01.12.2012 Aufrufe

informieren und beraten verstehen und helfen - rekoin.de

informieren und beraten verstehen und helfen - rekoin.de

informieren und beraten verstehen und helfen - rekoin.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

INFORMIEREN<br />

UND BERATEN<br />

VERSTEHEN<br />

UND HELFEN<br />

Jahresbericht <strong>de</strong>r<br />

staatlichen Schulberatungsstellen<br />

in Bayern<br />

März 2003


Der Druck dieses Berichts wur<strong>de</strong> ermöglicht durch fre<strong>und</strong>liche Unterstützung <strong>de</strong>s<br />

Bayerischen Lan<strong>de</strong>sverbands Schulberatung e. V.


Inhaltsverzeichnis Seite<br />

Vorwort..................................................................................................................... 3<br />

Werner Honal, Dr. Franz Knoll<br />

Schullaufbahnberatung hilft zu einer fähigkeitsbezogenen Bildung<br />

<strong>und</strong> För<strong>de</strong>rung......................................................................................................... 5<br />

Dr. Roland Storath<br />

Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften ................................................................ 17<br />

Dr. Franz Knoll, Georg Mayr<br />

Fortbildungsveranstaltungen <strong>und</strong> regionale Weiterbildungskurse<br />

<strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstellen ............................................................... 23<br />

Arno Bauerschmidt, Werner Tauscher<br />

Zusammenarbeit von Beratung <strong>und</strong> mobilen son<strong>de</strong>rpädagogischen<br />

Diensten ................................................................................................................. 33<br />

Brigitte E<strong>de</strong>r<br />

Mo<strong>de</strong>lle zur flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n Diagnostik <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rung bei LRS<br />

<strong>und</strong> Legasthenie.................................................................................................... 39<br />

Susanne Gutzeit, Bruno-Ludwig Hemmert, Klaus Kessler, Bernhard Meißner<br />

Konzepte zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung............................................................... 41<br />

Anna Hasmüller<br />

Beteiligung <strong>de</strong>r Schulberatung an <strong>de</strong>r PISA-Studie........................................... 51<br />

Werner Tauscher<br />

Aufstieg durch berufliche Bildung ...................................................................... 53<br />

Ursula Häußler, Georg Mayr<br />

Integration Jugendlicher aus <strong>de</strong>m Ausland........................................................ 59<br />

Dr. Rudolf Hänsel<br />

Schulische Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention...................................... 63<br />

Dr. Rudolf Hänsel<br />

Für eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung – ein Diskussionsbeitrag<br />

zu Erfurt ........................................................................................... 69<br />

Helmut Jüngling<br />

Schulberatung bahnt <strong>de</strong>n Weg – Schulentwicklung <strong>und</strong> Schulberatung ........ 75<br />

Heinz Schlegel<br />

Schulberatung als externe Unterstützung innerer Schulentwicklung ............. 85<br />

Dr. Rudolf Hänsel<br />

Mo<strong>de</strong>llversuche zur „Lehrerges<strong>und</strong>heit“............................................................ 95<br />

Werner Honal<br />

EDV <strong>und</strong> Schulberatung im Jahr 2002 ...............................................................105<br />

Helmut Jüngling<br />

Öffentlichkeitsarbeit in <strong>de</strong>r Schulberatung........................................................113<br />

Autorenverzeichnis ..............................................................................................117<br />

- 1 -


- 2 -


Vorwort<br />

- 3 -<br />

Zum ersten Mal legen die Leiter <strong>de</strong>r neun staatlichen Schulberatungsstellen ihren Tätigkeitsbericht<br />

nicht einzeln nach einem mehr o<strong>de</strong>r weniger festen Schema vor, son<strong>de</strong>rn mit Genehmigung<br />

<strong>de</strong>s Staatsministeriums als gemeinsame Darstellung bestimmter Tätigkeitsschwerpunkte<br />

<strong>de</strong>r Schulberatung in Bayern.<br />

Dies be<strong>de</strong>utet in <strong>de</strong>r einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Hinsicht wohl einen Verzicht – so wird beispielsweise<br />

die regional unterschiedliche Inanspruchnahme <strong>de</strong>r Schulberatung nicht mehr so augenfällig<br />

wie bei <strong>de</strong>r tabellarischen Aufstellung <strong>de</strong>r jeweiligen Stellen, wer<strong>de</strong>n Unterschie<strong>de</strong> im<br />

Tätigkeitsprofil nicht mehr so manifest wie in <strong>de</strong>n Jahren bisher.<br />

Der Gewinn <strong>de</strong>s neuen Verfahrens schien uns freilich diese Einbuße wettzumachen; bietet<br />

es doch die Chance, die Rolle <strong>de</strong>r Schulberatung in einem sich weiterentwickeln<strong>de</strong>n Schulwesen<br />

sichtbar zu machen <strong>und</strong> nicht allein die Quantität, son<strong>de</strong>rn auch die Qualität <strong>de</strong>r geleisteten<br />

Arbeit aufscheinen zu lassen.<br />

Die Qualität <strong>de</strong>r bayerischen Schulberatung kommt nicht von ungefähr; sie ist zum einen<br />

begrün<strong>de</strong>t in ihrem beson<strong>de</strong>ren Auftrag, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>m Dreiklang aus Schullaufbahnberatung,<br />

pädagogisch-psychologischer Beratung <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften besteht.<br />

Damit wird dieser Dienst sowohl gegen die Gefahr, bloße Auskunftei zu sein, ebenso<br />

wirksam geschützt wie gegen die Ten<strong>de</strong>nz, das Angebot außerschulischer Beratungsstellen<br />

lediglich im Schulsystem zu spiegeln.<br />

Die Qualität <strong>de</strong>r bayerischen Schulberatung wurzelt auch in <strong>de</strong>n erheblichen Anstrengungen<br />

<strong>de</strong>s Staatsministeriums <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie in Dillingen um eine professionelle Ausbildung <strong>de</strong>r<br />

Beratungslehrkräfte. Seit nunmehr zwanzig Jahren schließt jährlich eine beträchtliche Anzahl<br />

von Lehrkräften aller Schularten das Erweiterungsstudium für die Qualifikation als Beratungslehrkraft<br />

mit <strong>de</strong>r Staatsprüfung ab. Trotz<strong>de</strong>m war es bisher aus Kapazitätsgrün<strong>de</strong>n<br />

noch nicht möglich, je<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Beratung eingesetzten Lehrkraft die entsprechen<strong>de</strong> Ausbildung<br />

zukommen zu lassen. Mit Sorge sehen die Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstellen<br />

auch <strong>de</strong>n unmittelbar bevorstehen<strong>de</strong>n hohen Ersatzbedarf für ausgebil<strong>de</strong>te Berater, die aus<br />

<strong>de</strong>m Dienst ausschei<strong>de</strong>n.<br />

Selbstverständlich war es unmöglich, auf <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Seiten alle Facetten <strong>de</strong>r Arbeit in<br />

<strong>de</strong>n Schulberatungsstellen zu berücksichtigen. Zusätzliche Informationen über Angebote <strong>und</strong><br />

Leistungen dieses Beratungsdienstes können jedoch leicht von <strong>de</strong>n Internet-Seiten <strong>de</strong>r bayerischen<br />

Schulberatung (http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>) abgerufen wer<strong>de</strong>n.<br />

Möge dieser Bericht dazu beitragen, die Verankerung <strong>de</strong>r Schulberatung im bayerischen<br />

Schulwesen zu sichern <strong>und</strong> zu för<strong>de</strong>rn.<br />

Regensburg, <strong>de</strong>n 21. März 2003<br />

Für die neun bayerischen Schulberatungsstellen:<br />

Helmut Jüngling


- 4 -


Honal/Knoll: Schullaufbahnberatung<br />

Werner Honal, Dr. Franz Knoll<br />

Schullaufbahnberatung hilft zu einer fähigkeitsbezogenen<br />

schulischen Bildung <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rung<br />

1. Aufgabenbeschreibung<br />

Die Schullaufbahnberatung ist ein zentraler Teil <strong>de</strong>r vier Aufgabenbereiche <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

in Bayern, zu <strong>de</strong>r Beratungslehrkräfte, Schulpsychologen/innen <strong>und</strong> die neun zentralen<br />

Schulberatungsstellen gehören. Dabei dient die Schullaufbahnberatung<br />

- <strong>de</strong>r individuellen Beratung hinsichtlich <strong>de</strong>r Wahl <strong>de</strong>r Schullaufbahn<br />

- <strong>de</strong>r allgemeinen Information über das schulische Bildungsangebot, beson<strong>de</strong>rs<br />

- in Fragen <strong>de</strong>r Durchlässigkeit zwischen <strong>de</strong>n Schularten <strong>und</strong> innerhalb <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />

Ausbildungsrichtungen einer Schulart,<br />

- bei <strong>de</strong>r Wahl von Fächern - von Kursen,<br />

- bei <strong>de</strong>r Entscheidung über anzustreben<strong>de</strong> schulische Abschlüsse<br />

- bei <strong>de</strong>r Diagnose beson<strong>de</strong>rer Begabungen<br />

- <strong>de</strong>r beruflichen Orientierung<br />

- <strong>de</strong>r studienvorbereiten<strong>de</strong>n Beratung.<br />

Diese wichtige Dienstleistung hilft <strong>de</strong>n Schülern, ihr in <strong>de</strong>r Bayerischen Verfassung verankertes<br />

Recht zu realisieren, auf eine ihren erkennbaren Fähigkeiten <strong>und</strong> ihrer inneren<br />

Berufung entsprechen<strong>de</strong>n schulischen Bildung <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rung. Sie kann auch von Kin<strong>de</strong>rn,<br />

Jugendlichen <strong>und</strong> Erwachsenen in Anspruch genommen wer<strong>de</strong>n, die eine schulische<br />

Ausbildung in Bayern erstmals o<strong>de</strong>r erneut beginnen wollen.<br />

Schullaufbahnberatung hat viele Facetten. Die in diesem Kapitel folgen<strong>de</strong> Darstellung soll<br />

die enorme Bandbreite dieses Dienstes sichtbar machen.<br />

2. Telefonische Schullaufbahn- <strong>und</strong> Bildungswegberatung (in schwierigen Fällen)<br />

durch <strong>de</strong>n Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle<br />

Im Schuljahr 2001/02 erfolgten z.B. in Oberbayern-Ost 854 dokumentierte telefonische<br />

Schullaufbahnberatungen durch <strong>de</strong>n Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle Dies liegt<br />

nicht unerheblich daran, dass je<strong>de</strong>r Leiter einer staatlichen Schulberatungsstelle beson<strong>de</strong>rs<br />

verantwortlich ist für die schulartübergreifen<strong>de</strong>n Fragen <strong>und</strong> die Durchlässigkeit im<br />

bayerischen Schulwesen. Die umfangreiche telefonische Inanspruchnahme ist einerseits<br />

ein Qualitätsmerkmal <strong>de</strong>r Schulberatung in Bayern, die über gut erreichbare, regelmäßig<br />

besetzte zentralen Stellen auf Bezirksebene verfügt. An<strong>de</strong>rerseits ist die große Nachfrage<br />

auch eine Herausfor<strong>de</strong>rung für die Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Beratung an <strong>de</strong>n Schulen,<br />

bei <strong>de</strong>nen Beratungsfachkräfte diesen Service zurzeit kaum leisten.<br />

Die telefonische Beratung erfolgt meist nach folgen<strong>de</strong>m Ablauf <strong>und</strong> Muster:<br />

a) Schil<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Problems<br />

b) Herausfin<strong>de</strong>n von Stärken <strong>und</strong> Schwächen aus Sicht <strong>de</strong>r Ratsuchen<strong>de</strong>n<br />

- 5 -


- 6 -<br />

Honal/Knoll: Schullaufbahnberatung<br />

c) Darstellung <strong>de</strong>r schulrechtlichen Aspekte<br />

d Darstellung <strong>de</strong>r unterschiedlichen Alternativen<br />

e) Gemeinsame Bewertung <strong>de</strong>r Alternativen bezüglich Stärken <strong>und</strong> Schwä-<br />

chen, zeitlichem Aspekt, örtlichen Gegebenheiten, etc.<br />

Neben <strong>de</strong>n alltäglichen Schullaufbahn- <strong>und</strong> Schulrechtsfragen sollen hier einige<br />

Schwerpunkte <strong>de</strong>tailliert genannt wer<strong>de</strong>n, um damit ein authentisches Bild <strong>de</strong>s Beratungsalltags<br />

an einer zentralen Schulberatungsstelle zu zeichnen:<br />

• Unterstützung <strong>und</strong> Beratung von Schulleitern, Lehrkräften, Beratungslehrkräften<br />

<strong>und</strong> Schulpsychologen bei schwierigen Schullaufbahnfragen<br />

<strong>und</strong> schulrechtlichen Aspekten<br />

• Wechsel aus an<strong>de</strong>ren B<strong>und</strong>eslän<strong>de</strong>rn nach Bayern:<br />

- Nordrhein-Westfalen 9. Klasse<br />

- Nie<strong>de</strong>rsachsen Orientierungsstufe 8. Klasse<br />

- Gesamtschule Bremen 8. Klasse<br />

- Kassel Aufnahme in 5. Klasse<br />

- Hessen Gesamtschule 6. Klasse<br />

• Wechsel aus Bayern ins Ausland für mehrere Jahre<br />

- Was ist zu tun bei Rückkehr nach Bayern?<br />

- Aufenthalt in Kanada, Großbritannien<br />

• Wechsel aus <strong>de</strong>m Ausland nach Bayern<br />

- Südafrika College - Kolumbien (8.Jahrgangsstufe) - USA High School<br />

- Vietnam (7. Jahrgangsstufe) – Russland – Türkei - Chile – Griechenland<br />

– Litauen – Venezuela – Italien – Korea<br />

• Übertrittsberatung:<br />

- Probeunterricht am Gymnasium <strong>und</strong> Realschule nicht bestan<strong>de</strong>n<br />

- Vergleich Anspruch Realschule, Gymnasium, Mittlere-Reife-Klassen<br />

- Wechsel aus 5. Klasse Hauptschule in Realschule, Gymnasium<br />

• Schullaufbahnfragen bei<br />

- L-R-S, Legasthenie<br />

- schwere psychische Probleme, 10 Jahrgangsstufe Gymnasium<br />

- Jugend<strong>de</strong>pressionen 12. Jahrgangsstufe Gymnasium<br />

- Legasthenie <strong>und</strong> ADS<br />

- psychische Probleme bei ADS<br />

- Verhaltensstörungen<br />

- Verbrennungsunfall mit langem Krankenhausaufenthalt<br />

• Internate/Tagesheimschulen/Ganztagesschulen<br />

• Erwerb von Hochschulreife (Fachhoch-, fachgeb<strong>und</strong>ene, allgemeine Hochschulreife)<br />

- FOS/BOS, Kolleg<br />

- Fernstudium, Begabtenabitur<br />

- von Fachhochschulreife zur allgem. Hochschulreife


Honal/Knoll: Schullaufbahnberatung<br />

• Hauptschule<br />

- Mittlere-Reife-Klassen<br />

- Wechsel Gymnasium zur M 10<br />

- Erwerb <strong>de</strong>s erfolgreichen Hauptschulabschlusses<br />

- qualifizieren<strong>de</strong>r Hauptschulabschluss<br />

- freiwilliger Besuch <strong>de</strong>r Hauptschule<br />

• Privatschulen<br />

- Wechsel aus staatlich genehmigten Schulen in staatliche <strong>und</strong> staatlich anerkannte<br />

Schulen<br />

- Waldorfschule<br />

- Montessorischule<br />

- staatlich genehmigte Gymnasien<br />

• Wechsel an För<strong>de</strong>rschule<br />

- aus 2. Klasse<br />

- aus Hauptschule nach dreimaligem Wie<strong>de</strong>rholen <strong>de</strong>r 6. Jahrgangsstufe<br />

• Realschule<br />

- Sprengel – Einzugsbereich - Ablehnung <strong>de</strong>r Aufnahme<br />

• Gymnasium<br />

- Wie<strong>de</strong>rholungsverbot Art. 53 Abs. BayEUG<br />

- schulischer Ausschluss bei nicht bestan<strong>de</strong>ner 10. Klasse<br />

- mittlerer Schulabschluss nach Problemen in 5. Klasse<br />

• Schullaufbahnmöglichkeiten<br />

- nach Androhung <strong>de</strong>r Entlassung 7. Klasse<br />

- Unterrichtsausschluss 6. Jahrgangsstufe<br />

- Kollegstufe 13. Jahrgangsstufe keine Zulassung<br />

- Übergangs- <strong>und</strong> Anschlussklassen<br />

- Androhung <strong>de</strong>r Entlassung 7. Klasse<br />

- Ausschluss vom Unterricht (Wirtschaftsschule)<br />

• Hochbegabung<br />

- Leistungsprobleme (bereits Versagen in Realschule, Wirtschaftsschule)<br />

- Leistungsprobleme 3. Klasse<br />

- Leistungsprobleme 6. Klasse Gymnasium<br />

- Überspringen in <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>schule<br />

• Junge Erwachsene, Erwachsene<br />

- nachträglicher Erweb <strong>de</strong>r mittleren Reife (39-jährige Frau, 31-jähriger Arbeitsloser)<br />

- Hochschulreife (40-jähriger Arbeitsloser)<br />

- Nachträglicher Erwerb <strong>de</strong>s erfolgreichen Hauptschulabschlusses <strong>und</strong> <strong>de</strong>s<br />

qualifizieren<strong>de</strong>n Hauptschulabschlusses<br />

- 7 -


- 8 -<br />

Honal/Knoll: Schullaufbahnberatung<br />

3. Schullaufbahn- <strong>und</strong> Bildungsberatung <strong>de</strong>r zentralen Beratungslehrkräfte (BL) <strong>und</strong><br />

Schulpsychologen/innen (Spsy) an <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Abb. 1 : Struktur <strong>de</strong>r Beratung an <strong>de</strong>r SB-Stelle<br />

71%<br />

90%<br />

BL<br />

Spsy<br />

9% 6%<br />

0%<br />

7%<br />

1%<br />

0%<br />

12%<br />

0%<br />

4%<br />

0%<br />

SLB KoSLB PäPsy BvS Aus BB<br />

Die Abb. 1 zeigt bei <strong>de</strong>n sechs Beratungsfel<strong>de</strong>rn<br />

- Schullaufbahnberatung (SLB)<br />

- Kooperation mit Fachdiensten <strong>und</strong> Schullaufbahnberatung (KoSLB)<br />

- Pädagogisch–psychologische Beratung (PäPsy)<br />

- Beratung von Lehrern <strong>und</strong> Schule (BvS)<br />

- Beratung bei Auslän<strong>de</strong>rn (Aus) <strong>und</strong><br />

- Bildungsberatung (BB) bei <strong>de</strong>n Berufschülern<br />

<strong>de</strong>utliche Aufgabenschwerpunkte: Schullaufbahnberatung (71%) bei <strong>de</strong>n Beratungslehrkräften<br />

<strong>und</strong> pädagogisch-psychologische Beratung (90%) bei <strong>de</strong>n Schulpsychologen, die<br />

damit die pädagogische Arbeit <strong>de</strong>r Schulen mit <strong>de</strong>n Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Psychologie unterstützen.<br />

Da die Ratsuchen<strong>de</strong>n von sich aus ihr Beratungsproblem nicht vorher <strong>de</strong>n Beratungsfel<strong>de</strong>rn<br />

<strong>und</strong> die Zuständigkeiten klären können <strong>und</strong> sich im Laufe <strong>de</strong>r Beratung<br />

Schwerpunktverlagerungen ergeben können, wer<strong>de</strong>n Fälle <strong>de</strong>r pädagogisch–<br />

psychologische Beratung (7%) beim Beratungslehrer, Fälle <strong>de</strong>r Schullaufbahnberatung<br />

(9%) bei <strong>de</strong>n Schulpsychologen bearbeitet. Die Schulpsychologen sind zur Zeit, je nach<br />

personellen Ressourcen im Zuständigkeitsbereich, mit Aufträgen zur Begutachtung von<br />

Legasthenie nahezu blockiert (101 von 152 Beratungsanlässe aus PäPsy).<strong>und</strong> stehen<br />

damit für an<strong>de</strong>re wichtige Beratungsbereiche kaum mehr zur Verfügung.<br />

Bei Schulpsychologen in <strong>de</strong>r Region gehören, stärker als in <strong>de</strong>r zentralen Stelle, Beratungsanlässe<br />

zur Schullaufbahnberatung mit 24% zum Alltag, wie die folgen<strong>de</strong> Abbildung<br />

zeigt:


Honal/Knoll: Schullaufbahnberatung<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

Abb. 2: Beratungsanlässe SPsy <strong>de</strong>r SBSt. / <strong>de</strong>r Region<br />

a (SLB) b c d e<br />

a Schullaufbahnberatung (SLB)<br />

b Lern- u. Leistungsprobleme incl. LRS<br />

c Verhaltensauffälligkeiten<br />

d Familienprobleme<br />

e Sonstiges<br />

lokale Spsy<br />

zentr. Spsy<br />

Art <strong>de</strong>r Fälle (vgl. Liste)<br />

Beratungslehrkräfte an <strong>de</strong>n zentralen Schulberatungsstellen bearbeiteten folgen<strong>de</strong> ausführliche<br />

Einzelfälle im Berichtsjahr (in abfallen<strong>de</strong>r Folge; Abkürzungen vgl. unten):<br />

Anzahl<br />

20<br />

18<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Abb. 3 : 69 Fälle bei zentr. BL einer Schulberatungsstelle<br />

18<br />

14<br />

8 8<br />

4<br />

3 3 3 3<br />

2 2<br />

d b e s k c g n x f m h<br />

Art <strong>de</strong>r Fälle<br />

a Einschulung, Aufnahme in die Schule (nicht nur in Eingangsklasse)<br />

b Versetzung <strong>und</strong> Wie<strong>de</strong>rholung<br />

c Wechsel von/zur För<strong>de</strong>rschule/Wahl <strong>und</strong> Wechsel <strong>de</strong>r Ausbildungsrichtung<br />

d Übertritt an/von Wirtschaftsschule/ Realschule /Gymnasium (Wechsel <strong>de</strong>r Schulart)<br />

e Übertritt an/von M-Klassen bei Berufsschulen: Beratung während <strong>de</strong>r Probezeit<br />

1<br />

- 9 -


- 10 -<br />

Honal/Knoll: Schullaufbahnberatung<br />

f Beratung zur Hochbegabung<br />

g Quali <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re Abschlüsse; bei Berufsschulen: MBS, Quabi<br />

h sonstige Schullaufbahnfragen (incl. schulrechtlicher Fragen),<br />

k Berufswahlvorbereitung, Wechsel in das Berufsleben<br />

m Lern- u. Leistungsstörungen (z.B. LRS, Sprachstörungen, Dyskalkulie)<br />

n erzieherische <strong>und</strong> soziale Probleme (incl. Verhaltensauffälligkeiten)<br />

s beson<strong>de</strong>re Probleme ausländischer Schüler<br />

x schulische Weiterbildung (z.B. BOS, FOS)<br />

4. Schullaufbahnberatung durch Beratungslehrkräfte<br />

Erstmals stehen in Bayern, ermöglicht durch <strong>de</strong>n Einsatz einer Datenbank mit elektronischem<br />

Erhebungsblatt, Tätigkeitsbericht in einer so hohen Anzahl (759 in allen Teilen<br />

ausgefüllt, Stand 1. März 2003) zur Verfügung, dass auch für Schularten von kleinerer<br />

Anzahl, die bisher auf Bezirksebene nicht beson<strong>de</strong>rs gut auswertbar waren. wie z.B. die<br />

Wirtschaftsschulen, statistische Aussagen möglich sind.<br />

In einem ersten Durchgang wird dargestellt, welchen unterschiedlichen Rang innerhalb<br />

<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Aufgabenfel<strong>de</strong>r die Schullaufbahnberatung bei <strong>de</strong>n Beratungslehrkräften<br />

in Bayern hat. Dabei zeigen sich auch erhebliche Unterschie<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n Schularten.<br />

Obwohl z.B. die Wirtschaftsschule eine Berufsfachschule ist, gleicht <strong>de</strong>ren Profil<br />

<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Falltypen eher <strong>de</strong>r Realschule als <strong>de</strong>n Berufsfachschulen. Solche unterschiedlichen<br />

Profile haben auch Konsequenzen für eine bedarfsorientierte Fortbildung<br />

<strong>de</strong>r Beratungsfachkräfte. Die Falltypen wur<strong>de</strong>n dabei nach folgen<strong>de</strong>r Glie<strong>de</strong>rung gebün<strong>de</strong>lt:<br />

Zum Falltyp Schullaufbahnberatung (SLB) wur<strong>de</strong>n gezählt:<br />

a Einschulung, Aufnahme in die Schule (nicht nur in Eingangsklasse)<br />

b Versetzung <strong>und</strong> Wie<strong>de</strong>rholung<br />

c Wechsel von/zur För<strong>de</strong>rschule/Wahl <strong>und</strong> Wechsel <strong>de</strong>r Ausbildungsrichtung<br />

d Übertritt an/von Wirtschaftsschule/ Realschule /Gymnasium ( Wechsel <strong>de</strong>r Schulart<br />

e Übertritt an/von M-Klassen bei Berufsschulen: Beratung während <strong>de</strong>r Probezeit<br />

f Beratung zur Hochbegabung<br />

g Quali <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re Abschlüsse bei Berufsschulen: MBS, Quabi<br />

h sonstige Schullaufbahnfragen (incl. schulrechtlicher Fragen),<br />

i Beratung zu P-Klassen<br />

j Abschluss <strong>de</strong>r eigenen Schulart, Kurswahl<br />

Zum Falltyp Kooperative Schullaufbahnberatung (KoSLB) v.a. mit <strong>de</strong>r Berufs- <strong>und</strong> Studienberatung<br />

wur<strong>de</strong>n gezählt:<br />

k Berufswahlvorbereitung, Wechsel in das Berufsleben<br />

l Studienwahlvorbereitung<br />

Zum Falltyp Pädagogisch– psychologische Beratung (PäPsy) wur<strong>de</strong>n gezählt:<br />

m Lern- u. Leistungsstörungen (z.B. LRS, Sprachstörungen, Dyskalkulie)<br />

n erzieherische <strong>und</strong> soziale Probleme (incl. Verhaltensauffälligkeiten)<br />

q sonstige pädagogisch-psychologische Fragen


Honal/Knoll: Schullaufbahnberatung<br />

Zum Falltyp Beratung von Lehrer <strong>und</strong> Schule (BvS) wur<strong>de</strong>n gezählt:<br />

r Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrern<br />

Zum Falltyp Beratung bei Migrationshintergr<strong>und</strong> (Aus) wur<strong>de</strong>n gezählt:<br />

s beson<strong>de</strong>re Probleme ausländischer Schüler<br />

Zum Falltyp Bildungsberatung (BB) bei <strong>de</strong>n Berufschulen wur<strong>de</strong>n gezählt:<br />

t Ausbildungsfragen (z.B.: Ausbildungsverträge, arbeits- <strong>und</strong> tarifrechtliche Fragen;<br />

Probleme mit <strong>de</strong>m Ausbildungsbetrieb)<br />

u Berufsgr<strong>und</strong>schuljahr/BVJ/Jungarbeiterklassen<br />

v berufliche Weiterbildung (Kurse <strong>und</strong> Fachschulen)<br />

w sonstige Fragen <strong>de</strong>r beruflichen Bildung<br />

x schulische Weiterbildung (z.B. BOS, FOS)<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

35<br />

Abb. 4: Mittlere Zahl <strong>de</strong>r Fälle je Bericht nach Schulart / Falltyp<br />

74<br />

25<br />

78<br />

Volksschulen Realschulen<br />

Wirtschaftsschulen VSch f. Behin<strong>de</strong>rte<br />

16<br />

30<br />

26<br />

16<br />

SLB PäPsy BvS Aus<br />

7<br />

12<br />

11<br />

7<br />

2<br />

2<br />

1 1<br />

- 11 -<br />

Hier wird <strong>de</strong>utlich, dass die Schullaufbahnberatung dort einen hohen Stellenwert hat,<br />

wo das Schulsystem nach <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Interessen <strong>und</strong> Begabungen stark differenziert,<br />

wie an Real- <strong>und</strong> Wirtschaftsschulen, aber noch von BOS u. FOS übertroffen<br />

(vgl. die Abbildung unten). Einen <strong>de</strong>utlich gestiegenen Anteil haben die Beratungslehrkräfte<br />

an <strong>de</strong>n Gymnasien auf <strong>de</strong>m Feld pädagogisch-psychologischer Beratung zu<br />

leisten:


- 12 -<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Honal/Knoll: Schullaufbahnberatung<br />

0<br />

53<br />

Abb. 5: Mittlere Zahl <strong>de</strong>r Fälle je Bericht nach Schulart / Falltyp<br />

95<br />

9<br />

20<br />

Gymnasien BOS u. FOS<br />

10<br />

SLB PäPsy KoSLB BvS Aus<br />

An <strong>de</strong>n Pflicht-Berufsschulen erweitert sich das Feld Schullaufbahnberatung um die dazu<br />

zählen<strong>de</strong> Bildungsberatung (BB - Erklärung s. oben). In <strong>de</strong>r Summe von BB <strong>und</strong> SLB<br />

schließen sie an FOS <strong>und</strong> BOS an:<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Abb. 6: Mittlere Zahl <strong>de</strong>r Fälle je Bericht nach Schulart / Falltyp<br />

44<br />

15<br />

31<br />

41<br />

31<br />

18<br />

8<br />

7<br />

9<br />

Berufsschule Berufsfachschule<br />

BB SLB PäPsy BvS Aus<br />

Zur Kontrolle wur<strong>de</strong> die Glie<strong>de</strong>rung nach Falltypen auch an<strong>de</strong>ren Faktoren wie z.B. <strong>de</strong>r<br />

Dauer <strong>de</strong>r Diensttätigkeit <strong>und</strong> <strong>de</strong>n unterschiedlichen Region <strong>de</strong>s Dienstortes gegenübergestellt:<br />

8<br />

7<br />

3<br />

2<br />

3<br />

1


Honal/Knoll: Schullaufbahnberatung<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Abb. 7: Beratungsfälle nach Falltyp <strong>und</strong> Altersgruppen<br />

> 20J (22%)<br />

20...11J (26%)<br />

< 11J (52%)<br />

SLB PäPsy BvS Aus BB<br />

- 13 -<br />

Die Grafik erlaubt die näher zu untersuchen<strong>de</strong> Vermutung, dass erfahrene Beratungslehrkräfte<br />

öfter mit Fragen <strong>de</strong>r Schullaufbahnberatung konfrontiert wer<strong>de</strong>n. Mehr als die<br />

Hälfte <strong>de</strong>r Beratungslehrkräfte ist erst seit 11 o<strong>de</strong>r weniger Jahren in <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

tätig <strong>und</strong> beschäftigt sich signifikant stärker mit Fällen aus <strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>r pädagogischpsychologischen<br />

Beratung.<br />

Keinen Effekt zeigt die Trennung nach Beratungen in <strong>de</strong>r Großstadt <strong>und</strong> ländlichen Regionen.<br />

SLB im Detail - Aufschlüsselung nach einzelnen Schularten, sortiert nach <strong>de</strong>r<br />

Häufigkeit bei <strong>de</strong>r erstgenannten Schulart:<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Abb. 8: Mittlere Fallzahlen <strong>de</strong>r Schullaufbahnberatung (SLB) je<br />

Schulart / je Bericht<br />

11 12<br />

7<br />

0<br />

7<br />

29<br />

21<br />

8<br />

12<br />

9<br />

5<br />

3<br />

Volksschulen Realschulen<br />

Wirtschaftsschulen VSch f. Behin<strong>de</strong>rte<br />

11<br />

9 8<br />

8<br />

4<br />

0<br />

3<br />

3<br />

6<br />

3<br />

d+e a b g+j c h f i<br />

5<br />

0 01<br />

1<br />

0 0<br />

0


- 14 -<br />

Honal/Knoll: Schullaufbahnberatung<br />

Hier fällt <strong>de</strong>r hohe Anteil <strong>de</strong>r Aufnahmeberatungen an Real- <strong>und</strong> Wirtschaftsschulen auf,<br />

<strong>de</strong>r auch mit <strong>de</strong>m schwierigen Übertrittsverfahren zusammenhängen kann.<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Abb. 9: Mittlere Fallzahlen <strong>de</strong>r Schullaufbahnberatung (SLB) <strong>und</strong><br />

Bildungsberatung (BB) je Bericht an Berufs- <strong>und</strong> Berufsfachschulen<br />

14<br />

12<br />

13<br />

9<br />

12<br />

5<br />

10 10<br />

1<br />

4<br />

BSch BFS<br />

a g x t h u v w e s f<br />

Die meisten Unterschie<strong>de</strong> liegen hier in <strong>de</strong>n Beratungen aus <strong>de</strong>m Bereich BB<br />

t Ausbildungsfragen (z.B.: Ausbildungsverträge, arbeits- <strong>und</strong> tarifrechtliche Fragen;<br />

Probleme mit <strong>de</strong>m Ausbildungsbetrieb)<br />

u Berufsgr<strong>und</strong>schuljahr/BVJ/Jungarbeiterklassen<br />

v berufliche Weiterbildung (Kurse <strong>und</strong> Fachschulen)<br />

w sonstige Fragen <strong>de</strong>r beruflichen Bildung<br />

x schulische Weiterbildung (z.B. BOS, FOS)<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Abb.10: Mittlere Fallzahlen <strong>de</strong>r Schullaufbahn- (SLB) <strong>und</strong> Kooperation je<br />

Bericht an Gymnasien, Berufs- <strong>und</strong> Fachoberschulen<br />

13 13<br />

8<br />

6<br />

7 9<br />

8<br />

8<br />

41<br />

6<br />

5<br />

9<br />

0<br />

8<br />

4<br />

5<br />

5 4 4<br />

b d r g a k h l c j s f<br />

7<br />

4<br />

3<br />

3<br />

2<br />

Gymnasien BOS u. FOS<br />

Während das Bild <strong>de</strong>r Schullaufbahnberatungen an <strong>de</strong>n Gymnasien sehr „unaufgeregt“<br />

verläuft, zeigen sich bei FOS <strong>und</strong> BOS drei große Spitzen. Bei <strong>de</strong>r Aufnahmeberatung<br />

7<br />

8<br />

24<br />

10<br />

13<br />

3<br />

1<br />

0<br />

11


Honal/Knoll: Schullaufbahnberatung<br />

- 15 -<br />

(a), <strong>de</strong>r Studienwahlvorbereitung (l) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Beratung zum Abschluss <strong>de</strong>r Schulart (j).<br />

Man könnte im Vergleich dazu folgern, die Beratungslehrkräfte an <strong>de</strong>n Gymnasien wer<strong>de</strong>n<br />

stark durch die Beratungen in <strong>de</strong>r Unter- <strong>und</strong> Mittelstufe ausgelastet.<br />

5. Schullaufbahnberatung durch Schulpsycholog(inn)en<br />

Entgegen ersten Vermutungen Außenstehen<strong>de</strong>r ist, wie die Daten aus Abb. 3 zeigen,<br />

Schullaufbahnberatung vor allem für die Schulpsychologen außerhalb <strong>de</strong>r zentralen<br />

Schulberatungsstelle sehr wichtig. Einerseits mün<strong>de</strong>n oft zunächst als pädagogischpsychologische<br />

Probleme beginnen<strong>de</strong> Einzelberatungen bei einer differenzierten Schullaufbahnberatung,<br />

da z.B. dringend eine stärkere o<strong>de</strong>r schwächere Herausfor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s<br />

Kin<strong>de</strong>s erwogen wer<strong>de</strong>n muss. An<strong>de</strong>rseits gehen Schullaufbahnberatungen Hand in<br />

Hand mit pädagogisch-psychologischen Diagnosen <strong>und</strong> Hilfen, die <strong>de</strong>r Schulpsychologe<br />

aufgr<strong>und</strong> seiner dafür umfassen<strong>de</strong>n Ausbildung leistet. Diese Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Schullaufbahnberatung<br />

erfor<strong>de</strong>rt auch eine einschlägige Fortbildung <strong>de</strong>r Schulpsychologen, da das<br />

gera<strong>de</strong> an <strong>de</strong>n zentralen Stellen sehr günstige gleichzeitige Angebot Schulpsychologe<br />

<strong>und</strong> Beratungslehrkraft eher selten anzutreffen ist.<br />

Die Erhebung <strong>de</strong>s ISB vom Nov. 2002 an die Schulpsychologen in Bayern erfragte nur<br />

„Fallzahlen aus <strong>de</strong>m letzten Schuljahr zu aktuellen Themen“ z.B. zur Legasthenie <strong>und</strong> zu<br />

ADS-Störung, so dass zur Schullaufbahnberatung lei<strong>de</strong>r keine neuen Erkenntnisse vorliegen.<br />

6. Pädagogische Abwägungen bei <strong>de</strong>r Schullaufbahnberatung<br />

Die beson<strong>de</strong>re fachliche Kompetenz <strong>de</strong>r Beratungsfachkraft zeigt sich oft in <strong>de</strong>n Abwägungen,<br />

die nicht <strong>de</strong>n Ratsuchen<strong>de</strong>n vorgetragen, son<strong>de</strong>rn sich vor <strong>und</strong> während einer<br />

Beratung im „Kopf“ <strong>de</strong>s Beraters abspielen. Wenn ich z. B. be<strong>de</strong>nke (<strong>und</strong> mir erarbeitet<br />

habe), dass es an <strong>de</strong>n 68 Wirtschaftsschulen nur zwei Internate gibt <strong>und</strong> auch im Einzugsgebiet<br />

eine solche Schule fehlt, wer<strong>de</strong> ich Ratsuchen<strong>de</strong>n eine solche Laufbahn, auch<br />

wenn sie zur Begabung <strong>und</strong> Interesse <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s passen könnte, kaum ins Gespräch<br />

bringen. Das ist ein äußerliches Beispiel. Meist muss mehr bedacht wer<strong>de</strong>n, z.B. vom<br />

Kind her die familiäre Perspektive, die Vorkenntnisse <strong>und</strong> Belastbarkeit, von <strong>de</strong>r Schule<br />

her die Anfor<strong>de</strong>rungen, das Profil, die Zusatzangebote. Nur ein Teil dieser Abwägungen<br />

wird dann Gegenstand <strong>de</strong>s gemeinsamen Beratungsgesprächs zur Schullaufbahnberatung.


- 16 -<br />

Honal/Knoll: Schullaufbahnberatung


Storath: Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften - 17 -<br />

Dr. Roland Storath<br />

Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften<br />

dargestellt aus <strong>de</strong>m Blickwinkel <strong>de</strong>s staatlichen Schulpsychologen für Volks- <strong>und</strong><br />

För<strong>de</strong>rschulen an <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für Mittelfranken<br />

Vorbemerkung<br />

In <strong>de</strong>r Bekanntmachung <strong>de</strong>s Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht <strong>und</strong> Kultus zur<br />

„Schulberatung in Bayern“ vom 29.11.2001 (Nr. VI/9-S4305-6/40922) wird <strong>de</strong>r Aufgabenbereich<br />

„Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften“ im Kapitel II.1.3. wie folgt beschrieben:<br />

Absatz 1: In <strong>de</strong>r Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften sollen die in <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

gewonnenen Erkenntnisse <strong>und</strong> bewährten Metho<strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n Unterricht, für die erzieherische<br />

Wirksamkeit <strong>de</strong>r Schulen <strong>und</strong> für die Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Schulen <strong>und</strong> <strong>de</strong>s<br />

Schulsystems nutzbar gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Berichtsjahr fielen darunter Tätigkeiten wie z.B.<br />

• die Durchführung von Einzelberatungen <strong>und</strong> Coachings für Lehrkräfte,<br />

• die Leitung <strong>und</strong> Mo<strong>de</strong>ration von Supervisionsveranstaltungen, Seminaren, lokalen, regionalen<br />

<strong>und</strong> überregionalen Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungen (z.B. bzgl. Beratungslehrkraft o<strong>de</strong>r<br />

Heilpädagoge im För<strong>de</strong>rschulbereich), von Dienstbesprechungen <strong>und</strong> Arbeitssitzungen,<br />

• die Erstellung von Publikationen, Handreichungen <strong>und</strong> Fortbildungsskripten zu (im letzten<br />

Schuljahr beson<strong>de</strong>rs aktuellen) Themata wie Hochbegabung, Aufmerksamkeits-Defizit-<br />

Syndrom (ADS), Lese- <strong>und</strong> Rechtschreibschwierigkeiten (LRS), qualitative Schulleistungsdiagnostik,<br />

Integration, Beschulung chronisch kranker Kin<strong>de</strong>r, PISA, Mobbing, Burnout,<br />

Krisenintervention, sexueller Missbrauch, Gesprächsführung, Elternmitarbeit, Schul-<br />

<strong>und</strong> Klassenklima etc.<br />

• die längerfristige Beratung <strong>und</strong> Begleitung von Schulentwicklungsprojekten vor Ort,<br />

• die Mitwirkung in Arbeitskreisen <strong>de</strong>s Instituts für Schulpädagogik <strong>und</strong> Bildungsforschung<br />

(ISB), <strong>de</strong>s Staatsministeriums für Unterricht <strong>und</strong> Kultus, <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie für Lehrerfortbildung<br />

<strong>und</strong> Personalführung in Dillingen (ALP), z. B. bzgl. Krisenintervention o<strong>de</strong>r ISEB<br />

(Interne Schulentwicklung durch externe Beratung) ...<br />

Absatz 2: Bei Bedarf unterstützt die Schulberatung die Schulleitung <strong>und</strong> Schulverwaltung,<br />

diese unterstützten ihrerseits die Schulberatung bei <strong>de</strong>r Erfüllung ihrer Aufgaben.<br />

Im Berichtsjahr fielen darunter Tätigkeiten wie z.B. Einzelberatungen, Coachings, Besprechungen,<br />

Supervisionsveranstaltungen <strong>und</strong> Fortbildungen für <strong>und</strong> mit Schulpsychologen,<br />

Schulleitern <strong>und</strong> Schulräten zur Klärung <strong>de</strong>r beruflichen Rolle, zum Umgang mit chronisch<br />

erschöpften, ausgebrannten, <strong>de</strong>pressiven Kollegen, zur Konfliktbewältigung (Mobbing) im<br />

Kollegium, zur Gewaltreaktion <strong>und</strong> -prävention, zur Kooperation zwischen Schule <strong>und</strong> Hort,<br />

zur Qualitätssicherung <strong>und</strong> Evaluation, zum Sicherheitsplan <strong>und</strong> zur Krisenbewältigung, ver-


- 18 -<br />

Storath: Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften<br />

<strong>de</strong>utlicht am Beispiel <strong>de</strong>r Kooperation Schule/Hort <strong>und</strong> AD(H)S, einem Projekt zwischen<br />

Stadtjugendamt, Staatlichem Schulamt <strong>und</strong> staatlicher Schulberatung in Nürnberg ...<br />

Absatz 3: Die Schulberatung kann die Eltern insbeson<strong>de</strong>re in Elternversammlungen<br />

<strong>informieren</strong>; damit unterstützt sie auch <strong>de</strong>n Elternbeirat.<br />

Im Berichtsjahr fielen darunter z.B. die Erstellung von Eltern-Informationsmaterial zur Hochbegabung,<br />

die Durchführung von Veranstaltungen zum Lernenlernen <strong>und</strong> zu Hausaufgaben,<br />

letztere ver<strong>de</strong>utlicht am Beispiel einer Frage- <strong>und</strong> Austauschr<strong>und</strong>e für Eltern an einem För<strong>de</strong>rzentrum,<br />

Info-Material zur Hochbegabung...<br />

Absatz 4: Die Schulberatung gibt <strong>de</strong>n im Vorbereitungsdienst stehen<strong>de</strong>n Lehrkräften<br />

im Einvernehmen mit <strong>de</strong>m Seminarvorstand o<strong>de</strong>r Seminarleiter Einblick in ihre Arbeitsweise.<br />

Im Berichtsjahr fielen darunter Tätigkeiten wie z.B. Veranstaltungen für Lehramtsanwärter<br />

zur Struktur <strong>de</strong>r bayerischen Schulberatung <strong>und</strong> zum Aufgabenbereich <strong>de</strong>r schulpsychologischen<br />

Beratung, die Mithilfe bei Zulassungsarbeiten <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ableistung schulpsychologischer<br />

Praktika ...<br />

Die exemplarische Konkretisierung dieser Aufgabenkomplexe im Schuljahr 2001/2002 wird<br />

im Folgen<strong>de</strong>n aus schulpsychologischer Perspektive aufgezeigt.<br />

Die schulpsychologische Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften im Schuljahr 2001/02 war<br />

geprägt durch psychoedukative Veranstaltungen zum Krisenmanagement in <strong>de</strong>r Schule. Die<br />

notfallpsychologischen Informations- <strong>und</strong> Trainingsangebote für Lehrkräfte, Beratungsfachkräfte<br />

<strong>und</strong> Schulleiter in <strong>de</strong>r ersten Schuljahreshälfte fan<strong>de</strong>n die Bestätigung ihrer Dringlichkeit<br />

in <strong>de</strong>n entsetzlichen Ereignissen in Freising <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Kriseneinsatz anlässlich <strong>de</strong>s Amoklaufs<br />

am Gutenberg-Gymnasium in Erfurt. Hier auf die Dichte <strong>de</strong>r Grenzerfahrungen <strong>und</strong><br />

Eindrücke während <strong>de</strong>s letzteren, zehntägigen Einsatzes einzugehen, wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Rahmen<br />

<strong>de</strong>s Berichtes sprengen. Der Verfasser stellt daran Interessierten gerne Zeitschriftenartikel<br />

zur Verfügung, aus <strong>de</strong>nen Anlass, Auftrag, Arbeitsweise, Eindrücke, Reflexionen <strong>und</strong> Konsequenzen<br />

dieses Großeinsatzes entnehmbar sind.<br />

Seit <strong>de</strong>m Kongress „Schule 2000“ <strong>de</strong>s Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht <strong>und</strong><br />

Kultus in Augsburg, <strong>de</strong>n nachfolgen<strong>de</strong>n Regionalkongressen in <strong>de</strong>n Regierungsbezirken <strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n aktuellen PISA-Bef<strong>und</strong>en fin<strong>de</strong>t eine verstärkte Diskussion statt um Organisationsentwicklung<br />

<strong>und</strong> Qualitätssicherung im Bildungsbereich, um Zusammenhänge zwischen sog.<br />

„guten Schulen" <strong>und</strong> einem <strong>de</strong>zidiert <strong>de</strong>mokratischen Führungsverständnis von Schulleitung<br />

<strong>und</strong> Schulaufsicht (human-ressources-management): Exemplarisch für <strong>de</strong>n von Schule geäußerten<br />

Bedarf an systemischer Beratung soll auf die überwiegend positiv verlaufen<strong>de</strong>n<br />

Seminare für Schulleiter <strong>und</strong> Kollegien (ISEB, SchILF) sowie auf die über das Schuljahr verteilten<br />

Supervisionsveranstaltungen <strong>und</strong> Coaching-Sitzungen hingewiesen wer<strong>de</strong>n. Beson<strong>de</strong>rs<br />

erfreulich ist in diesem Zusammenhang <strong>de</strong>r Zuspruch bzgl. Supervision <strong>und</strong> Fortbildung<br />

für Schulleiter <strong>und</strong> stellvertreten<strong>de</strong> Schulleiter. Dank <strong>de</strong>m Entgegenkommen <strong>de</strong>r Regierung<br />

von Mittelfranken (Herr Abt.-Dir. Günther Scharff, Herr Ltd. RSchDir. Peter Hutter) konnten<br />

auch heuer wie<strong>de</strong>r Supervisionsgruppen mit je sechs Sitzungen schulamtsübergreifend institutionalisiert<br />

wer<strong>de</strong>n.


