziehen muss.<br />

51 Vgl. auch VAN BUER, WAHSE u.a. (1999, 166ff.).<br />

52 Vgl. z. B. DÖHM & JUNGKUNZ (1997).<br />

53 Vgl. z. B. HERZ (1989).<br />

25


● Zwar stellen z. B. FERCHHOFF & KURZ (1994, 483) fest, dass<br />

sich die Einstellungen zu konventionellen Werten wie „ritueller<br />

Höflichkeit“, standardisierten Normen des „guten Benehmens“ und<br />

auch gegenüber den Arbeitstugenden wie „Pünktlichkeit“, „Sauberkeit“,<br />

„Genügsamkeit“, „Bedürfnisaufschub“ und „ritueller Fleiß“ in<br />

Richtung auf Distanz geändert hätten; allerdings seien gleichzeitig<br />

Werte wie Anerkennung von Leistungsorientierung, Aufstieg- und<br />

Karriereorientierung sowie Befriedigung und Selbsterfüllung im und<br />

durch den Beruf in ihrer Bedeutung gestiegen.<br />

Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass solche generellen Trends nochmals<br />

subgruppenspezifisch variieren: So liegt nach wie vor ein klar erkennbares<br />

Nord-Süd-Gefälle vor, des Weiteren variieren diese Einstellungen mit<br />

dem Bildungsgrad 54 . Insgesamt spricht vieles dafür, dass die häufig implizit<br />

unterstellte Einheitlichkeit der Lebenslagen der Jugendlichen nicht zutrifft<br />

und dass der auch beobachtbaren zunehmenden Differenzierung und teilweisen<br />

Separierung der verschiedenen Lebenslagen ein bedeutsamer Einfluss<br />

auf die differentielle Herausbildung von Einstellungen gegenüber den<br />

oben angesprochenen Werten zukommt.<br />

In seiner Gesamtzusammenfassung kommt MERKENS (2001, 150) zu dem<br />

Schluss, dass<br />

„ ... mit dem Bildungsniveau die positive Einstellung zu Arbeit, Leistung und<br />

Technik zurückgeht (...),<br />

... die Akzeptanz von Arbeit, Leistung und Technik leicht zunimmt (insbesondere<br />

bei männlichen Jugendlichen),<br />

... die Zukunftsperspektiven negativ eingeschätzt werden“.<br />

Bereich 2 „sozialer Wandel von Jugend und Familie“<br />

Die obigen Bemerkungen machen deutlich: In einigen Bereichen folgt ein<br />

Großteil der Jugendlichen in ihren Einstellungen und Urteilen den teils rasanten<br />

Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und im Beschäftigungssystem<br />

nur bedingt und vor allem nicht mit derselben Geschwindigkeit, wie sie in<br />

diesen Subsystemen erkennbar ist. Generell kann man von dem Folgenden<br />

ausgehen: Die Vernetzung der verschiedenen Umwelten, in denen die Jugendlichen<br />

leben, hat zugenommen; und mit dieser Vernetzung wächst<br />

auch die Diversifikation in den individuell bedeutsamen Netzstrukturen. Als<br />

eines der gesellschaftlichen Subsysteme, das nach wie vor in dieser Gesellschaft<br />

als zentrales Instrument der Sozialisation angesehen wird, ist die<br />

Familie zu betrachten. An dieser Stelle kann nicht auf den sozialen Wandel<br />

eingegangen werden, den auch die Familie erfasst hat 55 . In dem hier diskutierten<br />

Kontext ist jedoch die Frage, welche Wirkungen von diesem Wandel<br />

auf die lern- und entwicklungsrelevanten Einstellungen ausgehen, die die<br />

Jugendlichen in das Berufsbildungssystem mitbringen.<br />

BUTZ (1997, 326ff.) fasst die Ergebnisse ihrer empirischen Studie aus <strong>Berlin</strong>,<br />

die auf Daten aus Mitte der 90er Jahren basiert, in den folgenden Punkten<br />

zusammen:<br />

● Zwar leben nach wie vor mehr als zwei Drittel der Jugendlichen in<br />

ihren Familien, wenn sie in das Berufsbildungssystem einmünden;<br />

54 Vgl. MERKENS (2001, 149).<br />

55 Vgl. z. B. BUTZ (1997, 122ff.).<br />

26


sie können daher auf durchaus traditionelle Strukturen als soziobiographischen<br />

Hintergrund verweisen. Aber aus der Sicht der<br />

Jugendlichen verschlechtert sich die Qualität ihrer Familie im Vergleich<br />

der verschiedenen Alterskohorten.<br />

● Die wahrgenommene Familienqualität beeinflusst nachhaltig die<br />

Zukunftseinschätzung der Jugendlichen.<br />

● In der Familie wird zu bedeutsamen Teilen die psychosoziale<br />

Befindlichkeit der Kinder und Jugendlichen aufgebaut. Sie kann als<br />

ein weitgehend zeitstabiles Persönlichkeitsmerkmal verstanden<br />

werden, wenn die Jugendlichen in die berufliche Bildung einmünden.<br />

Auch in sozial schwierigen Zeiten erweist sich diese<br />

Befindlichkeit als relativ stabil.<br />

● Das Problemverhalten der Jugendlichen wird mehr und mehr als<br />

schwierig wahrgenommen. Als schlecht empfundenes Familienklima<br />

stellt einen wichtigen Risikofaktor für das Auftreten von<br />

Problemverhalten Jugendlicher dar. Weiterhin steuert es bedeutsam<br />

die problemhafte und negativ orientierte psychosoziale<br />

Befindlichkeit von Jugendlichen.<br />

● Generell zeigt sich eine starke Interaktion zwischen familiären<br />

Bedingungen, Persönlichkeitsvariablen des Jugendlichen und<br />

seinen sozialen Ressourcen.<br />

Insgesamt deutet vieles darauf hin, dass der soziale Wandel über die Entwicklung<br />

und das Lernen des Jugendlichen darauf wirkt, in welchem Ausmaß<br />

und auf welche Weise er die Lern- und Entwicklungsangebote in der<br />

institutionalisierten beruflichen Bildung nutzen kann und will. Vieles zeigt<br />

ebenfalls auf die folgenden Phänomene: Die Diskussion der letzten Jahre,<br />

die durchaus berechtigter Weise die Renovierung der Curricula und Lehr-<br />

Lern-Formen unter der Perspektive eines neuen Verhältnisses von Berufsbildungssystem<br />

und Arbeitsmarkt fokussiert hat, hat die Einflüsse aus dem<br />

sozialen Wandel der Familie und deren Beitrag zur individuellen Entwicklung<br />

der Jugendlichen nicht nur unterschätzt, sondern auch systematisch<br />

vernachlässigt. Diese Jugendlichen sind die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen<br />

von morgen, und sie bringen ihre Eintellungen und Urteile über ihren<br />

„Aufenthalt“ im Berufsbildungssystem und die anschließende Berufseinmündungsphase<br />

mit in die - wie auch immer berufliche oder erwerbsmäßig<br />

– organisierte bezahlte Arbeit mit.<br />

In meinen Ausführungen habe ich Sie mit einer ganzen Reihe von theoretischen<br />

Überlegungen, generellen Strukturaussagen und empirischen<br />

Befunden aus ganz unterschiedlichen Phänomenbereichen konfrontiert.<br />

Trotz der dabei angedeuteten Komplexität kann ich nur darauf verweisen,<br />

dass ich nur einen kleinen Ausschnitt möglicher Einflüsse auf das deutsche<br />

Berufsbildungssystem angesprochen habe. Wie versprochen – habe ich jedoch<br />

nicht versucht, die Titelfrage meines Beitrages bisher zu beantworten.<br />

Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, meine These 1 zu untermauern: Die<br />

Vielzahl und die Stärke der Einflüsse auf das deutsche Berufsbildungssystem<br />

haben zugenommen. Weiterhin habe ich zu zeigen versucht: Vor allem<br />

die gesellschaftlichen Subsysteme, die das Berufsbildungssystem‚ umge-<br />

27<br />

Ein nachdenklicher<br />

Schluss


en‘, verändern sich teils in höchst dynamischer Weise. Dabei sind diese<br />

Veränderungen nicht homogen, und sie zeigen auch nicht immer in die selbe<br />

Richtung. Darüber hinaus gelten sie auch nicht immer für die Gesamtheit<br />

der Betroffenen, sondern teils nur für Subgruppen. Dies ist die eine Seite.<br />

Auf der anderen Seite zeigt der Blick in die letzte Dekade, dass das Berufsbildungssystem<br />

sich strukturell durch eine starke Stabilität auszeichnet und<br />

dabei gleichzeitig in einigen Teilaspekten wie den Curricula vieler Ausbildungsberufe<br />

auch durch eine vergleichsweise hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit.<br />

So scheint die derzeitige Situation durch eine Paradoxie gekennzeichnet zu<br />

sein – Dynamik und Transformation der gesellschaftlichen Subsysteme, in<br />

die das Berufsbildungssystem seine Absolventen entlässt, auf der einen<br />

Seite und hohe Stabilität und in Teilen auch nicht zu übersehende Änderungsresistenz<br />

im Berufsbildungssystem selbst auf der anderen Seite.<br />

Damit stellt sich für mich die Frage, ob ich es mir trotz meiner einleitenden<br />

Bemerkungen zutrauen sollte, die Titelfrage meines Beitrages zumindest in<br />

Teilen zu beantworten, ohne dabei mehr zu tun als das eingangs schon beschworene<br />

„Lesen im Kaffesatz“ zu produzieren.<br />

Gestatten Sie mir daher abschließend einen stark subjektiv gefärbten Ausklang<br />

meiner Überlegungen –- dies im Sinne einer Projektion:<br />

Die Struktur des deutschen Berufsbildungssystems ist äußerst differenziert;<br />

angesichts der Vielzahl der Funktionen, die dieses System zu erfüllen hat,<br />

ist dies ein nicht zu unterschätzender Vorteil 56 . In Teilen ist es jedoch vielleicht<br />

auch zu diversifiziert, und dieser Aspekt sollte neu überdacht werden.<br />

Aber die derzeitige Struktur enthält bereits die Grundkomponenten, die<br />

systematisch qualitätsvolle Entwicklungsangebote an Jugendliche ermöglichen.<br />

Diese gilt es zwischen Marktorientierung und individuellen Bedürfnissen<br />

der Nachfrager und Nachfragerinnen nach beruflicher Bildung ausbalanciert<br />

weiterzuentwickeln, möglichst empirisch gesichert nachgewiesen<br />

und nicht nur als pure Daseinsbehauptung in die öffentliche Debatte geworfen.<br />

Dabei spielt das Zusammenspiel der verschiedenen Steuerungsebenen in<br />

der beruflichen Bildung eine entscheidende Rolle. Gleichzeitig wird es mit<br />

entscheidend sein, wie die institutionell-organisatorischen Umgebungsbedingungen<br />

in den verschiedenen Lehr- und Ausbildungsinstitutionen ausgestattet<br />

werden; gedacht ist dabei nicht an eine pauschale Inputfinanzierung,<br />

sondern an eine qualitätsbezogene Prozess- und Outputfinanzierung.<br />

Folgt man den bildungspolitischen Analysen der OECD (2001), wird der entscheidende<br />

Faktor jenseits der Strukturentwicklung des Berufsbildungssystems<br />

in der Weiterentwicklung des Personals liegen, also in der Mitarbeiterentwicklung.<br />

Wie diese sich in den nächsten Jahren darstellen wird, ist derzeit<br />

nur in Ansätzen erkennbar: Die Prognosen reichen für die beruflichen<br />

Schulen von ihrem Zusammenbruch über die Rekrutierung von Quereinstei-<br />

56 Vgl. z. B. die Ausführungen in VAN BUER, WAHSE u.a. (1999, 59ff.).<br />

28


gern um fast jeden Preis mit erwartbaren starken Qualitätsverlusten bis hin<br />

zu der Perspektive, den relativen Stellenwert der verschiedenen Lehr- und<br />

Ausbildungsinstitutionen neu zu überdenken. Für die Bildungsträger wird<br />

sich der Druck auf die Personalentwicklung als systemischer Komponente<br />

der Unternehmensentwicklung wesentlich verschärfen – bei i. d. R. nur geringer<br />

Kapitaldeckung und auch bei Subventionsbedingungen, in denen<br />

Ressourcen für die Mitarbeitentwicklung in nur geringem Ausmaß vorgesehen<br />

sind. Für die Betriebe die Situation zu beschreiben, würde einen eigenen<br />

Beitrag benötigen.<br />

Ist also das deutsche Berufsbildungssystem den Anforderungen der Zukunft<br />

gewachsen? Radio Eriwan würde antworten: Im Prinzip ja, - vielleicht sogar<br />

nur vielleicht – , aber ...<br />

Meine persönliche Antwortprojektion lautet: Strukturell sollte das deutsche<br />

Berufsbildungssystem in der Lage sein, die erwartbaren Anforderungen aktiv<br />

anzugehen und Lösungsmuster zu entwickeln. Dies ist möglich, wenn die<br />

verschiedenen politischen Steuerungsebenen strukturelle Anpassungen aktiv<br />

vorbereiten helfen und dabei das Vertrauen der verschiedenen Agenten<br />

verstärken. Letztendlich entscheidend wird sein, welche Art der Qualitätsentwicklung<br />

in den einzelnen Lehr- und Ausbildungsinstitutionen implementiert<br />

und stabilisiert wird. Diese Qualitätsentwicklung erfordert allerdings<br />

zum einen die Produktion hinreichenden Nachwuchses (quantitativer Aspekt)<br />

und zum anderen einen teils radikalen Wechsel in den Einstellungen<br />

der Agenten und einen kontinuierlichen Aufbau ihrer Fachkompetenz und<br />

didaktischer Kompetenz (qualitativer Aspekt) (für die Verbundausbildung<br />

vgl. z. B. SEEBER, VAN BUER & BARTH 2001).<br />

Abschließend sei eine Unsicherheit allerdings nicht unangesprochen – und<br />

diese heißt Europa und die dortigen politischen Entscheidungen hinsichtlich<br />

der Favorisierung bestimmter nationaler Berufsbildungssysteme als Entwicklungsmodelle<br />

für andere Staaten. Und trotzdem ist Europa gerade für<br />

das deutsche Berufsbildungssystem auch eine Chance – wenn es sich aktiv<br />

darauf einlässt.<br />

29


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35


Grußwort<br />

Staatssekretär Dr. F.-W. Dopatka<br />

Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales<br />

und Frauen<br />

36<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

der <strong>Berlin</strong>er Senat und die Senatsverwaltung<br />

für Arbeit, Soziales und Frauen freuen sich,<br />

dass diese Tagung heute stattfindet und<br />

dass Sie sich Zeit genommen haben, an dieser<br />

Veranstaltung teilzunehmen.<br />

Ein Blick zurück auf die 90er Jahre erweckt den Eindruck, als hätten die<br />

Bemühungen um die Bewältigung des Ausbildungsplatzmangels die Fragen<br />

der qualitativen und strukturellen Weiterentwicklung der Berufsausbildung<br />

aus dem Blickfeld der Berufsbildungspolitik – bundesweit und in <strong>Berlin</strong> –<br />

verdrängt. Die Meldungen der Geschäftsstatistik der Bundesanstalt für<br />

Arbeit über das quantitative Verhältnis von Ausbildungsstellenangebot und<br />

-nachfrage hatten in der Diskussion über die Berufsausbildung einen dominierenden<br />

Platz eingenommen.<br />

Nun ist durchaus verständlich, dass in der Zeit des akuten Ausbildungsplatzdefizits,<br />

das vielfach auch als Ausdruck der Krise der dualen Berufsausbildung<br />

gedeutet wurde, die Strategien, Konzepte und Maßnahmen zur<br />

Ausweitung des Ausbildungsplatzangebots im Mittelpunkt der Berufsbildungspolitik<br />

stehen. Das war in den frühen 80er Jahren in der Zeit des<br />

„Schülerberges“ im ehemaligen West-<strong>Berlin</strong> der Fall und hat sich in den<br />

90er Jahren im nunmehr vereinten <strong>Berlin</strong> als Folge des wirtschaftsstrukturellen<br />

Wandels und des demographisch bedingten „Hochs“ der Ausbildungsplatznachfrage<br />

wiederholt. Die zeitweilige und situationsabhängige<br />

Dominanz der quantitativen Fragen der Versorgung der Schulabgänger mit<br />

Ausbildungsplätzen bedeutete jedoch nicht, dass die Herausforderungen<br />

zur Gewährleistung der Ausbildungsqualität in den Hintergrund treten.<br />

Im Gegenteil, die Einflussnahme auf hohe Qualitätsstandards in der Berufsausbildung<br />

hat in der <strong>Berlin</strong>er Berufsbildungspolitik einen hohen Stellenwert.<br />

Es hat sich nämlich sehr bald gezeigt, dass die Maßnahmen zur Bewältigung<br />

des Ausbildungsplatzmangels, wie z.B. die Gewinnung von Ausbildungsbetrieben,<br />

sehr eng mit der Entwicklung der Ausbildungsfähigkeit<br />

der Betriebe und mit der Gewährleistung der Qualitätsstandards in den Ausbildungsstätten<br />

verflochten sind.<br />

Ich möchte an dieser Stelle nicht ausführlich auf die aus meiner Sicht noch<br />

nicht befriedigend beantwortete Frage eingehen, wodurch die Qualität der<br />

Berufsausbildung eigentlich bestimmt wird, welches die verschiedenen<br />

Aspekte und Einflussfaktoren der Qualität sind und wie man sie messen<br />

kann. Dies ist ein Thema, das eine gesonderte Fachtagung rechtfertigen<br />

würde.<br />

Nur vielleicht soviel dazu:<br />

Meiner festen Überzeugung nach ist dies nicht eine Frage des Geldes, sondern<br />

zunächst einmal eine Frage der Information und der Bewältigung von<br />

Informationen, und übrigens auch eine Frage der Zuneigung und der Ver-


antwortung gegenüber den jungen Leuten, um die es ja doch im Wesentliche<br />

geht.<br />

Ich stimme mit Herrn Prof. van Buer vollkommen darüber ein, dass es keine<br />

fertigen Antworten gibt, dass es aber auch keinen Grund gibt, in Kulturpessimismus<br />

zu verfallen, sondern dass es sehr viel mehr Anlass gibt, durch<br />

Vergleiche, durch Beobachtungen und durch empirische Belege zu einer<br />

Weiterentwicklung des Berufsbildungssystem zu kommen – ein Bildungssystem<br />

das ja auch sehr nachgefragt ist.<br />

Für die <strong>Berlin</strong>er Berufsbildungspolitik galt es, eher pragmatisch ausgerichtete<br />

Konzepte zur Verbesserung der Ausbildungsqualität zu verfolgen. In<br />

diesem Sinne wurde Ausbildungsqualität interpretiert als Komplex von Bedingungen<br />

und Mindestanforderungen, die für die Vermittlung und Aneignung<br />

der in den Ausbildungsordnungen enthaltenen Ziele und Inhalte erfüllt<br />

sein müssen und den Erwerb umfassender beruflicher Handlungskompetenz<br />

und eine nachhaltige Beschäftigungsfähigkeit ermöglichen.<br />

Zu diesen Bedingungen gehören in erster Linie die fachliche und berufspädagogische<br />

Befähigung der Ausbilderinnen und Ausbilder und die materielltechnische<br />

und sächliche Ausstattung der Ausbildungsstätten. Die Notwendigkeit<br />

hierzu ist in dem Beitrag von Prof. van Buer bereits angeklungen.<br />

Ich selbst bin kein Theoretiker dieses Berufsbildungssystems. Ich habe allerdings<br />

den Vorteil, dass ich schon einmal Lehrlingsverträge unterschrieben<br />

und selbst ausgebildet habe.<br />

Die Förderung der Ausbildungsqualität sollte sich meiner Auffassung nach<br />

auf zwei Schwerpunkte konzentrieren:<br />

Kontinuierliche Aus- und Weiterbildung der Ausbilderinnen und<br />

Ausbilder<br />

Technischer Wandel, veränderte Arbeitsorganisation und höhere Qualitätsanforderungen<br />

in der Arbeitswelt führen zu neuen bzw. modifizierten Zielen<br />

und Inhalten der Berufsausbildung, zu neuen Medien, neuen Methoden der<br />

Vermittlung und Aneignung von beruflichen Kenntnissen und Kompetenzen<br />

und neuen Organisationsformen der Ausbildung und auch zu erweiterten<br />

Anforderungen an die Ausstattung der Ausbildungseinrichtungen. Die verstärkte<br />

Vermittlung und Aneignung fachübergreifender Schlüsselqualifikationen<br />

und überfachlicher Kompetenzen, auf die es unter den neuen Arbeitsbedingungen<br />

besonders ankommt, erfordern beispielsweise moderne pädagogische<br />

Konzepte wie handlungsorientiertes und ganzheitliches Lernen.<br />

Sie sind mit hohen Anforderungen an die fachliche und berufspädagogische<br />

Befähigung des Ausbildungspersonals verbunden. Das gilt auch für die<br />

bewusste Ausschöpfung jener Flexibilitätsspielräume im Ausbildungsprozess<br />

vor Ort, die in den Ausbildungsordnungen im Interesse einer höheren<br />

beruflichen Disponibilität der ausgebildeten Fachkräfte angelegt sind.<br />

Die erfolgreiche Überführung all dieser qualitativ neuen Anforderungen in<br />

die Berufsbildungspraxis bedarf der Vermittlung durch das Ausbildungsper-<br />

37


sonal. Der Erwerb, die Festigung der vorhandenen und die permanente Erweiterung<br />

der fachlichen, fachübergreifenden und berufspädagogischen<br />

Qualifikation der Ausbilderinnen und Ausbilder ist dafür eine unverzichtbare<br />

Voraussetzung. Sie ist deshalb fester Bestandteil der Qualifizierungspolitik<br />

des Senats von <strong>Berlin</strong> und wird seit Bestehen des Landesprogramms zur<br />

Förderung der Berufsausbildung im Land <strong>Berlin</strong> finanziell gefördert. In den<br />

Jahren von 1991 bis 2000 wurden im Rahmen des Förderprogramms des<br />

Senats insgesamt rd. 4.600 Anträge auf Bezuschussung von Maßnahmen<br />

zur Aus- und Weiterbildung von Ausbilderinnen und Ausbildern in <strong>Berlin</strong>er<br />

Unternehmen bewilligt. Dafür wurden Landesmittel in Höhe von insgesamt<br />

rd. 7 Mio. DM aufgewandt.<br />

Förderung der Verbundausbildung als Hauptweg zur Verbesserung<br />

der Ausbildungsqualität und Ausbildungsfähigkeit<br />

Im Zuge des wirtschaftlichen Strukturwandels kam es in <strong>Berlin</strong> zu einem<br />

dramatischen Abbau von Ausbildungsplätzen, von dem besonders die traditionell<br />

stark vertretenen Metall- und Elektroberufe betroffen waren.<br />

Schmerzhaft war dabei, dass es sich bei diesen Berufen um qualitativ hochwertige<br />

Ausbildungsplätze in gut ausgestatteten Ausbildungswerkstätten mit<br />

erfahrenen und qualifizierten Ausbilderinnen und Ausbildern handelte. Neue<br />

Ausbildungsplätze entstanden dagegen vornehmlich in Klein- und Mittelbetrieben<br />

(KMU) mit z.T. engen Spezialisierungen und i.d.R. geringen Ausbildungserfahrungen,<br />

was sich in sehr vielen Fällen als ein ernstes Ausbildungshemmnis<br />

erwies.<br />

Daraus leitete sich das bildungspolitische Ziel ab,<br />

● die vorhandenen Ausbildungskapazitäten in den traditionellen<br />

Ausbildungsberufen und die dort konzentrierte pädagogische<br />

Erfahrung und Kompetenz für die Berufsausbildung in <strong>Berlin</strong> zu<br />

erhalten und<br />

● die Ausbildungsfähigkeit der KMU zu entwickeln und die geforderte<br />

Ausbildungsqualität sicherzustellen.<br />

Das Instrument, das mit diesem Ziel eingesetzt wurde, war das Instrument<br />

der Ausbildung in überbetrieblichen Berufsbildungsstätten und der Ausbildung<br />

im zwischenbetrieblichen Ausbildungsverbund.<br />

Es ist seit 1978 bis heute elementarer Bestandteil des Programms zur Förderung<br />

der betrieblichen Berufsausbildung im Land <strong>Berlin</strong>.<br />

In der Zeit von 1991 bis 2000 wurden insgesamt etwa 2.100 Plätze mit einem<br />

Gesamtbetrag von rd. 22,7 Mio. DM gefördert (darunter 130 Plätze und<br />

Haushaltsmittel in Höhe von 3,5 Mio. DM im Rahmen der Sonderförderung<br />

der Verbundausbildung in der <strong>Berlin</strong>er Metall- und Elektroindustrie).<br />

Die Förderung der Verbundausbildung hat seit ihrem Bestehen mehrere<br />

markante qualitative Entwicklungsabschnitte erfahren.<br />

Ab Mitte der 90er Jahre wurde es z.B. erforderlich, neue Wege in der Berufsbildungspolitik<br />

zu gehen. Um den Substanzverlust an Ausbildungsplätzen<br />

in den Großbetrieben zu kompensieren, mussten KMU – darunter häufig<br />

junge und neugegründete Unternehmen ohne Ausbildungserfahrung - in<br />

38


größerem Umfang an die betriebliche Berufsausbildung herangeführt werden.<br />

Dies war jedoch bei einem Festhalten an der Beschränkung der<br />

Förderung auf betriebliche Kooperationsmodelle nicht zu leisten. Vielmehr<br />

galt es, KMU auch mit erfahrenen Trägern oder schulischen Einrichtungen<br />

in regionalen und branchenbezogenen Verbünden unter Nutzung unterschiedlicher<br />

innovativer Verbundkonstruktionen zusammenzuführen. Diese<br />

konzeptionelle Neuorientierung wurde 1997 verwirklicht.<br />

Etwa zu gleicher Zeit wurde auch in den Bund-Länder-Sonderprogrammen<br />

zur Bereitstellung zusätzlicher Ausbildungsplätze für unvermittelte Ausbildungsplatzbewerber/-innen<br />

ein Systemwechsel vollzogen. So wurde von<br />

1997 an von der Förderung ausschließlich außerbetrieblicher Ausbildungsplätze<br />

abgegangen und der Maßnahmenkatalog vornehmlich auf Ausbildungsangebote<br />

in wirtschaftsnahen, branchenorientierten sowie regionalen<br />

<strong>Ausbildungsverbünde</strong>n ausgerichtet.<br />

In der Folge stieg die Zahl der Ausbildungsplätze in <strong>Ausbildungsverbünde</strong>n<br />

steil an. In den Jahren von 1997 bis 2000 wurden insgesamt rd. 8.700 zusätzliche<br />

Ausbildungsplätze in wirtschaftsnahen, branchenbezogenen und<br />

regionalen <strong>Ausbildungsverbünde</strong>n sowie in der Lernortkooperation zwischen<br />

Oberstufenzentren und wirtschaftsnahen Trägern zur Verfügung gestellt.<br />

Dafür wurden Haushaltsmittel in Höhe von insgesamt rd. 96 Mio. DM<br />

bereitgestellt.<br />

Die Wirkung dieses Paradigmenwechsels blieb jedoch nicht allein auf den<br />

Entlastungseffekt des <strong>Berlin</strong>er Ausbildungsstellenmarktes beschränkt. Die<br />

Kooperation von Bildungsträgern, Berufsschulen und Betrieben eröffnete<br />

zugleich völlig neue Perspektiven für die Verbesserung der Ausbildungsqualität.<br />

Die Möglichkeit der Übertragung des bei erfahrenen Trägern akkumulierten<br />

berufspädagogischen Wissens und entsprechender Ausbildungserfahrung<br />

erwies sich für viele Betriebe als wertvolle Hilfestellung und<br />

Unterstützung in allen Fragen der Organisation und Durchführung der Berufsausbildung<br />

und eröffnete zahlreichen KMU erst die Möglichkeit, sich an<br />

der Berufsausbildung zu beteiligen.<br />

Ein qualitativ neuer Entwicklungsabschnitt in der Ausprägung und Intensivierung<br />

kooperativer Formen der Berufsausbildung wurde schließlich mit<br />

der Implementierung des <strong>Netzwerk</strong>es <strong>Regionale</strong> <strong>Ausbildungsverbünde</strong><br />

