(pdf) Seefahrer im Steuerrecht - Christoph Gierschewski / Steuern ...
(pdf) Seefahrer im Steuerrecht - Christoph Gierschewski / Steuern ...
(pdf) Seefahrer im Steuerrecht - Christoph Gierschewski / Steuern ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Christoph</strong> <strong>Gierschewski</strong><br />
Schlossmühle 12<br />
18507 Gr<strong>im</strong>men<br />
christoph.gierschewski@fh-stralsund.de<br />
<strong>Seefahrer</strong> <strong>im</strong> <strong>Steuerrecht</strong><br />
Die Einkommensteuerrechtslage für Seeleute<br />
04.09.2009<br />
Über die steuerliche Behandlung von Arbeitnehmern auf Hoher See und deutschen Küstengewässern.<br />
Ein Überblick über die aktuelle Rechtslage und Möglichkeiten zum <strong>Steuern</strong> sparen.
<strong>Seefahrer</strong> <strong>im</strong> <strong>Steuerrecht</strong> 1<br />
<strong>Christoph</strong> <strong>Gierschewski</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Vorwort<br />
Für viele Seeleute ist die Anfertigung einer Einkommensteuererklärung in<br />
Deutschland von großer Bedeutung. Zum Einen können viele von Ihnen durch<br />
ihre besondere Tätigkeit auf eine Steuerrückerstattung hoffen, zum Anderen<br />
sind viele <strong>Seefahrer</strong> zur Erklärung ihres Einkommens verpflichtet, da sie<br />
vermehrt Arbeitgeberleistungen beziehen, die nicht der Besteuerung des<br />
Arbeitslohns unterworfen wurden. Bei der Anfertigung der<br />
Einkommensteuererklärung ab dem Veranlagungsjahr 2008 hat sich die<br />
steuerrechtliche Situation für <strong>Seefahrer</strong> erheblich geändert. Diese Änderungen<br />
sollen in dieser Ausarbeitung näher erläutert werden.<br />
Das Schiff als mobile Tätigkeitsstätte<br />
Der Bundesfinanzhof hat sich mit der Bewertung des Schiffes als Arbeitsplatz<br />
auseinandergesetzt und entschieden, dass des als mobile Tätigkeitsstätte<br />
keine regelmäßige Arbeitstätte darstellt. 1 Somit führt ein Seemann<br />
einkommensteuerrechtlich keine doppelte Haushaltsführung, sondern eine<br />
typische Auswärtstätigkeit aus.<br />
Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten<br />
Seeleute können somit für Ihre Auswärtstätigkeit<br />
Verpflegungsmehraufwendungen machen. Da Sie keine regelmäßige<br />
Arbeitsstätte haben, können Sie für die Abwesenheit vom eigenen Haushalt für<br />
die folgenden Zeiten pauschale Werbungskosten geltend machen:<br />
Abwesenheit von<br />
eigenen Haushalt von<br />
min. 8h<br />
1 BFH vom 19.12.2005 - BStBl 2006 II S. 378<br />
Abwesenheit von<br />
eigenen Haushalt von<br />
min. 14h<br />
Abwesenheit von<br />
eigenen Haushalt von<br />
24h<br />
6 EUR 12 EUR 24 EUR
<strong>Seefahrer</strong> <strong>im</strong> <strong>Steuerrecht</strong> 2<br />
<strong>Christoph</strong> <strong>Gierschewski</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Für jeden Steuerpflichtigen wird ein Werbungskostenpauschalbetrag von<br />
920,- EUR ohne jeglichen Nachweis anerkannt. 2 Somit lohnt sich für jeden<br />
Seemann bereits eine Fahrt von 40 Tagen auf hoher See oder deutschen<br />
Küstengewässern, um diesen Betrag zu überschreiten und Lohnsteuer<br />
zurückzufordern.<br />
Das Problem He<strong>im</strong>athafen<br />
Nun ist die Erklärung von Verpflegungsmehraufwendungen doch komplizierter<br />
als gedacht. Für die Anerkennung dieser Werbungskosten darf die so<br />
genannte “3-Monatsfrist” nicht überschritten werden.<br />