Storath: Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften - 19 -<br />

Angesichts <strong>de</strong>r wachsen<strong>de</strong>n erziehlichen Herausfor<strong>de</strong>rung an Schule, <strong>de</strong>s zunehmen<strong>de</strong>n<br />

Altersdurchschnitts in <strong>de</strong>n Lehrerkollegien sowie <strong>de</strong>r knappen materiellen, personellen <strong>und</strong><br />

finanziellen Ressourcen muss trotz solcher Aktivitäten befürchtet wer<strong>de</strong>n, dass die Zahl ausgebrannter<br />

<strong>und</strong> längerfristig erkrankter Lehrer <strong>und</strong> Schulleiter zunimmt. Das Projekt <strong>de</strong>s<br />

Staatsministeriums zur Lehrerges<strong>und</strong>heit ist ein erster (Fürsorge-)Schritt, um sich dieser<br />

Entwicklung verantwortlich zu stellen. Lei<strong>de</strong>r trägt nach wie vor die irrige Einstellung, dass<br />

ein guter Pädagoge keine Probleme haben dürfe, dazu bei, dass berufliche Schwierigkeiten<br />

zu lange tabuisiert wer<strong>de</strong>n. Damit isolieren sich Lehrer <strong>und</strong> Schulleiter mit ihren Problemen.<br />

Um so wichtiger wer<strong>de</strong>n Supervisions- <strong>und</strong> Coaching-Angebote, um sich <strong>de</strong>r eigenen Rolle<br />

im Schulsystem mit ihren Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen im Rahmen einer mo<strong>de</strong>rierten Reflexion<br />

klar zu wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Berichtszeitraum wur<strong>de</strong> ich nicht nur in Supervisionsgruppen, son<strong>de</strong>rn auch von einzelnen<br />

Schulleitern <strong>und</strong> Lehrern wegen massiver berufsbezogener Schwierigkeiten (Mobbing,<br />

Erkrankung, Burnout) in bleibend hohem Maß um Beratung <strong>und</strong> Coaching gebeten (vgl. folgen<strong>de</strong><br />

Tabelle):<br />

Veranstaltungen in Mittelfranken<br />

Schuljahr 94/95 95/96 96/97 97/98 98/99 99/00 00/01 2001/02 Diff.<br />

Supervision 8 12 14 11 15 22 30 28 - 6,7 %<br />

Coaching 32 27 25 28 39 40 42 40 - 5,0 %<br />

Die Einführung von jährlichen Mitarbeitergesprächen zur Qualitätssicherung stellt eine weitere<br />

Chance für Lehrer, Schulleiter <strong>und</strong> Schulaufsichtsbeamte dar, sich über die Rolle im System<br />

Schule Klarheit zu verschaffen. Lei<strong>de</strong>r stieß ich diesbezüglich in Fortbildungen <strong>und</strong> Gesprächen<br />

neben Offenheit auch auf eine diffuse Mischung aus Skepsis <strong>und</strong> Angst. Befürchtet<br />

wird, dass Fremdbestimmung, Kontrolle <strong>und</strong> Beurteilung dadurch vermehrt Eingang in Schule<br />

fin<strong>de</strong>n. Wünschenswert wäre, durch rechtzeitige Klärungsgespräche zwischen Vorgesetzten<br />

<strong>und</strong> Mitarbeitern Vorbehalte artikulieren zu lassen, um Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> abzubauen nach<br />

<strong>de</strong>m fränkischen Motto: „Wenn wir vorher einmal darüber gere<strong>de</strong>t hätten, bräuchten wir jetzt<br />

hinterher nichts zu besprechen!“<br />

Das schullaufbahndifferenzierte Angebot <strong>de</strong>r son<strong>de</strong>rpädagogischen För<strong>de</strong>rzentren führt dazu,<br />

dass Schüler sich immer wie<strong>de</strong>r in einer Grauzone zwischen <strong>de</strong>m Zweig <strong>de</strong>r Schule zur<br />

individuellen Lernhilfe („ILF"-Zweig) <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Hauptschulzweig („GHS"-Zweig),<br />

zwischen <strong>de</strong>m GHS-Zweig, <strong>de</strong>r Schule zur Erziehungshilfe <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Volksschule bzw. zwischen<br />

<strong>de</strong>m ILF-Zweig <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Schule zur individuellen Lebensbewältigung befin<strong>de</strong>n. Kennzeichnend<br />

für die Situation an För<strong>de</strong>rzentren ist neben <strong>de</strong>m Ausschöpfen <strong>de</strong>r Klassenhöchstgrenzen<br />

die extreme Heterogenität in <strong>de</strong>n Klassen. Sie reicht von „begabten" Kin<strong>de</strong>rn<br />

mit Verhaltens-, Aufmerksamkeits- <strong>und</strong> Sprechstörungen über dissoziale, emotional vernachlässigte<br />

o<strong>de</strong>r teilleistungsgestörte Schüler, über Kin<strong>de</strong>r mit autistisch-mutistischen Verhaltensweisen<br />

bis hin zu Schülern mit diversen Bor<strong>de</strong>rline-Syndromen. Schule wird mit einem<br />

erhöhten therapeutischen Bedarf konfrontiert, ohne diesen aus eigenen Ressourcen o<strong>de</strong>r<br />

durch Kooperation mit außerschulischen Fachkräften hinreichend ab<strong>de</strong>cken zu können. So-


- 20 -<br />

Storath: Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften<br />

wohl aus Sicht <strong>de</strong>r betroffenen Lehrer, die oft mit einem über die Grenzen gehen<strong>de</strong>n Engagement<br />

sich dieser Aufgabe widmen, wie auch aus Sicht <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Eltern wäre wünschenswert,<br />

wenn für „Grauzonen-Kin<strong>de</strong>r“ verstärkt adäquate Beschulungsmöglichkeiten mit<br />

entsprechend ausgebil<strong>de</strong>tem <strong>und</strong> hinreichend vorhan<strong>de</strong>nem Personal angeboten wer<strong>de</strong>n<br />

könnten. Wenn Seiteneinsteiger aus Platzgrün<strong>de</strong>n nicht mehr in son<strong>de</strong>rpädagogische Diagnose-<br />

<strong>und</strong> För<strong>de</strong>rklassen aufgenommen wer<strong>de</strong>n können <strong>und</strong> dieser Mangel als Fortschritt<br />

<strong>de</strong>r Integration gefeiert wird, wird die Zahl <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r mit Lern- <strong>und</strong> Leistungsstörungen in<br />

Gr<strong>und</strong>schulen wachsen. Trotz <strong>de</strong>r Postulate im Gr<strong>und</strong>schullehrplan bzgl. För<strong>de</strong>rdiagnostik<br />

<strong>und</strong> vermehrter Differenzierung drohen in <strong>de</strong>n kommen<strong>de</strong>n Jahren Schüler mit chronifizierten<br />

Misserfolgserfahrungen Volksschulen, För<strong>de</strong>rzentren <strong>und</strong> berufliche Einglie<strong>de</strong>rungsmaßnahmen<br />

über Gebühr zu belasten.<br />

Problematisch erscheint mir <strong>de</strong>r sich über die letzten Jahre hinweg verstärken<strong>de</strong> Trend einer<br />

Verrechtlichung in <strong>de</strong>r Schule. Dahinter steht oft die Elternsorge um die künftigen Lebenschancen<br />

ihrer Kin<strong>de</strong>r - schulische Abschlüsse wer<strong>de</strong>n verstärkt als Sicherheit versprechen<strong>de</strong><br />

Qualifikationen gesehen. Eltern fühlen sich zu wenig von Schule in entsprechen<strong>de</strong> Entscheidungen<br />

miteinbezogen, vermissen eine klare Begründung bei schullaufbahnbezogenen<br />

Maßnahmen wie <strong>de</strong>r Überprüfung auf son<strong>de</strong>rpädagogische Bedürftigkeit, <strong>de</strong>r Klassenwie<strong>de</strong>rholung<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Übertrittsbeurteilung, wehren sich gegen ihrer Meinung nach willkürlich<br />

veranlasste Intelligenz- wie Schulfähigkeitstestungen, gegen ungerechte Ordnungsmaßnahmen,<br />

Noten- o<strong>de</strong>r Wortbeurteilungen, erk<strong>und</strong>igen sich immer häufiger nach Rechtsverordnungen,<br />

verlangen schulpsychologische Stellungnahmen, um sich abzusichern - manchmal<br />

auch, um angesichts subjektiv erlebter Ungerechtigkeit zu „rechten". Als letzten Ausweg<br />

wählen Eltern die Suche nach an<strong>de</strong>ren Schulen, häufig ohne über die Schwierigkeiten eines<br />

Gastschulantrags o<strong>de</strong>r über wesentliche Details bei privat anerkannten <strong>und</strong> privat genehmigten<br />

Schulen <strong>und</strong> Internaten informiert zu sein, ohne reflektiert zu haben, ob sich durch eine<br />

an<strong>de</strong>re Schule <strong>und</strong> eine an<strong>de</strong>re Umgebung die Probleme ihres Kin<strong>de</strong>s prognostisch tatsächlich<br />

bessern wer<strong>de</strong>n. Als Problemverursachung stellt sich nachträglich meist eine unzureichen<strong>de</strong><br />

Kommunikation zwischen Eltern <strong>und</strong> Schule heraus, ein aus Überlastungsgrün<strong>de</strong>n<br />

von Schule vernachlässigtes Sich-Kümmern um Elternsorgen. Ohne Miteinbeziehung <strong>de</strong>r<br />

Eltern, ohne adäquate Elternmitarbeit läuft schulisches Engagement ins Leere <strong>und</strong> droht eher<br />

zusätzliche Konflikte zu provozieren als pädagogische Probleme einer Lösung näher zu<br />

bringen. Eltern sind nicht das Problem in <strong>de</strong>r Schule – sie sind die einzige Chance, gemeinsam<br />

für Schüler etwas zu erreichen.<br />

Die Vielfalt <strong>de</strong>r Beratungsdienste im Volks- <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rschulbereich (schulhausinterne Erziehungshilfe,<br />

mobile son<strong>de</strong>rpädagogische Hilfen <strong>und</strong> Dienste, Beratungslehrkraft, Beratungslehrkraft<br />

am Schulamt, Schulpsychologen mit 6 Anrechnungsst<strong>und</strong>en auf die Unterrichtspflichtzeit,<br />

Beratungsrektoren, staatliche Schulberatungsstelle, Schulsozialpädagogen etc.)<br />

bringt trotz aller bisheriger Klärungsbemühungen eine Verunsicherung mit sich, wer bei welchem<br />

Anlass in welcher Funktion als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Die begrüßenswerte<br />

Initiative, Schulsozialpädagogen vor Ort als Ansprechpartner mit einzubeziehen, löst<br />

weitere Verwirrung aus. Hier wäre durch das Hervorheben <strong>de</strong>s Beratungslehrers als erster<br />

Ansprechpartner, durch kooperative Akzente zwischen <strong>de</strong>n Beratungsdiensten sowie durch<br />

weitere gezielte inner- wie außerschulische Meinungsbildung Abhilfe zu schaffen. Im Sinne<br />

<strong>de</strong>s Management-Mottos „Die Schwäche in <strong>de</strong>r Kommunikation überlagert die Stärke einer


Storath: Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften - 21 -<br />

Institution" beeinträchtigt hier <strong>de</strong>r Mangel an Klarheit die Effektivität <strong>de</strong>r innerschulischen<br />

Beratungsdienste.<br />

Der regionale Bedarf an ausgebil<strong>de</strong>ten Beratungslehrkräften kann nach wie vor durch das<br />

zentrale Angebot <strong>de</strong>s Instituts für Lehrerbildung in Dillingen nicht ausreichend ge<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n.<br />

Ausgebil<strong>de</strong>te (sog. qualifizierte) Beratungslehrkräfte fin<strong>de</strong>n zunehmend bei <strong>de</strong>r Beför<strong>de</strong>rung<br />

zum Schulleiter Berücksichtigung. Immer mehr Lehrer übernehmen die Funktion <strong>de</strong>s<br />

Beratungslehrers, ohne für diese spezifische Aufgabe vorbereitet o<strong>de</strong>r ausgebil<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n<br />

zu sein. Sorge bereitet die bereits aus Elternsicht erwähnte Beobachtung, dass Beratungslehrer<br />

- trotz aller diesbezüglichen Fortbildungsanstrengungen - ihre originäre Aufgabe <strong>de</strong>s<br />

„ersten Ansprechpartners" vor Ort noch zu wenig wahrnehmen (können). Die Funktion <strong>de</strong>s<br />

Beratungslehrers an Volks-, För<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Realschulen rangiert zu oft unter <strong>de</strong>n „lästigen",<br />

lediglich formal zu verteilen<strong>de</strong>n Ämtern. Die Chance, damit Schule in kleinen Schritten weiter<br />

zu humanisieren <strong>und</strong> Kollegen, Schulleitung <strong>und</strong> Schulaufsicht zu entlasten, wird übersehen.<br />

Aus <strong>de</strong>n Kontakten mit Beratungslehrern lässt sich schlussfolgern, dass Handlungsbedarf für<br />

Schulaufsicht, Schulleitung <strong>und</strong> Beratungslehrer am Schulamt (die sog. „Koordinatoren“)<br />

besteht. Zu wenig wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Handlungsrahmen abgesteckt, die Erwartungen anhand <strong>de</strong>r<br />

Dienstvorschriften <strong>und</strong> <strong>de</strong>m lokal gegebenen Bedarf geklärt <strong>und</strong> zu vieles damit <strong>de</strong>m Zufall,<br />

<strong>de</strong>m persönlichen Engagement <strong>und</strong> <strong>de</strong>r individuellen Courage überlassen. Gemeinsame<br />

Veranstaltungen für Schulleiter <strong>und</strong> jeweils zugeordnete Beratungslehrer könnten – wie z.B.<br />

in Schwaben geschehen - hier evtl. Abhilfe schaffen.<br />

Der von <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für Mittelfranken ausgerichtete Regionallehrgang<br />

für Beratungslehrer gemäß §109 LPO I hat uns zwar an <strong>de</strong>n Rand unserer personellen<br />

Leistungsfähigkeit gebracht, aber auch Einblicke ermöglicht in <strong>de</strong>n noch zu geringen Stellenwert,<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Schulberatung – trotz an<strong>de</strong>rs lauten<strong>de</strong>r ministerieller Aussagen – in manchen<br />

Schul(art)en eingeräumt wird. Daran hat auch das Erscheinen <strong>de</strong>r neuen ministeriellen<br />

Bestimmungen zur Schulberatung nur wenig geän<strong>de</strong>rt. Notwendig wäre, durch einschlägige<br />

Veranstaltungen Kollegien, Schulleiter <strong>und</strong> Schulaufsicht vermehrt für die Arbeit <strong>de</strong>r Beratungslehrer<br />

zu sensibilisieren.<br />

Zuletzt sei mir noch ein Wort in eigener Sache erlaubt – auch <strong>de</strong>r Schulpsychologe an einer<br />

Schulberatungsstelle sollte sich in seiner Rolle bzgl. <strong>de</strong>r Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften<br />

reflektieren: Die schulpsychologische Beratung an <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle<br />

für Mittelfranken wird weiterhin zunehmend von Eltern, Lehrern, Schulleitern <strong>und</strong> Schulaufsicht<br />

(manchmal auch aus an<strong>de</strong>ren Regierungsbezirken bis aus an<strong>de</strong>ren B<strong>und</strong>eslän<strong>de</strong>rn) in<br />

Anspruch genommen. Diese erfreuliche Entwicklung ist nicht zuletzt <strong>de</strong>r Unterstützung <strong>de</strong>s<br />

Ministerialbeauftragten für die Gymnasien, Herrn Dr. Hanschel, <strong>de</strong>r Leiterin <strong>de</strong>r staatlichen<br />

Schulberatungsstelle, Frau StDin Ursula Häußler, <strong>de</strong>s leiten<strong>de</strong>n Regierungsschuldirektors,<br />

Herrn Joachim Weirauch, <strong>de</strong>r hier tätigen Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Verwaltungsangestellten,<br />

Frau Vitzthum, zu verdanken.<br />

Bezirksbezogene Veranstaltungen für Beratungslehrer <strong>und</strong> Schulpsychologen (z.B. zu Themata<br />

wie „Supervision“, „Krisenintervention in Schule", „Mediation – Streitschlichterprogramme“,<br />

„Lese- <strong>und</strong> Rechtschreibstörung“, „Sozialpädiatrische Dienste“ etc.), die Kooperation<br />

mit <strong>de</strong>r Schulabteilung <strong>de</strong>r Regierung von Mittelfranken (z.B. bzgl. <strong>de</strong>r Einführung <strong>de</strong>r<br />

Praxisklassen, <strong>de</strong>r Schulleiterweiterbildung <strong>und</strong> – Supervision, <strong>de</strong>s Umgangs mit <strong>de</strong>n LRS-


- 22 -<br />

Storath: Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften<br />

Regelungen etc.) sowie die Absprachen mit <strong>de</strong>m Ministerialbeauftragten <strong>und</strong> seinem Mitarbeiter<br />

bzgl. Veranstaltungen im Rahmen <strong>de</strong>r RLFB sorgen sowohl für eine Sensibilisierung<br />

bzgl. aktueller Fragen <strong>de</strong>r Schulberatung wie auch für <strong>de</strong>n notwendigen innerschulischen<br />

Informationsfluss.<br />

Die von <strong>de</strong>r Regierung von Mittelfranken seit drei Schuljahren vorgenommene (<strong>und</strong> einvernehmlich<br />

mit ihr festgelegte) Abordnung von Frau BRin Sieglin<strong>de</strong> Blaschke mit vier Wochenst<strong>und</strong>en<br />

für <strong>de</strong>n son<strong>de</strong>rpädagogischen Beratungsbereich an <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle<br />

hat sich als eine wesentliche Entlastung in <strong>de</strong>r Einzelberatung erwiesen, u.a. auch<br />

<strong>de</strong>swegen, weil <strong>de</strong>r Trend <strong>de</strong>r letzten Jahre zu vermehrt von ISB, Regierung, Schulämtern<br />

<strong>und</strong> Schulleitern gewünschten Veranstaltungen, Seminaren <strong>und</strong> schul- bzw. kollegiumsinternen<br />

Fortbildungen unvermin<strong>de</strong>rt angehalten hat.<br />

Wenn die Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften ministeriell geför<strong>de</strong>rt <strong>und</strong> gefor<strong>de</strong>rt wird,<br />

wenn auf einschlägige Landtagsanfragen vom Kultusministerium darauf hingewiesen wird,<br />

dass Supervision von je<strong>de</strong>m in bayerischen Schulen Tätigen genützt wer<strong>de</strong>n kann, wäre<br />

wünschenswert, dass diese Aktivitäten mit einem hinreichen<strong>de</strong>n Zeitrahmen zu erfüllen sind.<br />

Momentan gelingt die Bewältigung <strong>de</strong>r Arbeitsfel<strong>de</strong>r nur durch einen bei Kolleginnen <strong>und</strong><br />

Kollegen <strong>und</strong> bei mir selbst bis an die Belastungsgrenze gehen<strong>de</strong>n Arbeitseinsatz: Bei 73<br />

von mir als Referent gestalteten, teils mehrtägigen Fortbildungsveranstaltungen, bei 50 Arbeitswochen<br />

pro Jahr <strong>und</strong> einer laut Jahresbericht errechneten Summe von ca. 2 200 Arbeitsst<strong>und</strong>en<br />

ergibt sich als Durchschnittswert eine Wochenarbeitszeit von 44 Vollst<strong>und</strong>en!<br />

Momentan ist zu befürchten, dass ein weiteres Engagement im Bereich <strong>de</strong>r Beratung von<br />

Schule <strong>und</strong> Lehrkräften <strong>de</strong>utlich zu Lasten <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle als auch zu<br />

Lasten meiner Ges<strong>und</strong>heit ginge: Vor Ort wür<strong>de</strong>n bzgl. <strong>de</strong>r Einzelberatung verstärkt Engpässe<br />

auftreten, was gleichbe<strong>de</strong>utend mit einer Zunahme <strong>de</strong>r Wartezeiten für Ratsuchen<strong>de</strong> wäre.<br />

Eine Abordnung weiterer Schulpsychologen <strong>und</strong> Beratungslehrer an die staatliche Schulberatungsstelle<br />

könnte hier mittelfristig Abhilfe schaffen.


Knoll/Mayr: Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung - 23 -<br />

Dr. Franz Knoll, Georg Mayr<br />

Fortbildungsveranstaltungen <strong>und</strong> regionale Weiterbildungskurse<br />

<strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstellen<br />

Anspruch <strong>und</strong> Pflicht zur Fortbildung<br />

Es ist Aufgabe <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstellen zur Qualitätssicherung <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

beizutragen <strong>und</strong> erfor<strong>de</strong>rliche Maßnahmen zu organisieren. Im Rahmen <strong>de</strong>r fachlichen<br />

Betreuung <strong>de</strong>r Beratungslehrkräfte <strong>und</strong> Schulpsychologen führt die Schulberatungsstelle<br />

Fortbildungsveranstaltungen durch. (4.3.2 KMBek zur Schulberatung in Bayern).<br />

Die staatlichen Schulberatungsstellen stehen dazu in Verbindung mit <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie für Lehrerfortbildung<br />

<strong>und</strong> Personalführung in Dillingen (4.3.3 KMBek zur Schulberatung in Bayern);<br />

in diesem Rahmen führen die staatlichen Schulberatungsstellen auch zweijährige regionale<br />

Weiterbildungskurse zum Erwerb <strong>de</strong>r Qualifikation als Beratungslehrkraft gemäß § 109 LPO<br />

I durch.<br />

Die Pflicht zur Fortbildung leitet sich aus <strong>de</strong>r Aufgabenbeschreibung ab: Der Erhaltung <strong>de</strong>r<br />

für die Beratung erworbenen Fähigkeiten <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Anpassung an die Entwicklung <strong>de</strong>r Erkenntnisse<br />

<strong>de</strong>r Wissenschaften dient die Fortbildung.<br />

Die Leistung an Fortbildungen <strong>und</strong> Weiterbildung <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstellen in<br />

Bayern zeigt folgen<strong>de</strong> Übersicht <strong>de</strong>s Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht <strong>und</strong> Kultus<br />

für das Jahr 2002:<br />

Veranstalter<br />

Veranstaltungen<br />

<strong>de</strong>r Schulberatungsstellen<br />

Durch Kooperationsarbeit<br />

geför<strong>de</strong>rte Veranstaltung<br />

<strong>de</strong>r<br />

Schulberatungsstellen<br />

Zahl <strong>de</strong>r<br />

Veranstaltungen<br />

Zahl <strong>de</strong>r<br />

Teilnehmer<br />

Zahl <strong>de</strong>r<br />

Veranstaltungen<br />

Zahl <strong>de</strong>r<br />

Teilnehmer<br />

Dauer <strong>de</strong>r Veranstaltung<br />

½ Tag 1 Tag 2 Tg. 3 Tg. 4 Tg. 5 Tg. > 5 Tg Teilnehmer<br />

insgesamt<br />

117 157 5 3 0 3 0 285<br />

1889 4269 113 107 0 450 0 6828<br />

35 18 3 11 3 1 0 71<br />

1081 5350 45 280 90 21 0 6867


- 24 -<br />

Knoll/Mayr: Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

Fortbildungsveranstaltungen für Beratungslehrkräfte am Beispiel <strong>de</strong>r staatlichen<br />

Schulberatungsstelle für Schwaben<br />

Kurzbeschreibung <strong>de</strong>r einzelnen Veranstaltungen 2002<br />

1. Gesprächsführung I:<br />

In diesem Fortbildungsabschnitt liegt <strong>de</strong>r Schwerpunkt im Kennenlernen <strong>de</strong>s eigenen Gesprächsstils<br />

sowie im Erfahren seiner Wirkung auf <strong>de</strong>n Gesprächspartner im Beratungsgespräch.<br />

Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Zuhörens für die Beratung wird in praktischen Übungen<br />

<strong>de</strong>n Teilnehmern zu ver<strong>de</strong>utlichen versucht. Häufig liegt das fehlen<strong>de</strong> Ergebnis von Beratungsgesprächen<br />

in Missverständnissen zwischen Ratsuchen<strong>de</strong>m <strong>und</strong> Berater begrün<strong>de</strong>t.<br />

Eine Möglichkeit, sie zu vermei<strong>de</strong>n, ihnen vorzubeugen bzw. sie zu korrigieren, wird trainiert.<br />

Nicht nur Worte sind be<strong>de</strong>utsam für das Verstehen <strong>de</strong>s Gegenübers, son<strong>de</strong>rn auch<br />

das, was zwischen <strong>de</strong>n Worten ausgedrückt wird.<br />

2. Gesprächsführung II:<br />

Problemlösungsprozesse sind mit Lernprozessen vergleichbar. Deshalb orientiert sich<br />

das Beratungsgespräch auch an Stufen eines lerntheoretisch begründbaren Vorgehens.<br />

Dieser Leitfa<strong>de</strong>n gibt sowohl <strong>de</strong>m Berater als auch <strong>de</strong>m Ratsuchen<strong>de</strong>n eine Orientierungshilfe<br />

im Beratungsprozess. „Wie<strong>de</strong>rholungen“, „Spiralen“, „Pirouetten“ <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r<br />

Rück- sowie Fortschritte wer<strong>de</strong>n transparent. Die Fortbildungsveranstaltung versucht für<br />

die verschie<strong>de</strong>nen Stufen (Phasen) <strong>de</strong>s Beratungsprozesses Hilfestellungen zu geben.<br />

Beratung ist mehr als ein bloßes Nachsprechen o<strong>de</strong>r „Mhm“-Sagen!<br />

3. Gesprächsführung III:<br />

„Einfühlen<strong>de</strong>s Verstehen“, „Echtheit“ <strong>und</strong> „Wärme“ wer<strong>de</strong>n von Rogers, Tausch/Tausch<br />

<strong>und</strong> Gordon als wesentliche Variablen im Beratungsgespräch <strong>de</strong>finiert.<br />

Der Anspruch, alle For<strong>de</strong>rungen an einen „guten Berater“ erfüllen zu wollen, lässt uns oft<br />

unecht erscheinen. Die Fortbildungsveranstaltung hat sich zum Ziel gesetzt, Situationen<br />

in <strong>de</strong>n Mittelpunkt zu stellen, in <strong>de</strong>nen die Teilnehmer Schwierigkeiten haben, <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen<br />

„klientzentrierten Gesprächsverhaltens“ gerecht zu wer<strong>de</strong>n, ohne sich selbst<br />

untreu wer<strong>de</strong>n zu müssen. Zentral steht die Frage „Meine Person <strong>und</strong> die Beratung - wie<br />

bestimmen sie sich gegenseitig?“ Den Mittelpunkt bil<strong>de</strong>t unser Umgang mit schwierigen<br />

Beratungssituationen: z.B. Gespräche mit „Schweigern“, Umgang mit „aggressiven Gesprächspartnern“.<br />

4. Gesprächsführung IV:<br />

Häufig glauben wir in <strong>de</strong>r Beratung, <strong>de</strong>m Gegenüber dabei <strong>helfen</strong> zu müssen, so zu han<strong>de</strong>ln,<br />

wie wir es wollen. Wir legen ihm Entscheidungen nahe, möchten ihn zu Verhaltensweisen<br />

bewegen o<strong>de</strong>r verschreiben ihm Maßnahmen, die wir für gut <strong>und</strong> richtig erachten.<br />

Kurzum - wir wollen ihn von etwas überzeugen, wovon auch wir überzeugt sind. Wir fän<strong>de</strong>n<br />

es für <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren wirklich besser <strong>und</strong> richtiger, wenn er sich so verhalten wür<strong>de</strong>,<br />

wie wir es für richtig halten. In vielen Fällen sind wir enttäuscht, dass <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re unsere<br />

Empfehlungen nicht annimmt. In Gesprächsführung IV reflektieren wir die Prozesse, die<br />

sich zwischen unserem Gegenüber <strong>und</strong> uns abspielen, <strong>und</strong> das Entstehen unserer Zielsetzungen<br />

in Abhängigkeit von unserer persönlichen Entwicklung. Wir versuchen ein al-


Knoll/Mayr: Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung - 25 -<br />

ternatives Verhalten zu trainieren, das <strong>de</strong>m Gesprächspartner einen größeren Freiraum<br />

einräumt, ihm gemäße Entscheidungen zu treffen.<br />

5. Gesprächsführung V:<br />

Kollegenberatung - Als Beratungslehrkräfte stoßen wir häufig in <strong>de</strong>r Beratung von Schülern<br />

<strong>und</strong> Eltern <strong>de</strong>shalb auf Grenzen, weil <strong>de</strong>ren Probleme durch das System Schule mitbedingt<br />

sind. Gespräche mit Kollegen <strong>und</strong> Schulleitern sind folglich unumgänglich, wollen<br />

wir wirksam arbeiten. Die Fortbildungsveranstaltung soll die Möglichkeit bieten, erlebte<br />

Schwierigkeiten auszutauschen <strong>und</strong> zu reflektieren. In Rollenspielen soll mit <strong>de</strong>m eigenen<br />

Verhalten experimentiert wer<strong>de</strong>n.<br />

6. Gesprächsführung VI:<br />

Lösungsorientierte Ansätze in <strong>de</strong>r Beratung beschreiben ein therapeutisches bzw. beraterisches<br />

Vorgehen, das sich an Zielen <strong>de</strong>r Klienten ausrichtet <strong>und</strong> diese in <strong>de</strong>n Mittelpunkt<br />

stellt. Nicht die eingehen<strong>de</strong> Analyse <strong>und</strong> Diagnose <strong>de</strong>r „Störung“, son<strong>de</strong>rn die operationalisieren<strong>de</strong><br />

Erarbeitung <strong>de</strong>s erwünschten Zieles steht im Mittelpunkt <strong>de</strong>r Arbeit. Der Fokus<br />

liegt auf Ausnahmen vom Problem (d.h. Zeiten, wo das Problem kleiner ist, nicht auftritt),<br />

auf <strong>de</strong>m Herausarbeiten kleiner <strong>und</strong> kleinster Schritte im Hinblick auf <strong>de</strong>m Weg zum Ziel,<br />

auf <strong>de</strong>m Erkennen von Ressourcen, Stärken <strong>und</strong> Kompetenzen <strong>de</strong>s Klienten sowie auf<br />

konkreten Handlungsschritten, die das Erreichen <strong>de</strong>s Zieles erleichtern.<br />

7. Lernen I:<br />

Zunächst wird eine theoretische Einführung in das Thema gegeben. Dabei sollen insbeson<strong>de</strong>re<br />

Ergebnisse psychologischer Gr<strong>und</strong>lagenforschung berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Ziel ist<br />

es, die Komplexität dieser Problematik <strong>de</strong>utlich zu machen. Wir diskutieren Möglichkeiten<br />

<strong>de</strong>r Lern- <strong>und</strong> Konzentrationsför<strong>de</strong>rung. Geeignete Hilfen <strong>und</strong> Übungen können ansatzweise<br />

selbst erprobt <strong>und</strong> erfahren wer<strong>de</strong>n.<br />

8. Lernen II:<br />

„Lernen II“ baut auf <strong>de</strong>n in „Lernen I“ vermittelten Gr<strong>und</strong>lagen auf. Schwerpunkte <strong>und</strong> Ziele<br />

dieser Veranstaltung: - Prüfungsvorbereitung (zum QHAS, Abschlussprüfung an <strong>de</strong>n<br />

weiterführen<strong>de</strong>n Schulen, Schulaufgaben <strong>und</strong> Probearbeiten), Arbeitsplatzgestaltung <strong>und</strong><br />

Hausaufgaben, Vermittlung von Lern- <strong>und</strong> Arbeitstechniken durch die Beratungslehrkräfte<br />

(Arbeit mit Schüler- o<strong>de</strong>r Elterngruppen), Unterstützung <strong>de</strong>r Schüler durch die Eltern beim<br />

schulischen Lernen. Ziel ist es, an ausgewählten Situationen Lernför<strong>de</strong>rungsmo<strong>de</strong>lle zu<br />

entwickeln, die Sie dann an Ihre Tätigkeit vor Ort anpassen können.<br />

9. Motivation<br />

Die Fortbildung für Beratungslehrkräfte zum Thema Motivation will folgen<strong>de</strong> Ziele erreichen:<br />

- einen Überblick über die wichtigsten motivationstheoretischen Mo<strong>de</strong>lle geben<br />

- anerkannte Beratungsmetho<strong>de</strong>n im Zusammenhang mit <strong>de</strong>n motivationstheoretischen<br />

Mo<strong>de</strong>llen erläutern <strong>und</strong> ihre Anwendung an Fallbeispielen aus <strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>r Beratungslehrkraft<br />

reflektieren <strong>und</strong> einüben


- 26 -<br />

Knoll/Mayr: Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

- durch teilnehmeraktivieren<strong>de</strong> Metho<strong>de</strong>n einen anregen<strong>de</strong>n „Lerntag“ gestalten, <strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>m Thema Motivation gerecht wird<br />

- die Stärken <strong>de</strong>r jeweiligen Theoriemo<strong>de</strong>lle im Sinne eines integrativen Beratungsansatzes<br />

nutzen.<br />

10. Schulangst:<br />

Die Fortbildung bringt einen Überblick über neuere Angsttheorien <strong>und</strong> Behandlungskonzepte<br />

von Angstproblemen. Ferner wird die Wahrnehmung von Angstsymptomen an<br />

Fallbeispielen trainiert. Im Sinne eines integrativen Ansatzes wer<strong>de</strong>n konkrete Interventionsmöglichkeiten<br />

<strong>de</strong>r Beratungslehrkraft herausgearbeitet.<br />

11. Persönlichkeitstheorien <strong>und</strong> Beratungsziele:<br />

Berater orientieren sich bei Ihrer Tätigkeit an bestimmten Zielen. Diese stehen in Zusammenhang<br />

mit Persönlichkeitsmo<strong>de</strong>llen, Menschenbil<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Beraterbil<strong>de</strong>rn. Die Beratungslehrkraft<br />

soll die Mo<strong>de</strong>lle überblicken können <strong>und</strong> entsprechen<strong>de</strong> Zusammenhänge<br />

reflektieren. Mit diesem Wissen kann sie ihren beraterischen Standort genauer<br />

bestimmen <strong>und</strong> ihre Beratung bewusster gestalten. An Fallbeispielen wird die praktische<br />

Anwendung erprobt.<br />

12. Stärkenorientierte Beratung<br />

Zunächst wird <strong>de</strong>r Unterschied zwischen einer <strong>de</strong>fizitorientierten <strong>und</strong> einer stärkenorientierten<br />

Beratung herausgearbeitet. Notwendige Voraussetzungen einer Stärkenorientierung<br />

wer<strong>de</strong>n besprochen. Dann geht es darum, an Beispielen aus <strong>de</strong>r Beratungspraxis<br />

<strong>und</strong> an geeigneten Ausschnitten bekannter Biographien persönliche Stärken zu erkennen<br />

<strong>und</strong> diese auszubauen. Dabei wird die Notwendigkeit von Zusammenarbeit betont.<br />

13. Verhaltensauffällige Schüler (2 Tage)<br />

Die Fortbildung zum Thema Verhaltensauffälligkeiten will Beratungslehrkräfte bei <strong>de</strong>r<br />

Beratung von Schülern unterstützen, die durch ihr aggressives Verhalten auffallen. Solche<br />

Schüler stellen auch an <strong>de</strong>n Berater hohe Anfor<strong>de</strong>rungen. Um einen Überblick <strong>und</strong><br />

neue Handlungsperspektiven zu gewinnen, ist es wichtig, zunächst die Subjektivität unserer<br />

Wahrnehmung, unseres Erlebens <strong>und</strong> Bewertens anzuschauen. Dann sollen<br />

Schritte aufgezeigt wer<strong>de</strong>n, die aus dieser „Subjektivitätsfalle“ führen können. Eine genaue<br />

Verhaltensbeobachtung <strong>und</strong> Verhaltensbeschreibung ermöglichen eine wissenschaftlich<br />

f<strong>und</strong>ierte Problemanalyse. Daraus ergeben sich Ansätze für eine systematische<br />

Beratung verhaltensauffälliger Schüler. Die Grenzen <strong>de</strong>r Intervention durch Beratungslehrkräfte<br />

wer<strong>de</strong>n berücksichtigt.<br />

14. Systemische Beratungsmetho<strong>de</strong>n<br />

Wenn in <strong>de</strong>r schulischen Beratung mit Familien (o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Problemsystem i. e. S.) gearbeitet<br />

wird, muss auch die Gesprächsstrategie dieser Situation angepasst wer<strong>de</strong>n. Geeignete<br />

Elemente aus <strong>de</strong>r systemischen Familienarbeit wer<strong>de</strong>n für die schulische Beratungsarbeit<br />

ausgewählt <strong>und</strong> vorgestellt. Dies reicht vom telefonischen Erstkontakt über<br />

das entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Erstgespräch, die Technik <strong>de</strong>s zirkulären Fragens bis hin zu systemischen<br />

Interventionen.


Knoll/Mayr: Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung - 27 -<br />

15. Umgang mit beruflichen Belastungssituationen ( 2 Tage)<br />

Lehrer, die zugleich Beratungslehrkräfte sind, können in einen Rollenkonflikt geraten.<br />

Sie wer<strong>de</strong>n von Schülern, Eltern, Kollegen <strong>und</strong> Schulleitern gefor<strong>de</strong>rt. Diese vielseitigen<br />

Ansprüche können an <strong>de</strong>r psychischen <strong>und</strong> physischen Kondition zehren. Wie erleben<br />

Beratungslehrkräfte die Belastung, wie können sie mit <strong>de</strong>m dadurch gegebenen Stress<br />

umgehen? Im Rahmen <strong>de</strong>r Fortbildungsveranstaltung betrachten die Teilnehmer ihre<br />

persönlichen <strong>und</strong> beruflichen Belastungen. Darüber hinaus wird mit möglichen kurz- <strong>und</strong><br />

langfristigen Bewältigungsstrategien experimentiert. Soweit dies die Teilnehmer wünschen,<br />

wird eine Folgeveranstaltung angeboten.<br />

16. Gewaltprävention an Schulen (3 Tage)<br />

Gewalt <strong>und</strong> Aggression stellen eine ständige Herausfor<strong>de</strong>rung von Lehrern dar. Rezepte<br />

können nicht angeboten wer<strong>de</strong>n bzw. greifen nicht. Die Fortbildungsveranstaltung beschäftigt<br />

sich mit Möglichkeiten <strong>de</strong>r Prävention. Insbeson<strong>de</strong>re wird auf die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r<br />

Konfliktlösungskompetenz von Schülern sowie <strong>de</strong>n Einsatz von Schülern als Konfliktmanagern<br />

eingegangen. Ziel <strong>de</strong>r Veranstaltung ist es, Beratungslehrkräfte für die Initiierung<br />

ähnlicher Projekte an <strong>de</strong>n von Ihnen betreuten Schulen zu motivieren <strong>und</strong> vorzubereiten.<br />

17. Einführungsveranstaltung für neue Beratungslehrkräfte<br />

Die Teilnehmer wer<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m System <strong>de</strong>r bayerischen Schulberatung <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Aufgaben<br />

<strong>de</strong>r Beratungslehrkräfte bekannt gemacht. Ferner wer<strong>de</strong>n behan<strong>de</strong>lt:<br />

Aufbau <strong>de</strong>s bayerischen Schulsystems, Durchlässigkeit, Informationsbeschaffung <strong>und</strong><br />

das Beratungsgespräch. Nach dieser Einführungsveranstaltung wer<strong>de</strong>n die Teilnehmer<br />

möglichst bald zu „Gesprächsführung I“ eingela<strong>de</strong>n.<br />

Neue Fortbildungsbausteine ab 2003:<br />

18. Soziales Lernen<br />

Schule <strong>und</strong> Lehrer sind zunehmend gefor<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>n Schülern ein Trainingsfeld für soziales<br />

Lernen <strong>und</strong> zum Erwerb sozialer Kompetenzen zu eröffnen. Die Fortbildung soll eine<br />

theoretische F<strong>und</strong>ierung schaffen <strong>und</strong> einen Überblick über schnell umsetzbare, kleine<br />

Übungseinheiten bis hin zu großen Projekten geben. Module verschie<strong>de</strong>ner Präventionskonzepte<br />

wer<strong>de</strong>n vorgestellt, im Detail erprobt <strong>und</strong> ihre Anwendung in verschie<strong>de</strong>nen<br />

Schularten reflektiert <strong>und</strong> modifiziert.<br />

19. Brennpunktthema ADS<br />

Nach einem kurzen Erfahrungsaustausch wer<strong>de</strong>n u.a. Erkenntnisse zur Ursachenforschung<br />

<strong>und</strong> zum Erscheinungsbild <strong>de</strong>r Aufmerksamkeits<strong>de</strong>fizit-Störung dargelegt, die<br />

Problematik <strong>de</strong>r Definition <strong>und</strong> Diagnostik aufgezeigt sowie medikamentöse <strong>und</strong> therapeutische<br />

Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt. Ein größerer zeitlicher Rahmen ist <strong>de</strong>r<br />

Erarbeitung von Hilfestellungen <strong>und</strong> Maßnahmen für betroffene Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche<br />

im schulischen Kontext gewidmet.


- 28 -<br />

Knoll/Mayr: Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

Fortbildungsangebote für Staatliche Schulpsychologen am Beispiel <strong>de</strong>r staatlichen<br />

Schulberatungsstelle für Oberbayern-Ost<br />

Das Team <strong>de</strong>r Schulpsychologen an <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für Oberbayern-<br />

Ost entwickelte bedarfsorientierte Fortbildungsthemen.<br />

Die Teilnahme ist gr<strong>und</strong>sätzlich freiwillig.<br />

Fortbildungsveranstaltungen 2001<br />

1. Zum Stand <strong>de</strong>r Lernforschung: Lehrergeleitetes vs. selbstreguliertes Lernen<br />

Es wird <strong>de</strong>r Stand <strong>de</strong>r Forschung im Bereich <strong>de</strong>s schulischen Lehrens <strong>und</strong> Lernens vorgestellt<br />

<strong>und</strong> dabei Bezug auf die kontroverse Diskussion zum strukturierten, lehrergeleiteten<br />

vs. problemorientiertes, selbstreguliertes Lernen genommen. Im Zentrum <strong>de</strong>r Fortbildung<br />

stehen Forschungsergebnisse <strong>und</strong> Anwendungsmöglichkeiten sowie Probleme <strong>de</strong>s<br />

aktiven Lernens in <strong>de</strong>r Schule (Selbstorganisation <strong>de</strong>s Lernens; kooperatives Lernen). Die<br />

Teilnehmer/-innen wer<strong>de</strong>n selbst Gelegenheit erhalten, ausgewählte Formen <strong>de</strong>s aktiven<br />

Lernens zu erproben. Weiterhin sollen differentielle Effekte für die Einzelfallberatung,<br />

Probleme <strong>de</strong>r Systemberatung <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Lernenlernens (Lernstrategien) einbezogen wer<strong>de</strong>n.<br />

2. Einführung <strong>und</strong> Vorstellung <strong>de</strong>r neueren Testverfahren (K-ABC, HAWIK III, AID 2,<br />

CFT 20)<br />

In dieser Veranstaltung wer<strong>de</strong>n vier überarbeitete Testverfahren unter för<strong>de</strong>rdiagnostischem<br />

Aspekt vorgestellt: Die K-ABC, <strong>de</strong>r HAWIK II, <strong>de</strong>r AID 2 <strong>und</strong> <strong>de</strong>r CFT 20 sind Verfahren,<br />

die zur Beurteilung von Teilleistungen geeignet sind. Interpretationshilfen wer<strong>de</strong>n<br />

gegeben; anhand von Fallbeispielen erarbeitet die Gruppe För<strong>de</strong>rstrategien. Die<br />

Computerauswertung <strong>de</strong>r Tests wird ebenfalls vorgestellt.<br />

3. Aggressionsforschung, Medien <strong>und</strong> Gewalt<br />

Rudolf Weiß ist Autor <strong>de</strong>s Buches „Gewalt, Medien <strong>und</strong> Aggressivität bei Schülern“<br />

(Hogrefe 2000.) Es wer<strong>de</strong>n Determinanten <strong>de</strong>struktiver Aggressionen <strong>und</strong> verschie<strong>de</strong>ne<br />

Aggressionsmo<strong>de</strong>lle dargestellt <strong>und</strong> Bezug zur schulischen Realität hergestellt. In seiner<br />

Übersicht dazu verbin<strong>de</strong>t er Persönlichkeit <strong>und</strong> Familie. Dabei sollen auch spezifische<br />

Aggressivitätsformen wie Suizid <strong>und</strong> ADS mit aggressiver Symptomatik behan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />

Das „Geschäft mit <strong>de</strong>r Gewalt“ in <strong>de</strong>n Medien <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Einflüsse auf die Genese<br />

<strong>de</strong>struktiver Aggressionen bil<strong>de</strong>n einen weiteren Schwerpunkt <strong>de</strong>r Ausführungen. In Arbeitsgruppen<br />

sollen die Teilnehmer/-innen praktikable Präventions- <strong>und</strong> Interventionsmo<strong>de</strong>lle<br />

kennen lernen <strong>und</strong> diskutieren. Im Abschlussplenum können Prioritäten <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

ausgetauscht wer<strong>de</strong>n.<br />

4. Probleme von Alleinerziehen<strong>de</strong>n <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>rn<br />

Der Verein für alleinerziehen<strong>de</strong> Mütter <strong>und</strong> Väter (VAMV) gestaltet <strong>de</strong>n Tag im Hinblick<br />

auf<br />

- Probleme von Kin<strong>de</strong>rn, <strong>de</strong>ren Eltern sich trennen o<strong>de</strong>r getrennt haben


Knoll/Mayr: Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung - 29 -<br />

- allein erziehen<strong>de</strong> Elternteile als Gesprächspartner in <strong>de</strong>r Schule<br />

- Stiefväter bzw. Stiefmütter.<br />

Fortbildungsveranstaltungen (2002)<br />

1. Rechenschwäche (Dyskalkulie)<br />

Ein Fachpsychologe <strong>de</strong>r Medizin, Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen Psychotherapeut <strong>und</strong> eine<br />

Montessori-Therapeutin schaffen einen Überblick über Ursachen <strong>und</strong> Symptomatik, Diagnostik<br />

<strong>und</strong> Therapiemöglichkeiten <strong>de</strong>r Rechenschwäche.<br />

2. Das Aufmerksamkeits<strong>de</strong>fizit-Syndrom (ADS)<br />

Beim öffentlichen Expertengespräch zum Thema ADS am 22. November 2001 im Bayerischen<br />

Landtag sind verschie<strong>de</strong>ne Experten aufgetreten. Es wer<strong>de</strong>n theoretische<br />

Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Informationen aus aktuellen Texten dargestellt <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Gruppe ausdiskutiert,<br />

weiterhin wer<strong>de</strong>n praxisbezogene Möglichkeiten <strong>de</strong>r Unterstützung von Kin<strong>de</strong>rn<br />

mit ADS im Unterricht aufgezeigt. Ziel <strong>de</strong>s Tages ist es, zu wissen, welche Bedingungen<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler mit Aufmerksamkeitsstörungen brauchen, um erfolgreich<br />

am Unterricht an einer Gr<strong>und</strong>schule o<strong>de</strong>r einer weiterführen<strong>de</strong>n Schule teilnehmen<br />

zu können.<br />

3. Selbstverletzungsverhalten Ursachen – Erscheinungsbil<strong>de</strong>r – Behandlungsmöglichkeiten<br />

Das Problem <strong>de</strong>r Selbstverletzung (z. B. Schnei<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Brennen) scheint zuzunehmen.<br />

Das Symptom tritt häufig auch im Zusammenhang mit Impulsstörungen (z. B. Bor<strong>de</strong>rline<br />

o<strong>de</strong>r Bulimie) auf. Es kann lange Zeit heimlich geschehen (Narben wer<strong>de</strong>n vor an<strong>de</strong>ren<br />

z.B. als Kratzer einer Katze ausgelegt), manchmal allerdings zeigen Jugendliche Ihre<br />

Narben <strong>und</strong> scheinen an<strong>de</strong>re zum Nachahmen anzuregen.<br />

4. Gewaltprävention, Medienwirkungen <strong>und</strong> Medienerziehung<br />

Das Blutbad von Erfurt hat die Öffentlichkeit <strong>und</strong> Politik für die Problematik <strong>de</strong>r Gewaltverherrlichung<br />

in <strong>de</strong>n Medien sensibilisiert. Gleichzeitig wird von Medienvertretern, aber<br />

auch von einigen Erziehungswissenschaftlern behauptet, die Wirkungsforschung habe<br />

keine o<strong>de</strong>r nur wi<strong>de</strong>rsprüchliche Ergebnisse hervorgebracht. In <strong>de</strong>r Fortbildung geht es<br />

darum, neue Forschungsergebnisse <strong>de</strong>r Medienwirkungsforschung kennen zu lernen,<br />

Möglichkeiten <strong>de</strong>r Prävention von Gewalt in <strong>de</strong>n Schulen vorzustellen <strong>und</strong> zu diskutieren.<br />

Ebenso ist die Rolle <strong>de</strong>s Schulpsychologen in diesem Kontext zu über<strong>de</strong>nken <strong>und</strong><br />

zu klären.<br />

Fortbildungsveranstaltungen 2003<br />

1. Einführung in die Integratvie Traumatherapie bei posttraumatischer Belastungsstörung<br />

(PTBS) <strong>und</strong> Krisenintervention bei akuter Belastungsstörung (ABS)<br />

Inhalte: „Nichts ist mehr, wie es war, am wenigsten man selbst“, ist häufig das Empfin<strong>de</strong>n<br />

von Betroffenen nach traumatischen Erfahrungen. Der Integrative Ansatz in <strong>de</strong>r<br />

Kurzzeittherapie von PTBS kann <strong>helfen</strong>, das Erlebte zu verarbeiten. Der Kurs wechselt


- 30 -<br />

Knoll/Mayr: Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

mit theoretischen <strong>und</strong> praktischen Teilen <strong>und</strong> liefert das nötige theoretische Gerüst <strong>und</strong><br />

mit praktischen Übungen eine Einführung in das therapeutische Vorgehen:<br />

- Phänomenologie <strong>de</strong>r PTBS <strong>und</strong> ABS<br />

- Diagnostik <strong>de</strong>r PTBS <strong>und</strong> ABS<br />

- Theoretische Mo<strong>de</strong>lle zur Ätiologie <strong>und</strong> Therapie <strong>de</strong>r PTBS<br />

- Veranschaulichen<strong>de</strong> Übungen an Fallbeispielen<br />

- Möglichkeiten <strong>de</strong>r Stabilisierung <strong>und</strong> Wie<strong>de</strong>rerlangung von Sicherheit bei akut<br />

Traumatisierten<br />

- Eigene Reflexion <strong>und</strong> Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>r Trauma-Thematik (Umgang mit Traumatisierten<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Angehörigen)<br />

Methodik: Die theoretischen <strong>und</strong> praktischen Inhalte wer<strong>de</strong>n interaktiv <strong>und</strong> multimedial<br />

vermittelt. Der Schwerpunkt <strong>de</strong>s Kurses wird, im Hinblick auf einen möglichen Transfer,<br />

auf die sofortige Umsetzung <strong>de</strong>r vermittelten Techniken <strong>und</strong> Interventionen gelegt. Dabei<br />

ist <strong>de</strong>r enge Praxisbezug durch anschauliches Fallmaterial <strong>und</strong> Übungen wie z.B. Rollenspiele<br />

gewährleistet. Zusätzlich lernen die Teilnehmer/innen eigene Grenzen im Umgang<br />

mit Traumata <strong>und</strong> Möglichkeiten <strong>de</strong>r Abgrenzung kennen.<br />

2. Krisenmanagement in <strong>de</strong>r Schule – Erfahrungen, Reflexionen <strong>und</strong> Konsequenzen<br />

Nach einer Klärung <strong>de</strong>s theoretischen Rahmens <strong>und</strong> einem kurzen Streifzug durch Kriseninterventionskonzepte<br />

wer<strong>de</strong>n wir anhand <strong>de</strong>s sogenannten FNV-Mo<strong>de</strong>lls (Krisen-<br />

Für-, Nach- <strong>und</strong> Vorsorge) vertieften Einblick gewähren in die Interventionsplanung eines<br />

Krisenteams als auch in die unmittelbare Arbeit mit Betroffenen selbst.<br />

Regionale Weiterbildungskurse zum Erwerb <strong>de</strong>r Qualifikation als Beratungslehrkraft<br />

gemäß § 109 LPO I<br />

Auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>s Ausbildungscurriculums <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie für Lehrerfortbildung <strong>und</strong> Personalführung<br />

in Dillingen, die gleichzeitig auch Außenstelle <strong>de</strong>s Prüfungsamtes für diesen<br />

Bereich ist, organisiert die staatliche Schulberatungsstelle die Ausbildung im Rahmen von<br />

ca. 40 regionalen Studientagen bei 3 Lehrgangswochen in Dillingen. Für die Organisation<br />

dieser Studientage ist eine enge Kooperation mit <strong>de</strong>n Universitäten im jeweiligen Bezirk<br />

notwendig:<br />

Oberbayern: Universität München, Nie<strong>de</strong>rbayern: Universität Passau, Oberpfalz: Universität<br />

Regensburg, Oberfranken: Universität Bamberg <strong>und</strong> Bayreuth, Unterfranken: Universität<br />

Würzburg, Mittelfranken: Universität Erlangen/Nürnberg.<br />

Mit diesen eigenverantwortlich organisierten 40 Studientagen leistet die staatliche Schulberatungsstelle<br />

neben <strong>de</strong>r täglichen Beratungsarbeit einen sehr aufwändigen Beitrag zur Ausbildung<br />

<strong>de</strong>r Beratungslehrkräfte <strong>und</strong> damit zur Qualitätssicherung <strong>de</strong>r Schulberatung.


Schulberatungstelle<br />

Knoll/Mayr: Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung - 31 -<br />

Durchgeführt wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n letzten Jahren an zweijährigen regionalen Weiterbildungskursen: <br />

Oberbayern-<br />

Ost<br />

Oberbayern-<br />

West<br />

München <br />

Oberfranken <br />

Oberpfalz <br />

Mittelfranken<br />

02/04 01/03 00/02 99/01 98/00 97/99 96/98 95/97<br />

50 TN 50 TN<br />

Weiterbildung in Ergänzung <strong>de</strong>r Ausbildung an <strong>de</strong>r Kath. Universität<br />

Eichstätt u. <strong>de</strong>r LMU München 50 TN<br />

Ausbildungsmöglichkeit 1 an <strong>de</strong>r Universität München (LMU)<br />

30 TN<br />

30 TN<br />

31 TN<br />

Unterfra<br />

31 TN<br />

nken<br />

Nie<strong>de</strong>rbayern<br />

30 TN<br />

1<br />

Lehrkräfte aus <strong>de</strong>r Stadt München <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Landkreis sind in <strong>de</strong>r Ausbildung an die Universität verwiesen,<br />

ihnen steht auch nicht die Weiterbildungsmaßnahme an <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie in Dillingen offen.<br />

Planung <strong>de</strong>r Studientage am Beispiel <strong>de</strong>s regionalen Weiterbildungskurses für Oberbayern-Ost<br />

2001 – 2003<br />

Themen:<br />

• Konzeption <strong>de</strong>r Ausbildung, Ziele, Prüfung, Hausarbeit (Fallarbeit)<br />

• Einführung in die Fallarbeit<br />

• Gr<strong>und</strong>sätze <strong>de</strong>r Beratungspsychologie<br />

• Pädagogische Gr<strong>und</strong>lagen <strong>de</strong>r Beratung<br />

• Schuleignung <strong>und</strong> Schullaufbahnberatung<br />

• Schulrechtliche <strong>und</strong> administrative Regelungen<br />

• Volksschule (Übertritt, Einschulung, Zurückstellen, Überspringen, QA, M10)<br />

• Überblick über das <strong>de</strong>utsche Schulsystem


- 32 -<br />

Knoll/Mayr: Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung<br />

• Familie als Entwicklungskontext von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

• Gesprächsführung in <strong>de</strong>r Beratung I: Partnerzentrierte Gesprächsführung<br />

• För<strong>de</strong>rschulen: Aufgaben, Einrichtungen (schulvorbereiten<strong>de</strong>, mobile)<br />

För<strong>de</strong>rzentrum Grafing<br />

• Persönlichkeitspsychologische Gr<strong>und</strong>lagen<br />

• Angst: Mo<strong>de</strong>lle, Erscheinungsformen, Diagnostik, Intervention<br />

• Gesprächsführung in <strong>de</strong>r Beratung II: problem- <strong>und</strong> lösungsorientierte Gesprächsführung<br />

• Medienwirkung: Sozialverhalten <strong>und</strong> Schulleistung<br />

• Konfliktmanagement in <strong>de</strong>r Schule<br />

• Entwicklungspsychologische Aspekte <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s- <strong>und</strong> Jugendalters<br />

• Schullaufbahnen, Anfor<strong>de</strong>rungsprofile <strong>de</strong>r Realschule/Wirtschaftsschule<br />

• Schullaufbahnen <strong>de</strong>r beruflichen Schulen<br />

• Schullaufbahnen, Anfor<strong>de</strong>rungsprofile <strong>de</strong>s Gymnasiums<br />

• Aspekte zum kognitiven System <strong>de</strong>r Persönlichkeit<br />

• Möglichkeiten <strong>de</strong>r Schulleistungsbeurteilung unter schulischen Alltagsbedingungen<br />

• Schule <strong>und</strong> Persönlichkeitsentwicklung<br />

• Gr<strong>und</strong>lagen quantitativer Messverfahren: Allgemeine Intelligenz-, Fähigkeits- <strong>und</strong> Leistungstests<br />

• Ergebnisse PISA-E <strong>und</strong> PISA international<br />

• Entwicklungsabhängige Probleme im Lern-, Leistungs- <strong>und</strong> Sozialverhalten - Legasthenie,<br />

Lese- <strong>und</strong> Rechtschreibschwäche<br />

• Aspekte zum Lernsystem <strong>de</strong>r Persönlichkeit: Lernen <strong>und</strong> Gedächtnis<br />

• Fallbearbeitung<br />

• Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Konzentration, Verfahren, För<strong>de</strong>rung<br />

• Anamnese <strong>und</strong> Exploration<br />

• Aspekte zum Lernsystem <strong>de</strong>r Persönlichkeit: Selbstreguliertes Lernen<br />

• Verhaltensbeobachtung <strong>und</strong> Ratingverfahren / Teufelskreis Lernstörungen<br />

• Entwicklungsabhängige Probleme im Lern-, Leistungs- <strong>und</strong> Sozialverhalten Aufmerksamkeits<strong>de</strong>fizitsyndrom<br />

(ADS)<br />

• Motivationale Aspekte bei Lern- <strong>und</strong> Leistungsproblemen<br />

• Gedächtnisstrategien <strong>und</strong> Lernhilfen<br />

• Lern- <strong>und</strong> Arbeitsverhalten<br />

• Pädagogisch-psychologische Interventionsansätze bei Verhaltensauffälligkeiten <strong>und</strong> sozialen<br />

Konflikten<br />

• Lösungsorientierte Gesprächsführung<br />

• Schul- <strong>und</strong> Klassenklima


Bauerschmidt/Tauscher: Beratung <strong>und</strong> MSD - 33 -<br />

Arno Bauerschmidt, WernerTauscher<br />

Zusammenarbeit von Beratung <strong>und</strong> mobilen son<strong>de</strong>rpädagogischen<br />

Diensten<br />

1. Anlass für die Überlegungen ist ein Beratungsfall aus <strong>de</strong>r Praxis. Der Lehrer einer 3. Klasse<br />

Gr<strong>und</strong>schule kommt zum Beratungslehrer <strong>und</strong> erklärt dort, dass ein Junge in seiner Klasse<br />

ist, <strong>de</strong>r wohl zum Zwischenzeugnis in Deutsch <strong>und</strong> Mathematik die Note 5 erhalten wird. Er<br />

möchte gerne wissen, was in diesem Fall zu tun ist.<br />

2. Einer Veröffentlichung <strong>de</strong>s Staatsministeriums zum aktuellen Thema: „Europäisches Jahr<br />

<strong>de</strong>r Menschen mit Behin<strong>de</strong>rungen 2003“ ist zu entnehmen: „Frau Staatsministerin Hohlmeier<br />

ist es ein beson<strong>de</strong>res Anliegen, innerhalb <strong>de</strong>s bayerischen Schulsystems die vielfältigen<br />

<strong>und</strong> bewährten Kooperationen zwischen <strong>de</strong>n allgemeinen Schulen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n För<strong>de</strong>rschulen<br />

aufzuzeigen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Öffentlichkeit bewusst zu machen, in welch hohem Ausmaß Kin<strong>de</strong>r<br />

<strong>und</strong> Jugendliche mit son<strong>de</strong>rpädagogischem För<strong>de</strong>rbedarf bereits in <strong>de</strong>n allgemeinen Schulen<br />

unterrichtet <strong>und</strong> geför<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n.“<br />

Im Folgen<strong>de</strong>n soll <strong>de</strong>r oben genannte Fall unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt <strong>de</strong>r Zusammenarbeit<br />

dieser verschie<strong>de</strong>nen Dienste dargestellt wer<strong>de</strong>n.<br />

3. Zuerst soll eine Kennzeichnung <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Dienste erfolgen.<br />

� Beratung: In <strong>de</strong>r Bekanntmachung <strong>de</strong>s Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht<br />

<strong>und</strong> Kultus vom 29. Oktober 2001 wird Schulberatung als ein Teil <strong>de</strong>r schulischen Erziehungsaufgabe<br />

gekennzeichnet. Dabei wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Schulberatung vor allem die folgen<strong>de</strong>n<br />

vier Bereiche zugeordnet.<br />

� Die Schullaufbahnberatung dient <strong>de</strong>r individuellen Beratung hinsichtlich <strong>de</strong>r<br />

Wahl <strong>de</strong>r Schullaufbahn <strong>und</strong> <strong>de</strong>r allgemeinen Information über das schulische<br />

Bildungsangebot.<br />

� Die pädagogisch–psychologische Beratung hilft bei <strong>de</strong>r Bewältigung von<br />

Schulproblemen, wie Lern- <strong>und</strong> Leistungsschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten<br />

<strong>und</strong> schulischen Konflikten.<br />

� In <strong>de</strong>r Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften sollen die gewonnenen Erkenntnisse<br />

für die Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Schulen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Schulsysteme nutzbar<br />

gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />

� Durch die Zusammenarbeit mit an<strong>de</strong>ren Beratungsdiensten soll eine Abstimmung<br />

bei Bedarf erreicht <strong>und</strong> die Wirksamkeit <strong>de</strong>r Einrichtungen im öffentlichen<br />

Interesse erhöht wer<strong>de</strong>n.