<strong>Berlin</strong> eingeleitet.<br />

Damit wurde ein neuer strategischer Ansatz zur Schaffung von zusätzlichen<br />

betrieblichen Ausbildungsplätzen und für die Entwicklung der Ausbildungsqualität<br />

entsprechend den Anforderungen geschaffen, die von der seit 1997<br />

beständig gestiegenen Zahl modernisierter bzw. völlig neu geschaffener<br />

Ausbildungsberufe ausging.<br />

Inzwischen sind regionale <strong>Ausbildungsverbünde</strong> in allen <strong>Berlin</strong>er Bezirken<br />

etabliert. Leitträger wirken hier als Dienstleister für die Akquisition von Betrieben,<br />

für die Gestaltung von Verbundkonzepten und für die Anpassung<br />

und Veränderung betrieblicher Arbeits- und Organisationsstrukturen, die<br />

sich aus der Einbeziehung eigener Berufsausbildung bzw. aus der Beteili-<br />

39


gung an <strong>Ausbildungsverbünde</strong>n ergeben. Sie unterstützen die Kooperationsbetriebe<br />

bei der Planung und Organisation der Berufsausbildung.<br />

Dieser Ansatz wird mit Hilfe des <strong>Netzwerk</strong>es mit dem Ziel weiterentwickelt,<br />

durch Erfahrungs- und Informationsaustausch weitere Synergieeffekte u.a.<br />

für die<br />

● Entwicklung, Abstimmung und Koordination von Maßnahmen zur<br />

Installierung zusätzlicher Verbundausbildungsplätze in <strong>Berlin</strong>er<br />

Betrieben,<br />

● Entwicklung von Qualitätsstandards in der Verbundausbildung,<br />

zu erschließen.<br />

Ausblick<br />

Die Ergebnisse bisher zeigen, dass sich die Verbundausbildung in der Doppelfunktion,<br />

zur Erschließung zusätzlicher betrieblicher Ausbildungsplatzkapazitäten<br />

und zur permanenten Verbesserung der Ausbildungsqualität beizutragen,<br />

als ein innovatives und effektives Instrument erwiesen hat.<br />

Unter den aktuellen wirtschaftsstrukturellen Rahmenbedingungen wird die<br />

Stabilisierung und Ausweitung der Verbundausbildung auch künftig ein<br />

Schwerpunkt in der <strong>Berlin</strong>er Berufsbildungspolitik bleiben.<br />

Nach dem IAB-Betriebspanel <strong>Berlin</strong> 2000 verfügen 54 % der Betriebe über<br />

die Ausbildungsberechtigung, aber nur 24 % aller <strong>Berlin</strong>er Unternehmen beteiligen<br />

sich an der Berufsausbildung. Besonders zugespitzt ist dabei die Situation<br />

in den kleineren Unternehmen mit einer Zahl von 1 bis 19 Beschäftigten.<br />

Hier sind es nur 15 % aller Betriebe in dieser Größengruppe, die<br />

selbst ausbilden.<br />

Das bedeutet: Das zur Verbesserung der Versorgungssituation dringend benötigte<br />

Ausbildungspotenzial muss vorwiegend in den KMU erschlossen<br />

werden. Existenzgründer, Betriebe, die zuvor noch nicht ausgebildet haben,<br />

vor allem junge Unternehmen in Wachstumsbranchen müssen systematisch<br />

an die eigene Berufsausbildung herangeführt werden. Dabei besteht die<br />

Schwierigkeit, dass diese Unternehmen oft nicht die komplette Ausbildung<br />

durchführen können, wie sie die jeweiligen Ausbildungsordnungen vorgeben.<br />

Diese Defizite können aber in Kooperation mit anderen Betrieben, mit Leitbetrieben<br />

oder Leitträgern kompensiert werden. Das nutzt den Verbundpartnern,<br />

die so in die Lage versetzt werden, junge Fachkräfte entsprechend ihres konkreten<br />

Bedarfs ausbilden zu können. Es profitieren aber auch die Auszubildenden,<br />

die eine breiter gefächerte moderne Ausbildung erhalten.<br />

Diese Zusammenhänge verdeutlichen: Die Vertiefung und Weiterentwicklung<br />

von Modellen der regionalen bzw. lokalen Ausbildungskooperation ist<br />

weiterhin eine Grundvoraussetzung für die mittelfristige Schaffung eines unter<br />

quantitativen und qualitativen Gesichtspunkten ausreichenden, von der<br />

Wirtschaft selbst getragenen betrieblichen Ausbildungsplatzangebots.<br />

Sie bestimmt daher auch für die kommenden Jahre die strategische Ausrichtung<br />

der <strong>Berlin</strong>er Berufsbildungspolitik.<br />

In die Überlegungen zur Weiterentwicklung der regionalen Ausbildungsko-<br />

40


operation müssen allerdings neue<br />

Entwicklungen und neue Anforderungen<br />

in der Berufsausbildung<br />

beachtet und einbezogen werden.<br />

Die Arbeitsgruppe „Aus- und Weiterbildung“<br />

im Bündnis für Arbeit,<br />

Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit<br />

hat inzwischen eine breite Palette<br />

von Reformvorschlägen zur<br />

Modernisierung der Berufsausbildung<br />

erarbeitet und Beschlüsse gefasst,<br />

die auch für die <strong>Berlin</strong>er Berufsbildungspolitik,<br />

vor allem auch<br />

für die Verbesserung der Ausbildungsqualität<br />

orientierenden Charakter<br />

haben.<br />

Wir können davon ausgehen, dass<br />

die Vorschläge zur Flexibilisierung und Differenzierung der Berufsausbildung<br />

Veränderungen bewirken, die auch die Grundrichtung der<br />

Weiterentwicklung der regionalen Kooperation in der beruflichen Aus- und<br />

Weiterbildung beeinflussen werden.<br />

Beispielsweise werden künftig verstärkt neue oder modernisierte, differenziert<br />

und flexibel gestaltete Ausbildungsberufe angeboten, die in der Ausbildung<br />

vor Ort flexibler handhabbar sind und mehr Gestaltungsspielräume für<br />

die Anpassung an den Qualifikationsbedarf der Betriebe an neue technische<br />

Entwicklungen sowie an die Leistungsvoraussetzungen der Auszubildenden<br />

ermöglichen. Dies bietet jungen Unternehmen Möglichkeiten und Chancen<br />

für die eigene Berufsausbildung, ist aber zugleich mit höheren Anforderungen<br />

an die Gestaltung der Ausbildung und an die berufspädagogische Befähigung<br />

der Ausbilderinnen und Ausbilder verbunden.<br />

Dies gilt auch für den Einsatz<br />

● neuer Ordnungskonzepte, die eine Kombinierbarkeit von Wahlpflicht-<br />

und Wahlbausteinen oder die Erweiterung des Ausbildungsspektrums<br />

durch Zusatzqualifikationen vorsehen,<br />

● neuer Formen des Wissens- und Kompetenzerwerbs, die auf eine<br />

größere Selbständigkeit und Eigenverantwortung der Auszubildenden<br />

hinzielen.<br />

Konsequenzen, die sich daraus für die Weiterentwicklung der regionalen<br />

Ausbildungskooperation ergeben, zeichnen sich bereits in einzelnen regionalen<br />

<strong>Ausbildungsverbünde</strong>n ab.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

v. l. n. r. N. Bücker, Prof. Dr. Dr. J. van Buer, Dr. F.-W. Dopatka, R. Rilling<br />

erst vor wenigen Tagen hatten wir in <strong>Berlin</strong> eine Veranstaltung zur Frage der<br />

„Zertifizierung“. Dieses Thema wurde auch bereits im Vortrag von Professor<br />

van Buer angesprochen.<br />

41


Die Entwicklung und die Anwendung modularer Qualifizierungsbausteine in<br />

der beruflichen Aus- und Weiterbildung, deren Zertifizierung und Dokumentierung<br />

(wie sie in <strong>Berlin</strong> mit dem Qualifizierungspass angestrebt wird)<br />

sowie die Nutzung von Zusatzqualifikationen für die Entwicklung differenzierter,<br />

zwischen den Verbundpartnern abgestimmter Ausbildungskonzepte<br />

und das Angebot der umfassenden Ausbildungsbegleitung für die Kooperationsbetriebe<br />

durch Leitbetriebe/Leitträger werden als innovative Elemente<br />

in die Verbundausbildung eingebracht. Diese Elemente müssen künftig ausgebaut<br />

werden. Sie ermöglichen es, mit den Verbundpartnern – und weiteren<br />

Betrieben des Standortes, die als potenzielle Partner in Frage kommen<br />

– „maßgeschneiderte“, mit dem Qualifikationsbedarf und den Ausbildungsmöglichkeiten<br />

der Kooperationspartner abgestimmte Ausbildungen zu<br />

entwickeln.<br />

Die von den Partnern im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit<br />

entwickelten Zielorientierungen, wie die definitive Ausrichtung der<br />

Berufsausbildung auf die Erlangung von Beschäftigungsfähigkeit, die Verbesserung<br />

der Arbeitsmarktverwertbarkeit und die flexible und differenzierte<br />

Handhabung vor Ort, finden auf diese Weise eine regionalspezifische Umsetzung<br />

und Ausprägung.<br />

Diese neuen Möglichkeiten erweitern die traditionelle Rolle und Funktion<br />

der Leitbetriebe/Leitträger als Hilfestellung gebender Partner der Kooperationsbetriebe<br />

beim Einstieg sowie bei der Planung und Durchführung der<br />

Berufsausbildung.<br />

Es ist abzusehen, dass sich die Leitbetriebe/Leitträger zu leistungsfähigen<br />

Bildungsdienstleistern profilieren werden und sich auch zu regionalen Zentren<br />

für Bildungsinnovationen und -transfer entwickeln können.<br />

Ich sehe das „Verbundmanagement“ und die umfassende Begleitung und<br />

Unterstützung der Kooperationsbetriebe in allen Fragen der beruflichen<br />

Aus- und Weiterbildung durch regionale Kompetenzzentren als Schlüssel<br />

nicht nur für die Schaffung eines Potenzials künftiger Ausbildungsbetriebe<br />

in <strong>Berlin</strong>, sondern auch für die Verbesserung der Ausbildungsqualität an.<br />

Ein sehr interessanter Nebeneffekt ist in diesem Zusammenhang auch der<br />

positive Einfluss, der von der Heranbildung bedarfsgerecht qualifizierter<br />

Fachkräfte auf die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes ausgeht. Hier deutet<br />

sich an, welche Potenzen Leitbetriebe/Leitträger als Bildungsdienstleister<br />

für die Standortentwicklung haben können. Diese Potenzen durch die<br />

enge Verzahnung von beruflicher Bildung und <strong>Regionale</strong>ntwicklung zielstrebig<br />

zu erschließen, halte ich im Hinblick auf die Bewältigung des wirtschaftlichen<br />

Strukturwandels in <strong>Berlin</strong> für sehr wichtig. Dabei ist es von Vorteil, auf<br />

regionalen oder branchentypischen Bezügen aufzubauen. Das können z.B.<br />

bestehende Kunden- und Zulieferbeziehungen oder betriebliche Verbünde<br />

innerhalb von Gewerbe- und Technologiezentren sein.<br />

Hiermit bietet sich im Übrigen ein interessantes Themenfeld für den Erfahrungsaustausch<br />

im Rahmen des <strong>Netzwerk</strong>es <strong>Regionale</strong> <strong>Ausbildungsverbünde</strong><br />

<strong>Berlin</strong> an.<br />

Wegen der Bedeutung, die die Verbundausbildung für die Vermittlung von<br />

42


eruflichen Kenntnissen und Kompetenzen in Übereinstimmung mit dem<br />

Qualifikationsbedarf und den Qualifikationsanforderungen sowie für die<br />

Ausnutzung der in den Betriebe vorhandenen Ausbildungsmöglichkeiten<br />

hat, wird die Weiterentwicklung kooperativer Formen der Ausbildung - trotz<br />

aller Sparzwänge – auch künftig ein Schwerpunkt der Förderung der<br />

Berufsausbildung im Land <strong>Berlin</strong> sein.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

vorerst bedanke ich mich für die Einladung<br />

der SPI ServiceGesellschaft und die damit<br />

verbundene Gelegenheit, in Vertretung für<br />

den Referatsleiter des Referats Arbeitsmarkt-<br />

und Berufsbildungspolitik der Senatsverwaltung<br />

für Arbeit, Soziale und Frauen<br />

des Landes <strong>Berlin</strong>, Herrn Schulz-Hofen, einiges<br />

zum Themenfeld der Beruflichen Bildung<br />

vortragen zu dürfen.<br />

Das Thema, dem ich mich heute hier stelle,<br />

lautet: „Welche ausbildungsrelevanten<br />

strukturellen Entwicklungen und Heraus-<br />

Impulsreferat<br />

forderungen lassen sich für den Wirtschaftsraum <strong>Berlin</strong>-Brandenburg<br />

erkennen ?“<br />

Ich möchte Ihnen anhand der bestehenden Ausgangslage, die wir derzeit<br />

auf dem Ausbildungsstellenmarkt vorfinden, die sich daraus ableitenden<br />

Herausforderungen vorstellen. Ich hoffe, dass Sie den einzelnen Folien und<br />

auch dem Zahlenmaterial folgen können.<br />

Ausgangslage ist, dass die Nachfrage nach (betrieblichen) Ausbildungsplätzen<br />

im Wirtschaftraum <strong>Berlin</strong>-Brandenburg das Angebot weiterhin deutlich<br />

übersteigt.<br />

Zwar ist zuletzt die Zahl der gemeldeten betrieblichen Ausbildungsstellen für<br />

<strong>Berlin</strong> nach Angaben des Landesarbeitsamtes <strong>Berlin</strong>-Brandenburg für den<br />

Monat Mai 2001 im Vergleich zum Vorjahr erneut (um 1,7 % auf 10.542) gestiegen,<br />

was beweist, dass die Wirtschaft weiterhin bemüht ist, ihrer Verpflichtung<br />

„betriebliche Ausbildungsplätze zu schaffen“, nach zu kommen.<br />

Diese Bemühungen reichen jedoch letztlich allein noch nicht aus.<br />

Die Entwicklung auf der Nachfrageseite stellt sich derzeit wie folgt dar:<br />

Welche ausbildungsrelevanten<br />

Strukturen Entwicklungen und<br />

Herausforderungen lassen sich für<br />

den Wirtschaftsraum <strong>Berlin</strong>-<br />

Brandenburg erkennen?<br />

Sebastian Fischer<br />

Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und<br />

Frauen<br />

Die Entwicklung zeigt, dass die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen in <strong>Berlin</strong><br />

im Jahr 2001 mit ca. 24.500 Jugendlichen vermutlich einen neuen Spitzenwert<br />

erreichen wird.<br />

Die Zahl der Schulabgänger/innen der allgemeinbildenden Schulen wird<br />

nach der aktualisierten Modellrechnung der SenSchulJugSport ebenfalls<br />

nochmals ansteigen (auf ca. 36.700).<br />

43


Insoweit gibt bereits die demographische Entwicklung auf der Nachfrageseite<br />

Anlass dazu, dass sich alle Beteiligten im Bereich der Beruflichen Bildung<br />

noch stärker als bislang darum bemühen, das Ziel zu erreichen, dass „jeder<br />

Jugendliche, der will und kann“, einen Ausbildungsplatz erhält.<br />

Bei der Entwicklung der Nachfrageseite nach Ausbildungsplätzen im Wirtschaftsraum<br />

<strong>Berlin</strong>-Brandenburg stellen sich dabei insbesondere für <strong>Berlin</strong><br />

folgende qualitative und strukturelle Besonderheiten dar:<br />

● Der Anteil von sog. „Altnachfragern“ ist unter den gemeldeten<br />

Bewerber/innen um einen Ausbildungsplatz zur Zeit besonders<br />

hoch und steigt in nächster Zeit noch an (auf ca. 10.600 = rd. 50 %<br />

der Gesamtnachfrager),<br />

● die Zahl der aus dem Umland einpendelnden Jugendlichen nimmt<br />

– insbesondere für <strong>Berlin</strong> – weiter zu; für 2001 wird damit gerechnet,<br />

dass sich ca. 3.400 Jugendliche aus dem Umland in <strong>Berlin</strong> um<br />

einen Ausbildungsplatz bewerben werden (rd. jeder 7. Nachfrager<br />

kommt damit aus dem Umland !),<br />

● rd. 15 % aller Schulabgänger/innen verlassen die allgemeinbildende<br />

Schule ohne einen Schulabschluss,<br />

● der Anteil ausländischer Jugendlicher an der Gesamtzahl aller<br />

Schulabgänger/innen (rd. 1 zu 8) ist für <strong>Berlin</strong> im Bundesvergleich<br />

vergleichsweise hoch; hier besteht eine besondere Aufgabe der<br />

Verzahnung von Sprachkenntnissen und (Aus-)Bildung.<br />

Demgegenüber ergeben sich auf der ausbildungsrelevanten Angebotsseite<br />

für den Wirtschaftsraum <strong>Berlin</strong>-Brandenburg die folgenden quantitativen sowie<br />

strukturellen bzw. qualitativen Besonderheiten, die entscheidenden Einfluss<br />

auf die Entwicklung der Situation der beruflichen Bildung haben:<br />

Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze in <strong>Berlin</strong> ist zuletzt stetig gestiegen,<br />

reicht jedoch – wie bereits eingangs erwähnt – immer noch nicht<br />

aus, um allen Jugendlichen einen betrieblichen Ausbildungsplatz anbieten<br />

zu können.<br />

Die Zahl der ausbildenden Betrieben muss noch weiter gesteigert werden !<br />

Von 100 % aller Betriebe in <strong>Berlin</strong> bilden 76 % derzeit nicht aus. Von den<br />

zur Ausbildung berechtigten 54 % Betrieben bilden nur 24 % tatsächlich<br />

aus; 30 % könnten noch ausbilden, wenn sie wollten. 46 % haben keine<br />

Ausbildungsberechtigung.<br />

Dabei ist zu erwähnen, dass mit zunehmender Betriebsgröße der Anteil der<br />

ausbildenden Betriebe in <strong>Berlin</strong> steigt: Bilden immerhin 55 % aller Großbetriebe<br />

(über 100 Arbeitnehmer/innen) aus, so bilden dagegen nur 15 % aller<br />

Kleinstbetriebe (1 bis 4 Arbeitnehmer/innen) aus.<br />

Auf die Auswirkungen dieser Besonderheiten (54 % der Kleinstbetriebe haben<br />

keine Ausbildungsberechtigung etc.) werde ich zu einem späteren Zeitpunkt<br />

im Rahmen der „Ausbildung im Verbund“ nochmals zu sprechen kommen.<br />

Die Region <strong>Berlin</strong>-Brandenburg befindet sich zur Zeit im wirtschaftlichen<br />

Umbruch und strukturellen Wandel.<br />

44


Der Weg <strong>Berlin</strong>s hin zu einer internationalen Metropole setzt sich fort. Stichworte,<br />

die in diesem Zusammenhang stets fallen, sind: Globalisierung, Europäisierung,<br />

Internationalität.<br />

Dienstleistungen, Technologien, Wissenschaftsstandorte werden weiterhin<br />

in verstärktem Maße für die Region gewonnen werden müssen, damit der<br />

Umbruch noch schneller gelingt, als bisher. Die notwendige Ansiedlung von<br />

„modernen Dienstleistungen“ ist hierbei das Schlagwort, das in diesem Zusammenhang<br />

in letzter Zeit – in der Sache treffend – oft verwendet wird.<br />

Der Weg für eine positive wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle<br />

Entwicklung <strong>Berlin</strong>s ist frei, er muss nur genutzt werden.<br />

Die Verzahnungen und Verflechtungen der Stadt <strong>Berlin</strong> zu seinem Umland<br />

sind fließend und werden sich weiter verstärken.<br />

Neben diesen allgemeinen Rahmenbedingungen bestehen derzeit speziell<br />

auf der Angebotsseite für den Ausbildungsstellenmarkt folgende Tendenzen:<br />

● Verschiebungen der Ausbildungszahlen in den einzelnen Kammerbereichen<br />

(beispielsweise Abnahme der Ausbildungsplatzzahlen im<br />

Handwerk aufgrund der Probleme im Baubereich)<br />

Allgemeiner Trend: Hin zu Dienstleistungen, neuen Technologien,<br />

neuen Medien. Hier liegen die zukünftigen Chancen.<br />

● Einerseits wird die Zahl der Schulabgänger/innen für die Zeit nach<br />

2005 langsam zurückgehen (s.o.); demgegenüber werden die<br />

Zahlen der Jahrgänge, die aus dem Erwerbsleben ausscheiden,<br />

weiter steigen, mit der Folge, dass ein Fachkräftemangel für<br />

kommende Zeiten in bestimmten Bereichen (Beispiel: Maschinenbau,<br />

IT-Medien, hierzu: „Green-card“...) schon heute absehbar ist.<br />

● Durch Qualitätsanforderungen der Wirtschaft wird sich auf der<br />

Angebotsseite die Zahl der Arbeitsplätze für Ungelernte bis 2010<br />

auf die Hälfte reduzieren (lt. IAB-Studie = Institut für Arbeitsmarkt-<br />

und Berufsforschung),<br />

Aus den genannten Rahmenbedingungen/Tendenzen/Gegebenheiten mit<br />

den unterschiedlichsten Facetten der Ausgangslage lassen sich nun die<br />

notwendigen Handlungsspielräume und -notwendigkeiten für den Bereich<br />

der Beruflichen Bildung/Ausbildung ableiten.<br />

Als ganz besondere Herausforderung bedeutet dies, dass alle an der beruflichen<br />

Bildung Beteiligten (Kammern, Verbände, Gewerkschaften, die einzelnen<br />

Betriebe, die Wirtschaft, die Schulen, die Politik) unter den gesetzten<br />

Rahmenbedingungen Ausbildung gestalten müssen.<br />

Dies bedeutet auch: Eine qualitative Ausbildung unter den Vorgaben der<br />

quantitativen Einflussfaktoren (nach Angebot und Nachfrage), d.h. so viel<br />

Ausbildung, aber auch so gute Ausbildung, wie möglich.<br />

Dabei muss sich Ausbildung an den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Region<br />

<strong>Berlin</strong>-Brandenburg (Verstärkung von Dienstleistungen, Technologien,<br />

...) orientieren.<br />

45<br />

Wer keine<br />

Ausbildung hat,<br />

hat künftig immer<br />

weniger Chancen<br />

auf dem Arbeitsmarkt


Die regionalen<br />

Besonderheiten<br />

müssen als<br />

Chance begriffen<br />

werden<br />

Die Qualität der Ausbildung muss jedem Einzelnen individuelle Wege in der<br />

Berufsbildung ermöglichen. Hier darf es keine sog. „Sackgassen“ geben.<br />

Diese Ansätze bilden die Vorgaben für das Handeln der Politik, damit<br />

Lösungen, Modelle und Strukturen geschaffen werden, damit dem und der<br />

Einzelnen der Weg in eine qualitative Berufsbildung mit Zukunft gewährt<br />

werden kann.<br />

Es gibt dabei keinen sog. „goldenen Weg“, der alle Ansätze zugleich bedient.<br />

Dabei denke ich an die Vorgaben immer komplexer werdender Anforderungen<br />

innerhalb der anerkannten Ausbildungsberufe.<br />

Einzelne, teilweise kleine Einzelschritte und unterschiedliche Gehwege und<br />

Trampelpfade sind hier nötig, damit die Schere zwischen denen, die einen<br />

Ausbildungsplatz haben, und denen, die keinen haben, nicht immer größer<br />

wird.<br />

Damit meine ich Folgendes:<br />

Das, was heute sinnvolle Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf<br />

mit Blick auf spätere Beschäftigung im Beruf bedeutet, bedeutet noch<br />

lange nicht auch morgen Erfolg versprechende Ausbildung mit Beschäftigungssicherung.<br />

Hier ist mehr Beweglichkeit im Handeln und Denken gefragt. D.h.<br />

● Flexibilität in die Ausbildungsordnungen bringen und<br />

● im Betrieb bzw. so betriebsnah wie möglich auszubilden<br />

müssen hier die Prämissen sein.<br />

Eine wesentliche Herausforderung ist es dabei zuallererst – wie bereits<br />

schon eingangs angesprochen –, die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen<br />

mit einem entsprechenden betrieblichen Angebot zu decken.<br />

Ein Vorrang für die betriebliche Berufsausbildung besteht und wird von niemandem<br />

ernsthaft bezweifelt.<br />

Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze in <strong>Berlin</strong>-Brandenburg ist zuletzt<br />

stetig gestiegen, reicht jedoch bei weitem immer noch nicht aus, um allen<br />

Jugendlichen einen betrieblichen Ausbildungsplatz anbieten zu können.<br />

Da wir dieses Ziel in der Beruflichen Bildung trotz aller Bemühungen (Werbung<br />

bei der Wirtschaft und den Betrieben zur Schaffung weiterer Ausbildungsplätze,<br />

„Klinken putzen“ o.ä.) derzeit nicht erreichen, sind die unterschiedlichen<br />

Ansätze der Fördermaßnahmen/-instrumente gefragt:<br />

Dabei hilft nochmals ein Blick zurück:<br />

Ursprünglicher Ansatz für die Zeit ab 1990 war zunächst die Förderung (zusätzlicher)<br />

betrieblicher Ausbildungsplätze im Sinne einer Geld/Prämienförderung<br />

ausbildender Betriebe und die Finanzierung außerbetrieblicher Ausbildungsplätze.<br />

46


Eine Überprüfung der Effizienz der<br />

Förderungsinstrumente musste im<br />

Laufe der Zeit jedoch auf klassische<br />

Zielkonflikte stoßen. Sie führten<br />

langfristig nicht zu dem gewünschten<br />

Erfolg:<br />

Bei der Förderung zusätzlicher betrieblicher<br />

Ausbildungsplätze bestand<br />

nach einigen Jahren durchgehend<br />

die Gefahr der Verringerung<br />

der Ausbildungsleistung nicht geförderter<br />

Betriebe. Die Definition der<br />

„Zusätzlichkeit“ enthielt zwangsläufig<br />

Schwächen. Zudem war nicht zu ermitteln,<br />

welche zusätzlichen Ausbildungsplätze<br />

auch ohne Förderung<br />

entstanden wären. Mitnahmeeffekte der geförderten Betriebe waren darüber<br />

hinaus die Folge.<br />

Christian Joseph, SenASF Sebastian Fischer, SenASF<br />

Auf der anderen Seite war bei der Finanzierung außerbetrieblicher Ausbildungsplätze<br />

zu erkennen, dass die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze<br />

zwar gewährleistet wird, die Vorteile der Einbindung der Ausbildung<br />

in Betriebsabläufe aber weitgehend verloren gehen. Zugleich waren die<br />

Kosten mit 50.000,- DM bis 60.000,- DM pro Ausbildungsplatz zu hoch.<br />

Beide Instrumente waren deshalb nur für einen begrenzten Zeitraum effizient<br />

einsetzbar. Sie taugten mittelfristig – wie gesagt – nur begrenzt zur Erschließung<br />

neuer Ausbildungskapazitäten.<br />

Zu erkennen war darüber hinaus, dass der unmittelbare Arbeitsmarktbezug<br />

in der geförderten betrieblichen Berufsausbildung sowie in der außerbetrieblichen<br />

Berufsausbildung erheblich eingeschränkt war.<br />

Zwar handelte es sich auch bei der außerbetrieblichen Ausbildung um arbeitsmarktbezogene<br />

vollständige Berufsausbildungen in anerkannten Ausbildungsberufen<br />

mit unterschiedlichem Umfang der betrieblichen Bestandteile.<br />

Eine Übernahme in den Ausbildungsbetrieb erfolgte jedoch in der Regel<br />

auch in der subventionierten betrieblichen Berufsausbildung nicht, denn es<br />

wurden nur zusätzliche Ausbildungsplätze über den Eigenbedarf hinaus gefördert<br />