<strong>Steuerrecht</strong>lich über der Steuerpflichtige eine Auswärtstätigkeit nicht länger als<br />
drei Monate aus. Deshalb können Verpflegungsmehraufwendungen max<strong>im</strong>al<br />
für drei Monate geltend gemacht werden. Für Seeleute Beginnt eine<br />
Auswärtstätigkeit mit dem Verlassen des He<strong>im</strong>athafens und endet mit dem<br />
Anlegen in den He<strong>im</strong>athafen, max<strong>im</strong>al nach drei Monaten. Das Problem ist<br />
jedoch die Definition des He<strong>im</strong>athafens 3 . Dieser ist der Hafen, mit dem das<br />
Schiff in einem Schiffsregister eingetragen ist. Doch gerade dieser Hafen muss<br />
nicht zwingend von diesem Schiff angelaufen werden. Es gibt Schiffe, die nach<br />
dem ersten Auslaufen ihren He<strong>im</strong>athafen nie wieder sehen. Aus diesem Grund<br />
ist ein geltend machen von Verpflegungsmehraufwendungen in solchen Fällen<br />
nicht möglich. Viele Seeleute beklagen sich über dieses Situation, da sie bei<br />
nahezu gleicher Tätigkeit steuerlich ungleich behandelt werden. Ein Seemann<br />
fährt regelmäßig in seinen He<strong>im</strong>athafen ein und kann <strong>im</strong>mer wieder für neue<br />
Auswärtstätigkeiten neue Verpflegungsmehraufwendungen geltend machen.<br />
Ein anderer ist auf einem anderen Schiff nie in seinem He<strong>im</strong>athafen und<br />
bekommt somit bei gleicher Tätigkeit und eventuell schwierigeren<br />
Arbeitsbedingungen keine Werbungskosten zugesprochen.<br />
2 § 9a Nr. 1a EStG<br />
3 http://de.wikipedia.org/wiki/He<strong>im</strong>athafen
<strong>Seefahrer</strong> <strong>im</strong> <strong>Steuerrecht</strong> 3<br />
<strong>Christoph</strong> <strong>Gierschewski</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Fahrtkosten bei Auswärtstätigkeit<br />
Da der <strong>Seefahrer</strong> auch von einem Hausstand zum Hafen auf das Schiff<br />
kommen muss, kann er diesbezüglich Fahrtkosten als Werbungskosten<br />
geltend machen. Für Auswärtstätigkeiten gilt:<br />
Bei Übernachtung am auswärtigen Tätigkeitsort ist die Entfernungspauschale<br />
weder für die Wege zwischen Wohnung und Tätigkeitsort noch für die Wege<br />
zwischen auswärtiger Unterbringung und Tätigkeitsort anzusetzen. Die<br />
Aufwendungen für solche Fahrten sind in der nachgewiesenen oder glaubhaft<br />
gemachten Höhe absetzbar. 4<br />
Diese glaubhaft gemachten Aufwendungen können mittels Kilometerpauschale<br />
von 0,30 EUR pro Kilometer erklärt werden. Wenn das Reiseziel<br />
(z.B. He<strong>im</strong>athafen) also 80 km von der Wohnung entfernt ist, können<br />
Aufwendungen von<br />
geltend machen.<br />
80 km x 2 Fahrten (hin- und zurück) x 0,30 EUR = 48,- EUR<br />
Abzug steuerfreier Arbeitgeberleistungen<br />
Nach dem Einkommensteuergesetz sind Leistungen zur Abgeltung von<br />
Reisekosten (z.B. Verpflegungsmehraufwendungen, Fahrtkosten)<br />
grundsätzlich steuerfrei. 5 Dies ist aber nur soweit der Fall, wie die erstatteten<br />
Reisekosten nicht höher sind, als der steuerpflichtige Arbeitnehmer<br />
Werbungskosten geltend macht. Übersteigen die steuerfreien<br />
Arbeitgeberleistungen die Werbungskosten, so muss der übersteigende Betrag<br />
versteuert werden. Aus diesem Grund ist es für jeden <strong>Seefahrer</strong> notwendig,<br />
sämtliche Reisekosten zu notieren.<br />
Als Rechenbeispiel:<br />