- 34 -<br />

Eltern<br />

Bauerschmidt/Tauscher: Beratung <strong>und</strong> MSD<br />

Klassenlehrkraft stellt<br />

För<strong>de</strong>rbedarf fest<br />

Beratungslehrkraft (mit<br />

Ausbildung)<br />

MSD<br />

Außerschulische<br />

Stellen<br />

1. Vorleistungen <strong>de</strong>r allgemeinen Schule<br />

För<strong>de</strong>rlehrkraft/Kollegen<br />

2. Mobiler Son<strong>de</strong>rpädagogischer Dienst (MSD)<br />

M<br />

a<br />

ß<br />

n<br />

a<br />

h<br />

m<br />

e<br />

n<br />

Ermittlung <strong>de</strong>s Son<strong>de</strong>rpädagogischen För<strong>de</strong>rbedarfs<br />

<strong>de</strong>s Schülers/<strong>de</strong>r<br />

Schülerin<br />

(Gutachten)<br />

3. Erstellen eines gemeinsamen För<strong>de</strong>rplans<br />

För<strong>de</strong>rn in Kooperation<br />

Klassenlehrkraft<br />

Eltern<br />

Zwischen- bzw. Abschlussgespräch<br />

Abb. 1<br />

För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r allgemeinen<br />

Schulen<br />

Meldung an För<strong>de</strong>rschulen<br />

Überprüfung Einschaltung<br />

Lernort MSD<br />

För<strong>de</strong>rschule<br />

För<strong>de</strong>rlehrkraft


Bauerschmidt/Tauscher: Beratung <strong>und</strong> MSD - 35 -<br />

� Der mobile son<strong>de</strong>rpädagogische Dienst ist ein ambulantes Beratungs- <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rangebot<br />

<strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rschule zur individuellen För<strong>de</strong>rung von gefähr<strong>de</strong>ten <strong>und</strong> von Behin<strong>de</strong>rung<br />

bedrohten Kin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Regelschule mit schulischen Problemen. Durch eine<br />

zusätzliche beson<strong>de</strong>re pädagogische Betreuung soll <strong>de</strong>r son<strong>de</strong>rpädagogische För<strong>de</strong>rbedarf<br />

dieser Schüler an <strong>de</strong>r allgemeinen Schule erfüllt wer<strong>de</strong>n (BayEUG, Artikel 21).<br />

Der mobile son<strong>de</strong>rpädagogische Dienst arbeitet<br />

� präventiv (drohen<strong>de</strong>s Schulversagen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s zu vermei<strong>de</strong>n)<br />

� integrativ (Verbleib <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s an <strong>de</strong>r Regelschule zu ermöglichen)<br />

� subsidiär (Hilfestelle, Schutzmaßnahme, Verbesserungen)<br />

� kooperativ (enge Zusammenarbeit mit Schule <strong>und</strong> Elternhaus).<br />

aus: Zeitschrift für Behin<strong>de</strong>rtenpädagogik in Bayern/3/2002<br />

� För<strong>de</strong>rlehrer unterstützen <strong>de</strong>n Unterricht <strong>und</strong> tragen durch die Arbeit mit Schülergruppen<br />

zur Sicherung <strong>de</strong>s Unterrichtserfolgs bei. Die För<strong>de</strong>rlehrer übernehmen<br />

beson<strong>de</strong>re Aufgaben <strong>de</strong>r Betreuung von Schülern selbstständig <strong>und</strong> eigenverantwortlich<br />

<strong>und</strong> wirken bei sonstigen Schulveranstaltungen <strong>und</strong> Verwaltungstätigkeiten<br />

mit.<br />

4. Neuer Ansatz in <strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rpädagogik (Paradigmenwechsel). Früher hatte die För<strong>de</strong>rschule<br />

eine die Volksschule entlasten<strong>de</strong> Funktion, die Diagnostik wur<strong>de</strong> als Selektionsinstrumentarium<br />

zur Feststellung einer „Son<strong>de</strong>rschulbedürftigkeit“ verstan<strong>de</strong>n. Die Einschulung<br />

in die För<strong>de</strong>rschule war meistens nicht mehr umkehrbar <strong>und</strong> <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rort wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Son<strong>de</strong>rschule festgelegt. Heute versteht sich die Son<strong>de</strong>rpädagogik als die Volksschule unterstützend,<br />

sie arbeitet präventiv <strong>und</strong> för<strong>de</strong>rt die Integration <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s in die Gleichaltrigengruppe.<br />

Die Diagnostik wird als För<strong>de</strong>rdiagnostik verstan<strong>de</strong>n, die dazu führt einen diagnosegeleiteten<br />

Unterricht vorzubereiten. Die Übernahme in eine För<strong>de</strong>rgruppe wird als<br />

vorläufig <strong>und</strong> je<strong>de</strong>rzeit revidierbar angesehen <strong>und</strong> die Lernorte können sehr vielfältig zum<br />

Beispiel an <strong>de</strong>r Regelschule o<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Regelschule mit son<strong>de</strong>rpädagogischem Dienst<br />

sein.<br />

5. Im neuen Lehrplan <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>schulen in Bayern (August 2000) wird im Kapitel 1 festgestellt,<br />

dass die Gr<strong>und</strong>schule als erste <strong>und</strong> gemeinsame Schule Lernort <strong>und</strong> Lebensraum ist für<br />

eine Schülerschaft von großer Heterogenität in Bezug auf ihre familiäre, soziale, regionale<br />

<strong>und</strong> ethnische Herkunft sowie ihre individuellen Lern- <strong>und</strong> Leistungsdispositionen.<br />

Schüler, die beson<strong>de</strong>rer Hilfe o<strong>de</strong>r einer son<strong>de</strong>rpädagogischen För<strong>de</strong>rung bedürfen, wer<strong>de</strong>n<br />

von <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>schule mit ihren Mitteln <strong>und</strong> Möglichkeiten, zum Beispiel auch durch <strong>de</strong>n<br />

Einsatz von För<strong>de</strong>rlehrern unterstützt. Dabei arbeitet die Schule je nach Gegebenheit mit<br />

<strong>de</strong>n Beratungsdiensten <strong>und</strong> mobilen son<strong>de</strong>rpädagogischen Diensten zusammen. (2.4)<br />

(Siehe Abb 1)<br />

6. Möglichkeiten <strong>de</strong>s Beratungslehrers:<br />

- Durchführung eines Rechtschreibscreenings durch <strong>de</strong>n Klassenlehrer, auf Hinweis <strong>de</strong>s<br />

Beratungslehrers (Verdacht auf Lese- Rechtschreibstörung o<strong>de</strong>r –schwäche).


- 36 -<br />

Bauerschmidt/Tauscher: Beratung <strong>und</strong> MSD<br />

- Gespräch mit <strong>de</strong>n Eltern (Anamnese) <strong>und</strong> gegebenenfalls Einholung <strong>de</strong>r Genehmigung<br />

zur Durchführung von Testverfahren.<br />

- Tests zur Begabung, zur Anstrengungsbereitschaft, zur Angst, zur Konzentration können<br />

durchgeführt wer<strong>de</strong>n, hier kann eventuell ein staatlicher Schulpsychologe zugezogen<br />

wer<strong>de</strong>n, wenn es um <strong>de</strong>n Persönlichkeitsbereich geht.<br />

- Der Beratungslehrer erstellt ein Gutachten, in <strong>de</strong>m er seine Erkenntnisse zusammenfasst.<br />

Es wer<strong>de</strong>n dann alle Beteiligten innerhalb <strong>de</strong>r Schule Absprachen treffen <strong>und</strong> eine<br />

gemeinsame Beratung über die zukünftige Vorgehensweise anberaumen. Aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>s Gutachtens <strong>de</strong>s Beratungslehrers kann dann eine Entscheidung getroffen wer<strong>de</strong>n,<br />

ob das Kind in <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>schule verbleibt <strong>und</strong> dort För<strong>de</strong>rmöglichkeiten eingesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n (zum Beispiel durch diagnosegeleitetes För<strong>de</strong>rn mit Hilfe <strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rlehrers)<br />

o<strong>de</strong>r ob das Kind in <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>schule bleibt <strong>und</strong> <strong>de</strong>r mobile son<strong>de</strong>rpädagogische<br />

Dienst in Anspruch genommen wer<strong>de</strong>n soll.<br />

Der Beratungslehrer kann die schulischen Dokumente (Schülerbogen, Proben, Aufsätze,<br />

usw.) sichten <strong>und</strong> dort mögliche Hinweise auf einen För<strong>de</strong>rbedarf <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s erkennen.<br />

Diese Hinweise können liegen<br />

im Bereich <strong>de</strong>r Einschulung:<br />

- Kin<strong>de</strong>r, die aus <strong>de</strong>r schulvorbereiten<strong>de</strong>n Einrichtung (SVE) kommen,<br />

- Kin<strong>de</strong>r, die bei <strong>de</strong>r Schuleingangsdiagnostik Auffälligkeiten zeigen, zum Beispiel in<br />

<strong>de</strong>r auditiven Wahrnehmung.<br />

in <strong>de</strong>r 1. Jahrgangsstufe:<br />

- Probleme beim Leselehrgang (Buchstabe – Silbe – Wort – Text): Schnelles Dekodieren<br />

einfacher Wörter ist die Stufe, die für einen erfolgreichen Schriftspracherwerb erreicht<br />

wer<strong>de</strong>n muss.<br />

- Rechenprobleme: Fehlen pränumerischer Gr<strong>und</strong>lagen<br />

weitere Problembereiche:<br />

- Problematisches Lern- <strong>und</strong> Arbeitsverhalten, Konzentration<br />

- Plötzlicher Leistungsabfall, –einbruch in einem Fach<br />

- Leistungsversagen in einem Fach<br />

- Leistungsversagen in zwei Fächern (zum Beispiel Deutsch, Mathematik die Note 5)<br />

- „Vorrücken“ gefähr<strong>de</strong>t, als Zeugnisbemerkung, was darauf hinweist, dass das Kind<br />

Hilfe braucht<br />

- Wie<strong>de</strong>rholung einer Jahrgangsstufe<br />

- Der För<strong>de</strong>rlehrer macht Beobachtungen im För<strong>de</strong>runterricht (siehe Abb 2)


Bauerschmidt/Tauscher: Beratung <strong>und</strong> MSD - 37 -<br />

Mobile Son<strong>de</strong>rpädagogische Dienste<br />

Zusammenarbeit zwischen Regelschule <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rschule (Art. 21 BayEUG)<br />

Gr<strong>und</strong>schule/Hauptschule För<strong>de</strong>rschule/För<strong>de</strong>rzentrum<br />

1. Schüler/innen mit beson<strong>de</strong>ren Auffälligkeiten<br />

im Lernen, Sprechen o<strong>de</strong>r Sozialverhalten,<br />

mit Sinnesbeeinträchtigung o<strong>de</strong>r Körperbehin<strong>de</strong>rung<br />

▼<br />

2. Versuch <strong>de</strong>r Problembewältigung durch die<br />

Klassenleitung<br />

Fortlaufen<strong>de</strong> Beobachtung – Beschreibung <strong>de</strong>r Auffälligkeiten<br />

– Versuch einer Problemanalyse – Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Erprobung eigener Strategien<br />

▼<br />

3. Kontaktaufnahme mit Eltern<br />

<strong>und</strong> Einbeziehung in (zumin<strong>de</strong>st Information über) alle<br />

zu treffen<strong>de</strong>n Entscheidungen<br />

▼<br />

4. Versuch einer Problembewältigung unter<br />

Einbeziehung <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

(Beratungslehrer evtl. Schulpsychologischer Dienst)<br />

Differenziertere Diagnostik – Beratung <strong>de</strong>r<br />

Lehrkraft – Entwicklung <strong>und</strong> Erprobung gemeinsamer<br />

Strategien<br />

▼<br />

5. Absprache aller Beteiligten innerhalb <strong>de</strong>r Schule<br />

(Klassen – Beratungslehrer – Fachlehrer – För<strong>de</strong>rlehrer<br />

– Schulleitung) Gemeinsame Beratung über Vorgehensweise<br />

– Entscheidung, ob ein Mobiler Son<strong>de</strong>rpädagog.<br />

Dienst in Anspruch genommen wer<strong>de</strong>n soll.<br />

För<strong>de</strong>rschule<br />

o<strong>de</strong>r<br />

För<strong>de</strong>rzentrum<br />

wer<strong>de</strong>n hier<br />

noch nicht<br />

eingeschaltet<br />

▼<br />

6. Kontaktaufnahme <strong>de</strong>r Schulleitung von Gr<strong>und</strong>-/ Hauptschulen <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rschulen<br />

Anfor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Mobilen Dienstes – erster Informationsaustausch<br />

▼ ▼<br />

7. Übermittlung eines Schulberichtes<br />

Über <strong>de</strong>n Fall <strong>und</strong> die bisher durchgeführten Maßnahmen<br />

an die För<strong>de</strong>rschule<br />

8. Erhebung weiterer för<strong>de</strong>rdiagnostisch be<strong>de</strong>utsamer<br />

Fakten<br />

durch <strong>de</strong>n Mobilen Dienst in Zusammenarbeit mit<br />

<strong>de</strong>r Klassenleitung : Gespräche – Schülerbeobachtung-<br />

anamnestische Erhebungen – Überprüfungen<br />

-Umfeldanalyse<br />

▼<br />

Feststellung <strong>de</strong>s son<strong>de</strong>rpädagogischen För<strong>de</strong>rbedarfs – gemeinsame Absprachen über das För<strong>de</strong>rkonzept<br />

Vereinbarung über Art <strong>und</strong> Umfang <strong>de</strong>r notwendigen För<strong>de</strong>rung – Inhalte <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung – Organisationsformen<br />

– Einbeziehung weiterer Personen (För<strong>de</strong>rlehrer, Eltern, Erziehungsberatung u. a.)<br />

Abb. 2<br />

▼<br />

Tätigkeit <strong>de</strong>s Mobilen Dienstes<br />

Beratung <strong>de</strong>r Lehrkraft – För<strong>de</strong>runterricht – Prozessdiagnostik<br />

–Vermittlung weiterer Fachdienste in enger Zusammenarbeit<br />

mit <strong>de</strong>r Klassenleitung<br />

Regelmäßige Absprache aller Beteiligten ▼<br />

Aussprache über Ereignisse <strong>de</strong>r durchgeführten Maßnahmen – gemeinsame Entscheidung über Abschluss<br />

o<strong>de</strong>r Fortsetzung <strong>de</strong>r Maßnahme – Diskussion möglicher Alternativen


- 38 -<br />

Bauerschmidt/Tauscher: Beratung <strong>und</strong> MSD<br />

7. Wie<strong>de</strong>raufnahme <strong>de</strong>s Fallbeispiels:<br />

Für das Kind mit <strong>de</strong>n Noten 5 in Deutsch <strong>und</strong> Mathematik sollte jetzt ein För<strong>de</strong>rplan durch<br />

das Zusammenwirken von Klassenlehrer, Beratungslehrer <strong>und</strong> MSD erstellt wer<strong>de</strong>n, aus<br />

<strong>de</strong>m die nächsten Schritte genau hervorgehen. Die Wirksamkeit <strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rplans muss in<br />

gewissen zeitlichen Abstän<strong>de</strong>n überprüft wer<strong>de</strong>n, auch in <strong>de</strong>r Zusammenarbeit För<strong>de</strong>rlehrer,<br />

Beratungslehrer <strong>und</strong> mobiler son<strong>de</strong>rpädagogischer Dienst.<br />

Diese Zusammenarbeit ist unbedingt notwendig, damit Schülerkarrieren an allgemeinbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Schulen vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, die zu einer Entlassung <strong>de</strong>r Schüler aus sehr niedrigen<br />

Jahrgangsstufen führen z.B. 6. Klasse!


E<strong>de</strong>r: Mo<strong>de</strong>lle zu Diagnostik <strong>und</strong> Intervention bei Legasthenie <strong>und</strong> LRS - 39 -<br />

Brigitte E<strong>de</strong>r<br />

Mo<strong>de</strong>lle zur flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n Diagnostik <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rung<br />

bei LRS <strong>und</strong> Legasthenie


- 40 -<br />

E<strong>de</strong>r: Mo<strong>de</strong>lle zu Diagnostik <strong>und</strong> Intervention bei Legasthenie <strong>und</strong> LRS<br />

Strukturablauf in Nie<strong>de</strong>rbayern zur Einrichtung von<br />

LRS-Kursen <strong>und</strong> zur Umsetzung <strong>de</strong>s Nachteilsausgleichs<br />

Aufgaben <strong>de</strong>s LRS-Ansprechpartners pro Schule<br />

• Halten qualifizierter LRS Kurse<br />

• Information fürs Kollegium<br />

• Umsetzung <strong>de</strong>s Nachteilsausgleichs<br />

• Ansprechpartner für Eltern <strong>und</strong> LehrerErfassen von LRS-Kin<strong>de</strong>rn durch Screening<br />

1 LRS-Anprechpartner pro Schule<br />

Einzelne Schulen<br />

Aufgaben <strong>de</strong>s LRS-Teams<br />

• Ausbildung von LRS-Kursleiter für je<strong>de</strong> Schule<br />

• Fortbildung für Kollegien<br />

• Kooperation mit außerschulischen Einrichtungen<br />

5 Personen<br />

LRS-Team<br />

Schulamtsbezirke<br />

Regelmäßige Treffen zum Austausch auf Regierungsebene<br />

Landshut Kelheim Deggendorf Dingolfing Straubing Passau Rottal-Inn Regen Freyung<br />

Ausbildung regionaler Teams pro Schulamtsbezirk mit 9 Bausteinen zu Legasthenie/LRS<br />

Basale<br />

Fähigkeiten<br />

Stufen <strong>de</strong>s<br />

Schriftspracherwerbs<br />

För<strong>de</strong>r-<br />

diagnostik<br />

Rechtschreibstrategien <br />

ganzheitlicher<br />

Ansatz<br />

Ergebnis:<br />

Arbeitshaltung<br />

Konzentration<br />

Aufbau<br />

einer LRS-<br />

St<strong>und</strong>e<br />

Kooperation<br />

mit Eltern<br />

<strong>und</strong> Lehrer<br />

• In 7 von 9 Schulamtsbezirken hat fast je<strong>de</strong>Volksschule einen eigenen ausgebil<strong>de</strong>ten<br />

LRS Ansprechpartner, <strong>de</strong>r qualifizierte LRS För<strong>de</strong>rkurse anbieten kann <strong>und</strong> Lehrer<br />

<strong>und</strong> Eltern berät.<br />

• An nahezu allen Volksschulen in Nie<strong>de</strong>rbayern kann qualifizierte För<strong>de</strong>rung stattfin<strong>de</strong>n.<br />

Ein eigener St<strong>und</strong>entopf für LRS wäre wichtig!<br />

Das Ausbildungskonzept für die Multiplikatoren <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Vernetzung wur<strong>de</strong> von Brigitte<br />

E<strong>de</strong>r, Schulpsychologin, Staatliche Schulberatungsstelle Nie<strong>de</strong>rbayern entwickelt <strong>und</strong> eingeführt.<br />

Die Kooperation mit <strong>de</strong>r Regierung, <strong>de</strong>n Schulämtern <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Schulleitern ist eine Voraussetzung<br />

für die Umsetzung <strong>de</strong>s Konzepts. Diese Unterstützung erfolgt in Nie<strong>de</strong>rbayern vorbildlich.<br />

Einrichten von<br />

LRS-Kursen


Gutzeit u. a.: Konzepte zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

Susanne Gutzeit, Bruno-Ludwig Hemmert, Klaus Kessler, Bernhard Meißner<br />

Konzepte zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

Hochbegabung: Neubewertung eines wichtigen Beratungsbereichs<br />

- 41 -<br />

Eine wesentliche Aufgabe <strong>de</strong>s geglie<strong>de</strong>rten bayerischen Schulwesens ist es, Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />

Jugendlichen eine ihren Neigungen <strong>und</strong> Fähigkeiten entsprechen<strong>de</strong> Bildung zu vermitteln.<br />

Schulberatung hat im differenzierten <strong>und</strong> begabungsgerecht ausgerichteten Bildungswesen in<br />

Bayern eine zentrale Steuerungsfunktion, in<strong>de</strong>m sie Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen hilft, die für sie<br />

adäquate Bildungslaufbahn zu fin<strong>de</strong>n.<br />

In diesem Kontext ist die För<strong>de</strong>rung hoch begabter Kin<strong>de</strong>r aus einer Reihe von Grün<strong>de</strong>n in<br />

<strong>de</strong>n letzten Jahren aktuell gewor<strong>de</strong>n. Entschei<strong>de</strong>nd dazu beigetragen hat <strong>de</strong>r Beratungsbedarf<br />

von Eltern, <strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>r nach Intelligenztests als beson<strong>de</strong>rs intelligent eingestuft wur<strong>de</strong>n,<br />

die aber in <strong>de</strong>r Regelschule mehr o<strong>de</strong>r weniger <strong>de</strong>utlich versagen. Der Druck verschie<strong>de</strong>ner<br />

Elterninitiativen war es v. a., <strong>de</strong>r die Problematik ins öffentliche Bewusstsein rückte.<br />

Es wur<strong>de</strong> klar, dass die Notwendigkeit <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung an bei<strong>de</strong>n Rän<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Begabungsskala<br />

besteht, d. h. För<strong>de</strong>rung nicht nur für Schüler <strong>und</strong> Schülerinnen, die verschie<strong>de</strong>ne Arten<br />

von Behin<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> Benachteiligungen aufweisen, son<strong>de</strong>rn auch für beson<strong>de</strong>rs Befähigte<br />

<strong>und</strong> Begabte.<br />

Geän<strong>de</strong>rte Einstellung zum Elitebegriff<br />

In <strong>de</strong>r öffentlichen Diskussion spielte dabei eine wesentliche Rolle, dass <strong>de</strong>r Begriff „Elite“, <strong>de</strong>r<br />

lange Zeit gesellschaftspolitisch negativ besetzt – wenn nicht gar tabuisiert - war, auf Gr<strong>und</strong><br />

wirtschaftlichen, sozialen <strong>und</strong> kulturellen Wan<strong>de</strong>ls einer realistischeren <strong>und</strong> weniger i<strong>de</strong>ologiebefrachteten<br />

Betrachtungsweise Platz gemacht hat. Seit<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r öffentlichen<br />

Diskussion auch zunehmend die For<strong>de</strong>rungen nach spezieller Unterstützung Hochbegabter<br />

laut. Diesbezügliche Kongresse, z. B. 1998 <strong>de</strong>r Kongress zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s<br />

Bayerischen Kultusministeriums in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r BMW AG in München, unterstreichen<br />

diese neue Sichtweise.<br />

Nicht zuletzt wird mit <strong>de</strong>r Begabtenför<strong>de</strong>rung auch ein für die Gesellschaft essentielles Problem<br />

angegangen <strong>und</strong> ver<strong>de</strong>utlicht: die Notwendigkeit <strong>de</strong>r Schaffung einer Leistungs- bzw.<br />

Verantwortungselite als entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Faktor <strong>de</strong>r Zukunftssicherung. Somit ist in jüngster<br />

Zeit – auch unter <strong>de</strong>m Eindruck <strong>de</strong>s „PISA-Schocks“ <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Konkurrenzdrucks durch die<br />

Globalisierung - die I<strong>de</strong>ntifizierung <strong>und</strong> die Beratung beson<strong>de</strong>rs Begabter mit zu einem wichtigen<br />

Thema <strong>de</strong>r Schulberatung gewor<strong>de</strong>n, da auch Eltern, Lehrer <strong>und</strong> Schulen für diese Thematik<br />

sensibler gewor<strong>de</strong>n sind.<br />

Beratungsbedarf am Beispiel Gr<strong>und</strong>schule<br />

Zur Ver<strong>de</strong>utlichung möglichen Beratungsbedarfs seien hier als Beispiel die Zahlen aus <strong>de</strong>m<br />

Gr<strong>und</strong>schulbereich angefügt.


- 42 -<br />

Gutzeit u. a.: Konzepte zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

Im Schuljahr 2002/2003 besuchen - statistisch gesehen - 10.349 beson<strong>de</strong>rs begabte Kin<strong>de</strong>r<br />

die bayerischen Gr<strong>und</strong>schulen, davon sind 2531 Schulanfänger. Diese Anzahl entspricht 2%<br />

<strong>de</strong>r Schüler einer Altersgruppe, die erwartungsgemäß in Intelligenztests IQ-Werte von etwa<br />

130 erreichen <strong>und</strong> damit gemeinhin als „hoch begabt“ gelten.<br />

Aspekte <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rungsbedürftigkeit <strong>und</strong> <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rungsnotwendigkeit<br />

Auf <strong>de</strong>r einen Seite sind es selbstbewusste Eltern, die entsprechen<strong>de</strong> Hilfen <strong>und</strong> Angebote<br />

erwarten, während auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite eine immer enger wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Finanz<strong>de</strong>cke <strong>de</strong>r öffentlichen<br />

Hand dies nicht immer zur vollen Zufrie<strong>de</strong>nheit gewähren kann.<br />

Diesem Dilemma sieht sich oft auch die Schulberatung gegenüber, die <strong>de</strong>shalb auch initiativ<br />

an <strong>de</strong>r Schaffung weiterer Möglichkeiten <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung beson<strong>de</strong>rs Begabter mitwirkt.<br />

Von <strong>de</strong>r Berechtigung <strong>und</strong> Notwendigkeit begabungsgerechter För<strong>de</strong>rung ist je<strong>de</strong>r überzeugt,<br />

in Bezug auf hoch begabte Kin<strong>de</strong>r ist dies aus mehreren Grün<strong>de</strong>n schwierig, insbeson<strong>de</strong>re<br />

dann, wenn diese Kin<strong>de</strong>r so genannte Min<strong>de</strong>rleister (Un<strong>de</strong>rachiever) in <strong>de</strong>r Schule sind o<strong>de</strong>r<br />

sich dazu entwickeln.<br />

Beson<strong>de</strong>rs Begabte verfügen oft über eine beson<strong>de</strong>rs schnelle Auffassungsgabe, ein exzellentes<br />

Gedächtnis, sehr gute sprachliche Fähigkeiten, originelle Lösungsi<strong>de</strong>en, Ausdauer <strong>und</strong><br />

Anstrengungsbereitschaft, Sozialkompetenz, umfangreiches Sachwissen <strong>und</strong> vielfältige Interessen,<br />

manchmal allerdings nur über eine o<strong>de</strong>r zwei dieser Fähigkeiten. Auch mehrere <strong>de</strong>r<br />

genannten Fähigkeiten sind jedoch nicht automatisch ein Garant für überdurchschnittliche<br />

schulische Leistungen.<br />

An<strong>de</strong>re Faktoren können entsprechend leistungsmin<strong>de</strong>rnd wirken; so verläuft die Entwicklung<br />

im körperlichen, emotionalen <strong>und</strong> kognitiven Bereich oft unterschiedlich schnell. Dazu können<br />

sich Umweltfaktoren wie Schule, Familie <strong>und</strong> Gleichaltrige för<strong>de</strong>rlich o<strong>de</strong>r hemmend auswirken.<br />

Für die Qualität <strong>de</strong>r Leistungen eines Schülers ist das Zusammenspiel aller Komponenten<br />

ausschlaggebend.<br />

Die Notwendigkeit entsprechen<strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung wird durch diese Überlegungen nicht im geringsten<br />

vermin<strong>de</strong>rt. Vielmehr ist eine breite Sensibilisierung aller Personen erfor<strong>de</strong>rlich, die<br />

mit Kin<strong>de</strong>rn zu tun haben. Um eine frühe I<strong>de</strong>ntifikation, Beachtung <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rung beson<strong>de</strong>rs<br />

begabter Kin<strong>de</strong>r möglich zu machen, ist die Beobachtungsfähigkeit aller Bezugspersonen zu<br />

för<strong>de</strong>rn. Deutlich wird dies u. a. in Fällen von Lernschwierigkeiten wie z. B. ADHS o<strong>de</strong>r Legasthenie,<br />

wo eine beson<strong>de</strong>re Begabung leicht übersehen wird.<br />

Schließlich zeigt sich auch, dass Eltern, die eventuelle Schwächen ihrer Kin<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Hochbegabung<br />

festmachen, negative Folgen für die Kin<strong>de</strong>r bewirken. So können solche Kin<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>n Wert von ausdauern<strong>de</strong>r <strong>und</strong> sorgfältiger Arbeit unterschätzen <strong>und</strong> ihre Talente nicht wirklich<br />

umsetzen. Hier sei Albert Einstein zitiert, <strong>de</strong>r bei einem Genie 90 Prozent Arbeit <strong>und</strong> nur<br />

10 Prozent Genialität sah.<br />

Problem <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>ntifikation<br />

Nicht einfacher wird dieses Problem durch die Schwierigkeit zweifelsfreier I<strong>de</strong>ntifikation beson<strong>de</strong>rer<br />

intellektueller Begabung. Aufwändige Untersuchungen <strong>und</strong> die Sammlung von Beo-


Gutzeit u. a.: Konzepte zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

- 43 -<br />

bachtungen aus verschie<strong>de</strong>nen Quellen sind nötig. Unterschiedliche Begabungsbegriffe, die<br />

in <strong>de</strong>r wissenschaftlichen Diskussion einan<strong>de</strong>r gegenüberstehen, erschweren eine Einheitlichkeit<br />

ebenso wie die Tatsache, dass es im Kontinuum unterschiedlicher Begabungen nicht<br />

an einer bestimmten Stelle - etwa einem IQ von 130 – einen qualitativen Sprung zwischen<br />

<strong>de</strong>n darüber <strong>und</strong> <strong>de</strong>n darunter liegen<strong>de</strong>n gibt.<br />

Die Akzeptanz <strong>de</strong>r Thematik litt so nicht nur auf Gr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s o.g. historisch bedingt umstrittenen<br />

Elitebegriffs, son<strong>de</strong>rn natürlich auch durch die landläufige Meinung, dass wirkliche Begabung<br />

sich schon alleine durchsetzen <strong>und</strong> letztlich in beson<strong>de</strong>ren Leistungen zeigen wer<strong>de</strong>.<br />

Ablehnung fin<strong>de</strong>t sich vor allem auch gegenüber <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn, die im sozialen Kontakt o<strong>de</strong>r<br />

sonst im Verhalten auffällig wer<strong>de</strong>n, was seltener bei Mädchen als bei Jungen geschieht.<br />

Weiterhin ist es einer Akzeptanz hin<strong>de</strong>rlich, wenn auffälliges Verhalten vorrangig als Zeichen<br />

beson<strong>de</strong>rs guter Begabung gesehen <strong>und</strong> interpretiert wird.<br />

Durch die Notwendigkeit jedoch, Begabungseliten wahrzunehmen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n immer häufiger<br />

geäußerten Lei<strong>de</strong>nsdruck vieler verkannter Begabter <strong>und</strong> ihrer Eltern gewann die Thematik in<br />

<strong>de</strong>n letzten Jahren <strong>de</strong>nnoch an Aktualität <strong>und</strong> Be<strong>de</strong>utung.<br />

Diagnostische Möglichkeiten allgemein<br />

Die Diskussion in diesem Bereich dreht sich sowohl um <strong>de</strong>n Einsatz <strong>und</strong> die Be<strong>de</strong>utung unterschiedlicher<br />

Testverfahren als auch um die Gültigkeit von Beobachtungen o<strong>de</strong>r Urteilen<br />

von Bezugspersonen <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r. Während manche Experten (z. B. Rost) Lehrerurteile<br />

völlig verwerfen, versuchen an<strong>de</strong>re (z. B. Heller) sie einzubeziehen.<br />

In <strong>de</strong>r Praxis – etwa an <strong>de</strong>r Goethe-Kepler-Volksschule o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Deutschhaus-Gymnasium<br />

in Würzburg - wer<strong>de</strong>n umfassen<strong>de</strong> diagnostische Untersuchungen durchgeführt. Lehrer- <strong>und</strong><br />

Elternbeobachtungen, auch Schülerbeobachtungen (INKOS, Gr<strong>und</strong>schule in Landshut) wer<strong>de</strong>n<br />

systematisiert <strong>und</strong> auf Tauglichkeit in <strong>de</strong>r Praxis untersucht.<br />

Schwierig gestaltet sich gelegentlich die Zusammenarbeit mit nichtschulischen Experten,<br />

wenn auffällige Diskrepanzen in <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>und</strong> Sichtweisen auftreten. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>ren Ergebnisse <strong>und</strong> Beobachtungen in die Analyse einbezogen <strong>und</strong> liefern Hinweise<br />

auf Leistungskapazitäten unter bestimmten Bedingungen.<br />

Keine Übereinstimmung von Experten gibt es bisher darüber, welche Intelligenztests einzusetzen<br />

sind. Präferiert wird daher die Kombination verschie<strong>de</strong>ner Tests, Einzeltests <strong>und</strong><br />

Gruppentests mit allgemeineren Aufgabenstellungen <strong>und</strong> stärker schulbezogenen Subtests.<br />

So lässt sich sowohl eine Aussage über die vermutliche intellektuelle Kapazität als auch über<br />

die in <strong>de</strong>r Schule zu erwarten<strong>de</strong> Umsetzung machen. Eine Diagnose, die zu hohe Erwartungen<br />

nährt, führt ebenso zu Frustrationen wie zu niedrige Erwartungen <strong>und</strong> zu geringe Anfor<strong>de</strong>rungen.<br />

Fragen <strong>de</strong>r Zugangsberechtigung zu <strong>de</strong>n Angeboten<br />

Lan<strong>de</strong>sweit, etwa auch am Maria-Theresia-Gymnasium in München <strong>und</strong> am Deutschhaus-<br />

Gymnasium in Würzburg, setzt sich die Vorstellung durch, dass dann, wenn Zugangsberechtigungen<br />

für beson<strong>de</strong>re Klassen eine Rolle spielen, aktuelle <strong>und</strong> von Schulpsychologen


- 44 -<br />

Gutzeit u. a.: Konzepte zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

durchgeführte Untersuchungen notwendig sind. Die letzte Entscheidung muss <strong>de</strong>r Schule<br />

selbst vorbehalten bleiben. Als Gr<strong>und</strong>satz gilt dabei, dass die Diagnose „Hochbegabung“ keine<br />

Antwort auf Schwierigkeiten ist, son<strong>de</strong>rn die Frage nötiger <strong>und</strong> möglicher För<strong>de</strong>rung im<br />

individuellen Fall aufwirft.<br />

Die Frage nach <strong>de</strong>r Zugangsberechtigung zu beson<strong>de</strong>ren Arbeitsgemeinschaften, Projekten<br />

o<strong>de</strong>r sonstigen Aktivitäten im Gr<strong>und</strong>schulbereich sollte auf <strong>de</strong>r Basis umfassen<strong>de</strong>r Eltern- <strong>und</strong><br />

Lehrerbeobachtungen beantwortet wer<strong>de</strong>n Eine testpsychologische Feststellung <strong>de</strong>s IQ-<br />

Wertes wird in diesem Zusammenhang als eher hin<strong>de</strong>rlich, nämlich als soziale <strong>und</strong> sonstige<br />

Gräben eröffnen<strong>de</strong> Gefahr gesehen.<br />

Diagnose im Komplex von Person <strong>und</strong> System<br />

Wenn klar ist, dass Hochbegabung als Diagnose noch keine Antwort auf die Frage nach angemessener<br />

För<strong>de</strong>rung im entsprechen<strong>de</strong>n Fall beinhaltet, dann muss die Erfassung <strong>de</strong>r<br />

Möglichkeiten, Hintergrün<strong>de</strong> <strong>und</strong> spezieller Belastungen sehr breit angelegt sein. So ist es<br />

erfor<strong>de</strong>rlich, neben <strong>de</strong>n Persönlichkeitsmerkmalen, <strong>de</strong>n „Mo<strong>de</strong>ratoren“ (Heller) <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s<br />

auch sog. Stützfaktoren wie Ausdauer, Konzentrationsfähigkeit, Motivation <strong>und</strong> – wie schon<br />

erwähnt - Einflüsse <strong>de</strong>r Familie, <strong>de</strong>r Peergroup sowie das ganze Umfeld in die Untersuchung<br />

einzubeziehen. So erweist sich z. B. eine Diagnose <strong>und</strong> nachfolgen<strong>de</strong> Beratung ohne Einbeziehung<br />

<strong>de</strong>r Lehrer leicht als unbefriedigend.<br />

Checklisten für Eltern, Lehrer <strong>und</strong> sogar Klassenkamera<strong>de</strong>n können hilfreich sein <strong>und</strong> mit dazu<br />

beitragen, die häufige Überschätzung <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung von Intelligenztestwerten zu min<strong>de</strong>rn.<br />

Am Deutschhaus-Gymnasium in Würzburg bewähren sich im Moment so genannte Beobachtungs-<br />

o<strong>de</strong>r „Kennenlern“-Tage, bei <strong>de</strong>nen Kin<strong>de</strong>r in unterschiedlichen sowohl leistungsbezogenen<br />

als auch nicht leistungsbezogenen Situationen erlebt <strong>und</strong> beobachtet wer<strong>de</strong>n können.<br />

Sie haben <strong>de</strong>n Vorteil, dass sie Kin<strong>de</strong>rn Spaß machen <strong>und</strong> nicht <strong>de</strong>n Charakter einer Prüfung<br />

haben.<br />

Ansätze zur Erfassung <strong>de</strong>r Lernfähigkeit<br />

Beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung könnten auch Ansätze in <strong>de</strong>r Diagnostik haben, die weniger von <strong>de</strong>m<br />

statischen IQ ausgehen, son<strong>de</strong>rn von <strong>de</strong>r Lernfähigkeit, die dadurch <strong>de</strong>finiert wird, dass nach<br />

<strong>de</strong>r ersten unbeeinflussten Durchführung eines Intelligenzverfahrens Strategien für die Bewältigung<br />

dieser Aufgaben angeboten wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> dann das Verfahren erneut durchgeführt wird.<br />

Aus <strong>de</strong>r Differenz <strong>de</strong>r Ergebnisse im ersten <strong>und</strong> zweiten Durchgang wird nicht nur auf die<br />

Lernfähigkeit geschlossen, son<strong>de</strong>rn auch darauf, welche Unterstützungsstrategien individuell<br />

beson<strong>de</strong>rs wirksam waren. Diese geben Hinweise für die beson<strong>de</strong>ren Unterstützungsmöglichkeiten<br />

bei einem bestimmten Kind (vgl. Feuerstein).<br />

För<strong>de</strong>rmöglichkeiten<br />

Überspringen von Klassen (Akzeleration)<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich sollte das Überspringen möglichst frühzeitig erfolgen. Dieser Erfahrung wird<br />

auch indirekt Rechnung getragen durch die Möglichkeit <strong>de</strong>r vorzeitigen Einschulung wie sie im<br />

Bayerischen Erziehungs- <strong>und</strong> Unterrichtsgesetz verankert ist., wobei die Voraussetzungen


Gutzeit u. a.: Konzepte zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

- 45 -<br />

dafür im Einzelfall schulpsychologisch überprüft wer<strong>de</strong>n müssen. Eine Einschulung in die<br />

zweite Klasse ist allerdings ausgeschlossen.<br />

Zeigt sich schon am Beginn o<strong>de</strong>r während <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>schulzeit, dass die Passung zwischen<br />

intellektuellem Potential <strong>und</strong> schulischer Anfor<strong>de</strong>rung fehlt, kann nach <strong>de</strong>n Bestimmungen <strong>de</strong>r<br />

Volksschulordnung (§ 27 VSO) eine Beschleunigung <strong>de</strong>s Lernstoffs durch Überspringen in die<br />

nächste Jahrgangsstufe erfolgen. Nach Überprüfung <strong>de</strong>r Voraussetzungen (schulpsychologische<br />

Diagnostik) kann <strong>de</strong>r Schulleiter <strong>de</strong>n Antrag <strong>de</strong>r Eltern auf Überspringen einer Jahrgangsstufe<br />

befürworten, wenn zu erwarten ist, dass <strong>de</strong>r Schüler nach Reife <strong>und</strong> Leistungsfähigkeit<br />

<strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen gewachsen ist.<br />

Das Überspringen kann in <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>schule in beson<strong>de</strong>rs begrün<strong>de</strong>ten Fällen auch ein zweites<br />

Mal genehmigt wer<strong>de</strong>n.<br />

Nach <strong>de</strong>r Entscheidung für das Überspringen hat <strong>de</strong>r Schüler ein Anrecht auf Hospitation in<br />

<strong>de</strong>r nächsthöheren Klasse.<br />

Die mögliche Beschleunigung durch Überspringen beim Übertritt ans Gymnasium, d. h. von<br />

Jahrgangsstufe 3 <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>schule in die Eingangsklasse (Jgst. 5) <strong>de</strong>s Gymnasiums erfor<strong>de</strong>rt<br />

eine ganz beson<strong>de</strong>rs sorgfältige Beratung <strong>und</strong> individuelle För<strong>de</strong>rung, da hier bei höheren<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Konfrontation mit einer an<strong>de</strong>ren Schulart mit Schwierigkeiten gerechnet<br />

wer<strong>de</strong>n muss. An<strong>de</strong>rerseits wird diese Möglichkeit durch die Schulordnung <strong>de</strong>r Gymnasien<br />

geför<strong>de</strong>rt, da mit <strong>de</strong>r Befürwortung <strong>de</strong>s Überspringens die Aufnahmevoraussetzungen ins<br />

Gymnasium – <strong>und</strong> damit die Eignungsbestätigung - schon erfüllt sind.<br />

In <strong>de</strong>r Zeit vor <strong>und</strong> nach <strong>de</strong>m Überspringen braucht <strong>de</strong>r Schüler in beson<strong>de</strong>rem Maße die emotionale<br />

Unterstützung, Wertschätzung <strong>und</strong> Anregung von Eltern <strong>und</strong> Lehrern; <strong>de</strong>nn es gilt<br />

dann, Schulstoff nachzuarbeiten <strong>und</strong> sich in die neue Klasse einzugewöhnen. Erfahrungsgemäß<br />

wird das Überspringen als Herausfor<strong>de</strong>rung gut akzeptiert <strong>und</strong> bewältigt, vor allem wenn<br />

nach <strong>de</strong>r Überprüfung entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Voraussetzungen das Kind, Schule <strong>und</strong> Familie beraterisch<br />

begleitet wur<strong>de</strong>n.<br />

Überspringen von Klassen wur<strong>de</strong> lange Zeit als <strong>de</strong>r Königsweg <strong>de</strong>r Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

in <strong>de</strong>r Regelschule, insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>schule, gesehen, solange an<strong>de</strong>re Möglichkeiten<br />

sich kaum anboten. Wenn Kin<strong>de</strong>r in die Gr<strong>und</strong>schule eintreten, die bereits rechnen, lesen<br />

<strong>und</strong> vielleicht sogar schreiben können, dann ist es naheliegend, dass die Lösung selbstverständlich<br />

zu sein scheint, dass diese Kin<strong>de</strong>r in eine Klasse eintreten, die ihrem Leistungsstand<br />

entspricht. Lei<strong>de</strong>r bringt diese Lösung jedoch in manchen Fällen nur kurzfristig Erleichterung<br />

für die gelangweilten Kin<strong>de</strong>r, da die Herausfor<strong>de</strong>rung nach <strong>de</strong>r ersten Zeit <strong>de</strong>s Springens<br />

bald erneuter Langeweile weichen kann. Die Lernschritte sind weiter zu klein, die emotionale<br />

Integration in die Gruppe <strong>de</strong>r älteren Kin<strong>de</strong>r gelingt nicht o<strong>de</strong>r Teilleistungen, wie z. B.<br />

flüssiges Schreiben, das guter Entwicklung <strong>und</strong> Übung <strong>de</strong>r Feinmotorik bedarf, führt zu Frustrationserlebnissen.<br />

Erschwerend kann in solchen Fällen auch sein, wenn Lehrer keine Übergangszeit<br />

gewähren o<strong>de</strong>r einer solchen Versetzung aus verschie<strong>de</strong>nen Erwägungen heraus<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich ablehnend gegenüberstehen. Fazit aus diesen Erfahrungen ist, dass ein Automatismus<br />

<strong>de</strong>s Überspringens abzulehnen ist. Vielmehr muss eine differenzierte Diagnose<br />

unter Einbeziehung <strong>de</strong>s gesamten Umfel<strong>de</strong>s im Sinne systemischen Vorgehens empfohlen<br />

wer<strong>de</strong>n.


- 46 -<br />

Gutzeit u. a.: Konzepte zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

För<strong>de</strong>rung durch zusätzliche Angebote (Enrichment)<br />

För<strong>de</strong>ransätze sind inzwischen vielfältig, aber alle nicht flächen<strong>de</strong>ckend umgesetzt. Es gibt<br />

schulische För<strong>de</strong>rung im Klassenverband <strong>und</strong> außerhalb <strong>de</strong>s Klassenverbands, dazu För<strong>de</strong>rangebote<br />

nichtschulischer Gruppierungen, z. B. durch Selbsthilfegruppen von Eltern.<br />

Schulische För<strong>de</strong>rmaßnahmen im Klassenverband<br />

För<strong>de</strong>rung im Klassenverband nutzt die Möglichkeiten <strong>de</strong>r inneren Differenzierung. Nicht Separierung<br />

von beson<strong>de</strong>rs befähigten Schülern aus ihrer direkten Lernumgebung steht im Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>,<br />

son<strong>de</strong>rn integrative För<strong>de</strong>rung.<br />

Ein Hin<strong>de</strong>rnis ist dabei <strong>de</strong>r Mangel an geeigneten Materialien o<strong>de</strong>r wenig Beweglichkeit bei<br />

<strong>de</strong>n räumlichen Voraussetzungen. Es zeigt sich an dieser Stelle, dass die Bemühungen um<br />

bestmögliche För<strong>de</strong>rung gut begabter Kin<strong>de</strong>r allen zugute kommen, <strong>de</strong>nn es geht dabei um<br />

das Angebot individuell ausgerichteter Lerngelegenheiten.<br />

Schulische För<strong>de</strong>rmaßnahmen außerhalb <strong>de</strong>s Klassenverbands<br />

An vielen Schulen <strong>und</strong> Schularten, vor allem an weiterführen<strong>de</strong>n Schulen, bieten Enrichment-<br />

o<strong>de</strong>r Pluskurse zusätzliche Lern- <strong>und</strong> Erfahrungsmöglichkeiten. Sie können ebenso in Form<br />

von Arbeitsgemeinschaften o<strong>de</strong>r Projekten auftauchen. Sie wer<strong>de</strong>n für einzelne Schulen angeboten,<br />

bei mehr als <strong>de</strong>r Hälfte aller Gymnasien gehören sie zum Standardangebot, können<br />

aber auch, vornehmlich in Ballungsräumen, schulübergreifend für mehrere Schulen angeboten<br />

wer<strong>de</strong>n. Das Staatsinstitut für Schulpädagogik <strong>und</strong> Bildungsforschung hat schon 1990<br />

eine Handreichung für die Gestaltung von Pluskursen erstellt.<br />

Erst allmählich wird erkannt, dass solche Angebote beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Unterstufe<br />

nötig sind. Mit <strong>de</strong>r Initiative Würzburger Schüleraka<strong>de</strong>mie wird diesem Bedürfnis seit einigen<br />

Jahren Rechnung getragen.<br />

Bevor die Würzburger Schüleraka<strong>de</strong>mie ihre Angebote an Eltern <strong>und</strong> Schüler richten konnte,<br />

mussten umfangreiche <strong>und</strong> zeitaufwändige Vorbereitungsarbeiten bewältigt wer<strong>de</strong>n, an <strong>de</strong>nen<br />

die Schulberatungsstelle für Unterfranken initiativ <strong>und</strong> kooperativ beteiligt war. Inzwischen<br />

organisiert <strong>und</strong> plant die Dienststelle fe<strong>de</strong>rführend die jeweiligen neuen Kurse zu Schuljahresbeginn.<br />

Ferienseminare <strong>und</strong> Wettbewerbe<br />

Weiterhin zu nennen sind hierzu auch sog. Ferienseminare auf B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Lan<strong>de</strong>sebene.<br />

Hier treffen sich beson<strong>de</strong>rs interessierte <strong>und</strong> leistungsfähige Schüler <strong>und</strong> bearbeiten in Projektarbeit<br />

unterschiedlichste Themen. Darüber hinaus erhalten sie die Gelegenheit, mit bekannten<br />

Persönlichkeiten aus Kultur, Politik, Wirtschaft etc. in Kontakt zu treten.<br />

Als schulübergreifen<strong>de</strong>s Angebot, das Begabtenför<strong>de</strong>rung ermöglicht, sind zusätzlich die verschie<strong>de</strong>nen<br />

Lan<strong>de</strong>s- <strong>und</strong> B<strong>und</strong>eswettbewerbe wie z.B. Alte Sprachen <strong>und</strong> Mathematik anzuführen.