(andernfalls wurde eine Einschätzung des Ausbildungsbetriebes korrigiert<br />

oder das Subventionsziel verfehlt). In der außerbetrieblichen Berufsausbildung<br />

war ferner eine Übernahme durch den Ausbildungsbetrieb nicht<br />

möglich.<br />

Seit 1997 gibt es deshalb in <strong>Berlin</strong> im Rahmen der Bund-Länder-Sonderprogramme<br />

keine außerbetriebliche Berufsausbildung mehr.<br />

47


Zudem wurde zuletzt – für <strong>Berlin</strong> im Jahr 2000 – beschlossen, die Förderung<br />

durch Prämien/Geldförderung (siehe Richtlinienförderprogramm für<br />

<strong>Berlin</strong>; Förderung betrieblicher Ausbildungsplätze mit 3.000 DM ) degressiv<br />

auslaufen zu lassen.<br />

<strong>Berlin</strong> und Brandenburg konzentrieren sich heute in unterschiedlichen<br />

Ausprägungen in ihren Ausbildungsförderprogrammen auf eine<br />

● vollzeitschulische Berufsausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen<br />

bzw.<br />

● überwiegend auf die Berufsausbildung in <strong>Ausbildungsverbünde</strong>n /<br />

Kooperationen.<br />

Als Förderinstrument hat sich dabei – wie bereits Herr StS Dr. Dopatka in<br />

seinem Vortrag ausgeführt hat – insbesondere die Verbundausbildung in ihrer<br />

Doppelfunktion zur Erschließung zusätzlicher betrieblicher Ausbildungskapazitäten<br />

und zur permanenten Verbesserung der Ausbildungsqualität<br />

bewährt und sich dabei als ein innovatives und effektives Instrument erwiesen.<br />

Mit der Umgestaltung des „Bund-Länder-Sonderprogramm 1997“ in <strong>Berlin</strong><br />

wurde neben der Entwicklung wirtschaftsnaher, branchenbezogener <strong>Ausbildungsverbünde</strong><br />

u.a. die Finanzierung der ersten regionalen <strong>Ausbildungsverbünde</strong><br />

ermöglicht.<br />

<strong>Regionale</strong> Ausbildungsinitiativen bzw. regionale <strong>Ausbildungsverbünde</strong> spielen<br />

eine sehr wichtige Rolle bei der Erschließung betrieblicher Ausbildungsplätze<br />

im Bezirk. Sie nutzen die Chancen der Region.<br />

Sie tragen ferner dazu bei, eine neue Qualität von Arbeitsbeziehungen zwischen<br />

bezirklichen Akteuren (Bezirksamt, ortsansässigen Klein- und Mittelbetrieben,<br />

freien Trägern, Oberstufenzentren und Arbeitsamt) mit dem Ziel<br />

zu entwickeln, zusätzliche Ausbildungsplätze zu akquirieren.<br />

Sie bewirken u.a.:<br />

● Eine kurzfristige Schaffung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen,<br />

● mittelfristig das Heranführen von KMU an eigene Berufsausbildung,<br />

● die Vermittlung von Know-How; Organisationserleichterungen in<br />

der Ausbildung; Kosten-Nutzen-Optimierung von alle Beteiligten<br />

durch positive Synergieeffekte,<br />

● eine Qualitätsverbesserungen in der Ausbildung,<br />

● eine Attraktivitätserhöhung zur Ausbildung,<br />

● die Vermittlung von Sattelitenkompetenzen,<br />

● allgemeinen Zugewinn durch Austausch.<br />

In den meisten Fällen schließt ein Ausbildungsträger mit einem Auszubildenden<br />

einen Ausbildungsvertrag ab und führt die Berufsausbildung teilweise<br />

beim Träger und teilweise in einem kooperierenden Betrieb durch. Die Abschlussprüfung<br />

wird vor einem Prüfungsausschuss der Kammern abgelegt.<br />

Mit diesem Ansatz wird einem wesentlichen Ausbildungshemmnis entgegengewirkt:<br />

48


Viele Betriebe können wegen ihres begrenzten Geschäftsfeldes nicht alle<br />

Bestandteile der Ausbildungsordnung eines anerkannten Ausbildungsberufes<br />

abdecken. Durch die Kooperation mit Ausbildungsträgern können die<br />

fehlenden Teile ergänzt und damit unmittelbar zusätzliche Ausbildungsplätze<br />

erschlossen werden.<br />

Viele ausbildungsunerfahrene Betriebe scheuen den Organisationsaufwand,<br />

der mit der erstmaligen betrieblichen Berufsausbildung verbunden ist.<br />

Erfahrene Ausbildungsträger können den Betrieben diesen Aufwand abnehmen<br />

und sie über die Vorstufe der Verbundausbildung an die eigene Berufsausbildung<br />

heranführen.<br />

Während dieser Phase können die Betriebe auch feststellen, dass sich eigene<br />

Berufsausbildung für sie ökonomisch rechnet.<br />

Die Auszubildenden erwirtschaften vom 2. Ausbildungsjahr an – spätestens<br />

aber im 3. Ausbildungsjahr – positive Erträge. Fachkräfte, die ein Betrieb<br />

selbst ausgebildet hat, verfügen nach abgeschlossener Berufsausbildung<br />

über betriebsbezogene Kenntnisse und brauchen nicht eingearbeitet zu<br />

werden. Die Gefahr einer Fehleinschätzung bei der Einstellung von Fachkräften<br />

des externen Arbeitsmarkts entfällt, weil das Profil der selbst ausgebildeten<br />

Fachkräfte bekannt ist.<br />

Es hat sich gezeigt, dass die Erschließung weiterer Ausbildungsverhältnisse<br />

mit ortsansässigen Kleinst- und Kleinbetrieben nur mit einer hochprofessionellen<br />

langfristigen Strategie möglich ist.<br />

Gegenwärtig wird in allen <strong>Berlin</strong>er Bezirken ein umfassender Ansatz der regionalen<br />

<strong>Ausbildungsverbünde</strong> durchgeführt. Die regionalen Verbünde werden<br />

in einem <strong>Netzwerk</strong> koordiniert.<br />

Die Bezirke haben darin Leitträger als Dienstleister für die Akquisition von<br />

Betrieben benannt, die die Gestaltung von Verbundkonzepten, die Anpassung<br />

und Veränderung betrieblicher Arbeits- und Organisationsstrukturen<br />

durch Einbeziehung eigener Berufsausbildung bzw. bei der Beteiligung an<br />

<strong>Ausbildungsverbünde</strong>n sowie die Erweiterung von Geschäftsfeldern und die<br />

Konzipierung von Dienstleistungsmodulen für die betriebliche Berufsausbildung<br />

vornehmen.<br />

Die regionalen <strong>Ausbildungsverbünde</strong> haben sich zu einem <strong>Berlin</strong>er <strong>Netzwerk</strong><br />

dabei mit der folgenden Zielsetzung zusammengeschlossen:<br />

● Entwicklung, Abstimmung und Koordination von Marketinginstrumenten<br />

und Maßnahmen,<br />

● Installierung zusätzlicher Verbundausbildungsplätze in <strong>Berlin</strong>er<br />

Betrieben,<br />

● Entwicklung von Qualitätsstandards in der Verbundausbildung,<br />

● Vernetzung von Dienstleistungsangeboten für <strong>Berlin</strong>er Wirtschafts<br />

betriebe,<br />

● Modularisierung und Zertifizierung von Ausbildungsabschnitten,<br />

● Finanzierungsmöglichkeiten von Ausbildungsmaßnahmen,<br />

49


Es ist das Ziel<br />

der regionalen<br />

<strong>Ausbildungsverbünde</strong>,Unternehmen<br />

als<br />

Lernorte für die<br />

berufliche<br />

Ausbildung zu<br />

erhalten bzw.<br />

neu zu gewinnen.<br />

Die Stabilisierung<br />

und Ausweitung<br />

der Verbundausbildung<br />

wird<br />

auch künftig einen<br />

Schwerpunkt in der<br />

<strong>Berlin</strong>er Berufsbildungspolitik<br />

bilden<br />

● Informationsaustausch zur Nutzung von Förderungsprogrammen<br />

und -instrumenten,<br />

● Organisation und Durchführung von gemeinsamen Veranstaltungen<br />

für Betriebe mit Kammern und Verbänden.<br />

<strong>Regionale</strong> <strong>Ausbildungsverbünde</strong> bilden einen strategischen Ansatz zur<br />

Schaffung von zusätzlichen Ausbildungsplätzen in <strong>Berlin</strong>.<br />

Unter Nutzung der konzeptionellen Möglichkeiten der Ausbildung im Verbund<br />

und der möglichen Synergieeffekte durch eine Beteiligung der <strong>Berlin</strong>er<br />

Bezirke kann es gelingen, das Ausbildungsplatzdefizit in <strong>Berlin</strong> zu verringern.<br />

Der Grundsatz der Berufsausbildung im Dualen System steht dabei im Vordergrund.<br />

Durch Organisation von regionalen <strong>Ausbildungsverbünde</strong>n soll die Finanzierung<br />

zusätzlicher Ausbildungsplätze kostengünstig im Verbund mit <strong>Berlin</strong>er<br />

Betrieben organisiert werden. Die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze<br />

erfolgt dabei so betriebsnah wie möglich, Qualitätsverluste in der<br />

Berufsausbildung werden dadurch vermieden.<br />

Weitere Schwerpunkte der Förderung des Senats sind, wie aus dem Bund-<br />

Länder-Sonderprogramm für das Jahr 2001 ersichtlich:<br />

● wirtschaftsnahe und branchenorientierte <strong>Ausbildungsverbünde</strong><br />

● Kooperationen (z.B. Lernortkooperation wirtschaftsnaher Träger mit<br />

OSZ für unversorgte Bewerber/innen unterhalb des erweiterten<br />

Hauptschulabschlusses)<br />

● gesonderte Verbundformen (z.B. Verbundausbildung mit der<br />

Bundeswehr)<br />

● vollzeitschulische Ausbildungen mit Kammerprüfung (z.B. 24-monatige<br />

Anschlussausbildung an die einjährige, nicht berufsqualifizierende<br />

Berufsfachschule (OBF); sowie vollschulische Plätze in<br />

Berufsfachschulen).<br />

Im Richtlinienprogramm des Landes <strong>Berlin</strong> wird künftig beispielsweise die<br />

Verbundausbildung von Betrieben mit freien Trägern und Berufsschulen<br />

(Schulischen Einrichtungen) fortgesetzt gefördert.<br />

Hierin ist der Umschwung: Weg von der Prämienförderung, hin zur Verbundausbildung/Förderung<br />

von Kooperationen, zu verzeichnen.<br />

Das daraus sich ableitende Fazit lautet:<br />

Solange sich die Zahl der Nachfrage und die Zahl des Angebot nach bzw.<br />

von betrieblichen Ausbildungsplätzen nicht deckt, werden die soeben genannten<br />

Fördermaßnahmen des Senats fortzusetzen sein.<br />

Sie sind jedoch den realen wirtschaftlichen und regionalen Gegebenheiten<br />

anzupassen, um eine möglichst hohe Wirksamkeit zu entfalten.<br />

Kooperationen, regionale Verbünde bilden hier die auf die Region <strong>Berlin</strong>-<br />

Brandenburg abgezielte effektivste Förderform.<br />

50


Einerseits müssen in <strong>Berlin</strong>-Brandenburg die Chancen der Region genutzt<br />

werden und junge Unternehmen und Wachstumsbranchen für die Berufsbildung<br />

gewonnen werden.<br />

Zukunftsfähige Berufe müssen in der Region eine Chance haben (Stichwort:<br />

IT/Neue Medien).<br />

Kooperationen mit Betrieben, Leitbetrieben, Trägern helfen hier, immer vor<br />

dem Hintergrund quantitativer und qualitativer Verbesserungen, der Situation<br />

der Berufsbildung.<br />

Allerdings sind bei der Weiterentwicklung der Ausbildungskooperationen in<br />

der Region auch die generellen neuen Entwicklungen und Anforderungen in<br />

der Berufsbildung zu beachten.<br />

Die immer komplexer werdenden Anforderungen der Ausbildungsordnungen<br />

innerhalb des Berufskonzepts dürfen die Schere zwischen denen, die<br />

einen Ausbildungsplatz haben und denen, die keinen haben, nicht weiter<br />

vergrößern.<br />

Ausbildung darf darüber hinaus nicht zum Selbstzweck geraten, sondern<br />

muss – notfalls über Qualifizierung in Teilschritten – auf das eigenverantwortliche<br />

Berufsleben vorbereiten.<br />

Aus diesem Grund ist ein differenzierter Ansatz gefragt, der allen Jugendlichen<br />

den Zugang zur Berufsbildung mit Zukunftsperspektive gewährt.<br />

Es muss heißen:<br />

● Stärkere fordern,<br />

● Schwächere fördern.<br />

Der Senat fördert hierzu im Rahmen des Richtlinienprogramms beispielsweise<br />

Betriebe, die benachteiligte Jugendliche ausbilden, derzeit mit einem<br />

Zuschuss von 75 % der Ausbildungsvergütung (max. 15.000).<br />

Benachteiligte Jugendliche sind dabei solche,<br />

● ohne Schulabschluss (s.o., immerhin 15 % aller Schulabgänger/-<br />

innen in <strong>Berlin</strong>),<br />

● Abbrecher aus dem Bund-Länder-Sonderprogramm,<br />

● Abbrecher von MDQM Stufe 1 (vollschulischer Lehrgang zur<br />

Vermittlung von berufsvorbereitenden Inhalten im Rahmen von<br />

Ausbildungsmodulen; Modular-Duale-Qualifizierungs-Maßnahme,<br />

dazu später mehr).<br />

Um den/die Einzelne/n – wie Eingangs erwähnt – nicht in eine „Sackgasse“<br />

gehen zu lassen, sind also gestaltungsoffene Ansätze bzw. flexible Bausteine<br />

innerhalb der anerkannten Ausbildungsberufe gefragt.<br />

In vielen Fällen macht es dabei Sinn, die Anforderungen innerhalb des Dualen<br />

Systems an die Wirklichkeit anzupassen. Ansatz ist, nicht allein in fest<br />

gefahrenen Berufsanforderungen, sondern insbesondere als Alternative für<br />

die leistungsschwächeren, in Modulen bzw. Bausteinen, auszubilden, mit<br />

51


Qualifizierungspass<br />

dem Ziel, einen Ausbildungsabschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf<br />

zu erreichen.<br />

Dabei ist nochmals Folgendes zu beachten:<br />

● Die Anforderungen an die Jugendlichen steigen zunehmend.<br />

● Das Duale Ausbildungssystem mit seinem Ansatz des „Alles oder<br />

Nichts“ muss hier flexibler den Bedürfnissen der Wirklichkeit<br />

entsprechen.<br />

Die Arbeitsgruppe „Aus- und Weiterbildung“ im Bündnis für Arbeit, Ausbildung<br />

und Wettbewerbsfähigkeit auf Bundesebene hat aus diesem Grund<br />

mittlerweile ganz wesentliche Reformvorschläge zur Differenzierung und<br />

Flexibilisierung der Berufsausbildung ausgearbeitet, die auch die Richtung<br />

der Weiterentwicklung der Ausbildung in den einzelnen Regionen beeinflussen<br />

werden.<br />

Beispiele sind hier:<br />

● Differenziert und flexibel gestaltete Ausbildungsberufe, die mehr<br />

Gestaltungsspielräume für die Anpassung an den Qualifikationsbedarf<br />

der Betriebe an neue technische Entwicklungen bieten,<br />

● neue Ordnungskonzepte mit Kombinierbarkeit von Wahlpflicht- und<br />

Wahlbausteinen.<br />

In <strong>Berlin</strong> existiert der Schulversuch MDQM (Stufe I und II), in dem berufsvorbereitende<br />

Inhalte in Stufe I bzw. eine Berufsausbildung in Stufe II in Portionen<br />

bzw. Modulen vermittelt werden.<br />

Die Elemente der modularen Qualifizierungsbausteine werden dabei in Zukunft<br />

ausgebaut werden, um auch im Rahmen der innovativen regionalen<br />

Verbundausbildung eine differenzierte und flexible Handhabung regionalspezifisch<br />

vor Ort zu ermöglichen.<br />

Darüber hinaus ist eine Verzahnung von Ausbildung, Qualifizierung und<br />

Weiterbildung im Sinne von Qualifizierungsbausteinen bei der beruflichen<br />

Aus- und Weiterbildung und deren Zertifizierung und Dokumentierung sinnvoll<br />

und bildet eine weitere Herausforderung.<br />

Um beispielsweise die Integration ausländischer Jugendlicher zu erhöhen<br />

und diesen überhaupt den Einstieg in die Ausbildung zu gewährleisten, wird<br />

Sprache als komplementäre Ergänzung zur berufsfachlichen Qualifikation<br />

zu zertifizieren sein.<br />

Ziel ist dabei vorerst die Ausbildung. Wenn dieses Ziel mit einem Schritt<br />

nicht erreicht wird, sind mehrere Zwischenschritte notwendig. D.h. die einzelnen<br />

Schritte der Qualifizierung in Teilschritten sind sinnvoll miteinander<br />

zu verbinden. Diese sind schrittweise zu zertifizieren und zu dokumentieren.<br />

Er hält die einzelnen Schritte der zertifizierten Ausbildungsbausteine in einem<br />

Dokument fest und ermöglicht somit die weitere Teilqualifizierung in<br />

Schritten für den weiteren beruflichen Werdegang des Jugendlichen (Stich-<br />

52


worte: Im Kontext der Berufsvorbereitung, Qualifizierung, Nachqualifizierung<br />

und Weiterbildung).<br />

Im Rahmen der derzeitigen SGB III Novellierung auf Bundesebene werden<br />

darüber hinaus zur Zeit die bundesrechtlichen Gesetzesvorschriften vereinheitlicht,<br />

um die unterschiedlichsten Förder-/Qualifizierungsmaßnahmen –<br />

auch die der Ausbildungsförderung für benachteiligte Jugendliche – abzustimmen.<br />

Ziel bei Maßnahmen ist es weiterhin, den vereinheitlichten Einstieg und<br />

Ausstieg sowie eine Anschlussfähigkeit an die einzelnen Schritte zu<br />

ermöglichen.<br />

Eine weitere Herausforderung ist es, die Lernfortschritte bei Qualifizierungsmaßnahmen<br />

bestimmen zu können. Hierzu wird zu überlegen sein, ob – wie<br />

bei der sog. „TIMM-Studie“ (Vergleichsstudie von Schülerwissen) – ein entsprechender<br />

Ansatz tragfähig sein wird.<br />

Zudem wird sich zukünftig die allgemeinbildende Schule weiter den Betrieben<br />

und der Arbeitswelt öffnen müssen, d.h. so viele und so gute Berufspraktika<br />

den Schüler/innen zu ermöglichen wie möglich, um ihnen bereits<br />

frühzeitig einen Einblick in die Arbeits- und Berufswelt zu verschaffen.<br />

Wie Sie sehen, es gibt im Rahmen der ausbildungsrelevanten und strukturellen<br />

Gegebenheiten derzeit zahlreiche Herausforderungen, denen sich alle<br />

an der Beruflichen Bildung Beteiligten zu stellen haben.<br />

Die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen wird dies tun.<br />

Hier hoffen wir auf Ihre Zusammenarbeit.<br />

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !<br />

53


Workshops


Workshop 1<br />

Wo liegt die Zukunft der<br />

Qualitätssicherung in der<br />

Berufsausbildung?<br />

Inputthesen<br />

Dr. Susan Seeber<br />

Humboldt Universität zu <strong>Berlin</strong><br />

Meine Damen und Herren, ich bin gebeten<br />

worden, zum Einstieg in diesen Workshop,<br />

5 einführende Thesen zu der Fragestellung:<br />

„Wo liegt die Zukunft der Qualitätssicherung<br />

in der Berufsbildung“ aufzustellen.<br />

These 1:<br />

Zur Aktualität des Themas - Zauberwort<br />

oder erfolgversprechendes Konzept?<br />

Qualitätssicherung ist kein neues Thema in<br />

der beruflichen Aus- und Weiterbildung – die<br />

aktuellen Diskussionen dazu verweisen jedoch<br />

auf Umbrüche im Verhältnis von Bildungs- und Beschäftigungssysteme<br />

mit weitreichenden Konsequenzen für das System der beruflichen Ausund<br />

Weiterbildung:<br />

● Veränderungen in den Berufsstrukturen, ein starker Trend zur<br />

„Entberuflichung“ der Ausbildung und zum „homo disponibilis“,<br />

führen zu neuen Mustern in den Bildungs- und Erwerbskarrieren<br />

Jugendlicher und junger Erwachsener.<br />

● Die Berufsausbildung wird zunehmend zur „Vorschule“ der Weiterbildung,<br />

denn das Ende der Berufsausbildung fällt zunehmend mit<br />

dem Beginn der Weiterbildung zusammen.<br />

● Tendenzen der Globalisierung machen Bildung zu einem Wettbewerbsfaktor<br />

für das wirtschaftliche Überleben, wobei noch offen<br />

ist, welches Bildungs- und Qualifikationssystem am besten den<br />

steigenden Leistungs- und Qualitätsanforderungen gerecht wird.<br />

These 2:<br />

Zentrale Entwicklungen in den Systemumwelten beruflicher Aus- und<br />

Weiterbildung.<br />

Kürzungen der Budgets verstärken den Konkurrenzdruck zwischen den Anbietern<br />

beruflicher Aus- und Weiterbildung. Veränderungen in den Finanzierungsstrategien,<br />

insbesondere der öffentlichen Finanzierung von beruflicher<br />

Aus- und Weiterbildung, ersetzen sukzessive eine institutionelle Förderung<br />

durch eine individuenzentrierte Förderung. Öffentliche Mittel werden künftig<br />

über die individuelle Nachfrage auf Bildungsmärkten in private Institutionen<br />

transferiert mit der Konsequenz der Entwicklung eines stärker nachfrageals<br />

angebotsorientierten Marktes.<br />

These 3:<br />

Die Qualitätsdiskussion der 90er Jahre<br />

Verknappung von Ressourcen und gleichzeitig steigende Erwartungen und<br />

Anforderungen an die Ergebnisse von Bildungs- und Qualifizierungsprozessen<br />

ersetzen eine an Inputkriterien orientierte Steuerung öffentlicher Bildungsinvestitionen<br />

durch eine eher outputorientierte Steuerung von Mitteln.<br />

Dies schließt für die Anbieter beruflicher Aus- und Weiterbildung die Verpflichtung<br />

ein, neben den Kosten der Bildungsarbeit auch deren Ergebnisse<br />

56


(Output) und Verwertungsperspektiven<br />

(Outcome) nachzuweisen, und<br />

dies bei Erhöhung der Effizienz.<br />

These 4:<br />

Kritische Bemerkungen zu einschlägigen<br />

Qualitätsansätzen<br />

Qualitätsmanagementsansätze wie<br />

ISO 9000ff., EFQM, regionale Qualitätsgütesiegel<br />

usw. sind eine<br />

„Eintrittskarte“ zur Teilhabe am<br />

Wettbewerb um Bildungsnachfrage<br />

geworden und dienen primär der Sicherung<br />

von Marktanteilen als der<br />

Erhöhung der Qualität der Bildungsarbeit.<br />

Implementiert in der<br />

Hoffnung auf Modernisierung und langfristige Optimierung von Bildung sind<br />

Zweifel erheblich und verbreitet, ob diese Konzepte tatsächlich für mehr Effizienz,<br />

Wirtschaftlichkeit und Erfolg bürgen und die notwendige Qualitätsentwicklung<br />

hinreichend steuern (können). Kundenzufriedenheit als<br />

alleiniges Erfolgskriterium dürfte ein schwacher Indikator für Qualität sein,<br />

vor allem, wenn die marktregulierende Wirkung weitgehend fehlt, der Adressant<br />

„Kunde“ nicht eindeutig definiert und das Konstrukt sowie die Messung<br />

der Zufriedenheit nicht präzise bestimmt sind.<br />

These 5:<br />

Perspektiven der Qualitätssicherung<br />

Dr. Susan Seeber, Prof. Dr. Dr. v. Buer, Wolfgang Krüger<br />

Qualitätsentwicklung und Qualitätssteigerung in der beruflichen Aus- und<br />

Weiterbildung verweisen in drei Richtungen: Anbieter beruflicher Aus- und<br />

Weiterbildung werden sich zusehends mit der Explizierung von Standards –<br />

und dies nicht nur als Unterscheidungsmerkmal von der Konkurrenz – auseinander<br />

setzen müssen. Die legitime Forderung nach erhöhter Transparenz<br />

auf allen Stufen von Bildungsprozessen führt zu einer „Entprivatisierung“<br />

von Unterricht und Ausbildung, zu einer Abkehr von der Selbstzuschreibung<br />

von Leistungen. Gefordert wird eine explizite Rechenschaftspflicht<br />

im Sinne von Qualitätskontrolle durch Nachweis der Effekte sowie<br />

durch eine Professionalisierung der Steuerung und Kontrolle mit Konsequenzen<br />

für die Ausgestaltung des Verhältnisses von externer und interner<br />

Evaluation.<br />

57


Workshop 2<br />

Was muß die allgemeinbildende<br />

Schule leisten und wie muss sie<br />

sich entwickeln, um Jugendliche<br />

auf den Prozess der Ausbildung<br />

vorzubereiten?<br />

Inputthesen<br />

Ulrich Thöne<br />

Gewerkschaft Erziehung u. Wissenschaft<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

58<br />

1.<br />

Der Bildungsauftrag der Berufsschule ist der<br />

Orientierungspunkt für die Frage, welche<br />

Qualifikationen Schülerinnen und Schüler<br />

der allgemeinbildenden Schulen mitbringen<br />

sollen. Dieser Bildungsauftrag ist in der<br />

Rahmenvereinbarung über die Berufsschule<br />

durch Beschluss der KMK vom 15.03.91<br />

beschrieben. Dabei geht es um die Berufsfähigkeit,<br />

die berufliche Flexibilität einschließt<br />

und um die Bereitschaft zur beruflichen Fortund<br />

Weiterbildung, aber auch um die Fähigkeit,<br />

bei der individuellen Lebensgestaltung<br />

und im öffentlichen Leben bezogen auf<br />

die Gesellschaft verantwortungsbewusst zu<br />

handeln.<br />

Alle aufgeführten Ziele sind auf die Entwicklung von Handlungskompetenz<br />

gerichtet. Diese wird verstanden als die Bereitschaft und Fähigkeit<br />

des Einzelnen, sich in beruflichen, gesellschaftlichen und privaten Situationen<br />

sachgerecht durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich<br />

zu verhalten. Handlungskompetenz entfaltet sich in den Dimensionen<br />

von Fach-, Personal- und Sozial-/Demokratiekompetenz.<br />

Die einzelnen berufsbildenden Schulen erwarten kein auf den zu erlernenden<br />

Beruf vorvermitteltes Wissen, sondern die Bereitschaft der Jugendlichen,<br />

Neues lernen zu wollen. Dabei sollten die Grundlagen für die<br />

o. g. Kompetenzen gelegt worden sein.<br />

Erwartungen hinsichtlich der<br />

Fachkompetenz:<br />

● Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeit; aber auch Grundlagen in<br />

mindestens einer Fremdsprache (Stichwort/Europäisierung),<br />

● einen Arbeitsauftrag verstehen und analysieren können,<br />

● darstellen, in welchen Schritten ein Problem gelöst werden<br />

kann,<br />

● eine Problemlösung<br />

bewerten und beurteilen.<br />

Personalkompetenz:<br />

● Bereitschaft, sich für den<br />

Lernprozess selbst verantwortlich<br />

zu fühlen,<br />

● Bereitschaft, Probleme<br />

lösen zu wollen.


