BIBLIOTHEK STOCKHOLM Über <strong>Gunnar</strong> <strong>Asplund</strong>s Stockholmer Bibliothek ist sicher fast alles gesagt – wenn auch – um mit Karl Valentin zu sprechen – nicht <strong>von</strong> allen. Trotzdem lohnt eine kurze Beschreibung der räumlichen Sequenzen und ihrer Kohärenz mit der Schnittlösung. Man betritt das Gebäude <strong>von</strong> der Stadt kommend über eine langsam ansteigende Freitreppe, die sowohl der bestehenden aber überformten Topographie entlehnt ist, als auch der Ausbildung eines der Bibliothek vorgelagerten Sockels folgt. Dieser Sockel ist dabei nicht nur räumlich sondern auch funktional die Klammer zum Stadtraum. In ihm befi nden sich etwa kleinere Läden. Als städtebauliche Feinheit ist der Baukörper der Bibliothek – nicht aber der Sockel – gegenüber dem Raster der Stadt leicht verdreht und betont somit die Sonderstellung der städtischen Institution am Rande eines kleinen städtischen Parks. In der Achse der Freitreppe erreicht man nun direkt die gar nicht so große Eingangshalle, die in einem der drei niedrigeren Seitentrakte liegt und eigentlich ein einfacher, wenn auch zweigeschossiger Durchgangsraum ist. Eine einläufi ge Treppe, die ebenfalls exakt in der Hauptachse der gesamten Anlage liegt, lenkt den Blick des Besuchers nach oben und führt ihn <strong>von</strong> hier direkt in den großen, überhohen Saal – dem Herzen der Bibliothek, in dem das eigentliche Ankommen zelebriert wird. Von diesem wiederum gibt es direkte Verbindungen in die beiden großen, aber schmalen Lesesäle in den fl ankierenden Flügeln. Entlang der Querachse der Anlage bieten sich wiederum Blicke durch diese Lesesäle hindurch, auf der einen Seite zur Stadt und auf der anderen zum Park. Einfacher könnte es also kaum sein. Der wichtigste Raum ist der größte, er liegt in der Mitte – ursprünglich dreiseitig, heute vierseitig umgeben <strong>von</strong> schmalen Trakten und hofartigen Räumen – er ist rund und das Licht kommt <strong>von</strong> oben. In ihm befi nden sich die frei zugänglichen Bücher. Aber reicht das, reicht diese einfache Hierarchisierung, eines im Rückgriff auf klarste Symmetrien aufgespannten räumlichen Schemas? Ist damit die Großartigkeit <strong>von</strong> <strong>Asplund</strong>s Bibliothek bereits hinreichend beschrieben – <strong>von</strong> materiellen Details einmal noch ganz abgesehen. Und genau hier treten nun die differenzierteren, räumlichen Themen zu Tage: Die leichte Terrassierung der umlaufenden Büchergalerien, die eine Aufweitung des Raumes nach oben vorführen, der deutlich überhohe Raumabschluss mit einem Kranz aus einfachen, hochliegenden Fenstern, die sowohl Licht in die Halle bringen als aber auch die Massivität der Wand betonen. Und schließlich die Ausbildung einer fast mehrfach raumhaltigen Wand, die die Rotunde umgibt und in der Treppen, tiefe Durchgänge und kleinere Raumkammern liegen. So klar und so einfach diese Bibliothek also konzipiert ist, so reichhaltig sind die räumlichen Eindrücke in ihr. Und außen? Außen ist sie – sukzessive im Laufe des Entwurfsprozesses – jeglichen Schmuckes beraubt und verwendet nur noch ganz zurückhaltend, ein paar gliedernde Elemente in der Fassade, wie einen hauchfein rustizierten Sockel und ein paar Gesimse und Reliefs. Außen ist sie also der nahezu pure Körper, die pure Masse, die reine Geometrie – ein Zylinder, der aus einem quadratischen Sockel erwächst. 4 5