Gutzeit u. a.: Konzepte zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

Selbsthilfegruppen <strong>de</strong>r Eltern<br />

- 47 -<br />

Manchmal wird die Palette <strong>de</strong>r Angebote durch engagierte Eltern erweitert. Dazu gehören<br />

Kursangebote meist in sehr kleinen, auch altersgemischten Gruppen zu speziellen Themen,<br />

wie Archäologie, biologische Praktika, Chemie, Physik, Philosophie, Theater <strong>und</strong> Sprache,<br />

Schreibwerkstatt, Astronomie, Geheimsprachen, Hieroglyphen <strong>und</strong> Psychologie. Letzteres vor<br />

allem im Sinne einer Verbindung von Theorie <strong>und</strong> Reflexion <strong>de</strong>s eigenen Verhaltens.<br />

In <strong>de</strong>r Art von Selbsthilfegruppen erfahren auch Eltern in solchen Gruppierungen Solidarität<br />

<strong>und</strong> Unterstützung. Freizeitaktivitäten mit <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn <strong>helfen</strong> diesen, gleichgesinnte Fre<strong>und</strong>e<br />

zu fin<strong>de</strong>n. Auch wenn gelegentlich zu sehr davon ausgegangen wird, alle Probleme <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />

seien auf die Hochbegabung zurückzuführen, hat die Aktivität <strong>de</strong>r Eltern zu einem nicht<br />

unerheblichen Maße dazu beigetragen, dass die Problematik in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit <strong>und</strong> <strong>de</strong>r bildungspolitischen<br />

Diskussion eine zunehmend größere Rolle spielt.<br />

Kooperation Eltern-Schule<br />

Beson<strong>de</strong>rer Erwähnung bedürfen Aktivitäten, die in Kooperation zwischen Eltern <strong>und</strong> Schule<br />

zustan<strong>de</strong> kommen. So wer<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>r Fe<strong>de</strong>rführung <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle in<br />

Oberbayern/Ost seit einigen Jahren in München begehrte Wochenendveranstaltungen mit<br />

Eltern, Kin<strong>de</strong>rn, einigen interessierten Lehrern <strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren Anbietern von Projekten o<strong>de</strong>r<br />

Arbeitsgemeinschaften durchgeführt. An diesen Wochenen<strong>de</strong>n können Eltern ihre Erfahrungen<br />

austauschen, mit Lehrern <strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren Experten re<strong>de</strong>n, Kin<strong>de</strong>r Anregungen erhalten <strong>und</strong><br />

- was beson<strong>de</strong>rs wichtig ist - Gleichgesinnte kennen lernen. Da sich bei diesen Wochenen<strong>de</strong>n<br />

auch die Teilnahme von Geschwisterkin<strong>de</strong>rn bewährt hat, ist <strong>de</strong>r Aspekt ausschließlicher Beteiligung<br />

Hochbegabter gemil<strong>de</strong>rt, was viele Vorteile im Hinblick auf eine wünschenswerte<br />

Integration hat.<br />

An einer Erziehungsberatungsstelle in Würzburg erweist sich eine an<strong>de</strong>re Form <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung<br />

als Erfolg versprechend. Ein auf diese Problematik spezialisierter Psychologe kombiniert<br />

hier Beratung von Eltern <strong>und</strong> Kin<strong>de</strong>rn mit För<strong>de</strong>rmaßnahmen, die einzeln o<strong>de</strong>r in Gruppen<br />

erfolgen können.<br />

Schulversuche<br />

Nach<strong>de</strong>m mehrere Versuche beson<strong>de</strong>re Klassen für beson<strong>de</strong>rs begabte Schüler an Gymnasien<br />

in Bamberg, Nürnberg, Regensburg <strong>und</strong> München einzurichten, gescheitert waren, konnte<br />

erstmals im Schuljahr 2000/01 am Maria-Theresia-Gymnasium, München, eine solche<br />

Klasse beginnend mit <strong>de</strong>r 6. Jahrgangsstufe eingerichtet wer<strong>de</strong>n. Es folgte im Jahr darauf die<br />

Einführung eines weiteren Mo<strong>de</strong>llversuchs am Deutschhaus-Gymnasium in Würzburg, bei<br />

<strong>de</strong>m schon mit <strong>de</strong>r Jahrgangsstufe 5 begonnen wur<strong>de</strong>.<br />

Zum Schuljahr 2001/02 erhielt die Goethe/Kepler/Volkschule in Würzburg ein zusätzliches<br />

St<strong>und</strong>enkontingent für die För<strong>de</strong>rung beson<strong>de</strong>rs begabter Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler. Der Antrag<br />

auf Fortsetzung dieser För<strong>de</strong>rmöglichkeit als Schulversuch wur<strong>de</strong> bereits eingereicht <strong>und</strong><br />

wird zur Zeit überprüft.<br />

Der Schulversuch „Jahrgangsgemischte Eingangsstufe“ erweist sich an verschie<strong>de</strong>nen<br />

Gr<strong>und</strong>schulen Bayerns als zukunftsweisen<strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rrahmen.


- 48 -<br />

Gutzeit u. a.: Konzepte zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

Von gr<strong>und</strong>sätzlicher Be<strong>de</strong>utung ist die Zielsetzung entsprechen<strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung. Gr<strong>und</strong>lage<br />

vieler Angebote ist <strong>de</strong>r Anspruch, ganzheitlich zu för<strong>de</strong>rn, nicht nur in speziellen, meist kognitiv<br />

ausgerichteten Interessengebieten, son<strong>de</strong>rn auch im kreativen, gestalterischen Bereich.<br />

Viele Angebote zielen zu<strong>de</strong>m auf die Entwicklung verantwortungsbewussten Han<strong>de</strong>lns <strong>und</strong><br />

Rücksichtnahme auf an<strong>de</strong>re ab; am Deutschhaus–Gymnasium wur<strong>de</strong> als eigenes Fach „Personale<br />

Kompetenz“ eingeführt.<br />

Weitere För<strong>de</strong>rmöglichkeiten ergeben sich durch entsprechen<strong>de</strong> Schulwahl. Um ein Mo<strong>de</strong>ll<br />

<strong>de</strong>r Akzeleration han<strong>de</strong>lt es sich beim Schulversuch „8-jähriges Gymnasium“, wo <strong>de</strong>r Unterrichtsstoff<br />

<strong>de</strong>r Jahrgangsstufen 6 bis 11 auf 5 Jahre komprimiert wird. Dem Schulversuch liegen<br />

die Ergebnisse <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llversuche in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg <strong>und</strong> Rheinland-Pfalz zugr<strong>und</strong>e.<br />

Überschulische <strong>und</strong> außerschulische Initiativen<br />

Beson<strong>de</strong>rer Erwähnung bedarf die Unterstützung von Aktivitäten durch die Karg-Stiftung, die<br />

sich <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung von Hochbegabung annimmt. Viele Erfolg versprechen<strong>de</strong> Ansätze wer<strong>de</strong>n<br />

finanziell <strong>und</strong> durch die Organisation von hochkarätigen Fortbildungs- <strong>und</strong> Austauschveranstaltungen<br />

vor allem <strong>de</strong>r Beteiligten an entsprechen<strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llversuchen unterstützt.<br />

In Würzburg bewährt sich die Einbeziehung verschie<strong>de</strong>ner Partner in die Diskussion. So entstand<br />

ein Regionalforum zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung in Zusammenarbeit von Schulabteilung<br />

<strong>de</strong>r Regierung <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Forum Eltern-Lehrer-Schüler (FELS), das sich insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r<br />

Schulentwicklung annimmt. Ihm gehören sowohl Vertreter <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Schularten als<br />

auch <strong>de</strong>r Eltern, <strong>de</strong>r Universität, <strong>de</strong>r Wirtschaft, <strong>de</strong>s Jugendamts, <strong>de</strong>r Schulberatung, <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>rgartens<br />

als auch weitere Experten an. Bei anlassbezogenen Treffen zwei o<strong>de</strong>r drei Mal im<br />

Jahr kommen regional relevante Themen zur Sprache. Auf diese Weise konnten <strong>de</strong>r Schulversuch<br />

am Deutschhaus-Gymnasium auf breiter Basis diskutiert <strong>und</strong> die dabei gewonnenen<br />

Erkenntnisse auf die o. g. Gr<strong>und</strong>schule <strong>und</strong> nun auch auf <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rgarten ausge<strong>de</strong>hnt wer<strong>de</strong>n.<br />

Überdies konnte in Kooperation mit einer Erwachsenenbildungstätte <strong>de</strong>r Region eine<br />

Wochenendtagung zur Diskussion gr<strong>und</strong>sätzlicher Fragen initiiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Mit großen Hoffnungen verb<strong>und</strong>en ist die Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r Universität, die Anregungen<br />

<strong>und</strong> Möglichkeiten wissenschaftlicher Begleitung <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llversuche einbringt. Bisher<br />

fehlen noch empirisch gewonnene Daten über <strong>de</strong>n Erfolg von unterschiedlichen För<strong>de</strong>rmo<strong>de</strong>llen.<br />

Deshalb sind erste Ergebnisse einer solchen begleiten<strong>de</strong>n Untersuchung am Deutschhaus-Gymnasium<br />

mit Spannung zu erwarten.<br />

Erst gelegentlich wird engere Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r Universität genutzt. Gymnasiasten<br />

besuchen Veranstaltungen <strong>de</strong>r Universität in ihren Spezialgebieten. Auf diesem Feld ist eine<br />

Verbreiterung <strong>de</strong>s Angebotes <strong>und</strong> leichtere Institutionalisierung wünschenswert.<br />

In diesem Zusammenhang sei auch an die finanzielle För<strong>de</strong>rung hoch begabter Studieren<strong>de</strong>r<br />

erinnert. Diese Stipendien wer<strong>de</strong>n im Anschluss an die Gymnasialzeit in größerem Umfang<br />

flächen<strong>de</strong>ckend nach speziellen Prüfungen bei <strong>de</strong>n Ministerialbeauftragten vergeben.


Gutzeit u. a.: Konzepte zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

Die Rolle <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

- 49 -<br />

Das bisher geschil<strong>de</strong>rte Panorama <strong>de</strong>r Hochbegabtenproblematik macht sehr schnell klar,<br />

dass insbeson<strong>de</strong>re die Schulberatung hier gefor<strong>de</strong>rt ist, z. B. Initiativen zu begleiten <strong>und</strong> zu<br />

unterstützen sowie selbst aktiv zu wer<strong>de</strong>n. Dazu gehört neben <strong>de</strong>n bereits erwähnten regionalen<br />

Aktivitäten natürlich die Auskunftserteilung für Ratsuchen<strong>de</strong> zu dieser Thematik in <strong>de</strong>r<br />

täglichen Beratungspraxis. Überdies waren die Schulberatungsstellen diesbezüglich noch auf<br />

folgen<strong>de</strong> Weise tätig:<br />

An erster Stelle stand dabei die Sensibilisierung <strong>de</strong>r Schulpsychologen <strong>und</strong> Beratungslehrkräfte<br />

aller Schularten gegenüber <strong>de</strong>r Thematik in Dienstbesprechungen <strong>und</strong> Fortbildungsveranstaltungen.<br />

Im Zentrum dieser Veranstaltungen stand die Kompetenzerweiterung bezüglich<br />

diagnostischer Möglichkeiten <strong>und</strong> För<strong>de</strong>ransätzen. Der sich dabei ergeben<strong>de</strong> Erfahrungsaustausch<br />

ist von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung, da empirisch noch wenig bekannt ist, was sich in <strong>de</strong>r<br />

Praxis als erfolgreich erweist.<br />

Schulpsychologen <strong>de</strong>r Schulberatungsstelle für Unterfranken sind eng mit <strong>de</strong>r Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Begleitung <strong>de</strong>r Würzburger Schulversuche befasst. So sind sie neben an<strong>de</strong>ren Kolleginnen<br />

<strong>und</strong> Kollegen an <strong>de</strong>r Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Diagnostik bei <strong>de</strong>r Aufnahme ans Deutschhaus-Gymnasium<br />

ebenso beteiligt wie generell an <strong>de</strong>r Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Konzeption an<br />

bei<strong>de</strong>n Schulen.<br />

Auch Veranstaltungen zusammen mit Eltern erwiesen sich als sehr beeindruckend <strong>und</strong> für<br />

das Verständnis <strong>de</strong>r Situation von beson<strong>de</strong>rs Begabten als hilfreich, wenn diese Eltern aus<br />

ihrer teils sehr leidvollen Erfahrung direkt berichten konnten.<br />

Blick in die Zukunft<br />

Weitere Ansätze künftiger Aktivitäten auf diesem Gebiet sieht die Schulberatung u. a.:<br />

• in <strong>de</strong>r Fortbildung für verschie<strong>de</strong>ne Zielgruppen wie Schulaufsicht, Schulleiter <strong>und</strong><br />

Lehrer in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r Regionalen Lehrerfortbildung (RLFB). Als beson<strong>de</strong>rs<br />

günstig erweisen sich dabei – wie auch sonst im Bereich <strong>de</strong>r Schulentwicklung -<br />

Veranstaltungen für unterschiedliche Funktionsträger aus einer Schule. Gemeinsam<br />

lassen sich so Anregungen viel leichter in die jeweiligen Schulen bringen <strong>und</strong> realisieren.<br />

• Die Schaffung eines Beratungsverb<strong>und</strong>s Schulberatung – Erziehungsberatung – Universität<br />

wird als ein beson<strong>de</strong>rs effektiver Ansatz gesehen. Die Hoffnung auf eine Institutionalisierung<br />

solch eines Verb<strong>und</strong>es scheint zur Zeit in Würzburg nicht unrealistisch<br />

zu sein. Auf diese Weise könnte frühzeitige durchgehen<strong>de</strong> Beratung vom Kin<strong>de</strong>rgarten<br />

bis zur Universität angeboten wer<strong>de</strong>n, wie es im Mo<strong>de</strong>ll (Perleth) vorgesehen ist. Manche<br />

schwierige persönliche Entwicklung könnte dadurch abgewen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Außer<strong>de</strong>m<br />

können sich wissenschaftliche Erkenntnisse <strong>und</strong> praktische Erfahrungen leichter<br />

gegenseitig günstig beeinflussen.


- 50 -<br />

Gutzeit u. a.: Konzepte zur Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

Beratung <strong>und</strong> zukünftige Tätigkeiten zu diesem Problem sollten sich von drei gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

Erkenntnissen leiten lassen:<br />

1. Erst wenn einseitige Voreinstellungen nicht nur bei Lehrern, son<strong>de</strong>rn auch bei Eltern<br />

überw<strong>und</strong>en wer<strong>de</strong>n können, lassen sich die Antworten zu bestmöglicher För<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r fin<strong>de</strong>n, die nicht ausschließlich in <strong>de</strong>r Diagnose Hochbegabung zu fin<strong>de</strong>n<br />

sind. Aus diesem Gr<strong>und</strong> ist enge Zusammenarbeit <strong>de</strong>r Beteiligten Voraussetzung für<br />

ein Gelingen <strong>de</strong>r Bemühungen um eine angemessene För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r.<br />

2. Die Zusammenarbeit beteiligter Institutionen, wie sie z. B. im Regionalforum Hochbegabtenför<strong>de</strong>rung<br />

in Unterfranken geschieht, ist eine wichtige Voraussetzung für kontinuierliche<br />

<strong>und</strong> sich ausweiten<strong>de</strong> Entwicklung in <strong>de</strong>m Bereich Hochbegabungsför<strong>de</strong>rung.<br />

3. Die Erkenntnisse bezüglich Differenzierung im Unterricht, I<strong>de</strong>ntifizierung von beson<strong>de</strong>rem<br />

För<strong>de</strong>rbedarf <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Realisierung, <strong>de</strong>r Notwendigkeit von Zusammenarbeit<br />

von Beteiligten <strong>und</strong> von Teamarbeit von Lehrern können als Mo<strong>de</strong>ll für die För<strong>de</strong>rung<br />

beson<strong>de</strong>rs begabter Kin<strong>de</strong>r dienen. Zugleich aber können sie auch für alle Beteiligten<br />

dienlich sein, wenn es gilt – wie es die Bayerische Verfassung sinngemäß betont - je<strong>de</strong>m<br />

Einzelnen gemäß seinen Fähigkeiten För<strong>de</strong>rung ange<strong>de</strong>ihen zu lassen.


Hasmüller: PISA-Studie – Mitarbeit <strong>de</strong>r Schulberatung Schwaben - 51 -<br />

Anna Hasmüller<br />

PISA-Studie – Mitarbeit <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle<br />

für Schwaben<br />

Die staatliche Schulberatungsstelle für Schwaben beteiligte sich im Jahr 2000 mit drei Testleiterinnen<br />

(Frau Hasmüller, Frau Krüger <strong>und</strong> Frau Luxenhofer) an <strong>de</strong>r Durchführung <strong>de</strong>r PI-<br />

SA-Studie. Die Schulpsychologinnen besuchten jeweils halbtägige Testleiterschulungen <strong>und</strong><br />

führten die zweitägigen Tests an insgesamt 6 Schulen durch. Dazu kommen entsprechen<strong>de</strong><br />

Vor- <strong>und</strong> Nachbereitungszeiten.<br />

Im Juli 2002 wur<strong>de</strong>n Frau Hasmüller <strong>und</strong> Frau Luxenhofer als Testleiterinnen für die IGLU-<br />

Tests an insgesamt fünf schwäbischen Schulen eingesetzt. Die Testung dauerte jeweils einen<br />

Vormittag; dazu kamen die entsprechen<strong>de</strong> Vorbereitung <strong>und</strong> Nachbereitung <strong>de</strong>r Testmaterialien.<br />

Des weiteren wur<strong>de</strong>n Frau Hasmüller <strong>und</strong> Frau Luxenhofer in einem zweitägigen Lehrgang<br />

an <strong>de</strong>r ALP Dillingen vom 04.-05.Juni 2002 zu PISA-Mo<strong>de</strong>ratorinnen ausgebil<strong>de</strong>t. Im Rahmen<br />

dieses Aufgabenfel<strong>de</strong>s besuchten sie zusammen mit <strong>de</strong>m staatlichen Schulberater, Herrn<br />

StD Georg Mayr, am 22 Juli 2003 eine Dienstbesprechung am Bayerischen Ministerium für<br />

Unterricht <strong>und</strong> Kultus, bei Frau MR Hinke. Bei dieser Besprechung wur<strong>de</strong>n auch Möglichkeiten<br />

zur Umsetzung <strong>de</strong>r Pisa-Bef<strong>und</strong>e durch die Schulberatung in Bayern erörtert. Folgen<strong>de</strong><br />

Schwerpunkte sind durch <strong>de</strong>n Einsatz von Beratungslehrkräften <strong>und</strong> Schulpsychologen bei<br />

entsprechen<strong>de</strong>r Fortbildung <strong>de</strong>nkbar:<br />

Thema: Ziel:<br />

1. Einschulung Stärkere Kooperation mit <strong>de</strong>m Vorschulbereich bei Einschulung<br />

(vgl. gem Bek. KM/SozM 29.6.98)<br />

2. Durchlässigkeit Einstellungswan<strong>de</strong>l bei Eltern <strong>und</strong> Lehrern: Kin<strong>de</strong>r aus sozial<br />

schwächeren Gruppen sollen vertikale Durchlässigkeit<br />

besser nützen<br />

3. Diagnose; Bildungsstandards(Orientierungsarbeiten)<br />

4. Angebote zur Betreuung u.<br />

För<strong>de</strong>rung nach 13 Uhr<br />

Kompetenz aller Lehrer erhöhen, professionell mit Tests<br />

(v. a. Sprach-Schulleistungstests) umzugehen<br />

Bessere Information zu <strong>de</strong>n Möglichkeiten; fachliche<br />

Unterstützung neuer Konzepte<br />

5. Legasthenie / LRS Bereits im Vorschulbereich mit Diagnose <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rung<br />

einsetzen<br />

6. Gezielte För<strong>de</strong>rung von<br />

Migrantenkin<strong>de</strong>rn v. a. in<br />

<strong>de</strong>r Hauptschule<br />

Verbesserte Information über Möglichkeiten <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Vorrang<br />

<strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung<br />

7. Systemfragen Bildungsgangprinzip muss besser verstan<strong>de</strong>n <strong>und</strong> genutzt<br />

wer<strong>de</strong>n<br />

8. Bildungsmonitoring Bessere Informationen zum Schulsystem/Leistungsstand<br />

9. Übergang Schule - Beruf Hilfen für Risikogruppen<br />

10. Elternarbeit „Lernpakt“ mit <strong>de</strong>r Schule


- 52 -<br />

Hasmüller: PISA-Studie – Mitarbeit <strong>de</strong>r Schulberatung Schwaben<br />

Von Frau Hasmüller wur<strong>de</strong>n bislang die Rückmeldung <strong>de</strong>r schulinternen Ergebnisse an zwei<br />

Schulen im Rahmen Pädagogischer Konferenzen (halbtägige Veranstaltungen) mo<strong>de</strong>riert. Ab<br />

März 2003 wer<strong>de</strong>n die PISA-Mo<strong>de</strong>ratorinnen arbeitsteilig in ca. 12 Dienstbesprechungen für<br />

Beratungslehrer die zentralen Ergebnisse <strong>de</strong>r PISA-Studie rückmel<strong>de</strong>n. Diese Tätigkeit<br />

schließt eine umfassen<strong>de</strong> Vorbereitung <strong>und</strong> Aktualisierung <strong>de</strong>r Rückmeldung ein.


Tauscher: Aufstieg durch berufliche Bildung - 53 -<br />

Werner Tauscher<br />

Aufstieg durch berufliche Bildung<br />

Anlass ist ein Beratungsfall: Ein Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r im 2. Lehrjahr kommt zum Beratungslehrer:<br />

„In <strong>de</strong>r Schule habe ich mich wenig angestrengt, <strong>de</strong>shalb schlechte Noten erzielt. Jetzt merke<br />

ich, dass ich etwas kann, habe jetzt auch wie<strong>de</strong>r Interesse am Lernen. Welche Aufstiegschancen<br />

gibt es für mich nach <strong>de</strong>r Lehre?“<br />

Berufs-<br />

oberschule<br />

Erfolgreicher BSabschluss<br />

= er-<br />

folgreicher HS-<br />

Abschluss<br />

Fachhochschule<br />

Fachaka<strong>de</strong>mie<br />

Mittlerer Abschluss<br />

<strong>de</strong>r Berufsschule<br />

(MBS)<br />

Universität<br />

Fachschulen<br />

Berufsschule o<strong>de</strong>r Berufsfachschule<br />

Abgeschlossene Berufsausbildung<br />

Lehrgänge<br />

<strong>de</strong>r<br />

Kammern<br />

Qualifizierter<br />

Berufsabschluss<br />

(Quabi)<br />

Die Berufsschule vermittelt fachtheoretische Kenntnisse für <strong>de</strong>n jeweiligen Beruf <strong>und</strong> för<strong>de</strong>rt<br />

die Allgemeinbildung <strong>de</strong>r Schüler.<br />

Berufsfachschulen vermitteln eine abgeschlossene Berufsausbildung. Der Unterricht umfasst<br />

auch die Berufspraxis.<br />

Es wäre nun zu klären,<br />

- ob <strong>de</strong>r Ratsuchen<strong>de</strong> eher <strong>de</strong>n Weg über die berufliche Schiene sucht (siehe Schaubild:<br />

Fachschulen, Fachaka<strong>de</strong>mien) o<strong>de</strong>r<br />

- ob er eher <strong>de</strong>n schulischen Weg beschreiten will (siehe Schaubild: Berufsoberschule),<br />

- ob er einen mittleren Schulabschluss bereits besitzt,<br />

- ob er ihn über seinen Berufsabschluss erwerben wird (entsprechend gute Leistungen),<br />

- ob er ohne diesen mittleren Abschluss weitermachen will.


- 54 -<br />

Tauscher: Aufstieg durch berufliche Bildung<br />

Hier sollen zuerst die Möglichkeiten über die berufliche Schiene dargestellt wer<strong>de</strong>n.<br />

Erste Möglichkeit (Fachschule):<br />

Voraussetzung für die Aufnahme ist eine abgeschlossene Berufsausbildung <strong>und</strong> eine einschlägige<br />

Berufstätigkeit von min<strong>de</strong>stens einem Jahr. Danach kann man in eine Fachschule<br />

eintreten (z. B. Technikerschulen, Meisterschulen, sonstige Fachschulen) - Zuerkennung <strong>de</strong>r<br />

Fachschulreife nach einem Jahr (ist gleich mittlerer Schulabschluss, wenn nicht bereits vorhan<strong>de</strong>n),<br />

Teilnahme an <strong>de</strong>r Abschlussprüfung <strong>de</strong>r Fachschule <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ergänzungsprüfung<br />

zum Erwerb <strong>de</strong>r Fachhochschulreife, nach bestan<strong>de</strong>ner Vorprüfung an <strong>de</strong>r FH Wechsel an<br />

die Hochschule in einen eingeschränkten Fachbereich o<strong>de</strong>r nach Abschluss <strong>de</strong>r Fachhochschule<br />

allgemeine Hochschulreife.<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Ergänzungsprüfung:<br />

Die Bedingungen sind abhängig davon, ob eine fachgeb<strong>und</strong>ene Fachhochschulreife o<strong>de</strong>r eine<br />

allgemeine Fachhochschulreife erzielt wer<strong>de</strong>n soll, <strong>und</strong> von <strong>de</strong>r besuchten Fachschule. Hier<br />

muss eine Beratung an <strong>de</strong>r jeweiligen Fachschule erfolgen.<br />

Abgeschlossene<br />

Berufsausbildung<br />

Fachhochschule<br />

1 Jahr berufl.<br />

Tätigkeit<br />

Fachschule<br />

nach einem<br />

Jahr:<br />

Mittlerer<br />

Schulab-<br />

schluss<br />

Vorprüfung nach 2 bzw 4 Semestern:<br />

fachgeb<strong>und</strong>ene Hochschulreife (Studium<br />

bestimmter<br />

Fächer an <strong>de</strong>r Universität)<br />

Abschluss nach mind. 8 Semestern:<br />

Studienabschluss <strong>de</strong>r Fachhochschule<br />

Beinhaltet die allgemeine Hochschulreife<br />

Diese Ergänzungsprüfung ist in ihren Anfor<strong>de</strong>rungen sehr differenziert:<br />

Man unterschei<strong>de</strong>t bei Bewerbern von Fachschulen:<br />

Fachschule<br />

Abschluss-<br />

Prüfung<br />

+<br />

Ergänzungsprüfung<br />

a) Bewerber im letzten Schuljahr einer min<strong>de</strong>stens zweijährigen Fachschule mit staatlicher<br />

Abschlussprüfung mit Ausbildungsbeginn ab Schuljahr 2000/2001<br />

b) Absolventen von Fachschulen mit staatlicher Abschlussprüfung <strong>und</strong> ihnen gleichgestellte<br />

Bewerber (Abschlüsse vor 2002)<br />

Es gibt nun fünf verschie<strong>de</strong>ne Hochschulreifen, die erworben wer<strong>de</strong>n können:<br />

- Allgemeine Hochschulreife (BOS mit 2. Fremdsprache o<strong>de</strong>r abgeschlossenes FH-Studium)<br />

- Fachgeb<strong>und</strong>ene Hochschulreife (BOS o<strong>de</strong>r Zwischenprüfung FH)<br />

- Allgemeine Fachhochschulreife (FOS, FS + Ergänzungsprüfung ab 2002)


Tauscher: Aufstieg durch berufliche Bildung - 55 -<br />

- Auf Bayern beschränkte Fachhochschulreife (FS + Ergänzungsprüfung)<br />

- Auf Bayern beschränkte fachgeb<strong>und</strong>ene Fachhochschulreife (FS + Ergprfg)<br />

Erwerb <strong>de</strong>r allgemeinen Fachhochschulreife:<br />

Bewerber a:<br />

Zusatzprüfung nur in Mathematik (technische Ausbildungsrichtungen) o<strong>de</strong>r in Englisch<br />

(nichttechnische Ausbildungsrichtungen), die an<strong>de</strong>ren Fächer wer<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m Fachschulzeugnis<br />

übernommen. Die Fächer Mathematik o<strong>de</strong>r Englisch wer<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>r Fachschule<br />

bereits auf FOS-Niveau unterrichtet.<br />

Bewerber b:<br />

Lehrgang mit 120 Std. Deutsch, 120 Std. Englisch, 240 Std. Mathematik <strong>und</strong> 80 Std. Sozialk<strong>und</strong>e<br />

mit Jahresfortgangsnoten <strong>und</strong> Zusatzprüfung in Deutsch, Englisch <strong>und</strong> Mathematik<br />

Lehrgänge wer<strong>de</strong>n zur Zeit angeboten von <strong>de</strong>r Technikerfachschule, Deroystr. 1 in München<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Technikerfachschule, Äußere Bayreuther Str. 8 in Nürnberg.<br />

Erwerb <strong>de</strong>r auf Bayern beschränkten Fachhochschulreife ist notwendig für <strong>de</strong>n Personenkreis<br />

<strong>de</strong>r Bewerber unter b)<br />

Zusatzprüfung in Deutsch, Englisch <strong>und</strong> Mathematik ohne Lehrgang!<br />

Erwerb <strong>de</strong>r fachgeb<strong>und</strong>enen Fachhochschulreife auf Bayern beschränkt:<br />

Möglich für <strong>de</strong>n Bewerberkreis a) <strong>und</strong> b) durch eine Zusatzprüfung in Deutsch <strong>und</strong> Mathematik<br />

(technisch Ausbildungsrichtungen) o<strong>de</strong>r Deutsch <strong>und</strong> Englisch (nichttechnische Ausbildungsrichtungen)<br />

Bei Bewerbern nach a) wird das Prüfungsfach Deutsch erlassen.<br />

Zweite Möglichkeit (Fachaka<strong>de</strong>mie):<br />

Voraussetzung für die Aufnahme ist ein mittlerer Schulabschluss <strong>und</strong> eine einschlägige berufliche<br />

Vorbildung o<strong>de</strong>r eine entsprechen<strong>de</strong> Technikerprüfung o<strong>de</strong>r eine <strong>de</strong>r Fachaka<strong>de</strong>mie<br />

entsprechen<strong>de</strong> Meisterprüfung. Teilnahme <strong>und</strong> Bestehen <strong>de</strong>r Abschlussprüfung an <strong>de</strong>r Fachaka<strong>de</strong>mie<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ergänzungsprüfung zum Erwerb <strong>de</strong>r Fachhochschulreife. Absolventen, die<br />

sowohl im Abschlusszeugnis <strong>de</strong>r Fachaka<strong>de</strong>mie als auch im Zeugnis <strong>de</strong>r Fachhochschulreife<br />

die Gesamtnote „sehr gut“ erzielen, erwerben hierdurch die fachgeb<strong>und</strong>ene Hochschulreife.<br />

Ansonsten gelten die Aussagen wie unter Fachschulen.<br />

Anfor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Ergänzungsprüfung:<br />

Abhängig davon, welche Art <strong>de</strong>r Fachaka<strong>de</strong>mie besucht wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> welche Art <strong>de</strong>r Fachhochschulreife<br />

erzielt wer<strong>de</strong>n soll. Hier ist eine Beratung vor Ort notwendig. Im Wesentlichen gelten<br />

die Bestimmungen wie bei Fachschulen.<br />

Die Industrie- <strong>und</strong> Han<strong>de</strong>lskammern <strong>und</strong> die Handwerkskammern bieten Lehrgänge an, die<br />

zur Meisterprüfung o<strong>de</strong>r zum Betriebswirt, Bilanzbuchhalter, Fachkauffrau, Fachwirt, Verkaufsleiter,<br />

Wirtschaftsassistentin o<strong>de</strong>r Wirtschaftsinformatiker führen, <strong>de</strong>n mittleren Schulab-


- 56 -<br />

Tauscher: Aufstieg durch berufliche Bildung<br />

schluss beinhalten <strong>und</strong> dann Voraussetzung für eine <strong>de</strong>r genannten beruflichen o<strong>de</strong>r schulischen<br />

Laufbahnen sein können.<br />

Natürlich sind hier auch Firmengründungen möglich, wenn die Voraussetzungen vorliegen.<br />

Zugang zur Berufsoberschule ohne mittleren Berufsabschluss:<br />

Hier gibt es nur die Möglichkeit einer Aufnahmeprüfung für die Aufnahme in die Vorstufe. Diese<br />

Vorstufe ist eine Vollzeitklasse mit z. B. 7 WoStd Deutsch, 8 WoStd Englisch <strong>und</strong> 8 WoStd<br />

Mathematik. Dabei muss in Deutsch, Englisch <strong>und</strong> Mathematik ein Notendurchschnitt von<br />

min<strong>de</strong>stens 3,7 erzielt wer<strong>de</strong>n. Diese Möglichkeit ist sehr problematisch, es müsste eine konsequente<br />

Vorbereitung für diese Prüfung durchgeführt wer<strong>de</strong>n, sonst sind die Erfolgsaussichten<br />

sehr gering.<br />

Hauptschule<br />

Ohne er-<br />

folgreichen Abschluss<br />

(kein<br />

Quali)<br />

Abgeschlossene<br />

Berufsausbildung:Zuerkennung<br />

<strong>de</strong>s erfolgreichenHauptschulabschlusses<br />

Konsequente<br />

Vorbereitung<br />

Bestehen <strong>de</strong>r<br />

Aufnahmeprüfung<br />

Besuch<br />

<strong>de</strong>r Vorstufe<br />

BOS<br />

Alle Fächer<br />

mind.<br />

4: Aufnahme<br />

in die<br />

12. Klasse<br />

<strong>de</strong>r BOS<br />

Aber es kann bei guten Leistungen in <strong>de</strong>r Berufsschule (Schnitt 2,5 o<strong>de</strong>r besser), erfolgreichem<br />

Berufsabschluss <strong>und</strong> befriedigen<strong>de</strong>n Kenntnissen in Englisch <strong>de</strong>r Mittlere Abschluss<br />

<strong>de</strong>r Berufsschule verliehen wer<strong>de</strong>n. Damit hat <strong>de</strong>r Jugendliche <strong>de</strong>n Mittleren Schulabschluss<br />

<strong>und</strong> muss sich <strong>de</strong>r Aufnahmeprüfung für die Vorstufe nicht unterziehen.<br />

Hauptschulabschluss <br />

Hauptschulabschluss<br />

„Quali“<br />

Berufsschule mind. 2,5<br />

Berufsabschluss erreicht<br />

Englisch 3<br />

Berufsabschluss mind.<br />

2,5, Berufsschule erreicht<br />

Englisch 3<br />

Mittlerer<br />

Schul-<br />

abschluss<br />

Empfehlung:<br />

Vorstufe<br />

BOS<br />

Möglich:<br />

12. Klasse<br />

BOS (bei<br />

Eignung)<br />

Die Lerninhalte <strong>de</strong>r Berufsoberschule können auch virtuell vermittelt wer<strong>de</strong>n. Der Vorteil dabei<br />

liegt in <strong>de</strong>r freien Bestimmung von Ort, Zeit <strong>und</strong> Lernrhythmus. Informationen fin<strong>de</strong>t man auf<br />

<strong>de</strong>r Web-Site <strong>de</strong>r „Virtuellen Berufsoberschule Bayern“.<br />

Zugang zur Berufsoberschule mit mittlerem Abschluss:<br />

Wer <strong>de</strong>n mittleren Schulabschluss über <strong>de</strong>n Quabi, <strong>de</strong>n mittleren Schulabschluss <strong>de</strong>r Berufsschule<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Berufsfachschule erreicht hat, <strong>de</strong>m wird ermöglicht <strong>und</strong> auch dringend gera-


Tauscher: Aufstieg durch berufliche Bildung - 57 -<br />

ten, die Vorstufe <strong>de</strong>r Berufsoberschule zu besuchen (Kennzeichnung siehe oben). Aber auch<br />

diese Bewerber können direkt in eine 12. Klasse eintreten, wenn die Eignung gegeben ist.<br />

Die Wahl <strong>de</strong>r Ausbildungsrichtung hängt ab von <strong>de</strong>r beruflichen Vorbildung. Welche Berufsabschlüsse<br />

welcher Ausbildungsrichtung zugeordnet wer<strong>de</strong>n, fin<strong>de</strong>t man auf <strong>de</strong>n Internetseiten<br />

<strong>de</strong>r Ministerialbeauftragten für die Berufsoberschulen für Ostbayern (www.mb-ost.<strong>de</strong>)<br />

Wer die berufliche Vorbildung aufweist <strong>und</strong> einen mittleren Schulabschluss besitzt, wird aufgenommen,<br />

wenn er/sie<br />

- die Vorrückungserlaubnis für die 11. Klasse <strong>de</strong>s Gymnasiums besitzt o<strong>de</strong>r<br />

- bei 3,5 in Deutsch, Mathematik, Englisch im Zeugnis über <strong>de</strong>n mittleren Schulabschluss<br />

o<strong>de</strong>r<br />

- im Jahreszeugnis <strong>de</strong>r Vorstufe in allen Fächern min<strong>de</strong>stens 4 erzielt hat o<strong>de</strong>r<br />

- min<strong>de</strong>stens 2,5 in vorhergehen<strong>de</strong>n Zeugnissen erzielt hat (Beratung notwendig).<br />

Wer diese Voraussetzungen nicht erfüllt, muss sich einer Aufnahmeprüfung in Deutsch, Mathematik<br />

<strong>und</strong> Englisch unterziehen <strong>und</strong> dort min<strong>de</strong>stens einen Schnitt von 3,5 erzielen.<br />

Alle genannten Möglichkeiten sind auf Bewerber mit einem beruflichen Abschluss zugeschnitten;<br />

hierzu ist jedoch eine qualifizierte Beratung an <strong>de</strong>n einzelnen Schulen notwendig.


- 58 -<br />

Tauscher: Aufstieg durch berufliche Bildung


Häußler/Mayr: Integration Jugendlicher aus <strong>de</strong>m Ausland - 59 -<br />

Ursula Häußler, Georg Mayr<br />

Integration Jugendlicher aus <strong>de</strong>m Ausland<br />

I. Beratungssituation im Schuljahr 2001/2002 in Mittelfranken<br />

An <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für Mittelfranken wur<strong>de</strong>n im Schuljahr 2001/2002<br />

von <strong>de</strong>r Leiterin ca. 100 persönliche Beratungen für Ratsuchen<strong>de</strong> durchgeführt, die aus<br />

<strong>de</strong>m Ausland zugezogen waren. Dies entspricht gut 40% aller Beratungen. Etwa 90% davon<br />

waren frem<strong>de</strong>r Nationalität o<strong>de</strong>r Spätaussiedler, bei 10% han<strong>de</strong>lte es sich um <strong>de</strong>utsche<br />

Rückkehrer, <strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>r Schulen im Ausland besucht hatten. Ingesamt waren 29<br />

Nationalitäten vertreten. Die Hälfte <strong>de</strong>r Ratsuchen<strong>de</strong>n waren Kontingentflüchtlinge (jüdischen<br />

Glaubens) aus Russland <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ukraine. Dazu kamen einige aus an<strong>de</strong>ren ehemaligen<br />

GUS-Staaten. Die Zahl <strong>de</strong>r Spätaussiedler aus Kasachstan, die bislang zu <strong>beraten</strong><br />

waren, ist stark zurückgegangen. Bei <strong>de</strong>n Ratsuchen<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m Irak <strong>und</strong> China han<strong>de</strong>lt<br />

es sich meist um ältere Jugendliche. Sie befin<strong>de</strong>n sich aus unterschiedlichen Grün<strong>de</strong>n in<br />

beson<strong>de</strong>rs schwieriger Situation.<br />

II. Probleme <strong>de</strong>r ratsuchen<strong>de</strong>n Eltern<br />

Mit welchen Problemen man bei <strong>de</strong>r „Auslän<strong>de</strong>r-Beratung“ konfrontiert ist, sei am Beispiel<br />

<strong>de</strong>r Kontingentflüchtlinge gezeigt:<br />

1. Sprachbarrieren<br />

Die Eltern haben oft ein hohes Bildungsniveau, es han<strong>de</strong>lt sich vielfach um Aka<strong>de</strong>miker<br />

<strong>und</strong> Künstler, sie können sich aber meist nur mühsam <strong>de</strong>utsch verständigen, so<br />

dass sich die Kommunikation – manchmal mit Hilfe dolmetschen<strong>de</strong>r Bekannter –<br />

langwierig <strong>und</strong> schwierig gestaltet.<br />

2. Die Kin<strong>de</strong>r als Hoffungsträger<br />

Da sie mit ihren geringen Sprachkenntnissen (<strong>de</strong>r sechsmonatige Sprachkurs reicht<br />

nicht aus) auf ihrem intellektuellen Niveau nicht kommunizieren können <strong>und</strong> oft auch<br />

beruflich keine adäquaten Perspektiven haben, gilt ihr ganzes Bemühen <strong>de</strong>m Auf-<br />

stieg ihrer Kin<strong>de</strong>r. Dieser erscheint ihnen nur durch das Gymnasium gewährleistet.<br />

Die Kin<strong>de</strong>r haben oft beson<strong>de</strong>re Schulen besucht (z. B. mit Englisch bereits in <strong>de</strong>r<br />

Gr<strong>und</strong>stufe), viele erweisen sich als sehr begabt <strong>und</strong> fleißig, sind wohl auch „brav“ <strong>und</strong><br />

angepasster erzogen. Wegen <strong>de</strong>r mangeln<strong>de</strong>n Sprachkenntnisse geraten sie in die<br />

Volksschule, die sie gern „überspringen“ möchten. Bei manchen steht wegen eines<br />

Umzugs aus einem an<strong>de</strong>ren B<strong>und</strong>esland o<strong>de</strong>r innerhalb Bayerns oft zu ungünstiger<br />

Zeit ein Schulwechsel an. Schulpflichtige Kin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n im Ballungsgebiet Nürnberg-<br />

Fürth-Erlangen in eigene Einglie<strong>de</strong>rungsklassen (Ü- = Übergangsklassen) an <strong>de</strong>r<br />

Volksschule, wo sie Deutsch lernen, eingewiesen. Diese Maßnahmen zum Erwerb <strong>de</strong>r<br />

nötigen Sprachkenntnisse sind wenig beliebt <strong>und</strong> haben zweifellos Nachteile: Zum einen<br />

fin<strong>de</strong>n die Eltern, dass z. B. in Mathematik zu wenig gelernt wird. Englisch wird auf<br />

diesem Niveau in <strong>de</strong>r Regel nicht unterrichtet, die Kin<strong>de</strong>r vergessen, was sie früher gelernt<br />

haben.


- 60 -<br />

Häußler/Mayr: Integration Jugendlicher aus <strong>de</strong>m Ausland<br />

Das Hauptargument lautet: In diesen Klassen ist <strong>de</strong>rzeit <strong>de</strong>r größte Teil russischsprachig,<br />

so dass die Schüler durch <strong>de</strong>n Umgang mit an<strong>de</strong>ren so gut wie keine Übung in<br />

<strong>de</strong>r gesprochenen Sprache haben. Außer<strong>de</strong>m sitzen oft mehrere Altersgruppen in einer<br />

Klasse, hoch begabte neben durchschnittlichen <strong>und</strong> schwachen Schülern. Deshalb<br />

ist es das Ziel <strong>de</strong>r Eltern, möglichst schnell <strong>de</strong>n Übertritt ihrer Kin<strong>de</strong>r in ein Gymnasium<br />

zu bewerkstelligen.<br />

Durch das (langsame) Erlernen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Sprache in <strong>de</strong>n genannten Einglie<strong>de</strong>rungsklassen<br />

geht zwangsläufig Zeit „verloren“. Manche Schüler treten, durch verschie<strong>de</strong>ne<br />

Umstän<strong>de</strong> bedingt, sprichwörtlich auf <strong>de</strong>r Stelle <strong>und</strong> besuchen die gleiche<br />

Jahrgangsstufe zum dritten Mal! Dies ist <strong>de</strong>r Motivation nicht gera<strong>de</strong> för<strong>de</strong>rlich.<br />

Dazu kommt, dass <strong>de</strong>r „Gastschülerstatus“ nur innerhalb einer begrenzten Zeit nach<br />

<strong>de</strong>r Einreise gewährt wird. Fast alle ausländischen Eltern unterschätzen die Be<strong>de</strong>utung<br />

sprachlicher Kompetenz für alle Fächer <strong>de</strong>s Gymnasiums <strong>und</strong> beharren darauf, dass<br />

ihre fleißigen <strong>und</strong> begabten Kin<strong>de</strong>r es schaffen wer<strong>de</strong>n. Viele Kin<strong>de</strong>r sind aber aufgr<strong>und</strong><br />

ihren sprachlichen Möglichkeiten damit völlig überfor<strong>de</strong>rt, vor allem wenn ihnen<br />

noch eine weitere Fremdsprache zugemutet wird, <strong>und</strong> oft auch frustriert, wenn <strong>de</strong>r<br />

Fleiß <strong>und</strong> die Mühen unbelohnt bleiben <strong>und</strong> sie <strong>de</strong>m Unverständnis ihrer Eltern gegenüberstehen.<br />

Bei Eintritt ab <strong>de</strong>r 8. Jahrgangsstufe wird zwar in <strong>de</strong>r Regel <strong>de</strong>r Ersatz <strong>de</strong>r 2. Fremdsprache<br />

durch die Muttersprache (z. B. Russisch) genehmigt (auch eine erklärungsbedürftige<br />

Maßnahme), jedoch sind in höheren Klassen die sprachlichen Anfor<strong>de</strong>rungen<br />

beson<strong>de</strong>rs in Englisch <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Aufsatzlehre bereits sehr anspruchsvoll. Dies ist <strong>de</strong>n<br />

Ratsuchen<strong>de</strong>n – offensichtlich mangels Erfahrung – schwer zu vermitteln.<br />

Ein Teil <strong>de</strong>r Beratungsfälle bezieht sich auf Schüler, die <strong>de</strong>n Gastschülerstatus am<br />

Gymnasium o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Realschule erfolglos been<strong>de</strong>n müssen. Die Enttäuschung ist<br />

dann meist riesengroß.<br />

3. Unkenntnis <strong>de</strong>s Schulsystems <strong>und</strong> <strong>de</strong>r beruflichen Bildung<br />

Die Eltern kennen das differenzierte Schulsystem <strong>und</strong> die Durchlässigkeiten nicht, je<strong>de</strong>r<br />

Wechsel be<strong>de</strong>utet für sie Abstieg. Auch wenn das Scheitern absehbar ist o<strong>de</strong>r die<br />

Beendigung <strong>de</strong>s Schulbesuchs zur Folge hatte, glauben sie immer noch an eine Lösung<br />

in ihrem Sinne. Sie misstrauen <strong>de</strong>n schulischen Aussagen <strong>und</strong> versuchen um<br />

<strong>de</strong>n Verbleib ihrer Kin<strong>de</strong>r am Gymnasium zu kämpfen. Sie wissen nicht, was eine<br />

Schulordnung beinhaltet, hören aber oft aus <strong>de</strong>m Bekanntenkreis von irgen<strong>de</strong>inem<br />

Fall, <strong>de</strong>n sie als Argument anführen wollen. Manchmal kennen sie auch ihre Rechte<br />

nicht (z.B. freiwilliger Schulbesuch in <strong>de</strong>r 9. Klasse Hauptschule). Die Profile <strong>de</strong>r Realschule,<br />

Fachoberschule <strong>und</strong> die Studienmöglichkeiten an Fachhochschulen müssen in<br />

<strong>de</strong>r Beratung ganz neu erklärt wer<strong>de</strong>n. Die Be<strong>de</strong>utung an<strong>de</strong>rer Abschlüsse als <strong>de</strong>r<br />

Hochschulreife ist ihnen unklar, ebenso das System <strong>de</strong>r beruflichen Bildung <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

zweite Bildungsweg.<br />

Aus <strong>de</strong>n kurz dargestellten Grün<strong>de</strong>n lässt sich erahnen, wie mühsam <strong>und</strong> aufwendig sich<br />

die Beratung <strong>de</strong>r genannten Gruppe gestalten kann. Sie ist auch menschlich schwierig,<br />

<strong>de</strong>nn es spielen existentielle Hoffnungen <strong>und</strong> Erwartungen <strong>und</strong>, weil <strong>de</strong>r Überblick fehlt,


Häußler/Mayr: Integration Jugendlicher aus <strong>de</strong>m Ausland - 61 -<br />

ein gewisses Unterlegenheitsgefühl mit. An<strong>de</strong>rerseits zeigen sich viele dankbar für die<br />

Mühe, die man sich macht, z. B. wenn man Telefonate für sie führt, <strong>und</strong> bedanken sich<br />

überschwänglich für die Beratung. Diese umfasst neben <strong>de</strong>m Beratungsgespräch häufig<br />

Kontaktaufnahme mit Schulleitungen o<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Institutionen.<br />

III. Die Probleme von Jugendlichen<br />

Als sehr schwierig stellt sich die Situation von Jugendlichen dar, die im Alter von 16–18<br />

Jahren ohne o<strong>de</strong>r mit geringen Sprachkenntnissen einreisen. Sofern sie Aussiedler, Kontingentflüchtlinge<br />

o<strong>de</strong>r Asylberechtigte sind, können sie, wenn sie ihre Vollzeitschulpflicht<br />

(9 Jahre) erfüllt haben, einen Integrationssprachkurs besuchen, <strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m Garantiefonds<br />

finanziert <strong>und</strong> von verschie<strong>de</strong>nen Einrichtungen durchgeführt wird, in Nürnberg vom<br />

DEB (Deutsches Erwachsenenbildungswerk). Aussiedler <strong>und</strong> Kontingentflüchtlinge haben<br />

dabei die gleichen Vorbehalte, wie sie gegen Ü-Klassen bestehen, sie wollen nicht mit lauter<br />

„Russen“ zusammen sein. Dies för<strong>de</strong>re ihre Sprechfertigkeit verständlicherweise nicht.<br />

Am En<strong>de</strong> eines Jahreslehrgangs ist es bei entsprechen<strong>de</strong>n Kenntnissen möglich, <strong>de</strong>n<br />

qualifizieren<strong>de</strong>n Hauptschulabschluss zu erwerben. Doch <strong>de</strong>r qualifizieren<strong>de</strong> Hauptschulabschluss,<br />

<strong>de</strong>r früher bei <strong>de</strong>r Suche nach einem Ausbildungsplatz ein Wert an sich war, ist<br />

es bei <strong>de</strong>r gegenwärtigen Arbeitsmarktsituation nur noch begrenzt; dabei haben die Mädchen<br />

noch weniger Chancen als die Jungen. Die Voraussetzungen für <strong>de</strong>n Eintritt in die<br />

M10 <strong>de</strong>r Hauptschule (ohne Altersgrenze) liegen sehr hoch, nur wenige schaffen dies.<br />

Da die Altersgrenzen <strong>und</strong> erzielten Leistungen (Hauptschulstoff, oft noch mangeln<strong>de</strong><br />

sprachliche Gewandtheit) einen Eintritt in höhere Jahrgangsstufen weiterführen<strong>de</strong>r Schulen<br />

in <strong>de</strong>r Regel ausschließen, lan<strong>de</strong>n diese Jugendlichen teilweise in Überbrückungsmaßnahmen<br />

<strong>de</strong>s Arbeitsamtes o<strong>de</strong>r im BVJ, das sie meist nicht weiter bringt. Kein W<strong>und</strong>er,<br />

dass mangels an Perspektiven ihr Selbstwertgefühl erschüttert wird <strong>und</strong> auch im Sozialverhalten<br />

Probleme auftreten können.<br />

Die jungen Leute, die in die Beratung kommen, sind in <strong>de</strong>r Regel sehr interessiert an Erläuterungen<br />

zum (Aus-)Bildungssystem <strong>und</strong> zum Erwerb von Abschlüssen. Es erscheint<br />

wichtig, dass sie an einer Stelle wie <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatung kompetente <strong>und</strong> regional<br />

informierte Fachkräfte als Ansprechpartner fin<strong>de</strong>n.<br />

IV. Das „Augsburger Mo<strong>de</strong>ll“: Übergangs- <strong>und</strong> Einglie<strong>de</strong>rungsklassen zur För<strong>de</strong>rung<br />

beson<strong>de</strong>rs begabter Schüler mit nicht<strong>de</strong>utscher Muttersprache nach § 11 <strong>und</strong> 12<br />

VSO<br />

1. Durch <strong>de</strong>n vermehrten Zuzug von ausländischen Schülern <strong>und</strong> Kin<strong>de</strong>rn von Aussiedlern<br />

seit Mitte <strong>de</strong>r 80er Jahre verschärfte sich auch in Schwaben die Situation in <strong>de</strong>r<br />

Beratung, da gera<strong>de</strong> Aka<strong>de</strong>mikerfamilien für ihre Kin<strong>de</strong>r unbedingt eine Aufnahme in<br />

eine Realschule bzw. in ein Gymnasium erreichen wollten.<br />

Durch verschie<strong>de</strong>ne Initiativen <strong>und</strong> Kontakte wur<strong>de</strong> ab <strong>de</strong>m Schuljahr 1996/97 eine<br />

„Mo<strong>de</strong>llklasse für beson<strong>de</strong>rs begabte Schüler“ in Augsburg eingerichtet. Diese Schüler<br />

sollten nach einer intensiven För<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Sprache, aber auch in Eng-<br />

lisch <strong>und</strong> Mathematik, spätestens nach einem Jahr über ein „Gastschulverhältnis“ nach<br />

RSO §6 <strong>und</strong> GSO § 5 an eine weiterführen<strong>de</strong> Schule übertreten können (d.h. in <strong>de</strong>r


- 62 -<br />

Häußler/Mayr: Integration Jugendlicher aus <strong>de</strong>m Ausland<br />

Regel nach einem halben Jahr Aufnahmeprüfung <strong>und</strong> anschließend ein halbes Jahr<br />

Probezeit).<br />

2. Um eine weitgehen<strong>de</strong> Gleichbehandlung aller übertrittsfähigen Schüler zu erreichen,<br />

wird die staatliche Schulberatung für Schwaben zwischengeschaltet. Auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage<br />

eines pädagogischen Gutachtens <strong>de</strong>r abgeben<strong>de</strong>n Schule versuchen mehrere Teams<br />

von Lehrern an Realschulen <strong>und</strong> Gymnasien, die von <strong>de</strong>r Beratungsstelle organisiert<br />

wer<strong>de</strong>n, in Gesprächen <strong>und</strong> mit kurzen Tests bei <strong>de</strong>n übertrittswilligen Schülern festzustellen,<br />

für welche Schulart <strong>und</strong> Jahrgangsstufe die jeweiligen Kenntnisse ausreichen.<br />

Dabei wird auch überprüft, ob eine Fremdsprachenson<strong>de</strong>rregelung erfor<strong>de</strong>rlich <strong>und</strong><br />

möglich ist. Die Schulberatungsstelle <strong>und</strong> die Lehrkräfte <strong>de</strong>r Übergangsklassen bemühen<br />

sich nach einer zusammenfassen<strong>de</strong>n Beurteilung <strong>und</strong> Beratung um eine Aufnahme<br />

in die als geeignet erscheinen<strong>de</strong>n Schulen.<br />

3. Die bisherigen Erfahrungen zeigen (inzwischen gibt es vier Übergangsklassen in Augsburg),<br />

dass zum Halbjahr <strong>und</strong> zum Schuljahresen<strong>de</strong> pro Jahr durchschnittlich zwischen<br />

20 <strong>und</strong> 30 Schüler an Realschulen <strong>und</strong> Gymnasien übertreten. Die aufnehmen<strong>de</strong>n<br />

Schulen erhalten zur Information das Gutachten <strong>de</strong>r abgeben<strong>de</strong>n Schule <strong>und</strong> die Beratungsempfehlung<br />

<strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage entschei<strong>de</strong>t<br />

<strong>de</strong>r Schulleiter <strong>de</strong>r angestrebten Schule eigenverantwortlich über die Aufnahme.<br />

Durch die intensive Beratung konnte erreicht wer<strong>de</strong>n, dass fast alle überprüften Schüler<br />

<strong>de</strong>n Übertritt <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Prüfungen erfolgreich bewältigt haben. Dieser<br />

Erfolg wäre bei einem zu frühen Einstieg <strong>und</strong> ohne die gezielte För<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llklassen<br />

nicht möglich.<br />

V. Beson<strong>de</strong>re Eingangsklassen am Gymnasium in Nürnberg<br />

In Nürnberg wer<strong>de</strong>n schon seit mehr als 2 Jahrzehnten beson<strong>de</strong>re Eingangsklassen gebil<strong>de</strong>t.<br />

Sie sind bis zu einem Drittel mit ausländischen Kin<strong>de</strong>rn besetzt. Diese erhalten in<br />

<strong>de</strong>r 5. Jahrgangsstufe getrennt von ihren <strong>de</strong>utschen Mitschülern im Fach Deutsch einen<br />

eigenständigen Unterricht, <strong>de</strong>r sie sprachlich beson<strong>de</strong>rs för<strong>de</strong>rn soll; in <strong>de</strong>r Jahrgangsstufe<br />

6 nehmen die Schüler im Fach Deutsch am Unterricht <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Schüler teil, erhalten<br />

aber darüber hinaus noch einen zusätzlichen För<strong>de</strong>runterricht. Ab <strong>de</strong>r 7. Jahrgangsstufe<br />

besuchen sie nur noch <strong>de</strong>nselben Unterricht wie die <strong>de</strong>utschen Schüler, erfahren aber bei<br />

<strong>de</strong>r Bewertung ihrer Leistungen noch eine gewisse Rücksichtnahme.<br />

Bis vor wenigen Jahren wur<strong>de</strong> eine solche beson<strong>de</strong>re Eingangsklasse für ausländische<br />

Kin<strong>de</strong>r auch für die 7. Jahrgangsstufe <strong>de</strong>r vierstufigen Realschule angeboten, doch hat<br />

man dieses Mo<strong>de</strong>ll (aus Kostengrün<strong>de</strong>n) lei<strong>de</strong>r eingestellt.