5.<br />

6.<br />

1.<br />

2.<br />

3.<br />

Sozial-/Demokratiekompetenz:<br />

● das Beherrschen der elementaren Umgangsformen,<br />

● Bereitschaft mit anderen Schülerinnen und Schülern<br />

zusammenzuarbeiten (Teamfähigkeit),<br />

● Bereitschaft, andere Meinungen zu tolerieren und sich mit<br />

anderen Menschen, rational und verantwortungsbewusst auseinander<br />

zu setzen und zu verständigen,<br />

● Fähigkeit zu sozialer Verantwortung und Solidarität.<br />

Die allgemeinbildende Schule kann sich der Vermittlung der o. g. Kompetenzen<br />

nur dann verantwortungsbewusst und verantwortungsvoll annehmen,<br />

wenn die entsprechenden Lern- und Arbeitsbedingungen geschaffen<br />

werden.<br />

Zur besseren Verzahnung zwischen allgemeinbildenden und berufsbildenden<br />

Schulen ist ein gezielter pädagogischer Erfahrungsaustausch<br />

wünschenswert.<br />

Der Bildungsauftrag der allgemeinbildenden<br />

Schule lässt sich nicht aus den Anforderungen<br />

der beruflichen Ausbildung<br />

ableiten; denn die Qualifikation der Schülerinnen<br />

und Schüler für eine berufliche<br />

Ausbildung stellt für die Schule nur eine<br />

Aufgabe neben der der sozialen Integration<br />

dar, auch wenn beides im Zeichen<br />

der Entwicklung der Gesamtpersönlich-<br />

Workshop 2<br />

Inputthesen<br />

Prof. Dr. Dr. <strong>Rainer</strong> Lehmann<br />

Humboldt Universität zu <strong>Berlin</strong><br />

keit in engem Zusammenhang steht. Gestützt wird diese Sichtweise u. a.<br />

durch Vergleiche der Anforderungsprofile von Ausbildungsbetrieben und<br />

den Leistungsprofilen von Schulabgängern (Institut der deutschen Wirtschaft,<br />

1997).<br />

Es erscheint zudem fraglich, ob – wie in den geltenden Grundsätzen zur<br />

beruflichen Ausbildung üblich geworden – der Bildungsauftrag (oder<br />

auch nur der Qualifikationsauftrag) der allgemeinbildenden Schule angemessen<br />

aus einem allgemeinen und damit notwendig inhaltsarmen Begriff<br />

der Handlungskompetenz hergeleitet werden kann. Auch und gerade<br />

in der gängigen Ausdifferenzierung nach Fach-, Personal- und Sozialkompetenz<br />

gilt es dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Verhältnis<br />

von allgemeiner und beruflicher Bildung sehr unterschiedlich bestimmt<br />

ist. Besonders deutlich zeigt sich dies an der Schwierigkeit der<br />

Zuordnung von Methodenkompetenzen.<br />

Den vorläufigen Leitsätzen der Expertengruppe „Bildungs- und Qualifikationsziele<br />

von morgen“ (Materialien des Forum Bildung, 5, 2001) folgend<br />

kann man Lernen als Kernaktivität aller Bildungsinstitutionen, so auch<br />

der allgemeinbildenden Schulen, umschreiben als den Erwerb der folgenden<br />

Kompetenzen:<br />

(1) Intelligentes Wissen,<br />

(2) Anwendungsfähiges Wissen,<br />

(3) Lernkompetenz,<br />

59


4.<br />

5.<br />

60<br />

(4) Methodisch-instrumentelle Schlüsselkompetenzen,<br />

(5) Soziale Kompetenzen,<br />

(6) Wertorientierungen (a.a.O., S.19).<br />

Der enge Bezug all dieser Kompetenzen zur beruflichen Ausbildung –<br />

aber nicht nur zu ihr – dürfte unbeschadet der davon abweichenden Systematisierung<br />

in der Theorie der beruflichen Bildung offensichtlich sein.<br />

Die hier übernommene Klassifikation hat aber den Vorzug, gerade die<br />

Vernetzung von Kompetenzen zu betonen, auf die es vor allem an den<br />

Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Lebensbereichen und speziell<br />

auch zwischen verschiedenen Lernumgebungen ankommt.<br />

Zu den methodisch-instrumentellen Schlüsselkompetenzen, deren kumulativer<br />

Erwerb teilweise bereits am Anfang schulischen Lernens steht,<br />

gehören die folgenden Grundqualifikationen:<br />

● die Fähigkeit, deutschsprachige Texte zu erschließen und<br />

selbstgesteuert zu nutzen, also das „Leseverständnis“ in seiner<br />

fundamentalen Bedeutung für jegliches weiterführendes Lernen,<br />

● die Fähigkeit, eigene Erkenntnisse, Überzeugungen und<br />

Wertungen in Wort und Schrift mitzuteilen, also die normgerechte<br />

„Ausdrucksfähigkeit“,<br />

● die Fähigkeit, mathematische Strukturen zu durchschauen und,<br />

darauf aufbauend, zielführende Algorithmen anzuwenden,<br />

● Hörverständnis, Leseverständnis und Ausdrucksfähigkeit in Wort<br />

und Schrift in mindestens einer Fremdsprache, möglichst einer<br />

internationalen Verkehrssprache und<br />

● die Fähigkeit, moderne Kommunikationsmedien effektiv zu<br />

nutzen, nicht zuletzt im Sinne der Effektivierung künftigen<br />

Lernens.<br />

Für die methodisch-instrumentellen Schlüsselqualifikationen ist es charakteristisch,<br />

dass sie hoch automatisiert werden können und müssen,<br />

so dass beispielsweise elementare mathematische Fähigkeiten übergehen<br />

in verlässliche Rechenfertigkeiten.<br />

Im Grunde für alle zentralen Lebensbereiche relevant, weithin jedoch unmittelbar<br />

für die berufliche Ausbildung einschlägig, sind Kompetenzen,<br />

die zugleich als „intelligentes“ und „anwendungsfähiges Wissen“ darstellbar<br />

sind und an den allgemeinbildenden Schulen exemplarisch und überwiegend<br />

im Fachunterricht angeeignet werden sollen. Ihre Entwicklung<br />

erfordert sowohl den vertikalen Transfer (d. h. kumulatives Lernen) als<br />

auch den horizontalen Transfer (d. h. die Anwendung situationsspezifisch<br />

erworbener Fähigkeiten). Dabei handelt es sich vor allem um:<br />

● naturwissenschaftlich-technische Kompetenzen, die in den<br />

Fächern Biologie, Chemie, Physik und in Teilen der Geographie<br />

erworben werden und<br />

● gesellschaftsbezogene Kompetenzen, die vor allem in Fächern<br />

wie Sozialkunde, Arbeitslehre und Geschichte, ggf. auch im<br />

Ethik- und/oder Religionsunterricht thematisch werden.


6.<br />

7.<br />

1.<br />

Dabei ist kritisch anzumerken,<br />

dass der traditionelle Fächerkanon<br />

wesentliche Bereiche, wie<br />

beispielsweise das Recht und<br />

ökonomische Zusammenhänge,<br />

weitgehend ausspart.<br />

Der Erwerb der Lernkompetenz<br />

als einer gleichermaßen für eine<br />

erfolgreiche berufliche Ausbildung<br />

als auch für parallele oder<br />

spätere Lernprozesse maßgeblichen<br />

Fähigkeit vollzieht sich lernprozessbegleitend<br />

durch die habitualisierte<br />

Reflexion der jeweils<br />

eigenen Lernerfolge bzw. ggf.<br />

auch -Misserfolge. Er erfordert<br />

eine „bildungstheoretische Revolution“ (a.a.O., S. 23) und verweist somit<br />

auf die zentrale Aufgabe der Qualitätsentwicklung im allgemeinbildenden<br />

Schulsystem, insbesondere auf die Verbesserung der Unterrichtsqualität<br />

in Richtung auf intensivere und bewusstere Lernprozesse.<br />

Aus internationalen Vergleichsstudien, aber auch aus regionalen Lernstandserhebungen,<br />

ist bekannt, dass viele Schülerinnen und Schüler<br />

deutscher Schulen in ihren Lernerfolgen deutlich hinter den eigenen<br />

Möglichkeiten zurückbleiben. Belegt ist dies u. a. für das Leseverständnis<br />

(IEA 1991), die Mathematik (IEA 1996 1997: TIMSS; Brandenburg<br />

2000: QuaSUM), die Naturwissenschaften (a.a.O.), das politische Verständnis<br />

(IEA 2001). Zu vermuten ist, dass die für Deutschland typische<br />

Konzentration auf schulorganisatorische Fragen („Systemvergleich“;<br />

„Schulentwicklung“; „Unterrichtsformen“) den Blick auf die konkrete inhaltliche<br />

Verbesserung des Unterrichts eher verstellt als eröffnet hat.<br />

Informationsgesellschaft" bedeutet die<br />

weitgehende, äußerst empfindliche Abhängigkeit<br />

großer Bereiche von Teilen des<br />

öffentlichen, wirtschaftlichen und privaten<br />

Lebens von digitalen/elektronischen Informationen,<br />

● in Datenbanken und als Volldokumente<br />

gespeichert auf Computern<br />

von Firmen, Institutionen und<br />

Privaten,<br />

● verfügbar gemacht über lokale<br />

und welt weite Netze,<br />

● vermittelt über Kabel und Satellit,<br />

Prof. Dr. Dr. <strong>Rainer</strong> Lehmann <strong>Rainer</strong> Holland<br />

Workshop 3<br />

● gefährdet durch technische Störungen, interne und externe<br />

Manipulationen, (Industrie-) Spionage, Terrorismus, aber auch<br />

durch Inkompatibilitäten und die schnelle Alterung von Hard-<br />

und Software.<br />

Welche Anforderungen erwachsen<br />

aus der Informationsgesellschaft<br />

an das Berufsbildungssystem aus<br />

der Sicht der Wirtschaft?<br />

Inputthesen<br />

Prof. Dr. Peter Diepold<br />

Göttingen<br />

61


"Das Berufsbildungssystem" muß<br />

auf den verantwortlichen Umgang<br />

vorbereiten; dies wird für unterschiedliche<br />

Ebenen und in unterschiedliche<br />

Berufsfeldern zu gewichten<br />

und zu konkretisieren sein.<br />

3.<br />

Für die Ausbildung von Lehramtsstudierenden<br />

haben wir in einem<br />

BLK-Modellversuch an der Humboldt-Universität<br />

die Anforderungen<br />

an "informatische Kompetenz" in<br />

mehreren inhaltlichen Bereichen<br />

aufgeschlüsselt, in drei Dimensionen<br />

beschrieben, die von der technischen<br />

Beherrschung über die<br />

Anwendung in der beruflichen Praxis<br />

bis zu übergreifenden gesellschaftlichen Fragen reichen und in konkrete<br />

Lehr-Lern-Module überführt (vgl. http://www.educat.hu-berlin.de/<br />

mv/baustein.html).<br />

Diese Matrix ließe sich für verschiedene Berufsfelder bezüglich der Inhalte,<br />

der Beispiele und der angestrebten Beherrschung der zu vermittelnden<br />

Qualifikationen adaptieren.<br />

Sie müsste ggf. durch weitere Aspekte erweitert werden, die sich insbesondere<br />

dem Problem der Gefährderung von Daten durch Themen wie<br />

Passwortsicherheit, Virenschutz, Firewall, Verschlüsselung befassen.<br />

Reinhard Selka Prof. Dr. Peter Diepold<br />

4.<br />

5.<br />

62<br />

2.<br />

Bereits vor der insbesondere durch das Internet gekennzeichneten rassanten<br />

Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnik<br />

in den 90er Jahren hat der Modellversuch "Wolfsburger Kooperationsmodell<br />

für den Ausbildungsberuf Industriekaufmann/-frau unter besonderer<br />

Berücksichtigung neuer Technologien (WOKI)" die Wichtigkeit von<br />

Schlüsselqualifikationen betont, die 1987 von den kaufmännischen Ausbildungsleitern<br />

führender deutscher Unternehmen konsensual abgestimmt<br />

wurden (vgl. http://www.educat.hu-berlin.de/mv/sqindkfl.html).<br />

Diese übergreifenden Fähigkeiten sind m.E. nicht obsolet, sondern haben<br />

im Zeitalter der Vernetzung und globaler wirtschaftlicher Konkurrenz<br />

eine noch größere Wichigkeit als in den 80er Jahren.<br />

Mit dem Stichwort "Selbstverantwortung" wird auch die Notwendigkeit<br />

zum verantwortlichen Umgang mit dem Netz beschrieben, den wir in einem<br />

Seminar vor einiger Zeit, bezogen auf Schüler und Lehrer, in den<br />

"10 Geboten für einen verantwortlichen Umgang mit dem Netz" beschrieben<br />

haben (vgl. http://www.educat.hu-berlin.de/mv/10gebote.html).


Die „Wirtschaft“ ist Bestandteil des Berufsbildungssystems<br />

in Deutschland – in der dualen<br />

Ausbildung versteht sie sich als wesentlicher<br />

Bestandteil. Nachfolgend formulierte<br />

Workshop 3<br />

Inputthesen<br />

die Wirtschaft Anforderungen sind somit Friedhelm Rennhak<br />

zum großen Teil Forderungen an sich selbst Industrie- u. Handelskammer zu <strong>Berlin</strong><br />

und schon vorhandene bzw. künftige Partner<br />

in diesem System; sie kommen einer Beschreibung<br />

des aktuellen Prozesses und der erwarteten Entwicklung gleich.<br />

Um Tendenzen/Erwartungen/Anforderungen an ein künftiges Berufsbildungssystem<br />

einordnen zu können, muss die Ausgangssituation kurz definiert<br />

werden.<br />

Wir haben in Deutschland mit der dualen Berufsausbildung ein akzeptiertes,<br />

funktionierendes Ausbildungssystem, welches international anerkannt ist<br />

und bis heute jedem Vergleich mit anderen Systemen standhält. Wir sind<br />

somit für jegliche Entwicklung hervorragend positioniert. Das duale Ausbildungssystem<br />

ist die beste Ausgangsbasis für zukünftige Ausbildungsformen.<br />

Nichtsdestotrotz hat auch die duale Berufsausbildung schon heute<br />

erkennbare Schwachstellen, welche – sollten wir sie nicht direkt offensiv angehen<br />

– künftig, insbesondere in einer schnelllebigen Informationsgesellschaft,<br />

gravierend größer werden und unser ganzes Bildungssystem gefährden<br />

könnten. Unser derzeitiges Angebot an beruflichen Qualifizierungen<br />

erreicht nicht alle Jugendlichen und die Zahl der nicht Ausbildungsfähigen<br />

wird von Jahr zu Jahr größer. Die Zahl der jungen Menschen (19 - 29jährig),<br />

die ohne abgeschlossene Berufsausbildung bleiben, ist mit zur Zeit rund<br />

1,3 Mio. zu hoch.<br />

Die von Bildungsexperten schon vor Jahren beschriebene und prognostizierte<br />

Trendwende scheint nun erreicht. Wir entwickeln uns von Lehrstellenknappheit<br />

zum Fachkräftemangel – dieses ist mit Sicherheit in naher<br />

Zukunft die große Herausforderung für Wirtschaft und Bildung. Die vier Phasen<br />

in unserem Bildungssystem:<br />

● Schulausbildung,<br />

● Berufsausbildung,<br />

● Weiter- und Fortbildung sowie<br />

● Neu- und Umqualifizierung für ältere Menschen<br />

müssen besser miteinander verzahnt und aufeinander abgestimmt werden.<br />

Das heißt, Kinder müssen gefördert und gefordert werden. Unter Berücksichtigung<br />

verschiedener Neigungen und Begabungen, aber auch im Hinblick<br />

auf Leistungswillen und -vermögen, müssen sie so gut wie möglich<br />

ausgebildet und gefördert werden. Die unterschiedlichen Schultypen müssen<br />

ihr eigenständiges Profil schärfen. Die Hauptschule muss als Regelschule<br />

wiederhergestellt und gefördert werden; sie ist geeignet auch mehr<br />

praktisch begabten Jugendlichen Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit<br />

zu vermitteln. Die Schule muss auf die Berufsausbildung vorbereiten und<br />

daher praxis- und lebensnah die Inhalte vermitteln, die zur Ausbildungsreife<br />

führen. Die Stärke der Realschule liegt in der Vermittlung einer vertieften,<br />

63


vielseitigen und an der Praxis orientierten<br />

Allgemeinbildung. Auch sie<br />

muss auf die Berufsausbildung vorbereiten.<br />

Gymnasien sollen ihren<br />

besonderen Auftrag erfüllen – zur<br />

Studierfähigkeit führen.<br />

Die duale Ausbildung muss für alle<br />

erschlossen und modernisiert werden.<br />

Unser derzeitiges Angebot an<br />

beruflichen Qualifizierungen muss<br />

erweitert werden; wir brauchen zusätzliche<br />

Angebote für leistungsschwache<br />

und schwierige junge<br />

Menschen. Betriebe befinden sich<br />

künftig in einem Wettbewerb um<br />

Jugendliche, welcher – solange der Zuzug aus dem Ausland, auch aus den<br />

EU-Beitrittsländern, noch nicht geklärt ist – zunehmen wird. Unternehmen<br />

werden etwas bieten müssen, um für die jugendlichen Bewerber (vor allem<br />

die leistungsfähigen) attraktiv zu sein. Höhere Vergütungen werden nicht<br />

reichen. Entscheidend wird sein, ob Jugendliche genügend persönliche<br />

Entwicklung erkennen.<br />

Wahlmöglichkeiten und zusätzliche Qualifikationen können gleichermaßen<br />

für Unternehmen von Nutzen sein und den Jugendlichen Perspektiven bieten.<br />

Ohne attraktive Differenzierungen in den Ausbildungsordnungen wird<br />

man sich künftig wohl nur mit leistungsschwächeren Bewerbern zufriedengeben<br />

müssen. Die Berufspalette muss weiter zunehmen, selbst wenn in<br />

klassischen Bereichen der eine oder andere Beruf zusammengelegt werden<br />

kann.<br />

Auch der IT-Sektor dürfte nicht am Ende seiner Gestaltung sein. So sehr wir<br />

gerade diese Berufe loben, so sehr zeigt sich aber auch, dass wir dort noch<br />

nicht die optimale Berufsstruktur gefunden haben, um sie auch für Anwenderbranchen<br />

attraktiv zu machen.<br />

Die ersten Berufe der neuen Berufsfamilie der Dienstleister sind ein Schritt<br />

in die richtige Richtung. Die Modernisierung der Ausbildung allein wird aber<br />

nicht reichen den Fachkräftemangel zu beheben. Für die zur Zeit 80.000 Jugendlichen<br />

ohne Schulabschluss müssen entsprechende Berufe geschaffen<br />

werden, die sich aus Arbeitsmöglichkeiten ableiten.<br />

Im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit wurde ein Paradigmenwechsel<br />

eingeleitet. Das betrifft die konsequente Qualifizierung der<br />

älteren Arbeitnehmer als Antwort auf zahlenmäßig geringen Nachwuchs und<br />

Alternative zur Frühverrentung. Insbesondere die Wirtschaft kann hierzu<br />

durch die frühzeitige Entwicklung erwachsenengerechter Qualifizierungsbausteine<br />

beitragen. Einen weiteren Paradigmenwechsel stellt das Bekenntnis<br />

dar, Qualifizierung in Tarifverträge konsequenter als bisher einzubauen.<br />

Hier können wir nur hoffen, dass es zu Regeln kommt, welche be-<br />

64


1.<br />

2.<br />

3.<br />

4.<br />

darfsgerecht und von Unternehmen aller Größenordnungen realisierbar<br />

sind. Arbeitnehmer müssen hieran beteiligt werden.<br />

Es besteht weiterhin die Gefahr, dass Bildungsexperten bei Lösungen<br />

und Kompromissen nicht ausreichend eingebunden werden. Es geht<br />

darum, darauf zu achten, Fehlentwicklungen aus den 90er Jahren nicht<br />

zu wiederholen.<br />

Für die Kunden (Personalabteilungen,<br />

Abteilungsleiter, Gruppenleiter, Teamsprecher)<br />

des „Bildungsprodukts“ „Deutscher<br />

Facharbeiter“ zeigt sich der Wandel<br />

zur Informationsgesellschaft in einer<br />

deutlich gesteigerten Anspruchshaltung<br />

an den „soft skill“-Behafteten, technisch<br />

wandlungsfähigen Generalisten und<br />

schnell hochtrainierbaren Spezialisten.<br />

Workshop 3<br />

Inputthesen<br />

Wolfgang Krüger<br />

Schulleiter Werkberufsschule Siemens AG<br />

Die Lernfelder der modernen Berufsbilder bieten dem Kunden ein breites<br />

Sortiment, aus dem unter bereichsspezifischem Fokus gewählt wird.<br />

Dieses Tätigkeitsbündel prägt die Erwartungshaltung an die Qualität der<br />

Ausbildung und an die Inhalte der Prüfungen.<br />

Für die konkrete Einsatzfähigkeit (Handlungsfähigkeit) ist der Wandel zur<br />

Wissensgesellschaft der entscheidende Schritt. Die zur Informationsrecherche<br />

bereitstehenden Datenmengen (Internet/Intranet/Netz-Bibliotheken)<br />

ermöglichen nur noch dem Erfahrenen eine Entscheidung für die<br />

richtigen Informationen, eine Sichtung aller Daten zu einem beliebigen<br />

Thema ist kaum noch möglich. Damit gibt nur ein von Lerngruppen gestaltetes<br />

Wissensmanagement die Möglichkeit, über den Zeitraum der<br />

gesamten Ausbildung hinweg, auf das erworbene Wissen zurückzugreifen<br />

und dieses zur Problemlösung zu transferieren. Lernplattformen wie<br />

z.B. Exchange 2000 stellen die Hilfsmittel.<br />

Für die Auszubildenden und Schüler ist die Informationsgesellschaft real,<br />

sie wird jedoch häufiger über den Freizeitbereich, über die individuelle<br />

Kommunikation, als über ihre sichtbare Existenz in den Schulen/ bei den<br />

Lehrern/ in den Lehrwerkstätten wahrgenommen. Wo kann der Schüler<br />

sich die Fähigkeit zum Wissensmanagement erwerben? An welcher<br />

Schule werden die soft skills jahrgangsstufenmäßig abgestimmt gelehrt?<br />

Wo arbeiten z.B. alle Lehrer des 8. Schuljahres an einer gemeinsamen<br />

Abschlusspräsentation? Wo wird der Unterricht in Lernepochen<br />

angeboten, wo ist der 45-Minuten-Wechsel der Schnellhefter abgeschafft?<br />

Korreliert der Wandel des Qualitätsbegriffs/ Qualitätsverständnisses von<br />

Bildung mit dem Wandel von der Informations- zur Wissensgesellschaft?<br />

Die Qualität von Bildung muss in den Prüfungen zum Nachweis der Berufsfähigkeit<br />

auch:<br />

● soft skills prüfen,<br />

● Einzel- und Gruppenleistung prüfen,<br />

65


5.<br />

Workshop 4<br />

Sind Ausbildung im Verbund,<br />

regionale Ausbilungsverbünde<br />

und <strong>Netzwerk</strong>e die Konzepte der<br />

Zukunft?<br />

Inputthesen<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Rodewald</strong><br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

66<br />

● Fähigkeit zur Informationsrecherche/ zum Wissensmanagement<br />

prüfen und<br />

● individuelle Prüfungsleistung zulassen.<br />

Dies bedingt eine Abstimmung der Rahmenpläne von Schule und Betrieb.<br />

Warum z.B. müssen Schule und Betrieb eine Vielzahl von Netzbetriebssystemen<br />

ausbilden und unterrichten? Warum kann es nicht in der<br />

Schule ein Wahlpflichtfach dazu geben? Eine schulische Abschlussprüfung<br />

(der staatlich bereitgestellte „Bildungsträger“ darf dann auch von<br />

der IHK anerkannt prüfen) kann dann auch eine Note im Wahlpflichtfach<br />

ermitteln.<br />

Ist die Zielsetzung von gymnasialer Bildung wirklich schon zu einer Vorbereitung<br />

auf das Berufsausbildungssystem der Informationsgesellschaft<br />

geworden oder doch das Trainingscamp für universitär gestartete Karrieren?<br />

Zumindest wird die Bildung des Gymnasiums in der neuen Berufsschule<br />

nicht fortgesetzt. Der Entwurf zum neuen Schulgesetz für das<br />

Land <strong>Berlin</strong> (März 2001) formuliert: §28: Das Gymnasium vermittelt ...<br />

vertiefte allgemeine Bildung ... und ... eine Schwerpunktbildung ... §31:<br />

Die Berufsschule vermittelt ... die ... erforderlichen fachtheoretischen<br />

Kenntnisse. Gibt es damit doch keine Äquivalenz zwischen der Bildung<br />

des Gymnasiums und der „Kenntnisvermittlung“ der Berufsschule (siehe<br />

Deutscher Bildungsrat 1972).<br />

Meine Damen und Herren,<br />

zum Einstieg in das Workshopthema, würde<br />

ich gerne 5 Thesen aufstellen, um gemeinsam<br />

in die Diskussion einzusteigen, doch<br />

vorab einige Vorbemerkungen:<br />

Berufliches Lernen steht im unmittelbaren<br />

Zusammenhang mit dem Beschäftigungssystem.<br />

Es ist unbestritten, dass jede Berufsausbildung,<br />

für Handwerk und Industrie, für<br />

Handel und Verwaltung sowie für Dienstleistungen<br />

und Sozialbereiche nur dann sinnvoll<br />

und gut ist, wenn die gesellschaftlichen, ökonomischen<br />

und technischen Veränderungen<br />

und Entwicklungen in der Berufsausbildung<br />

im ausreichenden Umfang berücksichtigt werden.<br />

Als Antwort auf den Wandel von der Industriegesellschaft zur Informations-<br />

und Wissensgesellschaft sind daher strukturelle Veränderungen<br />

bei der Konzeption von Ausbildungsordnungen erforderlich.<br />

Ziel muss daher sein,<br />

dynamische und gestaltungsoffene Ausbildungsordnungen und Berufsbilder<br />

zu schaffen, die aus einem verbindlichen Kern von Fachinhalten<br />

und Schlüsselqualifikationen sowie einem differenzierten Angebot von<br />

Wahlmöglichkeiten bestehen.<br />

Das heißt, es bedarf einer stärkeren Ausrichtung der Rahmenlehrpläne,


der Prüfungsinhalte und Strukturen am praktischen Berufsleben.<br />

<strong>Regionale</strong> Besonderheiten sind dabei genau so zu berücksichtigen, wie individuelle<br />

Stärken und Schwächen der Auszubildenden.<br />

Die berufliche Ausbildung muss als Weg in die Arbeitswelt für alle offen sein,<br />

es gibt, durch differenzierte Ausbildungsangebote für Leistungschwächere<br />

und Leistungsstarke diese Chance zu ermöglichen.<br />

Eine Verzahnung der Berufsausbildung mit den Bereichen der Weiterbildung<br />

ist für den Ansatz von lebensbegleitendem Lernen dringend erforderlich.<br />

These 1:<br />

Ausbildung im Verbund ist ein Konzept mit Zukunft.<br />

Wenn die berufliche Ausbildung die Vermittlung eines komplexen Kompetenzbildes<br />

zum Ziel hat, bilden Verbundkonzepte eine qualitativ hochwertige<br />

Alternative zur „klassischen“ Vollausbildung im Betrieb, insbesondere<br />

● für Betriebe, die alleine nicht ausbilden können,<br />

● für Betriebe, die alleine nicht ausbilden wollen und<br />

● für Jugendliche, die eine qualitative und breit angelegte Ausbildung<br />

wünschen.<br />

These 2:<br />

Neue Berufsbilder und -kompetenzen, neues Wissen erfordern neue<br />

Formen der Kooperation und der Verzahnung von Lernorten. Ausbildung<br />

im Verbund hat viele Formen, z. B.<br />

● Auftragsausbildung,<br />

● Ausbildungskonsortium,<br />

● Leitbetrieb mit Partnerbetrieben und<br />

● Ausbildungsverein.<br />

Hinzu kommen Modelle<br />

● freier Träger mit Kooperationsbetrieben und<br />

● Berufsschulen mit Kooperationsbetrieben.<br />

Das Grundkonzept heißt:<br />

„In Kooperation ausbilden“.<br />

These 3:<br />

Ausbildung im Verbund hat viele Vorteile.<br />

Als Vorteil für die Betriebe,<br />

● sichert sie den betrieblichen Nachwuchs auch in kleinen und/oder<br />

hoch spezialisierten Betrieben,<br />

● nutzt sie spezielle Kapazitäten und Kompetenzen beteiligter<br />

Betriebe/Partner und<br />

● ermöglicht eine bessere Verteilung der Ausbildungsaufwendungen.<br />

Für die Auszubildenden,<br />

● ermöglicht die Ausbildung im Verbund eine qualitativ hochwertige<br />

Ausbildung,<br />

67


● das Erleben unterschiedlicher<br />

Lernorte/-welten.<br />

● Sie befördert die Flexibilität<br />

und Mobiltät der Auszubildenden<br />

und<br />

● bietet eine praktische/qualitative<br />

Basis für die Modularisierung<br />

in der Berufsbildung.<br />

Als Vorteil für die Region,<br />

● erhöht sie das Ausbildungsplatzangebot.<br />

These 4:<br />

Ausbildungsnetzwerke bieten ein<br />

flächendeckendes Strukturangebot<br />

für ein differenziertes Ausbildungsangebot entsprechend<br />

● den Bedarfen der Region,<br />

● den Bedarfen der Wirtschaft,<br />

● dem individuellen Leistungs vermögen der Jugendlichen und<br />

● ihren Neigungen und Wünschen.<br />

<strong>Regionale</strong> Kooperationen zwischen Kommunen, Betrieben, Berufsschulen<br />

und Bildungsträgern bilden die Grundlage für Kompetenznetzwerke in der<br />

Region.<br />

Die Kompetenzen der verschiedenen Ausbildungspartner können optimal<br />

genutzt und ihre Angebote aufeinander abgestimmt werden.<br />

These 5:<br />

<strong>Regionale</strong> <strong>Ausbildungsverbünde</strong> und <strong>Netzwerk</strong>e bieten eine neue<br />