Ein <strong>Seefahrer</strong> war insgesamt 140 Tage <strong>im</strong> Jahr auf Hoher See und legte alle<br />
drei Monate in seinem He<strong>im</strong>athafen an. Er fuhr drei mal mit seinem Fahrzeug<br />
von seiner Wohnung zu 50 km entfernten Hafen.<br />
Auf seiner Lohnsteuerbescheinigung sind folgende Leistungen aufgeführt.<br />
4 BFH vom 11.05.2005 - BStBl II S. 793 - LStH H9.5<br />
5 gemäß § 3 Nr. 16 EStG
<strong>Seefahrer</strong> <strong>im</strong> <strong>Steuerrecht</strong> 5<br />
<strong>Christoph</strong> <strong>Gierschewski</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Die Werbungskosten werden folgender Maßen ermittelt.<br />
230 Arbeitstage auf Hoher See abzüglich 6 An- und Abreisetage = 224 Tage<br />
224 Tage x 24 EUR pro Tag = 5.376,- EUR<br />
6 Tage x 12 EUR pro Tag = 72,- EUR<br />
3 x 2 x 50 km x 0,30 EUR = 90,- EUR<br />
Summe der Werbungskosten: 5.538,- EUR<br />
Abzüglich steuerfreier Arbeitgeberleistungen:<br />
Zeile 17 der Lohnsteuerbescheinigung: 860,- EUR<br />
Zeile 20 der Lohnsteuerbescheinigung: 2.706,- EUR<br />
________________________________________________<br />
Anzusetzende Werbungskosten: 1.972,- EUR<br />
Andere Länder, Anders Sitten, Andere Verpflegungsmehraufwendungen<br />
Je nachdem, auf welchen Schiff und wo sich der <strong>Seefahrer</strong> befand, gibt es<br />
unterschiedliche Verpflegungsmehraufwendungen.<br />
Für Schiffe unter Deutscher Flagge gilt:<br />
Für die Tage in deutschen Küstengewässer, der Ein- und Ausschiffung und für<br />
Liegezeiten in deutschen Häfen die inländischen Verpflegungspauschalen<br />
(Seite 1). Das gilt auch für Fahrten auf Hoher See. Für die Tage in<br />
ausländischen Küstengewässern, bei Liegezeiten und Ein- und Ausschiffung in<br />
ausländischen Häfen gilt die Pauschale des jeweiligen Landes.<br />
Für Schiffe unter fremder Flagge gilt:<br />
Für die Tage in deutschen Küstengewässer, der Ein- und Ausschiffung und für<br />
Liegezeiten in deutschen Häfen die inländischen Verpflegungspauschalen. Auf<br />
Hoher See gelten die Luxemburger Verpflegungspauschalen 6 . Für die Tage in<br />
ausländischen Küstengewässern, bei Liegezeiten und Ein- und Ausschiffung in<br />
ausländischen Häfen gilt die Pauschale des jeweiligen Landes.<br />
Die Auslandspauschalen sind meist erheblich höher als die inländischen<br />
Pauschalen und somit steuerlich günstiger. Deshalb ist das Aufzeichnen von<br />
Liegezeiten für jeden Seemann sehr wichtig.<br />
6 R 9.6 (3) Satz 4 Nr. 2 LStR 2008
<strong>Seefahrer</strong> <strong>im</strong> <strong>Steuerrecht</strong> 6<br />
<strong>Christoph</strong> <strong>Gierschewski</strong><br />
___________________________________________________________________________________________________________________________<br />
Unterlagen für die steuerliche Beratung<br />
Jeder <strong>Seefahrer</strong>, der sich für die Anfertigung einer Einkommensteuererklärung<br />
entscheidet, sollte für die Feststellung des Überschusses der Einnahmen über<br />
die Werbungskosten die folgenden Unterlagen in Vorfeld bereit halten.<br />
� Der Jahreslogbuchauszug des Schiffes <strong>im</strong> Veranlagungszeitraum<br />
� Ein Nachweis über den He<strong>im</strong>athafen des Schiffes<br />
Dieser ist <strong>im</strong> jeweiligen Schiffsregister eingetragen<br />
� Ein Nachweis, unter welcher Flagge das Schiff <strong>im</strong> Veranlagungszeitraum<br />
stand