Hänsel: Schulische Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention<br />

Dr. Rudolf Hänsel<br />

Schulische Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention:<br />

Vorsorge - Fürsorge - Nachsorge<br />

- 63 -<br />

1. Pädagogisch-psychologische Beratung von Schülern <strong>und</strong> Eltern in Fällen von erzieherischen<br />

<strong>und</strong> sozialen Problemen mit Beteiligung von Gewaltausübung, Gewaltandrohung<br />

<strong>und</strong> in Fällen von schulischen Krisensituationen im Zusammenhang<br />

mit Gewalt<br />

a) Beratungsgespräche mit Eltern <strong>und</strong> Schülern durch staatliche Schulberater,<br />

Schulpsychologen <strong>und</strong> Beratungslehrkräfte an Schulen <strong>und</strong> Schulberatungsstellen<br />

Laut <strong>de</strong>n Tätigkeitsberichten <strong>und</strong> persönlichen Rückmeldungen von Beratungslehrkräften<br />

<strong>und</strong> Schulpsychologen vom Schuljahr 2001/2002 ist die Zahl <strong>de</strong>r Beratungen bei<br />

erzieherischen <strong>und</strong> sozialen Problemen (incl. Verhaltensauffälligkeiten) <strong>und</strong> damit zusammenhängend<br />

die Zahl <strong>de</strong>r Beratungen bei Lern- <strong>und</strong> Leistungsstörungen mit Abstand<br />

am höchsten. Fälle von Gewaltandrohungen <strong>und</strong> -<strong>de</strong>likten gegenüber Mitschülern<br />

<strong>und</strong> auch gegenüber Lehrkräften beanspruchen die Beratungsfachkräfte dabei in<br />

immer höherem Maße.<br />

Zwei Beispiele aus <strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>s Schulberaters:<br />

Ein Gymnasiallehrer wandte sich an <strong>de</strong>n staatlichen Schulberater mit <strong>de</strong>r dringen<strong>de</strong>n<br />

Bitte, einen geeigneten Therapeuten für einen 18-jährigen Gymnasiasten zu fin<strong>de</strong>n, da<br />

dieser vor einiger Zeit an die Tafel geschrieben hätte: „Erfurt wird sich hier wie<strong>de</strong>rholen.<br />

Ich bringe euch Lehrer alle um! Euer..." Lehrer, Beratungsfachkräfte <strong>und</strong> Schulleitung<br />

sind nach vielen Gesprächen mit <strong>de</strong>m Jugendlichen zur Auffassung gelangt, im<br />

Rahmen <strong>de</strong>r Schule sei ihm nicht beizukommen, er brauche psychotherapeutische Hilfe.<br />

Eine längere Abklärung <strong>de</strong>s Falles machte dann <strong>de</strong>utlich, dass dieser Jugendliche<br />

seit langer Zeit Drogen konsumierte, sich dadurch von seinen Klassenkamera<strong>de</strong>n abson<strong>de</strong>rte<br />

<strong>und</strong> mit <strong>de</strong>n Lehrern nicht mehr zurecht kam, im Lernen versagte <strong>und</strong> sich<br />

immer mehr seelisch isolierte. In dieser Notsituation sah er in <strong>de</strong>r Morddrohung nach<br />

<strong>de</strong>m Beispiel Erfurt eine Möglichkeit, die Aufmerksamkeit von Lehrern, Mitschülern<br />

<strong>und</strong> seiner Mutter auf sich zu lenken, um evtl. Hilfe zu erfahren.<br />

Einige Monate später kam eine Mutter mit ihrem hoch begabten 11-jährigen Sohn über<br />

die Vermittlung <strong>de</strong>s Kultusministeriums zur Beratung. Mutter <strong>und</strong> Sohn waren auf <strong>de</strong>r<br />

Suche nach einem Platz in einem Privat-Gymnasium, da ihrer Meinung nach die Lehrer<br />

am gegenwärtigen Gymnasium <strong>und</strong> auch an <strong>de</strong>n übrigen staatlichen Gymnasien<br />

unfähig seien, <strong>de</strong>m hoch begabten Sohn in irgen<strong>de</strong>iner Weise gerecht zu wer<strong>de</strong>n. Der<br />

Sohn hatte inzwischen in allen Fächern mangelhafte bis ungenügen<strong>de</strong> Leistungen erbracht.<br />

Nach einem längeren Versuch, die Einstellung <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n gegenüber Gymnasiallehrern<br />

zu korrigieren, meinte <strong>de</strong>r Sohn plötzlich ganz lapidar: „Wissen Sie, was ich


- 64 -<br />

Hänsel: Schulische Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention<br />

am liebsten machen wür<strong>de</strong>? Am liebsten wür<strong>de</strong> ich alle Lehrer umlegen, einfach nie<strong>de</strong>rknallen."<br />

b) Organisation von Hilfeleistungen wie therapeutische Betreuung, medizinische<br />

Hilfe, Lernhilfe, Kontakte zu Schulen <strong>und</strong> zu an<strong>de</strong>ren Beratungsinstitutionen<br />

Zeichnet sich im pädagogisch-psychologischen Beratungsgespräch ab, dass Beratungsfachkräfte<br />

<strong>de</strong>m ratsuchen<strong>de</strong>n Schüler, Elternteil o<strong>de</strong>r Kollegen alleine nicht weiter<strong>helfen</strong><br />

können, beziehen sie Kollegen an<strong>de</strong>rer Schulen <strong>und</strong> Schularten in <strong>de</strong>r Region<br />

sowie außerschulische Beratungsdienste <strong>und</strong> therapeutische Einrichtungen wie z.<br />

B. schulärztliche Dienste, Erziehungs- <strong>und</strong> Familienberatungsstellen, Jugendämter<br />

<strong>und</strong> soziale Dienste, Berufs- <strong>und</strong> Studienberatungsstellen, frei praktizieren<strong>de</strong> Psychologen,<br />

Psychiater <strong>und</strong> Ärzte mit ein. Durch diese Kooperation wer<strong>de</strong>n bei Bedarf fachliche<br />

<strong>und</strong> organisatorische Abstimmungen mit <strong>de</strong>n Fachkollegen erreicht <strong>und</strong> die Effizienz<br />

<strong>de</strong>r schulischen Beratung im Interesse von Schülern, Eltern <strong>und</strong> <strong>de</strong>r gesamten<br />

Öffentlichkeit erhöht. Notwendig ist die Kooperation mit Fachkollegen auch <strong>de</strong>shalb,<br />

um Rat suchen<strong>de</strong>n Schülern <strong>und</strong> Eltern eine Fortführung <strong>de</strong>r Beratung <strong>und</strong> Hilfe auch<br />

über die Schulzeit hinaus zu sichern. Und schließlich kann durch interdisziplinäres Zusammenwirken<br />

von professionellen Beratern aus unterschiedlichen Fachbereichen<br />

gezielter <strong>und</strong> wirksamer geholfen wer<strong>de</strong>n.<br />

2. Beratung von Lehrkräften <strong>und</strong> Schulen<br />

a) Aus allen Schulberatungsstellen wur<strong>de</strong> ein hoher Bedarf an Kollegenberatungen<br />

gemel<strong>de</strong>t (vgl. Tätigkeitsberichte Schuljahr 2001/2002). Wie eine Fragebogen-<br />

Erhebung unter Lehrkräften aller Schularten im Zusammenhang mit <strong>de</strong>m bayerischen<br />

Mo<strong>de</strong>llversuch „Lehrerges<strong>und</strong>heit" im Regierungsbezirk Nie<strong>de</strong>rbayern exemplarisch<br />

zeigte, steht für die Mehrzahl <strong>de</strong>r Lehrkräfte <strong>de</strong>r Bedarf an Beratung <strong>und</strong> Fortbildung<br />

zum „Umgang mit schwierigen Schülern" <strong>und</strong> zu „Verhaltensauffälligkeiten bei<br />

Schülern" im Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>.<br />

b) Mehrere Schulleiter aus Gymnasien <strong>und</strong> Volksschulen richteten Anfragen an die staatlichen<br />

Schulberatungsstellen, zum Thema Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention an<br />

Elternaben<strong>de</strong>n, Lehrerkonferenzen <strong>und</strong> Pädagogischen Tagen zu referieren <strong>und</strong> praxiserprobte<br />

Konzepte (z. B. das Interventionsprogramm von Dan Olweus) vorzustellen.<br />

3. Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen <strong>und</strong> Dienstbesprechungen<br />

a) Alle neun staatlichen Schulberatungsstellen bieten seit Jahren halb-, ein- o<strong>de</strong>r mehrtägige<br />

Fortbildungsveranstaltungen an zu folgen<strong>de</strong>n Themen:<br />

- Mediation - eine Form <strong>de</strong>r Konfliktbewältigung <strong>und</strong> Gewaltprävention an Schulen,<br />

- Mediation - Leitung von Vermittlungsgesprächen bei Konflikten zwischen Lehrern<br />

<strong>und</strong> Eltern, Lehrern <strong>und</strong> Schülern o<strong>de</strong>r Schulleitung <strong>und</strong> Eltern,<br />

- Konfliktmo<strong>de</strong>ration für Lehrkräfte,<br />

- Streitschlichtung durch Konfliktlotsen,


Hänsel: Schulische Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention<br />

- Wie können Schulen hilfreich mit Krisen umgehen?,<br />

- Gewaltprävention: Umgang mit Mobbing<br />

- 65 -<br />

- Lehrer-Schüler-Konferenz: Wie man Konflikte in <strong>de</strong>r Schule angemessen löst,<br />

- Stressprävention in Schule <strong>und</strong> Unterricht,<br />

- Lehrergesprächsgruppen,<br />

- Supervision für Schulleiter (Coaching), Funktionsträger, Teilkollegien, Beratungsfachkräfte,<br />

Lehrkräfte <strong>und</strong> Lehramtsanwärter<br />

- Balint-Gruppen<br />

b) In <strong>de</strong>n jährlich stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Dienstbesprechungen <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstellen<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r fachlichen Betreuung <strong>de</strong>r Beratungslehrkräfte <strong>und</strong> Schulpsychologen<br />

aller Schularten wur<strong>de</strong> das Thema Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention<br />

in <strong>de</strong>n Schuljahren 2001/02 <strong>und</strong> 2002/03 intensiv behan<strong>de</strong>lt. So lautete das Thema <strong>de</strong>r<br />

Münchener Dienstbesprechungen z. B. „Die Zusammenarbeit <strong>de</strong>r schulischen Beratungsfachkräfte<br />

am Beispiel <strong>de</strong>r Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention". An Beispielen<br />

aus <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Beratungslehrkräften <strong>und</strong> Schulpsychologen vertretenen Schulen<br />

wur<strong>de</strong>n Abläufe, Probleme bei <strong>de</strong>r Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n bei Krisen einbezogenen<br />

Stellen sowie Lösungswege für die aufgetretenen Reibungspunkte <strong>und</strong> Verfehlungen<br />

erarbeitet.<br />

4. Bereitstellung von Konzepten zur Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention sowie<br />

weiteren Informationen in Form von Fortbildungsmaterial, Informationspapieren,<br />

R<strong>und</strong>briefen, etc.<br />

a) Konzepte zur Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention<br />

Die staatlichen Schulberatungsstellen <strong>informieren</strong> Lehr- <strong>und</strong> Beratungsfachkräfte fortwährend<br />

über verschie<strong>de</strong>ne Konzepte staatlicher Schulpsychologen <strong>und</strong> Schulberater<br />

zur Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention. Darstellungen bewährter Konzepte fin<strong>de</strong>n<br />

sich u. a.<br />

- im „Handbuch Schulberatung" (Hrsg. W. Honal, Staatlicher Schulberater)<br />

- im Internet unter: www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong><br />

- im Internet unter: www.schulberatung-muenchen.<strong>de</strong>/fachartikel (z.B. „Gewalt in<br />

<strong>de</strong>r Schule - Intervention <strong>und</strong> Prävention. Anleitung zu gewaltloser Konfliktlösung<br />

als Beitrag zur Frie<strong>de</strong>nserziehung")<br />

Hervorzuheben ist an dieser Stelle <strong>de</strong>r umfangreiche Rea<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>sverban<strong>de</strong>s<br />

bayerischer Schulpsychologen „Krisenmanagement in Schulen", Forum Schulpsychologie<br />

Band 14, in <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Handlungsstrategien zum Krisenmanagement<br />

in <strong>de</strong>r Schule vorgestellt sowie Konsequenzen aus <strong>de</strong>r Kriseninterventionsarbeit in Erfurt<br />

gezogen wer<strong>de</strong>n.<br />

Erwähnt wer<strong>de</strong>n muss auch das Kriseninterventions- <strong>und</strong> Bewältigungsteam Bayerischer<br />

Schulpsychologen <strong>und</strong> Schulpsychologinnen (KIBBS), eine Gruppe von Experten<br />

für Krisenmanagement <strong>und</strong> Prävention, die im Auftrag <strong>de</strong>s Kultusministeriums bei<br />

„Großscha<strong>de</strong>nsereignissen" Hilfe leisten soll.


- 66 -<br />

Hänsel: Schulische Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention<br />

b) R<strong>und</strong>brief mit „Erfurt-Erklärung"<br />

In einem vierseitigen Diskussionsbeitrag „Für eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung"<br />

wandte sich <strong>de</strong>r Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für München<br />

in Form eines R<strong>und</strong>briefs an Lehrer, Beratungsfachkräfte, verantwortungsbewusste<br />

Mitbürger <strong>und</strong> Politiker sowie Vertreter gesellschaftlicher Gruppierungen <strong>und</strong> in Form<br />

einer Veröffentlichung in mehreren Zeitschriften an Eltern <strong>und</strong> Erzieher. Er stellte die<br />

Frage: Was ist los mit unserer Jugend? Was ist los mit unserer Gesellschaft? Was hat<br />

in <strong>de</strong>r Erziehung <strong>de</strong>r letzten Jahrzehnte gefehlt? Aus <strong>de</strong>r Perspektive <strong>de</strong>r personalen<br />

Psychologie versuchte er darauf Antworten zu geben (s. nachfolgen<strong>de</strong>r Beitrag <strong>und</strong><br />

s.a. www.schulberatung-muenchen.<strong>de</strong>/fachartikel).<br />

Der R<strong>und</strong>brief, <strong>de</strong>r eine Einladung zur offenen Diskussion darstellte, rief eine Welle<br />

von vielen zustimmen<strong>de</strong>n <strong>und</strong> auch einigen wenigen kritischen Reaktionen in Form<br />

von Diskussionsbeiträgen, Briefen, Thesen, Stellungnahmen, zugesen<strong>de</strong>ten Artikeln<br />

<strong>und</strong> Forschungsergebnissen hervor; insgesamt waren es über 500 Zuschriften. In einem<br />

weiteren R<strong>und</strong>brief im Frühjahr 2003 soll eine „Antwort" auf diese vielfältigen Reaktionen<br />

erfolgen.<br />

c) Sozialwirksame Schule - ein neues Konzept pädagogischer Schulentwicklung<br />

Das Konzept sozialwirksame Schule wur<strong>de</strong> vom Schulpsychologen Dr. Werner Hopf<br />

von <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle Oberbayern/Ost aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Erziehungs<strong>und</strong><br />

Unterrichtsprobleme in vielen Schulen entwickelt. Nach Hopf wirken „ein gutes<br />

Schul- <strong>und</strong> Klassenklima, systemisches Denken <strong>und</strong> Erziehungskompetenz <strong>de</strong>r Lehrkräfte<br />

sowie die Vermittlung sozialer Fähigkeiten an Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern vor allem<br />

in fünf Bereichen:<br />

- Verbesserung <strong>de</strong>s Kontexts von Unterricht: Dabei geht es um die Herstellung<br />

<strong>de</strong>r Bedingungen eines guten Unterrichts,<br />

- Entlastung <strong>de</strong>r Lehrkräfte von Disziplinproblemen <strong>und</strong> antisozialem Verhalten<br />

<strong>de</strong>r Schüler,<br />

- Prävention <strong>de</strong>s Burn-Out-Syndroms durch Entwicklung <strong>de</strong>r Berufsi<strong>de</strong>ntität.<br />

- Stärkung <strong>de</strong>r Schülerpersönlichkeit,<br />

- Prävention von Schülergewalt.<br />

Auf diese Bereiche zielt die erste Stufe <strong>de</strong>s Konzepts ‚sozialwirksame Schule’. Auf <strong>de</strong>r<br />

zweiten Stufe geht es um die Verbesserung <strong>de</strong>r Unterrichtsqualität zum Beispiel durch<br />

Formen eigenverantwortlichen Lernens" („Schulverwaltung Bayern“, 24. Jg., Dezember<br />

2001, Nr.12, S. 412).<br />

5. Mit-Organisation von Kongressen zur Gewaltprävention<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r großen Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Mediengewalt im Zusammenhang mit Schülergewalt<br />

<strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s großen Echos auf <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r „Erfurt-Erklärung" angesprochenen Bereich<br />

Mediengewalt unterstützte die staatliche Schulberatungsstelle München <strong>de</strong>n am 25.<br />

Juli 2002 abgehaltenen Kongress zur Mediengewalt in Form eines R<strong>und</strong>schreibens, in<br />

<strong>de</strong>m die Schulleiter aller Münchener Schulen darum gebeten wur<strong>de</strong>n, einen Vertreter ihrer


Hänsel: Schulische Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention<br />

- 67 -<br />

Schule am Kongress teilnehmen zu lassen <strong>und</strong> in Form einer Stellungnahme zu pädagogischen<br />

Konsequenzen (s. nachfolgen<strong>de</strong>r Kommentar in <strong>de</strong>r Anlage)<br />

Am 14. März 2002 fand in Nürnberg ein weiterer Kongress zum Thema Mediengewalt mit<br />

Unterstützung <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstellen München <strong>und</strong> Mittelfranken statt.<br />

ANLAGE:<br />

Sollen wir <strong>de</strong>n (un)heimlichen Erziehern das Feld überlassen?*<br />

Dr. Rudolf Hänsel, Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle München<br />

Die Einführung <strong>de</strong>r allgemeinen (Volks-)Schulpflicht war die Gr<strong>und</strong>lage dafür, dass im Laufe<br />

<strong>de</strong>r Zeit Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche aus allen Teilen <strong>de</strong>r Bevölkerung generell eine Allgemeinbildung<br />

<strong>und</strong> familienergänzen<strong>de</strong> Einführung in die sittlichen Werte <strong>und</strong> Normen <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Staates erhalten konnten. Damit wur<strong>de</strong> für die nachwachsen<strong>de</strong> Generation eine<br />

wichtige Voraussetzung für eine bessere Entfaltung ihrer Persönlichkeit, für ihre Gewissensbildung<br />

<strong>und</strong> ihre allgemeine <strong>und</strong> berufliche Bildung geschaffen. Die Einführung <strong>de</strong>r Schulpflicht<br />

bil<strong>de</strong>te zu<strong>de</strong>m die Basis für die För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Familie, für ein friedliches Zusammenleben<br />

im Gemeinwesen <strong>und</strong> die Wahrnehmung <strong>de</strong>r staatsbürgerlichen Rechte <strong>und</strong> Pflichten, für<br />

die Entwicklung von Gemeinwohl, sozialer Gerechtigkeit <strong>und</strong> Demokratie.<br />

In <strong>de</strong>r heutigen Zeit hat die Schule jedoch zunehmend Schwierigkeiten, ihrem Bildungs- <strong>und</strong><br />

Erziehungsauftrag gerecht zu wer<strong>de</strong>n. Die Einflüsse, die auf Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche in ihrer<br />

Freizeit einströmen, sind stark <strong>de</strong>sorientierend <strong>und</strong> kaum zu kontrollieren. Beson<strong>de</strong>rs verheerend<br />

wirken sich diejenigen einer „Unterhaltungs"-Industrie aus, die <strong>de</strong>n jungen Menschen - in<br />

Film, Fernsehen, Vi<strong>de</strong>o, Computerspiel <strong>und</strong> Musik - im Wesentlichen eine Mischung aus Gewalt,<br />

Perversion <strong>und</strong> Nihilismus vermittelt. So haben 50 Jahre Wirkungsforschung ein<strong>de</strong>utig<br />

die schädlichen Folgen von Gewaltdarstellungen in Fernsehen <strong>und</strong> Vi<strong>de</strong>o <strong>und</strong> neuerdings<br />

auch von Computerspielen nachgewiesen. In <strong>de</strong>r Resolution <strong>de</strong>s Münchener Medienkongresses<br />

„Han<strong>de</strong>ln statt Resignieren" v. 25.7.2002 wur<strong>de</strong>n diese klar benannt:<br />

• Mediengewaltkonsum erhöht bei 10-15% <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen die Aggressivität<br />

<strong>und</strong> Gewalttätigkeit. In Risikogruppen ist die Wirkung noch stärker.<br />

• Eine bisher in <strong>de</strong>r Forschung zu wenig beachtete Wirkung <strong>de</strong>r Mediengewalt besteht im<br />

Aufbau von latenter Gewaltbereitschaft.<br />

• Gewalthaltige Computerspiele bewirken unmittelbar eine emotionale Desensibilisierung<br />

<strong>und</strong> langfristig eine herabgesetzte Mitlei<strong>de</strong>nsfähigkeit sowie eine größere Wertschätzung<br />

von Gewalt.<br />

• Killer-Spiele setzen - zusammen mit weiteren Lernprozessen - die Tötungshemmung herab.<br />

• Intensiver Horror-Gewalt-Film-Konsum <strong>und</strong> Killerspiele för<strong>de</strong>rn das Erlernen von <strong>de</strong>struktiven<br />

Emotionen (Hass, Neid, Rache), Feindbil<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Gewaltbereitschaft.<br />

• Handlungsmuster für Gewalttätigkeit wer<strong>de</strong>n durch Mediengewaltkonsum gelernt <strong>und</strong> Lust<br />

an Gewalt verstärkt.


- 68 -<br />

Hänsel: Schulische Gewaltprävention <strong>und</strong> Krisenintervention<br />

• Bei Vielspielern am Computer wur<strong>de</strong>n Hinweise auf Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r Gehirnaktivität<br />

gef<strong>und</strong>en, die mit aggressiven Verhaltensän<strong>de</strong>rungen in Beziehung stehen können.<br />

Diese ein<strong>de</strong>utigen wissenschaftlichen Forschungsergebnisse wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Massenmedien<br />

sowie mediennahen Wissenschaftlern unterdrückt <strong>und</strong> es wird <strong>de</strong>r falsche Eindruck erweckt<br />

<strong>und</strong> aufrechterhalten, es gäbe einen Wissenschaftsstreit über die Wirkungen <strong>de</strong>r Mediengewalt.<br />

Aber wir Lehrer <strong>und</strong> Erzieher, die wir die unheilvollen Auswirkungen dieser Medieneinflüsse<br />

tagtäglich im Unterricht <strong>und</strong> auf <strong>de</strong>m Pausenhof in Form von Konzentrations- <strong>und</strong> Lernschwierigkeiten,<br />

Demotivation <strong>und</strong> aggressivem Verhalten gegenüber Mitschülern <strong>und</strong> uns<br />

selbst zweifelsfrei zu spüren bekommen - wir sollten uns gegen diese (un)heimlichen Erzieher<br />

wehren, die Innenwelt-Verschmutzung unserer Jugend durch die Massenmedien nicht zulassen<br />

<strong>und</strong> die notwendigen pädagogischen Konsequenzen daraus ziehen. Und wenn wir dabei<br />

von <strong>de</strong>r Schulleitung, <strong>de</strong>n Schülereltern, <strong>de</strong>r Kultusbürokratie (Lehrer brauchen mehr Zeit für<br />

die Erziehungs- <strong>und</strong> Beratungsaufgabe!) <strong>und</strong> von <strong>de</strong>r ganzen Gesellschaft unterstützt wer<strong>de</strong>n,<br />

ist eine Verän<strong>de</strong>rung zum Positiven möglich:<br />

• Die Medien-Konsumgewohnheiten <strong>de</strong>r Schüler sind im Unterricht in einer Atmosphäre <strong>de</strong>s<br />

Vertrauens offen <strong>und</strong> nicht-moralisierend zu thematisieren.<br />

• Als Erzieher ist es unsere Pflicht, die Schüler über die oben genannten negativen Auswirkungen<br />

<strong>de</strong>s Gewalt-Film-Konsums <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Computer-Spiele auf ihr Lernverhalten, auf ihr<br />

Lebensgefühl, auf ihre gesamte kognitive <strong>und</strong> emotionale Entwicklung altersgemäß <strong>und</strong><br />

einfühlsam, aber unzwei<strong>de</strong>utig <strong>und</strong> entschlossen aufzuklären. Eine amerikanische Studie<br />

wies jüngst die positiven Auswirkungen solcher Schülerinstruktion nach.<br />

• Ziel einer kritischen Medienerziehung im Rahmen einer ethisch-moralischen Werteerziehung<br />

ist, mit <strong>de</strong>n Schülern über diese Themen in einen echten inneren, d.h. ehrlichen, offenen<br />

<strong>und</strong> gleichwertigen Dialog zu kommen <strong>und</strong> sie dafür zu gewinnen, Gewalt <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re<br />

„Unwerte" von innen heraus abzulehnen, sich bewusst gegen sie zu entschei<strong>de</strong>n.<br />

Insgesamt haben wir Erzieher die unabweisbare Aufgabe, unsere Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

zum Mit<strong>de</strong>nken <strong>und</strong> Mitfühlen zu gewinnen, zur Mitverantwortung <strong>und</strong> zur Mitgestaltung einer<br />

humanen <strong>und</strong> friedlichen Welt.<br />

* Der Kommentar erschien in: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht <strong>und</strong> Kultus<br />

(Hrsg.), Lehrerinfo Nr. 6 / November 2002, Forum Schule S. 12).


Hänsel: Für eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung<br />

Dr. Rudolf Hänsel<br />

Für eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung<br />

Ein Diskussionsbeitrag zu Erfurt<br />

- 69 -<br />

20. Mai 2002<br />

Der 17fache Mord von Erfurt war kein Amoklauf <strong>und</strong> keine Einzeltat, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Höhepunkt<br />

einer Reihe von Taten nach <strong>de</strong>m gleichen Muster: Ein Schüler rächt sich an seinen Lehrern<br />

für angebliche Kränkungen. Kein Mitgefühl, keine soziale Verantwortung, keine moralische<br />

Hemmschwelle, keine ethische Erwägung haben ihn daran gehin<strong>de</strong>rt. Hier stellt sich die Frage:<br />

Was ist los mit unserer Jugend? Was ist los mit unserer Gesellschaft? Was hat in <strong>de</strong>r Erziehung<br />

<strong>de</strong>r letzten Jahrzehnte gefehlt? Mit <strong>de</strong>m folgen<strong>de</strong>n Versuch einer Antwort aus <strong>de</strong>r<br />

Perspektive <strong>de</strong>r personalen Psychologie ergeht an alle verantwortungsbewussten Mitbürger<br />

eine Einladung zur Diskussion dieser dringen<strong>de</strong>n Fragen.<br />

Destruktive gesellschaftliche Einflüsse <strong>und</strong> Unsicherheit <strong>de</strong>r Erzieher führten bei <strong>de</strong>r<br />

Jugend zu Desorientierung <strong>und</strong> Haltlosigkeit<br />

Die Familien sind in unserer heutigen Gesellschaft großen Belastungen ausgesetzt. Die<br />

Einflüsse, die auf Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche einströmen, sind stark <strong>de</strong>sorientierend <strong>und</strong> kaum zu<br />

kontrollieren, allen voran die einer Unterhaltungsindustrie, die - in Film, Fernsehen, Vi<strong>de</strong>o,<br />

Computerspiel <strong>und</strong> Musik - im Wesentlichen eine Mischung aus Gewalt, Perversion <strong>und</strong> Nihilismus<br />

vermittelt. Die Gewaltdarstellungen in <strong>de</strong>n visuellen Medien haben an Ausmaß <strong>und</strong><br />

Brutalität im Laufe <strong>de</strong>r letzten Jahrzehnte enorm zugenommen. Nur einige wenige stemmten<br />

sich mutig dagegen, unterlagen aber <strong>de</strong>r Medienmacht. Wenn sich Jugendliche täglich auf<br />

mehreren Kanälen die gewalttätigen bis monströsen Gewalthandlungen ihrer Vorbil<strong>de</strong>r ansehen<br />

können, fin<strong>de</strong>n sie hier natürlich keine positive Orientierung für ihr Leben, we<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />

Frage <strong>de</strong>s Umgangs miteinan<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r Fre<strong>und</strong>schaft, Liebe <strong>und</strong> Gemeinschaft noch <strong>de</strong>s Lebenssinns.<br />

Und labile Charaktere wer<strong>de</strong>n diese gewalttätigen Verhaltensmuster eines Tages<br />

in die Tat umsetzen.<br />

Gera<strong>de</strong> in dieser risikoreichen gesellschaftlichen Situation haben wir Erzieher <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re<br />

gesellschaftliche Gruppen in <strong>de</strong>r Vergangenheit unseren Auftrag zur Werteerziehung oft nicht<br />

angemessen wahrgenommen. Wir waren <strong>und</strong> sind verunsichert: Seit langem gibt es keinen<br />

Konsens mehr in <strong>de</strong>r Gesellschaft zwischen Eltern, Lehrern <strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren gesellschaftlichen<br />

Kräften über die Werte, Erziehungsziele <strong>und</strong> Erziehungsstile, die geeignet wären, die Jugend<br />

zu mutigen, friedfertigen <strong>und</strong> sozial verantwortlichen Menschen zu erziehen, <strong>und</strong> es gibt auch<br />

keinen Konsens über die Frage, ob <strong>und</strong> wie <strong>de</strong>m Medieneinfluss auf die Heranwachsen<strong>de</strong>n<br />

entgegenzutreten ist. Die Diskussion über diese Fragen fin<strong>de</strong>t seit langem nicht mehr statt,<br />

sie ist abgestorben, Lähmung ist die Folge. Selbst verantwortungsbewusste, engagierte Erzieher<br />

haben keine klare Orientierung <strong>und</strong> können so auch <strong>de</strong>r Jugend keine geben.<br />

Wichtige Fragen wur<strong>de</strong>n nicht mehr zu En<strong>de</strong> gedacht<br />

1. Sollen <strong>de</strong>n Heranwachsen<strong>de</strong>n Werte vermittelt wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> wenn ja, welche <strong>und</strong> durch<br />

wen? O<strong>de</strong>r müssen Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche selbst herausfin<strong>de</strong>n, was gut für sie ist?


- 70 -<br />

Hänsel: Für eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung<br />

2. Sind Anstand, Rücksichtnahme, Zuverlässigkeit, Leistungsbereitschaft, Fleiß, Verantwortungs-<br />

<strong>und</strong> Gemeinschaftssinn noch erstrebenswerte Tugen<strong>de</strong>n, die wir <strong>de</strong>r Jugend<br />

vermitteln sollten? O<strong>de</strong>r stehen sie im Wi<strong>de</strong>rspruch zum Ziel <strong>de</strong>r "Selbstverwirklichung"<br />

<strong>und</strong> führen nur zu blin<strong>de</strong>r Unterordnung unter autoritäre Strukturen?<br />

3. Soll man Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen Grenzen setzen? O<strong>de</strong>r sollen sie durch Ausprobieren<br />

selbst an ihre Grenzen stoßen? Sollten also Erzieher einschreiten, wenn Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendliche ihre Konflikte mit Gewalt „lösen" wollen? O<strong>de</strong>r sollte man auf „Selbstregulierung"<br />

vertrauen?<br />

4. Tut es jungen Menschen gut, Abend für Abend auf allen Kanälen Gewalttaten in sämtlichen<br />

Variationen anzuschauen? O<strong>de</strong>r wirkt sich dieser Einfluss schädlich auf ihre Entwicklung<br />

aus <strong>und</strong> sollte <strong>de</strong>shalb unterb<strong>und</strong>en wer<strong>de</strong>n?<br />

Die Uneinigkeit in <strong>de</strong>r Gesellschaft über diese Fragen hat <strong>de</strong>r heranwachsen<strong>de</strong>n Generation<br />

in <strong>de</strong>n letzten Jahrzehnten nicht zum Vorteil gereicht: Eine Zunahme <strong>de</strong>r Gewaltbereitschaft,<br />

<strong>de</strong>s Drogenmissbrauchs, <strong>de</strong>s Nihilismus waren die Folge. Eine breite gesellschaftliche Diskussion<br />

tut Not, an <strong>de</strong>ren En<strong>de</strong> ein Konsens stehen muss, um <strong>de</strong>r Jugend wie<strong>de</strong>r Orientierung<br />

<strong>und</strong> Halt geben zu können. Diese Diskussion muss geführt wer<strong>de</strong>n ohne Tabuisierung<br />

<strong>und</strong> Abstempelung an<strong>de</strong>rer Meinungen <strong>und</strong> muss sich u. a. an <strong>de</strong>n vielen wertvollen Forschungsergebnissen<br />

<strong>de</strong>r Entwicklungspsychologie, beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Bindungs- <strong>und</strong> Erziehungsstilforschung<br />

sowie <strong>de</strong>n Forschungen zu <strong>de</strong>n Bedingungen prosozialen Verhaltens <strong>und</strong><br />

an <strong>de</strong>r Medienwirkungsforschung orientieren.<br />

Antworten aus <strong>de</strong>r Perspektive <strong>de</strong>r personalen Psychologie<br />

1. Die personale Psychologie hat uns wertvolle, in <strong>de</strong>r pädagogisch-psychologischen Praxis<br />

bewährte Bef<strong>und</strong>e geliefert, wie die Menschen ihr Zusammenleben verbessern können.<br />

Gemäß <strong>de</strong>m Menschenbild <strong>de</strong>r personalen Psychologie ist <strong>de</strong>r Mensch ein Wesen<br />

<strong>de</strong>r Natur, gleich an Wür<strong>de</strong> <strong>und</strong> Rechten geboren, we<strong>de</strong>r durch seine Triebe (biologistisches<br />

Menschenbild) noch durch die gesellschaftlichen Verhältnisse (materialistisches<br />

Menschenbild) <strong>de</strong>terminiert. Er ist fähig, zwischen bekömmlichen <strong>und</strong> schädlichen, ges<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> kranken, positiven <strong>und</strong> negativen Ten<strong>de</strong>nzen im Leben zu unterschei<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> so Werte zu setzen, Kultur zu schaffen, eine Ethik zu entwickeln. Die Fähigkeit hierzu<br />

bil<strong>de</strong>t sich beim Menschen im Laufe seines Lebens durch die Erziehung heraus. Die<br />

seelisch-geistige Entwicklung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s vollzieht sich vom ersten Tag an im sozialen<br />

Wechselspiel mit seinen ersten Beziehungspersonen in <strong>de</strong>r Familie <strong>und</strong> später mit <strong>de</strong>n<br />

Personen seiner näheren <strong>und</strong> weiteren Umgebung. Gewissensbildung, ethisches Verhalten<br />

<strong>und</strong> sittliches Empfin<strong>de</strong>n nehmen hier ihren Anfang. Sie haben ihre Wurzeln in<br />

<strong>de</strong>r Empathie, welche sich in <strong>de</strong>r positiven Bindung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s an seine ersten Bezugspersonen<br />

entwickelt. Aber auch im späteren Leben <strong>de</strong>s Jugendlichen müssen diese<br />

Werthaltungen in einem aufrichtigen zwischenmenschlichen Austausch mit seinen Eltern<br />

<strong>und</strong> Lehrern aktiv gelebt <strong>und</strong> bestätigt wer<strong>de</strong>n. Gera<strong>de</strong> bei einem Versagen <strong>de</strong>s Jugendlichen<br />

in einer Lebensaufgabe kann ein Einbruch im Selbstwertgefühl zu einem Abdriften<br />

in irritiertes Geltungs- <strong>und</strong> Machtstreben führen, wenn wir ihm nicht <strong>helfen</strong>, echte, gemeinschaftsverträgliche<br />

Lösungen zu fin<strong>de</strong>n. Wir Erzieher dürfen es nicht <strong>de</strong>m Zufall überlassen,<br />

an welchen Werten <strong>und</strong> Vorbil<strong>de</strong>rn sich unsere Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen ori-


Hänsel: Für eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung<br />

- 71 -<br />

entieren, wenn wir eine Generation heranziehen wollen, die einmal konstruktiver Gestalter<br />

eines friedfertigen <strong>und</strong> mitmenschlichen Gemeinwesens sein soll. Deshalb müssen<br />

die Gesellschaft als Ganzes <strong>und</strong> je<strong>de</strong>r Einzelne sich bewusst entschei<strong>de</strong>n, welche Werte<br />

vermittelt wer<strong>de</strong>n.<br />

2. Falsche Theorien in <strong>de</strong>n 70er Jahren haben beson<strong>de</strong>rs in Deutschland zu falschen<br />

Schlussfolgerungen <strong>und</strong> einem falschen Erziehungsansatz geführt: Jegliche Selbstkontrolle<br />

von Affekten, so die Annahme, führe zur Aufstauung von Aggressionen, die irgendwann<br />

„explodieren" wür<strong>de</strong>n. Das „Herauslassen" von Aggressionen war <strong>de</strong>shalb<br />

Teil <strong>de</strong>s damals aufkommen<strong>de</strong>n „emanzipatorischen“ Erziehungsprogramms <strong>und</strong> die sogenannten<br />

Sek<strong>und</strong>ärtugen<strong>de</strong>n wie Fleiß, Anstand <strong>und</strong> Gemeinschaftssinn wur<strong>de</strong>n als<br />

Wegbereiter von Auschwitz aus <strong>de</strong>m Wertekatalog <strong>de</strong>r Erzieher verbannt. In Wirklichkeit<br />

erleichtert die Orientierung an solchen Werten das menschliche Zusammenleben. Sie<br />

entsprechen <strong>de</strong>r Menschenwür<strong>de</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>m tiefen Wunsch <strong>de</strong>s Menschen, einen Beitrag<br />

zum Gemeinwohl zu leisten <strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren wohl zu tun. Sie verbin<strong>de</strong>n die Menschen miteinan<strong>de</strong>r.<br />

Ein Ergebnis <strong>de</strong>r Empathieforschung war, dass das Mitgefühl mit <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren<br />

Menschen ein zentraler Bestandteil <strong>de</strong>r Hemmschwelle gegen gewalttätiges Verhalten<br />

ist.<br />

Die Überbetonung <strong>de</strong>r sogenannten Selbstverwirklichung, <strong>de</strong>s Spaßhabens als Lebensziel<br />

in <strong>de</strong>r Fun-Gesellschaft hat bei vielen Heranwachsen<strong>de</strong>n zu Egozentrik <strong>und</strong> mangeln<strong>de</strong>r<br />

Berücksichtigung <strong>de</strong>r Belange an<strong>de</strong>rer Menschen geführt. „Das Entstehen solcher<br />

(narzisstischer) Persönlichkeiten wird durch eine Gesellschaft geför<strong>de</strong>rt, die stark ichbetont<br />

ist <strong>und</strong> die eine Erziehung, die moralische Gr<strong>und</strong>sätze setzt, mit autoritärer Bevorm<strong>und</strong>ung<br />

verwechselt." (FÜLLGRABE, in: SZ v. 29.04.02) In <strong>de</strong>r Erziehung muss <strong>de</strong>r<br />

Schwerpunkt <strong>de</strong>shalb wie<strong>de</strong>r auf an<strong>de</strong>re Ziele gelegt wer<strong>de</strong>n, nämlich darauf, die Fähigkeit<br />

<strong>de</strong>s jungen Menschen zu sozialer Anteilnahme, Verantwortung <strong>und</strong> Einsatzbereitschaft<br />

für das Gemeinwohl herauszubil<strong>de</strong>n <strong>und</strong> zu stärken.<br />

3. Es gehört selbstverständlich zur Aufgabe <strong>de</strong>s Erziehers, <strong>de</strong>m Heranwachsen<strong>de</strong>n Grenzen<br />

zu setzen. Durch die Bef<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r Forschungen zu <strong>de</strong>n Entwicklungsbedingungen<br />

positiven Sozialverhaltens, insbeson<strong>de</strong>re die Ergebnisse <strong>de</strong>r Erziehungsstilforschung,<br />

wissen wir heute, welcher Erziehungsstil einen hohen Grad an Kooperationsfähigkeit,<br />

Hilfsbereitschaft, Fre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong> Sicherheit beim Kind hervorbringen kann. Diesen<br />

Erziehungsstil nennt die Entwicklungspsychologin BAUMRIND „autoritativ": Gemeint<br />

sind elterliche Erziehungspraktiken, die durch Wärme <strong>und</strong> Zuneigung, aber auch durch<br />

wirksame Kontrollmechanismen gekennzeichnet sind, die auf Härte <strong>und</strong> körperliche<br />

Strafen verzichten, aber konsequent argumentative Durchsetzungsstrategien einsetzen,<br />

die Einhaltung von vereinbarten Regeln kontrollieren, bei Fehlverhalten einschreiten sowie<br />

das Kind durch Vorbild <strong>und</strong> Einbeziehung in positive soziale Aktivitäten anleiten. Zur<br />

Überraschung mancher Anhänger <strong>de</strong>r sogenannt anti-autoritären Erziehung wur<strong>de</strong> festgestellt,<br />

dass <strong>de</strong>r permissive, gewähren-lassen<strong>de</strong> Erziehungsstil bei Kin<strong>de</strong>rn zu <strong>de</strong>m<br />

gleichen unkameradschaftlichen, unkooperativen <strong>und</strong> aggressiven Verhalten führte wie<br />

<strong>de</strong>r vernachlässigen<strong>de</strong> <strong>und</strong> autoritäre Erziehungsstil.


- 72 -<br />

Hänsel: Für eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung<br />

Der Erwachsene, <strong>de</strong>r Zeuge eines gewalttätigen Verhaltens eines Kin<strong>de</strong>s o<strong>de</strong>r Jugendlichen<br />

wird, muss daher unter allen Umstän<strong>de</strong>n dagegen Stellung beziehen <strong>und</strong> Wie<strong>de</strong>rgutmachung<br />

for<strong>de</strong>rn; <strong>de</strong>nn die fehlen<strong>de</strong> Stellungnahme <strong>und</strong> ein Maßnahmenverzicht wer<strong>de</strong>n<br />

vom jungen Menschen als Zustimmung zu seiner Tat interpretiert. Ein Erzieher, <strong>de</strong>r<br />

Gewalt zulässt, missachtet ein gr<strong>und</strong>legen<strong>de</strong>s Menschenrecht. Auch muss das Opfer einer<br />

Gewalttat durch das entschie<strong>de</strong>ne Einschreiten <strong>de</strong>s Erziehers erleben, dass die Tat<br />

verurteilt, es selbst geschützt wird <strong>und</strong> Genugtuung erfährt. Ein Gewalttäter, <strong>de</strong>r „ungeschoren"<br />

davonkommt, also erfolgreich Gewalt angewen<strong>de</strong>t hat, lernt außer<strong>de</strong>m durch<br />

diese Verstärkung, dass Gewalt sich lohnt, <strong>und</strong> wird sie wie<strong>de</strong>r anwen<strong>de</strong>n. Muss er sich<br />

dagegen mit seiner Tat auseinan<strong>de</strong>r setzen, einen echten Weg zur Wie<strong>de</strong>rgutmachung<br />

entwickeln, so fühlt er sich in sein Opfer ein <strong>und</strong> baut eine Hemmschwelle gegen erneute<br />

Gewaltanwendung auf.<br />

4. In all <strong>de</strong>n Fällen in jüngster Zeit, in <strong>de</strong>nen Jugendliche o<strong>de</strong>r junge Männer zu Mör<strong>de</strong>rn<br />

wur<strong>de</strong>n, haben die Täter vorher intensiv visuelle Gewalt konsumiert. Der so genannte<br />

Wissenschaftsstreit über die Wirkungen <strong>de</strong>r Mediengewalt ist ein Mythos. Es gibt ihn<br />

nicht, es gibt nur mächtige Interessenverbän<strong>de</strong>, <strong>de</strong>nen es gelingt, in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit<br />

die einschlägigen Ergebnisse immer wie<strong>de</strong>r in Zweifel zu ziehen: „Es existiert eine Bildungslücke<br />

zwischen <strong>de</strong>n Forschungs-Ergebnissen über die Wirkungen <strong>de</strong>r Fernseh-<br />

Gewalt <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Kenntnissen darüber in <strong>de</strong>r Öffentlichkeit <strong>und</strong> unter Praktikern. Diese<br />

Bildungslücke kann charakterisiert wer<strong>de</strong>n als Kenntnismangel, Fehleinschätzung <strong>und</strong><br />

Verständnis-Mangel für die Anwendung <strong>de</strong>r Forschungsergebnisse auf das Problem <strong>de</strong>r<br />

Jugend-Gewalt. Die Film- <strong>und</strong> Fernseh-Industrie (...) nehmen von <strong>de</strong>n Forschungsergebnissen<br />

keine Kenntnis; sie ignorieren sie. Sie greifen sie an; sie verdrehen <strong>und</strong> verfälschen<br />

sie sogar in ihren Sendungen. Sie kommen mit ihrer Haltung durch. Denn die<br />

Macht steht auf ihrer Seite, <strong>und</strong> die Gesellschaft ist in ihrer Meinung zwiespältig <strong>und</strong> gespalten."<br />

(SCHNEIDER, S. 147)<br />

In Wirklichkeit kommen verschie<strong>de</strong>ne Langzeit- <strong>und</strong> Laborstudien seit Jahrzehnten zu übereinstimmen<strong>de</strong>n<br />

Ergebnissen: Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche, die Gewaltdarstellungen im<br />

Fernsehen, Vi<strong>de</strong>o, Computerspiel sehen, sind unempfindlicher gegenüber Gewalt, nehmen<br />

Gewalt als selbstverständlicher hin, neigen mehr zu aggressivem <strong>und</strong> <strong>de</strong>linquentem<br />

Verhalten <strong>und</strong> sind auch als Erwachsene aggressiv bis kriminell (BANDURA, LEFKOVITZ<br />

et al., HUESMANN, GLOGAUER, LUKESCH, WEISS). Beson<strong>de</strong>rs die Computerspiele<br />

wirken brutalisierend, <strong>de</strong>sensibilisierend <strong>und</strong> konditionieren auf das Töten hin, beson<strong>de</strong>rs<br />

dann, wenn ein Jugendlicher durch einen Verlust an Werten <strong>und</strong> eine ungünstige Umgebung<br />

schon belastet ist (GROSSMAN). Auch nach <strong>de</strong>n Erkenntnissen <strong>de</strong>r sozialen Lernpsychologie<br />

ist dieser Zusammenhang zwingend: Kin<strong>de</strong>r beobachten ihre Bezugspersonen<br />

<strong>und</strong> i<strong>de</strong>ntifizieren sich mit ihnen, nehmen sie zum Vorbild <strong>und</strong> ahmen sie nach (Mo<strong>de</strong>ll-Lernen).<br />

Dass Lernmo<strong>de</strong>lle nicht nur reale Personen, son<strong>de</strong>rn auch Figuren aus Film<br />

<strong>und</strong> Fernsehen sind, ist seit <strong>de</strong>n Forschungen von BANDURA in <strong>de</strong>n 70er Jahren bekannt.<br />

Nach Erfurt wer<strong>de</strong>n aufgeklärte Eltern, Lehrer <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re verantwortungsbewusste Bürger<br />

unserer Gesellschaft ihre Kin<strong>de</strong>r, ihr Kostbarstes, diesem zunehmen<strong>de</strong>n Verrohungsprozess<br />

durch die Medien nicht mehr ausliefern wollen <strong>und</strong> sich gemeinsam überlegen,


Hänsel: Für eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung<br />

- 73 -<br />

wie sie diese „unheimlichen Erzieher" in Zukunft daran hin<strong>de</strong>rn, ganze Generationen zu<br />

ver<strong>de</strong>rben <strong>und</strong> sich nicht mehr auf das Selbstkontroll-Spiel - sprich: ja, ja! - handle: nein,<br />

nein! - einlassen, das sich seit Jahren regelmäßig bei <strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rung nach einem Verbot<br />

von Gewaltdarstellungen in <strong>de</strong>n Medien wie<strong>de</strong>rholt.<br />

In Zukunft wird also die ganze Gesellschaft, beson<strong>de</strong>rs aber die Familie <strong>und</strong> die Schule gefor<strong>de</strong>rt<br />

sein: Ohne ein feinfühliges wechselseitiges Zusammenspiel von Mutter <strong>und</strong> Säugling<br />

kann sich kein Urvertrauen im Kind bil<strong>de</strong>n. Ohne sichere Bindung <strong>und</strong> seelische Verankerung<br />

in <strong>de</strong>r ganzen Familie, inklusive Vater, Geschwister, Verwandte <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e, kann das Kind<br />

seine Individualität nicht voll entfalten, kann nicht Mitgefühl, Verantwortungssinn, moralisches<br />

Empfin<strong>de</strong>n entwickeln. Ohne inneres Zuhause in seiner Ursprungsfamilie ist <strong>de</strong>r Jugendliche<br />

heimatlos <strong>und</strong> im Übergang zum Erwachsenwer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Gefahren <strong>de</strong>s Drogenkonsums, <strong>de</strong>r<br />

Gewalt <strong>und</strong> auch <strong>de</strong>r politischen Verführung in viel größerem Maße ausgeliefert. Ohne aktive<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit ihren Lehrern, die ihnen als echte, sozial verantwortliche Erzieher<br />

<strong>und</strong> positive Vorbil<strong>de</strong>r gegenübertreten <strong>und</strong> ohne <strong>de</strong>ren Anleitung können sich Werthaltungen<br />

bei Jugendlichen nicht festigen <strong>und</strong> weiterentwickeln. Und ohne dass die Medien endlich ihre<br />

Verantwortung wahrnehmen, wer<strong>de</strong>n alle Bemühungen konterkariert wer<strong>de</strong>n.<br />

Nur ein gesellschaftlicher Konsens über Werte, Ziele <strong>und</strong> Vorbil<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Erziehung<br />

kann <strong>de</strong>r heranwachsen<strong>de</strong>n Generation Orientierung <strong>und</strong> Halt geben.<br />

***************<br />

Dieser R<strong>und</strong>brief ist als Einladung zu einer offenen Diskussion gedacht; Ihre Stellungnahme<br />

dazu ist sehr willkommen.<br />

Dr. Rudolf Hänsel, Dipl.-Psych.<br />

Leiter <strong>de</strong>r Staatlichen Schulberatungsstelle München<br />

Pündterplatz 5, 80803 München, Tel. (089) 383849-50, Fax 383849-88<br />

E-mail: rudolf.haensel@schulberatung-muenchen.<strong>de</strong><br />

http://www.schulberatung-muenchen.<strong>de</strong> <strong>und</strong> http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong><br />

Literatur:<br />

• Bandura, A. (1979): Aggression. Eine sozial-lerntheoretische Analyse. Stuttgart.<br />

• Glogauer, W. (2001): Gewalthaltige Medien machen Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche zu Tätern. In:<br />

Kin<strong>de</strong>rärztliche Praxis. Nr. 4. Mainz. S. 235-241.<br />

• Grossman, D./DeGaetano, G. (1999): Stop Teaching Our Kids to Kill. A Call to Action<br />

Against TV, Movie and Vi<strong>de</strong>o Game Violence. New York.<br />

• Grossmann, K. E./Grossmann, K. (2001): Das eingeschränkte Leben. Folgen mangeln<strong>de</strong>r<br />

<strong>und</strong> traumatischer Bindungserfahrungen. Dillingen: Aka<strong>de</strong>mievortrag 27.<br />

• Hänsel, R./Hänsel, R. (2002): Gewaltprävention in <strong>de</strong>r Schule als Beitrag zur Frie<strong>de</strong>nserziehung.<br />

In: Forster, J./Krebs, U. (Hrsg.): Vom Opfer zum Täter? Gewalt in Schule <strong>und</strong> Erziehung<br />

von <strong>de</strong>n Sumerern bis zur Gegenwart. Bad Heilbrunn/Obb. (Im Druck).