Form der Kooperation in der Ausbildungsmarktpolitik und ermöglichen<br />

den notwendigen Berufsbildungsdialog auch auf lokaler Ebene.<br />

<strong>Regionale</strong> <strong>Ausbildungsverbünde</strong>, wie beispielsweise das <strong>Berlin</strong>er Modell,<br />

● ermöglichen die Einbeziehung der Bezirke/Kommune als Akteure in<br />

der lokalen Ausbildungsmarktpolitik,<br />

● befördern das Ziel: Ausbildungsmarktpolitik als fachübergreifende<br />

Aufgabe der Kommunalverwaltung zu verankern,<br />

● befördern die institutionelle Kooperation im Bezirk / in der Region<br />

und ermöglichen einen regionalen Berufsbildungsdialog,<br />

● ermöglichen die Organisation bedarfsgerechter Ausbildungsangebote<br />

im Bezirk / in der Region und<br />

● bilden einen innovativen Ausbildungsansatz für die Region.<br />

Meine Damen und Herren, eine 6. These muss ich allerdings noch hinzufügen,<br />

da ich denke, dass sie entscheidend ist für den Erfolg von Kooperationen<br />

und <strong>Netzwerk</strong>en.<br />

68


These 6:<br />

<strong>Netzwerk</strong>e sind keine Geheimnisse<br />

Das Wesen gut funktionierender <strong>Netzwerk</strong>e basiert auf<br />

● einer gemeinsam getragenen Philosophie,<br />

● einem klar definierten Ziel,<br />

● einer „Win-Win“ Situation für alle Beteiligten,<br />

● klaren Regeln über Aufgaben- und Verantwortungsteilung<br />

● und Vertrauen, Vertrauen, Vertrauen.<br />

Herzlichen Dank, für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

Meine Damen und Herren,<br />

aus Sicht der Senatsverwaltung für Arbeit,<br />

Soziales und Frauen, lassen sich zu der Fragestellung<br />

des Workshops „Sind Ausbildung<br />

im Verbund, regionale <strong>Ausbildungsverbünde</strong><br />

und <strong>Netzwerk</strong>e die Konzepte der Zukunft?“,<br />

5 Thesen in den Vordergrund stellen.<br />

These 1:<br />

Ausbildung im Verbund schafft zusätzliche Ausbildungsplätze!<br />

Durch zunehmende Spezialisierung der Unternehmen bei gleichzeitiger Abnahme<br />

der Fertigungstiefe von industriellen Produkten, ist die gewünschte<br />

Breite und Tiefe der Ausbildung in einem Unternehmen vielfach nicht mehr<br />

gewährleistet. Die Folge ist die Abnahme der Bereitschaft auszubilden und<br />

der Möglichkeiten, in einem Unternehmen eine komplette und umfassende<br />

Berufsausbildung darzustellen.<br />

Durch die kooperative Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen kann dieser<br />

Mangel behoben werden.<br />

These 2:<br />

Ausbildung im Verbund erhöht die Qualität der Ausbildung!<br />

Workshop 4<br />

Redebeitrag<br />

Norbert Bücker<br />

Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und<br />

Frauen<br />

Durch Ausbildung im Verbund erhöht sich die Qualität der Ausbildung, da<br />

durch den Einsatz in unterschiedlichen Betrieben nicht nur einmalig betriebsspezifisch<br />

ausgebildet wird. Bereits in einem Betrieb vermittelte Ausbildungsinhalte<br />

werden durch andere Partner anders oder zusätzlich dargestellt,<br />

Lerndefizite werden erkannt und beseitigt. Durch unterschiedliche Anwendungs-<br />

und Einsatzgebiete gelingt es dem Auszubildenden, das Erlernte<br />

anzuwenden, Zusammenhänge zu erkennen und den Transfer zu bilden.<br />

Seine Handlungskompetenz wird erhöht. Durch den Einsatz bei unterschiedlichen<br />

Unternehmen mit verschiedenen Ansprechpartnern besteht<br />

die Möglichkeit, Zusatzqualifikationen zu erwerben. Als Nebeneffekt wird<br />

dabei die regionale Mobilität erhöht. Durch den Einsatz während der Ausbildungszeit<br />

in verschiedenen Unternehmen und den Umgang mit unterschiedlichen<br />

Partnern erhöht sich die Chance der Vermittelbarkeit nach Abschluss<br />

der Ausbildung, wenn kein Übernahmeangebot der beteiligten Firmen<br />

erfolgt.<br />

69


These 3:<br />

Ausbildung im Verbund zwischen Ausbildungsträgern und<br />

Kooperationsbetrieben hilft kurzzeitig in wirtschaftlichen<br />

Ausnahmesituationen das Ausbildungsplatzproblem abzufedern!<br />

Jugendliche, die ausbildungsfähig und -reif sind, aber auf Grund wirtschaftlicher<br />

Ausnahmesituationen keinen betrieblichen Ausbildungsplatz erhalten<br />

konnten, wird durch eine Verbundausbildung zwischen Ausbildungsträgern<br />

und Betrieben die Möglichkeit eröffnet, eine betriebsnahe Ausbildung zu<br />

erhalten. Betriebe, die aus strukturellen Gründen keine komplette Berufsausbildung<br />

durchführen können oder wollen, sind in der Lage, Teile einer<br />

Ausbildung durch die Zusammenarbeit mit einem kompetenten Bildungsträger<br />

anzubieten. Für den Betrieb unrentable Ausbildungszeiten werden<br />

ausgelagert und zugekauft. Trotzdem sichert der Betrieb sich durch seine<br />

Beteiligung als Kooperationsbetrieb seine zukünftigen Mitarbeiter.<br />

Betriebe, die aus wirtschaftlichen Gründen nicht bereit sind über Bedarf<br />

auszubilden, erklären sich oftmals bereit, zusätzliche Auszubildende unter<br />

Kostenbeteiligung auszubilden, wenn der unrentable Teil der Ausbildung auf<br />

einen Bildungsträger verlagert wird und dafür keine Zusatzkosten für den<br />

Betrieb entstehen.<br />

Schwächere, noch nicht ganz ausbildungsreife Jugendliche werden durch<br />

die Ausbildungsträger zur Ausbildungsreife gefördert und erhalten die<br />

Chance auf eine betriebsnahe Ausbildung in einem Kooperationsbetrieb.<br />

These 4:<br />

In regionalen <strong>Ausbildungsverbünde</strong>n liegt die Kompetenz zur Lösung<br />

regionaler Probleme.<br />

Impulse für zielgerichtete Ausbildungsangebote, insbesondere im Verbund<br />

zwischen Ausbildungsträgern und regionalen klein- und mittelständischen<br />

Betrieben, helfen bei der Problemlösung.<br />

Durch kontinuierlichen Informationsaustausch zwischen den regionalen<br />

Verbundpartnern werden gemeinsame Strategien und Aktionen für Verbundausbildung<br />

entwickelt und auf den Weg gebracht. Die Ergebnisse werden<br />

überprüft und reflektiert.<br />

Zur Sicherung der Kompetenz und Handlungsfähigkeit sollten folgende regionale<br />

Verbundpartner an den Problemlösungen beteiligt werden:<br />

Vertreter der jeweiligen Bezirksämter, Wirtschaftsbeiräte und Wirtschaftsförderer,<br />

Jugendämter, Sozialämter, Leitträger und Koordinatoren des Verbundes,<br />

Vertreter der Berufskammern und der regionale Arbeitsämter, kooperierende<br />

Ausbildungsträger und Betriebe.<br />

Die regionalen <strong>Ausbildungsverbünde</strong> haben 2 Hauptaufgaben:<br />

Durch die in die regionalen <strong>Ausbildungsverbünde</strong> eingebundenen Akteure<br />

ist die Kompetenz vorhanden, um einerseits für die individuellen Probleme<br />

der in der Region unversorgten Jugendlichen Lösungen zu entwickeln, die<br />

eine isolierte Institution nicht allein lösen kann, andererseits kann zur Verbesserung<br />

der konkreten ausbildungsbezogenen Dienstleistungsangebote<br />

der regionalen <strong>Ausbildungsverbünde</strong> - insbesondere für klein- und mittel-<br />

70


ständische Unternehmen der Region beigetragen werden (Verbesserung<br />

der Ausbildungsstruktur). Dabei wird diesen Unternehmen bei der Entwicklung<br />

und Einführung der neuen zukunftsorientierten Berufsbilder, z. B. im IT-<br />

Bereich, geholfen.<br />

Durch diese Hilfe kann bisher nicht genutztes Ausbildungspotential in Wirtschaftsunternehmen<br />

und Organisationen entwickelt werden. Dabei werden<br />

auch die noch unterrepräsentierten ausländischen Unternehmen berücksichtigt.<br />

These 5:<br />

<strong>Netzwerk</strong>e helfen intelligente Problemlösungen für erkennbare<br />

Zukunftsprobleme zu entwickeln.<br />

Durch Einbeziehung der regionalen <strong>Ausbildungsverbünde</strong> und darüber hinaus<br />

auch der allgemeinbildenden Schulen gilt es, gemeinsam neue Formen<br />

der Zusammenarbeit zu entwickeln und zu implementieren, um Jugendliche<br />

bereits frühzeitig auf die künftigen Anforderungen der Berufs- und Arbeitswelt<br />

vorzubereiten, aber auch um den politischen Entscheidungsträgern an<br />

der Realität orientierte Wege und Entscheidungshilfen aufzuzeigen.<br />

Allgemein ist festzustellen, dass einerseits Schulabgänger mit schlechtem<br />

oder ohne Abschluss nur geringe Chancen haben, einen betrieblichen Ausbildungsplatz<br />

zu erhalten, und andererseits der Einstieg in die Arbeitswelt<br />

ohne eine Qualifizierung oder Ausbildung zunehmend schwieriger wird.<br />

Auch Jugendliche mit Sprachdefiziten haben erhebliche Schwierigkeiten bei<br />

der Suche nach einem Ausbildungsplatz. Viele Jugendliche haben auch keine<br />

reale Vorstellung über die Arbeitswelt und die Erwartungshaltung der Unternehmen.<br />

Zur weitgehenden Vermeidung von Warteschleifen unversorgter Ausbildungsplatzbewerber,<br />

der Vermeidung von Förderketten und Ausbildungsabbrüchen,<br />

erscheint es dringend erforderlich, allgemeine und spezifische<br />

Informationen der Arbeits- und Berufswelt bereits in den beiden<br />

letzten Klassenstufen der allgemeinbildenden Schulen zu vermitteln. Neben<br />

der Informationsvermittlung durch die Berufsberatung der Arbeitsämter ist<br />

es dringend angeraten, die Erwartungshaltung der Unternehmen und die<br />

reale Arbeitswelt durch kompetente Vertreter der Unternehmen vorzustellen.<br />

Darüber hinaus ist zu empfehlen, dass Unternehmen verschiedener<br />

Gewerke durch spezifisch zusammengestellte Interessengruppen besucht<br />

werden. Im Weiteren ist zu empfehlen, dass für interessierte Jugendliche in<br />

verschiedenen Gewerken bei erfahrenen Ausbildungsträgern angeboten<br />

werden. Hier könnten auch zusätzlich Sprachmodule für Jugendliche mit<br />

Sprachdefiziten angeboten werden, die sich in der Vermittlung an den Erfordernissen<br />

der Arbeitswelt orientieren und die die Jugendlichen in die Lage<br />

versetzen, die angebotenen Lerninhalte zu verstehen und der in einer Ausbildung<br />

notwendigen Kenntnisvermittlung folgen zu können. Die zzt. angebotene<br />

Form der Schülerpraktika ist nicht bedarfsorientiert und lässt keine<br />

Auswahl verschiedener Gewerke zu. Gerade Jugendliche mit Lerndefiziten<br />

wirken oftmals orientierungslos und müssen sich durch das Ausprobieren<br />

verschiedener Tätigkeiten in verschiedenen Gewerken ohne Leistungszwang<br />

orientieren können.<br />

71


Workshop 4<br />

Redebeitrag<br />

Reinhard Selka<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung<br />

Meine Damen und Herren,<br />

ich bin von der SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

gebeten worden, einige Erkenntnisse zum<br />

Ansatz der Ausbildung im Verbund aus Sicht<br />

des Bundesinstituts für Berufsbildung vorzutragen.<br />

<strong>Ausbildungsverbünde</strong><br />

In der Berufsausbildung dominiert augenblicklich<br />

die quantitative Sichtweise: <strong>Ausbildungsverbünde</strong>n wird nachgesagt,<br />

dass sie zu einer Entspannung auf dem Lehrstellenmarkt beitragen<br />

können. Dabei wird zugleich allgemein festgestellt, dass diese Form der<br />

Ausbildung auch qualitativen Ansprüchen standhält und zudem voll kompatibel<br />

mit dem Dualen System 1 der Berufsausbildung sei.<br />

Es ist nicht bekannt, wie viele Verbünde in den letzten Jahren entstanden<br />

sind. Unter organisatorischen Gesichtspunkten werden meist die vier<br />

Grundtypen von Verbünden genannt 2 . Allerdings ist zu beobachten, dass eine<br />

Vielzahl von Mischformen existieren, die sich eher an regionalen Bedarfslagen<br />

bzw. an länderspezifischer Förderpolitik orientieren.<br />

Interessanter jedoch sind die verschiedenen Formen von Verbünden, die<br />

sich aus der Interessenlage der Beteiligten ergeben. Hiervon sollen einige<br />

qualitativ interessante Ansätze vorgestellt werden 3 :<br />

Einzelbetriebliche Problemlösungen<br />

Personalentwicklung<br />

Innovative Betriebe sind häufig in der paradoxen Situation, dass sie gut<br />

qualifiziertes Personal mit breiter Bildung und Arbeitserfahrung benötigen,<br />

genau dieses jedoch wegen ihrer Spezialisierung weder selbst ausbilden,<br />

noch auf dem Arbeitsmarkt finden können. Verbünde können hier in einer<br />

Reihe von Fällen helfen.<br />

Auslastung von Kapazitäten<br />

Eine unter Wirtschaftlichkeitsaspekten sinnvolle Gruppengröße von Auszubildenden<br />

entspricht nicht unbedingt dem einzelbetrieblichen Nachwuchsbedarf.<br />

Viele Großunternehmen vermarkten daher freie Kapazitäten und<br />

lassen so – zum beiderseitigen Nutzen – kleinere Unternehmen an ihren<br />

Ausbildungsressourcen partizipieren. Vereinzelt sind auch langfristig angelegte<br />

Absprachen zwischen Unternehmen zu beobachten, kostenintensive<br />

Ausbildungsabschnitte gemeinsam zu planen.<br />

Qualitätssicherung in Prozessketten<br />

Die zunehmende Konzentration von Unternehmen auf sog. Kerngeschäfte<br />

erfordert unternehmensübergreifende Prozessketten in der Herstellung von<br />

Produkten oder Dienstleistungen. Die gemeinsame Ausbildung durch solche<br />

Geschäftspartner verstärkt das Zusammenhangsdenken der Auszubildenden<br />

und erhöht damit die Qualität und Wirtschaftlichkeit.<br />

1 Dies stützt sich auf § 22 Absatz 2 BBiG, nach dem Mängel in der Breite des Bildungsangebotes eines<br />

Ausbildungsbetriebes durch ”Ausbildungsmaßnahmen außerhalb” geheilt werden können.<br />

2 siehe Abb. 1<br />

3 siehe Abb. 2<br />

72


Branchenbezogene Lösungen<br />

Nachwuchspflege<br />

In einer Reihe von Wirtschaftsfeldern<br />

dominieren kleinere Unternehmen,<br />

die die benötigten Qualifikationen<br />

durch einzelbetriebliche<br />

Ausbildung nur schwer heranbilden<br />

können. So hat beispielsweise das<br />

private Versicherungsgewerbe –<br />

ohne die Bezeichnung „Verbund“ zu<br />

erwähnen – mit einem nahezu<br />

flächendeckend eingerichteten Bildungswerk<br />

schon vor vielen Jahren<br />

eine Branchenlösung entwickelt.<br />

Die neuerdings in der Ausbildung<br />

vorgesehene Zweisparten- Ausbildung<br />

erfordert zusätzlich die Kooperation zwischen den häufig stark spezialisierten<br />

Agenturen.<br />

Andere Beispiele finden sich in weniger bekannten Ausbildungsberufen, etwa<br />

in der Steine- und Erdenindustrie oder in der Kunststoffverarbeitung.<br />

Qualitätssicherung<br />

Wenngleich die Qualitätssicherung natürlich auch in den eben genannten Beispielen<br />

ein wesentlicher Bestimmungsfaktor ist, gibt es Branchenlösungen für<br />

Verbünde, die sich explizit diesem Ziel verschrieben haben. Hierzu gehören<br />

regionale Branchenverbünde des Güterkraftverkehrs (Speditionskaufleute,<br />

Berufskraftfahrer), aber auch der Mineralölwirtschaft, deren Tankstellen den<br />

Entwicklungsprozess von der kleinen Werkstatt zum Einzelhandelsunternehmen<br />

ohne <strong>Ausbildungsverbünde</strong> kaum leisten können.<br />

Standortbezogene Lösungen<br />

Unternehmensentwicklung<br />

In Gewerbeparks und Technologie- und Gründerzentren sind Verbundlösungen<br />

zu beobachten, die neu gegründeten Unternehmungen nach ihrer<br />

ersten Konsolidierungsphase durch externes Ausbildungsmanagement den<br />

Weg in eine langfristige Personalentwicklung ebnen. Da diese Standorte<br />

häufig Unternehmen mit ähnlichen Qualifikationsanforderungen zusammenführen,<br />

lassen sich hier schon kurz nach Unternehmensgründung erste<br />

Verbundphasen organisieren.<br />

Kundenorientierung<br />

Einige Einkaufszentren haben damit begonnen, die Kundenorientierung ihrer<br />

Mieter auch durch gemeinsame Ausbildung zu fördern. Damit ergänzen<br />

sie die technische und die auf gemeinsame Werbung abgestellte Kundenansprache<br />

um eine qualitative Komponente.<br />

<strong>Regionale</strong> Problemlösungen<br />

Wirtschaftsförderung<br />

Die Medienbranche (z. B. Standorte Köln oder Nürnberg) oder das Hotelund<br />

Gaststättengewerbe (z.B. Mecklenburg-Vorpommern) verbinden die re-<br />

73


gionale Wirtschaftsförderung mit einem breit angelegten Feld von Aus- und<br />

Weiterbildung. Dabei verbindet sich der Gedanke des Ausbildungsverbundes<br />

mit einem differenzierten Angebot an Aus- und Fortbildung unter<br />

Einschluss vollzeitschulischer Bildungsgänge, abschlussbezogener Fortbildungslehrgänge<br />

sowie ad hoc- Angeboten für spezielle Bedarfslagen.<br />

Jugendförderung<br />

Zu guter Letzt soll nicht unerwähnt bleiben, dass sich durch regionale Verbünde<br />

auch Lösungen entwikkeln lassen, durch die Jugendliche eine Ausbildungschance<br />

erhalten, die sie ohne diese Angebote nicht hätten. Dabei<br />

sind glücklicherweise zunehmend Beispiele 4 aufzufinden, die auf nachhaltige<br />

Integration in das Erwerbsleben setzen und sich von dem leider noch<br />

verbreiteten Slogan abwenden, dass irgendeine Ausbildung besser sei, als<br />

gar keine.<br />

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

4 Eine Sammlung von Good-Pactice ist die Dokumentation der Wettbewerbsbeiträge zum<br />

Hermann-Schmidt-Preis 2000: Selka, Reinhard: Förderung von Benachteiligten in der Berufsausbildung.<br />

Bielefeld 2000<br />

74


Präsentation<br />

der Workshop-<br />

Ergebnisse


Workshop 1<br />

Ergebnisse<br />

Rolf-Joachim Heger<br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

78<br />

Frage: Wo liegt die Zukunft der Qualitätssicherungen<br />

der Ausbildung?<br />

Bereits jetzt schon von Ergebnissen zu sprechen,<br />

ist natürlich ein wenig voreilig, wurde<br />

doch zunächst im Workshop versucht, Annäherungen<br />

an die Thematik zu formulieren<br />

und die Brisanz und Konsequenz der Fragestellung<br />

konkreter zu fassen. Denn wenn<br />

man sich den Titel dieses Workshops noch<br />

einmal vor Augen hält, diese durchaus zielgerichtete Frage nach der Verortung,<br />

dem “Wo”, der zeitlichen Dimension “Zukunft” und dem Ort “Verbundausbildung”<br />

mit dem Sujet “Qualitätssicherung”, so sind dies alles Begriffe<br />

mit hohem Anforderungs- aber auch Aufforderungscharakter, und es<br />

gilt, diese in Zeiten wie den jetzigen näher zu bestimmen, perspektivisch<br />

auszuloten und eventuell Prognosen und Trends über das bisher Bekannte<br />

hinaus zu formulieren. Eine wahrliche Herkulesarbeit, dies in der zur Verfügung<br />

stehenden Zeit anzugehen. Deshalb im Zeitraffer nur “Annäherungen”<br />

an das Thema.<br />

Annäherung 1: Qualitätssicherung erfordert 3 relevante Aspekte: Zum einen<br />

die notwendige Erhöhung der organisatorischen Flexibilität, d.h. die beteiligten<br />

Institutionen Schule, Betrieb und Bildungsträger müssen Veränderungen<br />

schnell und nachhaltig realisieren können. Der Nachweis einer<br />

Qualität in dem angesprochenen Feld ist zu belegen, sei es über das Preis-<br />

Leistungsverhältnis, die Markt- und Kundenbindung und/oder die verwaltungstechnische<br />

Zuverlässigkeit. Der zweite Aspekt ist die Forderung nach<br />

Erhöhung der didaktischen Flexibilität, also all das, was mit Lernarrangements<br />

zu tun hat, all das, was mit veränderten Anforderungen auf der curricularen<br />

Ebene, sprich: ständig anzupassenden lehr-, lern- und ausbildungsmethodischen<br />

settings gemeint ist und letztlich all das, was mit der<br />

Veralterungsquote aktuellen Wissens und spezieller Produkt- oder Bildungsangebote<br />

zu tun hat. Denn didaktische Flexibilität bedeutet auch die<br />

schnelle Implementierung neuer Bildungsinhalte und -formen. Die oft thematisierte<br />

– und eher defensiv beurteilte – Modernisierung beruflicher Curricula<br />

innerhalb bestehender Ausbildungsberufe wird zunehmend über externe<br />

Anforderungen (z.B. fachunspezifische Qualifikationen, Haltungen<br />

und Einstellungen zum Lernen u.ä.) beschleunigt. Dies leitet zwangsläufig<br />

zum dritten Aspekt über, der sich auf die damit einhergehende und notwendige<br />

Erhöhung der Effektivität und Transparenz bei den Anbietern im Berufsbildungssystem<br />

konzentriert. Dies hat einerseits viel mit Wirtschaftlichkeit<br />

zu tun, aber auch – besonders auf der Strukturebene – mit der Funktionalität<br />

der Verbundausbildung und der daraus resultierenden „neuen“ Konkurrenzsituation<br />

zahlreicher Teilnehmer auf einem zunehmend vernetzteren<br />

Bildungsmarkt.<br />

Annäherung 2: Die Qualitätssicherung im Zusammenhang mit der Verbundausbildung<br />

erfordert kontinuierliche Abstimmungs- und Ausrichtungsprozesse<br />

unter den beteiligten Institutionen. Dies ist durchaus eine „neue“<br />

Qualität, im Gegensatz zum Agieren (und oft nur Reagieren) im Dualen Sys-


tem, wo die Kunst im Zusammenspiel<br />

zweier Systeme liegt, sich nun<br />

aber auf drei und mehr ausweitet,<br />

so dass dies in der Tat anderer Formen<br />

gegenseitiger Kooperationen<br />

bedarf. Verbundausbildung als so<br />

verstandenes Zukunftsmodell heißt<br />

aber auch, über die angesprochene<br />

strukturelle Anforderung in den Kooperationen<br />

mit den Lernorten hinaus<br />

auf mögliche Anfälligkeiten als<br />

Risikoträger abzustellen, wenn Ersatzfunktionen<br />

zwischen den Beteiligten<br />

dominieren; d.h., wenn etwa<br />

Bildungsträger zum ausschließ- Rolf-Joachim Heger<br />

lichen „Ersatz“ für betriebliche Ausbildung<br />

angesehen werden und alleinige<br />

Verantwortung übernehmen müssen für gelungene oder nicht gelungene<br />

Berufseinmündungen.<br />

Annäherung 3: Ein scheinbares „Allheilmittel“ in der Vermittlung zwischen<br />

bisherigen Standards und den qualitätsorientierten neu geforderten flexiblen<br />

Strukturen im Lehr- und Lernangebot liegt in der sogenannten Modularisierung.<br />

Hierbei ist vor allem die Frage nach dem Wie und Was einer Zertifizierung<br />

der Module relevant, denn deren Wertigkeit macht nur Sinn – auch<br />

grenzüberschreitend – wenn das Ergebnis einzelner Bausteine einer objektiv<br />

überprüfbaren Messung standhält und nicht allein die Formulierung, dass<br />

modular ausgebildet wird, bereits dem Siegel der Qualität entspricht. Hierbei<br />

greift die Frage nach der Qualitätssicherung ganz direkt in die Perspektive<br />

der Verbundausbildung ein. Eine Beantwortung auf nationaler wie europäischer<br />

Ebene ist gegenwärtig weder ausdrücklich noch annähernd erfolgt,<br />

trotz zahlloser Modellversuche, Ankündigungen, Umsetzungsversuche. Abschließend<br />

sei auf den Eindruck eines Teilnehmers aus dem Workshop verwiesen:<br />

„Noch immer bewegen wir uns im Zirkelschluss zwischen Qualität<br />

bestimmen, Qualität halten und Qualität steigern. Die Frage bleibt wie?“<br />

Workshop 1 Ergebnis:<br />

1. Qualitätssicherung erfordert,<br />

● Erhöhung organisatorischer Flexibilität,<br />

● Erhöhung der didaktischen Flexibilität,<br />

● und Erhöhung der Effizienz und Transparenz.<br />

2. Qualitätssicherung erfordert ferner kontinuierliche Abstimmung und<br />

Ausrichtung an den Konsequenzen.<br />

3. Verbundausbildung ist ein Zukunftsmodell, mit hohen Anforderungen<br />

im Hinblick auf Kooperation der Lernorte, Modularisierung der Ausbildung<br />

und bezogen auf <strong>Berlin</strong>, finanziell risikoreich für die Träger.<br />

4. Bereits erarbeitete Module aus Modellprojekten müssen der Allgemeinheit<br />

zur Verfügung gestellt werden.<br />

5. Qualitätssicherung kostet Geld.<br />

79


Workshop 2<br />

Ergebnisse<br />

Heide Dendl<br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Heide Dendl<br />