- 74 -<br />

Hänsel: Für eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung<br />

• Lefkovitz, M./Eron, L. D./Wal<strong>de</strong>r, L. O./Huesmann, L. R. (1977): Growing up to be Violent.<br />

A Longitudinal Study of the Development of Aggression. New York.<br />

• Olweus, D. (1996²): Gewalt in <strong>de</strong>r Schule. Was Lehrer <strong>und</strong> Eltern wissen sollen - <strong>und</strong> tun<br />

können. Bern.<br />

• Schnei<strong>de</strong>r, H. J. (2001): Kriminologie für das 21. Jahrh<strong>und</strong>ert. Münster.<br />

• Staub, E. (1979): Positive Social Behaviour and Morality. New York.<br />

• Tschechoslowakische Forschergruppe um Langmeier, J./Matejcek, Z./Damborska, M.<br />

(1963): "Kin<strong>de</strong>r ohne Liebe". Film-Dokumentation <strong>de</strong>r Folgen außerfamiliärer, kollektiver<br />

Kin<strong>de</strong>rbetreuung.


Jüngling: Schulberatung bahnt <strong>de</strong>n Weg<br />

Helmut Jüngling<br />

Schulberatung bahnt <strong>de</strong>n Weg<br />

Schulentwicklung <strong>und</strong> Schulberatung<br />

Schulentwicklung <strong>und</strong> Schulberatung auf getrennten Wegen?<br />

- 75 -<br />

Der Kongress „Schulinnovation 2000 – Schulen auf <strong>de</strong>m Weg“ im April 2000 in Augsburg <strong>und</strong><br />

die darauf folgen<strong>de</strong>n Regionalkongresse haben eine Fülle von Initiativen <strong>und</strong> Aktivitäten an<br />

<strong>de</strong>n Schulen aufgezeigt, die <strong>de</strong>r Verbesserung <strong>de</strong>r Qualität <strong>de</strong>s Lernens, Arbeitens <strong>und</strong> Zusammenlebens<br />

an <strong>de</strong>n Schulen dienen sollen. Dabei war das Spektrum sehr breit: Es reichte<br />

vom Brunnenbau o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gestaltung <strong>de</strong>s Schulhofes über Auslandskontakte, Theaterprojekte<br />

o<strong>de</strong>r Schulsanitätsdienst bis hin zur methodischen Anreicherung <strong>de</strong>s alltäglichen Unterrichts<br />

o<strong>de</strong>r zur Bildung von Arbeitsgruppen im Lehrerkollegium. Die Bezeichnung <strong>de</strong>r einzelnen<br />

Bereiche <strong>de</strong>r Darbietung als „Marktplätze“ war sehr treffend; bunt wie auf einem Jahrmarkt<br />

ging es zu, alles, was irgendwie brauch- <strong>und</strong> vorzeigbar war, wur<strong>de</strong> ausgebreitet. Diese<br />

bunte Vielfalt blieb <strong>de</strong>n Kongressen auch nach <strong>de</strong>n „12 Augsburger Thesen“ erhalten, mit<br />

<strong>de</strong>nen die Hauptlinien gezogen wur<strong>de</strong>n, an <strong>de</strong>nen sich die Schulen weiterentwickeln sollten.<br />

Dabei erscheint bemerkenswert, dass sowohl beim Augsburger Kongress als auch bei <strong>de</strong>n<br />

regionalen Veranstaltungen, soweit ich Einblick in die Angebote gewinnen konnte, die Qualität,<br />

ja das Vorhan<strong>de</strong>nsein <strong>de</strong>r Beratung an <strong>de</strong>r Schule offenbar nicht als Element von Schulqualität<br />

präsentiert wur<strong>de</strong>. Zugegeben: man kann eine in <strong>de</strong>r jetzigen Form seit <strong>de</strong>m Jahr<br />

1973 bestehen<strong>de</strong> Einrichtung nur schwerlich als Innovation darstellen; doch geht es ja auch<br />

bei Innovationen im Unterricht o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Elternarbeit nicht darum, diese Einrichtungen<br />

selbst als noch die da gewesen zu qualifizieren, son<strong>de</strong>rn neuen Stil, gewan<strong>de</strong>lte Form <strong>und</strong><br />

an<strong>de</strong>ren Geist in ihrer Leistung für die Verbesserung <strong>de</strong>r Schulqualität aufzuzeigen.<br />

Der unbefangene Kongressbesucher hätte die Schulberatung als Teil <strong>de</strong>r Schulentwicklung<br />

tatsächlich vergessen können, hätte sie sich nicht selbst auf einem Stand in Augsburg präsentiert.<br />

Mehr noch: In Oberbayern/West war die Schulberatungsstelle selbst Organisatorin<br />

<strong>de</strong>s Kongresses in Ingolstadt, die Schulberatungsstelle für Oberfranken organisierte die entsprechen<strong>de</strong><br />

Veranstaltung in ihrem Regierungsbezirk. Die Schulberatungsstellen von Oberbayern/Ost,<br />

Nie<strong>de</strong>rbayern, Schwaben <strong>und</strong> Mittelfranken arbeiteten im Organisationsteam mit<br />

<strong>und</strong> waren auf <strong>de</strong>n Kongressen mit einem eigenen Stand vertreten. In <strong>de</strong>r Oberpfalz, wo eine<br />

Gruppe unter <strong>de</strong>r Leitung <strong>de</strong>s Lehrstuhls für Schulpädagogik bereits seit Jahren das „Regensburger<br />

Netzwerk innovativer Schulen“ (RENIS) pflegt, musste die Präsenz <strong>de</strong>r Schulberatungsstelle<br />

beim Regionalkongress freilich mit nicht unbeträchtlichem Energieaufwand<br />

durchgesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Gera<strong>de</strong>zu paradox mutet an, dass in vielen Fällen Beratungsfachkräfte o<strong>de</strong>r ehemalige Beratungslehrkräfte<br />

in vor<strong>de</strong>rster Linie am Schulentwicklungsprozess beteiligt sind, ihre eigene<br />

Tätigkeit jedoch nicht als Teil dieses Prozesses zu begreifen scheinen. Dabei ist <strong>de</strong>r Anteil<br />

<strong>de</strong>r Beratungsfachkräfte daran sehr hoch, wie ein Blick auf die Referentenliste <strong>de</strong>s „Multiservice“<br />

<strong>de</strong>r Dillinger Aka<strong>de</strong>mie zeigt: Von 45 durch Lehrkräfte aus <strong>de</strong>r Oberpfalz vertretenen


- 76 -<br />

Jüngling: Schulberatung bahnt <strong>de</strong>n Weg<br />

Themen wer<strong>de</strong>n 21 durch Beratungsfachkräfte bestritten. Diese Lehrkräfte sind also zu einem<br />

weit überproportional hohen Anteil an einschlägigen Maßnahmen beteiligt.<br />

Dass sich <strong>de</strong>r Begriff „Schulberatung“ nicht ohne Wi<strong>de</strong>rstand mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Schulentwicklung<br />

verbin<strong>de</strong>t, ist nur als psychologisches Phänomen <strong>und</strong> mit Ressort<strong>de</strong>nken zu erklären. Einerseits<br />

mag hier <strong>de</strong>r Gedanke am Werke gewesen sein, mit Schulentwicklung wer<strong>de</strong> etwas völlig<br />

Neues in die Wege geleitet, das per <strong>de</strong>finitionem in bereits Vorhan<strong>de</strong>nem gar keine Wurzeln<br />

haben könne. An<strong>de</strong>rerseits konnten sich die Beteiligten offenbar nur schwer <strong>de</strong>r Macht<br />

<strong>de</strong>r Begriffe entziehen – „Schulentwicklung“ suggeriert etwas an<strong>de</strong>res als „Schulberatung“,<br />

<strong>und</strong> wo auch noch eine gewisse Aufbruchs-Euphorie hinzukommt, da fällt es schwer, Anliegen,<br />

Aufgaben, Metho<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Tätigkeitsfel<strong>de</strong>r als gemeinsame zu begreifen – Teamgedanke<br />

hin, Interdisziplinarität her.<br />

Das wäre nicht weiter be<strong>de</strong>nklich, wenn wir in Zeiten lebten, in <strong>de</strong>nen das Problem bei <strong>de</strong>r<br />

Verteilung öffentlicher Mittel darin bestün<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>n Kassen Platz für neu nachströmen<strong>de</strong>s<br />

Geld zu machen. Dann könnte man es sich leisten, Schulentwicklung, Schulberatung <strong>und</strong><br />

vielleicht noch <strong>de</strong>n einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Beratungsdienst nebeneinan<strong>de</strong>r her arbeiten zu lassen,<br />

zu finanzieren <strong>und</strong> auszubauen, womöglich auch noch die Schulberatung in die bei<strong>de</strong>n<br />

Stränge „Schullaufbahnberatung“ <strong>und</strong> „schulpsychologische Beratung“ aufzuteilen. Die Zeiten<br />

jedoch, sie sind nicht danach: Allenthalben sind wir darauf angewiesen, das vorhan<strong>de</strong>ne<br />

sächliche <strong>und</strong> personelle Potenzial möglichst ökonomisch zu nutzen. Für Doppelarbeit o<strong>de</strong>r<br />

gar kräfteverschleißen<strong>de</strong>n Wettbewerb ist hier kein Platz – einer <strong>de</strong>r Punkte, an <strong>de</strong>m das<br />

Wirtschaftsleben kein Beispiel geben darf.<br />

Daher ist es als eine sinnvolle Maßnahme zu begrüßen, dass Anfang 2003 die Leiter <strong>de</strong>r<br />

Schulberatungsstellen Oberbayern/West <strong>und</strong> Oberfranken zu regionalen Schulentwicklungsberatern<br />

bestellt wur<strong>de</strong>n. Es ist zu hoffen, dass die vorhan<strong>de</strong>nen Arbeitskapazitäten ausreichen,<br />

die notwendige Verbindung von Schulberatung <strong>und</strong> Schulentwicklung auszubauen <strong>und</strong><br />

zu festigen.<br />

Schulentwicklung als ein Gr<strong>und</strong>element <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

Der Keim zur Beratung von Schule <strong>und</strong> Schulsystem war bereits in <strong>de</strong>r Dienstordnung für<br />

Schuljugendberater vom 28. Mai 1969 gelegt wor<strong>de</strong>n. Hier wur<strong>de</strong> die Mitarbeit <strong>de</strong>r – auf <strong>de</strong>n<br />

Bereich <strong>de</strong>r Volksschule beschränkten – Berater in pädagogischen <strong>und</strong> didaktischen Fragen<br />

zumin<strong>de</strong>st als Möglichkeit genannt: Sie sollten zu <strong>de</strong>n Möglichkeiten <strong>de</strong>r Differenzierung, <strong>de</strong>r<br />

programmierten Unterweisung – heute wür<strong>de</strong> man von <strong>de</strong>r Einbeziehung mo<strong>de</strong>rner Informationstechnik<br />

in <strong>de</strong>n Unterricht sprechen -, zur Leistungsmessung, Sexualerziehung, Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Begutachtung von Lehr- <strong>und</strong> Lernmitteln, Betreuung <strong>und</strong> Auswertung von Schulversuchen<br />

sowie bei <strong>de</strong>r vorschulischen För<strong>de</strong>rung herangezogen wer<strong>de</strong>n. Schuljugendberater<br />

waren spezialisierte Pädagogen mit einer Ausbildung, die – das scheint ein wenig in Vergessenheit<br />

geraten zu sein – noch nicht einmal <strong>de</strong>r Standardausbildung heutiger Beratungslehrkräfte<br />

entsprach.<br />

Die Bekanntmachung „Schulberatung an <strong>de</strong>n Schulen“ vom 19. April 1973 formulierte systemberaterische<br />

Aufgaben sogar für die Beratungslehrer, <strong>de</strong>ren Ausbildung damals erst in<br />

ersten Umrissen entworfen wur<strong>de</strong>. „Der Beratungslehrer“, so hieß es damals noch beschei-


Jüngling: Schulberatung bahnt <strong>de</strong>n Weg<br />

- 77 -<br />

<strong>de</strong>n, „steht mit seinem Rat auch <strong>de</strong>n Lehrern seiner Schule zur Verfügung“. Und im Zusammenhang<br />

mit <strong>de</strong>n Tätigkeitsberichten wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Aspekt <strong>de</strong>r Schulentwicklung recht <strong>de</strong>utlich:<br />

Sie sollten dazu dienen, „die aus <strong>de</strong>r Praxis gewonnenen Kenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen allgemein<br />

fruchtbar zu machen“.<br />

Diesen Gr<strong>und</strong>zug <strong>de</strong>r Schulberatung hat Kurt Aurin in seinem Beitrag zum 25-jährigen Jubiläum<br />

<strong>de</strong>r Schulberatung in Bayern im September 1990 <strong>de</strong>utlich gemacht, als er formulierte:<br />

„Der Beratungslehrer ist nicht nur Anwalt <strong>de</strong>s Schülers, son<strong>de</strong>rn zugleich Anwalt <strong>de</strong>r möglichen<br />

besseren Schule, - einer Schule, die sich in Frage stellt, einer Schule, die ihre Augen<br />

nicht vor <strong>de</strong>n eigenen Problemen verschließt, einer Schule, die im Interesse ihrer Schüler sich<br />

zu verbessern <strong>und</strong> weiterzuentwickeln vermag.“<br />

Die Bekanntmachung „Schulberatung in Bayern“ vom 29. Oktober 2001 schließlich baut die<br />

Ansätze von 1973 weiter aus: „In <strong>de</strong>r Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrkräften sollen die in <strong>de</strong>r<br />

Schulberatung gewonnenen Erkenntnisse <strong>und</strong> bewährten Metho<strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n Unterricht, für die<br />

erzieherische Wirksamkeit <strong>de</strong>r Schulen <strong>und</strong> für die Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Schulen <strong>und</strong> <strong>de</strong>s<br />

Schulsystems nutzbar gemacht wer<strong>de</strong>n“ (Ziff. II,1.3). Und in Ziff. II, 4.3.1 sind „praxisbegleiten<strong>de</strong><br />

Beratung sowie Hilfe <strong>und</strong> Unterstützung“ u. a. auch bei „Maßnahmen <strong>de</strong>r Schulentwicklung“<br />

genannt.<br />

Schautafel <strong>de</strong>r Schulberatung/Oberpfalz zum Regionalkongress in Wei<strong>de</strong>n


- 78 -<br />

Jüngling: Schulberatung bahnt <strong>de</strong>n Weg<br />

Diese Elemente <strong>de</strong>r inneren Schulentwicklung sind nicht nur irgendwie in die Verlautbarungen<br />

hineingeratene unverbindliche I<strong>de</strong>en; vielmehr stellen sie seit vielen Jahren integrale Bestandteile<br />

<strong>de</strong>r Ausbildung <strong>de</strong>r Beratungslehrkräfte <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Arbeit aller in <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

Tätigen dar. Für <strong>de</strong>n – schließlich doch genehmigten – Beitrag <strong>de</strong>r Schulberatungsstelle für<br />

die Oberpfalz zum Regionalkongress in Wei<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> daher als Motto „Schulberatung bahnt<br />

<strong>de</strong>n Weg“ gewählt. Damit sollte dokumentiert wer<strong>de</strong>n, dass wesentliche Anliegen <strong>de</strong>r Schulentwicklung<br />

i<strong>de</strong>ntisch sind mit <strong>de</strong>m Selbstverständnis, <strong>de</strong>n Zielen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Arbeitsweisen <strong>de</strong>r<br />

Schulberatung:<br />

Schullaufbahnberatung<br />

Die Schullaufbahnberatung ist seit <strong>de</strong>n Anfängen <strong>de</strong>r Schulberatung die Königsdisziplin dieses<br />

Dienstes. Von Außenstehen<strong>de</strong>n wird sie freilich häufig als bloße Weitergabe von Informationen<br />

missverstan<strong>de</strong>n. Ohne Zweifel hat sie es mit einer Fülle von Fakten, Bestimmungen,<br />

Daten <strong>und</strong> Adressen zu tun. Das ist aber nur die eine Seite. Die an<strong>de</strong>re Seite besteht in <strong>de</strong>m<br />

Versuch, die individuellen Voraussetzungen beim Ratsuchen<strong>de</strong>n, seine Eignung, seine Leistungsschwerpunkte,<br />

seine Interessen <strong>und</strong> Neigungen zusammenzuführen mit <strong>de</strong>n objektiven<br />

Gegebenheiten <strong>de</strong>s Schulsystems.<br />

Seit ihren Anfängen arbeitet die Schulberatung kontinuierlich <strong>und</strong> erfolgreich daran, die Wahl<br />

<strong>de</strong>r Schullaufbahn in ihrem Zusammenhang mit <strong>de</strong>m jeweiligen Profil einer Schule, ihrem inhaltlichen<br />

Ziel, ihren Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> pädagogischen Möglichkeiten aufzuzeigen. Durchlässigkeit,<br />

ein zentraler Begriff in <strong>de</strong>r Schulberatung, wur<strong>de</strong> nie rein technologisch als System<br />

von Weichen <strong>und</strong> Übergängen begriffen; vielmehr sah <strong>und</strong> sieht Schulberatung ihren Auftrag<br />

darin, Hilfe zur optimalen Nutzung <strong>de</strong>s schulischen Angebots zu leisten. In unzähligen Informationsaben<strong>de</strong>n,<br />

in <strong>de</strong>r Einzelberatung <strong>und</strong> in schriftlichen Verlautbarungen – in <strong>de</strong>n letzten<br />

Jahren auch im Internet – geht sie gegen <strong>de</strong>n weit verbreiteten Anspruch an, Schule habe in<br />

erster Linie Berechtigungen zu verleihen o<strong>de</strong>r Chancen zu verteilen – Inhalte <strong>und</strong> pädagogische<br />

Arbeit seien zweit- o<strong>de</strong>r drittrangig. Wenn es ein Ziel <strong>de</strong>r Schulentwicklung ist, die Schulen<br />

von klappern<strong>de</strong>n Ritualen einer uninspirierten Unterrichtsmaschinerie frei zu halten o<strong>de</strong>r<br />

zu befreien, so bahnt die Schulberatung <strong>de</strong>n Weg zu diesem Ziel.<br />

Systemberatung<br />

Aus <strong>de</strong>m täglichen Umgang mit Schülern, Eltern <strong>und</strong> Lehrern gewinnt die Schulberatung eine<br />

oft sehr intime Kenntnis von Schwachstellen im Schulsystem. Das können Lücken im Regelwerk<br />

<strong>de</strong>r Schulordnungen sein, Probleme in <strong>de</strong>r Anpassung <strong>de</strong>r Lehrpläne o<strong>de</strong>r Verfahrens-<br />

<strong>und</strong> Verhaltensweisen, die <strong>de</strong>r Erfüllung <strong>de</strong>s Bildungs- <strong>und</strong> Erziehungsauftrages abträglich<br />

sind. Ein Vorzug <strong>de</strong>r schulartübergreifen<strong>de</strong>n Arbeitsweise ist dabei, dass stets das gesamte<br />

Schulsystem im Blick bleibt, wodurch Fern- <strong>und</strong> Wechselwirkungen bestimmter Entscheidungen<br />

sicher erfasst wer<strong>de</strong>n können.<br />

Schulberatung vermag durch ihre intensive beraterische Beschäftigung mit Schülern Wirkungen<br />

<strong>de</strong>s Schulbetriebs zu erkennen, die <strong>de</strong>r unterrichten<strong>de</strong>n Lehrkraft häufig verborgen bleiben.<br />

Besser als außerschulische Berater können die schulischen Beratungsfachkräfte <strong>de</strong>n<br />

Zusammenhang auftauchen<strong>de</strong>r Probleme mit Merkmalen <strong>de</strong>r einzelnen Schule o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />

Schulsystems auf<strong>de</strong>cken. So waren es auch Beratungsfachkräfte, die immer wie<strong>de</strong>r auf die


Jüngling: Schulberatung bahnt <strong>de</strong>n Weg<br />

- 79 -<br />

spezifischen Probleme ausländischer Schüler, von Schülern mit Legasthenie o<strong>de</strong>r Dyskalkulie<br />

o<strong>de</strong>r von Schülern mit ADHS o<strong>de</strong>r von hoch begabten Kin<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Schule aufmerksam<br />

machten; über Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung tragen sie neue Erkenntnisse in die ihnen zugewiesenen<br />

Schulen hinein <strong>und</strong> erhöhen so die Wirksamkeit von Fortbildungsmaßnahmen in <strong>de</strong>r Fläche.<br />

In <strong>de</strong>r Gegenrichtung laufen Informationen über die praktischen Auswirkungen bestimmter<br />

Maßnahmen bei <strong>de</strong>n Schulberatungsstellen zusammen, die sie auswerten <strong>und</strong> an die Entscheidungsträger<br />

weitergeben können.<br />

Schließlich fungiert die Schulberatung in Einzelgesprächen <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Information größerer<br />

Gruppen als Mittlerin zwischen <strong>de</strong>n Agenten <strong>de</strong>r Weiterentwicklung <strong>und</strong> <strong>de</strong>nen, die von diesen<br />

Prozessen betroffen sind. Beratung trägt so täglich zur Akzeptanz <strong>de</strong>s sich weiterentwickeln<strong>de</strong>n<br />

Schulwesens bei <strong>de</strong>r Bevölkerung bei <strong>und</strong> kann dort, wo diese Akzeptanz – womöglich<br />

zu Recht – (noch) nicht besteht, Konflikten vorbeugen o<strong>de</strong>r sie entschärfen.<br />

Kooperation<br />

In <strong>de</strong>r zehnten <strong>de</strong>r zwölf „Augsburger Thesen“ zur Schulentwicklung in Bayern ist davon die<br />

Re<strong>de</strong>, dass sich Lehrer nicht als Einzelkämpfer, son<strong>de</strong>rn als Teil eines leistungsfähigen<br />

Teams erleben sollten. Weiter wird gefor<strong>de</strong>rt, benachbarte Schulen sollten stärker Verbindung<br />

miteinan<strong>de</strong>r aufnehmen <strong>und</strong> halten – „Vernetzung“ ist das häufig gebrauchte Schlagwort hierfür.<br />

Für Beratungsfachkräfte gehört diese Form <strong>de</strong>r Kooperation schon längst zum Berufsalltag.<br />

Aus- <strong>und</strong> Fortbildung sowie Dienstbesprechungen <strong>de</strong>r Beratungsfachkräfte erfolgen<br />

schulartübergreifend; wo das jeweilige Thema dies anbietet, wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Veranstaltungen kooperative Darbietungsformen geübt. In <strong>de</strong>n Landkreisen fin<strong>de</strong>n sich Arbeitsgruppen<br />

zur Abstimmung von Maßnahmen, zum Erfahrungsaustausch <strong>und</strong> zur Fortbildung<br />

zusammen – oft weit über das durch die Anrechnung auf die Unterrichtspflichtzeit vorgegebene<br />

Maß hinaus. Mögen auch Rivalitäten zwischen <strong>de</strong>n unterschiedlichen Schularten<br />

gelegentlich durchschlagen – <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>ton bei diesen Treffen bleibt das gemeinsame Bemühen<br />

um eine Verbesserung <strong>de</strong>r pädagogischen Arbeit an <strong>de</strong>n Schulen. Die Rückbindung an<br />

die Schulberatungsstelle stellt sicher, dass amtliche Vorgaben im notwendigen Umfang beachtet<br />

o<strong>de</strong>r zumin<strong>de</strong>st bekannt wer<strong>de</strong>n.<br />

Öffnung <strong>de</strong>r Schule ins Umfeld<br />

Eine Institution, die junge Menschen auf das Leben als Erwachsene vorbereitet – <strong>und</strong> das<br />

Berufsleben ist zwar nur ein Teil, aber ein wichtiger Teil dieses Erwachsenenlebens – eine<br />

solche Institution darf sich nicht selbst genug sein. Sie muss Nervenfasern in verschie<strong>de</strong>ne<br />

Bereiche hinein ausbil<strong>de</strong>n – unterschiedlich nach <strong>de</strong>m unterschiedlichen Profil <strong>und</strong> Auftrag<br />

<strong>de</strong>r Schule. Dabei spielen die „im Umfeld angesie<strong>de</strong>lten Unternehmen“ eine wichtige, aber<br />

nicht unbedingt die erste Rolle, wie die siebte „Augsburger These“ das suggeriert. Gera<strong>de</strong> bei<br />

allgemein bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schulen ist die Verbindung mit kulturellen, sozialen o<strong>de</strong>r politischen Institutionen<br />

min<strong>de</strong>stens genauso wichtig.


- 80 -<br />

Jüngling: Schulberatung bahnt <strong>de</strong>n Weg<br />

Die Vernetzung <strong>de</strong>r Schulberatung mit ihrem Umfeld<br />

Die Schulberatung hat freilich keinen so umfassen<strong>de</strong>n Auftrag. Sie beschränkt sich auf diejenigen<br />

Einrichtungen, die mit <strong>de</strong>m schulischen <strong>und</strong> beruflichen Wer<strong>de</strong>gang <strong>de</strong>r Schüler zu tun<br />

haben. Darin aber hat die Schulberatung eine lange Tradition <strong>und</strong> reiche Erfahrung. So wer<strong>de</strong>n<br />

beispielsweise die Dienstbesprechungen im Bezirk Oberfranken in diesem Jahr ausnahmslos<br />

in Wirtschaftsbetrieben <strong>de</strong>r Region durchgeführt; Fachleute aus <strong>de</strong>n unterschiedlichsten<br />

Berufssparten sind immer wie<strong>de</strong>r Gäste <strong>und</strong> Referenten bei <strong>de</strong>n Veranstaltungen <strong>de</strong>r<br />

Schulberatung. Mit <strong>de</strong>r Studien- <strong>und</strong> Berufsberatung fin<strong>de</strong>n regelmäßige Treffen statt. In <strong>de</strong>r<br />

aktuellen Beratung ist eine Zusammenarbeit mit außerschulischen Beratungsstellen, Jugendämtern,<br />

Ärzten, Kliniken, Therapeuten o<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>r Polizei bereits selbstverständliche Routine.<br />

Die Praxis zeigt, dass die von <strong>de</strong>r Schulberatung ausgehen<strong>de</strong>n Anregungen <strong>und</strong> die von<br />

ihr geknüpften Kontakte im Zuge <strong>de</strong>r inneren Schulentwicklung aufgegriffen <strong>und</strong> für die ganze<br />

Schule nutzbar gemacht wer<strong>de</strong>n. Die Beratungsfachkräfte spielen dabei häufig eine wichtige<br />

Rolle als Anreger <strong>und</strong> Vermittler.<br />

Lehrerberatung<br />

In <strong>de</strong>n ersten Jahren <strong>de</strong>r Schulberatung war es nicht leicht, die Beratung von Schule <strong>und</strong> Lehrern<br />

als Aufgabe <strong>de</strong>r Beratungslehrkräfte akzeptabel zu machen. Die Beratungslehrkräfte hatten<br />

noch nicht <strong>de</strong>n fachlichen Hintergr<strong>und</strong>, um <strong>de</strong>n Kollegen neue pädagogische Impulse zu<br />

geben <strong>und</strong> Perspektiven aufzuzeigen. Entsprechend unscheinbar war in <strong>de</strong>n Tätigkeitsberich-


Jüngling: Schulberatung bahnt <strong>de</strong>n Weg<br />

- 81 -<br />

ten <strong>de</strong>r Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen <strong>de</strong>r Anteil <strong>de</strong>r Kollegenberatung. Im Schuljahr 2000/01 hatten<br />

rd. 6% aller Beratungen ihren Schwerpunkt bei <strong>de</strong>r Unterstützung von Kollegen, an <strong>de</strong>n<br />

Volksschulen sind es bereits knapp 10%. Darin ist eine Wirkung <strong>de</strong>r gesteigerten Professionalität<br />

<strong>de</strong>r Beratung in <strong>de</strong>n letzten 20 Jahren zu sehen; darin drückt sich wohl auch die Tatsache<br />

aus, dass – zumin<strong>de</strong>st in <strong>de</strong>r Oberpfalz – über 60% <strong>de</strong>r Beratungslehrkräfte 10 Jahre<br />

o<strong>de</strong>r länger in <strong>de</strong>r Beratung tätig sind <strong>und</strong> so nicht nur beträchtliche Erfahrung <strong>und</strong> Fachwissen,<br />

son<strong>de</strong>rn auch Vertrauen <strong>und</strong> Achtung in <strong>de</strong>n Kollegien <strong>de</strong>r zugewiesenen Schulen erwerben<br />

konnten.<br />

Dieser Beitrag zur Personal- <strong>und</strong> Organisationsentwicklung an <strong>de</strong>n Schulen wird zum Teil in<br />

Form von Fortbildung geleistet – vom Anteil <strong>de</strong>r Beratungsfachkräfte am „Multiservice“ <strong>de</strong>r<br />

Aka<strong>de</strong>mie war bereits die Re<strong>de</strong> -, zum größeren Teil im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Beratung<br />

einzelner Schüler o<strong>de</strong>r von Schülergruppen <strong>und</strong> Klassen. Der Vorteil dieses Weges ist ein<br />

doppelter: Einerseits ist wegen eines konkreten Problems bei <strong>de</strong>n Lehrkräften häufig eine<br />

starke Motivation vorhan<strong>de</strong>n, Informationen aufzunehmen, Vorschläge aufzugreifen <strong>und</strong> neue<br />

Metho<strong>de</strong>n zu erproben, an<strong>de</strong>rerseits kann bei dieser Konstellation die Beratungslehrkraft am<br />

Problem eines Schülers o<strong>de</strong>r einer Klasse ansetzen <strong>und</strong> gerät nicht in Verdacht, am pädagogischen<br />

Verhalten einer Lehrkraft Kritik üben zu wollen.<br />

Kollegenberatung als Element <strong>de</strong>r Schulberatung setzt neue Impulse, entschärft Konflikte,<br />

macht Mut, Lösungen zu suchen, erhöht die pädagogische Kompetenz <strong>und</strong> entlastet die<br />

Schulaufsicht. Es ist ein nicht zu unterschätzen<strong>de</strong>r Vorteil <strong>de</strong>r Schulberatung, dass Hilfe von<br />

ihrer Seite keinerlei Verbindung hat zu dienstlicher Kontrolle <strong>und</strong> Bewertung.<br />

Lernberatung<br />

Bei <strong>de</strong>n Bemühungen um die Weiterentwicklung <strong>de</strong>s Unterrichts spielt die Herausbildung eines<br />

reiferen Lernverhaltens eine wichtige Rolle. „Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkt <strong>de</strong>r Schulentwicklung“<br />

ist nach Klippert die Unterrichtsreform, <strong>und</strong> im Zentrum dieser Unterrichtsreform steht die Eigenverantwortlichkeit<br />

<strong>de</strong>s Lernens. Die Erfahrung in <strong>de</strong>r Beratung zeigt, dass trotz einer Fülle<br />

von Veröffentlichungen über Lern- <strong>und</strong> Arbeitstechniken für Schüler das Wissen um die Bedingungen<br />

<strong>und</strong> Gesetze <strong>de</strong>s Lernens nicht nur bei Eltern <strong>und</strong> Schülern, son<strong>de</strong>rn auch bei <strong>de</strong>n<br />

Lehrkräften erstaunlich wenig verbreitet ist.<br />

Fortbildungsveranstaltungen <strong>de</strong>r Schulberatungsstelle in Lern- <strong>und</strong> Arbeitstechniken waren in<br />

<strong>de</strong>r Oberpfalz gefragte Lehrgänge in <strong>de</strong>n 80er <strong>und</strong> 90er Jahren. Schulpsychologen <strong>und</strong> ein in<br />

Dillingen zum Lerntrainer ausgebil<strong>de</strong>ter Beratungslehrer vermittelten <strong>de</strong>n Beratungslehrkräften<br />

einschlägige Kenntnisse, <strong>und</strong> lange schon bevor von Schulentwicklung die Re<strong>de</strong> war,<br />

führten Beratungsfachkräfte an <strong>de</strong>n ihnen zugewiesenen Schulen erfolgreich Kurse zu diesem<br />

Thema mit Schülern, z. T. auch mit Eltern, durch.<br />

Freilich waren diese Kurse noch sehr einseitig auf die Schüler ausgerichtet, so als ob Lernarbeit<br />

allein ihre Sache sei. In <strong>de</strong>n letzten Jahren hat ein spürbarer Wan<strong>de</strong>l in <strong>de</strong>r Sehweise von<br />

Lernprozessen im Unterricht stattgef<strong>und</strong>en, <strong>de</strong>m die Schulberatungsstelle für die Oberpfalz in<br />

ihrem regionalen Weiterbildungskurs 1999/2001 in zwei Studientagen mit Dr. Eckart vom PI<br />

<strong>de</strong>r Stadt Nürnberg <strong>und</strong> Prof. Sacher (Universität Erlangen-Nürnberg) Rechnung getragen<br />

hat. Die Mitarbeiterin für Realschulen an <strong>de</strong>r Schulberatungsstelle hat sich - auch in ihrer Ei-


- 82 -<br />

Jüngling: Schulberatung bahnt <strong>de</strong>n Weg<br />

genschaft als Seminarlehrerin für Pädagogik - zur Spezialistin in schüleraktivieren<strong>de</strong>n Unterrichtsformen<br />

fortgebil<strong>de</strong>t <strong>und</strong> vermittelt ihre Erfahrungen in zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen.<br />

Lernberatung fin<strong>de</strong>t auch in <strong>de</strong>r täglichen Beratungspraxis statt, wo es häufig darum geht,<br />

einerseits Schüler zu ermuntern, die teils durch eigenes Versagen, teils durch Wechsel <strong>de</strong>r<br />

Lebensumstän<strong>de</strong> entstan<strong>de</strong>nen o<strong>de</strong>r offenbar gewor<strong>de</strong>nen Kenntnis- <strong>und</strong> Fähigkeits<strong>de</strong>fizite<br />

auszugleichen, an<strong>de</strong>rerseits die Erziehungsberechtigten zu einer angemessenen Haltung<br />

gegenüber <strong>de</strong>n Bemühungen ihrer Kin<strong>de</strong>r hinzuführen. Schulberatung nimmt immer wie<strong>de</strong>r<br />

die Chance wahr, auf die humanen Wurzeln von Lernen <strong>und</strong> Bildung <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren humanisieren<strong>de</strong><br />

Wirkung hinzuweisen.<br />

Supervision<br />

Die Reflexion <strong>de</strong>s beruflichen Han<strong>de</strong>lns unter fachmännischer Anleitung ist für <strong>de</strong>n Lehrerberuf<br />

mit seinen spezifischen Bedingungen eigentlich ein mehr als natürliches Erfor<strong>de</strong>rnis. Daher<br />

müsste Supervision zu <strong>de</strong>n selbstverständlichen Konstituenten <strong>de</strong>r Lehrerberatung gehören.<br />

In Bayern wur<strong>de</strong> die Supervisionsausbildung exklusiv für bestimmte Schulpsychologen<br />

durchgeführt. Zwar gehören diese auch <strong>de</strong>r Schulberatung an, doch wur<strong>de</strong> die Ausbildung in<br />

einer die Einheit <strong>und</strong> Funktionalität <strong>de</strong>r Schulberatung beeinträchtigen<strong>de</strong>n Weise ohne zwingen<strong>de</strong><br />

sachliche Grün<strong>de</strong> auf einen sich selbst <strong>de</strong>finieren<strong>de</strong>n Personenkreis eingeschränkt.<br />

Voraussetzung hierfür <strong>und</strong> gleichzeitig Folge dieses Konzepts war eine Verkürzung <strong>de</strong>s Supervisionsbegriffs<br />

auf <strong>de</strong>n psychohygienischen <strong>und</strong> therapeutischen Aspekt, wodurch die<br />

Leistung <strong>de</strong>r Supervision als einer beson<strong>de</strong>ren Form <strong>de</strong>r Beratung <strong>und</strong> fachlichen Weiterentwicklung<br />

verdunkelt wur<strong>de</strong>.<br />

Dabei hat gera<strong>de</strong> die Ausbildung von Beratungslehrkräften zu Multiplikatoren in an<strong>de</strong>ren<br />

Themengebieten gezeigt, dass diese bei entsprechen<strong>de</strong>r Ausbildung auch Aufgaben wahrnehmen<br />

können, die weit über die Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Lehrberufs hinausgehen. Die Beteiligung<br />

fähiger <strong>und</strong> anerkannter Pädagogen an <strong>de</strong>r Ausbildung wäre sicherlich ein Weg zu höherer<br />

Akzeptanz dieses Dienstes. Gegenwärtig stellt sich die Lage so dar, dass selbst Kollegien,<br />

die in <strong>de</strong>r Schulentwicklung stark engagiert sind, Supervision nur selten als wichtigen<br />

Schritt auf <strong>de</strong>m Weg zur besseren Schule begreifen.<br />

Die Schulberatungsstelle <strong>de</strong>r Oberpfalz hat wie<strong>de</strong>rholt auf das Supervisionsangebot hingewiesen,<br />

doch wird dieses Angebot im Gegensatz zu an<strong>de</strong>ren Fortbildungsthemen nur sehr<br />

zögerlich angenommen. Eine breitere Wahrnehmung <strong>de</strong>s Angebots ist wohl am ehesten zu<br />

erreichen, wenn auch sorgfältig ausgesuchte Pädagogen zu Supervisoren ausgebil<strong>de</strong>t <strong>und</strong><br />

die Schulberatungsstellen zu zentralen Organisationsstellen für Supervision an allen Schularten<br />

weiterentwickelt wer<strong>de</strong>n. Es muss besser erkennbar wer<strong>de</strong>n, dass eine aktives, engagiertes<br />

<strong>und</strong> um Entwicklung <strong>de</strong>r Schule bemühtes Kollegium sich durch die Nutzung von Supervision<br />

nicht als <strong>de</strong> facto therapiebedürftig erklärt.<br />

Gesprächsführung<br />

Wur<strong>de</strong> die Schullaufbahnberatung als Königsdisziplin in <strong>de</strong>r Schulberatung bezeichnet, so ist<br />

die Gesprächsführung <strong>de</strong>r Königsweg zu einer entwickelten Schule. Die Kultur <strong>de</strong>s Ge-


Jüngling: Schulberatung bahnt <strong>de</strong>n Weg<br />

- 83 -<br />

sprächs bestimmt die Qualität <strong>de</strong>s Unterrichts, <strong>de</strong>s Verhältnisses <strong>de</strong>r Kollegen untereinan<strong>de</strong>r,<br />

<strong>de</strong>r Beziehung <strong>de</strong>r Schulleitung zum Kollegium <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Lehrkräfte zu <strong>de</strong>n Eltern. Es ist nicht<br />

zu viel behauptet, wenn man sagt, dass alle Bemühungen um eine entwickelte Schule ins<br />

Leere laufen <strong>und</strong> zu Aktionismus verkommen, wenn das Gespräch zwischen <strong>de</strong>n Rollenträgern<br />

in <strong>de</strong>r Schule <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Hierarchie <strong>de</strong>r Schulverwaltung nicht synchron mit entwickelt<br />

wird.<br />

Seit <strong>de</strong>r systematischen Fort- <strong>und</strong> Ausbildung <strong>de</strong>r Beratungslehrkräfte hat die Gesprächsführung<br />

im Mittelpunkt <strong>de</strong>r Bemühungen <strong>de</strong>r Schulberatungsstellen gestan<strong>de</strong>n. Die Aufgabe<br />

kann aber nur teilweise erfüllt wer<strong>de</strong>n. Selbst eine ganze Woche in <strong>de</strong>r Weiterbildung ist nur<br />

<strong>de</strong>r Anfang, da die Gesprächsführung nicht auf die Vermittlung einiger Kenntnisse o<strong>de</strong>r Fertigkeiten<br />

beschränkt wer<strong>de</strong>n kann, son<strong>de</strong>rn beständigen Trainings <strong>und</strong> wie<strong>de</strong>rholter Kontrolle<br />

bedarf – was wie<strong>de</strong>rum eine Funktion <strong>de</strong>r Supervision wäre.<br />

Was bei <strong>de</strong>n Beratungslehrkräften notdürftig gelingt, nicht zuletzt auch durch das Gordon-<br />

Gesprächstraining, das in <strong>de</strong>r Oberpfalz durch eigens geschulte Beratungsfachkräfte durchgeführt<br />

wird, ist in <strong>de</strong>r ganzen Breite <strong>de</strong>r Lehrerschaft nicht einmal ansatzweise durchzuführen.<br />

Ein Mitarbeiter <strong>de</strong>r Schulberatungsstelle vermittelt <strong>de</strong>n Referendaren eines Gymnasiums<br />

an zwei Seminartagen Gesprächsführung in Gr<strong>und</strong>zügen; erfor<strong>de</strong>rlich wäre jedoch eine intensive<br />

Schulung, die auch, wie das bei Beratungslehrkräften relativ häufig zu beobachten ist,<br />

bleiben<strong>de</strong> Än<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Einstellung zum Lehrberuf <strong>und</strong> zu <strong>de</strong>n Personen, mit <strong>de</strong>nen<br />

man umzugehen hat, bewirkt.<br />

So ist die Gesprächsführung zwar ein Ziel <strong>de</strong>r Schul-, Organisations- <strong>und</strong> Personalentwicklung,<br />

zu <strong>de</strong>m die Schulberatung zwar seit vielen Jahren die Spur legt <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Weg bahnt;<br />

doch <strong>de</strong>r Ausbau zu einer breiten Straße, auf <strong>de</strong>r sich das Gefährt <strong>de</strong>r Schulentwicklung sicherer<br />

bewegen kann, ist hier nicht in Sicht.


- 84 -<br />

Jüngling: Schulberatung bahnt <strong>de</strong>n Weg


Schlegel: Schulberatung als externe Unterstützung innerer Schulentwicklung - 85 -<br />

Heinz Schlegel<br />

Schulberatung als externe Unterstützung innerer Schulentwicklung<br />

Einleitung<br />

Erste Ansätze, extern Schulen zu unterstützen, konnten schon beim Augsburger Schulkongress<br />

am 11. <strong>und</strong> 12. April 2000 erk<strong>und</strong>et wer<strong>de</strong>n. Wer nicht dabei sein konnte, kann sich mit<br />

<strong>de</strong>r URL: www.bildungsoffensive-bayern.<strong>de</strong>. auch über Links, Daten, Berichte <strong>und</strong> Thesen<br />

zum o. g. Schulkongress <strong>informieren</strong>.<br />

Während <strong>de</strong>n meisten Schulen noch kein professionelles Unterstützungssystem zur Verfügung<br />

stand, das sie nutzten, könnte für die Schulen, die sich „nach Augsburg“ auf <strong>de</strong>n Weg<br />

machen, vieles leichter wer<strong>de</strong>n: Bei <strong>de</strong>n Ministerialbeauftragten <strong>und</strong> Bezirksregierungen wer<strong>de</strong>n<br />

nunmehr über die Schulentwicklungskoordinatoren für die jeweilige Schulart <strong>und</strong> durch<br />

schulartübergreifen<strong>de</strong> Schulentwicklungsberater die Beratungs- <strong>und</strong> Unterstützungsmöglichkeiten<br />

geschaffen, die <strong>de</strong>n Schulen auf Abruf zur Seite stehen, also sie in ihrem Entwicklungsprozess<br />

begleiten.<br />

Im Bereich <strong>de</strong>r Wirtschaft, aber auch in <strong>de</strong>r Verwaltung wer<strong>de</strong>n Innovationen immer häufiger<br />

durch externe Organisationsberater unterstützt. Diese stellen Ihr Know-how zur Verfügung mit<br />

<strong>de</strong>m Ziel, einen systematischen <strong>und</strong> zielgerichteten Verän<strong>de</strong>rungsprozess zu gestalten. Genau<br />

darum geht es jetzt auch bei <strong>de</strong>r Unterstützung von Schulen in ihrer inneren Schulreform.<br />

Der vorliegen<strong>de</strong> Beitrag will darüber <strong>informieren</strong>, wie systematische <strong>und</strong> selbstgesteuerte<br />

Entwicklungsprozesse in Schulen gelingen <strong>und</strong> auf welche Bereiche sich die Verän<strong>de</strong>rungen<br />

beziehen können. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage soll reflektiert wer<strong>de</strong>n, was externe Organisationsberatung<br />

leisten <strong>und</strong> wie sie <strong>de</strong>n Entwicklungsprozess unterstützen kann, welche Qualifikationen<br />

externe Berater benötigen <strong>und</strong> wie ein systematisches Unterstützungssystem aufgebaut<br />

wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Innere Schulentwicklung als selbstgesteuerter Prozess<br />

1. Kennzeichen <strong>de</strong>r Entwicklungsprozesse in Organisationen<br />

Entwicklungsprozesse in Organisationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie<br />

• betriebsumfassend sind, also alle Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Organisation einschließen,<br />

• mit <strong>de</strong>n Bedürfnissen <strong>de</strong>r Beteiligten <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Organisation vereinbar sind,<br />

• selbstregulierend <strong>und</strong> an innere Gegebenheiten angepasst sind,<br />

• planmäßig <strong>und</strong> strukturiert sind,<br />

• gemeinsame Lernprozesse aller Beteiligter darstellen,<br />

• eine ständige Anpassung an eine sich wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Umwelt ermöglichen,<br />

• langfristig angelegt sind,<br />

• eine Verän<strong>de</strong>rung von Einstellungen <strong>und</strong> Werten beinhalten,<br />

• einen sozialen <strong>und</strong> kulturellen Wan<strong>de</strong>l darstellen,<br />

• die Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r Organisation verbessern. (nach Fengler, 1999)


- 86 -<br />

Schlegel: Schulberatung als externe Unterstützung innerer Schulentwicklung<br />

Dies gilt selbstverständlich auch für die Weiterentwicklung <strong>de</strong>r inneren Schulqualität: Möglichst<br />

alle Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen, darüber hinaus auch Schüler, Schülerinnen <strong>und</strong> Eltern,<br />

schließlich auch das schulische Umfeld sollten in <strong>de</strong>n Entwicklungsprozess aktiv einbezogen<br />

sein, wobei <strong>de</strong>r Beginn innerer Schulentwicklung meist im Kollegium <strong>de</strong>r Schule beginnt.<br />

2. Voraussetzungen für die innere Schulentwicklung<br />

Wichtigste Eingangsbedingung ist die sozialpsychologische Bereitschaft <strong>de</strong>r Mehrheit <strong>de</strong>r<br />

Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen, sich für <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>l zu interessieren <strong>und</strong> dabei aktiv mitzuwirken<br />

(readiness), nicht selten ausgelöst durch <strong>de</strong>n Lei<strong>de</strong>nsdruck, <strong>de</strong>r von aktuellen Bedingungen<br />

ausgeht.<br />

Weitere wichtige Faktoren sind die ziel- <strong>und</strong> mitarbeiterorientierte Führungsstil <strong>de</strong>r Schulleitung,<br />

die selbst eine Vision „guter Schule“ hat, aber auch offen sein muss für die Vorstellungen<br />

<strong>und</strong> Wege <strong>de</strong>r Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen. Ebenso wichtig erscheint die Unterstützung von<br />

Verän<strong>de</strong>rungsbemühungen durch die Schulaufsicht, das Eröffnen von Spielräumen, die<br />

Schaffung notwendiger Rahmenbedingungen <strong>und</strong> die Bereitstellung von Hilfen bei Bedarf.<br />

3. Prozessverlauf<br />

Schulentwicklungsprojekte haben eine Dynamik, die mit <strong>de</strong>r Fahrt auf einer Serpentinenstraße<br />

auf einen Berg verglichen wer<strong>de</strong>n kann:<br />

regelmäßige Folgeaktivitäten<br />

Evaluation, weitere Schritte<br />

Handlungsphase<br />

(Entwicklung von Zielen, I<strong>de</strong>en,<br />

Handlungsstrategien, Umsetzung)<br />

Phase <strong>de</strong>r Problemdiagnose<br />

Vorbereitungs- <strong>und</strong> Kontaktphase<br />

(vgl. Pieper,A., Schley,W.: Systembezogene Beratung in <strong>de</strong>r Schule. Materialien aus <strong>de</strong>r Beratungsstelle<br />

für soziales Lernen am Fachbereich Psychologie <strong>de</strong>r UNI Hamburg, Band 6)


Schlegel: Schulberatung als externe Unterstützung innerer Schulentwicklung - 87 -<br />

4. Fel<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Ziele <strong>de</strong>r inneren Schulentwicklung<br />

� (Weiter-) Entwicklung <strong>de</strong>r Persönlichkeit<br />

� Erweiterung <strong>de</strong>r Beziehungs-,<br />

Kommunikations- <strong>und</strong> Konfliktfähigkeit<br />

(Selbstreflexion <strong>und</strong><br />

Fremdwahrnehmung)<br />

� Anregung zu permanentem innovativem<br />

Lernen<br />

� Erhöhung <strong>de</strong>r Führungs- <strong>und</strong><br />

Entscheidungskompetenz<br />

� Stabilität <strong>und</strong> Flexibilität eigener<br />

Überzeugungen<br />

� Entwicklung von Berufszufrie<strong>de</strong>nheit<br />

Personalentwicklung<br />

Unterrichtsentwicklung<br />

� Weiterentwicklung schüler- <strong>und</strong><br />

begabungsorientierter Lernprozesse<br />

im Unterricht (Individualisierung)<br />

� Intensivierung fächerübergreifen<strong>de</strong>n<br />

Lernens<br />

� Erweiterung didaktischmethodischer<br />

Kompetenzen<br />

(z.B. Freiarbeit, Projektarbeit, erfahrungs-,handlungsorientiertes<br />

Lernen, Metho<strong>de</strong>nlernen)<br />

� Beachten <strong>de</strong>r Nachhaltigkeit von<br />

Lernprozessen<br />

� Anleitung <strong>de</strong>r Schüler zu eigenverantwortlichem<br />

Arbeiten<br />

� Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Lern- <strong>und</strong><br />

Prüfungskultur<br />

Externe<br />

� Erhöhung von Kommunikationsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> –bereitschaft im<br />

Kollegium<br />

� Intensivierung <strong>de</strong>r Kooperation<br />

� För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Konflikt- <strong>und</strong><br />

Problemlösung im Kollegium<br />

� Erhöhung von Toleranz <strong>und</strong> Beziehungsfähigkeit<br />

� Entwicklung gemeinsamer pädagogischer<br />

Standards<br />

� För<strong>de</strong>rung von Gemeinsamkeit<br />

statt Konkurrenz<br />

� Gegenseitige Hilfe bei Problemen<br />

Teamentwicklung<br />

Organisationsentwicklung<br />

� Verbesserung <strong>de</strong>r bürokratischen<br />

Abläufe an <strong>de</strong>r Schule<br />

� Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Organisation<br />

<strong>de</strong>s Schulbetriebes<br />

� Zunehmen<strong>de</strong> Beteiligung von<br />

Schülern <strong>und</strong> Eltern an Schule<br />

� Verbesserung <strong>de</strong>s Schulklimas<br />

� Entwicklung <strong>de</strong>r Schul- <strong>und</strong> Gesprächskultur<br />

� Professionalisierung <strong>de</strong>s Managements<br />

� Entwicklung eines Schulprofils<br />

� Intensivierung <strong>de</strong>r Außenbeziehungen<br />

(z.B. Gemein<strong>de</strong>,<br />

Wirtschaft)<br />

� Entwicklung einer Corporate<br />

I<strong>de</strong>ntity<br />

Organisationsberatung als Prozessbegleitung<br />

„Verän<strong>de</strong>rung sozialer Systeme setzt Interventionen von außerhalb o<strong>de</strong>r innerhalb <strong>de</strong>s<br />

Systems voraus“ (König/Vollmer: Systemische Organisationsberatung, 1996, S. 45).


- 88 -<br />

Schlegel: Schulberatung als externe Unterstützung innerer Schulentwicklung<br />

5. Merkmale <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätze externer Beratung:<br />

• Berater- <strong>und</strong> Klientensystem sind <strong>de</strong>utlich voneinan<strong>de</strong>r unterschie<strong>de</strong>n (Unabhängigkeit);<br />

• Das Klientensystem hat Probleme <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r sucht Lösungen, die es alleine nicht o<strong>de</strong>r<br />

schlechter fin<strong>de</strong>n kann;<br />

• Die Klienten erwarten, bei <strong>de</strong>r Problemlösung vom Berater unterstützt zu wer<strong>de</strong>n;<br />

• Berater haben we<strong>de</strong>r eigene Interessen an <strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>rungen, noch sind sie Entschei<strong>de</strong>r,<br />

son<strong>de</strong>rn sie orientieren sich ausschließlich an <strong>de</strong>n Bedürfnissen <strong>de</strong>s Klientensystems;<br />

• Sie geben – je nach Situation – Anregungen, Hilfestellung, Unterstützung mit <strong>de</strong>m Ziel,<br />

dass das Klientensystem sein Problem selbst lösen kann.<br />

(König/Vollmer, 1996, S. 46)<br />

Ausgangspunkt für eine Beratung von außen ist somit immer eine Anfrage <strong>de</strong>r Schule an externe<br />

Berater <strong>und</strong> nicht umgekehrt. Auch über die Beendigung einer Beratung muss das<br />

Klientensystem frei <strong>und</strong> ohne negative Konsequenzen entschei<strong>de</strong>n können. Wichtig ist dabei<br />

eine möglichst große Wahlfreiheit in Bezug auf <strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r die potentiellen Berater, ihre Persönlichkeit,<br />

Profession <strong>und</strong> spezifische Fachkompetenz.<br />

Somit gelten auch für die Organisationsberatung die Gr<strong>und</strong>sätze je<strong>de</strong>r professionellen Beratung:<br />

Freiwilligkeit:<br />

Das Klientensystem bestimmt,<br />

ob <strong>und</strong> welchen<br />

Berater es in Anspruch<br />

nehmen will <strong>und</strong> ob es<br />

Beratung in Anspruch<br />

nimmt, fortsetzt o<strong>de</strong>r zu<br />

einem beliebigen Zeitpunkt<br />

abbricht. Das<br />

Klientensystem gibt das<br />

Problem vor, <strong>und</strong> setzt<br />

<strong>de</strong>n Rahmen, in <strong>de</strong>m<br />

eine Lösung erarbeitet<br />

wer<strong>de</strong>n soll. Ob <strong>und</strong> wie<br />

es Lösungen verwirklicht,<br />

liegt allein in seiner<br />

Entscheidung, ohne<br />

dass es Sanktionen befürchten<br />

muss.<br />

Unabhängigkeit:<br />

Organisationsberatung<br />

benötigt einen hohen<br />

Grad von Unabhängigkeit.<br />

Sie ist <strong>de</strong>shalb immer<br />

ergebnisoffen. Wenn <strong>de</strong>r<br />

Berater selbst Ziele <strong>und</strong><br />

Vorstellungen hat, in welche<br />

Richtung sich die<br />

Organisation verän<strong>de</strong>rn<br />

sollte, gefähr<strong>de</strong>t er seine<br />

Akzeptanz <strong>und</strong> Neutralität,<br />

mit <strong>de</strong>r Folge, unglaubwürdig<br />

zu erscheinen,<br />

Wi<strong>de</strong>rstand zu erzeugen<br />

<strong>und</strong> damit <strong>de</strong>n<br />

Prozess zu gefähr<strong>de</strong>n.<br />

K<strong>und</strong>enorientierung ist<br />

eine <strong>de</strong>r wesentlichsten<br />

Bedingung für <strong>de</strong>n Beratungserfolg.<br />

Vertraulichkeit:<br />

Notwendige Gr<strong>und</strong>lage<br />

je<strong>de</strong>r erfolgreichen Beratung<br />

ist das Vertrauen<br />

zwischen Klientensystem<br />

<strong>und</strong> Berater. Dabei ist <strong>de</strong>r<br />

Schutz <strong>de</strong>r internen Angelegenheiten<br />

<strong>de</strong>r Organisation,<br />

also die absolute<br />

Vertraulichkeit aller Informationen<br />

aus <strong>de</strong>m Beratungsprozess<br />

eine unabdingbare<br />

Voraussetzung.<br />

Selbst die Vermutung <strong>de</strong>s<br />

Vertrauensbruches führt<br />

meist zu einer Beziehungsstörung.<br />

Bei Einbeziehung<br />

Dritter ist <strong>de</strong>shalb<br />

absolute Transparenz<br />

geboten.


Schlegel: Schulberatung als externe Unterstützung innerer Schulentwicklung - 89 -<br />

6. Aufgaben externer Berater im Beratungsprozess:<br />

Die Tätigkeit externer Berater orientiert sich an <strong>de</strong>n Wünschen <strong>und</strong> Bedürfnissen <strong>de</strong>s Klientensystems<br />

<strong>und</strong> kann sehr punktuell sein, sich also z. B. auf die Vermittlung von Hinweisen<br />

<strong>und</strong> I<strong>de</strong>en, auf die Mo<strong>de</strong>ration einer pädagogischen Konferenz o<strong>de</strong>r auf die Beratung <strong>de</strong>s<br />

Schulleiters beschränken, sie kann aber auch über einen längeren Zeitraum hinweg erwünscht<br />

<strong>und</strong> notwendig sein.<br />

Bei längerfristiger Arbeit mit einer Schule haben die externen Berater vielfältige professionelle<br />

Aufgaben, <strong>und</strong> zwar<br />

6.1. am Anfang <strong>de</strong>s Beratungsprozesses:<br />

• Schaffen von Akzeptanz <strong>und</strong> Herstellen eines Vertrauensverhältnisses mit <strong>de</strong>m Klientensystem<br />

• Klärung <strong>de</strong>r Erwartungen <strong>de</strong>s Klientensystems<br />

• Klärung <strong>de</strong>r Rollen von Beratern <strong>und</strong> Klienten, ggf. Bildung einer Steuergruppe<br />

• Einigung auf die Regeln <strong>de</strong>r Zusammenarbeit<br />

• Aushan<strong>de</strong>ln eines Beratungskontraktes mit allen Beteiligten: Festlegen konkreter erreichbarer<br />

Ziele, Kriterien für das Erreichen dieser Ziele <strong>und</strong> für <strong>de</strong>n Erfolg <strong>und</strong> Abschluss<br />

<strong>de</strong>s Beratungsprozesses<br />

• Feststellung <strong>de</strong>r Bedürfnisse <strong>de</strong>s gesamten Kollegiums <strong>und</strong> Orientierung <strong>de</strong>r Beratungsarbeit<br />

ausschließlich an <strong>de</strong>n vereinbarten Zielen.<br />

6.2. während <strong>de</strong>s gesamten Beratungsprozesses:<br />

• Aktive Beteiligung aller Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen am Verän<strong>de</strong>rungsprozess<br />

• Arbeit mit <strong>de</strong>n Energien <strong>und</strong> Ressourcen <strong>de</strong>s Klientensystems <strong>und</strong> nie dagegen<br />

• Mo<strong>de</strong>ration von Veranstaltungen zur Schulentwicklung mit vielfältigen Zielsetzungen<br />

• Information über wichtige Sachinhalte <strong>und</strong> Vorschläge zur Vorgehensweise<br />

• Ständige Überprüfung <strong>de</strong>s Kontraktes <strong>und</strong> ggf. Modifizierung, wenn sich aus <strong>de</strong>m Prozess<br />

neue Bedürfnisse <strong>und</strong> Zielsetzungen ergeben<br />

• Unterstützung <strong>de</strong>r Teamentwicklung <strong>und</strong> Konfliktmanagement<br />

• Fortbildung <strong>de</strong>s Kollegiums im Bereich <strong>de</strong>r Unterrichtsentwicklung<br />

• Coaching <strong>de</strong>r Schulleitung bzw. <strong>de</strong>r Steuergruppe<br />

• Angebote zur Supervision <strong>und</strong> zum Training (z.B. in Kommunikation)<br />

• Rückmeldung von Gruppenprozessen, Ermöglichen von Feedback<br />

• Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>r zuständigen Schulaufsicht.<br />

7. Kompetenzen schulischer Organisationsberater:<br />

Um diese vielfältigen, an <strong>de</strong>n Bedürfnissen <strong>de</strong>s Klientensystems <strong>und</strong> am Verän<strong>de</strong>rungsprozess<br />

orientierten Aufgaben leisten zu können, benötigen die externen Berater Fähigkeiten<br />

personaler, sozialer, inhaltlicher <strong>und</strong> methodischer Art.<br />

7.1. Personale Kompetenz:<br />

• Klarheit in <strong>de</strong>r Beraterrolle<br />

• Differenzierte Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung (auch: Kenntnis blin<strong>de</strong>r Flecke)<br />

• Fähigkeit zur Wahrnehmung von Gruppenprozessen<br />

• Bewusstheit eigenen Han<strong>de</strong>lns (auch eigener Grenzen)


- 90 -<br />

Schlegel: Schulberatung als externe Unterstützung innerer Schulentwicklung<br />

• Menschenbild <strong>und</strong> beraterische Gr<strong>und</strong>haltungen (Kongruenz, Empathie, Akzeptanz)<br />

• Bereitschaft zur eigenen Supervision <strong>und</strong> Weiterentwicklung<br />

• Fähigkeit zur Kooperation <strong>und</strong> Mo<strong>de</strong>ration im Team<br />

7.2. Kommunikative Kompetenz:<br />

• Gesprächsführungskompetenz (partner-, problem- <strong>und</strong> lösungsorientiert)<br />

• Leitungskompetenz (auch in Konflikt- <strong>und</strong> Krisensituationen)<br />

• Fähigkeit zur Steuerung von Gruppenprozessen, zur Metakommunikation<br />

• Fähigkeit, eigene Betroffenheit <strong>und</strong> Grenzen zu verbalisieren<br />

• respektvolle <strong>und</strong> konstruktive Kommunikation mit allen Klienten (auch mit solchen, die<br />

gegen <strong>de</strong>n Strom schwimmen)<br />

• Handlungsrepertoire zum Umgang mit schwierigen Kommunikationssituationen<br />

7.3. Inhaltliche Kompetenz:<br />

• Möglichst langjährige praktische Erfahren im Bereich <strong>de</strong>r Beratung<br />

• Theoretische F<strong>und</strong>ierung als Gr<strong>und</strong>lage allen Han<strong>de</strong>lns<br />

• Kompetenz im Bereich neuer Unterrichtskonzepte (Handlungskompetenz)<br />

• Kenntnisse von Trainingsmo<strong>de</strong>llen zur Sozialkompetenz, Metho<strong>de</strong>nkompetenz, Selbstkompetenz<br />

etc.<br />

• Kenntnis von Diagnoseinstrumenten, Interventionsstrategien <strong>und</strong> Evaluationsmöglichkeiten<br />

7.4. Methodische Kompetenz:<br />

• Handlungskompetenz in neuen Unterrichtsverfahren (z. B. offene Unterrichtsformen,<br />

Lernen durch Lehren, eigenverantwortliches Lernen, Projektarbeit, handlungsorientiertes<br />

Lernen)<br />

• Kompetenz in individuellen <strong>und</strong> differenzierten För<strong>de</strong>rmöglichkeiten<br />

• Verfügen über Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Techniken <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>ration (Handlungskompetenz)<br />

• Trainingskompetenz (z. B. zur Sozialkompetenz, Gesprächsführung, Konfliktmanagement)<br />

• Verfügen über Strategien <strong>und</strong> Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Gruppensteuerung, Konfliktbearbeitung<br />

<strong>und</strong> Steuerung von Organisationsentwicklungsprozessen<br />

• Supervisorische Kompetenz (Supervision <strong>und</strong> Coaching von Führungskräften).<br />

8. Folgerungen für die Organisation eines Beratersystems<br />

Da Berater sehr unterschiedliche Kompetenzprofile (Stärken <strong>und</strong> Schwächen) haben <strong>und</strong> die<br />

(Weiter-)Entwicklung <strong>de</strong>r Kompetenzen eine individuelle <strong>und</strong> permanente Aufgabe <strong>und</strong> Herausfor<strong>de</strong>rung<br />

darstellt, ist es wichtig, in einem Beraterteam möglichst viele verschie<strong>de</strong>nartige<br />

Kompetenzen zu bün<strong>de</strong>ln.<br />

8.1. Rekrutierung von schulischen Organisationsberatern:<br />

Bei <strong>de</strong>r Schaffung eines Unterstützungssystems erscheint es im Hinblick auf <strong>de</strong>n langfristigen<br />

Erfolg wichtig, eine gezielte Vorauswahl nach folgen<strong>de</strong>n Kriterien zu treffen:


Schlegel: Schulberatung als externe Unterstützung innerer Schulentwicklung - 91 -<br />

→ Vielfalt an unterschiedlichsten Professionen im Beraterteam<br />

→ möglichst hohe bereits vorhan<strong>de</strong>ne personale <strong>und</strong> kommunikative Kompetenz<br />

→ hohe Motivation für die Beratertätigkeit<br />

→ bereits Erfahrungen <strong>und</strong> Erfolg in <strong>de</strong>r kurz- <strong>und</strong> längerfristigen Beratung <strong>und</strong> Begleitung<br />

von Schulen<br />

→ möglichst weitgehen<strong>de</strong> Vorbildung für diese Aufgaben (Beratungslehrkräfte, Schulpsychologen,<br />

Supervisoren, Mo<strong>de</strong>ratoren, Mediatoren, ausgebil<strong>de</strong>te Organisationsberater,<br />

TZI-Diplomierte, Lehrkräfte mit Gruppenleiterausbildung, Therapieausbildungen, Weiterbildung<br />

z.B. im Bereich <strong>de</strong>r Lehrerbildung, innovativer Unterrichtsformen, Konstanzer<br />

Trainingsmo<strong>de</strong>ll ...)<br />

→ Offenheit für persönliche Weiterbildung auf allen vier Kompetenzfel<strong>de</strong>rn<br />

Die Aka<strong>de</strong>mie für Lehrerfortbildung <strong>und</strong> Personalführung hat im Laufe <strong>de</strong>r letzten Jahre eine<br />

Vielzahl von Fachleuten für die Unterstützung <strong>de</strong>r Schulen aus- <strong>und</strong> fortgebil<strong>de</strong>t (siehe „Multi-<br />

Service“ im Fortbildungsprogramm <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie)<br />

8.2. Team- <strong>und</strong> Tan<strong>de</strong>mbildung<br />

Erfahrungen <strong>de</strong>s Schulversuchs „Interne Schulentwicklung durch externe Beratung (ISEB)“ im<br />

För<strong>de</strong>rschulbereich zeigen <strong>de</strong>utlich, welch vielfältige <strong>und</strong> oft nicht vorhersehbare Anfor<strong>de</strong>rungen<br />

an externe Berater gestellt wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> wie wichtig eine Beratung im Tan<strong>de</strong>m ist, in <strong>de</strong>m<br />

sich Kompetenzen ergänzen, Rollen verteilen <strong>und</strong> Handlungsmöglichkeiten optimieren. Ebenso<br />

hilfreich erscheint in diesem Versuch auch die Teamstruktur <strong>de</strong>r externen Berater, die es<br />

ermöglicht, von einan<strong>de</strong>r zu lernen.<br />

Empfehlenswert ist daher<br />

→ die Schaffung offener multiprofessioneller Teamstrukturen, die eine flexible, situationsabhängige<br />

Bildung von Tan<strong>de</strong>ms zulassen<br />

→ die längerfristige Bildung von Beratertan<strong>de</strong>ms, die menschlich zusammenpassen <strong>und</strong><br />

die sich ergänzen<br />

→ eine möglichst schulartübergreifen<strong>de</strong> Zusammenarbeit<br />

→ flexible, an aktuellen Bedürfnissen orientierte Kooperationsformen <strong>de</strong>r Berater.<br />

8.3. Schaffung eines Unterstützungssystems:<br />

Die Berater benötigen – wie bereits angesprochen – gegenseitigen Austausch <strong>und</strong> Unterstützung,<br />

eigene Supervision <strong>und</strong> weitergehen<strong>de</strong> Fortbildungsangebote, um die eigenen Erfahrungen<br />

zu verarbeiten <strong>und</strong> sich zu entlasten, das professionelle Han<strong>de</strong>ln zu optimieren <strong>und</strong><br />

um die eigenen Spielräume zu erweitern.<br />

Dies kann geschehen durch<br />

→ regelmäßige kollegiale Supervision in kleinen Teams (Intervision)<br />

→ berufsbegleiten<strong>de</strong> Veranstaltungen zur Weiterbildung <strong>und</strong> zum schulartübergreifen<strong>de</strong>n<br />

Erfahrungsaustausch<br />

→ Coaching für coaches (professionelle Supervisionsangebote)<br />

→ möglichst vielfältige Vernetzung (auch mit <strong>de</strong>r Hochschule)


- 92 -<br />

Schlegel: Schulberatung als externe Unterstützung innerer Schulentwicklung<br />

Das Unterstützungssystem kann auch dazu dienen, die Arbeit <strong>de</strong>r externen Berater zu evaluieren.<br />

Dies trägt zur Qualitätssicherung <strong>de</strong>r Organisationsberatung bei, was wie<strong>de</strong>rum für das<br />

Klientensystem hilfreich sein kann.<br />

8.4. Schaffung von Rahmenbedingungen <strong>de</strong>r Beratertätigkeit<br />

Externe Organisationsberatung benötigt klare, verlässliche <strong>und</strong> för<strong>de</strong>rliche Rahmenbedingungen.<br />

Dies ermöglicht eine adressatengerechte Tätigkeit, dient <strong>de</strong>r Optimierung <strong>de</strong>r Beratertätigkeit<br />

<strong>und</strong> stellt nicht zuletzt eine für die Berater wichtige Form <strong>de</strong>r Wertschätzung ihres<br />

Einsatzes dar. Folgen<strong>de</strong>s Schema macht die Beziehung zwischen Qualität, Zeit <strong>und</strong> Kosten<br />

<strong>de</strong>utlich (vgl. Wittmann, 1999):<br />

Qualität<br />

Ressourcen Zeitbedarf<br />

Das Schema macht <strong>de</strong>utlich, dass externe Beratung bei niedrigem Aufwand an finanziellen<br />

<strong>und</strong> personellen Ressourcen zu höherem Zeitbedarf o<strong>de</strong>r zur Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Qualität <strong>de</strong>r<br />

Beratungsleistung führt, was jedoch langfristig wie<strong>de</strong>rum höhere Kosten produzieren könnte.<br />

Deshalb ist es notwendig, folgen<strong>de</strong> Rahmenbedingungen zu schaffen:<br />

→ Gesicherter Tätigkeitsrahmen (ausreichen<strong>de</strong> Zeitressourcen für die Beratertätigkeit)<br />

→ Klarheit über Entlastungen <strong>und</strong> Honorierung <strong>de</strong>r Tätigkeit<br />

→ Klarheit über die Zeitdauer <strong>de</strong>r Mitarbeit im Schulentwicklungsteam<br />

→ Institutionalisierung kollegialer Besprechungen, Supervision <strong>und</strong> Fortbildung.<br />

Ausblick<br />

Erfahrungen von Schulen, die Beratung in Anspruch genommen haben <strong>und</strong> nehmen, zeigen,<br />

dass ein extern unterstützter Entwicklungsprozess zu einer längerfristigen Entlastung <strong>de</strong>r einzelnen<br />

Lehrkraft, zur Befreiung aus einer <strong>de</strong>pressiven <strong>und</strong> von Überlastung geprägten Gr<strong>und</strong>stimmung<br />

<strong>de</strong>s Kollegiums <strong>und</strong> zum Wie<strong>de</strong>rgewinnen pädagogischer Ziele <strong>und</strong> Wertvorstellungen<br />

führen kann, bis hin zur Gewinnung eines neuen <strong>und</strong> attraktiven Images in ihrem gesamten<br />

Umfeld.<br />

Die Erfahrungen zeigen aber auch, dass Schulen, die sich auf <strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rung<br />

gemacht haben, Hoffnung geschöpft <strong>und</strong> Visionen entwickelt haben, nach einer externen Mo<strong>de</strong>ration<br />

in <strong>de</strong>r Anfangsphase jedoch auf sich allein gestellt waren, teilweise wie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n<br />

alten, unbefriedigen<strong>de</strong>n „Trott“ zurückkehrten <strong>und</strong> seit<strong>de</strong>m für Schulentwicklung nachhaltig<br />

nicht mehr zu gewinnen sind.<br />

Es ist zu wünschen, dass <strong>de</strong>r Aufbau eines professionellen Unterstützungssystems die innere<br />

Schulreform in Bayern über alle Schularten hinweg voranbringen kann, damit Schulen <strong>de</strong>m


Schlegel: Schulberatung als externe Unterstützung innerer Schulentwicklung - 93 -<br />

künftigen, immer schnelleren Wan<strong>de</strong>l gewachsen sind, Schüler <strong>und</strong> Lehrer befriedigen<strong>de</strong> <strong>und</strong><br />

neue Formen <strong>de</strong>s Lernens <strong>und</strong> Zusammenlebens entwickeln können <strong>und</strong> Schule an Leistungsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Image gewinnt. Letztlich dient dies dazu, junge Menschen in unseren<br />

Schulen für die immer komplexer <strong>und</strong> anspruchsvoller wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Lebens- <strong>und</strong> Arbeitsbedingungen<br />

stark zu machen.


- 94 -<br />

Schlegel: Schulberatung als externe Unterstützung innerer Schulentwicklung


Ausgangslage<br />

Hänsel: Mo<strong>de</strong>llversuche zur „Lehrerges<strong>und</strong>heit“<br />

Dr. Rudolf Hänsel<br />

Mo<strong>de</strong>llversuche zur „Lehrerges<strong>und</strong>heit“<br />

- 95 -<br />

Der Bayerische Landtag hat mit Beschluss vom 12.12.2001 die Staatsregierung aufgefor<strong>de</strong>rt,<br />

zur Erhaltung <strong>de</strong>r Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Dienstfähigkeit <strong>de</strong>r staatlichen Lehrkräfte gezielt Präventions-<br />

<strong>und</strong> Rehabilitationsprogramme zu entwickeln <strong>und</strong> durchzuführen <strong>und</strong> darüber in <strong>de</strong>n<br />

zuständigen Ausschüssen zu berichten (DRS.14/8398). Zur Umsetzung dieses Beschlusses<br />

wur<strong>de</strong> vom Kultusministerium ein Arbeitskreis "Lehrerges<strong>und</strong>heit" eingerichtet. Ihm gehören<br />

Kultus-, Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialministerium, die Aka<strong>de</strong>mie für Lehrerfortbildung <strong>und</strong> Personalführung<br />

Dillingen, die staatlichen Schulberatungsstellen, <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sverband Bayerischer<br />

Schulpsychologen, Lehrerverbän<strong>de</strong> sowie Vertreter <strong>de</strong>s öffentlichen Ges<strong>und</strong>heitsdienstes<br />

<strong>und</strong> klinischer Einrichtungen an. Der Arbeitskreis bün<strong>de</strong>lt die Forschungsergebnisse zu Ursachen<br />

<strong>de</strong>r Lehrer-Dienstunfähigkeit <strong>und</strong> soll Präventions- sowie Therapie- <strong>und</strong> Wie<strong>de</strong>reinglie<strong>de</strong>rungsmaßnahmen<br />

<strong>beraten</strong> <strong>und</strong> vorschlagen. Er glie<strong>de</strong>rt sich entsprechend dieser Aufgabenbereiche<br />

in drei Arbeitsgruppen:<br />

- Möglichkeiten für präventive Maßnahmen<br />

- Kooperation Schule <strong>und</strong> Medizin zur Verbesserung <strong>de</strong>r Informationen über <strong>de</strong>n Arbeitsplatz<br />

Schule<br />

- Effiziente Kur- <strong>und</strong> Rehamaßnahmen.<br />

In einem KMS vom 8. November 2002 beauftragte das Kultusministerium zu<strong>de</strong>m die Ministerialbeauftragten<br />

für Gymnasien in Nie<strong>de</strong>rbayern, Mittelfranken <strong>und</strong> Oberpfalz mit <strong>de</strong>r Durchführung<br />

eines vorerst auf zwei Jahre begrenzten Mo<strong>de</strong>llprojektes „Lehrerges<strong>und</strong>heit". Für<br />

je<strong>de</strong>n Regierungsbezirk wur<strong>de</strong> eine Koordinatorin bzw. ein Koordinator benannt, <strong>de</strong>r die<br />

Funktion eines Fachmitarbeiters beim Ministerialbeauftragten erhielt: für <strong>de</strong>n Regierungsbezirk<br />

Nie<strong>de</strong>rbayern Frau StRin Marion Hasenöhrl, für <strong>de</strong>n Regierungsbezirk Mittelfranken Herr<br />

OStR Roland Zerpies <strong>und</strong> für <strong>de</strong>n Regierungsbezirk Oberpfalz Herr StD Norbert Hirschmann.<br />

Sie sollten die Mo<strong>de</strong>llprojekte koordinieren, mit <strong>de</strong>n drei Arbeitskreisen „Lehrerges<strong>und</strong>heit"<br />

sowie mit <strong>de</strong>m Arbeitskreis Schulpsychologie am ISB zusammenarbeiten <strong>und</strong> vor allem konkrete<br />

Fortbildungsmaßnahmen ausarbeiten <strong>und</strong> vorschlagen. Weiterhin sollten die drei Koordinatoren<br />

<strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llprojekte die staatlichen Schulberatungsstellen über alle geplanten <strong>und</strong><br />

durchgeführten Maßnahmen <strong>informieren</strong> <strong>und</strong> regelmäßig an <strong>de</strong>n relevanten Dienstbesprechungen<br />

<strong>de</strong>r Schulberatungsstellen teilnehmen.<br />

Die nachfolgen<strong>de</strong>n Ausführungen über die Einrichtung <strong>und</strong> <strong>de</strong>n gegenwärtigen Stand <strong>de</strong>r drei<br />

Mo<strong>de</strong>llversuche zur Lehrerges<strong>und</strong>heit stützen sich auf vor kurzem verfasste Zwischenberichte<br />

<strong>de</strong>r drei Koordinatoren über die laufen<strong>de</strong>n Projekte.<br />

Konzepterstellung<br />

Gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Schuljahres 2001/2002 wur<strong>de</strong> in allen drei Regierungsbezirken mit <strong>de</strong>r konzeptionellen<br />

Arbeit, <strong>de</strong>r Planung von Maßnahmen zur Lehrerges<strong>und</strong>heit begonnen. Da zunächst<br />

noch keine konkreten Erhebungsdaten zu Ursachen <strong>de</strong>r häufigen Dienstunfähigkeit


- 96 -<br />

Hänsel: Mo<strong>de</strong>llversuche zur „Lehrerges<strong>und</strong>heit“<br />

von Lehrern in Bayern vorlagen, basierte die Auswahl von geplanten Maßnahmen erst einmal<br />

auf Alltagshypothesen zu Ursachen schwin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Lehrerges<strong>und</strong>heit. So war man sich einig,<br />

dass, um die Berufszufrie<strong>de</strong>nheit <strong>de</strong>r Lehrkräfte zu verbessern <strong>und</strong> damit ihre physische <strong>und</strong><br />

psychische Ges<strong>und</strong>heit zu erhalten, Fortbildungsmaßnahmen angeboten wer<strong>de</strong>n mussten,<br />

die zur Entwicklung <strong>de</strong>r Lehrerpersönlichkeit beitrugen <strong>und</strong> zu ihrer Entlastung (z.B. durch<br />

Teamarbeit <strong>und</strong> Schul- <strong>und</strong> Unterrichtsentwicklung). Die Maßnahmen sollten sowohl präventiv<br />

als auch kurativ wirken.<br />

Schwerpunkte <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llprojekte sollten <strong>de</strong>shalb u. a. sein: die Information <strong>de</strong>r Lehrkräfte (z.<br />

B. durch themenzentrierte Fortbildungen <strong>und</strong> pädagogische Konferenzen), die Befähigung<br />

zur Kooperation <strong>und</strong> Teamarbeit (z.B. durch <strong>de</strong>n Ausbau kollegialer Praxisberatung), die<br />

Stärkung <strong>de</strong>r Alltagsressourcen (z.B. durch Trainingsprogramme <strong>und</strong> Möglichkeiten <strong>de</strong>r Reflexion<br />

schwieriger Erziehungsfragen) <strong>und</strong> die Erarbeitung neuer Sicht- <strong>und</strong> Handlungsweisen<br />

bei Problemen durch Einzelfall- <strong>und</strong> Gruppensupervision.<br />

Dieses anspruchsvolle Vorhaben war nur zu realisieren durch Kooperation, d. h. durch die<br />

Einbeziehung schulinterner Fachkräfte/Unterstützungssysteme (Schulpsychologen <strong>und</strong> Lehrkräfte<br />

mit Zusatzqualifikationen), externer Fachkräfte <strong>und</strong> arbeitsmedizinischer Fachkompetenz<br />

sowie die Einbeziehung <strong>de</strong>r Dienstaufsichten <strong>und</strong> von Wissenschaftlern <strong>de</strong>r Universität.<br />

Bedarfsfeststellung per Fragebogenaktion<br />

In Nie<strong>de</strong>rbayern startete Frau Hasenöhrl Anfang Juli 2002 eine aufwendige freiwillige, anonyme<br />

Fragebogenaktion unter <strong>de</strong>n Lehrkräften aller Schularten, um <strong>de</strong>ren Fortbildungsbedarf<br />

„zu allgemeinen fächerübergreifen<strong>de</strong>n Fragestellungen im pädagogisch-psychologischen<br />

Bereich“ zu erfassen. Die Auswertung von 2878 Rückmeldungen schuf schließlich eine f<strong>und</strong>ierte<br />

Basis für die weitere Planung <strong>de</strong>r Maßnahmen. Den größten Fortbildungsbedarf mel<strong>de</strong>ten<br />

die befragten Lehrkräfte – unabhängig von <strong>de</strong>r Schulart – bei <strong>de</strong>n Themenkomplexen<br />

„Umgang mit schwierigen Schülern“ <strong>und</strong> „Verhaltensauffälligkeiten bei Schülern“ an. Dieses<br />

Ergebnis wird durch wissenschaftliche Forschungsresultate z. B. von Prof. Schaarschmidt<br />

bestätigt: „Auf die Frage nach <strong>de</strong>n belastendsten schulischen Arbeitsbedingungen stehen<br />

generell die folgen<strong>de</strong>n drei Faktoren an <strong>de</strong>r Spitze: das Verhalten schwieriger Schüler, die<br />

Klassenstärke <strong>und</strong> die St<strong>und</strong>enzahl.“ (Zusammenfassung <strong>de</strong>r Kongressbeiträge Uni Passau<br />

v. 7.12.02 s. www.phil.uni-passau.<strong>de</strong>) Weiterer Fortbildungsbedarf wur<strong>de</strong> zu <strong>de</strong>n Themen<br />

ADS, Konflikttraining <strong>und</strong> Gewaltprävention angemel<strong>de</strong>t.<br />

Auswahl <strong>de</strong>r Referenten für die Fortbildungsmaßnahmen<br />

In allen drei Regierungsbezirken konnten Schulpsychologinnen <strong>und</strong> –psychologen (viele mit<br />

Zusatzausbildung zum Supervisor/zur Supervisorin) <strong>und</strong> Lehrkräfte mit Zusatzqualifikationen<br />

(z. B. Beratungslehrkräfte, Mo<strong>de</strong>ratoren, Gordontrainer, TZI-Fachleute) als Referenten für die<br />

Fortbildungsveranstaltungen im Rahmen <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llversuche gewonnen wer<strong>de</strong>n.<br />

Kongress „Berufszufrie<strong>de</strong>nheit <strong>und</strong> Stressbewältigung“ in Passau<br />

Am 7.12.2002 fand an <strong>de</strong>r Universität Passau, Zentrum für Lehrerbildung <strong>und</strong> Fachdidaktik,<br />

das „Erste Forum Berufszufrie<strong>de</strong>nheit <strong>und</strong> Stressbewältigung“ statt. Es war ein Kooperations-<br />

Projekt <strong>de</strong>r Koordinatorin <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llversuchs für Nie<strong>de</strong>rbayern, Frau Hasenöhrl, mit <strong>de</strong>r


Hänsel: Mo<strong>de</strong>llversuche zur „Lehrerges<strong>und</strong>heit“<br />

- 97 -<br />

staatlichen Schulberatungsstelle für Nie<strong>de</strong>rbayern, <strong>de</strong>m Ministerialbeauftragten für Gymnasien<br />

in Nie<strong>de</strong>rbayern, <strong>de</strong>s Berufsgenossenschaftlichen Arbeitsmedizinischen <strong>und</strong> Sicherheitstechnischen<br />

Dienstes B.A.D. sowie <strong>de</strong>r Universität Passau.<br />

Drei Gr<strong>und</strong>satzreferate zur Thematik, Workshops <strong>und</strong> Gesprächsforen gaben <strong>de</strong>n etwa 650<br />

teilnehmen<strong>de</strong>n Lehrkräften, Beratungsfachkräften <strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren interessierten Personen ausführlich<br />

Gelegenheit, sich über die Mo<strong>de</strong>llversuche in Nie<strong>de</strong>rbayern, Mittelfranken <strong>und</strong> Oberpfalz<br />

zu <strong>informieren</strong> (s. www.phil.uni-passau.<strong>de</strong>/schulpaed/plm/doku.htm).<br />

Laufen<strong>de</strong> Maßnahmen<br />

Nie<strong>de</strong>rbayern<br />

Die meist schulartübergreifen<strong>de</strong>n Maßnahmen in Nie<strong>de</strong>rbayern stehen laut Anschreiben an<br />

die Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen vom Oktober 2002 „im Dienste <strong>de</strong>r präventiven Ges<strong>und</strong>heitspflege<br />

<strong>und</strong> setzen in diesem Schuljahr auf <strong>de</strong>r personenbezogenen Ebene an. Es han<strong>de</strong>lt<br />

sich hierbei um Angebote wie<br />

• thematische Fortbildungen zu pädagogisch-psychologischen Fragestellungen<br />

• Fallbesprechungen <strong>und</strong> Gesprächskreise zu pädagogisch relevanten Themen<br />

• Ges<strong>und</strong>heitsför<strong>de</strong>rlicher Umgang mit schwierigen Situationen (Konflikte, Problemschüler,<br />

Gesprächsführung,...)<br />

• Stressbewältigung im Lehrberuf<br />

• Entspannungsverfahren<br />

• Supervisionen <strong>und</strong> Coaching für unterschiedliche Zielgruppen“ (Zwischenbericht Hasenöhrl).<br />

Mittelfranken<br />

Zu <strong>de</strong>n bereits laufen<strong>de</strong>n Maßnahmen in Mittelfranken zählen v.a.: Supervisionsgruppen,<br />

Klassengespräche, Fortbildungen zu Stressmanagement, Kurse für Referendare, Fortbildung<br />

für Praktikumslehrkräfte.<br />

Oberpfalz<br />

Die Veranstaltungen zur Lehrerges<strong>und</strong>heit in <strong>de</strong>r Oberpfalz sind z. T. Mitte Januar 2003 angelaufen:<br />

- Supervisionsgruppen: 8–10 Gruppen, veranstaltet meist in <strong>de</strong>n Mittelzentren (AM,<br />

WEN, TIR, R)<br />

- Coaching von Führungskräften: noch eher selten<br />

- Gesprächskreis/Fallbesprechungsgruppe/Kollegiale Praxisberatung: mit verschie<strong>de</strong>nen<br />

Einzelkollegien vereinbart<br />

- Thematische Fortbildung: Veranstaltungen zu Mobbing, Krisenmanagement durchgeführt<br />

bzw. angefragt<br />

- Stressbewältigung/Entspannung: Lehrergruppe hat begonnen; ganztägige Veranstaltung<br />

zu Stressmanagement im März geplant<br />

- Konflikt- <strong>und</strong> Kommunikationstraining: „Elterngespräche“ in zwei Schulamtsbezirken<br />

vereinbart; Konfliktmanagement-Veranstaltung in Regensburg veranstaltet


- 98 -<br />

Hänsel: Mo<strong>de</strong>llversuche zur „Lehrerges<strong>und</strong>heit“<br />

- Einzelberatung: Zahlreiche Beratungen laufen (beson<strong>de</strong>re Vertraulichkeit notwendig!)<br />

- Organisationsentwicklung: Anfragen von 5 Schulen, feste Vereinbarung an einer, bereits<br />

durchgeführt an einer weiteren Schule.<br />

Entwicklung <strong>de</strong>r Teilnehmerzahlen <strong>und</strong> Akzeptanz <strong>de</strong>r Maßnahmen<br />

Nie<strong>de</strong>rbayern<br />

Da auf Gr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r knappen Terminierung <strong>de</strong>s Projekts die meisten Veranstaltungen erst im<br />

Januar/Februar 2003 angelaufen sind, lässt sich über Akzeptanz <strong>und</strong> konkrete Teilnehmerzahlen<br />

nur ein äußerst vages Bild gewinnen.<br />

In einer Dienstbesprechung am 10.1.03 für die Referenten <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llprojekts zeigt ein erster<br />

Erfahrungsaustausch z.T. regionale <strong>und</strong> schulartspezifische Unterschie<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Nachfrage<br />

nach Supervision, wobei z.T. auch eher Teil-Kollegien im Sinne <strong>de</strong>r Teamentwicklung Interesse<br />

bek<strong>und</strong>en. Generell wird zu be<strong>de</strong>nken gegeben, ob nicht auch die Veranstaltungen<br />

stärker nach Schularten getrennt in Betracht gezogen wer<strong>de</strong>n sollten.<br />

Einige themenzentrierte Veranstaltungen sind voll, an<strong>de</strong>re - wie z. B. Supervisionsgruppen -<br />

haben nur zögerlichen Zulauf, auch wenn laut Fragebogenaktion <strong>de</strong>r Bedarf als hoch eingestuft<br />

wur<strong>de</strong>. Kollegiale Fallbesprechungen scheinen eher auf schulhausinternes Interesse zu<br />

stoßen. Die Resonanz auf schulartübergreifen<strong>de</strong> Fortbildungsveranstaltungen ist eher gering.<br />

Gefragt sind anscheinend auch reine Informationsveranstaltungen zu Themen wie „Disziplinprobleme,<br />

Legasthenie". (Einzel-)Coaching ist ebenfalls gefragt, wobei hier die vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Angebote nicht auszureichen scheinen. Geklärt wer<strong>de</strong>n muss gr<strong>und</strong>sätzlich die Genehmigung<br />

mehrtägiger Veranstaltungen. Hier gab es bereits bei <strong>de</strong>r Ausschreibung bzgl. <strong>de</strong>r Freistellung<br />

<strong>de</strong>r Teilnehmer Probleme.<br />

Mittelfranken<br />

Die Maßnahmen wer<strong>de</strong>n gut akzeptiert, die Teilnehmerzahlen z.B. bei vielen Supervisionsgruppen<br />

bewegen sich eher an <strong>de</strong>r Obergrenze (10 Personen). Von <strong>de</strong>r Schulaufsicht insbeson<strong>de</strong>re<br />

im Bereich <strong>de</strong>r Volksschulen, För<strong>de</strong>rschulen <strong>und</strong> beruflichen Schulen wird sogar<br />

befürchtet, dass bei größerem Bekanntheitsgrad <strong>de</strong>r Bedarf die Möglichkeiten <strong>de</strong>r Referenten<br />

übersteigen dürfte. Ein weiterer Beleg für die gute Akzeptanz <strong>de</strong>s Projekts sind vorliegen<strong>de</strong><br />

Anfragen aus benachbarten Regierungsbezirken. Kritik wird insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r Form geäußert,<br />

dass die – inhaltlich für wichtig angesehenen – Maßnahmen einseitig die Belastungsfähigkeit<br />

<strong>de</strong>r Kollegen verbessern soll, dass aber an<strong>de</strong>rseits strukturelle Maßnahmen <strong>de</strong>s<br />

Staatsministeriums nicht im gleichen Maß sichtbar wer<strong>de</strong>n.<br />

Oberpfalz<br />

Mit Erscheinen <strong>de</strong>r KMS (Mitte November 2002) wur<strong>de</strong> die Geschäftsgr<strong>und</strong>lage für <strong>de</strong>n Beginn<br />

<strong>de</strong>s Projekts gelegt. Daraufhin konnten erst kurz vor <strong>de</strong>n Weihnachtsferien die Informationen<br />

über die Angebote erfolgen. Mittlerweile sind v.a. die fortlaufen<strong>de</strong>n Gruppenangebote<br />

angelaufen; beson<strong>de</strong>rs gut wer<strong>de</strong>n die Supervisionsgruppen akzeptiert (Gruppenobergrenze:<br />

10 Personen).


Hänsel: Mo<strong>de</strong>llversuche zur „Lehrerges<strong>und</strong>heit“<br />

Regionale Verteilung <strong>de</strong>r Maßnahmen<br />

Nie<strong>de</strong>rbayern<br />

- 99 -<br />

Im Regierungsbezirk Nie<strong>de</strong>rbayern wur<strong>de</strong> auf eine möglichst flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Verteilung <strong>de</strong>r<br />

Angebote geachtet, sie ist aber noch nicht erreicht.<br />

Mittelfranken<br />

In Mittelfranken ist durch die Verteilung <strong>de</strong>r erfahrenen Schulpsychologen vor allem auf <strong>de</strong>n<br />

Großraum Nürnberg – Erlangen – Fürth momentan eine nicht völlig flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Versorgung<br />

mit Referenten für Mittelfranken gegeben. Durch die zeitlich relativ späte Ausweisung<br />

<strong>de</strong>r Anrechnungsst<strong>und</strong>en konnten einige Kollegen nicht mehr von ihren Dienstvorgesetzten<br />

für das Projekt freigestellt wer<strong>de</strong>n. Nach <strong>und</strong> nach sollte eine gleichmäßigere Versorgung<br />

angestrebt wer<strong>de</strong>n.<br />

Verteilung <strong>de</strong>r Maßnahmen auf Schularten (schulartübergreifend/-spezifisch)<br />

Nie<strong>de</strong>rbayern<br />

Der Angebotskatalog für Nie<strong>de</strong>rbayern enthält 39 ausgeschriebene Veranstaltungen, die<br />

nach Vorgabe <strong>de</strong>s Ministeriums zum größten Teil schulartübergreifend angeboten wer<strong>de</strong>n.<br />

Daneben fin<strong>de</strong>n sich auch Angebote für einen bestimmten Personenkreis, z.B. für Schulleiter,<br />

Beratungslehrkräfte, Seminarlehrer <strong>und</strong> für Personen in verschie<strong>de</strong>nen Phasen <strong>de</strong>r Lehrerbildung.<br />

Mittelfranken<br />

Die Maßnahmen sind einigermaßen gleichmäßig auf die Schularten verteilt. Schwerpunkte<br />

liegen im Bereich <strong>de</strong>r Volksschulen. Ein beson<strong>de</strong>rs hohes Interesse wird aus <strong>de</strong>m beruflichen<br />

Schulwesen signalisiert, hier sind die Maßnahmen allerdings noch in <strong>de</strong>r Planung <strong>und</strong> wer<strong>de</strong>n<br />

im zweiten Schulhalbjahr verstärkt angeboten.<br />

Oberpfalz<br />

Verteilung auf Kollegien bzw. Lehrkräfte aller Schularten; Schwerpunkte insbeson<strong>de</strong>re im<br />

Hauptschul- <strong>und</strong> Berufsschulbereich feststellbar.<br />

Erste vorläufige Teilnehmer-Rückmeldungen/Evaluierungsergebnisse<br />

Nie<strong>de</strong>rbayern<br />

Nach<strong>de</strong>m von Anfang an auch von Seiten <strong>de</strong>r Referenten großes Interesse an einer Evaluierung<br />

<strong>de</strong>r Veranstaltungen bestand, die Kontaktaufnahme mit <strong>de</strong>m Zentrum für Lehrerbildung<br />

<strong>und</strong> Fachdidaktik an <strong>de</strong>r Universität Passau in diesem Punkt auf Gr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Neubesetzung<br />

<strong>de</strong>r empirischen Abteilung bislang aber keine Ergebnisse brachte <strong>und</strong> auch sonst kein Instrumentarium<br />

vorgegeben war, erschien es <strong>de</strong>m Team zweckmäßig, ein eigenes Evaluationsinstrument<br />

zu entwickeln.