Frage: Was muß die Allgemeinbildende<br />

Schule leisten um Jugendliche auf den Prozess<br />

der Ausbildung vorzubereiten oder wie<br />

muss Sie sich entwickeln?<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, die Experten<br />

in unserem Workshop haben mit den Inputthesen<br />

ihre Sichtweise zur Fragestellung<br />

deutlich gemacht und gleichzeitig dafür Sorge<br />

getragen, dass genügend „Zündstoff“ für<br />

die Diskussion gelegt wurde. In unserem Workshop bildeten sich 2 Gruppen,<br />

die scheinbar von unterschiedlichen Ausgangspositionen versuchten,<br />

das Thema zu erschließen. Während die eine Gruppe mehr den Ansatz des<br />

Überganges von der Schule in den Beruf (Schultypen etc.) betrachtete,<br />

legte die andere mehr darauf Wert, die Rahmenbedingungen und Partner<br />

des allgemeinbildenden Schulprozesses zu reflektieren. Welche Ergebnisse<br />

wurden nun erreicht? Die vorliegenden Thesen wurden zwar getrennt in<br />

beiden Gruppen erarbeitet, aber dann gemeinsam diskutiert und vereinbart<br />

(Konsens). Darüber hinaus besteht weiterer Diskussionsbedarf.<br />

Als erstes Thesen-Ergebnis wurde folgendes erarbeitet: Die Schule soll<br />

sich zur Zusammenarbeit mit externen Einrichtungen/Partnern öffnen.<br />

Zur Unterstützung und Weiterentwicklung der allgemeinbildenden Schule ist<br />

es aus Sicht der Teilnehmer erforderlich, andere Institutionen und<br />

Erfahrungen einmünden zu lassen. Das relativ starre und in sich geschlossene<br />

System Schule muss von außen belebende Impulse bekommen. Das<br />

„wirkliche“ Arbeitsleben muss vermittelt werden, z.B. über Entwicklungspartnerschaften<br />

mit der Wirtschaft oder Elternworkshops, die sowohl Lehrer<br />

als auch Schüler fit für die Zukunft machen.<br />

Als zweites Thesen-Ergebnis wurde hervorgehoben: Die Vergleichbarkeit<br />

und Aussagekraft von Zensuren auf Zeugnissen ist zu erhöhen.<br />

Sowohl die unterschiedlichen Schultypen in den einzelnen Bundesländern,<br />

als auch die Unterschiede zwischen den Bundesländern schlechthin, tragen<br />

dazu bei, dass die Zensuren auf Zeugnissen bundesweit sehr unterschiedlich<br />

interpretiert werden. Insbesondere<br />

bei Bewerbungsvorgängen<br />

sind Mitarbeiter von z.B. Personalabteilungen<br />

überfordert, Zeugnisse<br />

zu lesen bzw. Zeugniszensuren von<br />

verschiedenen Schulen zu vergleichen.<br />

Insofern macht hier eine Vergleichbarkeit<br />

bzw. Erhöhung der Aussagekraft<br />

Sinn. Neben der fachlichen<br />

Bewertung sollte zukünftig<br />

auch Bezug auf soziale Kompetenzen<br />

genommen werden, um damit<br />

Zeugnisse (Personen) beurteilungsfähiger<br />

zu machen.<br />

80


Das dritte Thesen-Ergebnis war: Mehr Selbständigkeit der Schulen<br />

bei pädagogischen Entscheidungen unter Sicherung von<br />

Qualitätsstandard in Kernbereichen der schulischen Bildung.<br />

Die noch sehr ausgeprägten starren Vorschriften an den allgemeinbildenden<br />

Schulen sind flexibler zu gestalten. Projektorientierte Unterrichtsphasen<br />

dürfen aufgrund von Zeitschemen nicht be- bzw. verhindert werden. Allgemeinbildende<br />

Schule muss losgelöst von administrativen Zwängen, Schüler<br />

realistisch und zukunftsorientiert auf das berufliche Leben vorbereiten (kurzfristiges<br />

Reagieren auf aktuelle Veränderungen).<br />

Das vierte Thesen-Ergebnis lautet: Der Übergang von allgemeinbildender<br />

zu berufsbildender Schule soll durch frühzeitige Kompetenz- und<br />

Potentialanalyse der Schüler unterstützt werden.<br />

Zur besseren und realistischeren Vorbereitung der Schüler auf die berufliche<br />

Ausbildung macht es Sinn, die individuellen Kompetenzen und Potentiale<br />

zu ermitteln. Damit können sowohl Schüler als auch Berufsberater<br />

bereits im Vorfeld die Berufswünsche besser hinsichtlich der zu erwartenden<br />

Anforderungen abgleichen.<br />

Frage: Welche Anforderungen erwachsen<br />

aus der Informationsgesellschaft an das Berufsbildungssystem<br />

aus Sicht der Wirtschaft?<br />

Nach dem bisher Gehörten muss ich meine<br />

Ausführungen mit einer Binsenweisheit beginnen,<br />

die da lautet: „Alles hängt mit allem zusammen“.<br />

Schule war nämlich auch in unserem<br />

Workshop ein zentrales Thema. Im Grunde<br />

ist das auch nicht verwunderlich, denn für<br />

die Wirtschaft ist es natürlich von großem<br />

Workshop 3<br />

Ergebnisse<br />

<strong>Rainer</strong> Hölmer<br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Prof. Dr. Peter Diepold<br />

Göttingen<br />

Interesse, was den Absolventen der allgemeinbildenden Schulen mit auf ihren<br />

Weg gegeben wird und wie sich die Zusammenarbeit mit den Schulen, insbesondere<br />

auch den berufsbildenden Schulen, gestaltet. Das schlägt sich<br />

entsprechend in den Thesen nieder.<br />

These 1:<br />

Der kritische Umgang mit vernetzten Informationen (verfügbar machen,<br />

auswählen, strukturieren, interpretieren etc.) muß von der Grundschule<br />

in allen Schulformen wie auch in der Fort- und Weiterbildung durchgängig<br />

„trainiert“ werden (soft skills, Lebenslanges lernen etc.)<br />

Herr Professor Diepold, sie haben diesbezüglich im Rahmen eines Modellversuchs<br />

quasi schon „vorgearbeitet". Vielleicht stellen Sie das Projekt kurz vor?<br />

Ja gern, wir haben einen Modellversuch für Lehrer an der Humboldt Universität<br />

durchgeführt, über drei Jahre hinweg, dessen Ergebnis eine fächerunabhängige<br />

Matrix von Themen hinsichtlich der informatischen Bildung ist.<br />

Mit informatischer Bildung meinen wir den kritischen Umgang mit Informationen,<br />

die heutzutage im Netz sind, deren Auflistung nach Themen und deren<br />

praktische Nutzung und Umsetzung im Rahmen der Lehrerausbildung<br />

81


in einer Reihe von Modulen, ich glaube es sind etwa 500, in drei Dimensionen.<br />

Unsere Idee war, dass man dies durchaus für einzelne Berufe oder<br />

Schularten weiterentwickeln oder spezifizieren könnte. Die Fähigkeit, mit Informationen<br />

umzugehen, das ist natürlich nichts Neues. Im Unterricht war<br />

es immer wichtig zu reflektieren: Wie ordne ich meine Gedanken, wie drücke<br />

ich mich aus, dass es verständlich ist? Aber doch ist es heutzutage unter<br />

dem Aspekt der Informationsgesellschaft viel wichtiger geworden, wie<br />

wir uns, und das betrifft schon die kleinen Kinder, in dem Informationsmeer<br />

des Internets zurecht finden. Wie kann ich das strukturieren, wie kann ich<br />

das gewichten, wie kann ich die Richtigkeit im Vergleich mit anderen sehen,<br />

wie kann ich das dahinter liegende Interesse deutlich machen, wie kann ich<br />

so etwas für mich selber so verarbeiten? Es geht um das, was heute Herr<br />

Professor van Buer die mehr kognitiven Fähigkeiten nannte. Alles das sind<br />

Fragen, die von der Grundschule an über das gesamte Lebensalter bis in<br />

die Seniorenpädagogik vermittelt und trainiert werden sollten. Unsere Ergebnisse<br />

und Erkenntnisse aus dem Modellprojekt haben wir, zusammen<br />

mit der Medienoffensive an Brandenburger Schulen, nicht nur auf den Server<br />

gelegt, sondern auf eine CD gebracht, von der Sie hier ein Exemplar bekommen<br />

können.<br />

Herr Professor Diepold, herzlichen Dank für Ihre Ausführungen. Mit unserer<br />

2. These, die sich auf die Sicherstellung der Handlungsfähigkeit bezieht,<br />

können wir logisch daran anschließen:<br />

These 2:<br />

Diese Fähigkeiten müssen vor allem auch Lehrer/-innen und<br />

Ausbilder/-innen beherrschen und vermitteln (Sicherstellung der<br />

Handlungsfähigkeit).<br />

Die Betonung liegt dabei auf „vermitteln“. Es ist, so denke ich, unbestritten,<br />

dass die Lehrenden das, was sie letztendlich den Jugendlichen und jungen<br />

Erwachsenen vermitteln wollen, dem Grunde nach selbst beherrschen müssen.<br />

Entscheidend aber ist, die Inhalte und Verfahren auch in geeigneter<br />

Weise zu vermitteln und Lernprozesse zur Entwicklung und Förderung der<br />

angestrebten Fähigkeiten und Fertigkeiten bei den Lernenden zu gestalten.<br />

Die 3. These lautet:<br />

Für einzelne Ausbildungsgänge sollten die „informatischen“ Kompetenzen<br />

konkretisiert und in miteinander verknüpfbaren altersspezifischen<br />

Lehr-/Lern- Bausteinen umgesetzt werden.<br />

Dabei geht es im Grunde darum, vor dem Hintergrund der bislang noch etwas<br />

unspezifischen Forderungen die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten<br />

zu konkretisieren und in Form von Lehr-/Lern-Bausteinen auf praktische<br />

zielgruppen- und altersspezifische Inhalte runterzubrechen. Das könnte,<br />

in Anlehnung an den Modellversuch Professor Diepolds und unter Nutzung<br />

der gewonnenen Erkenntnisse, in Form einer Matrix erfolgen, einer<br />

Darstellung, die sowohl das Beziehungsgeflecht, die Bedeutung des Einen<br />

für das Andere, wie die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen übersichtlich<br />

darzustellen vermag.<br />

82


Unsere 4. und letzte These lautet:<br />

Die Wirtschaft braucht verstärkt (informelle) Partnerschaften mit Bildungseinrichtungen,<br />

die für die Informationsgesellschaft adäquat mit<br />

Sach- und Personalmittel ausgestattet sind. Das gilt insbesondere<br />

auch für die Schulen.<br />

Eine qualitativ hochwertige berufliche Bildung ist heute mehr denn je auf eine<br />

Zusammenarbeit, auf eine Vernetzung der einzelnen Akteure angewiesen.<br />

Die Zusammenarbeit von Wirtschaft mit anderen Akteuren kann, wie<br />

am Beispiel Berufsschule, sehr strukturiert und formalisiert sein, aber auch<br />

informelle Partnerschaften gewinnen zunehmend an Bedeutung. Zur Sicherung<br />

der Bildungsqualität ist bei den einzelnen Partnern eine angemessene<br />

Ausstattung mit Personal- und Sachmitteln unerlässlich. Das gilt insbesondere<br />

für die Schulen, aber auch für alle andern Bildungseinrichtungen und<br />

natürlich auch für Bildungsprozesse in den Unternehmen, z.B. in betrieblichen<br />

Bildungseinrichtungen.<br />

Frage: Sind Ausbildung im Verbund, regionale<br />

<strong>Ausbildungsverbünde</strong> und <strong>Netzwerk</strong>e<br />

die Konzepte der Zukunft?<br />

Auch für diesen Workshop lässt sich eins<br />

vorwegnehmend sagen: Die Fragestellung,<br />

die es zu bearbeiten galt und an der wir lange<br />

diskutiert haben, hat sich letztendlich als<br />

sehr komplex und vielschichtig erwiesen.<br />

Und schaut man sich die Fragestellung ein-<br />

mal genauer an, eröffnet sich ein ganz weites Spektrum, in welchem jeder<br />

einzelne Frageteil bereits einen eigenständigen Workshop hätte füllen können.<br />

Nichtsdestotrotz konnten – wenn auch ob der Komplexität mit einigen<br />

Mühen – vier Thesen im Rahmen des Workshops formuliert werden.<br />

These 1:<br />

Spezialisierung der Betriebe macht Verbund als Form für die<br />

Ausbildung notwendig.<br />

Die zunehmende Spezialisierung von Betrieben, die wachsende Zahl von<br />

Klein- und Kleinstbetrieben steht in der Berufsausbildung Ausbildungsrahmenplänen<br />

mit eher komplexen und generalisierenden Inhalten gegenüber.<br />

Die Folge ist, in diesen Betrieben kann das komplette Ausbildungsprofil eines<br />

Berufsbildes nicht mehr abgebildet werden, was schlussendlich dazu<br />

führt, dass Ausbildung nicht (mehr) stattfindet. Hier ist der Vorteil, der in der<br />

Ausbildung im Verbund liegt, klar erkannt worden: Durch diese Form der<br />

Ausbildung wird erst die Möglichkeit zur aktiven Partizipation an Ausbildung<br />

und damit zur eigenen Nachwuchsgewinnung geschaffen.<br />

83<br />

Workshop 4<br />

Ergebnisse<br />

Sylvia Runge<br />

SPI ServiceGesellschaft mbH


These 2:<br />

Verbundausbildung schafft höhere Qualität und zusätzliche<br />

Ausbildungsplätze.<br />

Zwei Komponenten der Diskussion wurden in dieser einen These<br />

zusammengefasst: Der Qualitätsaspekt, der durch die Verbundausbildung befördert<br />

wird, und der Umstand, dass durch die Verbundausbildung zusätzliche<br />

Ausbildungsplätze geschaffen werden können.<br />

Gerade in Zeiten, in denen die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen das<br />

diesbezügliche Angebot bei Weitem übersteigt, sind Ansätze gefragt, die zur<br />

Ausweitung des Ausbildungsplatzangebotes beitragen. Insbesondere das<br />

<strong>Berlin</strong>er Modell der Umsetzung des Bund-Länder-Sonderprogrammes, in<br />

welchem die Ausbildung im Verbund zwischen Ausbildungsträgern und Betrieben<br />

gefördert wird, hat gezeigt, dass es auf diese Weise möglich ist, zusätzliche<br />

Ausbildungsplätze zu schaffen, indem bislang ungenutzte Ausbildungspotentiale<br />

nunmehr genutzt werden. Eine Vielzahl von Betrieben,<br />

die bislang noch nicht ausgebildet hatten, haben sich in diesem Rahmen<br />

erstmalig an der Ausbildung selbst aktiv beteiligt. Darüber hinaus wurden<br />

und werden Ausbildungsressourcen in Betrieben gewonnen, in denen nicht<br />

alle notwendigen Teile eines Berufsbildes ausgebildet werden können.<br />

Ist der vorgenannte Aspekt der These dem Grunde nach eher offensichtlich,<br />

so wird der Qualitätsaspekt vermutlich erst auf den zweiten Blick verständlich.<br />

In der Diskussion wurden als Faktoren, die zu einer höheren Qualität in<br />

der Ausbildung beitragen, u. a. aufgeführt:<br />

● die Verzahnung von Praxiskompetenz mit pädagogischdidaktischer<br />

Kompetenz,<br />

● die Erweiterung des Lernhorizontes bedingt durch die unterschiedlichen<br />

Lernorte und die damit verbundenen Anwendungs- und<br />

Einsatzgebiete für das Erlernte, was in der Folge auch eine Erhöhung<br />

der Handlungskompetenz nach sich zieht.<br />

Es wurde festgestellt, dass insbesondere kompetenz- und handlungsorientierte<br />

Ansätze in der Ausbildung von ihrer Bedeutung her verstärkt neben<br />

die Vermittlung fachlicher Inhalte treten müssen.<br />

Die Entstehung von Kompetenzzentren ist dann nur noch ein folgerichtiger<br />

(nächster) Schritt. Und diese Kompetenzzentren können bei sehr unterschiedlichen<br />

Institutionen angesiedelt sein oder sich aus ihnen heraus bilden:<br />

angefangen bei Ausbildungsträgern bzw. Leitbetrieben in der Region,<br />

über bestimmte Betriebe bis hin zu den Oberstufenzentren. Die diesbezüglichen<br />

Entwicklungen und Bestrebungen sind teilweise bereits im Gange. Es<br />

ist davon auszugehen, dass durch die auftretende Konkurrenzsituation die<br />

Qualität in der Ausbildung ebenfalls eine Beförderung erfahren wird.<br />

These 3:<br />

Um Ausbildung im Verbund/<strong>Netzwerk</strong>e zum Erfolg zu führen, ist die<br />

Beteiligung aller Ausbildungspartner und der an Bildungspolitik<br />

interessierten Personen (-gruppen) erforderlich (inkl. der Wirtschaft).<br />

Für die Ausbildung im Verbund gleichermaßen wie für <strong>Netzwerk</strong>e gilt: Von<br />

Erfolg gekrönt sein werden diese nur dann, wenn es gelingt, alle notwendi-<br />

84


gen und kompetenten Partner zu<br />

beteiligen und – mehr noch – zu<br />

einer engagierten Zusammenarbeit<br />

zu bewegen. Von ganz entscheidender<br />

Bedeutung ist die<br />

Einbindung der Wirtschaft in derart<br />

partnerschaftliche Kooperationen,<br />

wie Herr Selka zu Recht unterstrich.<br />

These 4:<br />

<strong>Regionale</strong> <strong>Ausbildungsverbünde</strong><br />

schaffen die Chance für einen<br />

lokalen Dialog in der Qualifizierungs-,<br />

Ausbildungs- und Beschäftigungspolitik,<br />

bedürfen<br />

jedoch des Managements.<br />

Sylvia Runge<br />

Durch die Institution der <strong>Regionale</strong>n <strong>Ausbildungsverbünde</strong> ist eine Plattform<br />

geschaffen worden für den Dialog mit allen Beteiligten in der Qualifizierungs-,<br />

Ausbildungs- und Beschäftigungspolitik auf regionaler/kommunaler<br />

Ebene, die jedoch aktiv ausgefüllt werden muss. Es gilt, gemeinsam<br />

im Sinne der Region zu handeln und für die vielfältigen, regionalspezifischen<br />

Probleme Lösungen zu suchen, zu erarbeiten und erarbeitete<br />

Konzepte umzusetzen.<br />

Ohne ein hohes Maß an Organisation und ein professionelles Management<br />

wird jedoch weder der Dialog aufrecht zu erhalten sein, noch werden Prozesse<br />

und konzertierte Aktionen auf den Weg zu bringen sein.<br />

85


Abschlußreferat<br />

Wohin die Reise geht?<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen van Buer<br />

Humboldt Universität zu <strong>Berlin</strong><br />

Abschließender<br />

Blick<br />

Sehr geehrte Damen und Herren!<br />

Am einfachsten hätte ich es mir machen<br />

können, wenn ich mir schon vor Beginn<br />

dieser Tagung überlegt hätte, was ich Ihnen<br />

als deren Fazit präsentieren wollte.<br />

Dieser sehr üblichen Art bin ich jedoch<br />

nicht gefolgt. Und so hab ich jetzt den<br />

„Schlamassel“. Ich muss versuchen, aus<br />

dem Stehgreif heraus einen abschließenden<br />

und möglichst auch wegweisenden Schlusskommentar zu geben. Ziel<br />

meines Kommentars soll sein, deutlich zu machen, wohin die „Reise geht“<br />

– oder besser: wohin die Reise gehen könnte. Denn mit Verweis auf mein<br />

Eingangsreferat ist zunächst festzustellen, dass die Frage nach der<br />

Beschaffenheit der Zukunft kaum beantwortet werden kann.<br />

So kann ich nur eine gute Antwort auf die Frage nach meiner nächsten Zukunft<br />

geben: Nach meinem Schlusskommentar nehme ich – wenn nichts dazwischen<br />

kommt – die U-Bahn, dann die S-Bahn, dann meine eigenen Füße<br />

und frage zu Hause, ob die mich ins Haus lassen. Viel mehr weiß ich nicht.<br />

So interpretiere ich die Frage, wohin die Reise gehen könnte, als Frage,<br />

wohin sie gehen sollte – und damit als Frage nach Optionen, Wünschbarkeiten<br />

und möglicher Weise gesellschaftlichen Notwendigkeiten.<br />

Vier Fragestellungen will ich im Folgenden nachgehen:<br />

Fragestellung 1: Welche Entwicklungen kommen möglicher Weise in der<br />

nächsten Zeit auf das Berufsbildungssystem in <strong>Berlin</strong> in<br />

der nächsten Zeit zu - auch und gerade in seiner Abstimmung<br />

mit den allgemeinen Schulen?<br />

Fragestellung 2: Was sind die Forderungen von Wirtschaft und Industrie<br />

an die berufliche Bildung für die allernächste Zeit?<br />

Fragestellung 3: Welche Rolle spielt die Verbesserung der inneren<br />

Qualität des Berufsbildungssystems in den nächsten<br />

Jahren?<br />

Fragestellung 4: Welche Anforderungen sind an die Arbeit der verschiedenen<br />

Steuerungsebenen in der beruflichen Bildung<br />

zu stellen?<br />

Zur Fragestellung 1:<br />

Mögliche Entwicklungen im <strong>Berlin</strong>er Berufsbildungssystem<br />

Für wie stabil man das Bildungs- und Berufsbildungssystem in <strong>Berlin</strong> auch immer<br />

einschätzt, eine ganze Reihe sehr unterschiedlicher Entwicklungen können<br />

im <strong>Berlin</strong>er Berufsbildungssystem möglicher Weise in der allernächsten<br />

Zukunft erfolgen – dies gerade auch in der Abstimmung mit den allgemeinen<br />

Schulen. Auf drei gehe ich in meinem Abschlusskommentar näher ein:<br />

(a) Zur Veränderung der 11-jährigen Schulpflicht im Schulgesetzentwurf für<br />

<strong>Berlin</strong> vom März 2001: Derzeit ist noch offen, ob die 11-jährige Schulpflicht<br />

mit der Regelung, dass das 11. Schuljahr im Berufsbildungssystem zu absolvieren<br />

sei, auch weiterhin gelten soll. Im neuen Schulgesetzentwurf wird<br />

von einer 10-jährigen Schulpflicht gesprochen, wie sie andere Bundesländer<br />

auch haben. Diese Veränderung trifft nicht die allgemeinen Schulen,<br />

sondern den schulischen Teil des Berufsbildungssystems.<br />

86


Man kann spekulieren, warum diese Änderung gerade zu Zeiten von großen<br />

Haushaltsnöten in <strong>Berlin</strong> eingeführt werden soll; und ohne große Mühe<br />

kommt man auf die Vermutung, dass es vor allem finanztechnische Aspekte<br />

sind – nämlich die Verlagerung der vom Land zu tragenden Kosten oder wie<br />

in Brandenburg von großen Teilen der Kosten auf Bundesmittel.<br />

Neben diesen sicherlich nicht unbedeutenden Gesichtspunkten bleibt für<br />

die im Berufsbildungssystem tätigen Pädagogen jedoch die Frage, welche<br />

Folgen eine solche Änderung für welche Jugendlichen hätte. Zunächst ist<br />

festzuhalten: Für die lernstarken Jugendlichen – für diejenigen, die den Realschulabschluss<br />

bzw. die fachgebundene oder die allgemeine Hochschulreife<br />

erwerben (wollen) - hat sie kaum oder nur geringe Konsequenzen; hier<br />

zielt die allgemeine Diskussion auf die Frage nach dem Abitur bereits nach<br />

zwölf Jahren. Aber für die lernschwächeren Jugendlichen, für diejenigen mit<br />

eher geringen kognitiven Ressourcen, eher schwierigem soziobiograpischen<br />

Hintergrund, motivationalen Schwächen etc., vor allem für solche<br />

Jugendlichen mit Verknüpfungen aus Einzelschwächen, führt die Veränderung<br />

der Schulpflicht zu weit reichenden Folgen. Denn zumindest für<br />

die Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss oder den einfachen Hauptschulabschluss<br />

nach Klasse 9 – somit vor allem für diejenigen, die keinen<br />

Ausbildungsplatz erhalten haben – werden nicht mehr wie bisher vollzeitschulische<br />

Angebote in der Berufsförderung bzw. Berufsvorbereitung gemacht<br />

– wie erfolgreich sie in der derzeitigen Form auch immer sein<br />

mögen; statt dessen werden sie in die „Arme“ der Arbeitsämter und deren<br />

Qualifi-zierungsmaßnahmen übergeben. Über diese angemessen zu reden,<br />

wür-den einen eigenen Vortrag erfordern. So sei hier nur der Hinweis auf die<br />

Frage nach dem Erwerb allgemein anerkannter Abschlüsse erlaubt. Insgesamt<br />

ist zu projizieren, dass die Veränderung der Schulpflicht zu einer Verschiebung<br />

zwischen Sozial-, Jugend-, Schul- und Berufsbildungspolitik führen<br />

wird.<br />

(b) Flexibilisierung des Verbleibs in den allgemeinen Schulen und im Berufsbildungssystem:<br />

Im Kontext der Verkürzung der Schulpflicht sei auf einen<br />

weiteren Aspekt aufmerksam gemacht, der bereits im Berufsbildungsbericht<br />

<strong>Berlin</strong> 1999 angesprochen wurde: Warum sind ausgewählte Subgruppen<br />

von Jugendlichen gezwungen, so lange in der allgemeinen Schule<br />

zu bleiben? Gerade die lernschwächeren Jugendlichen haben in nicht unbeträchtlichem<br />

Ausmaß in den scholarisierten Lehrumgebungen des Unterrichts<br />

in diesen Schulen starke Belastungserfahrungen und Erfahrungen<br />

nicht-erfolgreichen Lernens gemacht. Ihre Bewältigungsstrategien sind häufig<br />

solche der Vermeidung, der Bedeutungsverminderung für Lernen in<br />

Schule etc. Eine ganze Reihe von empirischen Untersuchungen – gerade<br />

auch von solchen aus <strong>Berlin</strong> - werfen die Frage auf, warum solche Schüler<br />

und Schülerinnen nicht schon viel früher als i. d. R. nach dem 10. Schuljahr<br />

in andere Lernumgebungen, in andere Settings, überführt werden, die deutlich<br />

geringere Scholarisierungen beinhalten. Damit würden ihnen möglicher<br />

Weise neue Perspektiven eröffnet, wieder Freude und Spaß an Lernen aufzubauen<br />

und an bestimmte Bedingungen formalisierten Lernens herangeführt<br />

zu werden.<br />

87


(c) Berufs- und arbeitsbezogene Inhalte und allgemeine Schulen: In einer<br />

empirischen Untersuchung der Abteilung Wirtschaftspädagogik der Humboldt-Universität<br />

zu lernschwachen und marktbenachteiligten Jugendlichen<br />

in der beruflichen Bildung waren sich mehr als 80% der befragten Schulund<br />

Klassenleitungen derjenigen <strong>Berlin</strong>er Oberstufenzentren, in denen<br />

Klassen aus der „Modularen Dualen QualifizierungsMaßnahme (MDQM)“<br />

lernen, einig, dass die allgemeinen Schulen nicht (mehr) angemessen auf<br />

die Anforderungen erfolgreichen Lernens in der beruflichen Bildung vorbereiten.<br />

Die Ergebnisse der internationalen TIMSS/III-Studie können für große<br />

Subgruppen von Absolventen der allgemeinen Schule ebenfalls in dieser<br />

Richtung interpretiert werden. Ob dies an einem Leistungs- „abfall“ der Absolventen<br />

oder an einem Anstieg der Leistungsanforderungen seitens der<br />

Abnehmer, der Wirtschaft und Industrie, oder an beidem liegt, sei dahingestellt.<br />

Allein die Tatsache, dass mindestens acht von zehn Berufsschullehrern<br />

und -lehrerinnen der Meinung sind, die Jugendlichen kämen mit z. T.<br />

gravierenden Mängeln hinsichtlich erfolgreichen Lernens in der beruflichen<br />

Bildung in das Berufsbildungssystem, verweist zumindest auf ein subjektiv,<br />

d. h. bei den abnehmenden Schulen – und übrigens auch Betrieben und Unternehmen<br />

– ,schwer wiegendes Problem. Ich will an dieser Stelle nicht die<br />

Frage nach dem Leistungsstand der Absolventen der allgemeinen Schulen<br />

in Deutschland und besonders in <strong>Berlin</strong> diskutieren; dazu gab es auf dieser<br />

Tagung einen eigenen Workshop.<br />

Statt dessen stelle ich die Frage nach den arbeits- und beruflichen Bezügen<br />

und Inhalten der Curricula in den allgemeinen Schulen. Die Forderung aus<br />

ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, dass wir in hohem<br />

Maße Wirtschaftsbürger und Technikbürger bräuchten, ist unüberhörbar;<br />

die Argumente sind z. T. tief greifend und weit reichend. Lassen Sie es mich<br />

spitz und kantig, auch ein wenig salopp formulieren: Es ist dringendst an der<br />