- 100 -<br />

Hänsel: Mo<strong>de</strong>llversuche zur „Lehrerges<strong>und</strong>heit“<br />

In Anlehnung an <strong>de</strong>n SEI (Supervisions-Evaluations-Inventar von Schnei<strong>de</strong>r & Müller (1995)<br />

<strong>und</strong> Beer (1997) wur<strong>de</strong> eine modifizierte Version nach eingehen<strong>de</strong>r Diskussion, <strong>de</strong>m Wunsch<br />

<strong>de</strong>r Referenten gemäß, auf einen einseitigen Rückmel<strong>de</strong>bogen zusammengefasst, <strong>de</strong>r sowohl<br />

quantitative als auch qualitative Kriterien erfassen soll <strong>und</strong> gleichzeitig Wirkungsaspekte<br />

bzgl. <strong>de</strong>r Berufszufrie<strong>de</strong>nheit berücksichtigt.<br />

Der Evaluationsbogen wur<strong>de</strong> auch an die bei<strong>de</strong>n Koordinatoren aus Mittelfranken <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Oberpfalz weitergegeben.<br />

Da die Veranstaltungen erst angelaufen sind <strong>und</strong> noch nicht geklärt ist, wer die empirische<br />

statistische Auswertung vornimmt, liegen keine konkreten Evaluationsergebnisse aus Nie<strong>de</strong>rbayern<br />

vor.<br />

Mittelfranken<br />

Erkenntnisse aus <strong>de</strong>r Evaluation liegen noch nicht vor. Aus <strong>de</strong>r Betrachtung <strong>de</strong>s bisherigen<br />

Verlaufs <strong>de</strong>s Projekts lässt sich jedoch bereits feststellen, dass persönliche Kontakte <strong>de</strong>r Koordinatoren<br />

zur Schulaufsicht in <strong>de</strong>n einzelnen Schularten unabdingbare Prozessvariablen<br />

darstellen, die das Voranschreiten <strong>de</strong>s Projekts erheblich beeinflussen.<br />

Als Problem zeigte sich, dass auf Gr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s späten Zeitpunkts zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s letzten Schuljahres<br />

<strong>und</strong> wegen <strong>de</strong>r fehlen<strong>de</strong>n Rechtsgr<strong>und</strong>lage (entsprechen<strong>de</strong>s KMS kam erst im November)<br />

sich in manchen Bereichen die Schulaufsicht/die Dienstvorgesetzten nicht in <strong>de</strong>r<br />

Lage sah(en), die Anrechungsst<strong>und</strong>en im gewünschten Umfang zu gewähren. Dadurch konnte<br />

in Mittelfranken <strong>de</strong>r Rahmen <strong>de</strong>r 30 Anrechnungsst<strong>und</strong>en nicht voll ausgeschöpft wer<strong>de</strong>n.<br />

Umso mehr ist das hohe Engagement <strong>de</strong>r Referenten zu würdigen, <strong>de</strong>mzufolge das doch<br />

sehr umfangreiche Angebot zustan<strong>de</strong> kommen konnte, das <strong>de</strong>n Rahmen <strong>de</strong>r 30 Anrechnungsst<strong>und</strong>en<br />

<strong>de</strong>utlich sprengt.<br />

Oberpfalz<br />

Erkenntnisse aus <strong>de</strong>r Evaluation liegen noch nicht vor, jedoch wer<strong>de</strong>n alle Teilnehmer aus<br />

<strong>de</strong>n Fortbildungsveranstaltungen abgefragt.<br />

Grobplanungen für Schuljahr 2003/2004<br />

Nie<strong>de</strong>rbayern<br />

Für das zweite Jahr <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llprojekts ist geplant, noch mehr Lehrkräfte mit Zusatzqualifikation<br />

miteinzubeziehen, um regionale Ressourcen stärker zu berücksichtigen. Deshalb wur<strong>de</strong>n<br />

im Januar 2003 44 Kollegen als mögliche Referenten angeschrieben.<br />

Des weiteren ist beabsichtigt, im nächsten Jahr unbedingt ein arbeitsmedizinisches Angebot,<br />

beispielsweise an einer Art Mo<strong>de</strong>llschule, zu erproben, wofür aber erst von administrativer<br />

Seite die Voraussetzungen geschaffen wer<strong>de</strong>n müssen. Die I<strong>de</strong>e einer Beratungshotline besteht<br />

ebenfalls.<br />

Auch soll <strong>de</strong>r Katalog bereits im September fertig vorliegen, wobei im nächsten Jahr eine<br />

an<strong>de</strong>re Art <strong>de</strong>r Verbreitung gesucht <strong>und</strong> noch stärker die Möglichkeiten <strong>de</strong>s Internets genutzt


Hänsel: Mo<strong>de</strong>llversuche zur „Lehrerges<strong>und</strong>heit“<br />

- 101 -<br />

wer<strong>de</strong>n sollen. Auch die Art <strong>de</strong>r Ausschreibung wird neu überdacht. Die Erfahrungen aus<br />

<strong>de</strong>m ersten Durchgang wer<strong>de</strong>n dann eingearbeitet, wenn Ergebnisse bzgl. <strong>de</strong>r Nachfrage <strong>und</strong><br />

Rückmeldungen <strong>de</strong>r Teilnehmer vorliegen.<br />

Bei <strong>de</strong>r Ausschreibung von Supervision ist z.B. an ein Angebot für Klassenteams gedacht; im<br />

nächsten Durchlauf wer<strong>de</strong>n neben schulartübergreifen<strong>de</strong>n auch mehr schulartspezifische<br />

Veranstaltungen angeboten wer<strong>de</strong>n.<br />

Auch die Kooperation mit Universität <strong>und</strong> B.A.D wird wohl eine Fortsetzung erfahren: So soll<br />

<strong>de</strong>r Kongressgedanke auch im Frühjahr 2004 als Art Abschlussveranstaltung <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>llprojekts<br />

in Nie<strong>de</strong>rbayern fortgeführt wer<strong>de</strong>n.<br />

Mittelfranken<br />

- Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit<br />

- Einbeziehung <strong>de</strong>r Personalvertretungen<br />

- Einbeziehung <strong>de</strong>r regionalen Vertretungen <strong>de</strong>r Lehrerverbän<strong>de</strong><br />

- Vergrößerung <strong>de</strong>s Referentenpools (Problem: begrenzte Anzahl <strong>de</strong>r Anrechungsst<strong>und</strong>en)<br />

- Eine größere öffentlichkeitswirksame Veranstaltung<br />

- Einrichtung einer Hotline<br />

Oberpfalz<br />

Nicht nur die Information über die Angebote, son<strong>de</strong>rn auch die Bewusstseinsbildung über die<br />

Zielrichtung <strong>und</strong> die Intentionen <strong>de</strong>s Projekts müssen noch weiter „an <strong>de</strong>n Mann/die Frau“<br />

gebracht wer<strong>de</strong>n. Öffentlichkeitsarbeit erfolgt über die regionalen Medien <strong>und</strong> über die Lehrerverbän<strong>de</strong>.<br />

Ein „Ges<strong>und</strong>heitstag“ in Kooperation mit <strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong>n (insbes. BLLV) wird<br />

angestrebt.<br />

Vorläufige Würdigung <strong>und</strong> weiterführen<strong>de</strong> Gedanken<br />

Koordinatoren<br />

In allen drei Regierungsbezirken wur<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n verantwortlichen Koordinatoren für <strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>llversuch<br />

auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r Fragebogenerhebung in Nie<strong>de</strong>rbayern <strong>und</strong> langjähriger eigener<br />

Unterrichts- <strong>und</strong> schulpsychologischer Beratungstätigkeit schulartübergreifen<strong>de</strong>, problem-<br />

<strong>und</strong> klientenzentrierte sowie wissenschaftsgestützte Fortbildungsangebote bereitgestellt <strong>und</strong><br />

mit <strong>de</strong>r Durchführung <strong>de</strong>r Maßnahmen begonnen. Die schulartübergreifen<strong>de</strong> Kompetenz <strong>de</strong>r<br />

Koordinatoren muss gewährleistet, ihre Unterstützung durch die Dienstaufsicht <strong>und</strong> durch<br />

Schulleiter sowie die Bereitstellung von Strukturen/Informationskanälen muss optimiert wer<strong>de</strong>n<br />

(Kooperation mit <strong>de</strong>n staatlichen Schulberatungsstellen, <strong>de</strong>n Ministerialbeauftragten, <strong>de</strong>n<br />

Regierungen <strong>und</strong> Schulämtern).<br />

Referenten<br />

Neben <strong>de</strong>r Rekrutierung bewährter schulischer Beratungsfachkräfte müssen auch Mittel zur<br />

Einbeziehung außerschulischer Experten (Psychologen, Psychotherapeuten, Psychiater)


- 102 -<br />

Hänsel: Mo<strong>de</strong>llversuche zur „Lehrerges<strong>und</strong>heit“<br />

bereitgestellt wer<strong>de</strong>n, da die Akzeptanz von Kollegen als Berater bei einer Anzahl von Lehrkräften<br />

nicht gegeben ist.<br />

Zielgruppe/Lehrkräfte<br />

Die Bereitschaft von Lehrkräften, sich für auftreten<strong>de</strong> Schwierigkeiten in Unterricht <strong>und</strong> Erziehung<br />

fachliche <strong>und</strong> psychologische Unterstützung zu holen, ist gegeben. Auch die Bereitschaft<br />

zur therapeutischen Behandlung bei anhalten<strong>de</strong>n Problemen in <strong>de</strong>r Schule <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r<br />

im Privatbereich ist nach Aussagen von therapeutischen Experten vorhan<strong>de</strong>n, wenn Anonymität<br />

<strong>und</strong> strikte Vertraulichkeit bei <strong>de</strong>r Inanspruchnahme von Supervisions- <strong>und</strong> Coaching-<br />

Angeboten verbürgt wer<strong>de</strong>n (z.B. Anmeldungen nicht über Dienstvorgesetzte).<br />

Für mehrtägige Veranstaltungen muss in dringen<strong>de</strong>n Fällen Unterrichtsbefreiung gewährt <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>r Unfallschutz für Nachmittagsangebote muss geregelt wer<strong>de</strong>n.<br />

Da wissenschaftliche Untersuchungen keine Altersabhängigkeiten bei <strong>de</strong>r Thematik „Lehrerges<strong>und</strong>heit“<br />

festgestellt haben (Schaarschmidt), müssen berufsbegleiten<strong>de</strong> Fortbildungs-,<br />

Supervisions- <strong>und</strong> Therapiemaßnahmen bereits mit Beginn <strong>de</strong>r Berufstätigkeit angeboten<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Inhalte <strong>und</strong> Metho<strong>de</strong>n<br />

Wissenschaftliche Untersuchungen zu Bedingungsfaktoren von Burn-out-Problemen <strong>und</strong><br />

Frühpensionierungen von Lehrkräften müssen (wenn ausreichend vorhan<strong>de</strong>n) in Zukunft stärker<br />

die Gr<strong>und</strong>lage für die Inhalte von Fortbildungsangeboten, Supervisionsgruppen <strong>und</strong> Therapie-Angeboten<br />

bil<strong>de</strong>n.<br />

Die bisher angebotenen Maßnahmen müssen daraufhin untersucht wer<strong>de</strong>n, inwieweit sie <strong>de</strong>r<br />

Lehrerges<strong>und</strong>heit dienen, d.h. inwieweit sie Risiken vermin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Ressourcen stärken (es<br />

sollten nicht alle <strong>und</strong> auf allen Ebenen angebotenen Fortbildungsmaßnahmen unter „Maßnahmen<br />

zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Lehrerges<strong>und</strong>heit“ subsumiert wer<strong>de</strong>n).<br />

Die angewandten Lehr-, Beratungs-, Supervisions- <strong>und</strong> Therapiemetho<strong>de</strong>n müssen auf ihre<br />

Effizienz, ihre „Erwachsenengemäßheit“ <strong>und</strong> mögliche i<strong>de</strong>ologische Einflüsse hin von ausgewiesenen<br />

Fachleuten kontrolliert wer<strong>de</strong>n.<br />

Fortbildungsmaßnahmen zur Lehrerges<strong>und</strong>heit dürfen we<strong>de</strong>r dazu dienen, Kollegen für<br />

schlechte Rahmenbedingungen fit zu machen, aber auch nicht dazu, Gleichgültigkeit gegenüber<br />

<strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>r ihnen anvertrauten Schüler o<strong>de</strong>r gar Egozentrismus bei Lehrern zu<br />

för<strong>de</strong>rn.<br />

Evaluierung <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llversuche<br />

Eine theorie- bzw. wissenschaftsgestütze Evaluation benötigt eine:<br />

- Definition <strong>de</strong>r Evaluationsziele (u.a. Zielprioritäten festlegen, Metho<strong>de</strong>nprobleme,...)<br />

- Planungs- <strong>und</strong> Vorbereitungsphase (Teilnehmer-Kreis, Messinstrumente, Datenanalyse..)<br />

- Durchführungsphase (Stichprobenrekrutierung, Datenerhebung u. –analyse,...)<br />

- Formative Evaluation (Ergebnisrückmeldung an Evaluationsteilnehmer)


Hänsel: Mo<strong>de</strong>llversuche zur „Lehrerges<strong>und</strong>heit“<br />

- Summative Evaluation (Zusammenfassen<strong>de</strong> Darstellung <strong>de</strong>r Eval.-bef<strong>und</strong>e)<br />

- Praktische Umsetzung <strong>de</strong>r Evaluationsbef<strong>und</strong>e (Konsequenzen)<br />

Mit dieser Aufgabe sollte eine Universität beauftragt wer<strong>de</strong>n.<br />

Rahmenbedingungen (KM/Landtag)<br />

- 103 -<br />

Die oberste Dienstaufsicht muss dringend dafür sorgen, dass alle Schulleiter <strong>und</strong> Lehrkräfte<br />

von <strong>de</strong>n Maßnahmen zur Lehrerges<strong>und</strong>heit erfahren (z.B. Thema im Lehrer-Info, in Dienst-<br />

R<strong>und</strong>schreiben, usw.), damit diese sich mit <strong>de</strong>n Angeboten auseinan<strong>de</strong>rsetzen können.<br />

Wenn mit <strong>de</strong>m Projekt „Lehrerges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Berufszufrie<strong>de</strong>nheit“ Lehrern wirklich geholfen<br />

wer<strong>de</strong>n soll, sind von <strong>de</strong>n politischen Entscheidungsträgern auch die dafür notwendigen Mittel<br />

bereitzustellen.


- 104 -<br />

Hänsel: Mo<strong>de</strong>llversuche zur „Lehrerges<strong>und</strong>heit“


Honal: EDV <strong>und</strong> Schulberatung im Jahr 2002<br />

Werner Honal<br />

EDV <strong>und</strong> Schulberatung im Jahr 2002<br />

- 105 -<br />

Wer in <strong>de</strong>r Schulberatung tätig ist, zentral o<strong>de</strong>r an Schulen, Mitarbeiter, Beratungslehrkräfte<br />

<strong>und</strong> Schulpsychologen, <strong>und</strong> dabei erfolgreich arbeitet, greift intuitiv auf die beim Menschen<br />

angelegte Fähigkeit <strong>de</strong>s Jägers <strong>und</strong> Sammlers zurück. Für die Jagd nach <strong>und</strong> das Sammeln<br />

von Informationen sind die elektronische Datenverarbeitung (EDV) <strong>und</strong> vor allem das Internet<br />

gut geeignet; sie rufen mit ihrer immer mehr Bereiche erfassen<strong>de</strong>n <strong>und</strong> sich ständig beschleunigen<strong>de</strong>n<br />

Entwicklung zu<strong>de</strong>m eine weitere menschliche Ureigenschaft vorher, eine Prise<br />

Abenteuerbereitschaft. Bei<strong>de</strong>s erfasste auch 2002 wie<strong>de</strong>r über die EDV die Schulberatung<br />

in Bayern.<br />

An 20 Stellen innerhalb von 9 DIN A 4-Seiten for<strong>de</strong>rt die neue Bekanntmachung zur „Schulberatung<br />

in Bayern“ vom 30. November 2001 dazu auf, zu <strong>informieren</strong>, Informationen zu<br />

verbessern, Schulen <strong>und</strong> Eltern zu unterstützen, Berichte zu erheben. Die EDV hat im Berichtsraum<br />

dieses damit angeordnete Informationswesen <strong>de</strong>r Schulberatung sowohl nach außen,<br />

für Schulen, Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Eltern, Medien <strong>und</strong> übergeordnete Behör<strong>de</strong>n, als auch nach<br />

innen, für die Beratungsfachkräfte <strong>und</strong> die eigenen Stelle, erheblich verän<strong>de</strong>rt.<br />

1. Aushängeschild: die Lan<strong>de</strong>s-Homepage “Schulberatung in Bayern”<br />

Mit <strong>de</strong>m steigen<strong>de</strong>n Bedarf <strong>de</strong>r Beratungslehrer <strong>und</strong> Schulpsychologen an Informationen<br />

ist die Homepage http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/ ständig in Bewegung <strong>und</strong> um wichtige<br />

Kapitel gewachsen. Im Jahr 2002 sah sie, inzwischen stark verän<strong>de</strong>rt, noch so aus:


- 106 -<br />

Honal: EDV <strong>und</strong> Schulberatung im Jahr 2002<br />

So wird z.B. die in PISA bemängelte Durchlässigkeit nach oben durch verstärkte Informationen<br />

über <strong>de</strong>n Aufstieg über M-Klassen <strong>und</strong> die beruflichen Bildung,<br />

http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/slafobos.htm<br />

aber auch über die Übergangsklassen am Gymnasium besser berücksichtigt.<br />

http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/sluak.htm<br />

Die schrecklichen Gewalttaten in Freising <strong>und</strong> Erfurt haben dazu geführt, eigene Seiten<br />

zum Thema Krisenmanagement <strong>und</strong> Gewalt in <strong>de</strong>r Schule aufzunehmen.<br />

http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/vp.htm<br />

Auch <strong>de</strong>r Neuauftrag an die Schulberatungsstellen, die Schulentwicklung zu unterstützen<br />

(vgl. Kap. 5), fand ihren Nie<strong>de</strong>rschlag in <strong>de</strong>r Homepage. Sowohl auf die zentralen Seiten<br />

<strong>de</strong>s Kultusministeriums als auch auf die jeweiligen Regionalkongresse wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> wird<br />

entsprechend hingewiesen.<br />

http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/bs.htm<br />

Eigene Aktivitäten <strong>de</strong>r Schulberatungsstellen, z. B. zur Gestaltung einer Zukunftskonferenz,<br />

wer<strong>de</strong>n dort ausführlich dargestellt.<br />

Die gute Resonanz auf die Homepage zeigt die Jahresstatistik für 2002:<br />

Die stärkste Nachfrage erfolgte, wie die Grafik zeigt, im Monat November 2002 mit<br />

337.755 Zugriffen <strong>und</strong> 2.702.297 gesen<strong>de</strong>ter Kilobytes Informationen. Diese riesige Resonanz<br />

verpflichtet, weiterhin aktuell <strong>und</strong> verlässlich zu <strong>informieren</strong>.<br />

Beson<strong>de</strong>rs nachgefragt ist über das Jahr verteilt die umfangreiche Fallsammlung zur<br />

Zeugnisberatung an <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Schularten sowie die Darstellung aller Unterlagen<br />

<strong>und</strong> Bestimmungen zum Bereich Lese-Rechtschreibschwäche/Legasthenie. Spitzenreiter<br />

bei <strong>de</strong>r Nachfrage in einzelnen Monaten waren im Jahr 2002 die Unterlagen zur Übertritts-


Honal: EDV <strong>und</strong> Schulberatung im Jahr 2002<br />

- 107 -<br />

beratung (im November), die Seiten zu Mobbing, zum Umgang mit Gewalt <strong>und</strong> Krisen in<br />

<strong>de</strong>r Schule (im Mai) sowie zur Hochbegabung (im September).<br />

Die meisten Zugriffe erfolgten zwischen 10 <strong>und</strong> 12 sowie zwischen 16 <strong>und</strong> 18 Uhr, häufiger<br />

am Sonntag als am Freitag o<strong>de</strong>r Samstag (<strong>de</strong>m „Sonntag“ <strong>de</strong>r Lehrer?), am häufigsten<br />

am Montag.<br />

Nach<strong>de</strong>m Oberbayern-West, München, Oberbayern-Ost <strong>und</strong> Oberfranken bereits seit <strong>de</strong>n<br />

Vorjahren mit eigenen Bezirksseiten das Lan<strong>de</strong>sangebot ergänzen, kamen im Jahr 2001<br />

zusätzlich die Bezirksseiten <strong>de</strong>r Schulberatung <strong>de</strong>r Oberpfalz (<strong>und</strong> inzwischen auch Unterfranken)<br />

dazu:<br />

http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/sbopf/spzop.htm<br />

Innerhalb <strong>de</strong>r Bezirke entstehen außer<strong>de</strong>m vermehrt Webseiten zur Schulberatung auf<br />

Kreisebene. So kann zum Beispiel von <strong>de</strong>r Bezirksseite Oberbayern-West aus<br />

(http://www.sbwest.htm ) seit 2002 als dritte von elf auch die Homepage für <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>skreis<br />

Neuburg/Schrobenhausen erreicht wer<strong>de</strong>n:<br />

http://www.schulberatung-ndsob.<strong>de</strong>/news/in<strong>de</strong>x.php<br />

2. Mailingliste<br />

Die Informationsfülle führt gleichzeitig zu einem erhöhten Orientierungsbedarf. Bisher<br />

konnte lei<strong>de</strong>r für die Lan<strong>de</strong>s-Homepage noch keine Suchfunktion eingerichtet wer<strong>de</strong>n, da<br />

sie am Server <strong>de</strong>s Leibniz-Rechenzentrums liegt, das keine sogenannten cgi-Skripten erlaubt.<br />

Eine erste Hilfe erfolgte durch die Rubrik „aktuell”, in <strong>de</strong>r 14-tägig mit Links ins Innere<br />

<strong>de</strong>r Homepage über wichtige Neuerungen informiert wird, zweitens wer<strong>de</strong>n auf herausgehobener<br />

Stelle auf <strong>de</strong>r Startseite <strong>de</strong>r Homepage Links auf „Zur Zeit wichtige“ Themen gesetzt<br />

<strong>und</strong> drittens wird verstärkt wie<strong>de</strong>r die ca. dreimonatlich versandte Mailingliste genützt.<br />

Sie ist, wie ein Schulpsychologe schreibt, wie die Homepage selbst “kurz <strong>und</strong> bündig - einfach<br />

Klasse. Ihnen <strong>und</strong> Ihren Mitarbeitern herzlichen Dank dafür.” Ein Beratungslehrer, <strong>de</strong>r<br />

nun Schulleiter ist, schreibt: „Gerne wer<strong>de</strong> ich auch als Schulleiter in Ihrem hoch informativen<br />

R<strong>und</strong>brief-Verteiler bleiben”. Die am Anfang <strong>de</strong>s Jahres 2002 verschickten R<strong>und</strong>briefe<br />

wur<strong>de</strong>n Mitte <strong>de</strong>s Jahres von neu hinzugekommenen Abonnenten nachgefor<strong>de</strong>rt, da<br />

man davon unter Beratern gehört hätte:<br />

http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/sbneu1.htm<br />

Dabei hatte die Mailingliste im Berichtsjahr mit einer äußerst ärgerlichen “Spam-Flut” zu<br />

kämpfen. Werber <strong>de</strong>r übelsten Sorte hatten unsere Liste ent<strong>de</strong>ckt, auf <strong>de</strong>r es bisher leicht<br />

möglich war, sofort alle im Jahr 2001 vorhan<strong>de</strong>nen 289 Abonnenten zu erreichen. Der fortgesetzte<br />

Missbrauch hat einerseits zu einigen Abbestellungen <strong>und</strong> an<strong>de</strong>rerseits zur Umstellung<br />

<strong>de</strong>s gesamten Versandsystems geführt. Die nun erfor<strong>de</strong>rliche Mühe <strong>de</strong>r „Sichtung“<br />

hatte aber Erfolg. Seit <strong>de</strong>r Umstellung sind we<strong>de</strong>r “Spams” noch Viren durchgekommen.<br />

Die Mitglie<strong>de</strong>rzahl ist im Berichtsjahr 2002 wie<strong>de</strong>r auf 417 gestiegen. Eine Ausweitung ist<br />

sicher noch <strong>de</strong>nkbar <strong>und</strong> wünschenswert. Die Mailingliste bediente regelmäßig sowohl<br />

Themen, die eher die Beratungslehrkräfte interessieren, wie z.B. Neuregelungen zum Übertrittsverfahren,<br />

Angebote <strong>de</strong>r Ganztagsschulen, ebenso aber auch Themen, die stärker


- 108 -<br />

Honal: EDV <strong>und</strong> Schulberatung im Jahr 2002<br />

Schulpsychologen betreffen: Berichte zu revidierten Fassungen von Testverfahren, incl.<br />

<strong>de</strong>s Links zur Bestellung, wichtige Hinweise zur Legasthenie o<strong>de</strong>r zur Arbeitsgruppe Lehrerges<strong>und</strong>heit.<br />

Ergänzend zu diesem Informationsaustausch durch gegenseitig zugesandte R<strong>und</strong>briefe<br />

hat die Schulberatungsstelle <strong>de</strong>r Oberpfalz für <strong>de</strong>ren Beratungslehrer einen weiteren Weg<br />

beschritten: Mit <strong>de</strong>m System „Quickplace” wur<strong>de</strong> eine Informations- <strong>und</strong> Diskussionsplattform<br />

geschaffen, die nur über Kennwort zugänglich ist. Der Leiter <strong>de</strong>r Schulberatungsstelle<br />

<strong>de</strong>r Oberpfalz schreibt dazu einleitend: „Bereits seit Anfang <strong>de</strong>s letzten Jahres lei<strong>de</strong>n auch<br />

wir unter einigen reichlich entgleisten Zeitgenossen, die ihre kümmerliche Freu<strong>de</strong> daraus<br />

beziehen, funktionieren<strong>de</strong> Kommunikationsnetze zu stören, in<strong>de</strong>m sie virenverseuchte E-<br />

Mails versen<strong>de</strong>n. Dies war auch ein Gr<strong>und</strong>, weshalb wir schneller als ursprünglich geplant<br />

die Nutzug <strong>de</strong>s Systems ‚QuickPlace’ eingeführt haben.“<br />

Nach <strong>de</strong>m großen Erfolg <strong>de</strong>s Diskussionsforums im „Bayerischen Realschulnetz” wird zu<br />

prüfen sein, ob nicht auch auf <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sseite <strong>de</strong>r Schulberatung ein Diskussionsforum<br />

eingerichtet wird.<br />

3. Digitaler Tätigkeitsbericht<br />

Nach <strong>de</strong>r eingangs genannten KMBek zur Schulberatung vom 30. November 2001 sind<br />

„regelmäßige Erfahrungsberichte” <strong>de</strong>r Beratungslehrkräfte erfor<strong>de</strong>rlich. „Die staatliche<br />

Schulberatungsstelle for<strong>de</strong>rt jährlich für ihren Bereich Berichte <strong>de</strong>r Beratungslehrkräfte an“<br />

(aus Ziffer 6.1). Nach<strong>de</strong>m sich beim Regionalkongress zur Schulentwicklung in Ingolstadt<br />

gezeigt hat, dass gut 90 % <strong>de</strong>r Lehrkräfte mit einem elektronischem Anmel<strong>de</strong>system gut<br />

zurechtkommen, wur<strong>de</strong> zunächst in Oberbayern-West <strong>de</strong>r Versuch gestartet, auch die vorgeschriebenen<br />

Tätigkeitsberichte elektronisch zu erheben. Die Vorteile liegen auf <strong>de</strong>r<br />

Hand:<br />

- Vorgegebene Daten müssen nicht nochmals o<strong>de</strong>r mehrmals ausgefüllt wer<strong>de</strong>n.<br />

- Adressdaten bzw. Sprechzeiten o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Mittagsbetreuung können ständig aktuell<br />

gehalten wer<strong>de</strong>n.<br />

- Aus <strong>de</strong>m Datenbestand lassen sich auch nachfragen<strong>de</strong> Eltern <strong>und</strong> Schulen z. B. über<br />

die Ganztagsbetreuung, die Mittagsbetreuung bzw. die Sprechst<strong>und</strong>en o<strong>de</strong>r die zugeordneten<br />

Schulpsychologen schnell <strong>und</strong> aktuell <strong>informieren</strong>.<br />

- Schließlich erleichtert die bereits digital vorhan<strong>de</strong>ne Zahleneingabe die statistische<br />

Auswertung (vgl. Kapitel 1).<br />

Da <strong>de</strong>r Versuch in Oberbayern-West klappte, wur<strong>de</strong> in Kooperation aller Leiter <strong>de</strong>r Schulberatungsstellen<br />

aus <strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen Berichten <strong>de</strong>r 9 Bezirke ein Lan<strong>de</strong>sformular entwickelt,<br />

das zum Sommer 2002 ins Netz ging, nun als Gr<strong>und</strong>lage für <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sbericht dient<br />

<strong>und</strong> ab 2003 in allen Bezirken verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n wird.<br />

Die Tätigkeitsberichte <strong>de</strong>r Schulpsychologen gingen, an<strong>de</strong>rs als die <strong>de</strong>r ebenfalls fachlich<br />

betreuten Beratungslehrkräfte, bisher an die jeweiligen Dienstvorgesetzten, die dann die<br />

Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstellen informierten. Im Berichtszeitraum wur<strong>de</strong> eine<br />

Umfrage <strong>de</strong>s ISB zum Stand <strong>de</strong>r Schulpsychologie in Bayern durchgeführt, die von <strong>de</strong>r<br />

Schulberatung auf <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>shomepage unterstützt wur<strong>de</strong>. In verschie<strong>de</strong>nen Dienstbe-


Honal: EDV <strong>und</strong> Schulberatung im Jahr 2002<br />

- 109 -<br />

reichen wur<strong>de</strong> diese Erhebung als Ersatz für <strong>de</strong>n vorgeschriebenen Tätigkeitsbericht betrachtet.<br />

Damit ist auch im Bereich <strong>de</strong>r Schulpsychologen ein erster Schritt zum digitalen<br />

Tätigkeitsbericht getan.<br />

4. Fortbildung <strong>und</strong> interner EDV-Service<br />

Die staatlichen Schulberatungsstellen leisten, wie die Lan<strong>de</strong>sstatistik ausweist, einen<br />

ganz erheblichen Umfang an Fortbildungsarbeit.<br />

Mit 8.054 Kurseinheiten im Jahr liegen die staatlichen Schulberatungsstellen bei ca. 10%<br />

<strong>de</strong>s Fortbildungsvolumens <strong>de</strong>r ALP in Dillingen, <strong>de</strong>utlich über <strong>de</strong>r Fortbildung durch Heilsbronn<br />

o<strong>de</strong>r Gars, ohne dass die staatlichen Schulberatungsstellen wie diese im Programm<br />

<strong>de</strong>r ALP erwähnt wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Fortbildungsangebote können einerseits zwar im Internet eingesehen wer<strong>de</strong>n, z. B. in<br />

einer Übersicht in Obb.-West:<br />

http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/sbwest/terow.htm<br />

Solche Übersichten machen aber an<strong>de</strong>rseits die persönliche Einladung nicht überflüssig.<br />

Zug um Zug wird an <strong>de</strong>n staatlichen Schulberatungsstellen daher auch das System <strong>de</strong>r<br />

für eine Fortbildung erfor<strong>de</strong>rlichen Einladung, Teilnahmebescheinigung, Anwesenheitslisten,<br />

Reisekostenabrechnungen mit Hilfe <strong>de</strong>r EDV vereinfacht <strong>und</strong> gleichzeitig in <strong>de</strong>r Qualität<br />

verbessert. In Obb.-West z. B. wer<strong>de</strong>n, wie an <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie in Dillingen, auch bereits<br />

die Kontodaten <strong>de</strong>m Teilnehmer auf seinem Abrechnungsblatt vorgegeben, so dass<br />

er von <strong>de</strong>r Fortbildung möglichst wenig abgelenkt wird. Dabei wer<strong>de</strong>n neben <strong>de</strong>n Daten,<br />

die über <strong>de</strong>n Tätigkeitsbericht in die Datenbank gelangen, auch interne Daten gepflegt,<br />

wie z. B. die Kontoverbindungen o<strong>de</strong>r die Ausbildung <strong>de</strong>r Beratungsfachkräfte.<br />

Der fachlichen Betreuung <strong>de</strong>r Beratungsfachkräfte dienen auch die meist von <strong>de</strong>n Leitern<br />

<strong>de</strong>r Schulberatungsstellen entworfenen „Informationen zur Schulberatung“ <strong>und</strong> die in <strong>de</strong>r<br />

KMBek zur Schulberatung noch so genannte „Sammelmappe zur Schulberatung“. Dieses<br />

inzwischen zu Ordnern ausgewachsene Informationspaket wird inzwischen in Oberbayern-West<br />

<strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren Bezirken elektronisch mit je nach Bedarf ausdruckbaren Seiten<br />

bedient, die dann an <strong>de</strong>r Schule abgerufen wer<strong>de</strong>n, wenn sie benötigt wer<strong>de</strong>n:<br />

http://www.schulberatung.bayern.<strong>de</strong>/sbwest/txtow.htm<br />

Dass natürlich auch die Verwaltung, die Bibliotheksbestän<strong>de</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>r eher zurückgegangene<br />

Schriftverkehr 2002 elektronisch abgewickelt wer<strong>de</strong>n, sei nur am Ran<strong>de</strong> erwähnt.<br />

5. Schullisten<br />

Viele Beratungen, in <strong>de</strong>r Sprechst<strong>und</strong>e o<strong>de</strong>r am Telefon, durch eine Beratungslehrkraft<br />

o<strong>de</strong>r durch Schulpsychologen/innen en<strong>de</strong>n damit, dass <strong>de</strong>n Ratsuchen<strong>de</strong>n Unterlagen<br />

mitgegeben wer<strong>de</strong>n. Eine <strong>de</strong>r wichtigen Unterlagen ist eine Liste <strong>de</strong>r in Betracht kommen<strong>de</strong>n<br />

alternativen Bildungsstandorte mit allen Daten zum Angebot <strong>und</strong> zur Kommunikation.<br />

Dazu sind aktuelle Schullisten notwendig, die früher meist direkt bei <strong>de</strong>n Schulen<br />

erhoben <strong>und</strong> jährlich neu erstellt wur<strong>de</strong>n. Inzwischen stellt das Kultusministerium <strong>de</strong>n Lei-


- 110 -<br />

Honal: EDV <strong>und</strong> Schulberatung im Jahr 2002<br />

tern <strong>de</strong>r Schulberatungsstellen neben <strong>de</strong>n zentral kopierten Listen die komplette Schuldatenbank<br />

14-tägig zur Verfügung, die in ihren ca. 80 Fel<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> 7000 Datensätzen sich<br />

praktisch täglich verän<strong>de</strong>rt. Aus dieser Schuldatenbank kann entwe<strong>de</strong>r über die Webseite<br />

<strong>de</strong>s Kultusministeriums im aktuellen Fall eine Liste aufgerufen <strong>und</strong> z. B. am Telefon erläutert<br />

wer<strong>de</strong>n, z. B. die Standorte <strong>de</strong>r P-Klassen in Bayern:<br />

http://www.stmuk.bayern.<strong>de</strong>/a4/r2/p_standorte.asp<br />

Aus <strong>de</strong>r Schuldatenbank <strong>de</strong>s Kultusministeriums können ohne erneute Erhebungen aber<br />

auch häufig nachgefragte Listen vor Ort direkt erstellt wer<strong>de</strong>n, etwa die Listen <strong>de</strong>r privaten<br />

Volksschulen o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Leistungskurse in einem Bezirk. Der nächste dazu anstehen<strong>de</strong><br />

Schritt wird sein, lan<strong>de</strong>sweit einsetzbare Access-Programme für solche Listen zu erstellen<br />

<strong>und</strong> einzusetzen, um nicht in je<strong>de</strong>m Bezirk die gleiche Programmierarbeit zu leisten.<br />

Lan<strong>de</strong>sweit relevante seltene Listen wie z. B. für Realschulen o<strong>de</strong>r die Fachaka<strong>de</strong>mie für<br />

Sozialpädagogik wur<strong>de</strong>n im Berichtsjahr in die Homepage <strong>de</strong>r Schulberatung auf die Seite<br />

zur Schullaufbahnberatung aufgenommen:<br />

6. OWA <strong>und</strong> Kooperation mit <strong>de</strong>m ISB: Unterlagen zur Übertrittsberatung<br />

Über das neue dienstinterne Kommunikationssystem <strong>de</strong>s Kultusministeriums “Outlook-<br />

Web -Access” (OWA), das auch die Schulberatungsstellen umfasst, wur<strong>de</strong> im Berichtszeitraum<br />

allen Schulen in Bayern mitgeteilt, dass für die Übertrittsberatung die entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Texte <strong>und</strong> Folien auf <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sseite <strong>de</strong>r Schulberatung untergebracht sind. Die<br />

<strong>de</strong>n Folien zugr<strong>und</strong>e liegen<strong>de</strong>n Grafiken wur<strong>de</strong>n am ISB erstellt <strong>und</strong> in drei Formen in die<br />

Homepage <strong>de</strong>r Schulberatung eingeb<strong>und</strong>en: als verkleinertes Orientierungsbild, als Internet-Grafik<br />

<strong>und</strong> als pdf-Dokument. Die 2001 aufgetretenen Irritationen beim digitalen Direktversand<br />

aller Grafiken im wpg-Format Corel-Presentation konnten damit überw<strong>und</strong>en<br />

wer<strong>de</strong>n. Gleichzeitig wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Beratungsfachkräften auch angeboten, ihre Materialien<br />

gegenseitig zur Verfügung zu stellen. So ist z. B. die Power-Point-Präsentation zur Übertrittsberatung<br />

<strong>de</strong>s Beratungslehrers Bernd Neumaier-Gilg, die dieser eigenverantwortlich<br />

pflegt, in die Homepage eingeb<strong>und</strong>en. http://www.bernhard-neumair.<strong>de</strong>/Download.htm<br />

7. EDV-Beauftragte für die Schulberatung<br />

Das jetzt schon sehr große <strong>und</strong> noch steigen<strong>de</strong> Arbeitsvolumen <strong>de</strong>r EDV-Unterstützung<br />

<strong>de</strong>r Schulberatung kann, auch angesichts <strong>de</strong>r zunehmen<strong>de</strong>n Be<strong>de</strong>utung, nicht mehr wie<br />

bisher nebenbei geleistet wer<strong>de</strong>n. Es müssen daher sowohl an je<strong>de</strong>r einzelnen Schulberatungsstelle<br />

Kolleginnen bzw. Kollegen mit entsprechen<strong>de</strong>r Fachkompetenz für die Pflege<br />

<strong>de</strong>r Bezirks-EDV-Arbeiten die notwendige Zeit bekommen. Die Arbeiten auf Lan<strong>de</strong>sebene<br />

müssen von einem EDV-Beauftragte für die Schulberatung (für Beratungslehrkräfte<br />

<strong>und</strong> Schulpsychologen gemeinsam, also für die Schulberatung) übernommen wer<strong>de</strong>n.<br />

Das <strong>de</strong>r erfor<strong>de</strong>rlichen Ausschreibung zugr<strong>und</strong>e liegen<strong>de</strong> Aufgabenprofil haben die Leiter<br />

<strong>de</strong>r Schulberatungsstellen im Berichtszeitraum entwickelt <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Kultusministerium<br />

vorgelegt.


Honal: EDV <strong>und</strong> Schulberatung im Jahr 2002<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen an <strong>de</strong>n EDV-Beauftragte/r für Schulberatung (Stand Dez. 2002):<br />

- 111 -<br />

1. Kennt sich in <strong>de</strong>r Schulberatung (SB) aus, ist möglichst Beratungslehrkraft (BL) o<strong>de</strong>r<br />

Schulpsychologe/in (Spsy) an einer staatlichen Schulberatungsstelle o<strong>de</strong>r bereit, an<br />

eine solche zu gehen.<br />

2. Kann Homepages (HP) editieren <strong>und</strong> verwalten (mit Programmen aber auch in<br />

HTML).<br />

3. Kann mit <strong>de</strong>r Büro-Software Word, Excel, Powerpoint <strong>und</strong> Datenbanken offline (Access)<br />

sowie online (SQL, MySQL) umgehen. Hat Erfahrungen mit verschie<strong>de</strong>nen.<br />

Browsern <strong>und</strong> Mailprogrammen.<br />

4. Kann auch an Datenbanken gekoppelte dynamische Webseiten (PHP3) erstellen<br />

(<strong>und</strong> verwalten) <strong>und</strong> kennt darauf basieren<strong>de</strong>n Content-Management-Systeme<br />

(CMS).<br />

5. Kann die Schuldatenbank u.ä. <strong>de</strong>s KM (in Access) sowie Programmsysteme <strong>de</strong>r Dillinger<br />

ALP auch für die SB, dynamische Listen, BL/Spsy-Dateien nutzbar machen.<br />

6. Kann die EDV-Arbeiten <strong>de</strong>r 9 SB-Stellen unterstützen.<br />

7. Ist informiert über die <strong>und</strong> interessiert an <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>r EDV , v.a. <strong>de</strong>r Internetnutzung.<br />

Für 2003 habe ich vor allem <strong>de</strong>n Wunsch, dass zur Lan<strong>de</strong>skonferenz Schulberatung, die<br />

inhaltliche Vorarbeiten <strong>und</strong> Abklärungen für das Kultusministerium leisten kann, dieser<br />

EDV-Beauftragte eingerichtet wird. EDV-Arbeit gibt es auch mit ihm massenhaft.


- 112 -<br />

Honal: EDV <strong>und</strong> Schulberatung im Jahr 2002


Jüngling: Öffentlichkeitsarbeit in <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

Helmut Jüngling<br />

Öffentlichkeitsarbeit – ein notwendiges Element<br />

<strong>de</strong>r Schulberatung<br />

Funktion <strong>de</strong>r Öffentlichkeitsarbeit <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

- 113 -<br />

Schulberatung hat nicht nur <strong>de</strong>n Auftrag, in die Schule hineinzuwirken <strong>und</strong> Anlaufstelle für<br />

Ratsuchen<strong>de</strong> Bürger zu sein; als „mo<strong>de</strong>rne, bürgerfre<strong>und</strong>liche <strong>und</strong> zukunftsorientierte Institution“,<br />

so das Staatsministerium in einem Schreiben an die Schulberatungsstelle Unterfranken,<br />

hat sie auch die Aufgabe, auf ihr Beratungsangebot aktiv aufmerksam zu machen <strong>und</strong> ihre<br />

Informationen möglichst breit zu streuen.<br />

Für die Schulverwaltung ergibt sich daraus ein be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r Vorteil: Einerseits sind alle in <strong>de</strong>r<br />

Schulberatung Tätigen in das Schulsystem eingeb<strong>und</strong>en, sind selbst Lehrkräfte <strong>und</strong> Experten<br />

für ihre jeweilige Schulart; an<strong>de</strong>rerseits haben sie sich durch die schulartübergreifen<strong>de</strong> Tätigkeit<br />

<strong>und</strong> durch die Verbindungen zu an<strong>de</strong>ren Institutionen Kenntnisse über die Zusammenhänge<br />

im Bildungs- <strong>und</strong> Beschäftigungssystem erworben, wie sie an an<strong>de</strong>rer Stelle im<br />

Schulwesen wohl nicht leicht anzutreffen sind. Dieser umfassen<strong>de</strong> Blick auf das Schulsystem<br />

verhin<strong>de</strong>rt wirksam einen unzulässig starken Bezug <strong>de</strong>s Beraters zu einer bestimmten Schulart<br />

<strong>und</strong> sichert ein hohes Maß an Neutralität.<br />

Es ist unter an<strong>de</strong>rem auch diese Verbindung von intimer Sachkenntnis <strong>und</strong> Neutralität, die<br />

<strong>de</strong>r Schulberatung das Vertrauen <strong>de</strong>r Bevölkerung erworben hat. Die Öffentlichkeitsarbeit<br />

einzelner Schulen ist – <strong>und</strong> das ist bis zu einer gewissen Grenze wohl auch legitim – häufig<br />

von <strong>de</strong>m Bestreben bestimmt, für ihr Unterrichtsangebot zu werben <strong>und</strong> die Klassenbildung<br />

<strong>de</strong>s jeweils nächsten Schuljahres zu sichern. Die Schulberatung sieht ihr Arbeitsfeld an <strong>de</strong>r<br />

Schnittstelle von Schulsystem <strong>und</strong> Schülerpersönlichkeit <strong>und</strong> versucht <strong>de</strong>m Einzelnen bei <strong>de</strong>r<br />

Optimierung seiner Bildungslaufbahn zu <strong>helfen</strong>.<br />

Dies schließt ein, dass die öffentlichen Äußerungen <strong>de</strong>r Schulberatung bei Sachverhalten im<br />

bestehen<strong>de</strong>n Schulsystem ihren Ausgang nehmen <strong>und</strong> sie auch wie<strong>de</strong>r zum Ziel haben. Aus<br />

<strong>de</strong>r Verpflichtung, <strong>de</strong>m Bürger hier <strong>und</strong> jetzt zu <strong>helfen</strong>, ergibt sich das Profil <strong>de</strong>r Öffentlichkeitsarbeit<br />

mit ihrem Schwerpunkt bei <strong>de</strong>r Information über vorhan<strong>de</strong>ne Möglichkeiten, realisierbare<br />

Projekte, konkrete Planungen. Die innere Logik <strong>de</strong>r Medien bringt es freilich mit sich,<br />

dass gera<strong>de</strong> in diesem Punkt die Öffentlichkeit am wenigsten intensiv unterrichtet wird. Beinahe<br />

zwangsläufig richtet sich das Interesse <strong>de</strong>r Medien nun einmal wesentlich stärker auf<br />

Ungewohntes <strong>und</strong> noch nicht da Gewesenes als auf Bestehen<strong>de</strong>s <strong>und</strong> Bewährtes; doch gera<strong>de</strong><br />

hierüber müsste <strong>de</strong>r Bürger immer wie<strong>de</strong>r informiert wer<strong>de</strong>n. An <strong>de</strong>r Überwindung dieses<br />

Informations<strong>de</strong>fizits haben die Schulberatungsstellen einen beträchtlichen Anteil. Sie<br />

tragen dazu bei, die Maßnahmen <strong>de</strong>r Schulverwaltung für das Publikum transparent, verständlich<br />

<strong>und</strong> individuell nutzbar zu machen. Während beispielsweise die Presseorgane Anregungen<br />

zur Abschaffung o<strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>reinführung von Ziffernnoten willig aufgreifen, ist das<br />

Anliegen <strong>de</strong>r Schulberatung, über <strong>de</strong>n angemessenen Umgang mit Ziffernnoten aufzuklären,


- 114 -<br />

Helmut Jüngling: Öffentlichkeitsarbeit in <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

die Möglichkeiten <strong>und</strong> die Grenzen ihrer Interpretierbarkeit aufzuzeigen, ihren Platz bei <strong>de</strong>r<br />

Informationen über Schülerleistungen zu <strong>de</strong>finieren <strong>und</strong> zu angemessenen Schlussfolgerungen<br />

aus einem bestimmten Leistungsbild anzuleiten.<br />

Die Themen, zu <strong>de</strong>nen die Schulberatungsstellen in <strong>de</strong>n letzten Jahren die Öffentlichkeit informiert<br />

haben, <strong>de</strong>cken ein sehr breites Spektrum ab. Sie erstrecken sich z. B. auf<br />

- Schularten, Durchlässigkeit zwischen <strong>de</strong>n Schularten<br />

- pädagogisch- psychologische Fragestellungen<br />

- Beson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>s schulischen Angebots im Regierungsbezirk<br />

- allgemeine Fragen <strong>de</strong>s schulischen Lernens <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Unterrichts<br />

- schulisches <strong>und</strong> außerschulisches Beratungsangebot<br />

- Hilfsmöglichkeiten bei Schulproblemen<br />

- neue schulrechtliche Bestimmungen.<br />

Materialien <strong>de</strong>r Schulberatungsstellen<br />

Ein klassisches Mittel <strong>de</strong>r Öffentlichkeitsarbeit sind Merkblätter, Listen <strong>und</strong> Grafiken, die an<br />

<strong>de</strong>r jeweiligen Schulberatungsstelle erstellt <strong>und</strong> entwe<strong>de</strong>r auf Anfrage ausgegeben o<strong>de</strong>r von<br />

<strong>de</strong>n Beratungsstellen aus an bestimmte Adressaten versandt wer<strong>de</strong>n. Die Zahl dieser an <strong>de</strong>n<br />

jeweiligen Beratungsstellen bereitgehaltenen Materialien ist sehr hoch: An <strong>de</strong>r Schulberatungsstelle<br />

für die Oberpfalz beläuft sich die Liste auf etwa 50 Dokumente, <strong>de</strong>ren Aktualitätsstand<br />

ständig zu überwachen ist. Zu einem beträchtlichen Teil ihrer Arbeitszeit sind die Mitarbeiter<br />

<strong>de</strong>r Schulberatungsstellen damit befasst, dieses Material auf <strong>de</strong>m neuesten Stand zu<br />

halten <strong>und</strong> weiterzuentwickeln.<br />

Mit <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n Schulberatungsstellen herausgegebenen Merkblättern <strong>und</strong> Übersichten kann<br />

sehr rasch auf neue Entwicklungen in <strong>de</strong>r Region reagiert wer<strong>de</strong>n. So ist etwa das Merkblatt<br />

zum Übertritt an ein Gymnasium in <strong>de</strong>r Stadt o<strong>de</strong>r im Landkreis Regensburg (Schulberatung<br />

Oberpfalz) im Laufe <strong>de</strong>r ersten vier Monate <strong>de</strong>s Schuljahres 2002/03 aus Aktualitätsgrün<strong>de</strong>n<br />

bereits in <strong>de</strong>r dritten Überarbeitung erschienen. Von Vorteil ist die Flexibilität <strong>de</strong>r Schulberatungsstellen<br />

auch bei <strong>de</strong>r Erstellung neuer Materialien: Ergibt sich aus <strong>de</strong>r Beratung o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

Gesprächen mit Beratungslehrkräften, dass ein bestimmtes Problem, eine bestimmte Fragestellung<br />

gehäuft auftritt, so kann relativ kurzfristig die notwendige Information hierzu geliefert<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Pressenotizen<br />

Aus bereits genannten Grün<strong>de</strong>n ist es nicht leicht, Informationen, die aus <strong>de</strong>r Sicht von Schule<br />

<strong>und</strong> Schulberatung von Be<strong>de</strong>utung sind, in <strong>de</strong>n regionalen Presseorganen unterzubringen.<br />

In <strong>de</strong>r Regel bedarf es aktueller Anlässe wie <strong>de</strong>r Ausgabe <strong>de</strong>r Zwischen- o<strong>de</strong>r Jahreszeugnisse.<br />

Im Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Bekanntgabe <strong>de</strong>r Zeiten <strong>de</strong>r Zeugnisberatung können bisweilen<br />

Texte veröffentlicht wer<strong>de</strong>n, die freilich – anlassbedingt - nur einen Teil <strong>de</strong>s für die<br />

Adressatengruppe relevanten Themenspektrums ab<strong>de</strong>cken können. Da ist es schon ein


Jüngling: Öffentlichkeitsarbeit in <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

- 115 -<br />

Glücksfall, wenn z. B. die „Mittelbayerische Zeitung“ in Regensburg im Sommer 2002 <strong>de</strong>m<br />

zuständigen Leiter <strong>de</strong>r Schulberatungsstelle auf einer ganzen Zeitungsseite Gelegenheit gibt,<br />

sich über Schulberatung <strong>und</strong> Schulsystem zu äußern.<br />

Ein weiteres Problem entsteht durch die Erzeugung einer zusätzlichen Nachfrage nach Beratung<br />

zur Zeugniszeit, vor allem nach Ausgabe <strong>de</strong>s Jahreszeugnisses, weil dann an<strong>de</strong>re schulische<br />

Berater oft nicht mehr erreichbar sind. Der bedarfs- <strong>und</strong> nicht ressourcenorientierte<br />

Ansatz <strong>de</strong>r Arbeit an <strong>de</strong>n Schulberatungsstellen verbietet es jedoch, dies zum Anlass für Zurückhaltung<br />

in <strong>de</strong>r Öffentlichkeitsarbeit zu nehmen.<br />

Gelegentlich gelingt es beratungsbezogene Meldungen auch außerhalb <strong>de</strong>r Zeugniszeiten<br />

zumin<strong>de</strong>st in <strong>de</strong>r lokalen Presse zu platzieren. So wer<strong>de</strong>n Pressevertreter bisweilen erfolgreich<br />

zu örtlichen Dienstbesprechungen o<strong>de</strong>r zur Eröffnung eines Weiterbildungslehrgangs<br />

eingela<strong>de</strong>n.<br />

Wünschenswert ist eine stärkere Präsenz <strong>de</strong>r Schulberatungsstellen in <strong>de</strong>r Elternzeitschrift<br />

(„EZ“) <strong>de</strong>s Staatsministeriums.<br />

Präsenz bei Ausstellungen <strong>und</strong> Kongressen<br />

Über die Beteiligung <strong>de</strong>r Schulberatungsstellen an <strong>de</strong>n Schulentwicklungskongressen wur<strong>de</strong><br />

bereits im Kapitel zur Schulberatung <strong>und</strong> Schulentwicklung einiges gesagt. Vom Blickwinkel<br />

<strong>de</strong>r Öffentlichkeitsarbeit <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bewusstseinsbildung breiter Bevölkerungsschichten aus<br />

gesehen erscheint es geboten, die Rolle <strong>de</strong>r Schulberatung am schulischen Gesamtgeschehen<br />

realitätsgerechter darzustellen. Durch die sehr beschei<strong>de</strong>nen Möglichkeiten <strong>de</strong>r Präsentation<br />

<strong>de</strong>r Schulberatungsstellen wird eine Randständigkeit suggeriert, die <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung<br />

dieser Dienstleistung nicht entspricht.<br />

Als beson<strong>de</strong>rs günstig war die Darstellung <strong>de</strong>r Schulberatung Mittelfranken bei <strong>de</strong>n regelmäßig<br />

wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong>n Berufsbildungskongressen in Nürnberg beobachtet wor<strong>de</strong>n. Es ist <strong>de</strong>r<br />

Überlegung wert, ob die Anschaffung eines eigenen Stan<strong>de</strong>s zusätzlich zu <strong>de</strong>m <strong>de</strong>s Staatsministeriums<br />

die Wahrnehmung <strong>de</strong>s Angebots <strong>de</strong>r bayerischen Schulberatung nicht noch<br />

erhöhen könnte. Gleiches gilt für die sehr zu begrüßen<strong>de</strong> Beteiligung <strong>de</strong>r Schulberatungsstelle<br />

Unterfranken an <strong>de</strong>r Unterfrankenmesse in Schweinfurt vom 28. September bis 6. Oktober<br />

2002. Zusätzlich hatte die Schulberatung Mittelfranken beim Tag <strong>de</strong>r offenen Tür <strong>de</strong>r Stadt<br />

Nürnberg am 21. Oktober 2002 Gelegenheit, mit einem eigenen Informationsstand <strong>de</strong>r Bevölkerung<br />

die Möglichkeiten <strong>de</strong>s staatlichen Beratungsdienstes nahe zu bringen.<br />

Präsenz im Internet<br />

Zur Präsenz <strong>de</strong>r Schulberatung im Internet sei hier auf das Kapitel „EDV <strong>und</strong> Schulberatung“<br />

verwiesen. Dieses Medium ist sicherlich dasjenige, das <strong>de</strong>n Erfor<strong>de</strong>rnissen eines auf Breitenwirkung<br />

<strong>und</strong> Aktualität bedachten Dienstes am besten entspricht. Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r mittlerweile<br />

weithin selbstverständlich gewor<strong>de</strong>nen Nutzung <strong>de</strong>s Internets ist <strong>de</strong>r Zugang zu <strong>de</strong>n Seiten<br />

<strong>de</strong>r Schulberatung praktisch barrierefrei. Auch die Auffindung <strong>de</strong>r Netzadresse ist kein Problem:<br />

Bei <strong>de</strong>r Eingabe <strong>de</strong>s Begriffs „Schulberatung“ in die Suchmaschine „Google“ erscheint<br />

als erste Seite die <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatung in Bayern.


- 116 -<br />

Helmut Jüngling: Öffentlichkeitsarbeit in <strong>de</strong>r Schulberatung<br />

Weiterentwicklung <strong>de</strong>r Öffentlichkeitsarbeit<br />

Die Öffentlichkeitsarbeit <strong>de</strong>r Schulberatungsstellen auf Stadt-, Landkreis- <strong>und</strong> Bezirksebene<br />

wird fortgesetzt wer<strong>de</strong>n. Nur so können die Informationsbedürfnisse <strong>de</strong>r Bevölkerung in diesen<br />

Räumen angemessen berücksichtigt wer<strong>de</strong>n. Diese Struktur sollte jedoch ergänzt wer<strong>de</strong>n<br />

durch eine abgestimmte gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit <strong>de</strong>r neun Schulberatungsstellen,<br />

ähnlich <strong>de</strong>m Internetauftritt <strong>de</strong>r Schulberatung. Die bayerische Schulberatung sollte das<br />

Vertrauen, das sie bei <strong>de</strong>r Bevölkerung genießt, dazu nutzen, <strong>de</strong>r einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren bildungspolitischen<br />

Diskussion durch Versachlichung die Schärfe zu nehmen, auftauchen<strong>de</strong><br />

Probleme in <strong>de</strong>n richtigen Zusammenhang zu stellen <strong>und</strong> Erwartungen an Schule <strong>und</strong> Lehrkräfte<br />

nicht ins Kraut schießen zu lassen.<br />

Voraussetzungen für diese Ergänzung <strong>de</strong>r regionalen Öffentlichkeitsarbeit sind:<br />

- Verstärkung <strong>de</strong>r Zusammenarbeit <strong>de</strong>r Schulberatung mit <strong>de</strong>n zuständigen Stellen <strong>de</strong>s<br />

Staatsministeriums mit <strong>de</strong>m Ziel <strong>de</strong>r Herstellung eines verlässlichen Informationsflusses<br />

- Verstärkung <strong>de</strong>r Zusammenarbeit <strong>de</strong>r Schulberatungsstellen untereinan<strong>de</strong>r zur Abstimmung<br />

<strong>de</strong>r zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Themen.


Die Autoren:<br />

Bauerschmidt, Arno<br />

Beratungslehrkraft für För<strong>de</strong>rschulen im Landkreis Kronach<br />

E<strong>de</strong>r, Brigitte<br />

Staatliche Schulpsychologin für Volksschulen an <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für<br />

Nie<strong>de</strong>rbayern<br />

Gutzeit, Susanne<br />

Schulpsychologin für Volks- <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rschulen an <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für<br />

Unterfranken<br />

Hänsel, Dr. Rudolf<br />

Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für München<br />

Hasmüller, Anna<br />

Schulpsychologin für Realschulen an <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für Schwaben<br />

Häußler, Ursula<br />

Leiterin <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für Mittelfranken<br />

Hemmert, Bruno Ludwig<br />

Schulpsychologe für berufliche Schulen an <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für Unterfranken<br />

Honal, Werner<br />

Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für Oberbayern/West<br />

Jüngling, Helmut<br />

Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für die Oberpfalz<br />

Kessler, Klaus<br />

Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für Unterfranken<br />

Knoll, Dr. Franz<br />

Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für Oberbayern/Ost<br />

Mayr, Georg<br />

Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für Schwaben<br />

Meißner, Bernhard<br />

Staatlicher Schulpsychologe am Siebold-Gymnasium Würzburg<br />

Schlegel, Heinz<br />

Schulpsychologe für Volks- <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rschulen an <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für<br />

Oberbayern/West<br />

Storath, Dr. Roland<br />

Schulpsychologe für Volks- <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rschulen an <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für<br />

Mittelfranken<br />

Tauscher, Werner<br />

Leiter <strong>de</strong>r staatlichen Schulberatungsstelle für Oberfranken<br />

- 117 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!