Zeit, dass die jungen Leute nicht nur die Scheckkarte bedienen können,<br />

sondern dass sie auch verstehen lernen – d. h. nicht zuletzt auch die Hintergründe<br />

begreifen – , was ein Scheck ist, welche Konsequenzen diese<br />

Formen, zunehmend die Formen des on-line-Banking etc., für das Wirtschaftsleben<br />

eines Landes, für den Arbeitsmarkt und das Beschäftigungswesen,<br />

aber auch für die Konstruktion des privaten Lebens haben. Ähnliches<br />

gilt für die technischen Entwicklungen und ihre gesellschaftlichen Folgen;<br />

dies betrifft vor allem den informationstechnischen Bereich und dessen<br />

Produkte zwischen PC-Spielen und Modellierung komplexer Systeme und<br />

Automatisierung von Problemlösungen durch solche Systeme. Auch hier<br />

hat der Workshop auf dieser Tagung sicherlich wichtige Diskussionen gebracht.<br />

Zentral ist, dass die oben angedeuteten Entwicklungen nicht nur eine<br />

Sache für „Experten“ sind, sondern gerade auch für die „Laien“, die<br />

Abnehmer und freiwilligen und/oder unfreiwilligen, bewussten und/oder unbewussten<br />

Verwender. Zugespitzt könnte man sagen: Es kann doch nicht<br />

sein, dass Jugendliche zehn bis dreizehn Jahre lang in einem formalisierten,<br />

scholarisierten Kontext viel über Kultur und Zivilisation und deren geschichtliche<br />

Kontexte lernen – nur kaum etwas über die moderne Arbeitsund<br />

Berufswelt und deren Folgen für die Entwicklung von Gesellschaft.<br />

88


In diesem Kontext stellt sich immer wieder die Frage nach der Einführung<br />

dieser neuen Lerngebiete mittels neuer Fächer. Dies würde dazu führen,<br />

dass die zeitliche und inhaltliche Belastung der Schüler und Schülerinnen,<br />

die in den allgemeinen Schulen im Sekundarstufenbereich I und II zwischen<br />

30 und 35 Unterrichtsstunden und dem zusätzlichen Lernen mittels Hausarbeiten,<br />

Zusatzangeboten an Kursen etc. haben, weiter zunimmt. Dies ist<br />

nicht der probate Weg, denn relativ schnell deutet sich das Ende möglicher<br />

Zusatzbelastungen an – vor allem für die lernschwächeren Schüler und<br />

Schülerinnen. Statt dessen geht es um die „Entrümpelung“ von Curricula<br />

und Lehrinhalten. Für die arbeits- und berufsbezogenen Inhalte als mögliche<br />

curriculare Bereiche und Lehrinhalte geht es darum, sie in die bereits<br />

bestehenden Fächer zu integrieren und damit die Chance zu eröffnen, deren<br />

Verknüpfung mit dem, was unter Allgemeinbildung im Humboldtschen<br />

Sinne verstanden wird, im Sinne kognitiver <strong>Netzwerk</strong>e bei den Schülern und<br />

Schülerinnen aufzubauen.<br />

Insgesamt deutet alles darauf hin, Lernen und individuelle Entwicklung nicht<br />

nur in Fest- und Sonntagsreden als einen lebenslangen Prozess zu verstehen,<br />

sondern die von vielen als Wissensgesellschaft benannte Gesellschaft<br />

auch in ihrer institutionellen Struktur darauf zu verpflichten, die fast skalpellartige<br />

Trennung von „allgemeiner Bildung = allgemeine Schulen“ //„beruflicher<br />

Bildung = Berufsbildungssystem“ // „(berufliche) Weiterbildung = weitestgehend<br />

ungeordneter Angebotsmarkt“ zu überwinden.<br />

Zur Fragestellung 2:<br />

Forderungen von Wirtschaft und Industrie an die berufliche Bildung<br />

Drei Aspekte seien fast im Vorbeiflug angesprochen, davon der erste in ironischer,<br />

aber nicht ausschließlich ironischer Weise:<br />

(a) Forderung nach dem Arbeitnehmer als idealem Menschen: Eigentlich<br />

bräuchte ich diesen Punkt gar nicht ansprechen, er ist fast ein alltägliches<br />

Tagesgespräch im Zusammenhang mit den Problemen im Beschäftigungssystem,<br />

der Frage nach der Um- und Weiterqualifizierung von Arbeitsuchenden<br />

und Arbeitnehmern und -nehmerinnen und nicht zuletzt auch im<br />

Kontext der Debatte um die Entzerrung des debalancierten Verhältnissen<br />

von Angebot an und Nachfrage nach (betrieblichen) Ausbildungsplätzen. In<br />

einem anderen Kontext habe ich einmal die Lautbarungen der einschlägigen<br />

Organisationen und Standesvertreter zusammengetragen und katalogisiert.<br />

Das Ergebnis ist, dass die Anbieter an bezahlter Arbeit gar nicht so viel<br />

von den Nachfragern nach bezahlter Arbeit erwarten – nur, dass sie ideale<br />

Menschen sind: klug, ausgestattet mit komplexem und zielgerichtetem Problemlöseverhalten,<br />

lernfähig und – willlig, hoch motiviert, hoch belastungsfähig,<br />

über hohe soziale Kompetenz verfügend, ausgestattet mit breitem<br />

und tief greifendem Fachwissen, nicht zuletzt auch willig für flexiblen Arbeitseinsatz<br />

und regional mobil. Eigentlich wirklich nicht viel. Doch weg von<br />

dieser durchaus nicht unironischen Zusammenfassung.<br />

(b) Informationelle Grundbildung als Kulturtechnik für alle: Eine wichtige<br />

Forderung wurde auch in dieser Tagung mehr als nur ein Mal deutlich ge-<br />

89


nannt: Auf- und Ausbau der informationellen Grundbildung bei allen Schülern<br />

und Schülerinnen. Informationelle Grundbildung bedeutet, dass der<br />

Beginn des systematischen Lernens in den formalisierten und scholarisierten<br />

Systemen – den Schulen – zeitlich weit vorn liegen muss, nicht erst in<br />

der 5., 6., 7. Klasse, sondern deutlich weiter vorn. Ob dies in der 1. Klasse<br />

sein muss, sei dahingestellt; darüber kann man streiten. Unstrittig ist, dass<br />

die informationelle Grundbildung inzwischen eine weitere unverzichtbare<br />

Kulturtechnik darstellt – gleichberechtigt neben dem Umgehen mit den verschiedenen<br />

Verwendungsformen von Sprache und dem Umgehen mit den<br />

verschiedenen Formen formalisierter Abbildungssysteme zwischen Mathematik<br />

und formalisierten Abbildungen mittels Schemata. Für die weitere<br />

gesellschaftliche Entwicklung im Sinne des Ausbaus demokratischer Alltagskultur<br />

ist es unverzichtbar, dass informationelle Grundbildung kein Selektionskriterium<br />

und damit differenzierendes Machkriterium für die Entwicklung<br />

von Individuen bleibt bzw. wird. Dies gilt übrigens auch für die sog.<br />

althergebrachten Kulturtechniken, z. B. für den Umgang mit der schriftlichen<br />

Verwendungsform von Sprache.<br />

Eine weitere Konsequenz ist auch, dass die informationelle Grundbildung<br />

nicht an die Stelle einer der bisherigen Kulturtechniken treten kann, sie sozusagen<br />

ausmerzen kann. Benötigt wird genau so das routinierte Umgehen<br />

mit Texten, mit Sprache in verschiedenen formalisierten Kontexten, das Umgehen<br />

mit Schemata, mit Zahlen, und das sofort.<br />

Diese Forderung nach dem routinierten Verfügen über diese Kulturtechniken<br />

trifft auch die lernstarken Jugendlichen; es trifft allerdings besonders die<br />

lernschwächeren Jugendlichen. An dieser Stelle stellt sich auch die Frage<br />

danach, wie diesbezüglich mit den Schülern und Schülerinnen nicht-deutscher<br />

Herkunft umgegangen werden sollte; denn diese Jugendlichen sind<br />

nicht nur deutlich in der Gruppe derjenigen überrepräsentiert, die keinen allgemeinen<br />

Abschluss bzw. nur den einfachen Hauptschulabschluss nach<br />

Klasse 9 erwerben. Sie sind auch deutlich unterrepräsentiert bei den Jugendlichen,<br />

die einen betrieblichen Ausbildungsplatz erworben haben, sogar<br />

bei denjenigen, die in der Verbundausbildung mit hoher staatlicher Subvention<br />

ausgebildet werden. Und sie sind in hohem Maße überrepräsentiert<br />

bei denjenigen, die im Berufsbildungssystem nicht erfolgreich ler-nen, abgesehen<br />

davon, dass sie im Bereich der akademischen Berufsaubildung mehr<br />

als deutlich unterrepräsentiert sind.<br />

Die Curricula in der informationellen Grundbildung und in dem schon angesprochenen<br />

Bereich arbeits- und berufsbezogener Lehrinhalte zu verbessern<br />

und sie zu einem qualitätsvollen Bestandteil unterrichtlicher Alltagskultur<br />

zu machen, bedeutet auch, neue Möglichkeiten des Unterrichtens zu<br />

schaffen, multimediales Lernen auch tatsächlich einzuüben und von dort<br />

her neue Zugänge zur Medienwelt zu schaffen. Damit ergeben sich auch<br />

neue Möglichkeiten, Alternativen zu den heimlichen häuslichen „Erziehungs“programmen<br />

am Computer und am Fernsehen zu konstruieren.<br />

(c) Definieren dessen, was die Anbieter an bezahlter Arbeit vom Berufsbildungssystem<br />

verlangen: Dieser Punkt klingt ganz simpel; betrachtet man<br />

90


den Punkt (a) in diesem Abschnitt, wird deutlich, dass dies gar nicht so einfach<br />

ist, vor allem, dass dies nicht mittels solcher Globalforderungen auf<br />

hoher Abstraktionsebene geht. Wirtschaft, Industrie, Gewerbe und Dienstleistung<br />

sowie Industrie sollten, möglichst auf der Basis curricularer und didaktisch-methodischer<br />

Überlegungen und Konzepte, zumindest zweierlei<br />

sagen – zum einen, was sie auf den verschiedenen Ebenen zwischen Berufsbildungsgesetz<br />

und Lehr-Lern-Alltag vom Berufsbildungssystem verlangen,<br />

und zum anderen, was sie bereit sind, zur Realisierung zu investieren.<br />

Dabei sollte ein intensiver Dialog nicht nur auf der Ebene der politischen<br />

Agenten durchgeführt werden, sondern nicht zuletzt auch zwischen<br />

den Unternehmen auf der einen und den beruflichen Schulen und Bildungsträgern<br />

auf der anderen Seite. Dass dies bisher nur partiell so und daher<br />

deutlich verbesserungswürdig ist, zeigen z. B. die empirischen Untersuchungen<br />

zur Lernortkooperation.<br />

Zur Fragestellung 3:<br />

Qualitätssicherung und -steigerung<br />

in der beruflichen Bildung<br />

Qualitätssicherung in der beruflichen<br />

Bildung, vor allem Qualitätssteigerung<br />

und dabei die Steigerung der<br />

„inneren“ Qualität der einzelnen<br />

Lehr- und Ausbildungsangebote, ist<br />

ein ganz zentraler Punkt, an dem<br />

sich auch die Zukunft des deutschen<br />

Berufsbildungssystems entscheiden<br />

wird. Dies habe ich bereits heute<br />

morgen in meinem Eingangsreferat<br />

angesprochen, und dies wurde auch<br />

in dem Workshop deutlich, in dem<br />

ich mitarbeiten durfte.<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Rodewald</strong> Prof. Dr. D. h. c. Jürgen van Buer<br />

Welchem Konzept oder Modell man auch immer folgt, ein zentraler Punkt ist<br />

dabei die Entwicklung und Weiterentwicklung, vor allem die zeitstabile Entwicklung<br />

des Personals. Sein Personal qualitativ aufzubauen, es ist ein<br />

langwieriger, ein teurer Weg. Verkürzt gesprochen: Es reicht nicht mehr,<br />

zwei Mal in einem Fünf-Jahres-Rhythmus ein Training anzubieten. Didaktische<br />

und fachliche Kompetenz des Ausbildungspersonals so aufzubauen,<br />

dass sie auf hoher Qualitätsstufe zeitlich stabil und gleichzeitig auch<br />

innovationsfähig bleibt, führt zu zyklischen, engen Weiterbildungssettings.<br />

Ganz im Sinne von weiter reichenden Konzepten des Bildungscontrollings<br />

geht es um mit einander verschränkte Qualitätsentwicklung auf verschiedenen<br />

Ebenen; drei seien hier kurz benannt: (a) Es geht um die Verknüpfung<br />

von Input-, Prozess-, Output und Outcome, somit um eine fast klassische<br />

Evaluations- und Implementierungsfrage: Wie realisiere ich für welche Jugendlichen<br />

effektive Lehr- und Ausbildungsangebote und -umgebungen, so<br />

dass die Ausbildungsziele erreicht werden? Dabei spielt die Entwicklung der<br />

didaktischen und fachlichen Kompetenz des einzelnen Ausbilders und der<br />

einzelnen Ausbilderin eine wichtige Rolle; und diese Entwicklung bezieht<br />

91


sich nicht nur auf Wissen, sondern auch auf Probleminterpretationen, Einstellungen,<br />

Verhalten und Verhaltensroutinen und nicht zuletzt auch auf das<br />

kommunikative Mikroverhalten in der Lehr-Lern-Situation, somit auf Persönlichkeitsentwicklung.<br />

(b) Solche Weiterbildungs- und Entwicklungsangebote<br />

sollten selbst wiederum Evaluationen unterworfen werden. (c) Die offene<br />

Frage gerade für Bildungsträger, aber auch für die mit öffentlichen Mitteln finanzierten<br />

beruflichen Schulen, lautet: Wie schafft man es, das Geld für solche<br />

Entwicklungsangebote herbei zu schaffen - und dies für eine regelmäßige<br />

in kurzen Abständen platzierte Weiterbildung? Denn dies wurde in den<br />

Antworten in meinem Workshop ebenfalls schnell sichtbar: Die Ressourcen<br />

dafür, gerade die Ressourcen der Bildungsträger für die Personalentwicklung,<br />

sind ausgesprochen gering. Die Frage, welche Ressourcen das Land<br />

seinen Berufsschullehrern und -lehrerinnen zur Verfügung stellt und was damit<br />

inhaltlich gemacht wird, möchte ich hier nicht stellen. Angedeutet sei<br />

nur: Wo nichts oder wenig ist, kann man auch nichts fordern, z. B. von der<br />

Weiterbildungsaktivität seiner eigenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.<br />

Deutlich sollte aber sein: Weiterbildung ist eine Balance zwischen Investition<br />

der Unternehmung – welcher Rechtsform auch immer – in Weiterbildungsangebote<br />

und der Investition jeden einzelnen Arbeitnehmers und<br />

jeder Arbeitnehmerin in seine bzw. ihre eigene Weiterentwicklung.<br />

Zur Fragestellung 4:<br />

Anforderungen an die Steuerungsebenen im <strong>Berlin</strong>er Berufsbildungssystem<br />

Dieser Punkt wird in den eher privat gehaltenen Gesprächen immer wieder<br />

sichtbar, unabdingbar davon, mit welcher Person man spricht, die im <strong>Berlin</strong>er<br />

Berufsbildungssystem arbeitet. Fasst man diese Äußerungen ein wenig<br />

ironisch zusammen, scheint es, als arbeiteten Kampfhähne gegeneinander<br />

oder als warteten sie darauf, dass der eine dem anderen etwas Böses tue.<br />

Es ist so, als ob die verschiedenen Steuerungsebenen von der Senatsverwaltung<br />

für Arbeit, Berufliche Bildung, Gesundheit und Frauen bzw. Schule,<br />

Jugend und Sport, über Arbeitgeber und Gewerkschaften, über die Kammern,<br />

über die Arbeitsämter bis hinunter zu den verschiedenen Bildungsträgern<br />

nicht in einem komplexen System verknüpft seien, das letztendlich<br />

primär zwei Dingen dient – der Entwicklung des Individuums im Rahmen<br />

von Ausbildung, Arbeit und Beruf sowie der Entwicklung der Gesellschaft in<br />

und durch Arbeit und Beruf. Dieses Gefühl der Zertrennung statt Verknüpfung<br />

trifft übrigens nicht nur für <strong>Berlin</strong> zu; dies kann man auch in anderen<br />

Bundesländern nachvollziehen.<br />

Angesichts der viel beschworenen Herausforderungen gerade in den nächsten<br />

Jahren wird es mehr denn je notwendig werden, dass sich die handelnden<br />

Personen in diesen unterschiedlichen Steuerungsebenen zusammensetzen<br />

und zu gemeinsamen Konzepten und Umsetzungsmodalitäten<br />

finden. Angesprochen sind nicht zuletzt die Programme in der beruflichen<br />

Bildung für die nächsten zwei bis drei Jahre.<br />

Die Frage, wie man denn konstruktiv und mittels komplexer Problemlösungsmuster<br />

entwickelt, wie man denn Vorstellungen darüber entwickelt, auf<br />

92


welche Weise und wohin sich in den nächsten zwei / drei Jahren bestimmte<br />

bisher weit reichend subventionierte Bereiche der beruflichen Bildung entwickeln<br />

sollten, ist eine, deren Beantwortung nicht nur den top-down-Weg<br />

gehen kann. Es ist eine Frage, die auch über den buttom-up-Weg beantwortet<br />

werden sollte; aber da erzähle ich Ihnen eigentlich nichts Neues.<br />

In einer kurzen Zusammenfassung verweise ich auf zwei Szenarien, die erwartbar<br />

sind:<br />

In dem ersten Szenario wird die Homogenisierung der bisher stark diversifizierten<br />

Struktur des <strong>Berlin</strong>er Berufsbildungssystems erwartet; d. h. es wird<br />

davon ausgegangen, dass die Struktur karger wird, nicht notwendiger Weise<br />

dadurch schlechter. Ein mögliches Indiz dafür ist die Einführung der dreijährigen<br />

Berufsoberschule, die eine Reihe von Ungereimtheiten zwischen<br />

der Berufsfachschule, der Fachoberschule bis hin zur gymnasialen Oberstufe<br />

beseitigen wird. Ein weiteres Indiz könnte die Diskussion um die Neugestaltung<br />

der Stufe der Berufsförderung und Berufsvorbereitung sein.<br />

In dem zweiten Szenario wird eine weitere Diversifizierung der Struktur des<br />

Berufsbildungssystems erwartet. Auch dafür liegen Indizien vor – der Ausbau<br />

unterschiedlicher vollzeitschulischer Bildungsgänge, die Zunahme der<br />

Zahl von Ausbildungsberufen.<br />

Derzeit erscheint das Berufsbildungssystem zwar stabil; vieles spricht jedoch<br />

dafür, dass es eher erschüttert ist. Wenn es nicht unkontrolliert ins<br />

Wanken geraten soll, wird nicht zuletzt auch ein gesellschaftlicher Konsens<br />

über die Beantwortung der Frage benötigt, wohin sich die berufliche Bildung<br />

und deren Institutionalisierung entwickeln soll. Diese Frage zielt auf die<br />

Struktur dieses Systems, auf die Beteiligung der unterschiedlichen gesellschaftlichen<br />

Gruppen an diesem System, auf die curriculare und didaktischmethodische<br />

Ausgestaltung dieses Systems, auf den Umgang mit den<br />

dort erwerbbaren Zertifikaten und besonders auch auf die Finanzierungsmodalitäten<br />

zwischen öffentlich-rechtlicher und privatwirtschaftlicher Form<br />

sowie zwischen Investition des nachfragenden Individuums und öffentlicher<br />

Subvention des Individuums.<br />

Dankeschön, dass Sie es bis hierher ausgehalten haben. Ich wünsche Ihnen,<br />

dass davon keine schwerer wiegenden Schädigungen bleiben.<br />

93


Schlußwort<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Rodewald</strong><br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Meine Damen und Herren,<br />

ich möchte an dieser Stelle jetzt keine lange<br />

Schlußrede halten, denn ich glaube, der Tag<br />

war sehr erfolgreich, aber auch anstrengend<br />

genug für uns alle.<br />

Mit dem Thema unserer Tagung „Qualität in der Berufsbildung" haben wir<br />

alle Facetten der Berufsbildung berührt und mussten feststellen, dass die<br />

Komplexität des Themas uns fast erschlagen hätte und einzelne Aspekte<br />

und Themen jeweils einer eigenen Veranstaltung bedurft hätten.<br />

Dabei hatten wir doch bewusst bei der Planung unserer Veranstaltung<br />

schon einige, auch spannende Themen wie Modularisierung, Kosten der<br />

Qualitätssicherung, Finanzierung von Ausbildung etc. ausgeklammert.<br />

Ich kann Ihnen nur ankündigen, dass wir die Ergebnisse dieser Tagung dokumentieren<br />

werden und versuchen werden, hier von <strong>Berlin</strong> aus die relevanten<br />

Themen zur Berufsbildungspolitik weiter anzugehen. Hierzu möchte<br />

ich Sie bereits heute einladen.<br />

Meine Damen und Herren,<br />

ich möchte an dieser Stelle eigentlich nur "Danke", sagen. Dank an die Experten,<br />

Dank aber auch an Sie und Ihre Mitarbeit in den einzelnen Workshops.<br />

Herzlichen Dank!<br />

Eine schöne Heimreise,<br />

und als Norddeutscher sagt man;<br />

„Tschüss!“<br />

94


Experten


Norbert Bücker<br />

Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen des<br />

Landes <strong>Berlin</strong>, Gruppenleiter<br />

Jahrgang: 1943<br />

Arbeitsfelder<br />

- Betriebliche Ausbildung; Schwerpunkt Elektronik, Entwicklung von<br />

Ausbildungsunterlagen und Ausbildungsprojekten<br />

- Leitung der betrieblichen Kenntnisvermittlung<br />

- Leitung des Berufsamtes<br />

Arbeitsschwerpunkte:<br />

- Entwicklung und Umsetzung von Ausbildungsförderprogrammen für<br />

unversorgte Ausbildungsplatzbewerber (Bund-Länder-Sonderprogramme)<br />

- Entwicklung und Förderung von modularen Qualifizierungsmaßnahmen,<br />

vorwiegend für Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss (MDQM)<br />

- Förderung und Entwicklung der überbetrieblichen Ausbildungsstätten<br />

(ÜBS)<br />

Mitarbeit Expertengremien:<br />

- Abstimmungsgespräche mit Gremien der beruflichen Bildung<br />

- Beteiligung an Berufsbildungsausschüssen<br />

Prof. Dr. Peter Diepold<br />

Universitäts – Professor i. R.<br />

Jahrgang: 1938<br />

Arbeitsfelder:<br />

- Hochschuldidaktik,<br />

- neue Technologien und berufliche Qualifizierung,<br />

- Modellversuche,<br />

- Literaturdokumentationssysteme,<br />

- Berufliche Bildung<br />

Arbeitsschwerpunkte:<br />

Internet und World Wide Web<br />

Mitarbeit Expertengremien:<br />

- Steuerungsgruppe von BLK und KMK „Deutscher Bildungsserver“,<br />

- HRK-Kommission „Neue Medien und Wissenstransfer“,<br />

- Vorstand „Deutsche Initiative für <strong>Netzwerk</strong>-Information<br />

98


Veröffentlichungen u. a.:<br />

- Berufliche Aus- und Weiterbildung: Konvergenzen/Divergenzen,<br />

Nürnberg 1996<br />

- Modellversuch WOKI, <strong>Berlin</strong> 1991<br />

- Lernen an kaufmännischen Arbeitsplätzen, <strong>Berlin</strong> 1997<br />

Sebastian Martin Fischer<br />

Verwaltungsangestellter, jur. Referent im Referat I A Arbeitsmarkt- und<br />

Berufbildungspolitik der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen<br />

(SenArbSozFrau) des Landes <strong>Berlin</strong><br />

Jahrgang: 1969<br />

Arbeitsfelder:<br />

- Bankkaufmann; betriebliche Ausbildung für Bankkaufleute (AEVO)<br />

- Rechtsanwalt (Schwerpunkte: Arbeitsrecht, Öffentliches Recht)<br />

- Persönlicher Referent der Senatorin<br />

Arbeitsschwerpunkte:<br />

Grundsatzfragen, -angelegenheiten, Gesetzgebungsverfahren, rechtliche<br />

Begleitung zu Fragen des Arbeitsrechts (insb. BBiG), Arbeits- und Ausbildungsförderungsrechts<br />

(insb. SGB III), Vergaberechts (GWB, VOL/A) im<br />

Referat I A Arbeitsmarkt- Berufbildungspolitik der Senatsverwaltung für Arbeit,<br />

Soziales und Frauen des Landes <strong>Berlin</strong><br />

Mitarbeit Expertengremien:<br />

Auf Arbeitsebene fachliche Begleitung und Vorbereitung des Referats I A,<br />

Arbeitsmarkt- und Berufsbildungspolitik SenArbSozFrau auf Sitzungen des<br />

Landesausschusses für Berufsbildung (LAB) nebst Unterausschüssen sowie<br />

Einbindung in die fachliche Vorbereitung der Arbeitsausschüsse des<br />

Abgeordnetenhauses sowie der <strong>Berlin</strong>er Regionalkonferenz im Rahmen<br />

des Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit, Sonderkommission<br />

„Ausbildungsplatzsituation“<br />

99


Wolfgang Krüger<br />

Schulleiter<br />

Werkberufsschule Siemens AG<br />

Jahrgang: 1948<br />

Arbeitsfelder:<br />

- Leiter einer privaten Berufsschule, Mitglied der Leitung der Siemens<br />

Professional Education <strong>Berlin</strong><br />

Arbeitsschwerpunkte:<br />

- Projektleitung: Wissensmanagement in der Fachinformatik<br />

Berufsbildung<br />

Veröffentlichungen u. a.:<br />

- Pädagogisches Handeln, Heft 2/2000 Hrsg. Prof. Eckerle v. A. Krüger/<br />

Stelling:<br />

Lernen in Modulen der Ausbildung in den IT- und Medienberufen mit<br />

Unterstützung einer Internet -Plattform.<br />

Prof. Dr. Dr. <strong>Rainer</strong> Lehmann<br />

Leiter der Abt. Empirische Bildungsforschung und Methodenlehre, Humboldt-<br />

Universität zu <strong>Berlin</strong><br />

Jahrgang: 1944<br />

Arbeitsfelder:<br />

Pädagogische Diagnostik, Schulleistungsforschung (auch im internationalen<br />

Vergleich), (Aufsatzleistung, Leseverständnis, Mathematik, Politische<br />

Bildung, Grundqualifikationen Erwachsener)<br />

Mitarbeit Expertengremien:<br />

Forum Bildung, Expertengruppe „Bildungs- und Qualifikationsziele von<br />

Morgen“<br />

Veröffentlichungen u. a.:<br />

- Lehmann, R .H., Peek, R.,Pieper, I. & von Stritzy, R.: Leseverständnis<br />

und Lesegewohnheiten deutscher Schüler und Schülerinnen. Weinheim<br />

und Basel 1995.<br />

- Baumert, J., Bos, W. , & Lehmann, R. (Hg): Dritte internationale<br />

Mathematik- und Naturwissenschaftsstudie – Mathematische und<br />

naturwissenschaftliche Bildung am Ende der Schullaufbahn. 2 Bände<br />

Opladen 2000<br />

- Torney-Purta, J., Lehmann, R., Oswald, H. W.: Citizenschip and Education<br />

in Twentyeight Countries, Civic Know-ledge and Engagement at<br />

Age Fourteen. Amsterdam 2001<br />

100


Friedhelm Rennhak<br />

Bereichsleiter gewerblichtechnische Berufsausbildung der IHK zu <strong>Berlin</strong><br />

Jahrgang: 1957<br />

Arbeitsfelder:<br />

- seit 1976 i. d. Berufsausbildung, Erwachsenenbildung, Bw./Ausbild.<br />

Leiter in mittel-ständigen Betrieben/IHK seit 1991<br />

Arbeitsschwerpunkte:<br />

- Akquisition von Ausbildungsplätzen, Ausbildungsberatung (rechtl.),<br />

Prüfungsorganisation, Prüferqualifizierung<br />

Mitarbeit Expertengremien:<br />

Fachbeiräte, LAG-Berufsbildung, AK-Ausbildung DIHT<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Rodewald</strong><br />

Bereichsleiter Ausbildung/Bezirkliche BeschäftigungsBündnisse,<br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Jahrgang: 1952<br />

Arbeitsfelder:<br />

- Leitender Mitarbeiter sozialer Organisationen, Organisationsberatung<br />

freier gemeinnütziger Träger,<br />

- Beratung von Unternehmen in personalwirtschaftlichen Fragen<br />

- Organisation und Durchführung von Assessmentcenterverfahren<br />

- Dozent in der beruflichen Weiterbildung<br />

Arbeitsschwerpunkte:<br />

- Ausbildung/Bezirkliche Beschäftigungs-Bündnisse<br />

- Koordination und Coaching unternehmensorientierter Beratungsprojekte<br />

- Organisationsberatung, Personalmanagement, Arbeitsrecht,<br />

Management auf Zeit<br />

101


Dr. Susan Seeber<br />

Wissenschaftliche Assistentin, Humboldt-Universität zu <strong>Berlin</strong><br />

Arbeitsfelder:<br />

- Controlling, Qualitätsmanagement, Schulentwicklung<br />

Arbeitsschwerpunkte:<br />

- Qualitätsmanagement, -Schulentwicklung, -Bildungscontrolling<br />

Mitarbeit Expertengremien:<br />

- Qualitätsarbeitskreis berufsbildende Schulen<br />

Veröffentlichungen u.a.:<br />

- Seeber, S. (2000) Stand und Perspektiven von Bildungscontrolling.<br />

In: Seeber, S., van Buer, J. & Krekel, E. M. (Hrsg.), Bildungscontrolling<br />

– Ansätze und kritische Diskussion zur Effizienzsteigerung<br />

von Bildungsarbeit. Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang, 19-50.<br />

- Seeber, S. (2000). Benchmarking – ein Ansatz zur Steigerung von<br />

Effektivität und Effizienz beruflicher Bildung? In: Bötel, Ch. & Krekel,<br />

E. M. (Hrsg), Bedarfsanalyse, Nutzenbewertung und Benchmarking –<br />

Zentrale Elemente des Bildungscontrolling. Bielefeld: W. Bertelsmann,<br />

125-148<br />

- Seeber, S. (2000). Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung in der<br />

beruflichen Bildung – Konsequenzen in der Ausbildung von Wirtschaftspädagogen.<br />

In: Matthäus, S. & Seeber, S. (Hrsg.), Das universitäre<br />

Studium der Wirtschaftspädagogik – Befunde und aktuelle Entwicklungen.<br />

Studien zur Wirtschaftspädagogik und Berufsbildungsforschung<br />

aus der Humboldt-Universität zu <strong>Berlin</strong> . Bd. 1, 57-82.<br />

Reinhard Selka<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Bundesinstitut für Berufsbildung<br />

Jahrgang: 1943<br />

Arbeitsfelder:<br />

- Ausbildungsqualifizierung,<br />

- Berufsinformation,<br />

- <strong>Netzwerk</strong>e<br />

Arbeitsschwerpunkte:<br />

- Entwicklung regionaler <strong>Netzwerk</strong>e in den neuen Ländern<br />

Mitarbeit Expertengremien:<br />

- div. Beiräte z. B. Strategiekreis Bildungsoffensive, Brandenburg<br />

102


Veröffentlichungen u. a.:<br />

- Ausbilden im Verbund, Bielefeld 1995<br />

- <strong>Regionale</strong> Kooperation für Ausbildungsplätze, Bielefeld 2000<br />

- Ausbilden sichert Zukunft, Bielefeld 1998<br />

Ulrich Thöne<br />

Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften<br />

BERLIN<br />

Jahrgang: 1951<br />

Arbeitsfelder:<br />

- Bankkaufmann; Lehrer im Oberstufenzentrum Gesundheit<br />

103


Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen van Buer<br />

Universitätsprofessor, Humboldt-Universität zu <strong>Berlin</strong><br />

Jahrgang: 1949<br />

Arbeitsfelder:<br />

- Berufsbildungsforschung,<br />

- Lehr-Lern-Forschung,<br />

- Qualitätssicherung<br />

Arbeitsschwerpunkte:<br />

- Modularisierung und Zertifizierung, Qualitätssicherung, benachteiligte<br />

Jugendliche<br />

Mitarbeit Expertengremien:<br />

- Mitglied der Bildungskommission <strong>Berlin</strong> - Brandenburg<br />

Veröffentlichungen u. a. :<br />

- van Buer, J.: Berufliche Bildung und Qualifizierung – Überlegungen zu<br />

einer neuen Lehr-Lern-Kultur als Antwort auf die Herausforderungen<br />

der Zukunft. Wegrzeckiej, M. (Hrsg.): Unowoczesnianie procesu<br />

dydaktiycznego w edukacji zawodowej u progu XXI wieku. Kraków/<br />

Wydawnictwo Naukowe APP 1999, 67-102.<br />

- van Buer, J./Kell, A. u.a.: Berichterstattung Berufsbildungsforschung in<br />

der Bundesrepublik Deutschland. Projektendbericht. Humboldt Universität<br />

zu <strong>Berlin</strong>/Universität-GH-Siegen. Ber-lin/Siegen 1999 (erscheint<br />

Herbst 2001 im Lang-Verlage, Frankfurt a. M.).<br />

- van Buer, J.: Prozesscontrolling. In: Seeber, S./Krekel, E. M./ van Buer,<br />

J. (Hrsg): Effektivität und Effizienz beruflicher Bildung – Bildungscontrolling<br />

als Ansatz zur Planung, Steuerung und Optimierung. Frankfurt<br />

(Lang) 2000.<br />

104


105


Teilnehmer


NAME INSTITUTION ANSCHRIFT/TELEFON/E-MAIL<br />

Arnold, <strong>Rainer</strong> OSZ Elektrotechnik/ Goldbeckweg 8-14, 13599 <strong>Berlin</strong><br />

Energietechnik I Tel.: 030 / 35 49 - 46 13 / - 46 60<br />

Arnold@energie.be.schule.de<br />

Bernhard, Ursula Fachgemeinschaft Bau e.V. Belßstr. 12, 12277 <strong>Berlin</strong><br />

Tel: 030 / 72 38 97 21<br />

info@lehrbauhof.fg-bau.de<br />

Böer, Gisela InBIT gGmbH Lohmühlenstraße 65, 12435 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 5 33 38 – 7 38<br />

Giesela.boer@inbit.de<br />

Boldt, Corinna KirchBauhof gGmbH Falckensteinstr. 49, 10997 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 61 77 62 - 76<br />

c.boldt@kirchbauhof.de<br />

Borchert, Hans-Joachim ABU gGmbH Beilsteiner Str. 118, 12681 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 54 99 60 - 248<br />

borchert@abu-ggmbh.de<br />

Borkenhagen, Nicole Aufzugswerke M. Miraustr. 54, 13509 <strong>Berlin</strong><br />

Schmitt & Sohn GmbH Tel.: 030 / 43 55 14 77<br />

www.schmitt-aufzuege.com<br />

Braun, Petra <strong>Regionale</strong>r Ausbildungs- Storkower Str. 56, 10409 <strong>Berlin</strong><br />

verbund URBAN e.V. Tel.: 030 / 4 28 91 20<br />

URBAN_eV@t-online.de<br />

Bremeyer, Heike Bildungsmarkt Waldenserstr. 2-4, 10551 <strong>Berlin</strong><br />

Waldenser gGmbH Tel.: 030 / 39 73 91- 0<br />

waldenser@bildungsmarkt.de<br />

Bücker, Norbert Senatsverwaltung für Arbeit, Storkower Str. 134, 10407 <strong>Berlin</strong><br />

Soziales und Frauen, I F 4 Tel.: 030 / 90 22 – 25 06<br />

norbert.buecker@senarbsozfrau.<br />

verwalt-berlin.de<br />

Burghof, Christel Kreuzberger Kreis e. V. Prinzenstr. 85, 10969 <strong>Berlin</strong><br />

Cleinow, Detlev Ev. Johannesstift <strong>Berlin</strong>, Schönwalder Allee 26, 13587 <strong>Berlin</strong><br />

Ausbildungsabteilung Tel.: 030 / 3 36 09 – 7 49<br />

Leitbetrieb.Johannesstift@t-online.de<br />

Dendl, Heide SPI ServiceGesellschaft mbH Boppstr. 10, 10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 68 80 76 - 0<br />

heide.dendl@spisg.de<br />

Diepold, Prof. Dr. Peter Schildweg 20, 37085 Göttingen<br />

Tel.: 05 51/ 5 55 35<br />

Peter@Diepold.de<br />

Döhl, Reinhard Bildungsmarkt Vulkan gGmbH Vulkanstr. 13, 10367 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 57 79 74 - 38<br />

vulkan@bildungsmarkt.de<br />

108


NAME INSTITUTION ANSCHRIFT/TELEFON/E-MAIL<br />

Dopatka, Senatsverwaltung für Arbeit, Oranienstr. 106, 10969 <strong>Berlin</strong><br />

Dr. Friedrich-Wilhelm Soziales und Frauen, StS Tel.: 030 / 90 28 - 22 00<br />

Dowidat, Kerstin SPI ServiceGesellschaft mbH Boppstr. 10, 10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel: 030 / 69 80 76 - 0<br />

kerstin.dowidat@spisg.de<br />

Eichhorst, Anke Gesellschaft für Arbeits- Kieler Str. 53, 24768 Rendsburg<br />

markt- u. Strukturpolitik Tel.: 0 43 31 - 13 19 - 13<br />

a.eichhorst@gefas-uv.de<br />

Fischer, Sebastian Senatsverwaltung für Arbeit, Storkower Straße 134, 10407 <strong>Berlin</strong><br />

Soziales und Frauen, II A 4 Tel.: 030 / 90 22 – 25 12<br />

sebastian.fischer@senarbsozfrau.<br />

verwalt-berlin.de<br />

Gand, Volker OSZ Industrie u. Prinzregentenstr. 60, 10715 <strong>Berlin</strong><br />

Datenverarbeitung Tel.: 030 / 85 75 89 21<br />

Gehrke, Frank ALÜ Ausbildungsverbund Marie-Curie-Str. 2, 21337 Lüneburg<br />

Lüneburg e.V. Tel.: 0 41 31 / 30 30 7 - 20<br />

Gehrke@ausbildungverbund-lueneburg.de<br />

Görgün, Dilhan GÜN Buchführungsservice Lietzenburger Str. 88; 10719 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 88 62 88 31<br />

guen@guencompany.de<br />

Gubi, Reinhard OSZ Farbtechnik und Immenweg 6 – 10, 12169 <strong>Berlin</strong><br />

Raumgestaltung Tel.: 030 / 63 21 - 23 92<br />

Gustke, Marlis ESO Euro Train Alt Blankenburg 1 – 5, 13129 <strong>Berlin</strong><br />

Bildungscenter <strong>Berlin</strong> Tel.: 030 / 4 74 97 50<br />

eurotrain@eso.de<br />

Häger, Klaus-Jürgen Knobelsdorff-Schule, Nonnendammallee 140/143, 13599 <strong>Berlin</strong><br />

OSZ Bautechnik I Tel.: 030 /33 09 06-28 / -32<br />

Hausmann, Manfred inab GmbH Fichtestr. 3, 10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 69 80 94 - 3 inab<strong>Berlin</strong>.hausmann@gmx.de<br />

Heger, Rolf-Joachim SPI ServiceGesellschaft mbH Boppstr. 7, 10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 69 57 05 - 0 rolf.joachim.heger@spisg.de<br />

Heringhaus, Heike OSZ Bekleidung und Mode, Filiale Albrechtstr. 27, 10117 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 25 39 15 11<br />

Hoffmann, Bernd OSZ Bürowirtschaft II Fischerstr. 32, 10317 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 52 28 05 00<br />

1713103@schulen.verwalt-berlin.de<br />

Hoffmann, Helmut OSZ Bautechnik II Gustav-Adolf-Str. 66, 13086 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 96 27 47 - 0<br />

109


NAME INSTITUTION ANSCHRIFT/TELEFON/E-MAIL<br />

Höhl, Mara FORUM Berufsbildung e.V. Charlottenstr. 2, 10969 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 25 90 08 - 15<br />

mara.hoehl@forum-berufsbildung.de<br />

Holland, <strong>Rainer</strong> SPI ServiceGesellschaft mbH Boppstr. 10, 10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel: 030 / 69 80 76 - 0<br />

rainer.holland@spisg.de<br />

Hölmer, <strong>Rainer</strong> SPI ServiceGesellschaft mbH Boppstr. 10, 10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel: 030 / 69 80 76 - 0<br />

rainer.hoelmer@spisg.de<br />

Hübner, Dr. Kreuzberger Kreis e.V. Prinzenstr. 85, 10969 <strong>Berlin</strong><br />

Huschke, Prof. Dr. Thomas Nordberlin Akademie GmbH Wackenbergstr. 68, 13156 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 47 41 14 00<br />

NOABLN@aol.com<br />

Joseph, Christian Senatsverwaltung für Arbeit, Storkower Str. 134, 10407 <strong>Berlin</strong><br />

Soziales und Frauen Tel.: 030 / 90 22 - 25 13<br />

christian.joseph@senarbsozfrau.verwaltberlin.de<br />

Kampet, Sabine Deutsche Gesellschaft Seestraße 64, 13347 <strong>Berlin</strong><br />

für Solarenergie Tel.: 030 / 75 70 23 – 10<br />

LV <strong>Berlin</strong>-Brandenburg e.V. sabine.kampet@dgs-berlin.de<br />

SolarSchule <strong>Berlin</strong><br />

Kappis, Elke ABU Akademie für Berufsförde- Beilsteiner Str. 118, 12681 <strong>Berlin</strong><br />

rung und Umschulung gGmbH Tel.: 030 / 54 99 60 245<br />

kappis@abu-ggmbh.de<br />

Kastens, Petra Bildungsmarkt Waldenserstr. 2-4, 10551 <strong>Berlin</strong><br />

Waldenser gGmbH Tel.: 030 / 39 78 07 - 0<br />

waldenser@bildungsmarkt.de<br />

Kaußmann, Doris STATTBAUHOF gGmbH Markgrafendamm 16/17, 10245 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 2 93 94 – 117<br />

D.Kauszmann@stattbauhof.de<br />

Kayadan, Sevil SPI ServiceGesellschaft mbH Boppstr. 10, 10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel: 030 / 69 80 76 - 0<br />

sevil.kayadan@spisg.de<br />

Klimesch, Katja Institut für technische Luxemburger Str. 10, 13353 <strong>Berlin</strong><br />

Weiterbildung e.V. Tel.: 030 / 45 48 26 - 33<br />

info@itw-berlin.de<br />

Kolkmann-Weisel, Schildkröte GmbH Wolliner Str. 18, 10435 <strong>Berlin</strong><br />

Reinhold Tel.: 030 / 44 31 94 3 - 0<br />

wolliner@schildkroete-berlin.de<br />

110


NAME INSTITUTION ANSCHRIFT/TELEFON/E-MAIL<br />

Koß, Hermann Ministerium für Arbeit, Soziales, Heinrich-Mann-Allee 103, 14473 Potsdam<br />

Gesundheit und Frauen Tel.: 03 31/ 8 66 - 53 90<br />

des Landes Brandenburg<br />

Krüger, Wolfgang Werkberufschule Siemens AG Nonnendammallee, 13629 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 3 86 – 2 56 47<br />

wolfgang.krueger@bln.siemens.de<br />

Laufer, Gudrun STATTBAUHOF gGmbH Markgrafendamm 16, 10245 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 2 93 94 – 1 38<br />

G.Laufer@stattbauhof.de<br />

Lehmann, Humboldt Universität zu <strong>Berlin</strong>, Geschwister-Scholl-Str. 7, 10177 <strong>Berlin</strong><br />

Prof. Dr. <strong>Rainer</strong> H. Abt. Empirische Bildungs- rlehmann@educat.hu-berlin.de<br />

forschung<br />

Löbel, Manfred Handwerkskammer <strong>Berlin</strong> Blücherstraße 68, 10961 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 2 59 03 - 4 61<br />

Mayr, Viktoria OSZ Farbtechnik und Immenweg 6-10, 12169 <strong>Berlin</strong><br />

Raumgestaltung Tel.: 030 / 6321-23 92<br />

Pfaffe, Dr. Andreas Dienstleistung und Genslerstraße 13; 13055 <strong>Berlin</strong><br />

Bildung gGmbH Tel.: 030 / 98 60 09 - 0<br />

andreas.pfaffe@dub-berlin.de<br />

Ploog, Stephan PAETEC Wirtschaftsakademie Bouchéstr. 12, H. - // Aufg. C, 12435 <strong>Berlin</strong><br />

<strong>Berlin</strong> Tel.: 030 / 53 31 24 12<br />

ploog@paetec.de<br />

Polland, Uta AK Medienpädagogik e.V. Gneisenaustraße 109 - 110, 10961 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 2 17 24 - 01 / - 03<br />

Pöpsel, Fritz S-Bahn <strong>Berlin</strong> GmbH Invalidenstr. 19, 10115 <strong>Berlin</strong><br />

FB Personal- u. Sozialwesen Tel.: 030 / 2 97 - 4 39 66<br />

Poneß, Klaus OSZ Konstruktionsbautechnik Lobeckstr. 76, 10969 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 61 67 05 -10<br />

poness@osz-konstruktionsbautechnik.de<br />

Pulletz, Werner OSZ Verkehr, Dudenstr. 35-37, 10965 <strong>Berlin</strong><br />

Wohnungswirtschaft, Steuern Tel.: 030 / 78 60 45 - 0<br />

Raddatz, Dr. Elke Institut für technische Luxemburger Str. 10, 13353 <strong>Berlin</strong><br />

Weiterbildung e.V Tel.: 030 / 45 48 26 - 34 / -35<br />

gs@itw-berlin.de<br />

Rennhak, Friedhelm IHK zu <strong>Berlin</strong> Hardenbergstr. 16-18, 10623 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 3 15 10 - 4 60<br />

ren@berlin.ihk.de<br />

Richter ,Jutta Deutsche Bildungs-Akademie Keplerstr. 8-10, 10589 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 34 56 05 54<br />

111


NAME INSTITUTION ANSCHRIFT/TELEFON/E-MAIL<br />

Riedel, Petra ESO Euro Train <strong>Berlin</strong> Alt Blankenburg 1-5, 13129 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 4 74 97 50<br />

eurotrain@eso.de<br />

Rilling, Raimund SPI ServiceGesellschaft mbH Boppstr. 10, 10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 69 57 05 - 0<br />

raimund.rilling@spisg.de<br />

<strong>Rodewald</strong>, <strong>Rainer</strong> SPI ServiceGesellschaft mbH Boppstr. 10, 10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 69 80 76 - 0<br />

rainer.rodewald@spisg.de<br />

Runge, Sylvia SPI ServiceGesellschaft mbH Boppstr. 10, 10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 69 80 76 - 0<br />

sylvia.runge@spisg.de<br />

Schmidt, Dr. Norbert PAETEC Bouchéstr. 12, H. 1/2 // Aufg. C, 12435 <strong>Berlin</strong><br />

Wirtschaftsakademie <strong>Berlin</strong> Tel.: 030 / 53 31 24 00<br />

n-schmidt@paetec.de<br />

Schönfeld, Thorsten Ev. Johannesstift <strong>Berlin</strong>, Schönwalder Allee 26, 13587 <strong>Berlin</strong><br />

Ausbildungsabteilung<br />

Schonefeld, Hilde Berufsfortbildungswerk GmbH Keithstraße 1-3, 10787 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 21 45 84 18<br />

Schuhmann, <strong>Rainer</strong> Knobelsdorff-Schule, Nonnendammallee 140-143, 13599 <strong>Berlin</strong><br />

OSZ Bautechnik I Tel.: 030 / 33 09 06 - 31<br />

Schulte, Uwe COMHARD GmbH Heinrich-Roller-Str. 15, 10405 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 441 03 11<br />

Schulze, Hannelore Forum Berufsbildung e.V. Charlottenstr. 2, 10969 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 2 59 00 8 - 0<br />

forum-berufsbildung@bln.de<br />

Schulze, Hans-Gerd S-Bahn <strong>Berlin</strong> GmbH Adlergestell 143; 12439 <strong>Berlin</strong><br />

Ausbildungsstätte Tel.: 030 / 2 97 - 2 83 78<br />

Schüttauf, Dr. Erna BAFU GmbH Wollenberger Str. 1, 13053 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 98 19 54 - 0<br />

bafu.bln@t-online.de<br />

Seeber, Dr. Susan Humboldt Universität zu <strong>Berlin</strong>, Geschwister-Scholl-Str. 7, H. 10, 10177 <strong>Berlin</strong><br />

Philosophische Fakultät IV Tel.: 030 / 20 93 - 41 70<br />

Susan.Seeber@rc.hu-berlin.de<br />

Seidel, Gabriele GFB Gesellschaft zur Förde- Oberlandstraße 52-65, 12099 <strong>Berlin</strong><br />

rung der Berufsfortbildung e.V. Tel.: 030 / 75 77 42 - 60<br />

Gabriele.Seidel.GFB-e.V@Web.de<br />

112


NAME INSTITUTION ANSCHRIFT/TELEFON/E-MAIL<br />

Selka, Reinhard Bundesinstitut für Berufsbildung Neues Abgeordnetenhaus,<br />

Hermann-Ehlers-Str. 10, 53113 Bonn<br />

Tel.: 0228 - 1 07 - 14 08<br />

selka@bibb.de<br />

Stamm, Birgit Ausbildungsverbund der Hansestraße 19, 38112 Braunschweig<br />

Braunschweig/Wirtschaftsregion Tel.: 05 31 – 31 10 06<br />

Magdeburg e.V. Stamm@abv-bs-sz-gs.de<br />

Stieger, Evelin IHK zu <strong>Berlin</strong> Hardenbergstr. 16-18, 10623 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 3 15 10 - 4 90<br />

stie@berlin.ihk.de<br />

Stöck, Werner KirchBauhof gGmbH Falckensteinstr. 49, 10997 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 61 77 62 - 54<br />

abv@kirchbauhof.de<br />

Stoll, Edith Baufachfrau <strong>Berlin</strong> e.V. Meyerbeerstr. 36/40, 13088 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 92 09 21 76<br />

bff.berlin@t-online.de<br />

Stute, Hans-Eckhard OSZ Kraftfahrzeugtechnik Gierkeplatz 1 u. 3, 10585 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 9 0198 - 6 03<br />

0713102@schulen.verwalt-berlin.de<br />

Sziegoleit, Stefanie Kreuzberger Kreis e.V. Wienerstraße 10, 10999 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 6 10 00 – 9 18<br />

Thöne, Ulrich Gewerkschaft Erziehung Ahornstr. 5, 10787 <strong>Berlin</strong><br />

und Wissenschaften Tel.: 030 / 21 99 93 - 0<br />

vorstand@gew-berlin.de<br />

Topac, Fadime SPI ServiceGesellschaft mbH Boppstr. 10, 10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 69 80 76 - 0<br />

fadime.topac@spisg.de<br />

Ulrichs, Arno IHK für Ostfriesland Ringstraße 4; 26721 Emden<br />

und Papenburg Tel.: 0 49 21/ 89 01 - 73<br />

ulrichs@emden.ihk.de<br />

van Buer, Humboldt Universität <strong>Berlin</strong> Geschwister-Scholl-Str. 7, H.10, 10177 <strong>Berlin</strong><br />

Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Philosophische Fakultät IV Tel.: 030 / 20 93 - 41 22 / - 41 71<br />

van.buer@rc.hu-berlin.de<br />

Wachsmuth, Rudolf AEG Signum GmbH Sickingenstr. 71, 10553 <strong>Berlin</strong><br />

Bildungszentrum <strong>Berlin</strong> Tel.: 030 / 3 46 92 - 3 75<br />

rwachsmuth@berlin.aeg-signum.de<br />

Wagner, Walter Kreuzberger Kreis e.V. Prinzenstr. 85, 10969 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 6 16 72 - 275<br />

WagnerW@kreuzbergerkreis.de<br />

113


NAME INSTITUTION ANSCHRIFT/TELEFON/E-MAIL<br />

Weber, Angelika SPI ServiceGesellschaft mbH Boppstr. 10, 10967 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 69 80 76 - 0<br />

angelika.weber@spisg.de<br />

Werner, Annette NILES Aus- und Weiter- Gehringstr. 39, 13088 <strong>Berlin</strong><br />

bildung gGmbH Tel.: 030 / 96 24 82 - 0<br />

info@niles-aw.de<br />

Wiedemann, Ulrich PRAXIS-NAH e.V. Wendenschloßstr. 154-174, H. 28, 12557 <strong>Berlin</strong><br />

Tel.: 030 / 65 49 90 16<br />

praxis-nah@t-online.de<br />

Zielinski, Anne-Katrin Bildungszentrum des Meraner Str. 1, 12681 <strong>Berlin</strong><br />

Einzelhandels Tel.: 030 / 54 37 65 56<br />

<strong>Berlin</strong>-Brandenburg info@bze-bb.de<br />

114


115


Ablaufplan


Fachtagung „Qualität in der Berufsbildung“ 28. Juni 2001<br />

118<br />

9:30 Uhr<br />

Begrüßung/Eröffnung<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Rodewald</strong><br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

9:45 Uhr<br />

Ist das Berufsbildungssystem den Anforderungen der Zukunft<br />

gewappnet?<br />

Impulsreferat 1<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen van Buer<br />

Humboldt Universität <strong>Berlin</strong><br />

10:15 Uhr<br />

Grußwort<br />

Staatssekretär Dr. F.-W. Dopatka<br />

Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen<br />

11:00 Uhr<br />

Welche ausbildungsrelevanten strukturellen Entwicklungen und<br />

Herausforderungen lassen sich für den Wirtschaftsraum <strong>Berlin</strong>-<br />

Brandenburg erkennen?<br />

Impulsreferat 2<br />

Sebastian Fischer<br />

Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen<br />

11:45 Uhr<br />

Zusammenfassung der Botschaften aus den Impulsreferaten und<br />

Transformation auf die folgenden Workshops<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Rodewald</strong><br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

12:00 Uhr<br />

Mittagspause<br />

ab 13:00Uhr<br />

Workshop 1<br />

Wo liegt die Zukunft der Qualitätssicherung in der Berufsbildung?<br />

Dr. Susan Seeber<br />

Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen van Buer<br />

Humboldt Universität <strong>Berlin</strong><br />

Ablauf


Workshop 2<br />

Was muß die allgemeinbildende Schule leisten und wie<br />

muß sie sich entwickeln, um Jugendliche auf den Prozeß<br />

der Ausbildung vorzubereiten?<br />

Ulrich Thöne<br />

Gewerkschaft Erziehung u. Wissenschaften<br />

Prof. Dr. Dr. <strong>Rainer</strong> H. Lehmann<br />

Humboldt Universität <strong>Berlin</strong><br />

Workshop 3<br />

Welche Anforderungen erwachsen aus der<br />

Informationsgesellschaft an das Berufsbildungssystem aus<br />

Sicht der Wirtschaft?<br />

Prof. Dr. Peter Diepold,<br />

Göttingen<br />

Friedhelm Rennhak<br />

Bereichsleiter gewerblichtechnische Berufe IHK zu <strong>Berlin</strong><br />

Wolfgang Krüger<br />

Schulleiter Werkberufsschule Siemens AG<br />

Workshop 4<br />

Sind Ausbildung im Verbund, regionale <strong>Ausbildungsverbünde</strong><br />

und <strong>Netzwerk</strong>e die Konzepte der Zukunft?<br />

<strong>Rainer</strong> <strong>Rodewald</strong><br />

SPI ServiceGesellschaft mbH<br />

Norbert Bücker<br />

Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen<br />

Reinhard Selka<br />

Bundesinstitut für Berufsbildung<br />

15:30 Uhr<br />

Kaffeepause<br />

15:45 Uhr<br />

Plenum<br />

Präsentation der Workshop-Ergebnisse<br />

16:30 Uhr<br />

Schlußreferat<br />

Wohin die Reise geht?<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen van Buer<br />

Humboldt Universität <strong>Berlin</strong><br />

ca. 17:00 Uhr<br />

Ende<br />

119

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